Dr. Stefan Frank 2502 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2502 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Sturz ins Bodenlose
Dr. Frank und eine niederschmetternde Botschaft

Mit bangem Gesicht blickt Sabrina Segmüller auf ihren Hausarzt. Gemeinsam mit ihrem Verlobten Henning ist sie in die Grünwalder Praxis gekommen, um von Dr. Frank endlich eine Antwort zu erhalten. Eine Antwort auf die bohrende Frage, die sie seit einiger Zeit belastet und die ständig in ihrem Kopf ist. Was sie heute zu hören bekommt, wird ihr Leben womöglich für immer verändern.
Stefan Frank öffnet den weißen Umschlag, der vor ihm liegt, und nimmt den zusammengefalteten Brief heraus. Es ist der Laborbericht, auf den seine Patientin so angespannt gewartet hat.
Stumm überfliegt Stefan Frank das Schreiben, während Sabrina und Hennig den Atem anhalten. Dann entsteht eine Furche auf der Stirn des Arztes, und Sabrina ahnt im selben Augenblick, dass er ihr gleich eine furchtbare Botschaft verkünden wird ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Sturz ins Bodenlose

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: kupicoo / iStockphoto

Schleife: pixelliebe / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8122-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Sturz ins Bodenlose

Dr. Frank und eine niederschmetternde Botschaft

Mit bangem Gesicht blickt Sabrina Segmüller auf ihren Hausarzt. Gemeinsam mit ihrem Verlobten Henning ist sie in die Grünwalder Praxis gekommen, um von Dr. Frank endlich eine Antwort zu erhalten. Eine Antwort auf die bohrende Frage, die sie seit einiger Zeit belastet und die ständig in ihrem Kopf ist. Was sie heute zu hören bekommt, wird ihr Leben womöglich für immer verändern.

Stefan Frank öffnet den weißen Umschlag, der vor ihm liegt, und nimmt den zusammengefalteten Brief heraus. Es ist der Laborbericht, auf den seine Patientin so angespannt gewartet hat.

Stumm überfliegt Stefan Frank das Schreiben, während Sabrina und Hennig den Atem anhalten. Dann entsteht eine Furche auf der Stirn des Arztes, und Sabrina ahnt im selben Augenblick, dass er ihr gleich eine furchtbare Botschaft verkünden wird …

„Mensch, Sabrina! Hier duftet es ja wie in meiner Lieblings-Konditorei!“ Birgit Segmüller sah ihre einzige Tochter aus großen Augen an. Sie schob den Rollstuhl ihres Mannes Norbert behutsam durch die weit geöffnete Tür.

Die beiden erwartete ein lichtdurchflutetes Wohnzimmer mit Blick hinaus auf eine beeindruckende Jugendstil-Fassade. Die neue Wohnung von Sabrina befand sich mitten in Grünwald – nicht einmal einen Kilometer entfernt vom Haus ihrer Eltern.

Sabrina stand der Stolz ins Gesicht geschrieben. Sie beugte sich hinunter zu ihrem Vater.

„Endlich darf ich dich auch mal in meinem eigenen Zuhause begrüßen, Papi!“, sagte sie und drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Sie sah Tränen der Rührung in seinen Augen.

Dann wandte sie sich ihrer Mutter zu.

„Henning hat heute Vormittag Apfelkuchen gebacken“, verriet sie augenzwinkernd. „Es ist angeblich ein Geheimrezept seiner Mutter. Also spart nicht mit Lob. Ihr wisst ja, er ist diesbezüglich wie ein kleiner Junge!“

Sabrinas Mutter Birgit schüttelte ungläubig den Kopf.

„Die Männer heutzutage sind echte Helden!“, stellte sie neidlos fest. „Sie machen Karriere, kümmern sich dabei um ihre Kinder und stellen sich am Wochenende klaglos in die Küche, um Kuchen zu backen …“

„Nicht alle sind so. Ich habe wirklich ausgesprochenes Glück gehabt“, beteuerte Sabrina. „Und Kinder haben wir ja außerdem überhaupt nicht.“ Sie wurde rot. Noch nicht, hätte sie am liebsten gesagt. Seit sie ihr Referendariat an der Grundschule angetreten hatte, ertappte sie sich häufig bei dem Gedanken, wie ihre und Hennings Kinder wohl aussehen würden.

Ja, sie sehnte sich nach einer Familie. Sie hatte selbst eine wunderbare Kindheit in Grünwald verlebt. Ihre Eltern hatten ihr alle Wünsche von den Augen abgelesen, und selbst während der Pubertät war es nie zu Streitigkeiten zwischen ihnen gekommen.

Genau solch ein idyllisches Familienleben wollte sie auch irgendwann mit Henning führen. Aber alles schön der Reihe nach. Es war ein riesiger Schritt gewesen, ihre beengte und finstere Studentenbude in Neuperlach zu verlassen, um mit Henning gemeinsam ihre erste gemeinsame Wohnung zu beziehen.

„Für mich gibt es sowieso nur einen einzigen Helden auf diesem Planeten“, sagte Sabrina im Brustton der Überzeugung. „Und das ist mein Papi!“ Sie wuschelte dem grauhaarigen Mann lachend durch sein dichtes, lockiges Haar.

Wie sehr wünschte sie, sie hätte etwas von seiner Haarpracht geerbt. Sie wusste, als junger Mann hatte er eine beeindruckende Mähne gehabt. Sabrinas Haar hingegen war glatt und fein wie das ihrer Mutter.

„Niemand kann sich vorstellen, wie hart der Alltag für Menschen mit Handicap ist“, sagte Sabrina, mehr zu sich selbst. „Aber Papi, ich habe dich noch nie jammern hören. Dabei hättest du jeden Grund dazu gehabt.“

Sabrinas Vater runzelte die Stirn.

„Gibt es da nicht diesen schönen Spruch von Karl Valentin?“, fragte er schalkhaft. „Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch!“

Hennings lautes Lachen füllte das Zimmer. Sabrinas Freund war unbemerkt zu ihnen getreten. Nachdem er den duftenden Apfelkuchen auf dem Tisch abgestellt hatte, nahm er Sabrinas Mutter herzlich in den Arm. Dann griff er Norberts schlaffe Hand und drückte sie lächelnd.

„Willkommen in unserem neuen Zuhause!“, sagte er. Er wirkte ungewohnt feierlich. „Wie ihr wisst, hat Sabrina die Wohnung ausgesucht. Es war ihr enorm wichtig, dass wirklich jeder Winkel barrierefrei ist. Sie hat in den letzten Jahren sehr darunter gelitten, dass du sie nie in ihrer Studentenbude besuchen konntest, Norbert.“

Mit einem tiefen Gefühl der Liebe sah Norbert zu seiner Tochter auf. Sie errötete verlegen. Es stimmte: Sie hatte während ihres gesamten Studiums damit gehadert, dass ein Besuch ihres Vaters in ihrer winzigen Studentenwohnung am Stadtrand von München nicht möglich gewesen war. Aber ab heute würde sich alles ändern.

Sie freute sich auf gemütliche Treffen mit ihren Eltern. Sie freute sich darauf, die beiden in Zukunft regelmäßig zu sich einladen zu können. Nun lagen nur noch achthundert Meter zwischen ihrem Zuhause und dem Haus ihrer Eltern. Auch das war beschwerlich für ihren Vater, aber es war eindeutig machbar.

Die Vierergruppe nahm am gedeckten Kaffeetisch Platz. Sabrinas Mutter packte ein Keilkissen aus, damit ihr Mann im Rollstuhl höher sitzen konnte. Norbert war seit einem Motorradunfall querschnittsgelähmt. Ein Schicksal, das er mit erstaunlicher Gelassenheit zu meistern wusste.

Es lag nicht in seiner Natur, über Dinge zu jammern, die nun mal nicht zu ändern waren. Statt zu Hause in einer Depression zu versinken, engagierte er sich seit über zwei Jahrzehnten in einer Selbsthilfegruppe. Dort hatte er zahlreiche Freunde gefunden, die ein ähnliches Los zu bewältigen hatten wie er.

Als sei es das Selbstverständlichste der Welt, fütterte Sabrinas Mutter ihren Mann Norbert mit dem köstlichen Apfelkuchen. Sabrina strahlte. Genau so hatte sie sich das immer vorgestellt. All ihre Lieben versammelt um ihren Wohnzimmertisch. Es roch nach Sommer und frisch gestrichenen Wänden.

„Wirklich schön habt ihr es hier“, lobte Birgit erneut. „Ich bin sicher, ihr zwei werdet hier glücklich werden.“

„Wir sind schon glücklich!“, verriet Henning und lächelte Sabrina zärtlich an. „Es gibt eigentlich nur eines, das unser Glück perfekt machen könnte.“

Auf einmal schwang Ernst in seiner Stimme mit. Irritiert sahen Sabrinas Vater und ihre Mutter sich an. Henning erhob sich. Er ging um den Tisch herum und vor Norberts Rollstuhl in die Knie.

„Norbert, es ist noch nicht mal zwei Jahre her, dass ich deine Tochter kennengelernt habe. Aber es war Liebe auf den ersten Blick für mich. Ich bin absolut sicher, dass sie die Frau ist, mit der ich alt werden will. Zumindest für mich gibt es da gar keinen Zweifel.“

Er drehte sich unsicher zu Sabrina um. Unfassbar glücklich sah sie ihn an. Tränen schimmerten in ihren Augen.

„Für mich gibt es auch keinen Zweifel“, antwortete sie mit belegter Stimme.

Henning richtete sich wieder an Norbert.

„Ich weiß, wie eng die Verbindung zwischen dir und deiner einzigen Tochter ist. Deshalb bist du es, den ich ganz altmodisch um ihre Hand bitten will. Mit Sabrina ist bereits alles geklärt. Aber es war ihr und mir wichtig, dass wir auch deinen Segen bekommen.“

Henning rang aufgeregt nach Atem. Seine Wangen hatten einen fiebrigen Glanz angenommen, sein Blick suchte den von Norbert.

„Birgit und Norbert, ich möchte euch um die Hand eurer Tochter Sabrina bitten!“, sagte er nun feierlich und an beide gewandt. „Diese Wohnung soll unser Hafen sein. Und so Gott will, werden wir irgendwann aus dem kleinen Bürozimmer ein Kinderzimmer machen. Sabrina hat bereits gestern Ja zu meinem Antrag gesagt. Aber sie freut sich, wenn auch ihr Ja zu mir als Schwiegersohn sagt. Das wäre ihr wirklich wichtig.“

Birgit legte gerührt die Hand auf die Schulter ihres gelähmten Mannes. Eine sonderbar ernste Stimmung lag in der Luft. Es bewegte Sabrinas Eltern, dass der Freund ihrer Tochter Wert auf ihre Meinung legte.

„Ich freue mich …“, stammelte Birgit überwältigt von Gefühlen. „Ich freue mich wirklich!“

„Und was mich betrifft, so kann ich mir keinen besseren Mann für meine Tochter vorstellen“, bestätigte Norbert. „Ich meine, du bist angehender Arzt, Henning! Wer würde einen solch lukrativen Heiratskandidaten unbedacht ziehen lassen?“ Er lachte. „Du hast soeben eine Eigentumswohnung in München gekauft und bäckst den besten Apfelkuchen unter der Sonne!“

Nun lachten auch Sabrina und Henning. Dann aber wurde Norbert wieder ernst.

„Henning, du weißt, dass das nur ein dummer Spruch von mir war. Ich freue mich, dass du Sabrina heiraten willst – aber aus gänzlich anderen Gründen als die eben genannten.“

Er sah gerührt von Sabrina zu Henning.

„Von Anfang an seid ihr beide euch mit dem allergrößten Respekt begegnet!“, stellte er fest. „Henning, du hast Sabrina nach Kräften bei ihrem Lehramts-Studium unterstützt. Und schon immer hattest du großes Interesse daran, Teil unserer Familie zu sein. Nie hattest du Berührungsängste, was meine Behinderung betrifft.“

Birgit nickte.

„Du schätzt an Sabrina, dass sie ein Familienmensch ist“, fuhr Sabrinas Vater fort. „Und dir gefallen die Wesenszüge an ihr, die meine Tochter letztlich auch zu einem einzigartigen Menschen machen …“

Er sah sein geliebtes Kind voll Zuneigung an.

„Sabrina ist eine ganz wunderbare junge Frau. Sie ist loyal und zuverlässig bis zum Letzten. Sie weint bei Liebesfilmen und schaltet Krimis ab, wenn es ihr zu unheimlich wird. Sie rettet Igel, die Straßen überqueren wollen, und liest auch als erwachsene Frau noch ihre liebsten Kinderbücher. All das nimmst du wahr und hältst es in Ehren. Das ist der Grund, warum ich dir die Hand meiner Tochter anvertrauen kann. Ich weiß, du bist genau der richtige Mann an ihrer Seite …“

Sabrinas Vater und Henning sahen sich tief in die Augen. Es schien, als würden die beiden Männer sich wortlos verstehen. Es war klar, hier sah ein zukünftiger Schwiegervater den zukünftigen Vater seiner ungeborenen Enkelkinder.

„Das ist einer der schönsten Augenblicke meines Lebens!“, gestand Birgit. Ihre Stimme brach. „Ich habe eine Gänsehaut. Vom Scheitel bis hinunter zur Sohle.“ Sie umarmte Sabrinas Verlobten überschwänglich und nahm auch ihre Tochter in den Arm. So standen Mutter und Tochter für eine ganze Weile in trauter Umarmung.

Schließlich räusperte sich Norbert verhalten.

„Wir sollten noch ein paar Tränen für die Hochzeitsfeier aufsparen“, mahnte er grinsend. „Passt auf, nicht das ganze Pulver schon bei der Verlobung zu verschießen. Wie sieht eure Planung denn eigentlich aus? Soll die Hochzeit noch in diesem Jahr stattfinden?“

Mit glühenden Wangen setzte sich Sabrina. Auch Henning nahm wieder neben seiner Liebsten Platz. Die sorglose, leichte Atmosphäre war wieder da. Sabrina war erleichtert, mit welcher Begeisterung ihre Eltern Hennings Heiratsantrag aufgefasst hatten.

„Wir haben noch gar keine großen Pläne geschmiedet …“, gestand Henning. „In letzter Zeit hatten wir genug mit dem Wohnungskauf zu tun. Aber ich denke, dass Mai oder Juni nächsten Jahres ein ganz schöner Zeitpunkt wäre. Wir wissen aber noch nicht, ob wir hier in Grünwald oder an einem ganz anderen Ort heiraten wollen.“

„Doch nicht etwa in Las Vegas?“, ulkte Sabrinas Vater.

Seine Tochter grinste. Sie schob sich ein Stück Kuchen in den Mund.

„Das fehlte noch. Papi im Rollstuhl vor den Spielautomaten …“ Sie zwinkerte ihrem Vater liebevoll zu. „Und ich müsste dann ständig auf irgendwelche blinkenden Knöpfe drücken, Kleingeld organisieren und Cocktails bestellen!“

Protestierend schüttelte Norbert den Kopf.

„Ach was. Mich würden doch vor allem die Zaubershows interessieren. Meinst du, diese Magier könnten mich mitsamt meinem Rollstuhl verschwinden lassen?“ Er lachte.

„Wir werden uns was überlegen, was mit dem Rollstuhl problemlos zu bewältigen ist“, versprach Sabrina. „Es wird also vermutlich kein Jawort auf dem Gipfel der Zugspitze geben.“

„Mist!“, murmelte Norbert. „Dabei habe ich so von einer spektakulären Eheschließung geträumt!“

„Du hattest selbst eine spektakuläre Verlobung“, erinnerte ihn seine Frau. „Weißt du noch? Wir waren mit dem Motorrad unterwegs und kamen in ein fürchterliches Gewitter hinein. Wir stellten uns mitsamt unserer schweren Motorradkleidung in einem verfallenen Haus unter. Der Regen wollte und wollte einfach nicht enden. Die Lederklamotten klebten an unserer Haut. Wir waren nass bis auf die Knochen.“

„Irgendwann war es mir zu langweilig“, nahm Norbert den Faden auf. „Der Regen hörte nicht auf. Also habe ich deine Mutter aus einer Laune heraus um ihre Hand gebeten! Es war das perfekte Ablenkungsmanöver von der unangenehmen Situation, in der wir steckten.“ Norbert seufzte angesichts der weit entfernten Erinnerung.

Sabrina wechselte einen amüsierten Blick mit ihrem Verlobten.

„Das heißt, ohne das Gewitter hättet ihr womöglich gar nicht geheiratet?“, schlussfolgerte sie. „Ohne den Regenguss würde ich also gar nicht existieren!“

Es war ein winziger, seltsamer Blick, den ihre Eltern in diesem Moment austauschten. Aber der Moment war zu kurz, als dass Sabrina ihn wahrgenommen hätte. Ihr Freund Henning aber hatte ihn sehr wohl gesehen.

„Nein, ich hätte deiner wunderbaren Mutter so oder so irgendwann einen Antrag gemacht“, behauptete Norbert. „Schon allein, weil sie Motorrad fuhr. Damals war das noch nicht so weit verbreitet wie heute. Es war ausgesprochen selten, dass man mal ein weibliches Wesen auf einem Motorrad sah.“

Sabrina lächelte unglücklich. Dieses gefährliche Hobby hatte ihre Eltern damals zusammengebracht. Die zwei hatten sich vor über dreißig Jahren bei einer Motorrad-Tour in Südtirol kennengelernt und waren seitdem unzertrennlich.

Aber das Motorrad war eben auch schuld daran, dass ihr Vater heute ein Leben mit einer schweren Behinderung führen musste. Manchmal wusste man nicht, wie man sich entscheiden würde, wenn man die Zeit zurückdrehen könnte. Wäre ihr Vater statt seiner Motorradlust leidenschaftlich gern surfen gegangen, womöglich hätte er Sabrinas Mutter dann nie kennengelernt. Dann säße Sabrina nun nicht hier, und Henning würde eine andere Frau um ihre Hand bitten und für sie Kuchen backen …

„Was schaust du denn so bedrückt, Kleine?“, fragte ihr Vater besorgt. Rasch beeilte sich Sabrina, wieder zu lächeln.

***

„Frau Wittgenstein, treten Sie ein. Sie bringen einen ganz wunderbaren Duft nach Lavendel mit sich!“

Lächelnd trat Dr. Frank zur Seite. Die gepflegte und perfekt gekleidete Rentnerin marschierte mit gesenktem Blick an ihm vorbei. Augenblicklich roch der ganze Raum wie ein Blumenladen.

„Das ist meine selbst gemachte Lavendelseife“, murmelte die Sechsundsechzigjährige. „Ich habe ja sonst nichts zu tun. Also stelle ich in meiner Küche Seife für Freunde her. Wenn Sie möchten, bringe ich Ihnen nächstes Mal Rosenseife mit. Sie können Sie Ihrer Partnerin schenken.“

„Die würde ich schon selbst verwenden“, behauptete der Hausarzt augenzwinkernd. Er nahm gegenüber der attraktiven Lydia Wittgenstein Platz. Vor ihrer Verrentung war Frau Wittgenstein Verkäuferin in einer Boutique für Damenmode gewesen. Und immer noch kleidete sie sich so perfekt, als würden kritische Kunden sie über eine Theke hinweg mustern.

Das Twinset und der Rock, den sie trug, standen ihr ausgesprochen gut. Sie konnte jeder jüngeren Frau leicht das Wasser reichen.

Verlegen starrte Frau Wittgenstein zu Boden.