Durch Musik vereint - Christine Lange - E-Book

Durch Musik vereint E-Book

Christine Lange

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Beschreibung

Rudolf und Stella sind ein glückliches Paar. Doch eine Sache beschattet ihre Beziehung. Stella spricht nach wie vor nicht mit Rudolf über die Herkunft ihrer Ängste. Für Rudolf wird es zunehmend schwerer, Stellas Zurückhaltung in diesem Punkt zu akzeptieren. Aber soll er seine Beziehung riskieren, um herauszufinden, was Stella vor ihm verbirgt?

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Buchbeschreibung:

Rudolf und Stella sind ein glückliches Paar. Doch eine Sache beschattet ihre Beziehung. Stella spricht nach wie vor nicht mit Rudolf über die Herkunft ihrer Ängste.

Für Rudolf wird es zunehmend schwerer, Stellas Zurückhaltung in diesem Punkt zu akzeptieren. Aber soll er seine Beziehung riskieren, um herauszufinden, was Stella vor ihm verbirgt?

Über den Autor:

Christine Lange ist 1990 in Halle (Saale) geboren und aufgewachsen.

Nach der Schule hat sie eine Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, Fachrichtung Bibliothek absolviert. In diesem Beruf arbeitet sie bis heute. Geschichten schreibt sie seit ihrer Kindheit. Allerdings mehr für sich allein. Doch mit der Veröffentlichung ihres ersten Buches hat sich das geändert.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 - Rudolf

Kapitel 2 - Rudolf

Kapitel 3 - Svea

Kapitel 4 - Svea

Kapitel 5 - Rudolf

Kapitel 6 - Svea

Kapitel 7 - Svea

Kapitel 8 - Rudolf

Kapitel 9 - Svea

Kapitel 10 - Rudolf

Kapitel 11 - Svea

Kapitel 12 - Rudolf

Kapitel 13 - Svea

Kapitel 14 - Svea

Kapitel 15 - Rudolf

Kapitel 16 - Svea

Kapitel 17 - Rudolf

Kapitel 18 - Svea

Kapitel 19 - Rudolf

Kapitel 20 - Svea

Kapitel 21 - Rudolf

Kapitel 22 - Svea

Kapitel 23 - Rudolf

Kapitel 24 - Svea

Kapitel 25 - Rudolf

Kapitel 26 - Rudolf

Kapitel 27 - Svea

Kapitel 28 - Rudolf

Kapitel 29 - Svea

Epilog – Svea

Kapitel 1 - Rudolf

Als ich morgens die Augen öffne, bemerke ich, dass Stella neben mir unruhig atmet. Ich drehe mich zu ihr und bemerke, dass sie mir den Rücken zudreht.

Trotzdem kann ich erkennen, dass sie zittert. Sie umschlingt sich mit ihren Armen und hat sich zusammengerollt.

Schon wieder hat sie Angst, denke ich alarmiert.

Ich umarme sie von hinten. Stella blickt sich erschrocken um.

„Habe ich dich geweckt?“, fragt sie besorgt.

„Nein, nein“, beruhige ich sie.

Ich umarme sie etwas fester, als ich spüre, wie sie sich an mich kuschelt.

„Danke“, flüstert sie.

„Wird es besser?“, frage ich sanft.

Sie nickt bloß, schließt die Augen und atmet tief ein und aus. Kurze Zeit später hört sie auf zu zittern.

„Möchtest du reden?“, will ich wissen.

„Nein“, lehnt sie mein Angebot sofort ab.

Wann wird sie mich endlich an sich heranlassen, frage ich mich.

Das geht jetzt schon seit einigen Wochen so. Ständig hat Stella diese Angstzustände. Deshalb haben wir uns überhaupt erst kennengelernt. Trotzdem habe ich es bis heute nicht geschafft, sie zum Reden zu bringen.

Dabei wohnen wir inzwischen sogar mehr oder weniger zusammen, überlege ich.

Sie hat ihre Wohnung zwar noch, ist aber die meiste Zeit bei mir. Dadurch fällt es mir immer schwerer, verständnisvoll zu sein. Für mich bedeutet das, sie vertraut mir nicht.

Jemandem, dem man vertraut, erzählt man auch unangenehme Dinge.

Außerdem habe ich schon sehr viele schlimme Geschichten gehört, in meinen Berufsjahren als Psychologe. Trotzdem versuche ich, ihr die Zeit zu geben, die sie braucht.

Man kann niemanden zwingen, über seine Probleme zu reden. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.

Svea war in schweren Zeiten für mich da, bis ich ihr irgendwann doch von den Bildern erzählt habe, die mich in meine Sucht geführt haben. Ich habe mir vorgenommen, auf diese Art auch für Stella da zu sein. Egal, wie schwer mir das fällt.

Jetzt kann ich Sveas Gefühlswelt verstehen, denke ich.

„Worüber grübelst du?“, reißt mich Stella aus meinen Gedanken.

„Nichts weiter“, weiche ich ihr aus. „Hast du Lust, am Wochenende etwas zu unternehmen?“

„Klar“, stimmt Stella mit Begeisterung zu. „Frag doch Timo und Svea, ob sie auch dazukommen wollen.“

Seitdem wir zusammen sind, hat sich Stella ebenfalls mit Timo und Svea angefreundet. Sie und Svea veranstalten sogar regelmäßig Mädelsabende, wie sie so schön sagen. Männer sind da nicht zugelassen.

„Okay, ich frage die zwei“, antworte ich. „Ich befürchte, Svea hat bestimmt auch schon eine ihrer verrückten Ideen.“

„Ach komm ... Im Grunde gefallen dir ihre Ideen doch“, ertappt mich Stella.

Ich lächle ihr glücklich zu.

„Jetzt muss ich aber los“, sage ich nach einem Blick auf die Uhr.

Ich gebe ihr einen Abschiedskuss und mache mich auf den Weg in meine Praxis.

„Guten Morgen“, ruft mir Timo entgegen und winkt, als ich das Wohnheim betrete.

„Guten Morgen, Timo“, antworte ich förmlich.

Nachdem er nichts weiter sagt, mich aber auch nicht weitergehen lässt, füge ich hinzu: „Was kann ich für dich tun?“

„Svea hat gesagt, dass wir etwas für dich tun können“, antwortet Timo geheimnisvoll.

„Okay, pass auf“, versuche ich die Sache zu beschleunigen. „Können wir uns darauf einigen, dass du mir einfach sagst, was los ist? Dann komme ich zügig in meine Praxis und du kannst auch weiterarbeiten.“

„Alles klar, Spießer“, erwidert er genervt. „Svea will wissen, wann wir am Wochenende bei euch sein sollen.“

Überrascht sehe ich ihn an.

„Woher will Svea denn wissen, dass wir euch am Wochenende einladen wollen?“

Timo zieht eine Augenbraue nach oben.

„Stella“, wird mir die Situation klar.

„Genau. Also, wann sollen wir da sein?“, fragt er erneut.

„Wenn Svea sowieso schon mit Stella in Kontakt steht, können die beiden sich auch absprechen, findest du nicht?“, frage ich zurück. „Vielleicht erfahren wir dann auch noch, wann wir unsere Partnerinnen wohin auch immer begleiten können.“

Timo nickt zustimmend und wir reichen uns zum Abschied die Hand.

Im Gehen werfe ich einen Blick auf die Uhr.

Na klasse, denke ich genervt. Jetzt werde ich schon genauso unpünktlich wie Svea.

„Hey Psychodoktor“, überrascht mich Svea in der Mittagspause.

„Hey Musiktante“, kontere ich.

„Du warst schon mal besser“, erwidert sie trocken. „Aber egal. Ich wollte dich nur auf den aktuellen Stand bringen, was unser Wochenende betrifft.“

„Oh! Jetzt ist es schon unser Wochenende?“, frage ich skeptisch. „Habe ich etwas verpasst? Zieht ihr bei uns ein?“

Svea ignoriert meine Bemerkung und fährt ungerührt fort: „Ich habe vorgeschlagen, dass wir einen Karaokeabend machen und Stella ist begeistert.“

Geschockt starre ich sie an.

Haben meine Ohren das richtig gehört, denke ich panisch. Ein Karaokeabend? Bitte nicht!

„Wie, um alles in der Welt, bist du auf so eine Idee gekommen?“, frage ich, nachdem ich meine Stimme wiedergefunden habe.

„Keine Ahnung“, gesteht sie. „Ich habe nur gedacht, dass es lustig wäre. Außerdem will ich dich singen hören, Spießer.“

„Erstens: Ich singe nicht, habe ich noch nie und werde ich auch nie tun“, wehre ich ab. „Und zweitens: Wieso werde ich heute immer als Spießer tituliert?“

Belustigt legt Svea den Kopf schief. „Wieso? Wer hat dich denn noch so bezeichnet?“

„Dein gnädiger Herr Gemahl fühlte sich dazu berufen, mich damit zu demütigen“, drücke ich mich geschwollen aus.

„Ach, jetzt hab dich mal nicht so“, kehrt sie meine Bemerkung unter den Tisch. „Bist du nun einverstanden mit meinem Vorschlag der Abendgestaltung am Wochenende?“

„Natürlich nicht. Aber so wie ich dich kenne, werde ich wohl keine andere Wahl haben“, erwidere ich.

Svea mustert mich kritisch.

„Hatte ich schon erwähnt, dass Stella von der Idee begeistert ist?“

Kapitulierend reiße ich die Hände in die Luft und lasse mich gegen die Lehne meines Stuhles fallen.

„Ist ja gut. Wann soll der Abend starten?“

Ein breites Grinsen ziert ihr Gesicht, ehe sie antwortet: „Am Sonntag, gegen 18:00 Uhr, bei euch. Wir bringen was zum Knabbern mit.“

„Na super. Jetzt muss ich für diesen Blödsinn auch noch mein Haus zur Verfügung stellen.“

Ich bin immer noch nicht vollständig von der Idee überzeugt.

Aber wenn es Stella glücklich macht, überlege ich. Sie kann jede Ablenkung gebrauchen.

„Super“, ruft Svea aus und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

Wieder bekomme ich einen kritischen Blick zugeworfen.

„Wie geht es Stella eigentlich?“

Ich seufze. „Es ist nicht einfach. Sie redet nach wie vor nicht mit mir.“

„Gib nicht auf. Irgendwann erzählt sie dir ihr Geheimnis“, berät sie mich.

Ich nicke zustimmend.

„Darf ich dich noch etwas fragen?“, will sie wissen.

„Natürlich. Nur zu“, ermuntere ich sie.

Neugierig blicke ich sie an.

„Ich habe überlegt, mich weiterzubilden“, beginnt Svea und schweigt dann wieder.

„Und?“, frage ich gedehnt.

„Nun ja“, fährt sie fort und tritt nervös von einem Fuß auf den anderen. „Ich dachte an Psychologie.“

Überrascht reiße ich die Augen auf.

„Was denkst du darüber?“, will sie wissen.

Ich sehe sie eine Weile an und steigere damit ihre Unruhe noch zusätzlich.

„Ich finde die Idee gut“, antworte ich schließlich lächelnd.

Deutlich hörbar atmet Svea aus.

Sie ist erleichtert, dass ich sie in ihren Überlegungen bestärke, geht mir durch den Kopf. Meine Meinung scheint ihr viel zu bedeuten.

„Hättest du einen Vorschlag für mich, wie ich das angehen soll?“, will sie wissen.

Ich denke einen Moment nach. Es gibt so viele Möglichkeiten.

„Was hältst du davon, wenn du ein Praktikum bei mir machst?“, frage ich.

„Geht das so einfach?“, fragt Svea zurück.

Ich zucke mit den Schultern.

„Warum nicht? Solange du bereit bist, ein Papier zu unterschreiben, welches dich zum Schweigen verdonnert.“

„Über alles?“, fragt sie skeptisch.

„Nein, nur über die Patientendinge“, erwidere ich augenverdrehend. „Ansonsten kannst du so viel Blödsinn erzählen, wie du willst.“

Sie sieht mich erleichtert an.

„Dann möchte ich das machen“, beschließt sie.

„Wir müssen aber auch jeden Patienten fragen, ob er oder sie damit einverstanden ist, wenn du dabei bist“, erläutere ich ihr.

„Damit habe ich kein Problem“, erwidert sie.

„Lässt sich das mit deiner Arbeit im Wohnheim vereinbaren?“, will ich wissen.

„Ich denke schon“, sagt sie. „Timo kann mir sowieso nicht widerstehen. Da lässt sich bestimmt eine Lösung finden.“

Ich lache in mich hinein.

Wie ihre Überredungskunst aussieht, kann ich mir bildhaft vorstellen, denke ich.

„Also gut“, erwidere ich abschließend. „Dann klärst du das ab und sagst mir Bescheid.“

„Perfekt“, ruft Svea aus. „Wir sehen uns später, Seelenklempner.“

Damit dreht sie sich um und verlässt mein Büro wieder.

Kapitel 2 - Rudolf

„Meinst du, wir haben genug CDs rausgesucht?“, fragt mich Stella am Sonntagabend.

„Du hast meinen gesamten Vorrat geplündert“, beginne ich aufzuzählen. „Außerdem hast du den halben Laden leergekauft und zusätzlich noch CDs aus der Bibliothek ausgeliehen. Vermutlich gibt es im Umkreis von 10 Kilometern keine einzige CD, die du nicht in der Hand hattest. Nicht zu vergessen, der ganze digitale Musik-Kram. Es könnte knapp werden, aber ich denke, du hast genug herausgesucht.“

„Nur weil du so ein Brummbär bist, lasse ich mir den Spaß nicht verderben“, sagt sie beleidigt.

Kurzerhand schnappe ich sie mir und drücke sie fest an mich.

„Tut mir leid, aber ich hasse Karaoke.“

Sie gibt mir einen flüchtigen Kuss auf die Nasenspitze.

„Ich liebe dich, mein Brummbär“, erwidert sie.

In dem Moment klingelt es an der Tür.

„Unser Besuch ist da“, verkünde ich überflüssigerweise.

Stella eilt zur Tür und eine Sekunde später höre ich zwei vergnügt quietschende Stimmen.

Warum müssen Frauen nur immer solche Geräusche machen, wenn sie auf ihre Freundin treffen, frage ich mich genervt.

Ich freue mich natürlich, dass die drei sich so gut verstehen. Immerhin kennt Stella hier sonst keinen weiter.

„Oh mein Gott!“, ruft Svea aus, nachdem sie das Wohnzimmer betreten und den riesigen Stapel CDs gesehen hat. „Wo kommen die denn alle her?“

„Willst du die lange oder die kurze Geschichte hören?“, frage ich sarkastisch.

„Ach, hör nicht auf ihn“, mischt sich Stella ein.

Einen Moment später sind die beiden Mädels schon in ein Gespräch vertieft.

„Stört es dich, wenn ich ein Bier trinke?“, fragt Timo, der plötzlich neben mir steht.

Ich schüttle den Kopf.

„Nein, mach ruhig. Solange ich nicht mittrinken muss.“

Er boxt mich freundschaftlich gegen den Arm. Es fühlt sich gut an, über diesen Teil meines Lebens Witze machen zu können. Svea, Timo und ich können endlich wieder ganz unbefangen miteinander umgehen.

Und Stella passt perfekt in unser Trio rein, denke ich glücklich.

Nachdem wir eine Weile auf der Couch gesessen und erzählt haben, fragt Svea: „Wollen wir anfangen?“

„Wenn es denn sein muss“, brumme ich. Meine Bemerkung wird gekonnt ignoriert.

Stella und Svea machen sich über den Stapel CDs her. Alles wird genau angesehen und ausgewertet.

Obwohl die beiden etliches aussortieren, bleibt dennoch jede Menge übrig – sehr zu meinem Bedauern.

Wie konntest du dich nur zu einem Karaokeabend überreden lassen, fragt meine innere Stimme.

„Okay“, eröffnet Svea die Runde. „Ich dachte mir, wir ziehen Zettel, auf denen die Musikrichtung steht und dann wird bestimmt, wer dazu ein Lied singen muss.“

Stella und Timo nicken zustimmend.

„Ich mache den Punkterichter“, biete ich mich an, da ich nicht singen will und kann.

„Spielverderber!“, ruft Svea.

„Hey, das ist ein wichtiger Job“, erwidere ich.

„Na gut, Herr Doktor. Wenn dir ein wichtiger Job lieber ist“, neckt sie mich.

Damit sind alle Rollen verteilt. Die beiden Frauen bereiten kleine Papierschnipsel vor und werfen sie in eine Schüssel. Nachdem sie gut durchgemischt sind, zieht Stella den ersten Zettel.

„Schlager“, verkündet sie.

„Oh bitte, darf ich?“, fragt Svea aufgeregt und renkt sich fast den Arm aus, als sie ihn in die Luft streckt.

„Klar. Ich will sowas nicht singen“, erwidert Stella dankbar.

Svea sucht sich ‚Ganz schön sexy‘ von Kristina Bach aus und beginnt ihre Darbietung.

Während sie singt, wackelt sie aufreizend mit ihrem Hintern. Ich habe das Gefühl, als würde sie versuchen, Timo vor unser aller Augen verführen zu wollen.

„Das war richtig gut“, sagt Stella lachend, als das Lied vorbei ist.

„Danke“, erwidert Svea und verbeugt sich. „Ich ziehe den nächsten Zettel!“

Übertrieben langsam holt sie ein Stück Papier aus der Schüssel.

„Filmmusik“, verkündet sie.

„Das übernehme ich“, meldet sich Stella.

„Was hältst du von ‚This is me‘?“, fragt Svea.

„Aber das ist doch ein Duett“, wirft Stella ein.

„Ich weiß“, erwidert Svea und sieht mich verschwörerisch an.

„Denk nicht mal dran!“, nehme ich ihr sofort den Wind aus den Segeln. „Ich singe nicht. Frag doch den da.“

Ich zeige auf Timo.

„Oh ja“, freut sich Svea. „Wir mischen die Paare. Das ist eine tolle Idee.“

„Werde ich auch noch gefragt?“, erkundigt sich Timo.

Svea zieht die Augenbrauen hoch und legt den Kopf schief.

„Na gut. Ich opfere mich“, gibt sich Timo geschlagen.

Stella springt erfreut auf und schnappt sich das Mikrofon. Timo stellt sich neben sie. Dann beginnen sie zu singen.

Stella singt mit großer Begeisterung und sieht glücklich und entspannt aus.

Als das Lied zu Ende ist, setzen sich die beiden schweigend wieder.

„Ich wüsste gern, wer du wirklich bist“, raune ich ihr zu.

Sie rutscht unruhig neben mir herum. Ich lege meine Hand auf ihren Schoß. Sie lächelt mich dankbar an.

„Hey ihr zwei“, ruft Svea. „Sollen wir euch lieber allein lassen?“

„Seid ihr böse, wenn ich jetzt ja sage?“, frage ich vorsichtig.

Svea sieht mich verständnisvoll an.

„Nein, natürlich nicht. Wir müssen auch morgen früh raus“, sagt sie. „Aber wir setzen den Abend bald fort, okay?“

Ich wusste, dass ich aus der Nummer nicht so schnell rauskomme, denke ich missmutig.

„Natürlich, unbedingt“, ruft Stella, bevor ich antworten kann.

„Dann muss ich wohl nichts mehr dazu sagen“, erwidere ich.

Svea lacht mich an und schüttelt dabei den Kopf.

Ich bedanke mich bei den beiden, weil sie verstehen, dass Stella und ich jetzt Zeit zu zweit brauchen. Kurze Zeit später verabschieden wir uns.

„Obwohl der Abend sehr kurz war, war es trotzdem lustig“, resümiert Stella.

Sie mustert mich neugierig. Scheinbar wartet sie auf eine Erwiderung meinerseits.

„Ja, du hast recht“, gestehe ich. „Ich fand es auch schön.“

„Aber?“, fragt sie skeptisch.

„Aber ich finde es ebenfalls schön, jetzt mit dir allein zu sein“, antworte ich verschwörerisch, gehe auf sie zu und ziehe sie eng an mich.

„Und was machen wir jetzt?“, fragt Stella und legt spielerisch den Kopf schief.

Ich greife etwas fester zu und küsse sie leidenschaftlich.

Einen Augenblick später mustere ich sie eindringlich.

„Was ist los? Das war schön. Nicht aufhören!“, protestiert sie.

„Es tut mir leid, was ich vorhin zu dir gesagt habe“, erwidere ich. „Aber als du dieses Lied gesungen hast, wurde mir bewusst, dass ich gar nicht weiß, wer du wirklich bist.“

Stella windet sich in meinen Armen.

„Du musst dich nicht entschuldigen“, sagt sie dann. „Ich weiß, dass du mehr von mir wissen möchtest. Irgendwann werde ich dir auch alles erzählen. Aber im Moment bin ich dazu noch nicht bereit.“

„Vertraust du mir nicht?“, frage ich besorgt.

Wenn dem so ist, dann hat das mit uns keine Zukunft, wird mir klar.

Davor fürchte ich mich, aber ich muss es einfach wissen.

Es bringt nichts, das Thema zu ignorieren.

„Natürlich vertraue ich dir. Wenn ich dir meine Geschichte erzähle, ist das für mich keine Frage des Vertrauens. Es ist viel mehr...“, sucht sie nach den richtigen Worten. „Ich fürchte mich davor, dass du mich dann mit anderen Augen sehen könntest.“

Sprachlos sehe ich sie an.

Was kann so schlimm sein, dass sie so etwas denkt, überlege ich. Ich habe als Psychologe bereits so viele schlimme Geschichten gehört, dass diese Möglichkeit unwahrscheinlich ist.

„Ist dir bewusst, woraus mein beruflicher Alltag besteht?“, frage ich deshalb.

Vielleicht war meine Stimme eine Spur zu aggressiv, denn Stella mustert mich besorgt. Ich sehe in ihren Augen, wie sie sich mir verschließt.

Mist!

„Tut mir leid“, füge ich zerknirscht hinzu. „Ich wollte nicht so wütend klingen. Es verletzt mich einfach, dass du dich mir nicht öffnest. Das ist nicht leicht. Du bist mir nun einmal nicht egal.“

Sanft lächelt sie mich an, eine Spur Traurigkeit in ihrem Blick.

„Kannst du mir noch ein bisschen Zeit geben?“, fragt sie hoffnungsvoll.

Obwohl es mir widerstrebt, nicke ich.

„Danke“, haucht sie mir zu. „Können wir uns dann jetzt wieder angenehmeren Dingen widmen?“

Dieses Mal wartet sie nicht, bis ich etwas erwidere. Stattdessen beginnen ihre Hände an meinem Körper zu wandern und sie küsst mich innig.

Für heute lasse ich das Thema ruhen, denke ich. Aber ich werde dran bleiben.

Danach schalte ich meinen Kopf aus.

Kapitel 3 - Svea

Einige Tage später betrete ich Timos Büro, um mit ihm über das Praktikum bei Rudolf zu sprechen. Ich wollte das nicht zu Hause machen.

Dienstliches wird auf Arbeit besprochen, habe ich beschlossen.

Deshalb sitze ich jetzt auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch und sehe ihn an.

„Ich muss etwas mit dir besprechen“, beginne ich.

„Warum so förmlich?“, fragt er verwundert.

„Weil es etwas Dienstliches ist.“

Er nickt und signalisiert mir, dass er zuhört.

„Also, ich habe mir überlegt, mich weiterzubilden.“ Ich zögere kurz, ehe ich fortfahre: „In Psychologie. Das habe ich bereits mit Rudolf besprochen und er hat mir angeboten, ein Praktikum bei ihm zu machen. Allerdings müsstest du dann ein paar Stunden am Tag auf mich verzichten. Ich dachte, vielleicht könnte ich eine Hälfte des Tages hier und die andere Hälfte bei Rudolf arbeiten. Was meinst du?“

Ich habe so schnell geredet, dass ich außer Atem bin, als wir uns wieder schweigend ansehen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit antwortet Timo: „Du hast dir das alles schon genau überlegt, wie mir scheint. Warum weihst du mich erst jetzt ein?“

„Ich wollte zuerst Rudolfs Meinung hören“, gestehe ich.

„Wird es sich je ändern, dass du auf Rudolfs Meinung mehr gibst als auf meine?“, fragt er und mustert mich angestrengt.

Ich zucke mit den Schultern.

„Ich gebe nicht mehr auf Rudolfs Meinung. Aber es gibt nun einmal Dinge, die ich zuerst mit ihm besprechen muss. Ich dachte, du hast dich damit abgefunden und verstehst das.“

„Ja, ich verstehe das auch“, lenkt Timo ein. „Trotzdem ist es manchmal komisch. Aber solange du mich früher oder später informierst, habe ich damit kein Problem.“

Unruhig rutsche ich auf meinem Stuhl herum.

„Was ist jetzt mit meinem Vorschlag?“, frage ich vorsichtig.

„Ich werde sehen, was ich tun kann. Aber das wird nicht billig“, antwortet Timo amüsiert.

Kurzentschlossen springe ich auf, setze mich auf seinen Schoß und greife ihm sanft unter sein Shirt.

„Wie viel soll es denn kosten?“

Er lehnt sich ein Stück nach hinten.

„Das überlege ich mir noch“, erwidert er.

Ich küsse ihn leidenschaftlich. Er reagiert sofort und zieht mich eng an sich. Aber das halte ich nicht lange aus.

Ich spüre, wie eine extreme Übelkeit in mir aufsteigt. Ohne etwas zu sagen, springe ich auf und renne nach draußen. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig auf die Toilette.

„Svea?“, höre ich Timo nach einer Weile rufen.

Ich öffne die Toilettentür und lehne mich draußen gegen die Wand.

„Was ist denn los?“, fragt er besorgt.

„Keine Ahnung. Mir war plötzlich schlecht. Vielleicht habe ich etwas Falsches gegessen“, antworte ich schulterzuckend.

„Du wolltest ja nicht auf mich hören, als ich dir gesagt habe, dass du den abgelaufenen Joghurt lieber nicht mehr essen sollst“, werde ich ermahnt.

Genervt verdrehe ich die Augen.

„Der war nur zwei Tage drüber und hat völlig normal geschmeckt.“

„Und trotzdem geht es dir jetzt schlecht“, beharrt Timo.

Er muss aus allem ein Drama machen, geht mir durch den Kopf.

„Du gehst jetzt nach Hause und legst dich hin. Ich kümmere mich um deine Termine“, legt er fest und sieht mich mitleidig an.

„Okay, danke“, stimme ich sofort zu.

Mir ist immer noch übel und ich bin etwas wackelig auf den Beinen. Er nimmt mich noch einmal fest in den Arm.