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Jessy wacht mit einem gebrochenen Sprunggelenk auf und kann sich an nichts erinnern. Von ihren Freunden wird sie ins General Hospital in Nashville gebracht, wo sie den hübschen Notfallchirurgen kennenlernt und ihr Leben eine Wendung nimmt, mit der sie nicht gerechnet hat. Wird sich Jessy auf ein Abenteuer einlassen?
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Seitenzahl: 156
Veröffentlichungsjahr: 2023
Für Lilly,mein Lieblingsmensch mein Leben lang
Clara Miller
Dr. Cute, bitte in den OP.
© 2023: Clara Miller
Umschlag, Illustration: Clara Miller
Lektorat, Korrektorat: Name Lektor(in)
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland
ISBN
Paperback
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Hardcover
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e-Book
ISBN e-Book
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor/die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine/ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors/der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
-1-Jessy
Ein stechender Schmerz durchdringt meinen rechten Knöchel. Autsch. Ich schaue auf die Uhr. Es ist zwei Uhr nachts. Ok, kurz zurückdenken. Ich war bei den Nachbarn einen trinken. Glühwein und dann gab es noch Weißwein. Es war eine mehr als lustige Runde und irgendwann bin ich nach Hause. Ich muss gestürzt sein. Ich schalte die Nachttischlampe an und erschrecke. Mein rechter Knöchel hat die Größe eines Apfels angenommen und hat die Farbe einer Pflaume. Durch das bloße angucken, zieht sich ein Schmerz durch mein Bein. Ruhig bleiben. Ich hole tief Luft und lege mich wieder hin. Vielleicht kann ich noch ein bisschen schlafen.
Nachdem ich mich bis fünf Uhr morgens im Bett hin und herumgewälzt habe, schlafe ich bis halb sieben ein. Ich will aufstehen. Geht nicht. Ich schleppe mich mühsam zur Toilette, der Knöchel schmerzt wie die Hölle. Dann schleppe ich mich zum Kühlschrank und hole ein Kühl-Pad. Was für eine Wohltat. Nach näherem Betrachten meines „pflaumenfarbigen Apfels“ entscheide ich mich meine Nachbarin und beste Freundin Dina anzurufen. Nach dem ersten Klingeln nimmt sie schon ab: „Hey, wie geht es dir?“ „Naja, ich glaube ich habe mir gestern auf dem Heimweg was getan.“ Dina holt tief Luft und setzt an, holt dann nochmal tief Luft und beginnt mit einem Seufzer: „Wir haben dich gestern nach Hause begleitet und du bist gestürzt. Es sah so aus als wärst du umgeknickt. Jeff hat dich dann mit mir zusammen in dein Bett gebracht, nachdem du nicht mehr auftreten konntest. Sag nicht es ist so schlimm, wie es aussah?“. Jetzt wird mir einiges klar, Filmriss. „Doch, ich fürchte genau das ist es.“ Ich erläutere Dina kurz den Zustand meines Knöchels. „Ich bin sofort bei dir!“
Jeff und Dina haben einen Schlüssel für meine Wohnung. Sie sind meine besten Freunde und wir verbringen fast jedes Wochenende miteinander. Kurze Zeit später höre ich einen Schlüssel im Schloss meiner Wohnungstür. Dina kommt sofort gefolgt von Jeff in mein Wohnzimmer gestürmt. Kurz schaut sie stumm auf meinen Knöchel. „Fuck, Jessy. Du musst ins Krankenhaus.“ „Hallo erstmal.“, sage ich leise. Jeff sieht noch ziemlich zerknirscht aus aber auch auf seiner Stirn bilden sich beim Anblick meines Knöchels Sorgenfalten. „Ich bin ganz Dina s Meinung, Jessy. Das muss geröntgt werden.“ Jeff arbeitet als Sanitäter im General Hospital und seinem Blick zu urteilen, sollte ich das wirklich tun. Zurzeit ist er in einer Weiterbildung und ist immer mal einige Tage auf Dienstreise.
Ausgerechnet jetzt kurz vor Weihnachten passiert mir so ein Mist. Mein Leben ist derzeit nicht ganz einfach. Das Einzige was gut läuft, ist der Job. Nach meinem Abschluss an der Wirtschaftsuniversität als Diplom-Betriebswirt arbeite ich in einem großen Einkaufsunternehmen für romantische Artikel aller Art. Besonders gut verkaufen wir natürlich zur Weihnachtszeit und zum Valentinstag. Da ich die Abteilungsleiterin bin, ist ausfallen gerade keine Option. Nicht ganz einfach war in letzter Zeit zum Beispiel der Betrug meines Exfreundes Ben. Leider habe ich ihn beim Liebesdinner mit seiner Sekretärin erwischt, als ich beim Waschen eine Tischreservierung in seiner Hosentasche gefunden hatte und blöderweise davon ausging er wolle mit mir dorthin gehen. Das ist nun vier Wochen her. Seitdem wohne ich allein in unserer ehemals gemeinsamen Wohnung. Ich habe alle seine Sachen in den Hausflur geworfen, die Schlösser getauscht und bin eine Woche bei meiner Mutter untergekommen, bis ich mich wieder in die Wohnung getraut habe. So allein von meinem Kram umgeben, habe ich beschlossen dort zu bleiben. Eigentlich ist es eine Doppelhaushälfte mit anliegendem Garten. Ich mag es sehr. Drei Zimmer über zwei Etagen, zwei Bäder und eine offene Küche mit Kochinsel. Zwei Wochen vor Weihnachten wurde gestern Abend mein Herz wieder schwer und der Alkohol leicht. Als Teenager ist mir einmal ein Filmriss widerfahren und ich hatte mir geschworen, dass passiert mir nie wieder. Da kommt die Strafe direkt darauf.
Dina und Jeff hieven mich mehr oder weniger ins Auto und bringen mich in die Notaufnahme des General Hospital hier in Nashville. In die kleine Kabine zur Anmeldung muss ich dann allein gehen. Die Schwester an der Anmeldung schaut etwas skeptisch über ihren Mundschutz zu mir rüber. Ich plumpse in den Stuhl und verziehe mein Gesicht vor Schmerzen.
„Na was kann ich denn für Sie tun?“, fragt sie mich mit hochgezogener Augenbraue. Schwester Doris steht auf ihrem Schild am Kittel.
„Ich bin gestern Abend umgeknickt und habe seit dem einen geschwollenen Knöchel und Schmerzen beim Auftreten.“, erkläre ich, als hätte sie die Hälfte davon nicht mitbekommen, als ich mich in das Zimmer gequält habe.
„Ist es ein Arbeitsunfall?“, fragt sie nun noch gelangweilter.
„Nein.“, antworte ich knapp und sage zu mir selbst: „ein verdammter ich saufe mir mein Leben schön -Unfall.“
„Name?“
„Jessy Handerson.“
„Geburtsdatum?“
„29.03.1993“
„Setzen Sie sich bitte in den Warteraum. Sie werden aufgerufen.“
„Danke.“, sage ich und versuche zu lächeln bis sofort wieder ein schmerzhaftes Zischen aus meinen zusammengepressten Lippen kommt, als ich versuche mich aufzurichten. Gott sei Dank wiege ich nur 65 Kilo, so dass ich mich selbst hochstemmen kann von dem Armlehnenstuhl. Kaum bin ich aus der Tür Richtung Wartezimmer unterwegs, stürmen Dina und Jeff auf mich zu, um mich zu stützen.
„Wie geht es nun weiter?“, fragt Dina besorgt. „Ich soll warten.“, sage ich gequält und rutsche tiefer in dem harten Wartezimmerstuhl. „Ihr zwei müsst jetzt nicht hier warten. Ich kann euch anrufen, wenn ich durch bin.“ Ich blicke mich um. Es sind mindestens zehn weitere Patienten vor mir dran.
„Nein, ich bleib hier bei dir.“, sagt Dina entschlossen. Jeff sieht uns beide an: „Jessy hat recht. Das kann jetzt Stunden dauern. Lass sie uns noch mit etwas zu trinken versorgen, und dann düsen wir los.“ Jeff wendet sich zu mir: „Ruf bitte an, wenn du mehr weißt. Solltest du nach Hause können, kommen wir sofort.“. Ich nicke zustimmend. Aber warte mal. Sollte ich nach Hause können?
Mit einer Wasserflasche aus dem Automaten versorgt, lassen mich die beiden im Wartezimmer zurück. Erst jetzt merke ich, dass ich eigentlich auch einen riesigen Kohldampf habe. Nun sitze ich es aus. Ich ziehe mein Handy mühsam aus der Jackentasche und sehe zwei Anrufe von Ben. Ich lösche sie und stecke das Handy zurück. Mal gucken, was es hier so zusehen gibt.
Ich schau mich im Raum um. Keiner sieht so krank aus wie ich. Daher ärgert mich die Wartezeit nun noch mehr. Ich setze mich auf. Nach einem stechenden Schmerz im Knöchel, lege ich mein Bein doch wieder ruhig auf den Boden. Zwei Stunden sitze ich dort. Ab und zu kommen Krankenschwestern, Pfleger, Ärzte und andere Krankenhaus Mitarbeiter vorbei. Doch alle Menschen in der Notaufnahme sind Luft für sie. Dina schickt mir im Halbestundentakt Fragen über Fragen. Leider muss ich sie enttäuschen, da ich immer noch an Ort und Stelle sitze, wo sie mich zurückgelassen haben.
-2- Matt
Mein Wecker klingelt und ich habe wieder einmal das Gefühl nicht ausgeschlafen zu sein. Die letzten Wochen waren einfach zu nervenaufreibend für mich, dennoch muss ich mich für meinen Dienst fertig machen. Manchmal habe ich das Gefühl die Arbeit hält mich am Leben. Also schleppe ich mich aus dem Bett Richtung nebenliegendes Bad. Das war eine wichtige Voraussetzung, dass Angela dieses Haus wählte. Mir war es egal. Eine kalte Dusche weckt mich nur bedingt und ich hoffe auf einen starken Kaffee in der Küche. Leider koche ich mir den, wenn dann nur selbst. Seit vier Wochen lebe ich mit diesem Druck auf der Brust und vielen Fragezeichen in meinem Kopf. Angela war meine große Liebe, zumindest dachte ich das immer. Wir waren glücklich, war zumindest mein Eindruck. Ich habe manchmal die Bedenken ich war wochenlang und monatelang blind und habe alle Anzeichen übersehen. Ich fand im Haushaltsraum auf dem Boden einen Zettel mit einer Adresse für ein Restaurant und ein Datum mit einer Uhrzeit. Ich war wieder einmal zu spät, da ich noch einen Notfall in der Notaufnahme hatte, ein schlimmer Verkehrsunfall musste noch notoperiert werden. Als ich am Restaurant ankam, saß Angela dort, jedoch in einer romantischen Haltung mit einem anderen Mann. Sie küssten sich, als ich mir die Nase am Schaufenster plattdrückte. Ich habe Angela zu Hause zur Rede gestellt. Ohne eine Erklärung hat sie ihre Sachen gepackt und ist gegangen. Ich weiß nicht wohin. Einige Tage später kam ich vom Dienst nach Hause und all ihre persönlichen Dinge, Möbel, die sie mitgebrachte hatte, sowie Hausrat waren aus dem Haus verschwunden. Ich habe eine Woche Urlaub eingereicht und bin drei Tage in eine Richtung gefahren, um dann drei Tage lang wieder zurück zu fahren. Ich kam nur zum Ergebnis, dass das Leben weiter gehen muss und ich dieses Haus behalten werde und versuchen werde, das Beste daraus zu machen. Nur in meinem Herz ist dieser gute Vorsatz noch nicht angekommen. Ihr Weihnachtsgeschenk habe ich zurückgegeben und alles, was mich an Angela erinnert, vernichtet.
Meine Kaffeemaschine ist durchgelaufen und ich genieße einen starken Kaffee. Essen kann ich morgens nie etwas.
Ich schalte die Kaffeemaschine aus und ziehe mir eine Jacke über. Die Nacht war mild, meine Windschutzscheibe meines SUV ist frei und ich kann direkt starten.
Im Krankenhaus angekommen, ist die Notaufnahme wieder mal voll. Aber dieser Stress hält mich am Leben. Im Umkleideraum wollen die Kollegen mich wieder in ein Gespräch verwickeln, sie wollen wissen was ich zu Weihnachten oder zum Jahreswechsel vorhabe. Wenn ich das wüsste. Derzeit lebe ich von Tag zu Tag. Zu meiner Familie zu fahren fällt aus, denn meine Eltern leben nur noch nebenher und werden das auch zu Weihnachten nur weil ich anwesend bin, nicht ändern. Mit einem kurzen Nicken verabschiede ich mich aus der Umkleidekabine und bin nun im Notfallchirurgen-Modus. Die erste Akte, die ich in die Hand bekomme, ist eine Sprunggelenksprellung, wahrscheinlich ein Sportunfall einer jungen Frau. Also Augen zu und durch.
-3- Jessy
„Ms. Handerson?“
„Ja hier.“, ich will aufstehen, aber falle vor Schmerzen gleich auf den Stuhl zurück. Ein starker Arm hält mich davon ab, hart zu landen. Über dem Mundschutz strahlen mich blaue große Augen an und darüber sehe ich hellblondes dichtes strubbeliges Haar. „Holt mir bitte jemand einen Rollstuhl?“, höre ich ihn barsch sagen. In weniger als einer Minute sitze ich in einem Rollstuhl und werde von dem blauäugigen Doktor, ich denke mal er ist einer, in die Notaufnahme und ins Zimmer fünf geschoben.
„Ms. Handerson, ich bin Doktor Franklin.“. Er ist also der Doktor. Ich bleibe stumm.
„Was ist denn genau passiert?“.
Diese blauen Augen hypnotisieren mich, als kenne ich sie irgendwo her.
„Ms. Handerson? Hören Sie mich?“.
„Ja.“ Ich komme zu mir.
Mit sanfter Stimme und etwas zu mir runter gebeugt fragt er mich nochmal: „Ms. Handerson, wollen Sie mir erzählen, was passiert ist?“. „Ja. Also…“, dieser Duft. „Ich bin gestern Abend umgeknickt auf dem Weg nach Hause. In der Nacht bin ich mit Schmerzen aufgewacht und Jeff meinte heute Morgen ich solle das mal lieber röntgen lassen.“, stammele ich leise vor mich hin. Ich schaue mir Doktor Franklin genauer an. Er trägt eine weiße Arzthose, die ihm perfekt passt und einen knackigen Hintern verspricht, und Sneakers in Weiß. Auf dem dunkelblauen Polo ist das Symbol des Krankenhauses und sein Name gedruckt. Durch das Polo kann man erkenne, dass er sportlich ist und auf seine Figur zu achten scheint. Seine Oberarme sind nicht sonderlich trainiert, doch weisen auch darauf hin, dass er zumindest immer mal wieder im Fitnessstudio zu sein scheint.
„Da hat Jeff völlig recht. Ich melde Sie mal zum Röntgen an.“, sagt Dr. Franklin und verschwindet aus dem Zimmer. Ich schaue mich um. Vor mir steht eine Liege oder besser ein kleines Krankenhausbett auf Rädern. Ich sehe ein Waschbecken, einen Computer und eine kleine Schrankzeile mit Beschriftungen an den Türen, was sich dahinter befindet. Die Tür zum Flur ist hinter mir. Ich hole tief Luft und fische mein Handy aus meiner Jackentasche. Ich stelle fest außer dem Handy, meiner Geldbörse und dem Wohnungsschlüssel habe ich nichts mitgenommen. Die Tür öffnet sich und ein schlaksiger junger Mann in hellblauen Krankenhaussachen kommt herein.
„Ms. Handerson? Ich nehme Sie mit zum Röntgen.“, sagt er und rollt mich schon aus dem Zimmer. Am Ende des Flurs biegen wir rechts in einen Raum mit einer Liege in der Mitte und einem großen Röntgengerät darüber. Der Raum wirkt steril und sauber. Es ist alles in Weiß gehalten und es gibt keinerlei Bilder. Eine Tür mit einem nebenliegenden Fenster weist auf den Raum hin, in dem der junge Mann gleich die Aufnahme machen wird.
„Legen Sie sich bitte auf die Liege, ziehen Sie Ihren Schuh und den Strumpf aus und schieben das Hosenbein nach oben.“
Gesagt und unter Schmerzen getan, fängt der junge Mann an, seinen Namen konnte ich bisher nicht lesen, meinen Fuß zu biegen. Mir schießt ein Schmerz durch den Fuß und ich zucke zurück.
„Entschuldigen Sie, aber ein bisschen muss ich den Fuß platzieren.“
„Ok.“, mehr bekomme ich unter zusammengebissenen Zähnen nicht raus.
Dann legt er eine große Bleimatte auf meinen Oberkörper und schreckt auf: „Eine Schwangerschaft kann ausgeschlossen werden?“, fragt er.
„Ja.“, und da ist der andere Schmerz wieder. Der Schmerz über den Verlust und den Betrug von Ben. Wir hatten Pläne, oder hatte nur ich die?
Kurz heult das Gerät auf und schon befreit mich der junge Mann wieder von der Matte und ich versuche mich in den Rollstuhl zu schleppen. Mittlerweile ist aus dem Apfel an meinem Knöchel ein größerer Apfel geworden. Ich werde zurück ins Zimmer fünf geschoben und warte auf Dr. Franklin.
-4- Matt
„Ms. Handerson?“, rufe ich in den Warteraum. Die junge Frau versucht sich aufzurichten, bricht jedoch gleich wieder zurück auf den Stuhl zusammen. Sie sieht so hilflos aus, dass mein Beschützerinstinkt sich sofort meldet. Ich schreie nach einem Rollstuhl und stütze sie. Ihre Augen sehen traurig und gequält aus. Sie ist schlank und ich kann sie ohne Probleme halten. Nachdem ich ihr in den Rollstuhl geholfen habe, schiebe ich sie wortlos in den Behandlungsraum. Mir wurde heute Behandlungsraum 5 zugewiesen. Alle Räume sind gleich eingerichtet in unserer Notaufnahme im General Hospital in Nashville. Ich arbeite seit fast fünf Jahren hier. Erst als Assistenzarzt und nun bin ich Notfallchirurg. Ich mache meinen Job eigentlich gern, denn mehr Abwechslung gibt es in keiner anderen Fachrichtung meiner Meinung nach. Wie ich von Ms. Handerson erfahre, ist es kein Sportunfall. Sie ist sichtlich unglücklich über die Situation, in der sie sich befindet. Aus einem mir nicht einleuchtenden Grund, bekomme ich das Gefühl ich muss mich besonders um sie kümmern, da sie sonst eher alleingelassen wirkt. Bevor ich weiß, wie es genau um ihren Knöchel gestellt ist, muss ich ein Röntgenbild sehen. Nach dem ich alles geklärt habe, gehe ich aus dem Zimmer, um einen Röntgentermin für sie zu vereinbaren.
Leider sieht das Röntgenbild nicht besonders gut aus. Sie wird am Boden zerstört sein und Angst bekommen. Ich werde sie ihr nehmen und ihr den Aufenthalt so angenehm wie möglich machen.
Sie scheint mir interessant und ich habe das Gefühl mehr über sie erfahren zu wollen. Ob sie das will, werde ich herausfinden. Zum ersten Mal seit Angelas Trennung verspüre ich Wärme in meiner Brust. Kann das an Ms. Handerson liegen? Sie ist schon niedlich. Ihre blonden Haare fallen ihr bis zur Schulter und sind heute noch nicht gekämmt worden. Sie ist schlank und scheint sportlich, auch wenn dies kein Sportunfall war. Ihre Augen sehen müde und traurig aus. Ich habe das Gefühl sie hat eine ähnliche Last wie ich zurzeit zu tragen. Jetzt kommt der Moment, den ich nicht mag, wenn ich den Patienten mitteilen muss, was alles kaputt ist.
-5-Jessy
„Ms. Handerson?“
„Ms. Handerson?“
Ich schrecke auf. Wo war ich mit meinen Gedanken? Ich blicke in die blauen Augen über dem Mundschutz. Dr. Franklin lehnt mit beiden Händen auf den Rollstuhllehnen gestützt, ziemlich nah vor meinem Gesicht und schaut mir in die Augen.
„Ja?“, bringe ich krächzend heraus.
Ein Lächeln umspielt seine Augen und er stößt sich von den Armlehnen ab, um sich auf die Liege mir gegenüber zu setzen. Er holt tief Luft und mir wird ganz mulmig im Bauch.
„Was sagt das Röntgenbild?“, frage ich zaghaft und mit einem zerknirschten Gesicht, welches Dr. Franklin hoffentlich hinter meinem Mundschutz nicht ausmachen kann.
„Leider habe ich keine guten Nachrichten, Ms. Handerson. Ihr Sprunggelenk ist gebrochen und ist so verschoben, dass Sie operiert werden müssen.“ Ich schlucke und mir wird ganz schwindelig. Doch Dr. Franklin spricht einfach weiter. „Wir werden eine Titanplatte einsetzen müssen und diese mit Schrauben fixieren. Sie bekommen dann einen Stützschuh als Gipsersatz. Dieser ist hygienischer und einfacher in der täglichen Handhabung, er wird Sie mit den Unterarmstützen die nächsten sechs Wochen begleiten.“ Mir wird schwindelig, meine Ohren beginnen zu summen und ich lasse meinen Kopf nach hinten fallen. „Oh bitte nicht.“, ist in dem Moment alles, was ich herausbekomme.
„Ms. Handerson, das ist für uns ein Routineeingriff. Machen Sie sich keine Sorgen.“, versucht Dr. Franklin mich zu trösten. Er steht auf und stützt sich wieder nach vorn auf den Armlehnen des Rollstuhls ab, er schaut mir in die Augen. Ruhig und etwas sanfter sagt er: „Ms. Handerson, wir kriegen das hin.“, und zwinkert mit dem linken Auge. Ein wolliger Schauer streift mir über den Rücken und ich fühle mich tatsächlich gut bei ihm aufgehoben. Etwas zu lange bleiben unsere Blicke aneinanderhaften. Seine Augen sind tatsächlich stahlblau und wenn er lächelt, bilden sich kleine Fältchen an den Außenseiten. Das lässt ihn sympathisch wirken.
Ich räusperte mich und zwinge mich den Blick zu lösen. Ich frage: „Wie geht es nun weiter? Außer mein Handy, meiner Geldbörse und das was ich trage, habe ich nichts dabei.“.
„Rufen Sie Jeff an und bitten Sie ihn Ihnen Kleidung und Hygieneartikel für vier Tage zu packen und vorbeizubringen. Ich kümmere mich um ein Zimmer für Sie.“, sagt Dr. Franklin auf dem Weg zur Tür. Als er seinen Satz beendet hat, verschwindet er, ohne mich eines Blickes zu würdigen und schließt die Tür hinter sich. Leidet der Mann an Stimmungsschwankungen? Und was hat Jeff damit zu tun?
Ich fische wieder mein Handy aus der Jacke und rufe Dina an: „Ich stelle auf laut, dann kann Jeff gleich zuhören.“, sagt sie ein bisschen besorgt. Ich erkläre den beiden kurz, was Dr. Franklin gesagt hat, lasse seine blauen Augen, seine Lachfältchen und verwuschelten Haare aber weg.