Dr. Stefan Frank 2544 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2544 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Seitdem vor fünf Jahren Celinas geliebter Mann gestorben ist, lebt die junge Frau allein. Bisher hat sie sich auch nie für einen anderen Mann interessiert, doch nun ist der attraktive Lehrer Dominik in ihr Leben getreten, und auf einmal klopft ihr Herz in seiner Nähe verräterisch schnell. Gleichzeitig verspürt Celina ein drückend schlechtes Gewissen. Sie hat ihrem Ehemann bei der Hochzeit ewige Liebe geschworen. Darf sie sich da nach seinem Tod einfach neu verlieben? Oder verstößt sie damit gegen den Schwur und lädt große Schuld auf sich? Was, wenn das Schicksal sie dafür bestraft, dass sie es sich wieder gut gehen lassen will? Celina ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, Dominik näherzukommen, und der Angst, damit das Schicksal herauszufordern. Und tatsächlich scheinen sich ihre Befürchtungen zu bewahrheiten, denn gerade als sie ihren Gefühlen zögerlich nachgeben will, befallen Celina die gleichen furchtbaren Symptome, die auch ihr Mann damals hatte - kurz bevor er starb. Offenbar ist dies die Strafe für ihren egoistischen Wunsch nach einem neuen Glück!
Als der Grünwalder Hausarzt Dr. Stefan Frank mitbekommt, welche Sorgen und Ängste seine Patientin quälen, entschließt er sich zu einem ernsten Gespräch mit ihr ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Wer hat das Schicksal in der Hand?

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Dmitri Mihhailov / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9207-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Wer hat das Schicksalin der Hand?

Als Celina endlich selbst entscheiden wollte

Seitdem vor fünf Jahren Celinas geliebter Mann gestorben ist, lebt die junge Frau allein. Bisher hat sie sich auch nie für einen anderen Mann interessiert, doch nun ist der attraktive Lehrer Dominik in ihr Leben getreten, und auf einmal klopft ihr Herz in seiner Nähe verräterisch schnell. Gleichzeitig verspürt Celina ein drückend schlechtes Gewissen. Sie hat ihrem Ehemann bei der Hochzeit ewige Liebe geschworen. Darf sie sich da nach seinem Tod einfach neu verlieben? Oder verstößt sie damit gegen den Schwur und lädt große Schuld auf sich? Was, wenn das Schicksal sie dafür bestraft, dass sie es sich wieder gut gehen lassen will? Celina ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, Dominik näherzukommen, und der Angst, damit das Schicksal herauszufordern. Und tatsächlich scheinen sich ihre Befürchtungen zu bewahrheiten, denn gerade als sie ihren Gefühlen zögerlich nachgeben will, befallen Celina die gleichen Symptome, die auch ihr Mann damals hatte – kurz bevor er starb. Offenbar ist dies die Strafe für ihren Wunsch nach einem neuen Glück!

Als der Grünwalder Hausarzt Dr. Stefan Frank mitbekommt, welche Sorgen und Ängste seine Patientin quälen, entschließt er sich zu einem ernsten Gespräch …

„Frau Neumann, denken Sie bitte auch an die Leseheftchen?“ Achim Scheftinger, Leiter der Stadtbibliothek, stand plötzlich in der Tür zur Kinderbuchabteilung. „Die sind noch in der Druckerei und müssten bis spätestens fünfzehn Uhr abgeholt werden.“

Celina, die gerade dabei war, einige Bücher in die Regale zurückzusortieren, schaute auf und nickte.

„Das habe ich schon veranlasst, Herr Scheftinger. Florian wird nachher gleich noch bei der Druckerei vorbeifahren.“

Florian Andersen war Techniker, wurde aber vom Leiter der Bibliothek als Mädchen für alles eingesetzt. Eigentlich als Hausmeister angestellt, kümmerte er sich sowohl um Lesegeräte und Computer als auch um verschlissene Bodenbeläge, um die Elektrik vom Keller bis zum Dachboden und um das Mobiliar der Bibliothek. Er war zur Stelle, wenn irgendwo eine Neonlampe flackerte, eine Schublade klemmte oder eine Tür quietschte.

Außerdem unterhielt er den Dienstwagen und unternahm regelmäßig kleinere Auftragsfahrten – wie heute, wo die Ausgaben verschiedener Zeitschriften zum Buchbinder gebracht werden mussten. Er war ein sehr netter Kollege und flirtete gern mit dem weiblichen Personal, am liebsten mit Celina.

Die Leseheftchen, von denen der Leiter gesprochen hatte, waren für die morgige Lesenacht bestimmt. Bei der Veranstaltung handelte es sich um ein lockeres Beisammensein von Kindern und Eltern in den Räumen der Kinderbibliothek. Die Lesenacht wurde viermal im Jahr von Celina organisiert und durchgeführt.

Das Besondere an diesen Nächten war, dass die Eltern nach der Lesung wieder nach Hause geschickt wurden, während die Kinder anschließend in ihren mitgebrachten Schlafsäcken zwischen den Regalen der Kinderbibliothek übernachten durften. Nur die Klassenlehrer und ein oder zwei elterliche Betreuer blieben zusammen mit Celina da und wechselten sich mit der Nachtwache ab.

Durch Veranstaltungen wie diese sollten die kleinen Gäste der Stadtbibliothek ermuntert werden, sich nicht nur für Computerspiele und Smartphones, sondern auch für Bücher zu interessieren. Die heimliche Hoffnung der Mitarbeiter war, dass die Kinder später auch mal aus eigenem Antrieb in der Bibliothek vorbeischauen würden.

Celinas Meinung nach konnte man ohnehin nicht früh genug damit anfangen, die Kleinen an Bücher heranzuführen. Als Leiterin der Kinderbibliothek hatte sie die Idee zu den Lesenächten vor Jahren von einer Kollegin aus dem Bibliotheksverbund bekommen und sie sofort an ihren Chef weitergegeben. Der hatte ihrem Vorschlag, die Veranstaltung probeweise auch einmal im eigenen Haus durchzuführen, sofort zugestimmt.

Seitdem waren die Wochen, in denen Celina die Lesenächte organisierte und durchführte, ihre absolute Lieblingszeit im Jahr. Obwohl sie ihren Beruf natürlich insgesamt sehr liebte und sowieso gern zur Arbeit kam.

Celina erhob sich. Sie war eine hübsche, junge, mittelgroße Frau von achtundzwanzig Jahren mit blauen Augen, brünettem Haar und einer sehr sportlichen, aber dennoch weiblichen Figur. Ihre gute körperliche Kondition kam vom Joggen, außerdem besuchte sie zusammen mit ihrer Freundin Laura zweimal wöchentlich eine Yogagruppe.

Celina hatte direkt nach der Schule eine Ausbildung zur Bibliothekassistentin gemacht, allerdings an einer wissenschaftlichen Einrichtung. Danach hatte sie dort noch für drei Jahre weitergearbeitet, sich aber schließlich bei der Stadtbibliothek beworben, weil sie nicht nur Umgang mit Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern haben wollte.

Außerdem war die Literatur, die sie im Institut betreut hatte, naturgemäß nur auf Wissenschaftlichkeit ausgerichtet gewesen. Aber Celina wollte bei ihrer Arbeit auch Berührung mit anderen Themen haben, vor allem mit solchen, die sich direkt auf das Alltagsleben bezogen. Sie selbst las gern Liebesromane und allerlei Ratgeber, manchmal aber auch Krimis.

Allerdings war sie anfangs auch in der Stadtbibliothek für Sachbücher – und dort ausgerechnet für die Gruppe Technik und Verkehr – eingeteilt worden. Zwei Jahre später jedoch hatte sie auf eigenen Wunsch in die Abteilung für Kinderbücher wechseln dürften. Dort hatte sie so gute Arbeit geleistet, dass ihr der Chef nach dem unverhofften Ausscheiden der vorherigen Bereichsleiterin die Leitung der Kinderbibliothek anvertraut hatte.

Damit war er ein großes Wagnis eingegangen, aber Celina hatte sich so schnell und so gut in ihr Aufgabengebiet eingearbeitet, dass er seine Entscheidung keine Sekunde bereut hatte. Sie war einfach die Richtige für diese Stelle.

Und das kam nicht von ungefähr. Celina Neumann liebte Kinder über alles, obwohl sie keine eigenen hatte. Ein tragisches Unglück vor sechs Jahren hatte dafür gesorgt, dass sie jede Hoffnung auf eine eigene Familie hatte begraben müssen – begraben im wahrsten Sinne des Wortes.

Auch das war ein Grund gewesen, weshalb Celina die Stelle gewechselt hatte. Sie hatte das Mitleid der Kollegen am Institut und ihre ungelenken Tröstungsversuche nicht mehr ertragen; diese ewige Rücksichtnahme und Vorsicht, mit der nach dem Unglück alle um sie herumgeschlichen waren. Jedes Mal waren die Kollegen mitten im Gespräch verstummt, wenn Celina zufällig den Raum betreten hatte.

In der Stadtbibliothek hingegen wusste niemand von ihrem früheren Leben. Hier wurde Celina wie eine normale Angestellte behandelt, denn sie hatte niemals über das Unglück gesprochen, das vor sechs Jahren über sie hereingebrochen war. Sie war beliebt bei ihren Kollegen, der Chef hielt große Stücke auf sie, und die Kinder, mit denen sie jeden Tag zu tun hatte, verehrten sie geradezu.

Manche kamen sogar nur ihretwegen in die Bibliothek, denn Celina hatte immer ein Ohr für die kleinen Sorgen und Nöte ihrer Schützlinge. Sie hörte ihnen jedes Mal mit dem gebotenen Ernst zu und konnte ihnen anschließend oft genug einen guten Rat oder zumindest ein gutes Buch mitgeben.

„Hey, Celina!“ Florian Andersen, der Techniker, stand in der Tür und grinste sie an. „Schau mal, was ich hier habe!“ Er hielt ein mittelgroßes Päckchen in die Höhe und zwinkerte ihr zu. „Was kriege ich dafür?“

Das mussten die Leseheftchen sein. Anscheinend war Florian doch schon in der Druckerei gewesen. Celina lachte und zwinkerte zurück.

„Du kriegst was vom Inhalt ab, Florian.“

„Och nee.“ Der junge Techniker verzog den Mund. „Sind doch eh nur wieder Bücher drin. Wie wär‘s stattdessen mit einem Kuss?“

„Leider nein.“ Celina musste lächeln, denn Florians Flirten war ungeniert, deutlich und trotzdem charmant. Niemals wäre er ihr zu nahe getreten, das war völlig klar. Sie wusste nicht einmal, ob er wirklich auf sie stand oder einfach nur so seine Späßchen machte.

Er war ein netter Kollege, der es auch nicht gerade leicht hatte. Florian Andersen pflegte seine Mutter nach einem Schlaganfall zu Hause und hatte sich fest vorgenommen, sie niemals in ein Heim zu geben.

Dieser Entschluss hatte ihn vor zwei Jahren sogar dazu bewogen, sein Studium der Elektrotechnik vorübergehend auszusetzen. Außerdem kostete er ihn aber auch fast seine gesamte Freizeit und war sehr wahrscheinlich der Grund dafür, dass er im Moment keine Beziehung hatte.

„Aber in die Kantine kannst du mich begleiten, wenn du Lust hast“, bot Celina ihm nach kurzem Überlegen als Ausgleich an. „Lass mich nur noch kurz eine Email schreiben.“

***

In der Kantine stellten Celina und Florian ihre Tabletts auf dem Tisch ab und setzten sich. Beide hatten sie sich heute für ein fleischloses Gericht entschieden, Celina für einen Salat aus Reis und verschiedenen Gemüsen, Florian für einfache Spaghetti mit Tomatensoße.

„Ich wusste gar nicht, dass du Vegetarier bist“, sagte Celina mit einem Blick auf seinen Teller.

„Bin ich auch nicht“, erwiderte Florian. „Aber Bratwurst zum Mittagessen ist nicht so mein Fall. Die passt für mich eher zur Kirmes oder auf einen Weihnachtsmarkt. Bei einem Steak hätte ich mich jetzt anders entschieden.“ Er deutete lächelnd auf Celinas Teller. „Lebst du vegetarisch?“

„Nein, auch nicht. Jedenfalls nicht völlig“, antwortete Celina. „Ich achte nur darauf, dass ich nicht zu viel Fleisch esse. Immer, wenn es eine gute Alternative gibt, entscheide ich mich dafür. Seit ich Yoga mache, ist mein Appetit auf Fleisch sowieso ziemlich zurückgegangen. Aber hin und wieder schmeckt es mir doch. Eine Religion würde ich aus Fleischverzicht aber sowieso nie machen.“

Florin nickte. „Das scheint mir sehr vernünftig. Also dann, guten Appetit!“ Beide griffen zu ihren Gabeln.

„Was waren denn eigentlich für Bücher in dem Paket?“, fragte Florian kauend.

„Keine Bücher, nur die Heftchen für die Lesenacht morgen. Die geben wir den Kindern und den Eltern immer mit. Da ist unter anderem ein Stück von dem Buch abgedruckt, aus dem ich vorlesen werde. Damit sollen die Kinder angeregt werden, zu Hause noch ein bisschen weiterzulesen.“ Celina lachte. „An der spannendsten Stelle bricht der Text nämlich ab, damit die Kinder anschließend in die Bibliothek kommen, um sich das Buch auszuleihen.“

„Geschickt!“ Florian schaute sie an. „Du hängst dich ganz schön in die Sache rein, was?“

„Stimmt.“ Celina spießte sich ein großes Salatblatt auf die Gabel. „Mir macht die Lesenacht unglaublich viel Spaß. Man kann Kinder so toll begeistern mit guten Geschichten. Du solltest mal sehen, wie sie immer dasitzen, mit offenen Mündern und großen Augen. Und die Kinderbibliothek ist dafür besonders gut geeignet. Überall stehen bunte Regale und sogar Spielzeuge herum. Ein richtiger Abenteuerspielplatz.“

„Du liebst Kinder sehr, was?“

„Ja.“ Celina nickte. „Total.“

Florian nickte ebenfalls. „Und eigene willst du nicht?“

Celina stockte unvermittelt. So direkt hatte sie in all den Jahren hier noch nie jemand danach gefragt. Alle wussten, dass sie keine Kinder hatte, aber bisher hatte niemand daraus geschlossen, dass sie keine eigenen haben wollte. Sie war ja gerade erst achtundzwanzig. Dass ihr Familienstand nicht „ledig“ sondern „verwitwet“ war, wussten nur die beiden Kolleginnen aus der Buchhaltung, und das ging auch niemanden sonst etwas an. Sie schluckte.

Florian hatte wohl bemerkt, dass er mit seiner Äußerung einen wunden Punkt getroffen hatte.

„Entschuldige, wenn ich dir zu nahe getreten sein sollte“, sagte er. Plötzlich war alles Flirtende aus seinem Gesichtsausdruck verschwunden und machte einem tiefen Ernst Platz. „Du musst meine Frage natürlich nicht beantworten.“

Celina schluckte. „Ich weiß. Aber es gibt keinen Grund dafür, es nicht zu tun. Ich … ähm … hätte gern eigene Kinder“, erwiderte sie, in vollem Bewusstsein darüber, dass sie damit Florians Frage gar nicht richtig beantwortete. Denn seine eigentliche, unausgesprochene Frage war ja die: Warum hast du, wenn du so kinderlieb bist, noch keine eigenen Kinder? „Was ist eigentlich mit dir?“, fragte sie stattdessen.

Das Ablenken von unangenehmen oder schwierigen Gesprächsthemen war ihr in den letzten Jahren in Fleisch und Blut übergegangen und kostete sie keine Anstrengung mehr. „Willst du später mal Kinder?“

Florian sah sie an.

„Ja, eigentlich schon. Aber meine derzeitige Situation wird mir da wohl einen Strich durch die Rechnung machen. Du weißt ja, meine Mutter … Ich kenne keine Frau, die sich mit einem Mann gleichzeitig einen Pflegefall ins Haus holen würde.“ Er zuckte gleichmütig mit den Schultern und widmete sich wieder seinem Essen.

Celina sah ihm dabei zu, wie er einige Spaghetti aufgabelte und sie mit Hilfe des Löffels aufzudrehen versuchte. Es wirkte etwas hilflos und ungelenk, die glatten Spaghetti rutschten ihm mehrmals von der Gabel.

Plötzlich wurde Celina bewusst, dass dies ebenfalls nur ein Ausweichmanöver war. Florian leitete ihre Aufmerksamkeit mit seiner Unbeholfenheit absichtlich auf das Essen um. Auch er hatte anscheinend Themen, über die er nicht gern sprach.

Offensichtlich hatte auch Florian Andersen noch eine andere Seite, die Celina – und ihre Kollegen – bisher nicht wahrgenommen hatten. Dadurch, dass er überall seine Witzchen riss und ständig mit den Mitarbeiterinnen flirtete, hatten sie alle gedacht, dass er eher in die Rubrik Frauenheld einzuordnen wäre. Nun aber sah es plötzlich so aus, als säße Celina hier einem ebenso einsamen Herzen gegenüber, wie ihr eigenes eins war.

***

Im Doktorhaus in der Gartenstraße herrschte seit Stunden Hochbetrieb. Im Minutentakt öffnete sich die Eingangstür, und Patienten betraten die Praxis, wo Schwester Martha hinter der Rezeption ein strenges Regiment führte.

Heute war es wieder einmal besonders schlimm. Der Frühling ließ eine große Vielfalt an Blumen sprießen. Das Wartezimmer war voll von Allergiegeplagten, die mit tränenden Augen und juckenden Nasen nicht mehr ein noch aus wussten. Scheinbar über Nacht hatten sich auch noch die Knospen bestimmter Baumarten geöffnet. Es wurde geniest und geschnupft, was das Zeug hielt.

„Bin ick froh, det ick nicht allergisch bin“, flüsterte Schwester Martha gegen Mittag ihrer Kollegin Marie-Luise Flanitzer zu, die gerade an die Rezeption zurückgekommen war. Marie-Luise hatte eben einen schon recht betagten Herrn nach draußen gebracht, wo ein Taxi auf ihn wartete. „Det würde mich total fertigmachen, wenn ick jetzt nicht raus in die Natur könnte.“

„Ja.“ Marie-Luise nickte. „Ich habe in der Verwandtschaft auch ein paar Fälle, die richtig hart betroffen sind. Zum Glück sitzen wir hier an der Quelle, falls es uns doch mal erwischen sollte.“

„Na, da sei Gott vor!“, entgegnete Schwester Martha und schüttelte energisch den Kopf. „Nee, det will ick mir gar nicht ausmalen! Ick geh zur Zeit so gern in den Forst. Alles grünt und blüht. Und …“, sie machte ein Gesicht, als verrate sie Marie-Luise ein fürchterlich peinliches Geheimnis, „… ick hab mir neulich sogar mal so einen komischen grünen Smoothie gemacht. Man muss ja mit der Zeit gehen.“

„Und?“, fragte Marie-Luise gespannt.

„Na ja.“ Schwester Martha verzog das Gesicht. „Ick müsste lügen, wenn ick behaupten würde, dass det eine Delikatesse gewesen wäre. Aber ick habe mir sagen lassen, dass man da auch Datteln und ähnliches Zeugs zum Süßen reintun kann.“

„Wollen Sie es denn noch mal probieren?“, fragte Marie-Luise erstaunt. Schwester Martha war gemeinhin nicht als besonders experimentierfreudig bekannt.

„Was noch mal probieren?“, fragte eine Stimme neben ihnen. Dr. Frank war unbemerkt an die Rezeption herangetreten und reichte Martha ein Rezept herüber, während er zur nächsten Patientenakte griff. „Schwester Martha?“

Die korpulente Mittsechzigerin grinste verlegen.

„Einen grünen Smoothie“, klärte Marie-Luise den Arzt an Marthas Stelle auf. „Stellen Sie sich vor, Dr. Frank: Frau Giesecke ist unter die Gesundheitsfanatiker gegangen.“

„Na, fanatisch würde ich so etwas nicht gleich nennen. Grüne Smoothies sind tatsächlich sehr gesund“, erwiderte Dr. Frank schmunzelnd. „Alexandra macht mir manchmal einen.“

„Und?“, fragten Schwester Martha und Marie-Luise wie aus einem Mund.

„Na ja. Wenn man ein paar Datteln zum Süßen hinzutut oder anderes Obst, sind sie gar nicht so schlecht.“

Schwester Martha schaute Marie-Luise triumphierend an. Na bitte, schien ihr Blick zu sagen.

„Wie kommt es denn, dass Sie sich plötzlich für solche Sachen interessieren?“, fragte Dr. Frank neugierig.