Chefarzt Dr. Holl 1834 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1834 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

"Sie sollten am besten mit einem Therapeuten sprechen, Herr Meisen", hört Schwester Stella sich sagen - und kann im nächsten Moment nicht glauben, dass sie den Patienten so vor den Kopf stößt.

Wochenlang hat sie den Jockey Rufus Meisen nach seinem schweren Reitunfall aufopfernd gepflegt und ihn immer wieder moralisch aufgebaut, wenn er zu verzweifeln drohte. Jetzt braucht er ihren Zuspruch nötiger denn je. Die Ärzte haben ihm nach einem lebensbedrohlichen Krampfanfall gerade mitgeteilt, dass er niemals wieder wird reiten dürfen. Stella hätte ihn gerne wieder aufgebaut, aber sie will sich auch vor ihren Gefühlen schützen, denn sie hat sich in den charismatischen Mann verliebt. Rufus ist jedoch verlobt, und obendrein hat ihr der Stationsleiter mangelnde professionelle Distanz diesem Patienten gegenüber vorgeworfen.

Und so lässt Stella Rufus in der Stunde seiner größten Not allein und löst dadurch eine Tragödie aus ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Stunde, in der sie versagte

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Anne von Sarosdy/Bastei Verlag

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6391-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Stunde, in der sie versagte

Warum eine Schwester ihren Beruf aufgeben wollte

Von Katrin Kastell

„Sie sollten am besten mit einem Therapeuten sprechen, Herr Meisen“, hört Schwester Stella sich sagen – und kann im nächsten Moment nicht glauben, dass sie den Patienten so vor den Kopf stößt.

Wochenlang hat sie den Jockey Rufus Meisen nach seinem schweren Reitunfall aufopfernd gepflegt und ihn immer wieder moralisch aufgebaut, wenn er zu verzweifeln drohte. Jetzt braucht er ihren Zuspruch nötiger denn je. Die Ärzte haben ihm nach einem lebensbedrohlichen Krampfanfall gerade mitgeteilt, dass er niemals wieder wird reiten dürfen. Stella hätte ihn gerne wieder aufgebaut, aber sie will sich auch vor ihren Gefühlen schützen, denn sie hat sich in den charismatischen Mann verliebt. Rufus ist jedoch verlobt, und obendrein hat ihr der Stationsleiter mangelnde professionelle Distanz diesem Patienten gegenüber vorgeworfen.

Und so lässt Stella Rufus in der Stunde seiner größten Not allein und löst dadurch eine Tragödie aus …

„Alles Gute zum Geburtstag, Stella! Ohne dich wären wir ganz arme Wichtel. Du bist spitze, und wir wissen, was wir an dir haben!“

Gerührt nahm Stella Wagner die herzliche Gratulation ihrer Kollegen entgegen. Sie überraschten sie mit einem improvisierten Geburtstagskaffee in der Übergabezeit zwischen Früh- und Spätdienst. Das hatte es zuvor noch nie auf der Station gegeben.

Die drei Tische des Schwesternzimmers der neurologischen Station der Berling-Klinik in München waren zusammengeschoben worden zu einer Art Tafel. Mehrere Kerzen brannten, und es lief eine CD mit schöner Klaviermusik, die Stella besonders mochte.

Kuchen und salziges Gebäck standen bereit. Es duftete nach Kaffee. Der Frühdienst blieb extra länger, um mit dem Spätdienst feiern zu können. Man half rasch zusammen, damit auf der Station alles seinen geregelten Gang ging und man ungestört etwas Zeit zusammen verbringen konnte.

„Ihr seid unglaublich!“, bedankte sich Stella, und man sah ihr an, wie sehr sie sich freute. „Danke!“

„Umgekehrt wird ein Schuh daraus“, sagte da Karl-Heinz Schreiner, der die Dienstpläne koordinierte und die Pflege der Station leitete.

Im Normalfall galt der fünfzigjährige Karl-Heinz als äußerst zurückgezogen und streng, aber nun war seine Miene weich.

„Wann immer einer von uns Probleme hat, bist du zur Stelle. Du hörst zu, springst ein, wenn es eng wird, und machst nie eine große Sache daraus. Ohne dich würde der Laden hier nur halb so gut laufen. Du bist unglaublich!“, lobte er sie, und ein Lob war bei ihm die Ausnahme.

Alle klatschten und nickten zustimmend.

Stella war sehr beliebt, obwohl sie zu den eher stillen Kolleginnen zählte und sich so gut wie nie in den Vordergrund spielte. Sie war einfach da, wenn man sie brauchte, und ansonsten machte sie auf ihre gründliche und liebevolle Weise ihre Arbeit.

„Wie wirst du deinen dreißigsten Geburtstag begehen? Ich glaube, an dem Tag hänge ich mich auf! Meinen Dreißigsten erkläre ich jetzt schon zu meinem persönlichen Volkstrauertag, nehme Urlaub und bedauere mich. Spätestens dann ist es mit dem schönen Leben vorbei, und das Ende nimmt seinen Anfang“, stellte Schwester Karin düster fest, und falls es als Scherz gedacht war, wurde er von echtem Entsetzen überdeckt.

Sie war zweiundzwanzig und dachte fast nur daran, Spaß im Leben zu haben. Die dunklen Schatten unter ihren Augen nach ihren freien Wochenenden führten immer wieder zu Gelächter und Spott unter den Kollegen. Gutmütig ließ sie das über sich ergehen. Das Einzige, was ihr wirklich Angst machte, war die Vorstellung, einmal alt zu sein und keinen Spaß mehr haben zu können. Dreißig schien ihr geradezu uralt, und Stella gehörte ihr volles Mitgefühl.

„Na, herzlichen Dank für die frommen Wünsche! Hast du einen Strick für mich? Am Anfang vom Ende steht man doch immer wieder gerne“, konterte Stella amüsiert. „Übrigens, Karin, alt wird man von ganz alleine. Zum Weisewerden gehört dann natürlich einiges mehr“, neckte sie.

„Da droht bei Karin keine Gefahr“, kommentierte eine ältere Krankenschwester giftig.

Alle lachten, und Karin lachte am lautesten. Man konnte ihr einfach nicht böse sein.

Auf der Station gab es viel zu tun, und so löste sich die heitere Runde schon nach einer Stunde auf, aber alle hatten das Zusammensein genossen.

„Das hat gut getan, und wir sollten es öfter machen – auch ohne besonderen Anlass!“, meinten einige beim Abschied.

Karl-Heinz nickte zustimmend und nahm sich vor, solche Kaffeestündchen auf seiner Station regelmäßig anzuregen. Er überlegte sogar, mit Dr. Stefan Holl, dem Leiter der Berling-Klinik, darüber zu sprechen, ob die zusätzliche Stunde von der Klinikverwaltung als Sondervergütung bezahlt wurde.

Solche Begegnungen waren auch für andere Stationen ratsam, um ein Gefühl von Zusammengehörigkeit zu erhalten, davon war er überzeugt. Im stressigen Alltag auf den Stationen konnte man leicht vergessen, dass man nicht alleine stand.

Früh-, Spät- und Nachtdienst kämpften alle für sich darum, irgendwie mit der Arbeit über die Runden zu kommen und die Patienten gut zu versorgen. Ein gesundes Gemeinschaftsgefühl konnte da viel Druck herausnehmen, was für alle Beteiligten ein Segen war.

Stella räumte rasch das Geschirr in die Spülmaschine, als die anderen gegangen waren. Dann sah sie wie an jedem Tag nach ihren Patienten. Einige wussten, dass sie Geburtstag hatte, und so dauerte es etwas länger als gewöhnlich, bis sie ihre Runde abschließen konnte.

Die Besuchszeit war inzwischen angebrochen, und wenn es nicht sein musste, störte sie das Zusammensein mit Familie und Freunden nie. Sie wusste, dass es für die Genesung ihrer Patienten nichts Zuträglicheres gab, als die Zuwendung ihrer Lieben. Wer alleine mit Krankheit und Furcht zurechtkommen musste, tat sich in der Regel schwerer.

Stella nutzte die Zeit, um die Tabletten für den Abend zu richten, und hing dabei ihren Gedanken nach. Dreißig – war das wirklich schon so alt? Karins Reaktion hatte sie trotz allem etwas getroffen. Es stimmte schon. Irgendwie war das Leben bisher nicht so verlaufen, wie Stella es erträumt und geplant hatte.

Sie war ein Familienmensch und sehnte sich nach einem Mann und Kindern. Mit dreißig hatte sie eigentlich längst verheiratet und Mutter sein wollen. Was war passiert? Die Antwort war einfach. Theo war ihr passiert.

Der Gedanke an ihn tat ein wenig weh wie immer. Manchmal redete sie sich ein, die Beziehung gut verarbeitet zu haben, aber die Traurigkeit, die sie überkam, wenn sie an ihn dachte, sprach eine andere Sprache. Es war nicht so, dass sie ihn noch immer vermisste. Sie wollte ihn nie wieder in ihrem Leben sehen. Die Erfahrung mit ihm hatte sie grundlegend verändert.

Sechs Jahre hatte sie mit Theo in Kempten zusammengelebt, und es waren im Prinzip schöne Jahre für sie gewesen. Theo hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie einmal heiraten würden und dass sie sich etwas zusammen aufbauten. Stella hatte ihr Leben mit ihm verbringen wollen. Für sie war er ganz klar der Mann gewesen, den sie liebte und zu dem sie gehörte.

Vermutlich war er das damals auch gewesen, und tief in ihr war er das in gewisser Weise sogar noch. Leider hatte er sich aber als Lügner und Betrüger der übelsten Sorte entpuppt, und die vermeintlich schönen Jahre waren ein einziger Betrug gewesen.

Während Stella die Miete ihrer gemeinsamen Wohnung alleine bezahlt hatte, damit Theo etwas zurücklegen konnte für ihre gemeinsame Zukunft, hatte er sein Geld mit anderen Frauen großzügig ausgegeben. Sie hatte ihn versorgt – gekocht, geputzt, die Wäsche gewaschen –, und er hatte sich ein schönes Leben auf ihre Kosten gemacht.

Stella hatte es nicht glauben wollen, als sie ihn zufällig aus einiger Entfernung Arm in Arm mit einer anderen in der Stadt beobachtet hatte. Gleich am Abend hatte sie ihn direkt darauf angesprochen.

„Ich liebe nur dich, mein Schatz!“, hatte er ihr treuherzig erklärt. „Das hat doch nichts zu bedeuten. Mir hängt sich gerne einmal eine Frau an den Arm, aber nur du zählst!“

Die Antwort hatte sie in keiner Weise beruhigt und befriedigt, sondern erst richtig alarmiert. Da hatte etwas ganz und gar nicht gestimmt. Sechs Monate danach hatte Stella ihn verlassen und sich die Stelle in der Berling-Klinik in München gesucht, um wirklich von ihm loszukommen und Abstand zwischen sich und ihn zu bringen.

Ganz offensichtlich hatte er unter Liebe etwas anderes als sie verstanden und nichts von Treue gehalten. Einmal aufmerksam geworden, hatte Stella all die Spuren der anderen nicht mehr übersehen können. Die zahlreichen Überstunden und Geschäftsreisen, für die sie ihn stets bedauert hatte, hatten sich als Erfindungen erwiesen. Die ganze Zeit über hatte er ein Doppelleben geführt.

Vier Jahre lebte und arbeitete Stella nun schon in München. Theo hatte anfangs ein paarmal angerufen, aber dann hatte er bald eine andere Dumme gefunden, die seine Miete übernahm und ihn versorgte. Sonderlich schwer war sie nicht zu ersetzen gewesen.

Stella dagegen gelang es nicht so leicht, wieder einem Mann zu vertrauen. Sie war eine schöne Frau, und natürlich wurde sie öfter eingeladen, und Männer bemühten sich um sie, aber sie blieb auf Distanz. Bisher hatte sie keinem eine Chance gegeben, ihr Herz zu berühren. Noch einmal wollte sie nicht die Betrogene sein, und ihrem strengen Blick hielt keiner stand.

Musste sie ihren Traum von Liebe, Glück und Familie zu den Akten legen und sich damit zufriedengeben, Freude an ihrem Beruf zu haben? Der Gedanke war nicht schön, denn da fehlte etwas in ihrem Leben. Sie wünschte sich mehr. Konnte sie noch den Richtigen finden und eine Familie aufbauen? Sie hoffte es sehr.

***

„Du musst am Sonntag gewinnen! Rufus, du musst alles aus Agaran herausholen! Es ist sein letztes Rennen, und wenn er es siegreich beendet, dann haben wir es geschafft. Als Zuchthengst macht er dann selbst Monsun noch Konkurrenz. Von überall kommen Anfragen. Alle möchten, dass er ihre Stuten deckt. Agaran ist unser Schlüssel zu einem sorgenfreien Leben, und wir …“

Rufus Meisen ließ seine Verlobte Yvonne Gräve reden und musterte sie nachdenklich. Es war seltsam, aber Yvonne klang fast wie sein Vater. Immer ging es bei ihr um das Geld, das sich mit der Pferdezucht seiner Familie machen ließ. An den Tieren zeigte sie kein Interesse.

Sie kannte die Quoten auf Agaran, aber die feurige Freude am Siegen, die den Hengst auszeichnete, erkannte sie nicht. Sie tat ihm irgendwie leid, denn das Wesentliche schien völlig an ihr vorbeizugehen, obwohl sie ihr ganzes Leben in der Pferdewelt zugebracht hatte.

War das immer so gewesen? Hatte Yvonne von Anfang an so geredet und gedacht, seit sie zusammen waren? Hatte er es in seiner ersten Verliebtheit nur nicht bemerkt? Er war sich nicht mehr sicher. Es gab überhaupt nicht mehr viel in seinem Leben, dessen er sich sicher war – bis auf die Pferde. Wohin sollte sein Weg einmal gehen, wenn er kein Jockey mehr sein konnte? Rufus wusste es nicht.

Fünf Jahre gehörte Yvonne nun schon zu seinem Leben, und ihm kam es vor, als ob sie ihm von Jahr zu Jahr fremder wurde. Es tat ihm förmlich weh, ihr zuzuhören. Konnten sie auf dieser Basis ihr Leben teilen? Er hatte sie gern und wollte sie nicht verletzen, aber unter Umständen blieb ihm keine andere Wahl, als sich von ihr zu trennen, auch wenn er nicht daran denken wollte.

„Was hast du? Warum siehst du mich so an?“, fragte Yvonne irritiert und verstummte.

„Die internationale Konkurrenz am Sonntag ist beachtlich. Agaran ist nicht in seiner besten Form“, antwortete Rufus, ohne auf ihre Frage einzugehen. Es war nicht Feigheit, die ihn schweigen ließ, sondern Zuneigung und Hilflosigkeit. Warum nur konnte sie nicht sehen, was er sah? Warum interessierte sie nur Geld?

„Dein Vater sagt, wenn du ihm mehr die Peitsche zeigst, dann …“

„Mein Vater redet gerne über Dinge, von denen er nichts versteht. Er ist ein exzellenter Pferdezüchter, aber kein bemerkenswerter Trainer. Agaran braucht das nicht. Der Hengst möchte siegen – genau wie ich. Wir sind ein Team und treiben uns mental gegenseitig zu Höchstleistungen an“, erklärte er, obwohl er genau wusste, dass sie es nicht verstand.

„Gewinne! Der Rest ist mir egal“, meinte sie denn auch genervt, was ihn traurig verstummen ließ.

Manchmal begriff Yvonne nicht, was in Rufus vor sich ging. Er war der beste Jockey, der zurzeit in Deutschland Rennen ritt, und hatte sich auch international einen Namen gemacht. Meldete er sich mit einem seiner Pferde für ein Rennen, dann gehörte er zu den Favoriten, und die Quoten schossen in die Höhe.

Trotz all dieses Erfolges kam er ihr mit seinen zweiunddreißig Jahren aber noch nicht wirklich erwachsen vor. Er war ein Träumer, und sie konnte nicht verstehen, warum er so wenig aus seinem Ruhm machte. Obwohl sie mit Engelszungen redete, weigerte er sich konsequent, Werbeverträge abzuschließen. Alles, was ihn interessierte, waren seine Pferde.

Es musste ihm doch klar sein, dass ihm vielleicht noch fünf oder sechs Jahre blieben, in denen er Rennen reiten konnte. Dann war es mit seiner aktiven Karriere als Jockey vorbei, und er musste auf der Tribüne sitzen und zusehen, wie andere seine Pferde ritten.

Yvonne wollte, dass Rufus bis dahin ausreichend Geld verdient hatte. Sie hatte nicht vor, den Rest ihres Lebens mit ihm auf dem Gestüt der Familie am Tegernsee zu verbringen. Ihre Vorstellungen von einem schönen Leben waren eindeutig anders geartet. Das Geld musste reichen, um nicht mehr ans Arbeiten denken zu müssen und das Leben genießen zu können.