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Seitenzahl: 104
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Die Namen auf den Rücken der Bücher waren nur schlecht zu entziffern, weil sie in altmodischer, verzierter Schrift betitelt waren. Als Pamela den ersten Titel gelesen hatte, zuckte sie zusammen. Die Macht des Hexensteins, stand auf dem Rücken des Buches zu lesen. Sie runzelte nachdenklich die Stirn und wandte sich dem nächsten Buch zu. Das Geheimnis ewiger Jugend war der Titel, daneben standen Das Buch der Qual und Das Buch der Geisterbeschwörung. Eine Gänsehaut bildete sich auf Pamelas Rücken. »Was machen Sie denn hier?« ließ sie Miß Folkstones Stimme zusammenzucken.
Pamela hatte die Haltestelle vor dem Bahnhofsgebäude erreicht und ließ ihren Koffer erschöpft zu Boden sinken. Während sie versuchte, wieder einigermaßen zu Atem zu kommen, blickte sie die Straße zu beiden Seiten hinunter und schüttelte dann den Kopf.
Von dem Bus war weit und breit nichts mehr zu entdecken.
Es hatte also nichts genutzt, daß sie vom Bahnsteig so schnell hierher gerannt war. Sie hatte den Bus trotzdem verpaßt. Die Uhr am Bahnhofsgebäude zeigte der jungen Frau unerbittlich, daß sie nur um wenige Minuten zu spät gekommen war.
»Ich erwarte Sie dann morgen abend um zehn Uhr«, klangen ihr die Worte von Dr. Moreau, mit dem sie gestern telefoniert hatte, in den Ohren. »Und denken Sie daran, daß man im Haus von Lady Harrogate sehr viel Wert auf Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit legt.«
Pamela schüttelte den Kopf und strich sich eine Strähne ihres dunkelblonden Haares aus der Stirn. Gestern hatte sie dem Doktor versichert, daß er sich in dieser Hinsicht keine Sorgen zu machen bräuchte – und nun passierte ihr das.
»Und das alles nur, weil der Zug Verspätung hatte«, flüsterte Pamela wütend und sah sich dann noch einmal auf der Straße um.
Bridlington – so der Name des Städtchens, in dem sie gerade angekommen war – befand sich im Norden Englands in der Grafschaft Yorkshire. Es war eine jener typischen englischen Kleinstädte, wie man sie hier auf dem Land fand.
Kleine, schmucke Fachwerkhäuschen wechselten mit anderen ab, deren steinerne Fassaden mit grünem Moos bewachsen waren. Sie vermittelten den Anschein, als würde man sich in einer längst vergangenen Zeit befinden; als würde die Fahrt von London hierher gleichzeitig eine Reise in die Vergangenheit des Landes sein. Von der hektischen Betriebsamkeit, die in der Landeshauptstadt herrschte, war hier nichts mehr zu spüren. Nur wenige Passanten befanden sich auf der Straße, und einer von ihnen näherte sich der Bushaltestelle.
»Verzeihen Sie«, sprach Pamela den Mann an.
Er blieb stehen und sah sie fragend an. »Ja?«
»Können Sie mir sagen, ob der Bus nach…«, Pamela hob den Zettel, den sie die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, vor die Augen und las den Namen, der daraufstand, »… nach Richmond schon abgefahren ist?«
»Nach Richmond?« wiederholte der Mann und nickte dann langsam. »Ja, der ist vor ein paar Minuten abgefahren. Lange kann es noch nicht her sein. Vier oder fünf Minuten vielleicht.«
»Genau, wie ich befürchtet hatte!« entfuhr es Pamela. Sie seufzte und ließ dann resigniert die Schultern hängen.
Der Mann zeigte ein schwaches Lächeln. »Das passiert hier nicht gerade selten«, erklärte er. »Aber ein wenig später fährt ja noch ein weiterer Bus nach Richmond. Sie kommen also auf jeden Fall noch heute an Ihr Ziel.«
»Was heißt ein wenig später?« erkundigte Pamela sich.
»Ich glaube, so in zweieinhalb Stunden.«
»Was? Erst in zweieinhalb Stunden?«
»Warten Sie! Ich sehe einmal auf dem Fahrplan nach.« Er trat zu dem Anschlag an dem kleinen Wartehäuschen und nickte ihr danach zu. »Ich hatte recht. Kurz vor zehn Uhr geht noch ein Bus. Es ist der letzte für heute.«
»So lange kann ich aber nicht warten«, meinte Pamela. »Um halb zehn muß ich in Richmond einen Anschlußbus bekommen.«
»Nun, das werden Sie wohl nicht mehr schaffen. Aber Sie finden hier in Bridlington bestimmt eine preiswerte Unterkunft. Jetzt im Frühjahr sind noch nicht allzu viele Urlauber hier. Sie können dann morgen in aller Ruhe weiterreisen. Beginnen Sie doch Ihren Urlaub ganz einfach schon heute hier. Bridlington ist eine wirklich sehr sehenswerte Stadt.«
»Das ist zwar nett gemeint, aber ich muß trotzdem heute noch weiter. Ich bin nämlich nicht hierher gekommen, um Urlaub zu machen, sondern um eine neue Stellung anzutreten. Und ich möchte nicht gleich am ersten Abend zu spät kommen. Gibt es denn keine andere Möglichkeit, dorthin zu kommen?«
Pamela hatte zwar immer noch die Möglichkeit, im Landhaus von Lady Harrogate anzurufen und zu sagen, welches Mißgeschick ihr geschehen war, aber das wollte sie erst im äußersten Notfall tun. So streng und unnahbar, wie Dr. Moreau am Telefon geklungen hatte, hätte er bestimmt recht wenig Verständnis für ihre Verspätung.
»Hm«, brummte der Mann und runzelte die Stirn. »Eine Möglichkeit gäbe es vielleicht noch!«
»Ja?« fragte Pamela, und auf ihrem feingeschnittenen Gesicht zeigte sich ein vager Hoffnungsschimmer. »Ich wäre Ihnen wirklich ewig dankbar, wenn Sie mir helfen können!«
»Warten Sie erst einmal, ob es klappt«, beschwichtigte sie der Mann. »Aber Freitags macht ein Bauer aus Richmond hier seine Einkäufe und bringt dann meistens noch ein oder zwei Stunden im Pub zu. Wenn wir Glück haben, ist der alte Woodpeck noch nicht losgefahren. Kommen Sie, ich zeige Ihnen den Weg. Der Pub ist nicht weit von hier.«
*
Sie hatten Glück und fanden den alten Woodpeck, wie ihn der Mann tituliert hatte, in dem besagten Pub. Er saß noch am Tresen und hatte ein halbvolles Glas Guiness vor sich stehen.
Er war ein fülliger, vielleicht fünfzigjähriger Mann, der bereits eine ausgeprägte Stirnglatze besaß, die im Schein der Lampen feucht glänzte. Alles in allem machte er keinen sehr sympathischen Eindruck, aber Pamela konnte froh sein, wenn er sie nach Richmond mitnahm.
Der Passant schien den Bauern beiläufig zu kennen, und als er ihn fragte, ob er die junge Frau mitnehmen könnte, wandte er Pamela schwerfällig den Kopf zu und musterte sie ausgiebig.
»Meinetwegen«, brummte er dann nur und wandte sich wieder seinem Bierglas zu.
»Das ist wirklich sehr nett von Ihnen«, bedankte sich Pamela. »Es ist nämlich wichtig für mich, daß ich um halb zehn Uhr in Richmond den Anschlußbus bekomme, müssen Sie wissen…«
Der Bauer machte keine Anstalten, auf das zu reagieren, was sie gesagt hatte, und der Blick der jungen, sechsundzwanzigjährigen Frau wanderte hilfesuchend zu dem Mann, der sie hierher geführt hatte.
»Seien Sie unbesorgt«, beruhigte sie dieser. »Der alte Woodpeck ist zwar etwas sonderbar, aber wenn er gesagt hat, daß er Sie mitnimmt, wird er es auch tun. So, und nun muß ich weiter.«
Pamela sagte sich, daß sie in ihrer Lage nicht allzu wählerisch sein konnte. Sie nickte und schenkte dem Mann, dessen Namen sie nicht einmal kannte, ein dankbares Lächeln.
»Haben Sie noch einmal vielen Dank.«
»Schon gut. Es freut mich, wenn ich Ihnen weiterhelfen konnte.«
*
Es dauerte noch eine gute Viertelstunde, bis der Bauer sein Bier endlich ausgetrunken hatte und sie schließlich losfahren konnten. Ihr Gefährt war ein alter, klappriger Lastwagen, der in gemächlichem Tempo über die schmale Landstraße holperte.
Pamela hatte auf dem Beifahrersitz Platz genommen. Ihr Koffer lag hinten auf der Pritsche.
Ein paarmal versuchte sie, mit dem Mann neben ihr ins Gespräch zu kommen, doch ihre Versuche verliefen im Sand. Der alte Woodpeck sagte nie mehr als ein oder zwei Worte. Er schien überhaupt nicht an einer Unterhaltung interessiert zu sein, und so ließ ihn Pamela schließlich in Ruhe.
Sie lehnte sich in den unbequemen Sitz zurück und dachte an die letzten Wochen, die sie in London verlebt hatte. Sehr angenehm waren sie nicht gewesen, und im Inneren war Pamela sogar ein bißchen froh, daß sie endlich einmal etwas anderes sah.
Das private Altersheim, in dem sie in den letzten Jahren als Altenpflegerin gearbeitet hatte, hatte plötzlich geschlossen werden müssen. Alle Mitarbeiterinnen wurden entlassen, das Gebäude verkauft. Da Pamela auch dort gewohnt hatte, saß sie plötzlich auf der Straße.
Ihr bescheidener Verdienst hatte es nicht ermöglicht, daß sie viel Geld auf die Seite legen konnte, und so war sie froh gewesen, als sie bei einer Freundin untergekommen war.
Ihr Optimismus, schnell eine neue Stellung zu finden, war schon bald verflogen, als sie sehen mußte, wie sich Dutzende von Bewerberinnen um jede freie Stelle bemühten und sie selbst ein Ablehnungsschreiben nach dem anderen erhielt.
Doch für sie stand es fest, daß sie in jedem Fall in ihrem alten Beruf weiterarbeiten wollte. Sie liebte ihre Arbeit, und es freute sie, wenn sie anderen Menschen helfen konnte.
Es verging eine weitere Woche, in der sie erfolglos nach einer neuen Stellung suchte, und Pamela begann nun auch nach Angeboten in anderen Städten Ausschau zu halten. Der Gedanke, aus der Stadt wegzuziehen, in der sie aufgewachsen war, hatte auf einmal nichts Beängstigendes an sich.
Sicherlich, hier hatte sie ihren Bekanntenkreis. Doch es gab kaum jemanden, der ihr wirklich am Herz lag – vielleicht abgesehen von Janine, bei der sie nun wohnte.
Ihre Eltern hatte sie bereits vor sieben Jahren bei einem Verkehrsunfall verloren. So schwer es in der ersten Zeit für sie auch gewesen war, alleine im Leben zu stehen, mit den Monaten und Jahren war sie über den schmerzlichen Verlust hinweggekommen und hatte bewiesen, daß sie auf eigenen Beinen im Leben stehen konnte.
Nun, da sie ihre Stellung verloren hatte und abermals nicht wußte, wie es mit ihrem Leben weitergehen würde, kam ihr die Anzeige, die sie eines Morgens im ›Daily Mirror‹ las, gerade recht.
Dringend Pflegerin zur Betreuung einer alleinstehenden, älteren Dame gesucht. Kost und Logis frei. Unterkunft in herrschaftlichem Landhaus im Norden der Grafschaft Yorkshire, hatte dort gestanden, und eine Telefonnummer war ebenfalls angegeben gewesen.
Die Anzeige hatte genau nach dem geklungen, was Pamela gebrauchen konnte: Abstand von dem hektischen Trubel der englischen Metropole, endlich einmal Zeit für ihre eigenen Gedanken.
Und dazu ging es nur um die Betreuung einer einzelnen Person. Im Altersheim hatte sich Pamela aufgrund des ewigen Personalmangels oft um viele ältere Menschen zugleich kümmern müssen. Ein zwischenmenschlicher Kontakt hatte unter diesen Umständen kaum entstehen können.
Mit diesen Gedanken erwärmte sich Pamela immer mehr für die Idee, daß dieses Angebot genau das richtige für sie war. Spontan entschloß sie sich, sofort unter der angegebenen Nummer anzurufen.
»Hier das Landhaus von Lady Harrogate«, meldete sich die Stimme einer älteren Frau am anderen Ende der Leitung.
»Guten Tag. Mein Name ist Pamela Winter. Ich rufe auf die Anzeige hin an, die Sie heute im ›Daily Mirror‹ geschaltet haben.«
»Warten Sie einen Moment. Ich bin nur die Haushälterin. Ich werde den Doktor holen.«
Es hatte eine ganz kleine Weile gedauert, bis sich eine andere Stimme im Hörer endlich gemeldet hatte, die Stimme eines Mannes.
»Dr. Moreau hier«, hatte sie gesagt, und es hatte kalt und schneidend geklungen. Pamela hatte unwillkürlich das Gefühl gehabt, als würde der Mann ihren Anruf als lästig und störend empfinden.
»Entschuldigen Sie«, hatte sie zaghaft geantwortet. »Ich möchte mich nur erkundigen, ob die Stelle als Pflegerin schon besetzt ist. Ich suche nämlich im Moment eine neue Anstellung und habe Ihre Anzeige in der Zeitung gelesen.«
»Welche Qualifikationen haben Sie vorzuweisen?«
»Ich bin ausgebildete Altenpflegerin und habe die letzten fünf Jahre in einem Altersheim hier in London gearbeitet. Leider mußte es dann geschlossen werden, und deswegen suche ich…«
»Sie haben selbstverständlich ein Empfehlungsschreiben Ihres früheren Arbeitgebers?«
»Ja, das habe ich.«
»Gut. Ab wann sind Sie abkömmlich?«
»Falls es sein muß, ab sofort.«
»Gut«, hatte die Stimme des Doktors wieder gesagt, aber dennoch schien er kein bißchen erfreut gewesen zu sein. »Wie steht es mit Ihren Angehörigen? Sie müssen wissen, wir sind nicht an Personen interessiert, die jedes Wochenende ihre Familie daheim besuchen müssen. Der Zustand von Lady Harrogate ist derart, daß wir eine Pflegerin brauchen, die rund um die Uhr zur Verfügung steht, wenn es darauf ankommt.«
»Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Darüber bin ich mir bewußt. Und Angehörige, die ich besuchen könnte, habe ich nicht. Meine Eltern sind bereits vor Jahren gestorben.«
»Und Geschwister oder etwa eine… eine anderweitige Bindung?«
»Nein, beides nicht.«
»Gut«, hatte Dr. Moreau zum dritten Mal gesagt, und diesmal hatte Pamela vermeint, in seiner Stimme einen Hauch von Befriedigung zu entdecken. »Sie werden verstehen, daß ich in meiner Aufgabe als Leibarzt der Hausherrin bemüht bin, ihre optimale Versorgung in jedem Falle zu gewährleisten.«
»Natürlich verstehe ich das.«
Für eine kleine Weile hatte Schweigen in der Leitung geherrscht, dann hatte sich der Hausarzt wieder gemeldet.