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Marlies Hachenberger erzählt in ihrem zweiten Band von ihrer Kindheit auf der Insel Pellworm. Dies tut sie auf eine vertraute Art und Weise und bringt uns gleichzeitig noch die plattdeutsche Sprache näher. Jede Geschichte ist wahr und tatsächlich so passiert. Ich lade Sie herzlich ein, mit mir in meine Kindheit zu reisen und mit mir ein wenig platt zu schnacken. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!
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Seitenzahl: 69
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Vorwort
De Reis in de Stadt
Die Reise in die Stadt
Nix funnen Herr Dokder
Nichts gefunden, Herr Doktor
Uns Roadio
Unser Radio
Dat Bad in de Göösedränk
Das Bad in der Gänsetränke
De Middachssloap
Der Mittagsschlaf
De Wille Haohn
Der wilde Hahn
Gans schön Plietsch!
Ganz schön Plietsch
För’n Sööten brukt man imer twee
Für einen Kuss braucht man immer zwei
Een Geeschicht um’t lewe Geld
Eine Geschichte ums liebe Geld
Wiehnachten op Pellworm
Weihnachten auf Pellworm
Boddermelksopp un Klöße
Buttermilchsuppe und Klöße
Kappenfest
Kappenfest
De Katt, de snackt.
Die Katze spricht
Als ich 4 Jahre alt war, zog unsere Mutter mit meinem Bruder Jochen und mir auf die Insel Pellworm. Wir waren aus Hamburg geflüchtet, vor dem letzten großen Luftangriff auf die Stadt
Auf Pellworm lernte unsere Mama unseren Stiefvater kennen, und 1950 haben die beiden geheiratet. Einen besseren Vater hätten wir uns nicht wünschen können. 1949 kam unsere kleine Schwester Rosi auf die Welt. Ich möchte sagen, eine schönere Kindheit könnte ich mir nicht vorstellen. Ich liebe die Insel und vor allem auch die plattdeutsche Sprache.
Im Folgenden schreibe ich auf Hochdeutsch und Plattdeutsch ein paar kleine Geschichten aus meinen frühen Lebensjahren.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.
Disse lüttje Geschicht speelt in 1953 un is warafti passeert. Op uns Insel geev dat een goden Dokter, awer wenn dat nich so'n alldägliche Krakheiten weern, de uns plagen, schickte uns de Dokter to’n Facharzt na Husum. För uns weer so’n Fohrt na Husum immer een halve Weltreis. Een Dach vörher keemen de besten Kleeder ut’n Schapp, un den nächsten Dach fröh’morgens güng dat denn mit de grote Damper na Husum. Uns Oma was noch nie vun de Insel runner kommen, un nu moesten wi mit ehr na de Chirurg in Husum. Ik weer domols jüs twölw un ik freit mi bannig, datt ik mit Modder un Oma na Husum fohren kunn. Toerst fohrten wi mit Heini Bus na de Damper, denn güng dat öwer dat Dwarsloch an Südfall vörbi Richtung Husum. Wi harrn Gott si Dank beste Wedder, so datt dat Schipp ruhig leep.
In Husum güng uns erste Wech na de Dokter. Ok domols harr man een tämlige Tied to töben, denn de Lüüd in witt harrn bannig veel so don. As wi wedder buten weern, muss min Modder erst eenmol na de Krankenkass, denn to de Tied kreegen wi tatsächlich noch dat Fohrgeld torüch.
Oma un ik sind in de Stadt rin goan, un uns Oma full’n meis de Ogen ut de Kopp, wat dat alles so to kopen geev. Na een gode Stünn harr Oma vun all dat Kieken un ok dat Lopen op Steen de Nees full, un wi hem uns in een Kaffestuv sett. Een junge Deern mit een witte Schört bröcht uns de Koart, un wi hebbt uns wat bestellt. Bevör dat nu losgüng mit Kaffee un Koken, muss Oma mol dorhenn, wo ok de Künnich to Fot henn geiht.
Wi funnen ok gau de Dör, wo „Damen“ op stünn. Toerst keemen wi awer in een Vörruum, dor weer op de linke Sied een große Speegel, un rechts weern een Waschbecken, un liekut weer de twee Döörn na de Klosetts.
Oma bleev in de Mitt’ vun de Ruum stahn un keek mächti verbiestert. Se keek in de Speegel, keek na dat Waschbecken, heevt gans langsam ehr Rock hoch, keek noch eenmal na dat Waschbecken, let den Rock wedder dal un secht to mi:
„Nee, mi lüttje Deern, dor koam ik nich ropp.“
„Nee, Oma, dor musst Du ok nich ropp.“ sech ik un moak een vun de beiden Döörn op, „dor musst du rin!“
Ik kunn meis sehn, wi uns Oma de große Steen vun eern Hart full. Se hoalt deep Luft un secht:
„Minsch, wat een Glück“!
Ein Bild der Kirche auf Pellworm.
Diese kleine Geschichte spielt 1953 und ist wirklich passiert. Auf unserer Insel gab es einen guten Doktor, aber wenn es sich nicht um alltägliche Krankheiten handelte, schickte er uns zum Facharzt nach Husum.
Für uns war die Fahrt nach Husum eine halbe Weltreise. Ein Tag vorher holten wir die besten Kleider aus dem Schrank, damit wir für die Stadt auch gut angezogen waren. Am nächsten Tag, meistens am frühen Morgen, ging die Fahrt mit dem Fährschiff nach Husum. Unsere Oma war noch nie von der Insel runtergekommen, und nun mussten wir mit ihr zum Chirurgen nach Husum. Ich war damals 12 Jahre alt und habe mich riesig gefreut, dass ich mit Mutti und Oma in die Stadt fahren durfte. Mit dem Inselbus ging es zum Hafen und aufs Schiff. Wir hatten schönes Wetter, und das Schiff hat nicht geschaukelt.
In Husum ging unser erster Weg zum Doktor. Wir mussten ein bisschen warten, er hatte viel zu tun. Als wir wieder draußen waren, musste Mutti zuerst zur Krankenkasse, denn zu der Zeit bekamen wir noch unser Fahrgeld zurück.
Oma und ich gingen in die Stadt. Unsere Oma konnte gar nicht fassen, was es in den Geschäften alles gab. Nach gut einer Stunde hatte Oma die Nase voll vom vielen Laufen, und wir setzten uns in ein Café. Ein junges Mädchen mit einer ganz weißen Schürze brachte uns die Karte, und wir bestellten etwas.
Bevor die Sachen kamen, musste Oma noch einmal dorthin, wo der Kaiser zu Fuß hingeht. Wir fanden die Tür, auf der „Damen“ stand. Zuerst kamen wir in einen kleinen Vorraum. Da war auf der linken Seite ein großer Spiegel, rechts das Waschbecken, und geradeaus führten zwei Türen zu den Toiletten.
Oma blieb in der Mitte des Raumes stehen und guckte ganz verschüchtert. Sie guckte in den Spiegel, guckte auf das Waschbecken, hob langsam ihren langen Rock hoch, guckte wieder aufs Waschbecken, ließ den Rock fallen und sagte:
„Nee, men lüttje Deern, dor kam ik nich ropp.“
„Nein, Oma, da musst du nicht rauf“, sagte ich und machte eine der Toilettentüren auf.
„Da musst du rein.“ Ich konnte sehen, dass Oma ein großer Stein vom Herzen fiel.
„Was ein Glück.“
Lorns harr verdammt grote Wehdooch. He quäld sik dormit schon een ganze Week rum, un dat will un wull nich bedder warn. De Wehdooch harr he besonners in sin Unnerlief. Ass sin Fruu dat Gejammer von ehrn Mann nich mehr hörn kunn, secht se: „Du musst na de Dokder.“
„Na de Dokder, watt schall ik denn dor? Ik meen, meis de Wehdooch sünn all een beten bedder woarn.“
„Nee, Du geihst na de Dokder, hüt noch, din Gejammer is jo nich uttohooln.“
So schnappt Lorns sik sin Rad un foahrt öwer de ole Karkchaussee üm de Egg in de Liliencronwech rin, wie disse Stroot hütodoachs heet un wor fröher dat Dokderhuus stunn. Een ganze Tied muss he in de Töwruum sitten, awers dat weer nich so schlimm, denn sin Naobor Fiete weer ok jüs bi de Dokder. Fiete weer jüs dorbi, Lorns sin Swin to koapen, as de de Dokder Lorns oppreep.
„Guten Tag, Lorenz, wie geiht es Ihnen?“
„Gornich good, Herr Dokder, ik heff de letzde Tied son Wehdooch hier ünnen!“
De Dokder ünnersöcht Lorns een ganze Tied un secht denn: „Ja, Lorenz, ik kann weiter nichts feststellen, aber vielleicht haben Sie sich eine Blasenerkältung zugezogen. Am besten bringen Sie mir in den nächsten Tagen etwas Urin vorbei.“
Lorns weer disse ganze Snackerie von de Dokder tämlig pienli un so secht he gau: „Joa, Joa, Herr Dokder, dat moak ik denn!“
Een Week später weer Lorns wedder bi de Dokder.
„Na Lorenz, geiht es schon besser?“
„Nee, Herr Dokder, mi geiht dat schlechter.“
„Haben Sie denn Urin mitgebracht, Lorenz?“
„Nee“, secht Lorns, „ik heff dat ganze Huus oapdoal hat, awers Urin heff ik nich funnen!“
Dat weer veellich beeter weesen, wenn de Dokder dat Wurd „Urin“ op Plattdüütsch mit „Piss“ översett harr. Diese lüttje dönjje is tatsächli passiert, awer mit anner Lüüd.