Chefarzt Dr. Holl 1843 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1843 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Gebannt von der Erinnerung - Sein Herz gehört der ersten Frau


Nach dem Tod seiner geliebten Frau hat Martin Steiger jede Lebensfreude verloren, und sein sehnlichster Wunsch ist es, ihr ins Grab zu folgen. Deshalb vernachlässigt er seine Gesundheit auf sträfliche Weise und übersieht alle Zeichen, die auf seine schwere Erkrankung hinweisen.

Auch Dr. Holl sind die Hände gebunden - bis der beliebte Lehrer bewusstlos in die Berling-Klinik eingeliefert wird. Jetzt kann der Chefarzt endlich handeln! Oder ist es längst zu spät?

***

Dr. Stefan Holl - ein erfolgreicher Klinikchef, ein liebevoller Ehemann und Vater - eben ein Arzt, der Vertrauen schafft. Mit großer medizinischer Kompetenz und viel Einfühlungsvermögen leitet er die Berling-Klinik, die von seinem Schwiegervater gegründet wurde. Sein Leitspruch lautet: Wo Leben ist, da ist auch Hoffnung. Danach lebt und handelt er.

Die Authentizität der Patientengeschichten aus der Berling-Klinik fasziniert alle 14 Tage neu das Leserpublikum, und dies schon seit über 30 Jahren.


Tun Sie etwas für Ihr Wohlergehen und genießen Sie mit Chefarzt Dr. Holl Arztromane der Sonderklasse!
Alle Folgen sind in sich abgeschlossen und können unabhängig von den anderen Folgen der Serie gelesen werden.

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Seitenzahl: 117

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Inhalt

Cover

Impressum

Gebannt von der Erinnerung

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: gpointstudio/iStockphoto

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6776-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Gebannt von der Erinnerung

Sein Herz gehört der ersten Frau

Von Katrin Kastell

Nach dem Tod seiner geliebten Frau hat Martin Steiger jede Lebensfreude verloren, und sein sehnlichster Wunsch ist es, ihr ins Grab zu folgen. Deshalb vernachlässigt er seine Gesundheit auf sträfliche Weise und übersieht alle Zeichen, die auf seine schwere Erkrankung hinweisen.

Auch Dr. Holl sind die Hände gebunden – bis der beliebte Lehrer bewusstlos in die Berling-Klinik eingeliefert wird. Jetzt kann der Chefarzt endlich handeln! Oder ist es längst zu spät?

„Ein Schaufensterbummel mit meinem angetrauten Ehemann, und das an einem Samstagvormittag! Es geschehen noch Zeichen und Wunder“, freute sich Julia Holl und schmiegte sich etwas enger an die Seite ihres Mannes.

Dr. Stefan Holl und seine Frau schlenderten Arm in Arm durch die Münchner Fußgängerzone und ließen sich vom Strom der Passanten treiben.

Es war Mitte August und versprach, wieder ein warmer Sommertag zu werden. Die Menschen waren in Urlaubsstimmung, und von überall drang heiteres Lachen und Plaudern. Niemand schien es eilig zu haben, und um die zahlreichen Straßenkünstler, die Münchens Fußgängerzone bevölkerten, bildeten sich immer neue Gruppen von Zuschauern, die den Künstlern bereitwillig applaudierten.

Sehnsüchtig sah Dr. Holl zu ihnen hinüber. Er hätte sich gerne dazugesellt, aber daran war nicht zu denken. Julia hatte andere Pläne, und er wollte ihr den Spaß nicht verderben.

„Als Schaufensterbummel würde ich das nicht gerade bezeichnen.“ Demonstrativ hob er die Einkaufstüten etwas an, die er in der linken Hand trug. „Bummler bleiben vor der Tür, oder? Du lässt so gut wie keine Boutique aus, mein Schatz.“

„Na, wenn ich dich einmal dabei habe, müssen wir doch dafür sorgen, dass du gut ausgestattet nach Hause kommst. Schließlich kann ich nicht wissen, wann ich dich einmal wieder dazu bekomme, mit mir bummeln zu gehen“, meinte sie fröhlich.

„In der Tat, ich wollte schon immer ein luftiges Sommerkleid, und diese zwei herrlichen Tuniken aus Seide werden mir entzückend stehen. Sie unterstreichen optimal meinen Teint, findest du nicht?“, spottete er gutmütig.

„Sei nicht so pingelig, mein Schatz! Für dich haben wir auch schon eine leichte Jacke und Hemden gefunden. Außerdem möchte ich meinem Mann gefallen, und da ist es herrlich, wenn er mich bei der Auswahl meiner Kleidung berät. Du machst das großartig“, schmeichelte sie, weil sie wusste, wie ungern er eigentlich einkaufen ging.

„Meine Diplomatin! Womit habe ich dich nur verdient?“

„Keine Ahnung. Manchmal hat man einfach Glück im Leben. Schau mal, da könnten wir Schuhe für dich erbeuten! Wir wollen doch nicht, dass du zu kurz kommst.“

Er verdrehte die Augen, folgte ihr aber in den Schuhladen. Als das Paar wieder aus dem Laden zum Vorschein kam, trug Dr. Holl zwei weitere Tüten.

„Du brauchst keinen Ehemann an deiner Seite für diesen Einkaufsmarathon, sondern einen Packesel“, beschwerte er sich und seufzte übertrieben.

„Soll ich dir etwas abnehmen?“, bot sie an. „Ich möchte dich nicht überstrapazieren. Das käme mir nie in den Sinn!“

„Dir doch nicht!“, stimmte er ihr zu. „Ich glaube, ich schaffe es gerade noch. Für mein Alter habe ich mich gar nicht übel gehalten, und ich würde die entzückenden Schuhe, die umwerfend zu meinem Cocktailkleid passen, nie aus den Händen geben. Wie gut, dass wir in den Laden gegangen sind!“

„Ich konnte doch nicht wissen, dass es da eine derart opulente Damenabteilung gibt und dafür kaum etwas für dein Geschlecht. Beim nächsten Schuhladen bist du an der Reihe“, gelobte sie.

Stefan Holl schmunzelte. „Ehrlich gesagt, gefällt mir der Einkaufsbummel so rum viel besser, und es gibt weitaus Schlimmeres, als dein Packesel zu sein.“

„Du bist mein charmanter Held. Und zur Belohnung für so viel Heldentum und Durchhaltevermögen spendiere ich dir einen Eisbecher und einen großen Pott Milchkaffee. Ist das ein Angebot?“

„Deine Großzügigkeit ist der Grund, warum ich dich zur Mutter meiner vier Kinder gewählt habe und zur getreuen Gefährtin in guten und in schlechten Zeiten.“

„Autsch! Wenn das der einzige Grund ist, dann sollte ich mir Sorgen machen.“

„Sorgen? Du?“ Spontan stellte er die Tüten ab, zog sie an sich und gab ihr einen schmatzenden Kuss. „Beruhigt?“

„Aber Stefan! Vor all den Leuten!“, neckte sie ihn, aber ihre Augen glänzten.

„Wenn man die wundervollste Frau, die sich ein Mann nur wünschen kann, geheiratet hat, dann darf das jeder wissen.“

Julia umarmte ihn ihrerseits und küsste ihn auf die Nase und den Mund.

„Vor all den Leuten!“, imitierte er sie.

„Mir geht es wie dir. Ich habe nichts zu verbergen.“

Sie gingen hinüber zu dem Eiscafé und suchten sich einen freien Platz an einem der Tische draußen. Während sie auf ihre Bestellung warteten, flirteten sie lustig weiter, und keiner, der ihnen zuhörte, wäre darauf gekommen, wie lange sie schon verheiratet waren. Sie wirkten wie ein frisch verliebtes Paar. „Ich könnte mich daran gewöhnen, dass die Kinder aus dem Haus sind“, meinte Julia versonnen. „Es ist schön, wie früher Zeit mit dir alleine zu verbringen.“

Ihr Mann winkte lächelnd ab. „Du wirst unsere Pappenheimer schrecklich vermissen, wenn sie wirklich flügge sind und in die Welt hinausziehen“, prophezeite er.

Die Holls hatten vier Kinder. Die zwanzigjährigen Zwillinge Marc und Dani wohnten zwar noch in der Villa ihrer Eltern, aber es war absehbar, dass sie irgendwann auszogen. Bei dem fünfzehnjährigen Chris und seiner elfjährigen Schwester Juju würde es noch eine Weile dauern.

Es waren Sommerferien, und Chris und Juju waren für drei Wochen auf einer Freizeit in den Bergen. Marc und Dani zogen gemeinsam mit dem Rucksack durch England. So still wie im Moment war es selten im Hause Holl, und das Paar genoss die Ruhe in vollen Zügen.

„Am liebsten würde ich mir ein paar Tage freinehmen“, überlegte Stefan Holl. „Wann werden wir das nächste Mal für uns alleine sein? Es ist Verschwendung, diese kostbare Zeit nicht zu nutzen. „

Dr. Holl war der Chef der Bering-Klinik in München, und es war nie leicht für ihn, sich von seinen Verpflichtungen freizumachen. Wenn er den Puls seiner Klinik nicht ruhig und gleichmäßig pochen hörte und wusste, dass alles reibungslos funktionierte, wurde er schnell unruhig.

„Ein paar Tage müssen gar nicht sein, mein Lieber. So kurzfristig klappt das ohnehin nicht, und sogar wenn, wärst du nicht entspannt und mit dem Kopf in der Klinik. Aber du hast nächstes Wochenende komplett frei. Wenn wir den Freitag und vielleicht den Montag noch anhängen würden, könnten wir an den Tegernsee fahren. Das wäre doch herrlich!“, schlug Julia vor, die ihren Mann gut kannte.

Die Familie hatte einen Zweitwohnsitz in Rottach am Tegernsee und verbrachte gerne ihre Freizeit dort. Ohne die Kinder waren die Holls schon länger nicht mehr am See gewesen.

„Das machen wir! Den Freitag kann ich auf jeden Fall herausschlagen. Ob es mit dem Montag klappt, das …“

„… lassen wir auf uns zukommen“, vollendete Julia den Satz für ihn. Sie hatte selbst als Kinderärztin praktiziert und kannte den Beruf ihres Mannes aus eigener Erfahrung. Da sie voll und ganz für ihre Kinder hatte da sein wollen, war sie nach deren Geburt zu Hause geblieben. Die Familie war ihr wichtiger gewesen als ihre Karriere, aber sie wäre nie darauf gekommen, ihrem Mann Vorwürfe zu machen, weil er seinen Beruf ernst nahm. Im Gegenteil, sie respektierte und bewunderte ihn dafür und stand voll hinter ihm.

Dessen ungeachtet machte sie sich oft Sorgen um seine Gesundheit. Stefan arbeitete zu viel und gönnte sich zu wenig Pausen. Umso schöner war es, diesen Samstagvormittag mit ihm zu verbummeln, an dem es ausnahmsweise einmal nicht um die Berling-Klinik oder einen seiner Patienten ging.

Das Paar plauderte angeregt über dies und das, während es sein Eis aß. „Was ist?“, wollte Julia wissen, als sie merkte, dass ihr Mann nicht mehr ganz bei der Sache war und immer zu einem Tisch in ihrem Rücken sah.

„Der Gast dort erinnert mich an den Mann einer Patientin, die vor zwei Jahren verstorben ist, aber ich muss mich täuschen. Er ist viel zu alt. Die Ähnlichkeit ist erstaunlich – vielleicht sein Vater“, antwortete Stefan, musste jedoch immer wieder zu dem Tisch sehen.

Julia wurde neugierig und drehte sich um. An dem Tisch saß ein Mann, der gedankenverloren ins Leere starrte und den sie auf Ende vierzig Anfang fünfzig geschätzt hätte. Er wirkte krank. Sie sah noch hin, als der Mann den Blick hob und die Holls registrierte.

Ein Lächeln huschte über sein müdes Gesicht, und die Traurigkeit, die ihn wie eine dichte Wolke umhüllte, lichtete sich etwas. Er stand auf und kam zu ihnen herüber. Dr. Holl hatte sich nicht getäuscht.

***

„Herr Steiger, ich freue mich, Sie wiederzusehen“, begrüßte Stefan Holl den Mann mit Wärme. „Setzen Sie sich doch einen Moment zu uns! Darf ich Ihnen meine Frau Julia vorstellen?“ Sie reichten sich alle die Hände. „Wie geht es Ihnen?“, fragte der Arzt, obwohl die Frage nicht notwendig gewesen wäre.

Martin Steiger war in den vergangenen zwei Jahren extrem gealtert. Er war keineswegs Ende vierzig, obwohl sein Äußeres dies vermuten ließ, sondern Mitte dreißig. Unter seinen Augen lagen tiefe Schatten, die Lippen waren bläulich verfärbt, und seine Hände hatten sich bei dem Händedruck kalt und feucht angefühlt.

Dr. Holl ging im Geist mögliche Diagnosen durch, und keine davon gefiel ihm sonderlich. Die Ursache schien ernster Natur zu sein.

Martin Steiger lächelte vage und winkte ab.

„Schlechten Menschen geht es immer gut“, scherzte er. „Ich habe noch fast drei Wochen, bis die Schule wieder losgeht. Ein Hoch auf die Sommerferien. Da kann man sich als Lehrer ein wenig erholen.“

„Wo unterrichten Sie?“, fragte Julia.

Martin Steiger erzählte ihr, dass er Gymnasiallehrer war und Mathematik und Deutsch unterrichtete. Dr. Holl musterte ihn gründlich, während Steiger sich mit Julia über den Zustand an den Schulen unterhielt. Er beschloss, dass er unter keinen Umständen schweigen durfte. Martin Steiger war krank, daran zweifelte er nicht länger. Der Mann musste sich unbedingt untersuchen lassen. Normalerweise fiel Stefan Holl nicht derart mit der Tür ins Haus, aber hier schien ihm Gefahr in Verzug.

„Wann waren Sie das letzte Mal bei Ihrem Hausarzt und haben sich gründlich untersuchen lassen?“, fragte er direkt, als sich eine Gesprächspause ergab.

„Dr. Schuster hat seine Praxis kurz nach Emmas Tod aus Altergründen an einen jungen Kollegen übergeben. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich der Praxis treu bleibe. Sollte ich einmal einen Arzt brauchen, werde ich wohl aus alter Gewohnheit hingehen“, meinte Martin Steiger gleichgültig. „Ich habe während Emmas Krankheit so viele Ärzte gesehen und in so vielen Praxen mit ihr gesessen – nein, wenn es nicht unbedingt sein muss, mache ich einen großen Bogen um Ärzte.“

Als ihm klar wurde, was er da sagte, schnitt er eine Grimasse. „Wie nett von mir! Entschuldigen Sie! Meine Schüler sagen immer, ich habe das Talent, keinen Fettnapf zu versäumen. Sie scheinen nicht so unrecht zu haben. Anwesende Mediziner sind natürlich von meiner Ärztephobie ausgeschlossen“, verbesserte er sich.

„Das freut mich zu hören, und da habe ich doch gleich ein Attentat auf Sie vor. Schauen Sie bald an der Bering-Klinik vorbei, damit wir Sie gründlich auf den Kopf stellen können! Sie gefallen mir ganz und gar nicht. Ermüden Sie leicht und neigen zu Erschöpfung? Haben Sie Schlafstörungen?“

„Chefarztvisite an einem sonnigen Samstagvormittag – mir geht es gut“, scherzte Martin Steiger und wich einer klaren Antwort aus. „Frau Holl, Sie haben auch kein leichtes Los gezogen. Da sitzen Sie gemütlich beim Eis, und Ihr Mann requiriert ganz nebenbei Patienten für seine Klinik. Wie halten Sie es mit ihm aus?“, versuchte er, das Thema geschickt zu wechseln.

„Man gewöhnt sich an alles. Mein Mann ist eben Arzt mit Leib und Seele und kann es nie lassen“, antwortete Julia, die seine Taktik durchschaute und nicht gewillt war, sich dafür herzugeben. „Vor allem ist er ein verdammt guter Arzt, und hin und wieder lohnt es sich, auf ihn zu hören, auch wenn er eine alte Nervensäge sein kann.“

„Alte Nervensäge – so hat meine Frau Emma mich auch immer genannt“, sagte Steiger traurig, und es war, als zöge sich die dunkle Wolke, die sich durch die Wiedersehensfreude kurz gelüftet hatte, wieder um ihn zusammen.

Julia spürte, wie tief die Trauer um seine Frau reichte, und empfand Mitgefühl. Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, wie sie es verkraften würde, sollte sie Stefan je verlieren. Er gehörte zu ihr, machte die Hälfte ihres Lebens und ihres ganzen Seins aus. Wo fand man Trost, wenn einem diese zweite Hälfte entrissen wurde und man alleine weiterleben musste? Sie schickte ein Stoßgebet Richtung Himmel, dass der Tag des Abschieds noch in weiter Ferne für sie lag.

„Ich könnte Ihnen gleich am Montagmorgen einen Termin anbieten und würde mich selbstverständlich selbst um Sie kümmern“, ließ Stefan Holl sind nicht abbringen. Am liebsten hätte er auf der Stelle einen Termin mit Martin Steiger vereinbart und war bereit, seine anderen Verpflichtungen dafür zu verschieben.

„Nächste Woche wird mir das zu knapp. Ich melde mich, sobald ich Luft habe“, lehnte Steiger ab. Er blieb nur noch kurz bei ihnen, dann gab er vor, von einem Freund erwartet zu werden. Es war allen klar, dass er die Flucht ergriff.

„Kommen Sie bitte bald an der Bering-Klinik vorbei und lassen Sie sich untersuchen!“, bat Stefan Holl noch einmal eindringlich, bevor er ging.

„Das mache ich“, versprach Martin Steiger, aber es klang halbherzig und nicht sonderlich ernst gemeint.

Stefan sah ihm nach und bemerkte, wie schleppend und langsam seine Schritte waren und dass er schon nach wenigen Metern kurz stehen bleiben musste, um Atem zu schöpfen. „Manche Menschen könnte ich gerne zu uns prügeln“, sagte er bestürzt. „Wie kann man den Arztbesuch hinauszögern, wenn man sich kaum noch auf den Beinen halten kann und offensichtlich kurz vor dem Zusammenbruch steht? Das begreife ich nicht. Ich finde diesen Umgang mit dem eigenen Körper geradezu fahrlässig.“