Dir zur Feier - Rainer Maria Rilke - E-Book

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Rainer Maria Rilke

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Beschreibung

"Ich möchte dir ein Liebes schenken, das dich mir zur Vertrauten macht" – mit diesen Versen beginnt Rilke die Liebesgedichte für seine Angebetete, die Schriftstellerin Lou Andreas-Salomé. Es war eine Liebe, die beide überwältigte, später zerbrach und in eine intensive Freundschaft mündete. Veröffentlicht wurden die Gedichte erst nach Rilkes Tod – und jetzt erscheinen sie erstmals in einem eigenen Band. 48 Gedichte, die Rilkes überschwängliche Hingabe ausdrücken und damit allen Verliebten aus dem Herzen sprechen.

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Seitenzahl: 38

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Rainer Maria Rilke

Dir zur Feier

Eine Liebeserklärung

Mit einem Nachwort von Gunna Wendt

Reclam

2021 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Coverentwurf: zero-media.net

Coverabbildung: FinePic®

Made in Germany 2021

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-961831-9

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-011329-5

www.reclam.de

Inhalt

Dir zur Feier

Zu dieser Ausgabe

Nachwort

Literatur

Dir zur Feier

Geschrieben für Lou Andreas-Salomé

Ich möchte dir ein Liebes schenken,

das dich mir zur Vertrauten macht:

aus meinem Tag ein Deingedenken

und einen Traum aus meiner Nacht.

Mir ist, dass wir uns selig fänden

und dass du dann wie ein Geschmeid

mir löstest aus den müden Händen

die niebegehrte Zärtlichkeit.

Du meine Hohe, weise

mich weiter auf deiner Bahn;

komm und tu mir leise

Wunder um Wunder an.

Ich habe viel gelitten,

vieles starb und brach, –

jetzt geh ich mit blinden Schritten

deinem Leben nach.

Sehr alte Schmerzen rücken

zurück in ein Verzeihn,

mir baun sich goldne Brücken

zu deinem Gütigsein.

Ob auch die Stunden uns wieder entfernen:

wir sind immer beisammen im Traum

wie unter einem aufblühenden Baum.

Wir werden die Worte, die laut sind, verlernen

und von uns reden wie Sterne von Sternen, –

alle lauten Worte verlernen:

wie unter einem aufblühenden Baum.

Ich möchte Purpurstreifen spannen

und möchte füllen bis zum Rand

mit Balsamöl aus Onyxkannen

die Blumenlampen, die entbrannt

im Mittag flammen, und verbrennen

bis wir uns mit dem Namen nennen,

der Sterne ruft und Tage bricht;

die Täler taun, die Winde fallen

den Dingen in den Schoß und allen

ist bang nach deinem Angesicht.

Mein Leben ist wie leise See:

Wohnt in den Uferhäusern das Weh,

wagt sich nicht aus den Höfen.

Nur manchmal zittert ein Nahn und Fliehn:

aufgestörte Wünsche ziehn

darüber wie silberne Möwen.

Und dann ist alles wieder still …

Und weißt du was mein Leben will,

hast du es schon verstanden?

Wie eine Welle im Morgenmeer

will es, rauschend und muschelschwer,

an deiner Seele landen.

Leise ruft der Buchenwald.

Winkt mit seinen jungen Zweigen

weit hinaus ins Wiesenschweigen.

Kommt mein blonder Liebling bald

mir die tiefen Wege zeigen,

wo die Lichter wie Elfen reigen?

Kommt mein blonder Liebling bald?

Grüßend wird meine Seele sich neigen.

Meine Seele ist maieneigen

wie der rufende Buchenwald.

… Für die wir uns die Träume gaben

war eine Nacht so sanft und lind,

drin alle Brunnen Feen haben,

und auch die träumerischen Knaben

vergessen Schätze zu ergraben,

weil alle Dinge kostbar sind.

Da hörte ich dich noch von ferne,

und deine liebe Stimme schien

als wohntest du im ersten Sterne …

Ich stand in meiner Taltaverne

und suchte ihn.

Ich geh dir nach, wie aus der dumpfen Zelle

ein Halbgeheilter schreitet: in der Helle

mit hellen Händen winkt ihm der Jasmin.

Ein Atemholen hebt ihn von der Schwelle, –

er tastet vorwärts: Welle schlägt um Welle

der großbewegte Frühling über ihn.

Ich geh dir nach in tiefem Dirvertrauen.

Ich weiß deine Gestalt durch diese Auen

vor meinen ausgestreckten Händen gehn.

Ich geh dir nach, wie aus des Fiebers Grauen

erschreckte Kinder gehn zu lichten Frauen,

die sie besänftigen und Furcht verstehn.

Ich geh dir nach. Wohin dein Herz mich führe

frag ich nicht nach. Ich folge dir und spüre

wie alle Blumen deines Kleides Saum ..

Ich geh dir nach auch durch die letzte Türe,

ich folge dir auch aus dem letzten Traum …

Leise hör ich dich rufen

in jedem Flüstern und Wehn.

Auf lauter weißen Stufen,

die meine Wünsche sich schufen,

hör ich dein Zu-mir-gehn.

Jetzt weißt du von dem Gefährten,

und dass er dich liebt … das macht:

es blühen in seinen Gärten

die lang vom Licht gekehrten

Blüten, blühn über Nacht …

Das Land ist licht und dunkel ist die Laube,

und du sprichst leise und ein Wunder naht.

Und jedes deiner Worte stellt mein Glaube

als Betbild auf an meinen stillen Pfad.

Ich liebe dich. Du liegst im Gartenstuhle,

und deine Hände schlafen weiß im Schooß.

Mein Leben ruht wie eine Silberspule

in ihrer Macht. Lös meinen Faden los.

Zwei weiße Nonnenhände mühen

nie sich um einen lichten Preis,

zwei weiße Nonnenhände blühen,

ohne dass es der Frühling weiß.

Zwei weiße Nonnenhände halten

nichtmehr das Leben, das sie umspinnt;

müssen sich fest zusammenfalten,

weil sie beide so einsam sind.

Deine Stube mit den kühlen

Rosen in den vielen Vasen,

drinnen wir in tiefen Stühlen

lehnten, leise Lieder lasen –