Ihr erster – und ihr letzter Kuss? - Sissi Merz - E-Book

Ihr erster – und ihr letzter Kuss? E-Book

Sissi Merz

0,0

Beschreibung

Dr. Max Brinkmeier besitzt außergewöhnliche Fähigkeiten. Dennoch ist er, der lange Jahre erfolgreich in Afrika praktiziert hat und dort so viele Menschenleben retten konnte, einen Augenblick ratlos, als ihn der Hilferuf von daheim erreicht. Sein Vater, der in einem kleinen bayerischen Bergdorf als Landarzt mit ebenso großem Geschick jahrzehntelang tätig gewesen ist, kann die heimatliche Praxis nach einer Herzattacke nicht länger weiterführen. Max war damals nicht ganz im Frieden von zu Hause geschieden, und jetzt überlagern sich bei ihm verschiedene existentielle Gefühle. In Afrika hat er eine wirkliche Lebensaufgabe gefunden. In der Heimat wird er dringend benötigt. Die Ärztin, der seine große Liebe gilt, wirkt mit ihm gemeinsam auf der Missionsstation und ist inzwischen fest verwurzelt auf dem afrikanischen Kontinent. Dr. Max Brinkmeier muß sich entscheiden – und Sie erwartet die spannendste, gefühlvollste Arztromanserie! Die beliebte Schriftstellerin Sissi Merz erreicht in diesen eindrucksvollen Romanen den Höhepunkt ihres Schaffens. Ein klarer, lichtblauer Vorfrühlingshimmel spannte sich über Wildenberg, die Sonne war eben aufgegangen. Jetzt, Mitte März, lag ein langer und harter Winter hinter den Menschen im Berchtesgadener Land, man sehnte den Frühling und damit den Beginn der warmen Jahreszeit herbei. Doch noch immer war es kühl, in der Nacht sanken die Temperaturen deutlich unter den Nullpunkt. Dr. Julia Bruckner war dieses Klima nicht mehr gewöhnt, schließlich hatte sie mehr als zehn Jahre in Afrika als Entwicklungshelferin gearbeitet. Zusammen mit Dr. Max Brinkmeier hatte sie direkt nach Abschluss des Medizinstudiums eine vergessene Missionsstation im ruandischen Hochland zu einem funktionierenden Buschhospital ausgebaut. Holy Spirit, das war Julias Lebensaufgabe. Die schöne Ärztin mit den kastanienbraunen Locken und den himmelblauen Augen seufzte leise, wenn sie daran dachte, dass sie die Station und die Kollegen dort vielleicht nie wiedersehen würde. Vor einiger Zeit hatte Julia sich nämlich mit einer aggressiven Abart des tropischen Gelbfiebers infiziert und lange Wochen im Hospital von Kigali, der ruandischen Hauptstadt, verbringen müssen. Nachdem das Fieber abgeklungen war und ihr Zustand sich einigermaßen stabilisiert hatte, war es für ihren schottischen Kollegen Tom Kennedy keine Frage gewesen, Julia nach Deutschland, in die Spezialklinik ihres Onkels zu bringen. Als Folge der Krankheit hatten sich bei der jungen Frau nämlich Herzbeschwerden eingestellt. Julia wurde am Herzen operiert und hatte danach Wochen im Spital von Prof. Leopold Bruckner verbringen müssen. Mit sehr wechselvoller Krankengeschichte. Mehr als einmal hatte sie Rückfälle erlitten, da war es nicht sicher gewesen, ob sie es überhaupt schaffte. Dass sie nun in Max Brinkmeiers kleiner Küche hinter dem Fenster stand und nach draußen schauen konnte in den sonnigen Morgen, hatte sie gleich mehreren Menschen zu verdanken, das wusste Julia. Zunächst einmal Dr. Kennedy, dessen starkes Engagement erst ihre optimale Behandlung ermöglich hatte. Dann ihrem Onkel, einem herausragenden Herzspezialisten.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 126

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dr. Brinkmeier Classic – 36 –

Ihr erster – und ihr letzter Kuss?

Theresa soll ihren Johannes nie wiedersehen!

Sissi Merz

Ein klarer, lichtblauer Vorfrühlingshimmel spannte sich über Wildenberg, die Sonne war eben aufgegangen. Jetzt, Mitte März, lag ein langer und harter Winter hinter den Menschen im Berchtesgadener Land, man sehnte den Frühling und damit den Beginn der warmen Jahreszeit herbei. Doch noch immer war es kühl, in der Nacht sanken die Temperaturen deutlich unter den Nullpunkt. Dr. Julia Bruckner war dieses Klima nicht mehr gewöhnt, schließlich hatte sie mehr als zehn Jahre in Afrika als Entwicklungshelferin gearbeitet. Zusammen mit Dr. Max Brinkmeier hatte sie direkt nach Abschluss des Medizinstudiums eine vergessene Missionsstation im ruandischen Hochland zu einem funktionierenden Buschhospital ausgebaut. Holy Spirit, das war Julias Lebensaufgabe. Die schöne Ärztin mit den kastanienbraunen Locken und den himmelblauen Augen seufzte leise, wenn sie daran dachte, dass sie die Station und die Kollegen dort vielleicht nie wiedersehen würde.

Vor einiger Zeit hatte Julia sich nämlich mit einer aggressiven Abart des tropischen Gelbfiebers infiziert und lange Wochen im Hospital von Kigali, der ruandischen Hauptstadt, verbringen müssen. Nachdem das Fieber abgeklungen war und ihr Zustand sich einigermaßen stabilisiert hatte, war es für ihren schottischen Kollegen Tom Kennedy keine Frage gewesen, Julia nach Deutschland, in die Spezialklinik ihres Onkels zu bringen. Als Folge der Krankheit hatten sich bei der jungen Frau nämlich Herzbeschwerden eingestellt. Julia wurde am Herzen operiert und hatte danach Wochen im Spital von Prof. Leopold Bruckner verbringen müssen. Mit sehr wechselvoller Krankengeschichte. Mehr als einmal hatte sie Rückfälle erlitten, da war es nicht sicher gewesen, ob sie es überhaupt schaffte. Dass sie nun in Max Brinkmeiers kleiner Küche hinter dem Fenster stand und nach draußen schauen konnte in den sonnigen Morgen, hatte sie gleich mehreren Menschen zu verdanken, das wusste Julia. Zunächst einmal Dr. Kennedy, dessen starkes Engagement erst ihre optimale Behandlung ermöglich hatte. Dann ihrem Onkel, einem herausragenden Herzspezialisten. Und nicht zuletzt Max Brinkmeier, dessen unverbrüchliche Liebe sie immer wieder auffing, wenn Julia sich selbst am Ende glaubte.

Nun ging es ihr allmählich besser, sie hatte Max’ Vorschlag, die Rehaphase in Wildenberg zu verbringen, nach einigem Zögern angenommen. Dieses Zögern war keineswegs darauf zurückzuführen, dass sich ihre Gefühle für den jungen Landarzt geändert hätten; im Gegenteil. Julia liebte Max ebenso wie er sie liebte. Doch ihr Herz gehört eben auch Holy Spirit und ihrer Arbeit in Afrika. Seit Julia wieder halbwegs auf dem Posten war, drängte sich ihr die Frage einer Rückkehr immer häufiger auf.

Ihr Onkel hatte ihr deutlich zu machen versucht, dass sie nicht wieder in Afrika arbeiten konnte. Das Klima und die erhöhten Anforderungen, die ihre Aufgaben auf der Station mit sich brachten, waren auf Dauer zuviel für ihre angegriffene Gesundheit. Blieb sie in Wildenberg, dann konnte sie ihren Beruf weiterhin ausüben und würde bei vernünftiger Lebensweise mit keinerlei Einschränkungen zu rechen haben. Es wäre so einfach gewesen …

Julia lächelte ein wenig verloren, als sie daran dachte, dass dies schon einmal funktioniert hatte. Als Max’ Vater Josef nämlich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen war, die Praxis in Wildenberg zu führen, hatte Max Ruanda verlassen und die Nachfolge seines Vaters angetreten. Eigentlich war es für ihn keine Frage gewesen, dass Julia ihn begleiten würde. Doch sie hatte sich damals nicht von der Station trennen können. Die Trennung von Max hatte sich dann aber für sie als unerträglich erwiesen. Schließlich hatte Julia einen Koffer gepackt und war dem geliebten Mann doch noch gefolgt. Eine ganze Weile hatten sie in Wildenberg zusammen gelebt und praktiziert. Es war ein idealer Zustand gewesen, das musste sie sich im Nachhinein eingestehen. Und sie hatte daran gedacht, für immer zu bleiben, Max zu heiraten. Das war für die junge Frau, die aus zerrütteten Familienverhältnissen stammte, eine gravierende Entscheidung gewesen. Doch dann aber alles ganz anders gekommen.

Dr. Kennedy war in Wildenberg aufgetaucht und hatte so lange auf Julia eingeredet, bis sie ihm wieder nach Holy Spirit gefolgt war. Für Max war dies ein schwerer Schlag gewesen. Mehrere Male hatten sie einander in der Zwischenzeit noch wieder gesehen, aber es war nie von Dauer gewesen. Der junge Landarzt hatte sich schließlich mit dem Gedanken abgefunden, dass ihnen kein gemeinsames Glück mehr beschieden war.

Dann aber war Julia erkrankt, und nun schien es das einzig Folgerichtige zu sein, dass sie bleiben und ihr Leben wieder mit Max teilen würde. Diesmal für immer.

Obwohl Julia sich das im Grunde ihres Herzens wünschte, sie an ein gemeinsames Glück, Kinder, eine Familie dachte, konnte sie doch die Sehnsucht nach Holy Spirit nicht ganz verdrängen. Und der Wunsch, es zu wagen, nicht einfach kampflos aufzugeben, der bewegte ihr Fühlen und Denken.

»Ach, hier bist, Liebes. Komm, gehen wir zum Vater runter, die Afra wird schon mit dem Frühstück warten.« Dr. Max Brinkmeier trat neben Julia, die eine Hand nach ihm ausstreckte. Sie tauschten ein inniges Busserl, dann blickte die schöne Frau zu dem großen, schlanken Mann mit dem sandblonden Haar auf und gestand ihm: »Ich würde am liebsten den ganzen Tag hier stehen und aus den Fenster schauen. Es ist so nett, so idyllisch. In Afrika hab ich oft an Wildenberg gedacht. Du wirst lachen, aber dann hat mich allerweil das Heimweh gepackt. Obwohl ich doch ein echtes Münchner Kindel bin.«

»Wo das Herz ist, da ist man daheim«, zitierte Max mit einem vielsagenden Lächeln. »Ich wett, du denkst jetzt oft in dieser Weise an die Station.«

Sie maß ihn mit einem fragenden Blick. »Willst damit vielleicht andeuten, dass ich immer das will, das ich net haben kann? So ist das fei net!«

»Hab ich auch nicht gemeint«, versicherte er ihr daraufhin beschwichtigend, wunderte sich aber ein wenig über ihre heftige Reaktion. »Schau, Julia, ich weiß doch, wie schwer es dir fällt, Holy Spirit zu vergessen. Du hängst sehr an deiner Arbeit dort.« Und in einem Anflug von Eifersucht fügte er noch hinzu: »Vermutlich hängst auch an diesem Kennedy, so wie der sich um dich bemüht hat, dein Lebensretter.«

»Mei, Max, so ein Schmarrn!« Ihr Lachen gefiel ihm in diesem Moment nicht, hatte er doch den Eindruck, als lache sie ihn aus.

»Wieso Schmarrn?« Er ließ sie los und musterte sie ernst. »Dieser Mann hat dich lieb, er würde alles für dich tun. Willst mir im Ernst erzählen, dass dich das unberührt lässt?«

»Max, bitte, ich …«

»Na, Julia, das möchte ich doch mal aussprechen. Diese Geschichte, die steht schon seit einer Weile zwischen uns. Und ich will jetzt wissen, wie du zu Tom Kennedy stehst. Hast ihn lieb?« Er merkte, dass sie empört abwehren wollte, beharrte aber: »Ich will dir nix vorwerfen. Und es wird auch nichts zwischen uns ändern. Du weißt, ich hab die Anna Stadler gern, das gebe ich auch zu. Aber mein Herz, das gehört dir, Julia. Und ich bin fest davon überzeugt, dass es umgekehrt ebenso ist. Aber ich finde auch, wir sollten weiterhin offen und ehrlich zueinander sein.«

»Zwischen dem Tom und mir ist so wenig wie zwischen dir und der Anna«, erklärte sie diplomatisch. »Er hat mich lieb, das hat er mir gesagt. Aber er erwartet nix von mir, weil er weiß, dass ich seine Gefühle net erwidere. Reicht dir das? Oder muss ich beim Hochwürden auf die Bibel schwören?«

»Schon recht.« Er lächelte nachsichtig. »Das hab ich nur hören wollen. Und nun komm, ich muss bald in die Praxis. Wir wollen doch noch in Ruhe zusammen frühstücken.«

Josef Brinkmeier saß bereits am Tisch, als Julia und Max wenig später auftauchten. Der pensionierte Landarzt wohnte im ersten Stock des Doktorhauses von Wildenberg, Max in der Wohnung über ihm. Josefs Hund Zamperl begrüßte die beiden mit freudigem Schwanzwedeln. Der Senior hatte den hübschen, hellbraunen Rüden vor einiger Zeit völlig verwahrlost aufgelesen und aufgepeppelt. Afra, die Hausperle, hatte dieser Veränderung zunächst erbitterten Widerstand geleistet. Doch auf Dauer hatte sie dem treuen Blick aus haselnussbraunen Hundeaugen nicht widerstehen können. Alle mochten Zamperl und er schloss schnell Freundschaft. Besonders Anna Stadler, die Apothekerin von Wildenberg, hatte er gern. Julia Bruckner gegenüber blieb der kluge Hund aber seltsam distanziert. Auch an diesem Morgen mochte er sich nicht von ihr streicheln lassen.

»Dein Hund mag mich net, Josef«, stellte sie enttäuscht fest.

»Er sucht sich die Leut aus. Und wer weiß schon, was in so einem Hundeköpferl vorgeht«, gab er diplomatisch zu bedenken. Josef sah seinem Sohn Max sehr ähnlich und war auch vom gleichen, ruhigen und ausgeglichenen Schlag. Er hatte Julia gern, und es wäre ihm nur zu recht gewesen, wenn sie und Max endlich geheiratet hätten. Doch so sehr sie einander auch liebten, eine gemeinsame Basis für ein erneutes Zusammenleben zu finden, das wollte ihnen scheinbar nicht mehr gelingen.

»Hast nachher wieder viele Hausbesuche zu machen?«, wechselte Brinkmeier senior nun das Thema.

Max hob die breiten Schultern. »Es geht so. Ich will aber mal wieder im Kinderheim vorbeischauen, da liegen einige kleine Patienten mit einer Angina zu Bett.«

»Soll ich net mitkommen?«, schlug Julia spontan vor.

»Ich glaub net, dass das eine gute Idee wäre«, lehnte der junge Landarzt allerdings ab.

»Wieso denn net? Oder willst vielleicht lieber die Anna Stadler mitnehmen?«, kam es ein wenig spitz von der schönen Ärztin. Sie wusste, dass Anna und Max sich gut verstanden, manch einer in Wildenberg in der grazilen Blondine die ideale Arztfrau sah. Und es fiel Julia schwer, ihre Eifersucht da immer im Zaum zu halten.

Dr. Brinkmeier reagierte gelassen. »Die Anna ist doch noch auf Lanzarote bei ihren Eltern.« Er machte eine beschwichtigende Geste. »Nun geh net gleich in die Luft, Julia. Ich hab aus einem ganz anderen Grund abgelehnt. Du musst in den nächsten Wochen jede potentielle Ansteckung meiden. Schließlich kann das kleinste Virus dich wieder umwerfen. Und das wollen wir doch vermeiden, net wahr?«

Sie biss sich auf die Lippen und murmelte: »Ja, freilich. Wie dumm von mir, dass ich net selbst daran gedacht hab …«

»Ist schon recht.« Er lächelte ihr jungenhaft zu. »Was meinst, wie gut es mir gefallen würde, wenn wir zwei wieder zusammen die Praxis führen und auch die Hausbesuche machen würden? Ich denk gerne an die Zeit zurück, als das der Fall war. Und ich glaube, die meisten Wildenberger ebenfalls. Du warst sehr beliebt als meine Landärztin, das weißt doch sicher auch.«

Julia senkte die Lider und gab beschämt zu: »Es war eine schöne Zeit. Wäre ich damals geblieben, hätte ich uns beiden einiges erspart.«

»Wir wollen nimmer davon reden.« Max trank seinen Kaffee aus. »Wennst wieder ganz gesund bist, dann bleibt uns noch genügend Zeit, Pläne zu schmieden. Aber jetzt muss ich in die Praxis. Bis zum Mittagessen dann.« Er drückte ihr ein Busserl auf die Schläfe und verließ die Stube.

Julia schaute Max mit gemischten Gefühlen nach. Als sie Zamperls Blick begegnete, der neben seinem Herren auf dem Boden saß, hatte sie fast den Eindruck, als könne der Hund ihre geheimsten Gedanken lesen. Und das gefiel ihr gar nicht.

»Kommst nachher mit, wenn ich eine Runde mit dem Zamperl drehe?«, fragte Josef in ihre Gedanken hinein. Noch ehe Julia antworten konnte, meinte Afra, die den Tisch abräumte: »Es war längst an der Zeit, dass unser Doktor zur Ruhe kommt und auch privat einen Rückhalt hat. Aber der taugt nur dann etwas, wenn er auch von Dauer ist.«

»Ich weiß, Afra«, gestand die schöne Ärztin ihr zu. »Und ich will alles dazu tun, dass es so bleibt.«

»So?« Die betagte Hauserin wirkte skeptisch. »In diesem Haus hat es schon manche Frau gegeben, die da wieder gesund geworden ist, um dann einfach ihrer Wege zu gehen.«

Julia schaute Josef fragend an, dieser riet ihr: »Mach dir keine Gedanken darüber, Julia. Die Afra mischt sich halt gern in unser Leben hier ein, das ist so ihre Art.«

»Ich sag, was ich denk. Und das ist net verboten«, wies sie ihn knapp zurecht, stemmte das volle Tablett und verließ dann die Stube, Zamperl trottete hinter ihr her.

»So ganz Unrecht hat die Afra fei net«, sinnierte Josef, als sie wieder allein waren. »Du weißt, Julia, es ist net meine Art, mich einzumischen, davon halte ich nix. Aber der Max hat viel mitgemacht. Und damit meine ich net nur die letzten Monate. Er muss zur Ruhe kommen, nur dann kann er hier seine Aufgaben erfüllen. Und dass er sein Leben wieder in den Griff kriegt, das liegt fei bei dir. Das weißt schon, gelt?«

Die junge Frau nickte, ihr Lächeln fiel dünn aus. »Ja, ich weiß. Wollen wir jetzt ein bissel mit dem Hund rausgehen?«

Josef stimmte zu, doch er wurde den Eindruck nicht los, dass Julia ihm absichtlich auswich. Und das wollte ihm ganz und gar nicht gefallen …

*

Christel Brenner, die langjährige Arzthelferin, hielt sich bereits in der Praxis im Erdgeschoss des Doktorhauses auf, als Max Brinkmeier erschien. Er grüßte sie freundlich und bat sie, ihm ins Sprechzimmer zu folgen. Nachdem sie ihm die aktuellen Patientenkarten auf den Schreibtisch gelegt hatte, fragte die patente Frau: »Wie geht es der Julia? Wird sie wieder in der Praxis mitarbeiten? Ich bin schon des Öfteren danach gefragt worden.«

Der junge Landarzt seufzte leise. »Das ist noch Zukunftsmusik, Christel. Die Julia muss sich erst mal erholen, die Reha wird einige Wochen in Anspruch nehmen. Aber ich hoffe, dass sie sich danach wieder entschließen kann, hier einzusteigen.«

»Mei, das wäre wirklich nett«, urteilte sie.

»Wem sagst das.« Er reichte ihr eine Liste. »Die Bestellung gibst bitt schön in der Rosenapotheke auf, ich werde heut net dazu kommen. Wir müssen unsere Bestände aufstocken.«

»Da wird die Anna Stadler enttäuscht sein«, rutschte es ihr heraus, was Max mit einem fragenden Blick quittierte.

»Die Anna ist doch auf Lanzarote bei ihren Eltern. Sie hat mir erzählt, dass es ihrem Vater net gut geht, er wieder unter Herzbeschwerden zu leiden hat. Ich dachte, sie wird wohl eine Weile dort bleiben.«

»Sie war nur eine Woche lang fort. Zur Erholung, sagt die Susi Angerer. Aber sie kann sich ja auch irren.« Christel wollte den Raum verlassen, Max hakte nach: »Was soll das heißen? Solche Andeutungen mag ich net, Christel, das weißt.«

»Also gut, ich sag’s, wie es ist. Die Anna Stadler hat dir die ganze Zeit selbstlos beigestanden, als es der Julia so schlecht gegangen ist. Hast mal darüber nachgedacht, wie es ihr dabei ums Herz gewesen sein muss? Als die Julia dann hergekommen ist, da ist die Anna geflüchtet, sagt ihre Angestellte. Du weißt doch, dass sie dich lieb hat, Doktor. Und jetzt kannst dir vielleicht vorstellen, wie sie sich fühlt.«

Max wirkte ehrlich betroffen, was zeigte, dass er sich darüber tatsächlich noch keine Gedanken gemacht hatte. Er kam sich nun recht egoistisch und gefühllos vor. »Ich schaue später in der Apotheke vorbei und gebe die Bestellung selbst auf«, entschied er ein wenig zögernd. »Und ich dank dir für deine Offenheit, Christel. Schickst jetzt bitt schön den ersten Patienten eini.«