Ein Blick in die Vergangenheit - Patricia Vandenberg - E-Book

Ein Blick in die Vergangenheit E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Extra Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. Leslie Torrens war als Aupair-Mädchen nach München gekommen, achtzehn Jahre jung, nicht gerade unscheinbar, aber auch nicht hübsch zu nennen. Schön waren die topasfarbenen Augen, auffallend ihr kupferbraunes Haar, das in ungebändigter Lockenpracht ihr schmales Gesicht umgab. Es war Leslies größtes Ärgernis, daß sie immer wieder auf die Haarfarbe angesprochen wurde, weil niemand glauben wollte, daß es pure Natur war, wie auch die Locken. Leslie war ein fröhliches Mädchen, und die Familie Ruthard hatte sie bald so sehr ins Herz geschlossen, daß sie Leslie bewegen wollten, immer bei ihnen zu bleiben. Immer bedeutete in diesem Fall natürlich, daß man sie nicht daran hindern wollte, einmal eine eigene Familie zu gründen. Daran jedoch dachte Leslie vorerst nicht, aber sie hatte ihre Pläne. Sie wollte etwas von der Welt sehen. Sie sprach nicht von ihren Träumen. Sie war gern bei den Ruthards, und so recht glaubte sie auch nicht daran, daß ihre Träume eines Tages in Erfüllung gehen könnten. Für ein Jahr hatte sie sich verpflichtet, bei den Ruthards zu bleiben. Sie überlegte auch, ob sie nicht doch noch wenigstens ein Jahr dranhängen sollte, aber da machte ihr Dr. Norden einen Vorschlag. Dr. Norden war der Hausarzt der Familie Ruthard, und er war sehr angetan von ihrer Umsicht und Zuverlässigkeit, mit der sie nicht nur die beiden Kinder, sondern auch den gichtgeplagten Großvater betreute. Leslie war auch mehrmals in der Praxis von Dr. Norden gewesen, da Monika Ruthard ganz sichergehen wollte, daß ihr nichts fehlte. Ja, man war auch besorgt um ihre Gesundheit, weil Leslie die Zartheit der Rothaarigen besaß und auch sonst nicht gerade kräftig wirkte. Schwerere Arbeiten brauchte sie im Hause Ruthard auch nicht zu leisten, dafür waren andere Hilfskräfte da. Sie brauchte sich nur mit Thom und Sarah zu beschäftigen, dem Großvater vorzulesen oder Schach mit ihm zu spielen. Niemand sonst in der Familie beherrschte das Schachspiel.

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Dr. Norden Extra – 15 –

Ein Blick in die Vergangenheit

Was Leslie so alles erlebt …

Patricia Vandenberg

Leslie Torrens war als Aupair-Mädchen nach München gekommen, achtzehn Jahre jung, nicht gerade unscheinbar, aber auch nicht hübsch zu nennen. Schön waren die topasfarbenen Augen, auffallend ihr kupferbraunes Haar, das in ungebändigter Lockenpracht ihr schmales Gesicht umgab. Es war Leslies größtes Ärgernis, daß sie immer wieder auf die Haarfarbe angesprochen wurde, weil niemand glauben wollte, daß es pure Natur war, wie auch die Locken.

Leslie war ein fröhliches Mädchen, und die Familie Ruthard hatte sie bald so sehr ins Herz geschlossen, daß sie Leslie bewegen wollten, immer bei ihnen zu bleiben. Immer bedeutete in diesem Fall natürlich, daß man sie nicht daran hindern wollte, einmal eine eigene Familie zu gründen. Daran jedoch dachte Leslie vorerst nicht, aber sie hatte ihre Pläne.

Sie wollte etwas von der Welt sehen. Sie sprach nicht von ihren Träumen. Sie war gern bei den Ruthards, und so recht glaubte sie auch nicht daran, daß ihre Träume eines Tages in Erfüllung gehen könnten. Für ein Jahr hatte sie sich verpflichtet, bei den Ruthards zu bleiben. Sie überlegte auch, ob sie nicht doch noch wenigstens ein Jahr dranhängen sollte, aber da machte ihr Dr. Norden einen Vorschlag.

Dr. Norden war der Hausarzt der Familie Ruthard, und er war sehr angetan von ihrer Umsicht und Zuverlässigkeit, mit der sie nicht nur die beiden Kinder, sondern auch den gichtgeplagten Großvater betreute.

Leslie war auch mehrmals in der Praxis von Dr. Norden gewesen, da Monika Ruthard ganz sichergehen wollte, daß ihr nichts fehlte.

Ja, man war auch besorgt um ihre Gesundheit, weil Leslie die Zartheit der Rothaarigen besaß und auch sonst nicht gerade kräftig wirkte. Schwerere Arbeiten brauchte sie im Hause Ruthard auch nicht zu leisten, dafür waren andere Hilfskräfte da. Sie brauchte sich nur mit Thom und Sarah zu beschäftigen, dem Großvater vorzulesen oder Schach mit ihm zu spielen. Niemand sonst in der Familie beherrschte das Schachspiel. Eigentlich gab es nichts, was Leslie nicht zumindest lernte, wenn sie es nicht schon konnte. Sie war unglaublich wissensdurstig und dazu auch geduldig.

Es war ein stürmischer Tag im März, als sie in die Praxis von Dr. Norden kam, um ein Rezept für den Großvater abzuholen. Es war kalt. Der Winter schien noch einmal zurückzukommen. Leslie kämpfte auch mit einem Schnupfen, und ihre Stimme war ein bißchen heiser.

»Wir sollten lieber mal nachschauen, ob sich da nicht was anbahnt«, sagte Dr. Norden. »Sonst sind alle wohlauf?«

»Nicht so ganz, die Kinder husten. Vielleicht kommen Sie doch mal vorbei, wenn Sie Zeit haben. Herr und Frau Ruthard sind ein paar Tage verreist.«

Monika Ruthard begleitete ihren Mann öfter auf Geschäftsreisen. Man hatte großes Vertrauen zu Leslie, und das hatte sie auch noch nie enttäuscht. Insgeheim dachte Dr. Norden jedoch, daß das Mädchen ziemlich ausgenutzt wurde.

»Dein Jahr ist jetzt bald um, Leslie«, sagte er, nachdem er ihr in den Hals geschaut hatte.

»In zwei Wochen. Sie möchten alle, daß ich bleibe.«

»Willst du das auch?«

Sie zögerte. »Ich möchte noch viel lernen«, erwiderte sie ausweichend.

»Das verstehe ich. Du hast mal gesagt, daß du gern viel von der Welt sehen möchtest.«

»Das ist nur so ein Wunschtraum. Ich werde es mir nicht leisten können. Aber ich würde sehr gern Stewardeß werden.«

»Du möchtest nicht wieder nach Hause?«

»Ich habe kein Zuhause. Ich bin Waise und bei Pflegeeltern aufgewachsen. Ich kann froh sein, daß ich Stipendien nutzen und lernen konnte. Aber sie sind doch froh, daß ich jetzt erwachsen bin.«

»Ich wußte nicht, daß du Waise bist, Leslie.«

»Ich rede nicht darüber, denn ich will nicht bedauert werden. Ich hatte keinen Vater, und meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben. Ich bin nicht das einzige Waisenkind auf der Welt, und anderen geht es oft schlechter.«

Das mochte er ganz besonders an ihr, daß sie sich nie beklagte. Nun kam er mit einem Vorschlag, der sie in atemlose Spannung versetzte.

»Könntest du dir vorstellen, eine alte Dame auf einer Schiffsreise zu begleiten, Leslie? Du würdest ein paar Wochen unterwegs sein. Ziel ist nach Unterbrechungen Kanada. Die Dame möchte Verwandte besuchen, die in verschiedenen Ländern leben. Sie will nicht fliegen. Und wenn ihr gut miteinander auskommt, könntest du auch weiterhin bei ihr bleiben. Sie lebt schon lange allein. Mehr möchte ich dir jetzt noch nicht erzählen. Ich müßte auch noch mit ihr sprechen, ob du ihr nicht zu jung wärest. Aber ich glaube nicht, daß dies ein Hinderungsgrund wäre. Sie ist eine sehr weltoffene, liebenswerte Dame.«

Leslie sah ihn mit großen Augen an. »Es wäre zu schön«, sagte sie leise. »Ein Traum würde in Erfüllung gehen. Ja, ich habe so etwas tatsächlich mal geträumt, erst in den Weihnachtstagen. Aber wann gehen Träume denn schon in Erfüllung?«

Nun, dieser vielleicht doch, dachte Dr. Norden. Er schrieb das Rezept. »Ich komme heute abend vorbei und schaue nach den Kindern. Bis dahin kann ich dir vielleicht schon Bescheid geben«, sagte er.

»Sie sind so nett«, sagte Leslie, »Sie werde ich bestimmt nie vergessen, Herr Doktor.«

In ihren Augen war ein sehnsüchtiger Glanz. Sie dachte wieder an ihren Traum. Es war ein wunderschöner Traum gewesen, der ihr wie kein anderer in der Erinnerung haften geblieben war.

*

Daniel Norden hatte mit der Familie zu Mittag gegessen. Er konnte sich jetzt etwas mehr Zeit gönnen, da der junge Dr. Valcourt, der für einige Zeit in seiner Praxis praktische Erfahrungen sammelte, sich schnell eingewöhnt hatte und Wendy auch gut mit ihm auskam. Die Zusammenarbeit sollte aber nur von begrenzter Dauer sein. Das bedauerte Daniel jetzt fast. Es war schön, wenn er mehr Zeit mit seiner Frau und den Kindern verbringen konnte.

»Heute war Leslie in der Praxis«, erzählte Daniel. »Ich werde heute nachmittag mit Frau Schlüter sprechen. Ich denke, daß es in Ordnung geht, und dann wird Leslies Wunschtraum Wirklichkeit. Sie wird etwas von der Welt sehen.«

»Und die Ruthards werden ihr und auch dir böse sein, mein Schatz.«

»Ich werde es verkraften. Außerdem habe ich so was läuten hören, daß Ruthard in Spanien eine Niederlassung übernehmen soll. Außerdem ist Leslies Zeit bei ihnen abgelaufen.«

»Sie hat sich doch aber wohl gefühlt in der Familie.«

»Sie ist Waise und ein sehr dankbares Mädchen, Fee. Aber sie hat auch etwas Besseres verdient. Sie ist viel zu intelligent, um nur Kindermädchen zu sein.«

»Bei Frau Schlüter wäre sie so eine Art Gesellschafterin«, räumte Fee ein.

»Frau Schlüter ist eine sehr gebildete Frau. Sie kann Leslie andere Möglichkeiten verschaffen. Ich werde sie diskret darauf hinweisen, daß Leslie sehr bildungshungrig ist.«

»Nur gut, daß du immer jemanden findest, um den du dich kümmern kannst«, meinte Fee lächelnd.

Für ihre Hilfsbereitschaft waren aber beide Nordens bekannt. Sie waren nicht nur gute Eltern, sie hatten auch ein Ohr für die Nöte anderer junger Menschen. Natürlich auch für alte Menschen, die oft hilflos waren. Fee machte an diesem Nachmittag einen Besuch im Altenheim, in dem sie regelmäßig nach dem Rechten schaute, damit dort alles seinen Gang ging. Sie gehörte zum Kuratorium, aber sie war die einzige, die sich wirklich engagierte.

Fee tat es weh, wenn sich die Alten so abgeschoben fühlten. Sie erlebte es oft genug, daß die Kinder sich selten mal Zeit für einen Besuch nahmen, während sie sonst für alle Vergnügungen Zeit hatten.

Frau Schlüter ging es bedeutend besser. Sie hatte Geld, ein schönes Haus, Angestellte, die alle Arbeiten für sie erledigten, und sie war mit ihren siebzig Jahren geistig völlig fit. Obgleich sie zerbrechlich wirkte, war sie viel zäher als man annehmen konnte.

Man sah es auch jetzt noch, daß sie bildschön gewesen sein mußte, aber ihr edles Gesicht war auch von tiefem Leid gezeichnet. Sie hatte zwei Kinder im jugendlichen Alter verloren. Sie waren beide zur selben Zeit bei einem Unfall ums Leben gekommen. Vor zehn Jahren hatte sie dann auch noch ihren Mann verloren. Adelheit Schlüter hatte ihr Schicksal mit Größe und Würde getragen.

Ein Lächeln erhellte ihr feines Gesicht, als Dr. Norden kam. Sie streckte ihm beide Hände entgegen.

»Bringen Sie eine gute Nachricht?« fragte sie leise.

»Leslie würde sich freuen, wenn sie mitfahren darf«, erwiderte er. »Darf ich Sie fragen, warum Ihre Wahl auf Leslie fiel?«

»Sie haben ihr das doch nicht gesagt?« fragte die alte Dame erschrocken.

»Nein. Ich habe Leslie gesagt, daß ich erst Rücksprache mit Ihnen nehmen muß.«

»Ich weiß nicht, was mich an ihr so anzieht. Ich kann es nicht erklären. Sie ist mir irgendwie sehr vertraut, ohne daß ich dafür eine Erklärung finden könnte. Ich habe sie nur ein paarmal gesehen, nie mit ihr gesprochen, das erste Mal sogar in Ihrer Praxis, später beim Einkaufen. Sie ist so anders, als die meisten jungen Mädchen. Hoffentlich lassen die Ruthards sie gehen.«

»In zwei Wochen ist das Jahr für sie zu Ende. Das wissen die Ruthards auch.«

»Sie wird nicht doch bleiben wollen? Die Kinder hängen anscheinend sehr an ihr.«

»Sie wird nicht bleiben, wenn Sie ihr sagen, daß die Reise bald losgehen kann.«

»Dann werde ich schon mal alle Vorbereitungen treffen. Ich muß mich um die Buchung kümmern. Es wird nicht so einfach sein, kurzfristig alles zu organisieren, aber darin war ich schon immer unschlagbar«, sagte Adelheid Schlüter mit einem anmutigen Lächeln. »Wann kann ich mit Leslie sprechen?«

»Ich werde ihr Bescheid sagen, daß sie sich bei Ihnen melden soll. Ich bin jetzt auf dem Wege zu ihr.«

»Sie ist doch hoffentlich nicht krank?«

»Nein, nur leicht erkältet. Die Kinder husten, und dem Großvater geht es wieder mit dem Magen nicht gut. Die Ruthards sind verreist.«

»Sie muten Leslie allerhand zu«, meinte Adelheid Schlüter mit leisem Vorwurf.

»Aber Leslie ist allem gewachsen.«

»Sie mögen sie auch?«

»Man muß sie mögen.«

Adelheids Blick wanderte gedankenverloren zum Fenster hinaus.

Es ist doch seltsam, wie spontan Gefühle sein können, dachte Daniel Norden. Für Leslie konnten sie das große Glück bringen, denn er wußte genau, daß diese Zuneigung nicht nur eine Laune von Adelheid Schlüter war. Es ging schon seit Wochen so, daß sie sich ständig nach Leslie erkundigt hatte. Und die Idee mit der Schiffsreise spukte ihr auch schon eine Zeit lang im Kopf herum.

Ihr Interesse an Leslie hatte ihn in Erstaunen versetzt. Er überlegte immer wieder, was an dem Mädchen ihr so sehr gefiel. Leslie war ein sehr natürliches Mädchen, sie war freundlich und höflich, aber nicht darauf bedacht, sich beliebt zu machen. Wahrscheinlich hatte sie Adelheid Schlüter gar nicht bemerkt. Er war jetzt sehr gespannt, wie diese Geschichte weitergehen würde.

»Ich werde Leslie also sagen, daß sie sich mit Ihnen in Verbindung setzen soll, oder wollen Sie einen Termin bestimmen?«

»Nein, ich richte mich nach ihr, schließlich ist sie den Ruthards noch verpflichtet. Ich will nicht, daß sie zu guter Letzt noch Ärger bekommt.«

*

Anschließend fuhr Dr. Norden gleich zum Haus der Ruthards.

Leslie öffnete ihm die Tür. Ihr war es anzusehen, daß sie voller Spannung war. Sie legte leicht den Zeigefinger auf den Mund, denn die Kinder kamen schon angelaufen.

Sie husteten, aber stark war ihre Erkältung nicht. Dem Großvater ging es schlechter. Er hatte auch mal wieder Depressionen, sogar Todesahnungen.

»Vielleicht ist es auch besser, wenn ich nicht mehr da bin«, murmelte er. »Nach Spanien gehe ich eh nicht mit, und wenn das Dirndl nicht mehr hier ist…« Er sprach nicht weiter, schöpfte erst tief Atem. »Leslie ist so ein gutes liebes Ding, ich wünsch ihr von Herzen, daß sie einen guten Mann findet. Sie ist geschaffen für eine eigene Familie.«

Dr. Norden redete begütigend auf ihn ein. Er bekam seine Medizin, und dann hatte Daniel Norden Gelegenheit, mit Leslie zu sprechen.

Ihre Augen leuchteten auf, als er ihr sagte, daß sie sich mit Frau Schlüter in Verbindung setzen solle.

»Morgen kommen die Ruthards zurück, dann kann ich einen freien Nachmittag nehmen«, sagte sie. »Hoffentlich sind sie hier nicht verärgert.«

»Der alte Herr hat gesagt, daß sie nach Spanien gehen werden.«

»Aber vielleicht denken sie, daß ich mitkomme.«

»Du solltest jetzt mal an dich und deine Zukunft denken. Sie werden schon verstehen, daß du einen richtigen Beruf haben und auch mehr Geld verdienen willst.«

»Die Kinder werde ich schon vermissen«, sagte sie leise.

»Sie dich auch, aber sie werden größer, kommen in die Schule, werden flügge, dann wirst du nicht mehr gebraucht. Man muß das ganz realistisch sehen, Leslie.«

Sie nickte. »Werde ich der Dame nicht zu jung sein?«

»Nein, ich kann dir verraten, daß sie dich schon öfter gesehen hat.«

Staunend blickten ihn die topasfarbenen Augen an, und er dachte jetzt, daß dieses Mädchen wirklich eine besondere Ausstrahlung hatte. Es kam eben nicht darauf an, auffallend hübsch zu sein. Es war das gewisse Etwas, das anziehend wirkte.

»Du sagst mir Bescheid, wenn du bei Frau Schlüter gewesen bist, Leslie.«

»Das ist Ehrensache. Vielen Dank, Herr Doktor.«

Es freute ihn, daß er diesem Mädchen helfen konnte, denn er war überzeugt, daß Frau Schlüter ihr weiterhelfen würde.

Das Ehepaar Ruthard war bei der Heimkehr schon voller Hektik, denn der Umzug sollte früher als geplant vonstatten gehen. Die Kinder wurden angesteckt von der Nervosität, und Leslie tat der Großvater leid, der buchstäblich zusammenschrumpfte, als sein Sohn ihm erklärte, daß er vorübergehend in ein Sanatorium gebracht würde, bis sie sich in Barcelona eingerichtet hatten. Vorsichtig wurde Leslie von Frau Ruthard gefragt, ob sie Neigung hätte, mit nach Spanien zu gehen, aber es klang schon so, als würde sie mit einem Nein rechnen.

»Ich möchte lieber einen richtigen Beruf anstreben«, erklärte Leslie. »Ich hoffe, Sie werden das verstehen.«