Du gehst zu weit, Adina - Anne Alexander - E-Book

Du gehst zu weit, Adina E-Book

Anne Alexander

4,0

Beschreibung

Der Sophienlust Bestseller darf als ein Höhepunkt dieser Erfolgsserie angesehen werden. Denise von Schoenecker ist eine Heldinnenfigur, die in diesen schönen Romanen so richtig zum Leben erwacht. Das Kinderheim Sophienlust erfreut sich einer großen Beliebtheit und weist in den verschiedenen Ausgaben der Serie auf einen langen Erfolgsweg zurück. Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim Sophienlust gehören wird. »Ich muß sofort Herrn Kayser sprechen!« Birgit Keller stellte das Filigrankästchen, das sie für eine Kundin aus dem Schaufenster genommen hatte, zurück und drehte sich um. Vor ihr stand eine Frau von Mitte Fünfzig. Sie trug ein graues, ziemlich altmodisches Tweedkostüm und halbhohe Pumps. Die Finger ihrer linken Hand umfaßten den Griff einer unförmigen Tasche. »Herr Kayser hat gerade Geschäftsbesuch«, sagte Birgit freundlich. »Viel­leicht kann ich Ihnen auch helfen. Um was handelt es sich denn bitte?« »Sie können mir ganz gewiß nicht helfen, trotzdem danke für Ihr Angebot.« Das Gesicht der Frau drückte eiserne Entschlossenheit aus. Sie ging zum Ladentisch und trommelte aufgeregt mit den Fingern darauf herum. »Wenn Sie warten wollen, nehmen Sie doch bitte einen Moment Platz.« Birgit wies auf einen hochbeinigen Gobelinstuhl, der neben einem buntbemalten Bauernschrank stand. »Danke!« Die Frau setzte sich und stellte die große Handtasche neben sich. »So geht's nicht weiter«, schimpfte sie leise vor sich hin. »Ich bin ja allerhand gewohnt, aber was zuviel ist, ist zuviel. Ich bin doch nicht das Dienstmädchen einer Zehnjährigen.

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Sophienlust Bestseller – 2 –

Du gehst zu weit, Adina

… sie will immer ihren Kopf durchsetzen

Anne Alexander

»Ich muß sofort Herrn Kayser sprechen!«

Birgit Keller stellte das Filigrankästchen, das sie für eine Kundin aus dem Schaufenster genommen hatte, zurück und drehte sich um. Vor ihr stand eine Frau von Mitte Fünfzig. Sie trug ein graues, ziemlich altmodisches Tweedkostüm und halbhohe Pumps. Die Finger ihrer linken Hand umfaßten den Griff einer unförmigen Tasche.

»Herr Kayser hat gerade Geschäftsbesuch«, sagte Birgit freundlich. »Viel­leicht kann ich Ihnen auch helfen. Um was handelt es sich denn bitte?«

»Sie können mir ganz gewiß nicht helfen, trotzdem danke für Ihr Angebot.«

Das Gesicht der Frau drückte eiserne Entschlossenheit aus. Sie ging zum Ladentisch und trommelte aufgeregt mit den Fingern darauf herum.

»Wenn Sie warten wollen, nehmen Sie doch bitte einen Moment Platz.« Birgit wies auf einen hochbeinigen Gobelinstuhl, der neben einem buntbemalten Bauernschrank stand.

»Danke!« Die Frau setzte sich und stellte die große Handtasche neben sich. »So geht’s nicht weiter«, schimpfte sie leise vor sich hin. »Ich bin ja allerhand gewohnt, aber was zuviel ist, ist zuviel. Ich bin doch nicht das Dienstmädchen einer Zehnjährigen. Ich…«

Die Ladenglocke schlug an. Eine junge Frau in einem hellen Sommerkleid kam herein. »Oh, Frau Berger!« rief sie überrascht aus. »Wie schön, daß Sie uns wieder mal besuchen.«

»Besuchen? Nein, Fräulein Mahler, das ist kein Besuch«, entgegnete Elfriede Berger erregt und sprang auf. »Ich kündige! Ich laß mir das nicht länger gefallen. Ich…«

Die zum Büro führende Tür öffnete sich und ein hochgewachsener, sehr schlanker dunkelhaariger Mann trat in Begleitung eines anderen in den Ladenraum. Beim Anblick Frau Bergers huschte ein Schatten über sein Gesicht.

»Herr Kayser, ich…« Frau Berger stürzte auf ihn zu.

»Einen Augenblick, Frau Berger, bitte«, unterbrach sie der Geschäftsmann und begleitete seinen Besucher auf die Straße hinaus. Durch das Schaufenster konnte Birgit Keller sehen, wie er sich von ihm verabschiedete. »So, jetzt habe ich Zeit für Sie«, sagte er, als er in das Geschäft zurückkam. »Bitte!« Er wies in sein Büro.

Elfriede Berger griff nach ihrer Handtasche und marschierte kampfbereit vor ihm her. Jede ihrer Gesten drückte absolute Unnachgiebigkeit aus.

»Wer ist denn diese Frau?« erkundigte sich Birgit, nachdem Herr Kayser die Tür hinter sich geschlossen hatte.

»Seine Haushälterin«, erwiderte Karin Mahler. Sie begann, ein chinesisches Arzneischränkchen abzustauben, das von einem Kunden bestellt und am Nachmittag abgeholt werden sollte. Beinahe zärtlich fuhr sie mit dem Tuch über das zarte Golddekor. »Wahrscheinlich ist sie gekommen, um sich wieder einmal über Adina zu beschweren.«

»Wer ist Adina?« fragte Birgit. Sie hörte diesen Namen zum ersten Mal.

»Stimmt, das können Sie ja noch nicht wissen, Frau Keller«, sagte Karin. »Sie arbeiten ja erst seit heute bei uns.« Sie warf einen kurzen Blick auf die Bürotür. Durch die dicke Polsterung drang kein Laut. »Adina ist die zehnjährige Tochter unseres Chefs«, fuhr sie fort. »Das heißt, sie müßte jetzt bald elf sein. Ein Kind, das es faustdick hinter den Ohren hat. Frau Berger ist die fünfte Haushälterin innerhalb von zwei Jahren. Lange wird sie sicher nicht mehr bleiben. Adina schafft sie alle.«

»Man wird doch vor einer Zehnjährigen nicht davonlaufen«, meinte Birgit leicht zweifelnd. Vorsichtig packte sie eine zarte Chrysanthemenschale aus der Quing-Periode in ein mit Holzwolle gepolstertes Kästchen.

»Sie kennen Adina nicht«, erklärte Karin Mahler. »Dieses Gör ist die Bosheit in Person, auch wenn es ihr Vater nicht wahrhaben will. Ist aber auch kein Wunder, denn wenn er dabei ist, spielt sie den Engel, aber kaum kehrt er ihr den Rücken, zeigt sie ihr wahres Ich.«

»Herr Kayser ist Witwer, nicht wahr?«

Karin Mahler nickte. »Seine Frau starb vor zwei Jahren an einer Blutvergiftung. Es hat ihn schwer getroffen. Es hat lange gedauert, bis er wieder Lachen konnte. Manchmal tut er mir schrecklich leid.«

»Und Adina?« Sie muß doch auch sehr unter dem Verlust ihrer Mutter leiden.«

Ein verächtliches Lächeln umspielte Karins Lippen. »Adina kennt nur sich selbst. Ich war damals mit auf der Beerdigung. Das Mädchen hat nicht einmal geweint.«

»Das muß nicht heißen, daß…«

»Bei Adina schon«, unterbrach Karin ihre Kollegin. »Wenn Sie dieses Mädchen erst einmal kennengelernt haben, ich meine, ohne ihren Vater, denken Sie sicher auch anders darüber. Ich…« Das Klingeln des Telefons hinderte sie daran, weiterzusprechen. »Antiquitätengeschäft Kayser«, meldete sie sich. »Ja, Herr Kayser ist da. Einen Augenblick bitte.«

Drinnen im Büro nahm Wolfgang Kayser den Hörer ab.