Dr. Stefan Frank Sammelband 12 - Arztroman - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank Sammelband 12 - Arztroman E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

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Dr. Stefan Frank - dieser Name bürgt für Arztromane der Sonderklasse: authentischer Praxis-Alltag, dramatische Operationen, Menschenschicksale um Liebe, Leid und Hoffnung. Dabei ist Dr. Stefan Frank nicht nur praktizierender Arzt und Geburtshelfer, sondern vor allem ein sozial engagierter Mensch. Mit großem Einfühlungsvermögen stellt er die Interessen und Bedürfnisse seiner Patienten stets höher als seine eigenen Wünsche - und das schon seit Jahrzehnten!

Eine eigene TV-Serie, über 2000 veröffentlichte Romane und Taschenbücher in über 11 Sprachen und eine Gesamtauflage von weit über 85 Millionen verkauften Exemplaren sprechen für sich:

Dr. Stefan Frank - Hier sind Sie in guten Händen!

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2233 bis 2235:

2233: Willkommen an der Waldner-Klinik!

2234: Osterfest mit Schrecken!

2235: Das Lächeln der Maikönigin


Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 250 Taschenbuchseiten.

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv von © shutterstock: unclenikola ISBN 978-3-7325-6907-6

Stefan Frank

Dr. Stefan Frank Sammelband 12 - Arztroman

Inhalt

Stefan FrankDr. Stefan Frank - Folge 2233Iris Hochlettner, die neue Pflegerin in Dr. Waldners Team, ist nett, engagiert und sehr gut in ihrem Beruf. Ihr freundliches Wesen sorgt dafür, dass die anderen Schwestern sie in ihr Herz schließen, und ihre Schönheit zieht reihenweise die männlichen Kollegen und Patienten in ihren Bann. Umso verwunderlicher ist es, dass Iris an Männern so gar kein Interesse zu haben scheint. Doch alle Versuche der Ärzte und Pfleger, etwas über ihr Liebesleben zu erfahren, weist Iris bestimmt zurück. Schnell wird klar: Die neue Pflegerin trägt irgendein dunkles Geheimnis mit sich herum. Und tatsächlich: Eines Tages vertraut sich Iris den Kollegen an. Nach ihrem Geständnis ist es so still im Schwesternzimmer, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. Eine schrecklichere Geschichte hat noch keine der Pflegerinnen hier gehört...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2234Als die hübsche Kathi ihre Liebe beinah mit dem Leben bezahlt hätte. Verzaubert betrachtet Jannis die hübsche junge Frau, die auf dem Nachbargrundstück mit einer Freundin im Garten herumalbert. Wie schön Kathi ist! Ihre dunklen Locken glänzen im Sonnenschein, und ihr glockenhelles Lachen trifft ihn mitten ins Herz. Doch nur wenige Wochen später muss Jannis zu seinem Erschrecken feststellen, dass sich die Frau, an die er Tag und Nacht denkt, komplett verändert hat. Kathi ist dürr, fast schon mager, und die dunkle Lockenpracht hat sich in blondes Spaghetti-Haar verwandelt. Und all das für ihren neuen Freund, den arroganten Modefotografen Xaver! Nur weil er auf klapprige Blondinen steht, verkneift sich Kathi jeden Genuss. Aber das kann doch nicht gesund sein!, denkt Jannis, und tatsächlich: Eines Tages findet er Kathi bewusstlos in ihrem Garten...Jetzt lesen
Dr. Stefan Frank - Folge 2235Im Englischen Garten ist alles für das alljährlich stattfindende Frühlingsfest der Waldner-Klinik geschmückt. Bunte Bänder flattern im Frühlingswind, und überall grünt und blüht es, dass es eine Freude ist. Gäste sitzen auf bunten Decken im Gras oder stehen mit einem Glas Maibowle beieinander. Da tritt der Klinikchef, Dr. Ulrich Waldner, auf die kleine Bühne. "Ich freue mich, den Namen unserer diesjährigen Maikönigin verkünden zu dürfen", ruft er ins Mikrofon. "Es ist ... Tamara Heller. Tamara, darf ich Sie zu mir bitten?" Beifall brandet auf, nur Stefan Frank sieht sich besorgt um. "Tamara?", wiederholt der Klinikleiter fragend, und auch die Gäste rufen ihren Namen. Und tatsächlich: Plötzlich läuft eine zierliche junge Frau auf die Bühne zu - es ist Tamara. Sie lächelt, aber es wirkt gezwungen. Es muss bitter für sie sein, zur Maikönigin gekrönt zu werden, während der Mann, den sie liebt, nichts von ihr wissen will, überlegt Dr. Frank. Aber wie kann ich ihr helfen?Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Willkommen an der Waldner-Klinik!

Vorschau

Willkommen an der Waldner-Klinik!

Eine neue Pflegerin begeistert Ärzte und Patienten

Iris Hochlettner, die neue Pflegerin in Dr. Waldners Team, ist nett, engagiert und sehr gut in ihrem Beruf. Ihr freundliches Wesen sorgt dafür, dass die anderen Schwestern sie in ihr Herz schließen, und ihre Schönheit zieht reihenweise die männlichen Kollegen und Patienten in ihren Bann. Umso verwunderlicher ist es, dass Iris an Männern so gar kein Interesse zu haben scheint. Doch alle Versuche der Ärzte und Pfleger, etwas über ihr Liebesleben zu erfahren, weist Iris bestimmt zurück. Schnell wird klar: Die neue Pflegerin trägt irgendein dunkles Geheimnis mit sich herum …

Und tatsächlich: Eines Tages vertraut sich Iris den Kollegen an. Nach ihrem Geständnis ist es so still im Schwesternzimmer, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. Eine schrecklichere Geschichte hat noch keine der Pflegerinnen hier gehört …

„Guten Morgen! Zeit zum Aufwachen, Herr Hormer!“ Sanft legte die hübsche blonde Schwester eine Hand auf die Schulter des Patienten.

Der alte Mann öffnete die Augen.

„Ach, ich bin doch bereits die ganze Zeit wach“, sagte er leise. „Schon eine kleine Ewigkeit.“

„Und warum haben Sie mich dann glauben lassen, Sie schlafen noch?“, fragte Schwester Iris mit einem Lächeln.

„Weil es so schön ist, morgens die Augen aufzuschlagen und als Erstes Sie zu sehen“, meinte Rudolf Hormer und erwiderte ihr Lächeln.

„Was für ein Charmeur Sie doch sind!“, antwortete Iris Hochlettner fröhlich, während sie das Kopfteil des Bettes hochstellte, damit der alte Herr sitzen konnte, dann schüttelte sie sein Kissen auf. „Aber ich bin sicher, Sie werden von all meinen Kolleginnen so nett geweckt.“

„Nein.“ Heftig schüttelte er den Kopf. „Schwester Margot weckt einen niemals nett, die ist ein richtiger Drachen. Sie kommt morgens schon feuerspuckend ins Zimmer.“

„Ach was!“ Iris musste sich ein Lachen verkneifen. So ganz unrecht hatte der alte Herr nicht: Ihre Kollegin hatte eine sehr bestimmende Art, und wenn sie sich ärgerte, konnte sie auch schon mal „feurig“ werden. Dann wurden selbst die widerspenstigsten Patienten kleinlaut.

Dennoch hatte Schwester Margot das Herz am rechten Fleck, und sie liebte ihren Beruf. Hinter ihrer rauen Schale verbarg sich ein sehr weicher Kern.

„Das kann gar nicht sein“, fuhr Iris deshalb fort. „Drachen können nämlich fliegen, und haben Sie meine Kollegin vielleicht schon mal fliegen sehen?“

„Wenn Sie mich so fragen …“ Rudolf Hormer schmunzelte. „Aber vielleicht gibt es ja auch flugunfähige Drachen. Pinguine können ebenfalls nicht fliegen und sind trotzdem Vögel.“

Nun lachte Iris doch. „Das werden wir jetzt nicht ausdiskutieren, oder? Widmen wir uns lieber der üblichen Morgenroutine. Temperatur, Puls, Blutdruck – das muss ja alles regelmäßig kontrolliert werden, nicht wahr?“

Der alte Mann seufzte.

„Ich hasse das“, murmelte er vor sich hin.

„Es gibt Schlimmeres, glauben Sie mir, Herr Hormer“, erwiderte Iris, während sie ihm das digitale Thermometer ins Ohr hielt. „Weshalb waren Sie denn schon so früh wach?“, wollte sie wissen. „36,9 – na prima“, stellte sie dann fest, bevor er etwas erwidern konnte, und trug den Wert ein. „Machen Sie sich immer noch so viele Gedanken?“

„Würden Sie das denn nicht tun?“, fragte er zurück. „Ich habe solche Angst davor, wie es weitergehen wird“, fügte er leise hinzu.

Er griff nach der Hand der jungen Frau.

„Schwester Iris, ich will nicht ins Heim!“, flehte er. „Ich war immer so stolz darauf, dass ich mich noch selbst versorgen konnte. Ich hatte mein Haus, meinen Garten, meine Unabhängigkeit … und jetzt ist alles vorbei. Nur weil ich über eine dumme Fußmatte gestolpert und gefallen bin! Warum musste ich mir auch gleich diesen dummen Knochen brechen?“

Rudolf Hormer hatte bei seinem Sturz eine Fraktur des Oberschenkelhalsknochens erlitten, aber die Heilung verlief ganz normal. Es gab nichts, was den Ärzten in der Waldner-Klinik besondere Sorgen bereitet hätte. Alles sprach dafür, dass er wieder gesund werden würde.

Iris drückte seine Hand.

„Gar nichts ist vorbei. Sie dürfen nicht so pessimistisch sein“, mahnte sie. „Bald laufen Sie wieder herum wie ein junger Hund, da bin ich ganz sicher.“

Sie lächelte ihn an.

„Sie üben doch schon fleißig, nicht wahr? Heute legt man viel Wert darauf, dass die Patienten möglichst früh mobilisiert werden“, erklärte sie. „Es ist längst nicht mehr so wie früher, als man nach einem solchen Bruch lange liegen musste und gerade die älteren Patienten sich wer weiß was für Folgeerkrankungen geholt haben. – So, Herr Hormer, jetzt halten Sie bitte einen Moment still, ich muss noch den Blutdruck messen.“

Sie schwiegen beide, während sie ihm die Manschette anlegte und anschließend die Werte überprüfte.

„Aber das hat Ihnen ja auch Dr. Frank schon erklärt, nicht wahr?“, nahm Iris das Gespräch anschließend wieder auf. „Und ebenso, dass es heute viele Möglichkeiten gibt, ältere Menschen zu unterstützen. Solange keine ganz schlimmen Komplikationen auftreten – und danach sieht es bei Ihnen wirklich nicht aus! –, brauchen Sie nicht ins Heim.“ Sie sah den alten Herrn eindringlich an. „Sie vertrauen Herrn Dr. Frank doch, oder?“

„Sicher.“ Rudolf Hormer nickte.

„Das sollten Sie auch, schließlich ist er schon seit Jahren Ihr Hausarzt. Er kennt Sie gut und kann Ihre gesundheitliche Situation bestens einschätzen. Er würde Ihnen niemals raten, wieder nach Hause zurückzukehren, wenn er das nicht guten Gewissens verantworten könnte. Aber das wissen Sie selbst, nicht wahr?“

Wieder nickte der alte Herr, doch dann verdüsterte sich sein Gesicht.

„Aber ich habe Angst davor …“, gab er leise zu.

„Das verstehe ich“, erwiderte Iris ernst. „Doch soweit ich weiß, hat Dr. Frank auch darüber bereits mit Ihnen gesprochen. Es gibt Mittel und Wege, wie man Senioren zu Hause unterstützen und ihnen die Angst nehmen kann, zum Beispiel indem man die Gefahrenquellen im Haushalt minimiert. Außerdem gibt es ein spezielles Körpertraining für ältere Menschen, damit sie wieder mehr Sicherheit bei ihren Bewegungen gewinnen.“ Sie lächelte ihn an. „Sie müssen nur den Mut aufbringen.“

Rudolf Hormer stieß einen tiefen Seufzer aus.

„Das sagen Sie so einfach“, meinte er. „Aber meine Tochter gibt keine Ruhe. Sie will unbedingt, dass ich in ein Heim gehe. Damit ich ‚unter Aufsicht‘ bin, wie sie es so nett ausdrückt.“ Das klang bitter. „Als ob ich …“

Es schien ihn Mühe zu kosten, weiterzusprechen.

„… als ob ich völlig dement wäre. Aber ich bin noch vollkommen klar im Kopf! Wenn sie doch nur halb so nett wäre wie Sie, Schwester Iris“, fügte er nach einem Moment hinzu und seufzte erneut. „Ich fürchte, sie kommt da mehr auf Schwester Margot.“

„Jetzt tun Sie meiner Kollegin aber wirklich unrecht!“, erwiderte Iris energisch. „Margot hat ein gutes Herz, sie ist weder so kalt noch so rücksichts … Entschuldigung“, fügte sie dann schnell hinzu. „Ich sollte nicht so über Ihre Tochter reden.“

„Ach, Kindchen, dafür brauchen Sie sich nun wirklich nicht zu entschuldigen.“ Der alte Herr drückte Iris’ Hand. „Sie haben doch nur die Wahrheit ausgesprochen. Meine Tochter ist kalt, rücksichtslos und egoistisch. Ich bin ihr im Weg. Sie ist seit Langem scharf auf mein hübsches Haus in Grünwald und hat mich schon oft gedrängt, mir doch ‚etwas Bescheideneres‘ zu suchen.“

Er hielt für einen Moment inne, bevor er leise weiterredete.

„Ich wette, sie hat laut ‚Hurra‘ gerufen, als sie von meinem Sturz erfuhr. Das ist DIE Gelegenheit, wird sie sich gedacht haben, jetzt kriege ich den Alten endlich aus dem Haus.“

Iris hätte ihm gern widersprochen, doch sie wusste, dass er recht hatte. Ilona Beckmann war eine unangenehme Frau, mit der sie selbst schon aneinandergeraten war.

Vor ein paar Tagen, kurz nachdem man Rudolf Hormer operiert hatte, war sie genau in dem Augenblick ins Zimmer gekommen, als seine Tochter an seinem Bett stand – drohend vorgebeugt, die Hände in die Hüften gestützt – und ihren Vater lautstark beschimpfte.

Der alte Herr war blass und angespannt gewesen. Er hatte ausgesehen, als sei er den Tränen nahe.

Iris’ Herz hatte sich vor Mitgefühl zusammengezogen. Und sie war wütend geworden. Wie konnte man sich einem kranken Menschen gegenüber nur so aufführen?

„Ihnen ist bewusst, Frau Beckmann, dass Sie sich in einem Krankenhaus befinden?“, hatte sie gemahnt. „Ihr Vater hat gerade einen Eingriff hinter sich. Er braucht jetzt viel Ruhe. Sehr viel Ruhe. Wenn Sie ihn weiterhin so aufregen, dann muss ich Sie bitten zu …“

„Was geht Sie das an?“, hatte Ilona sie angeblafft und sich zu ihr herumgedreht. „So eine popelige kleine Schwester wie Sie hat mir gar nichts vorzuschreiben! Schon gar nicht, wann ich zu gehen habe oder was ich sage. Ich tue, was ich will! Und über Sie werde ich mich beschweren!“

Noch bevor Iris hatte antworten können, war eine Stimme von der Tür her erklungen.

„Wenn das nicht Frau Beckmann ist, wie sie leibt und lebt!“, hatte Dr. Frank gesagt, der noch einmal nach seinem Patienten schauen wollte und unbemerkt von den beiden Frauen hereingekommen war. „Immer die Freundlichkeit in Person. Beschweren können Sie sich gern, aber dann werde auch ich mit dem Klinikchef reden. Und merken Sie sich eins: Hier in diesem Zimmer hat Schwester Iris das Sagen, nicht Sie. Wenn sie Sie bittet, sich an die Regeln dieser Klinik zu halten, dann haben Sie das auch zu tun.“

Iris freute sich immer, den Grünwalder Arzt zu sehen, doch in jenem Moment war er ihr besonders willkommen gewesen. Sie wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen.

Auf Dr. Franks Lippen hatte zwar ein Lächeln gelegen, doch sein Blick war kalt gewesen. So kalt, dass Iris unwillkürlich fröstelte.

Und auch Ilona Beckmann war vor dieser Kälte zurückgeschreckt. Plötzlich war sie ganz kleinlaut gewesen. Dem Grünwalder Arzt offen zu widersprechen, das hatte sie sich dann doch nicht getraut.

„Wenn ich hier nicht willkommen bin, dann gehe ich eben“, hatte sie gesagt und war beleidigt zu Tür gerauscht.

„Ach, da ist noch etwas, Frau Beckmann“, hatte Dr. Frank hinterhergeschickt. „Schwester Iris ist keine ‚popelige kleine Schwester‘, sondern eine ausgezeichnete Fachkraft. Und zu den Regeln dieses Hauses gehört auch, dass man nicht nur die Patienten mit Respekt behandelt, sondern ebenso die Pflegekräfte. Ich hoffe, Sie denken in Zukunft daran.“

Ohne ein weiteres Wort hatte Ilona den Raum verlassen.

Doch Dr. Franks Ermahnungen hatten nur scheinbar gewirkt. Danach hatte es zwar keine lärmenden Auftritte mehr gegeben, dennoch traute Iris dieser Frau nicht. Sie war sicher, dass Ilona ihren Vater weiterhin unter Druck setzte, inzwischen ging sie wohl nur subtiler vor.

„Meine Tochter gibt einfach keine Ruhe. Immer wieder reitet sie auf diesem Thema herum“, sagte Rudolf Hormer in diesem Moment, als hätte er Iris’ Gedanken erraten. „Früher hätte ich ihr nur gesagt, sie soll sich zum Teufel scheren, aber … aber seit dem Sturz fehlt mir die Kraft, mich ihr zu widersetzen. Ich bin immer so müde und schwach. Irgendwann wird sie mich dermaßen mürbe gemacht haben, dass ich tatsächlich ‚Ja‘ sage, nur damit sie endlich den Mund hält.“

„Das dürfen Sie nicht“, erwiderte Iris. „Es geht um Ihr Leben, Herr Hormer, und das dürfen Sie sich nicht aus den Händen nehmen lassen. Von niemandem.“

Sie sah ihn an.

„Lassen Sie sich beraten, es gibt genug Stellen, die Hilfe anbieten. Überlegen Sie, ob Sie vielleicht eine Haushaltshilfe engagieren oder ob schon Essen auf Rädern genügt. Vielleicht kann auch einiges in Ihrem Haus altersgerecht umgebaut werden. Finanziell dürfte das bei Ihnen doch kein Problem sein, oder?“

„Sie sind ein gutes Menschenkind, Schwester Iris“, sagte der alte Herr leise. „Danke, dass Sie mir zuhören und meine Sorgen ernst nehmen. Obwohl Sie doch so viel Arbeit haben und sich um so viele Patienten kümmern müssen.“

„Das tue ich doch gerne.“ Iris lächelte. „Aber ich muss jetzt wirklich weiter. Markus kommt gleich, er macht Ihr Bett und hilft Ihnen beim Waschen. Wir sehen uns, wenn ich Ihnen anschließend das Frühstück bringe. Bis dann, Herr Hormer.“

***

In der Tür wäre Iris fast mit Markus zusammengestoßen, dem jungen Mann, der hier sein Freiwilliges Soziales Jahr ableistete.

„Getrödelt?“, flüsterte er ihr zu.

„Jein“, erwiderte sie ebenso leise. „Herr Hormer hatte ein bisschen Zuspruch nötig. Sei lieb zu ihm.“

„Bin ich doch immer!“ Markus zwinkerte ihr zu und grinste.

Iris verdrehte die Augen. Markus – gerade mal zwanzig, und damit zwölf Jahre jünger als sie – war ein bisschen verliebt in sie, aber das nahm er nicht sonderlich ernst. Genauso wenig wie die Tatsache, dass er nicht die geringste Chance bei ihr hatte. Es machte ihm einfach Spaß, sie anzuhimmeln.

Iris mochte ihn, aber eher wie einen kleinen Bruder, und das hatte sie ihm auch deutlich gesagt.

Markus hatte dramatisch die rechte Hand auf seine Brust gelegt. Sie bräche ihm das Herz, aber das würde ihn nicht daran hindern, sie auf immer und ewig lieben, hatte er behauptet, und in seinen Augen hatte dabei ein Lachen gefunkelt. Es war offensichtlich, dass er ihr die Zurückweisung nicht übelnahm. Sie verstanden sich auch weiterhin gut.

Iris winkte ihm nun noch einmal zu, dann eilte sie weiter, zum nächsten Zimmer. Dadurch, dass sie sich so lange mit Rudolf Hormer unterhalten hatte, musste sie ein wenig Zeit aufholen. Schließlich war der Alltag auf einer Station straff organisiert, alles hatte seinen festen zeitlichen Ablauf.

Und doch gab es hier in der Waldner-Klinik einen großen Vorteil: Es stand genügend Personal zur Verfügung. Niemandem wurde ein Vorwurf gemacht, wenn der Zeitplan ein bisschen durcheinandergeriet, weil man sich länger um einen Patienten kümmerte. Im Gegenteil: Dr. Waldner, der Klinikchef, war stolz darauf, dass es in seinem Krankenhaus so menschlich zuging.

In der Klinik, in der Iris zuvor gearbeitet hatte, war alles ganz anders gewesen. Aus Kostengründen hatte man viel zu viel Personal wegrationalisiert. Die Schwestern hatten ständig noch mehr Patienten versorgen müssen, waren gestresst und hektisch gewesen. Wie hätten sie da den Patienten das schenken können, was neben der medizinischen Heilkunst so wichtig für die Genesung war: Mitgefühl und Verständnis sowie ein bisschen menschliche Wärme?

Wie oft war sie auf ihrer alten Stelle angeschnauzt worden, wenn sie sich zu einem Patienten gesetzt und ihn geduldig gefüttert hatte, weil er nicht mehr in der Lage war, allein zu essen?

Aber was hätte sie denn tun sollen? Hätte sie die Leute vielleicht hungern lassen sollen?

Auch untereinander hatte es beim Pflegepersonal viel Zank und Streit gegeben. Alle waren überfordert gewesen und hatten unter dem enormen Druck immer aggressiver reagiert.

Nein, so hatte Iris sich ihren Job nicht vorgestellt. Sie war Krankenschwester geworden, weil sie Menschen helfen wollte.

Als sie sich das erste Mal dabei ertappt hatte, wie sie wütend wurde, weil eine ältere Patientin im Bad so viel Zeit brauchte, hatte sie gewusst, dass sie dort nicht länger bleiben konnte. Also hatte sie umgehend ihre Kündigung eingereicht.

Seit ein paar Wochen arbeitete sie nun in der Waldner-Klinik und fühlte sich hier ausgesprochen wohl. Die Stimmung war gut, das Personal zufrieden, und das wirkte sich natürlich auch auf die Art und Weise aus, wie man mit den Patienten umging.

Iris kam bestens mit den Kollegen zurecht. Sie hatte das Gefühl, dass man ihr Können und ihr Engagement schätzte, und hoffte, dass man sie auch dann noch willkommen heißen würde, wenn ihre Probezeit zu Ende ging.

***

Rudolf Hormer war nicht der Einzige, der Iris mit einem Lächeln empfing.

Die meisten Patienten freuten sich, die hübsche junge Schwester zu sehen, die immer so freundlich und geduldig war und niemals schlechte Laune hatte. So auch die zwei Frauen, die im Zimmer neben Rudolf Hormer lagen.

Iris fand es immer wieder verblüffend, wie verschieden die beiden waren. Mira Radovin, die aus Bosnien stammte und schon seit mehr als vierzig Jahren in München lebte, war gerade siebzig geworden, wirkte aber wesentlich jünger. Sie war eine lebhafte Frau, die gern redete und sich das Lachen nicht nehmen ließ, obwohl das Leben ihr wahrhaftig nicht immer Grund dafür gegeben hatte.

Vor zwei Jahren hatte sie ihren ältesten Sohn durch einen schrecklichen Unfall verloren, und nur zwölf Monate später war auch ihr Mann gestorben – vor Kummer. Der Verlust seines Sohnes hatte ihm jeden Lebenswillen genommen.

„Aber wenigstens hat er noch bis zu unserer Goldenen Hochzeit durchgehalten“, hatte Mira mit einem schiefen Lächeln zu Iris gesagt. „Wahrscheinlich wusste er, wie sehr ich mit ihm geschimpft hätte, wenn er sich vorher davongemacht hätte.“

Ihr selbst hatte man in einer Notoperation die Gallenblase entfernen müssen, doch sie hatte sich schnell von dem Eingriff erholt und sollte in zwei Tagen entlassen werden.

Charlotte Wecking hingegen, obwohl nur drei Jahre älter als Mira, war das genaue Gegenteil: Sie war klein und zart – beinah wirkte sie zerbrechlich –, hatte wunderschönes weißes Haar und eine glatte, fast faltenlose Haut. In ihrer Jugend musste sie wunderschön gewesen sein.

Ein Püppchen, dachte Iris jedes Mal, wenn sie die Patientin sah.

Charlotte Wecking lebte ganz in der Vergangenheit, mit der Gegenwart konnte sie nicht mehr viel anfangen. Ständig vergaß sie, was noch vor ein paar Minuten geschehen war, was durch den Aufenthalt in der Klinik noch verschlimmert wurde.

Als Iris den Raum betrat, saß die Patientin fertig angezogen auf ihrem Bett, ihre Handtasche auf dem Schoß, die Hände auf den Bügel gelegt.

„Sie will nach Hause“, flüsterte Mira der Krankenschwester zu. „Ich hab sie vorhin dabei erwischt, wie sie verschwinden wollte. Es war ziemlich knapp. Ich bin nur aufgewacht, weil sie gegen den Stuhl gelaufen ist und ihn umgeworfen hat. Als ich aus dem Bett gesprungen bin, war sie schon halb zur Tür hinaus.“

Kopfschüttelnd sah Mira ihre Zimmernachbarin an.

„Es ist eine Schande“, seufzte sie. „Sie weiß überhaupt nicht mehr, wo sie sich befindet.“

„Sie sind ein Schatz, Frau Radovin“, bedankte sich Iris. „Nicht auszudenken, wenn sie tatsächlich verschwunden wäre! Wir sind wirklich alle sehr froh, dass Sie so gut auf sie aufpassen.“ Sie sah die alte Dame an, dann wandte sie sich wieder an Mira. „Gewaschen hat sie sich wohl nicht, bevor sie sich angezogen hat, oder?“

„Keine Ahnung.“ Mira hob die Hände. „Aber ich denke, eher nicht.“

„Na, dann werden wir das jetzt nachholen.“ Iris trat an das Bett der Patientin, ging vor ihr in die Hocke und begann, die Hände der alten Dame sanft von der Tasche zu lösen.

„Sie haben sich ja schon so hübsch angezogen, Frau Wecking“, sagte sie. „Aber haben Sie sich denn auch gewaschen?“

„Nein“, erwiderte Charlotte Wecking, und in diesem Moment wirkten ihre Augen ganz klar. „Darf ich duschen?“

Iris wusste, wie sehr die Patientin es liebte, unter dem warmen Wasser zu stehen.

„Natürlich.“ Sie richtete sich wieder auf und legte die Handtasche in das Nachtschränkchen, dann griff sie nach Charlottes Hand. „Kommen Sie, ich helfe Ihnen. Und wenn wir fertig sind, dauert es nicht mehr lange, bis das Frühstück kommt. Sie freuen sich doch sicher schon auf Ihren Kaffee, nicht wahr?“

Iris plauderte weiter, während sie die Patientin ins Bad führte, ihr beim Ausziehen half und ihr alles reichte, was sie zum Waschen brauchte. Dann ließ sie Charlotte einen Moment allein, um schnell bei Mira Radovin die Vitalwerte zu kontrollieren.

Anschließend eilte sie ins Bad zurück, duschte die alte Dame, trocknete sie ab und half ihr, sich wieder anzuziehen.

Als sie die beiden Patientinnen verließ, blickte sie schnell auf ihre Uhr. Viertel vor acht. Damit lag sie fast in der Zeit. Zwei Zimmer noch, dann konnte sie zusammen mit Markus beginnen, das Frühstück auszuteilen.

***

Normalerweise hätte Schwester Margot den Stationsarzt bei der morgendlichen Visite begleitet, doch heute hatte man Iris gebeten, diese Aufgabe zu übernehmen.

Ein wenig rot wurde sie schon, als sie merkte, dass es dem Stationsarzt keineswegs entging, wie sehr die Patienten sich immer freuten, sie zu sehen.

„Es braucht Sie nun wirklich nicht verlegen zu machen, dass man Sie so mag“, meinte Dr. Stein amüsiert, als sie eins der Krankenzimmer verließen und zum nächsten weitergingen. Vor der Tür blieb er stehen. „Sie wissen doch, wie viel Wert der Chef darauf legt, dass die Patienten sich bei uns gut aufgehoben fühlen – und dazu tragen Pfleger wie Sie doch mindestens ebenso viel bei wie wir Ärzte. Die Waldner-Klinik hat schließlich nicht umsonst einen so guten Ruf.“

Sein Lächeln vertiefte sich.

„Und kompetent sind Sie auch“, fügte er hinzu. „Motiviert, fähig, bei den Patienten beliebt – was wollen wir mehr?“

„Ach Gott, so viel Lob …“ Iris legte die Hände auf ihre Wangen, die nun ein noch tieferes Rot zeigten. „Hören Sie auf damit, sonst werde ich noch ganz eingebildet.“

„Sie doch nicht!“ Der Stationsarzt lachte. „Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.“

Dann seufzte er leise. Himmel, war diese Schwester hübsch! Früher hätte er mit einer so gut aussehenden Pflegerin wie Schwester Iris ungeniert geflirtet, doch diese Zeiten waren vorbei.

Ich werde halt alt, dachte er – ach was, älter und ruhiger nennt man das! Im besten Alter sein, fügte er hinzu und hätte beinahe eine Grimasse gezogen, weil er den Ausdruck so schrecklich fand.

Doch ganz freiwillig war er nicht „ruhiger“ geworden. Sandra, seine Frau, hatte ihm nämlich recht deutlich gemacht, dass sie ihn verlassen würde, wenn er nicht endlich aufhörte, nach anderen Frauen zu schauen. Und das wollte er dann doch nicht riskieren, denn dafür liebte er sie und die Kinder viel zu sehr.

„Haben Sie eigentlich eine Beziehung?“, fragte er aus seinen Gedanken heraus. Aber als er den Blick sah, mit dem Iris ihn bedachte, hob er schnell die Hände. „Okay, okay, ich weiß, das geht mich eigentlich nichts an. Trotzdem: Haben Sie?“

Iris lachte.

„Nein“, erwiderte sie.

Doch dem Arzt war nicht entgangen, dass für einen Moment ein Schatten über ihr Gesicht gehuscht war. Ob sie unglücklich verliebt war? Wenn ja, dann konnte dieser Mann nur ein ausgemachter Depp sein.

Iris räusperte sich.

„Wir …“, begann sie, doch Dr. Stein ließ sie nicht ausreden.

„Ich weiß, was Sie sagen wollen“, meinte er und grinste. „Machen wir also mit der Visite weiter.“

***

Gegen elf konnte Iris dann selbst eine Pause einlegen. Es tat gut, sich einen Moment hinzusetzen und in aller Ruhe ihren Kaffee zu trinken.

In sämtlichen Zimmern waren die Betten gemacht und das Frühstücksgeschirr wieder abgeräumt. Sie hatte Medikamente verteilt, Patienten bei der Körperpflege geholfen, Verbände gewechselt und Infusionen überprüft. Zwei ältere Patienten mussten regelmäßig umgelagert werden, damit sich keine Druckstellen bildeten.

Markus setzte sich zu Iris an den Tisch.

„Hast du mir noch einen Kaffee übrig gelassen?“, wollte er wissen.

Iris, noch ganz in ihre Gedanken versunken, blickte kaum auf.

„Schau halt nach“, erwiderte sie abwesend.

„Bin zu faul. Und zu müde. Vielleicht nehme ich mir nachher einen.“

Er streckte seine langen Beine aus und begann dann, etwas von einem Patienten zu erzählen. Doch als er merkte, dass Iris ihm gar nicht zuhörte, wedelte er mit der Hand vor ihrem Gesicht.

„Erde an Schwester Iris“, meinte er. „Sag mal, in welchen Höhen schwebst du eigentlich? Hat dich unser Herr Stationsarzt so beeindruckt? Ich hab gehört, dass du ihn heute bei der Visite begleiten durftest.“

„Und? Eifersüchtig? Hättest du ihn lieber begleitet?“

Markus verdrehte die Augen.

„Hey, ich hab einen Ruf als Frauenschwarm zu verlieren! Ich bin jung, knackig, charmant und gut aussehend. Unser guter Dr. Stein dagegen ist zwanzig Jahre älter als ich …“

„Du hast ‚intelligent‘ vergessen“, unterbrach ihn Iris.

„Was?“

Sie lachte, als sie seinen Gesichtsausdruck sah, doch dann begriff er.

„Also gut“, meinte Markus. „Ich bin jung, knackig, intelligent und …“

„Erspar mir den Rest!“

„… und daher solltest du mich anschmachten, nicht unseren – zugegebenermaßen netten – Stationsarzt.“ Markus beugte sich vor und sah Iris neugierig an. „Sag mal, schmachtest du überhaupt mal einen Mann an?“, wollte er wissen.

„Nein“, erwiderte sie knapp, und plötzlich wirkte sie verärgert. „Was ist eigentlich heute los mit euch?“, sagte sie. „Dr. Stein hat mich vorhin genau das Gleiche gefragt. Nur ein bisschen anders formuliert.“

Markus zuckte mit den Schultern.

„Vielleicht hat er sich genau wie ich gefragt, wie du es schaffst, mir zu widerstehen“, sagte er dann grinsend.

„Blödmann!“

„Dahinter kann doch nur ein anderer Mann stecken“, fuhr Markus fort. „Ein absoluter Traumtyp, gegen den kein Normalsterblicher eine Chance hat.“

Iris wusste, dass er das nicht ernst meinte, doch es minderte ihren Ärger nicht.

„Hör zu, Markus“, begann sie heftiger, als es sonst ihre Art war. „Keiner von euch braucht sich Gedanken über mein Liebesleben zu machen. Ich habe keinen Mann, und ich will auch keinen. Ich bin Single und glücklich damit. Sehr glücklich. Und das ist alles, was es zu diesem Thema zu sagen gibt. Kapiert?“

„Bist du vielleicht andersherum?“, fragte Markus mit gespieltem Entsetzen.

„Nein. Aber wenn’s so wäre, ginge es dich auch nichts an. Ich … Ach du je, das ist Frau Radovin, die geläutet hat. Hoffentlich ist nicht schon wieder was mit Frau Wecking.“ Sie sprang auf, trank schnell noch den letzten Schluck Kaffee und biss noch einmal in ihre Semmel. „Bin schon unterwegs.“

Markus blickte ihr mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck hinterher.

Als er eine Stimme hörte, zuckte er leicht zusammen.

„Na, eine Abfuhr bekommen?“, wollte Schwester Margot wissen.

Der junge Mann zuckte mit den Schultern. Iris’ Verhalten war komisch, oder? Sie war eine tolle Frau, und eigentlich hätte sie an jedem Finger zehn Verehrer haben müssen. Doch wenn er genauer darüber nachdachte, schien sie sich tatsächlich nichts aus Männern zu machen. Sie war zwar immer nett und höflich, aber sie wahrte dem anderen Geschlecht gegenüber stets eine deutliche Distanz.

Doch schon lachte Markus wieder.

„Hm, das weiß ich nicht so recht“, antwortete er. „Vielleicht sollte ich meine glühende Verehrung doch lieber auf eine andere schöne Frau richten? Wie wär’s mit Ihnen, Schwester Margot?“

Abwehrend hob sie die Hände.

„Um Himmels willen, Junge, tu mir das bloß nicht an!“, meinte sie amüsiert. „Obwohl, es hätte mir schon Spaß gemacht, dein Gesicht zu sehen, wenn ich jetzt tatsächlich ‚Ja‘ gesagt hätte.“

Schwester Margot lachte, wurde aber gleich wieder ernst.

„Ich hab nicht gelauscht, wirklich nicht, aber ihr habt nicht gerade leise gesprochen. Und komisch ist es schon irgendwie, dass sie so gar nichts von Männern wissen will. Was sie wohl erlebt haben mag?“, fügte sie dann mehr zu sich selbst hinzu.

***

Iris hatte Frau Wecking, die erneut „nach Hause“ hatte gehen wollen, mit einer Engelsgeduld beruhigt. Nun war es Zeit, die Mittagsmedikamente zu verteilen und Blutdruck, Puls und Temperatur bei den Patienten zu messen, die mehrmals am Tag kontrolliert werden mussten.

Ein älterer Mann, der nur schwerfällig an Krücken lief, musste dringend zur Toilette. Iris ging mit ihm ins Bad, machte ihn sauber und begleitete ihn dann zum Bett zurück.

Markus hatte bereits damit angefangen, das Mittagessen in die Zimmer zu bringen; und als Iris mit allem anderen fertig war, half sie ihm dabei. Dann kümmerten sie sich gemeinsam um die Patienten, die nicht allein essen konnten, und schließlich mussten die Tabletts wieder weggeräumt werden.

Nach dem Essen blieb es auf der Station ruhig, und so konnte Iris mit der Pflegedokumentation beginnen.

Die Zeit verging wie im Flug. Um halb zwei erschien die Kollegin, die Spätdienst hatte. Iris machte mit ihr die Übergabe, doch gerade als sie sich endlich in ihren wohlverdienten Feierabend verabschieden wollte, läutete es aus drei Zimmern gleichzeitig.

Natürlich half sie der Kollegin noch schnell, und so war es schließlich bereits nach halb drei, als sie die Waldner-Klinik verließ.

Sie war gerade dabei, die Eingangshalle zu durchqueren, als sie plötzlich eine Stimme neben sich hörte. Unwillig blickte sie auf, doch als sie Dr. Frank erkannte, legte sich ein Lächeln auf ihr Gesicht.

„Einen Moment musste ich überlegen, ob Sie’s tatsächlich sind“, meinte der Grünwalder Arzt, während er Iris betrachtete. „Ich kenne Sie sonst ja nur in der Schwesterntracht – und jetzt sehen Sie ganz anders aus.“

Iris, die ihr blondes Haar während des Dienstes immer straff zusammenband, ließ es nun offen auf die Schultern fallen – was ihr hervorragend stand, wie Dr. Frank fand. Es machte sie noch attraktiver, als sie es ohnehin schon war. Den Schwesternanzug hatte sie gegen Jeans und einen schicken Rollkragenpulli getauscht, über dem sie eine rote Jacke trug. Passende Stiefeletten und eine große Umhängetasche rundeten das Bild ab.

„Hübsch sehen Sie aus“, stellte er fest, und von ihm nahm Iris das Kompliment gerne an. Dem Grünwalder Arzt vertraute sie vollkommen.

Sie verließen die Klinik, und Dr. Frank wandte sich wieder der jungen Schwester zu.

„Kann ich Sie irgendwohin mitnehmen?“, bot er an.

Iris schüttelte den Kopf.

„Danke“, sagte sie, „aber ich wohne nur zehn Minuten von der Klinik entfernt. Wenn so schönes Wetter ist wie heute, gehe ich gern zu Fuß, sonst – vor allem, wenn es morgens oder abends dunkel ist – nehme ich den Wagen. Oft spaziere ich noch ein bisschen durch den Englischen Garten, den haben wir ja fast vor der Haustür. Das hatte ich eigentlich auch jetzt vor.“

„Darf ich Sie begleiten?“, fragte Dr. Frank spontan. „Heute ist Mittwoch, da habe ich meinen freien Nachmittag, und zu Hause wartet niemand auf mich. Ich bin sozusagen Strohwitwer – allerdings nur für ein paar Stunden“, fügte er mit einem Lachen hinzu. „Und ein bisschen Bewegung, vor allem in so netter Gesellschaft, würde mir sicher guttun.“

Alexandra Schubert, seine Lebensgefährtin, traf sich an diesem Nachmittag mit einem alten Bekannten aus Hamburg, der für ein paar Tage in München war.

„Gerne“, stimmte Iris zu und war von sich selbst überrascht. Normalerweise mied sie private Kontakte mit allen, die mit ihrer Arbeit zu tun hatten. Aber Dr. Frank war eben auch in dieser Beziehung eine Ausnahme.

Es dauerte nicht lange, bis sie den berühmten, kilometerlangen Park erreicht hatten, den Münchener und Touristen gleichermaßen liebten.

„Gehen wir jetzt nach links oder rechts?“, wollte Dr. Frank wissen.

„Links“, entschied Iris. „Ich bin so gern am Kleinhesseloher See und gucke den Enten zu. Stundenlang könnte ich da am Ufer sitzen.“ Sie lachte ein wenig verlegen. „Liegt vermutlich an meiner bäuerlichen Vergangenheit.“

„Bäuerliche Vergangenheit?“, wiederholte Dr. Frank. „Dann sind Sie gar nicht aus München? Wo kommen Sie denn her?“

Einen Moment lang wirkte es fast, als bereue sie es, überhaupt etwas Privates von sich preisgegeben zu haben.

„Ist ja kein Geheimnis“, murmelte sie dann vor sich hin, und dem Grünwalder Arzt schien es, als rede sie eher mit sich selbst als mit ihm. Dann wandte sie sich ihm wieder zu. „Aus der Gegend um Berchtesgaden, ganz in der Nähe der österreichischen Grenze. Genau genommen aus einem Bauernkaff, in dem die Zeit stehengeblieben ist. Es besteht genau aus fünf Höfen.“

„Und wie lange sind Sie schon hier in München?“, erkundigte er sich, während sie zwischen Bäumen hindurch über einen gewundenen Weg spazierten. Die Äste waren noch kahl, aber an diesem herrlichen Sonnentag roch es bereits nach Frühling.

„Vierzehn Jahre.“

„So lange schon? Da müssen Sie ja noch ein halbes Kind gewesen sein.“

„Oh nein, Herr Dr. Frank“, erwiderte Iris überraschend heftig. „Glauben Sie mir, als ich hierher kam, war ich ganz bestimmt kein Kind mehr.“

Ihre Stimme klang bitter – so bitter, dass der Grünwalder Arzt aufhorchte. Gern hätte er weitere Fragen gestellt, denn er spürte, dass etwas Schmerzhaftes hinter ihren Worten steckte, etwas, was ihr immer noch zu schaffen machte. Doch er spürte auch, dass sie nicht darüber reden wollte.

Wie alt mochte Iris gewesen sein?, überlegte er. Siebzehn? Achtzehn? Was konnte damals geschehen sein?

„Und hier haben Sie dann Ihre Ausbildung zur Krankenschwester begonnen?“

„Nicht gleich. Ich habe erst noch mein Abitur gemacht und dann eine Zeitlang überlegt, was wohl das Richtige für mich wäre. Schließlich habe ich mich für einen Beruf entschieden, in dem ich Menschen helfen kann.“

Nicht aus reiner Nächstenliebe, fügte Iris in Gedanken hinzu. Mein schlechtes Gewissen hat mich dazu gebracht, das Bewusstsein meiner Schuld. Ich wollte etwas wiedergutmachen. Wie Dr. Frank wohl reagieren würde, wenn er davon wüsste?

Er würde mich verstehen, antwortete sie sich selbst und blickte kurz zu ihm hin. Er ist niemand, der vorschnell einen anderen verurteilt. Falls ich mich je einem Menschen anvertrauen sollte, dann jemandem wie ihm.

Dr. Frank lächelte.

„Das kann ich sehr gut verstehen“, erwiderte er. „Ich wollte immer schon Arzt werden. Für mich ist es der schönste Beruf auf der Welt.“ Er sah zu ihr hin. „Haben Sie denn niemals an ein Studium gedacht? Ich meine, wenn Sie schon das Abitur gemacht haben …“

Iris blickte zur Seite.

„Kein Geld.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Außerdem hätte mir das zu lange gedauert. Und einfach ist ein Medizinstudium ja auch nicht gerade … Wer weiß, ob ich das geschafft hätte. Nein, nein, Krankenschwester zu werden war für mich die richtige Lösung. Ich liebe meinen Beruf.“

„Was man Ihnen auch anmerkt“, sagte Dr. Frank. „Die Patienten sind ganz begeistert von Ihnen, haben Vertrauen in Sie. Und auch die Ärzte wissen Ihr Können und Ihr Engagement zu schätzen. Das habe ich aus erster Hand“, fügte er lächelnd hinzu.

Man sah Iris an, dass sie sich über sein Lob freute – schließlich wusste sie, wie eng er mit Dr. Waldner, dem Klinikchef, befreundet war. Und sie hoffte so sehr, dass sie die Probezeit gut überstand, denn sie wollte unbedingt an der Waldner-Klinik bleiben: Noch nie hatte sie sich an einer Klinik so wohl gefühlt wie hier.

„Danke“, erwiderte sie leise.

Eine Weile gingen sie schweigend weiter, bis sie schließlich den Kleinhesseloher See erreichten. Iris trat näher ans Ufer und beobachtete die Enten, die neugierig näher kamen.

„Es ist so schön hier“, sagte sie. „Zu Hause – na ja, in dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin – waren mir das kleine Tal und die Berge zu viel Natur“, erzählte sie. „Auf der anderen Seite hat mich München schrecklich eingeschüchtert, als ich hierher kam: zu viele Menschen, zu viele Häuser, zu viele Autos. Alles war so anders, so laut und so hektisch. Da hab ich dann doch wieder die Natur vermisst.“

Iris lachte auf.

„Ich fürchte, so ganz habe ich mich auch nach all den Jahren noch nicht daran gewöhnt. Tief in meinem Herzen bin ich wohl ein richtiges Landei geblieben. Wenn ich freihabe, gehe ich gern wandern, an der Isar entlang oder an einem der vielen Seen, die ja alle recht nahe bei München liegen. Und auch hier in der Stadt zieht es mich vor allem dorthin, wo es grün ist.“

Sie schloss für einen Moment die Augen und atmete tief ein.

„Ich freue mich schon auf den Frühling. Auf die ersten Krokusse, die Schneeglöckchen, die Narzissen. Darauf, dass wieder Farbe und Duft ins Leben kommen. Jedes Jahr kaufe ich mir die ersten Hyazinthen und stelle sie mir auf den Balkon, stecke meine Nase tief in die Blüten.“ Sie öffnete die Augen wieder und lachte. „Komisch, aber erst hier in der Stadt habe ich die Natur richtig zu schätzen gelernt.“

„Dann fahren Sie sicher öfter in Ihr Heimatdorf, oder?“

Iris’ Gesicht verschloss sich.

„Nein. Ich bin nie mehr dorthin zurückgekehrt.“ Sie blickte den Grünwalder Arzt an. „Das, was damals passiert ist, was mich hierher nach München gebracht hat, tut immer noch sehr weh, Herr Dr. Frank. Ich möchte nicht darüber reden. Das verstehen Sie doch, oder? Sie nehmen es mir nicht übel?“

„Nein, natürlich nehme ich Ihnen das nicht übel, Schwester Iris.“ Der Grünwalder Arzt griff nach ihrer Hand und drückte sie kurz. „Und eins kann ich Ihnen versprechen: Sollten Sie jemals das Bedürfnis haben, doch darüber zu sprechen, dann bin ich jederzeit für Sie da.“

***

Gegen sieben kehrte Dr. Alexandra Schubert aus der Stadt zurück.

„Schön, dich wiederzusehen“, sagte sie, als Stefan Frank ihr die Tür öffnete und sie gleich in seine Arme zog. „Hast du mich vermisst?“, fragte sie, nachdem sie ihm einen zärtlichen Kuss gegeben hatte.

„Ich vermisse dich immer, wenn du nicht bei mir bist“, erwiderte der Grünwalder Arzt. Er nahm ihr die Jacke ab und hängte sie auf, dann gingen sie gemeinsam ins Wohnzimmer.

„Hunger?“, fragte er, als sie sich an den Esstisch setzten. „Es ist noch was von Frau Quandts leckerem Eintopf übrig.“

„Nein.“ Alexandra schüttelte den Kopf. „Ich hab schon mit Matthias gegessen.“

„Und? War’s nett?“

„Ja, sehr.“ Sie lächelte. „Ich bin jetzt wieder auf dem neuesten Stand – Matthias hat mich mit dem aktuellen Hamburger Klatsch versorgt. Er kann ziemlich boshaft sein, aber bei manchen Sachen habe ich mich totgelacht.“

Sie schwieg einen Moment.

„Ich hör mir das zwar gern an, aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass mich das alles nicht mehr wirklich was angeht“, bekannte sie dann. „Komisch, nicht wahr? Ich meine, so lange bin ich ja noch gar nicht in München. Trotzdem denke ich manchmal, Hamburg und mein Leben dort sind Ewigkeiten entfernt.“

Alexandra griff über den Tisch und nahm Stefans Hand.

„Und was hast du heute Nachmittag gemacht?“, erkundigte sie sich. „Die Einsamkeit genossen?“

Er lachte. „Nein, die Gesellschaft einer hübschen jungen Frau.“

„Ach.“ Alexandra zog die Augenbrauen hoch. „Und wer ist diese hübsche junge Frau? Muss ich eifersüchtig sein?“

„Niemals!“, versicherte er ihr. „Schwester Iris, die seit Kurzem in der Waldner-Klinik arbeitet. Ulrich selbst hat sie eingestellt, und er hat einen richtig guten Griff mit ihr getan. Wir haben uns zufällig am Ausgang der Klinik getroffen, als sie Dienstschluss hatte. Und dann sind wir noch ein Weilchen im Englischen Garten spazieren gegangen.“

Alexandra neigte den Kopf leicht zur Seite und sah Stefan Frank an.

„Irgendwas beschäftigt dich doch, Stefan“, stellte sie fest. „Willst du darüber reden?“

Er lachte leise. „Vor dir kann ich wirklich nichts verbergen, nicht wahr?“

„Nein“, erwiderte sie. „Deshalb war dieses: ‚Muss ich eifersüchtig sein?‘, ja eigentlich auch bloß eine rhetorische Frage.“

„Ich liebe dich!“, sagte er. „Und ja, Schwester Iris beschäftigt mich tatsächlich. Irgendetwas muss in ihrem Leben passiert sein, als sie noch sehr jung war. Etwas nicht sehr Schönes, was ihr viel Schmerz bereitet hat. Aber sie wollte mir nicht davon erzählen.“

Er schwieg einen Moment, sah Alexandra an.

Die seufzte.

„Oje“, meinte sie, „ich ahne schon, was jetzt kommt: Du hast noch nie einem Geheimnis widerstehen können!“

***

Iris hatte auch am Wochenende arbeiten müssen, dafür aber den Montag und Dienstag freigehabt – zwei Tage, die recht ereignislos verlaufen waren. Das Wetter hatte nicht unbedingt dazu verlockt, nach draußen zu gehen. Es war trüb und regnerisch gewesen, und so hatte sie einen gründlichen Hausputz gemacht: die Fenster geputzt, die gesamte Wäsche weggebügelt, die Küchenschränke wieder einmal gesäubert und den Kühlschrank gereinigt.