Ein anderer Krieg Teil 1 - Oliver Laux - E-Book

Ein anderer Krieg Teil 1 E-Book

Oliver Laux

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Beschreibung

In den 1920er ereigneten sich in Deutschland und Rumänien mehrere Morde in Verbindung mit Spionage, die eine düstere und brutale Atmosphäre schufen. Diese Ereignisse waren äußerst überzeugend und hinterließen einen tiefen Eindruck bei den Nachrichtendiensten. Die Spionageaktivitäten waren ein Zeichen für die wachsende politische Instabilität in Europa und die Bedrohung, die von den verschiedenen Mächten ausging. Die Morde, die im Zusammenhang mit diesen Spionagefällen standen, waren besonders grausam und zeigten, dass es keine Grenzen gab, wenn es darum ging, Informationen zu beschaffen oder zu schützen. Die Bevölkerung war besorgt und ängstlich angesichts dieser Ereignisse und fragten sich, was als Nächstes passieren würde. Dennoch überwog die Freude über das Ende des Krieges und den Aufbruch in eine neue Zeit. Drei deutsche Agenten werden in dieser Zeit in einen neuen Fall verwickelt. Ein Fall voller Windungen und Intrigen. Tödliche Intrigen.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Oliver Laux

Ein anderer Krieg Teil 1

Die Zeit danach

Der Krieg ist vorbei und die Agenten Kurtz und Albrich, müssen sich in der Zeit danach zurecht finden. Sie bekommen einen neuen Auftrag und finden ihre alte Freundin Babette wieder. Doch Babette hat einen gefährlichen Auftrag übernommen, der sie beinahe umbringt.

Inhaltsverzeichnis

Ein anderer Krieg Teil 1

Impressum

Ein anderer Krieg Teil 1

Wir leben in einer Zeit, in der die Wissenden schweigen und die Unwissenden keine Ruhe geben.

Arslandogu, Ismail

In den 1920er ereigneten sich in Deutschland und Rumänien mehrere Morde in Verbindung mit Spionage, die eine düstere und brutale Atmosphäre schufen. Diese Ereignisse waren äußerst überzeugend und hinterließen einen tiefen Eindruck bei den Menschen. Die Spionageaktivitäten waren ein Zeichen für die wachsende politische Instabilität in Europa und die Bedrohung, die von den verschiedenen Mächten ausging. Die Morde, die im Zusammenhang mit diesen Spionagefällen standen, waren besonders grausam und zeigten, dass es keine Grenzen gab, wenn es darum ging, Informationen zu erhalten oder zu schützen. Menschen waren besorgt und ängstlich angesichts dieser Ereignisse und fragten sich, was als Nächstes passieren würde. Dennoch überwog die Freude über das Ende des Krieges und den Aufbruch in eine neue Zeit. Zwei deutsche Agenten werden in dieser Zeit in einen neuen Fall verwickelt. Ein Fall voller Windungen und Intrigen. Tödliche Intrigen.

01 Das neue Berlin

Johann Kurtz hat es sich wirklich gemütlich gemacht hier in Berlin. Nettes Büro mit einer jungen Sekretärin und einem aufgeräumten Schreibtisch mit Schreibmaschine. Also ganz klassisch und bieder. Doch die Wahrheit ist eine andere. Der neue Auslandsdienst nach dem Krieg war keineswegs bieder und gemütlich, die Auflagen, die das Land hatte, waren enorm und die Möglichkeiten begrenzt. Die ersten Einsätze der Informationsbeschaffung sind immer noch von einer starken, eindringlichen Gewalt geprägt. Dadurch werden die Opfer beider Seiten immens.

„Schicken Sie nach Herrn Kurtz, Fräulein Mayer“, ruft Amsinck ins Telefon.

Frau Mayer antwortet, „Kurtz ist außer Haus. Aller Voraussicht nach für eine Tasse Kaffee gegenüber.“

Amsinck brummt, „Auch gut, wenn Sie ihn sehen, schicken Sie ihn mir“. Amsinck dreht sich zu seinem Gegenüber, „Ist er wieder auf Kurs?“, fragt er Albrich.

Albrich mit einer bekümmerten Geste: „Die letzte Mission hat ihn ganz schön mitgenommen. Auf jeden Fall ist er wieder auf Kurs, habe ihm extra diese kleine Sekretärin gegeben, damit er auf andere Gedanken kommt. Sein Kampfgeist hat er nicht verloren und auch nicht seinen Intellekt.“

Amsinck nickt zufrieden, „Welch prachtvolle Kombination, überdurchschnittliche Intelligenz und ungebremste Brutalität. Herrlich!“.

Kurtz liebt es, in diesem kleinen Café zu sitzen und den Gedanken nachzuhängen. Berlin lebt wieder. Die Menschen sind auf den Straßen, manche geschäftig, andere schlendern einfach nur herum. Die Nachkriegszeit hat alles verändert, die Jungen wollen leben und die Freiheit genießen, nachdem das Korsett der Alten endlich gelöst ist. Kein Kaiser, der alles bestimmt und keine preußische Ordnung und Gehorsamkeit mehr, die die Gesellschaft erstickt. Es gibt, wie überall, auch Schattenseiten, Frauen, Mädchen, die sich prostituierten, um über die Runden zu kommen oder einfach die Kindermäuler zu stopfen. Arbeiter, die laut auf den Baustellen der Stadt arbeiten, fluchend, rauchend und mit Berliner Schnauze. Die Betriebsamkeit ist auch manchmal erdrückend, laut, stinkend, dampfig.

Zu viele neue Automobile, die auf den Straßen unterwegs sind, Transportfahrzeuge, die das Neuste aus der Welt nach Berlin bringen. Amerikaner, Europäer, Asiaten, was auch immer für Nationalitäten in die Stadt kommen. Nur um genau das zu erleben und an dem teilhaben zu wollen, an dieser Energie, an dem neuen Berlin.

Der Krieg ist vorbei oder auch nicht. Der im Hintergrund geht weiter, es wird gemordet und gefangen genommen. Doch Kurtz möchte das eben vergessen.

Die wunderhübsche Tochter des Betreibers kommt mit dem Kaffee, „Darf es noch etwas sein? Ich habe Törtchen gebacken, die Ihnen bestimmt schmecken.“

Kurtz schmunzelt innerlich. Ihr Lächeln geht über das ganze hübsche Gesicht, die Kleine wird den Kerlen ganz schön den Kopf verdrehen. Bei mir übte sie sich schon dafür, kleines Biest. Kurtz lächelte zurück und betrachtete sie genauer. Sie ist kein Kind mehr, verdammt. Ja, deine Törtchen werden bestimmt schmecken, denkt sich Kurtz. Sie ist höchsten 17 oder 18 Jahre alt, doch Ihre Reize weiß sie schon einzusetzen. Kleines Biest wiederholt Kurtz in seinem Kopf.

„Nein danke. Ich habe eben keinen Appetit. Vielleicht heute Nachmittag.“, Kurtz bleibt unverbindlich.

Die Kleine beugt sich etwas zu tief herunter, um den Kaffee abzustellen, und schaut Kurtz in die Augen. Verschwinde bloß, sonst werde ich es bereuen. Was passieren wird, wenn ich darauf reagiere, Kurtz ist gefasst.

„Wir haben noch andere Gäste, komm rein, Lotte.“, Ihr Vater ruft Sie rein und rettet Kurtz vor einer Dummheit.

Johann Kurtz, 1896 geboren in Braunschweig. Eltern beide verstorben an der spanischen Grippe. Kurtz meldete sich freiwillig bei Kriegsbeginn. Sein Vater, wohlhabender Kaufmann, hatte Kurtz auf eine Kadettenschule gebracht, weil es Dir guttut, sagte er immer. Der Militarismus in der damaligen Gesellschaft verlangte solche Dienste, Kadettenschule, Offizier, am besten einen Krieg überleben und dann als gesitteter Kaufmann weiterleben.

Wieder hat Kurtz die Bilder vom Krieg vor Augen, wie er Albrich und Babette kennenlernte. Wunderbare Babette, ein verrücktes Weib, schön, voller Energie und Tatendrang. Das Beste, was Kurtz passieren konnte, mit Ihr wollte er sein Leben nach dem Krieg aufbauen.

Der gute Albrich, ein Berg von Mann, zuverlässig und treu in jeder Situation. Ein Freund fürs Leben. Sie alle hatten Träume, was sie nach dem Krieg machen würden. Doch es kam alles anders.

Albrich schaut in seinen Tee und denkt sich, wer hier gefährlicher istvon den beiden. Auch wie dieser alte Mann mit den Frauen umgeht, als ob sie Dinge seien, die man benutzt.

Kurtz kommt in das Büro von Amsinck, seine Augen wandern prüfend in den Raum. „Albrich!“, ruft Kurtz begeistert.

„Eine Freude, dich zu sehen, dachte wirklich nicht mehr, dass wir wieder zusammen kommen.“, die Freude war ehrlich, außergewöhnlich in diesem Beruf.

Albrich geht auf Kurtz zu und Sie umarmen sich.

„Gut“, eröffnete Amsinck die Runde. „Ich habe eine kleine Mission für Sie beide, es gibt Hinweise, die uns nach Bukarest führen. Dort hat die Frau eines türkischen Attachés interessante Papiere über deutsche Politiker und diese möchte Sie veräußern.“

Kurtz sah gequält zu Amsinck, „Das ist eine Reise von Tagen, nur für diese Papiere, das kann bestimmt jemand vor Ort klären“.

„Nein“, antwortet Amsinck, „Sie will Sie sprechen und nur Sie!“.

Kurtz ist erstaunt, „Ich kenne keinen türkischen Attaché, der mir über den Weg lief?“

Amsinck süffisant: „Es ist auch nicht er, die Frau fordert sie an, Kurtz. Ein Frauenzimmer mit Ambitionen wie interessant, das sollte ein leichtes sein für Sie beide.“ Amsinck lächelt belustigt.

Babette, kommt es Kurtz in den Sinn, er sieht zu Albrich rüber und dieser macht eine fragende Grimasse.

Ohne zu überlegen, fragt Kurtz etwas aufgeregt, „Wann geht es los? Ich meine, wann müssen wir verreisen?“ Nun mit ruhiger Stimme.

Amsinck sieht Kurtz prüfend an, „Fräulein Mayer hat alles für Sie beide organisiert, somit können wir nächsten Montag starten.“

Fräulein Mayer ist eigentlich Frau Mayer. Ich bin verheiratet, denkt sich Frau Mayer und wird jedes Mal wütend, wenn Amsinck sie so anspricht. Kurtz, Albrich und Frau Mayer stehen im Bürovorraum. „Ich bin mir die Absätze abgelaufen, um diese Billetts zu bekommen. Sie beide fahren mit dem Zug nach Stuttgart und von dort nach Wien. Der Simplon fährt von dort weiter Richtung Istanbul. Sie steigen in Belgrad wieder um. Von dort aus gelangen Sie nach Bukarest.“

Albrich schaut unruhig, „Warum diese Umstände, wir können doch auch über Warschau direkt fahren.“

Frau schüttelt den Kopf, „Nein, mein lieber Albrich. Die Strecke ist Tabu für uns, die Russen kontrollieren dort alles und Amsinck will eine direkte Konfrontation vermeiden.“

Kurtz stutzt, „Das kann auf der Strecke aber auch vorkommen.“

Frau Mayer, „Das ist richtig, doch in diesem Zug sind die verschiedensten Menschen unterwegs und alle beherrschen sich. Ein Vorteil für uns. Nun, meine Herren, Sie sollten sich vorbereiten und packen. Gehen Sie zu unserem Schneider, dort haben wir Anzüge für Sie bestellt, damit Sie beide Tres Chic ausschauen.“

Frau Mayer lächelte.

02 Im Zug

„Hat Amsinck die Spendierhosen an? Erste Klasse auf solch einer Reise“, wundert sich Albrich.

„Und Spesen frei Haus“, antwortet Kurtz.

Der Wirrwarr und der Krach auf dem Bahnhof sind für Kurtz immer noch ungewöhnlich, da er Monate nur in der Stadtwohnung oder im Büro ist. Alles etwas träge und übersichtlich. Doch seine Instinkte beruhigen ihn wieder und er kann Albrich einholen.

Die Schaffner und die Diener im Zug sind damit beschäftigt, die Gäste in die Abteile zu führen und auch das dazugehörige Gepäck. Eine Betriebsamkeit, die lange nicht möglich war. Die Menschen reisen oder fliehen. Verrückte Zeiten.

Albrich gibt Kurtz einen kleinen Schubs und zeigte mit dem Kopf nach hinten. Beiden ist aufgefallen, dass Sie nicht alleine reisen werden. Zwei Männer machen sich auf, Ihnen in den Zug zu folgen, leider etwas auffällig. Da der Schaffner Sie zurückweist in die zweite Klasse. Was einer der beiden mit einem bösartigen Blick quittiert. Doch der Schaffner reckt sich und verweist sie noch energischer in die 2. Klasse.

„Wer sind die Kerle?“, fragt Albrich unruhig.

„Keine Ahnung, wir werden es bald herausfinden“, beruhigt ihn Kurtz, „Halt ein wenig die Augen offen, damit wir nicht zu sehr überrascht werden. Ich werde den Schaffner bei Gelegenheit befragen.“

Im Abteil kann Kurtz Luftholen. Das Abteil ist äußerst geräumig und für zwei Männer eigentlich zu groß. Amsinck hat wohl doch ein schlechtes Gewissen wegen des letzten Auftrages.

Der neue Anzug passt hervorragend, auf der linken Seite des Jacketts sah man keine Beule mehr, wo die Waffe im Schulterhalfter sitzt. Der neue Schneider ist sein Geld wert, auch Albrich kommt in den Genuss. Er fühlt sich noch etwas unwohl damit, da er seine Waffe lieber im Hosenbund am Rücken trägt. Doch im Zug kann das ein Nachteil sein. So fügt er sich. Albrich geht in den Gang hinaus, um die Beine zu vertreten.

Immer wieder läuft einer der Männer vom Bahnsteig, betont gelassen, aber beobachtend durch die Gänge und macht sich Notizen. Erst denkt Albrich, er ist ein Offizieller des Zuges, doch die Aushöhlung unter der linken Seite seiner Jacke sagt ihm etwas anderes. Albrich greift prüfend und unauffällig mit der rechten Hand unter seine Jacke. Seine Waffe ist bereit. Doch die wäre viel zu laut, aber das hält Zeugen fern.

Kurtz will zu Albrich in den Gang und bemerkt sofort, dass Albrich angespannt hinter einem Kerl läuft. Er beobachtet weiter die Situation und entscheidet sich, ihm zu folgen, das wiederum überrascht Albrich und dieser schaut hektisch zu ihm zurück. Da Kurtz keine Anstalten macht, wird Albrich etwas ruhiger. Der macht es dem Kerl nach und läuft ihm ebenfalls schlendernd hinterher und beobachtet, was dieser wohl sucht. Dann wird der Mann unmerklich langsamer, doch Kurtz bemerkt es und lässt sein Zigarettenetui fallen. Beim Bücken greift er zu seiner Waffe und ist bereit zu handeln. Der Kerl beobachtete, was hinter ihm passiert, dreht sich zurück und macht dann mit seiner Suche weiter.

Verdammt, denkt sich Kurtz, Glück gehabt. Er dreht sich um und tut so, als ob er aus dem Fenster schaut. Nach kurzer Zeit geht er zurück ins Abteil.

„Die suchen nicht uns, hier läuft noch etwas anderes“, überlegt Kurtz laut.

Albrich und Kurtz beobachten weiter das Treiben auf dem Bahnsteig. Fahrgäste, Kofferträger, Bettler, Polizisten und ein paar Aristokraten.

„Die leben vom nächsten Wechsel oder haben die Juwelen der Mutter verkauft“, schnaubt Albrich.

Kurtz muss lachen über solche Verachtung. Albrich hat zu viel bei den Roten zugehört in Berlin.

„Aber die Töchter sind nicht zu verachten, lieber Albrich. Alle katholisch erzogen und Sie wissen, was Sie mit den Männern anstellen müssen. Das bekommen die Mädels im Internat beigebracht“, stellt Kurtz fest und grinst.

„Das ist alles, was Dich interessiert, Deine Fickgeschichten“, frotzelt Albrich.

Die beiden Männer lachen.

Paris. Die Passagiere sind aufgefordert, nicht aus dem Zug zu gehen, die Waggons werden nur umrangiert und bekommen eine leistungsfähigere Lokomotive. Es rumpelt und schüttelt beim Rangieren, das versetzte die Damen immer wieder in einen Schock, man kann die spitzen Schreie hören. Albrich verdreht die Augen, macht eine Grimasse, Kurtz und Albrich lachen.

Die Zeit vergeht angenehm schnell, Passkontrolle und dann gibt es Mittagsessen. Albrich hat wie immer einen riesigen Hunger und den gilt es zu stillen.Kurtz wundert sich, was dieser Mann alles essen kann und nicht fett wird. Doch Sie beide sind noch jung, denkt er sich, in 20 Jahren wird das anders sein.

Die Landschaften wechseln sich ab, die kurzen Einblicke an den vorbeiziehenden Ortschaften vertreiben die Zeit. Albrich wirkt entspannt, endlich in Ruhe eine Zeitung zu lesen, dabei etwas trinken und rauchen. Es fühlt sich für Kurtz doch fremd an. „Genieße es.“, Albrich muntert ihn auf.

Nach dem Abendessen geht es in den Rauchsalon. Hier wurde wieder Zeitung gelesen, Whisky getrunken und Männer schätzen einander ab. Wer ist wohlhabend und wer ist ein Blender?

Kurtz und Albrich sitzen in großen schweren Ledersesseln, rauchen, trinken und unterhalten sich über alles Mögliche, nur nicht auffallen ist die Devise. Der Whiskey und die Zigaretten machten die Männer schwerfällig und müde, auch das Schaukeln des Zuges ergänzt diese Wirkung.

Die beiden gehen zurück ins Abteil, der Kellner bringt Ihnen noch Scotch hinterher. Damit Sie, wie alle, als kompetente Säufer durchgehen. Wie die meisten der männlichen Zugreisenden.

Die Diener für den Waggon bereiten die Abteile für die Nacht vor, die beiden Männer haben nun eine Trennwand und somit Privatsphäre. Albrich schläft sofort ein und scheint einen Wald zu fällen, so laut schnarcht er. Kurtz liegt im Bett, schaut aus dem Zugfenster und sieht die Nacht vorbeiziehen. Bis er selbst einschläft.

Dann ein Geräusch, das die Männer aufwachen ließ, es war keines der Zuggeräusche, an die man sich gewöhnt hat, es war ein Schuss aus einer Waffe. Kurtz wacht auf, er schaut sich ungläubig um. Dann hört er ein dumpfes Geräusch, als würde ein Mensch zu Boden fallen. Er klopft an die Wand, um Albrich zu wecken. Albrich schob die Trennwand zur Seite. Der war schon im Begriff, die Tür zu öffnen. Doch Kurtz hält ihn zurück.

Kurtz leise, „Warte ein wenig.“

Dann war draußen schon Hektik zu hören, Frauenstimmen werden laut und ein gellender Schrei hallte durch den Waggon. Kurtz und Albrich gehen nun auch raus, um zu schauen, was los ist.

Ein paar Abteile weiter kann man sehen, dass eine kleine Menschentraube vor der Tür steht. Jemand ruft, „Wir benötigen einen Arzt, wir brauchen einen Arzt.“

Albrich geht, um zu sehen, was vorgefallen ist, und ignoriert die Anweisung von Kurtz. Er schaut in das Abteil, dort kann er einen toten Mann am Boden sehen. Im Kopf ist eine klaffende Wunde, Blut und Hirn sind im Raum verteilt.

Albrich befiehlt, „Bringen sie die Frauen hier weg, die können wir hier nicht gebrauchen.“

Eine große, schlanke Dame kommt den Gang entlang, sehr gefasst.

Doch auf einmal ganz aufgeregt, „Dieser verdammte Mistkerl.“

Die beiden Kerle vom Bahnsteig sind plötzlich auch da. Einer flucht, „Verdammt, wir sind zu spät.“

Auch Kurtz stößt nun dazu. Er schaute Albrich an und wusste genau, was vorgefallen ist.

Die Frau ruft in die Runde, „Das ist mein Ehemann.“

Die beiden unbekannten Männer gehen auf die Frau zu, „Gnädige Frau, wir sind Agenten der allgemeinen Berliner Versicherung. Bevor sie und ihr Mann die Reise angetreten hatten, war er bei uns und hat eine Lebensversicherung über eine sehr hohe Summe abgeschlossen. Wie wir befürchtet haben, ist das nun der Anlass für diesen Selbstmord.“

Eine laute und bestimmte Stimme kam aus dem Hintergrund, „So meine Damen und Herren, bitte gehen Sie alle in ihre Abteile zurück, wir klären das hier.“ Es ist der Zugführer.

Er wendet sich den beiden Detektiven zu. „Meine Herren, was ist hier passiert?“

Der eine zeigt in das Abteil, „Sehen Sie hin, dann wissen Sie, was vorgefallen ist.“

Der Zugführer schaute in das Abteil hinein. Er ächzte, „Schon wieder. Was genau ist hier Ihre Aufgabe, meine Herren?“

Der Anführer der beiden, „Wir sind die Detektive einer Versicherung.“

Der Schaffner entrüstet, „Aha, sie haben ihn also überwacht, schöne Arbeit machen sie da.“

Einer der Detektive befiehlt, „Am nächsten Bahnhof müssen wir die Leiche hinausschaffen, damit wir sie nach Berlin bringen können.“

Der Zugführer schaute die Detektive an, „Nichts dergleichen wird passieren. Hier ist nichts passiert. Wir sind schon in Österreich. In ein paar Stunden sind wir in Wien und dort klären wir alles.“

Die beiden Detektive schauten sich an und einer sagte zu dem anderen, „Hier haben wir nichts zu klären.“ Sein Gegenüber entrüstete sich, „Wie kannst Du so was sagen? Wir müssen ihn nach Berlin schaffen, das ist unsere Aufgabe.“

„Nein“, sagt der andere, „Ich weiß schon, wie das läuft. Dieser Selbstmord ist nie passiert.“

Der Zugführer sieht die beiden Männer an, „Gehen sie zurück in ihre Abteile? Alles andere klären wir hier alleine, Danke.“

Die Detektive trollen sich zurück in ihr Abteil. Als die beiden dort ankommen, packt der eine den anderen am Arm, „Wie kannst Du das zulassen? Wir werden unseren Job verlieren.“

„Hör zu“, sagt sein Gegenüber. „Er ist hier der Zugführer, er hat auch eine polizeiliche Funktion. Wir verschwinden lieber, in Istanbul steigen wir aus und gehen an einen anderen Ort.“

Der Kollege ist entrüstet.

Der andere weiter, „Dann verschwinde ich ganz aus diesem Kontinent, wo nur Krieg, Elend und Hunger besteht. Ich werde nach Südamerika reisen, von Istanbul gibt es genug Schiffe, die Männer mitnehmen.“

Der Kollege: „Das ist verrückt, die werden Dich finden, die sind in der ganzen Welt unterwegs.“

Sein Gegenüber: „Ich habe schon einen neuen Pass mit neuem Namen, mich finden die nicht. Komm einfach mit, Geld haben wir genug, die Spesen habe ich alle bar bekommen. Das sind einige Tausend Reichsmark und Dollar.“

Sein Kollege grübelt, „Verdammter Hund, hast alles schon geplant, du hast erwartet, dass sich der Kerl umbringt.“

Der andere zuckt mit den Schultern: „Das ist doch kein Verbrechen, ich habe es nicht getan, sondern er selbst.“

Beide gehen in Ihr Abteil und schlafen schweigend ein.

Kurtz kann nicht schlafen, er klemmt die Arme hinter den Kopf und starrt aus dem Zugfenster. Regen peitscht an die Fenster und manchmal konnte man draußen gelbe Lichtpunkte sehen. Wie kleine Sterne, die in den Dörfern und Städten, an denen man vorbeirast, die aus den Häusern strahlen. Später schläft Kurtz ein.

03 Wien

Albrich und Kurtz sehen zu, wie der Sarg mit dem Toten aus dem Zug transportiert wurde; die Frau des Toten ging ohne Regung und doch mit Stolz hinterher. Die Tochter wurde von einem der Bahnbeamten gestützt und war voller Trauer und Fassungslosigkeit.

Albrich, „Traurig, dass ein Kind so was ertragen muss. Sie hat schon jede Menge anderes erlebt, sieh Dir die Kleider an, elegant, aber alt. Diese Familie hat schon mehr gesehen“, kommentierte Kurtz.

Einer der Schaffner rennt atemlos auf Kurtz zu, „Herr Kurtz, Sie sind doch Herr Kurtz?“

Kurtz nickte stumm.

Der Schaffner, „Ein Telegramm kam vor ein paar Stunden an, bitte schön.“

Kurtz öffnete den kleinen Zettel: Kurzer Aufenthalt in Wien – Stopp – Café Central –Stopp – Sie werden von Nowak erwartet – Stopp

Albrich schaut erwartungsvoll.

Kurtz, „Wir haben einen ungeplanten Termin in Wien.“

Die beiden kommen aus dem Bahnhof und das, was Sie sehen, ist erschreckend. Die Stadt ist nicht wiederzuerkennen. Keine stolzen K&K-Offiziere mehr, mit ihren Ausgehröcken, sondern graue, abgemagerte Menschen, die suchend durch die Stadt ziehen. Die Armut war greifbar und der Hunger tödlich. Berlin war dagegen schon ein kleines Paradies. Flapper-Mädchen bieten am Ausgang für Essen, Zigaretten oder Geld ihren Körper an. Die Luden stehen mit geballten Fäusten in den Ecken, falls jemand Ärger bereitet.

„Los, lass uns hier verschwinden, sonst bekommen wir die Krätze nur beim Vorbeigehen“, Kurtz zieht Albrich in ein Taxi.

Der Verkehr war erdrückend und laut. Es stinkt nach Autos und Pferdemist. Die meisten Häuser strahlen immer noch die Pracht der vergangenen Zeit aus, man konnte glauben, dass aus den großen Hausgängen eine Gräfin mit Gefolge herauskommt, doch das war eine Illusion. Diese Zeiten sind vorbei und die Zukunft ist ungewiss, wie überall in Europa.

Kurtz weist den Fahrer an, zum Café Central zu fahren.

„Wen treffen wir dort?“, fragt Albrich.

„Ein Kontakt, der uns zugewiesen wurde, kenne ihn aber nicht“, antwortete Kurtz.

Das Alte Palais Ferstl, Treffpunkt der Intellektuellen und Wichtigtuer in Wien. Das Café gleicht einer Kathedrale mit seinen Rundbögen. Es riecht nach gutem Kaffee, doch die Auslagen sind beinahe leer. Nicht wie früher, gefüllt mit Kuchen und Sahnetorten, deren Duft einem am Eingang entgegenkam. Jetzt war es eine Melange von Kaffee, Zigaretten und Zigarren. Etwas traurig. Die beiden nehmen einen freien Tisch, zu dem einer der Ober sie führte.

„Wir erwarten Besuch, bitte noch einen Stuhl, Danke“, weist Albrich den Ober an.

Der Ober sieht ihn wortlos an und stellt einen Stuhl dazu. Eine dünne Gestalt kommt herein, sieht immer wieder über seine Schulter. Er prüft den Raum und kommt zielstrebig auf Kurtz und Albrich zu.

Nowak, „Nowak, mein Name, grüß Gott, die Herren, hoffe, sie haben auch einen Kaffee für mich bestellt. Hatte schon seit Wochen keinen echten mehr getrunken.“

Nowak sieht die beiden an, „Oh, entschuldigen Sie, dass ich so vorlaut bin, doch hier muss man einfordern, wenn man was will.“

Er setzt ein breites Lächeln auf.

„Natürlich haben wir für Sie mit bestellt, ah, da kommt der Kaffee“, entgegnet ihm Kurtz.

Nowak zieht den Duft förmlich ein und hat beinahe Angst, den ersten Schluck zu nehmen.

„Nun, warum sollen wir Sie treffen, Nowak?“, fragt Kurtz ungeduldig.

Nowak sieht ihn über den Rand der Tasse an, listige Augen, die alles sehen.

Mit einem Lächeln antwortet er, „Ihr Vorgesetzter hat mir telegrafiert und bemerkt, dass Sie beide etwas Unterstützung benötigen. Natürlich sind wir nicht gut ausgestattet, doch die alten kaiserlichen Instrumente funktionieren doch relativ gut.“

Albrich runzelt die Stirn, „Was sollten wir von hier benötigen?“

„Ah, der Rumäne. Wie aufregend, dass ich einen treffen kann. „Buna ziua Domnul“, kommt es unvermittelt aus Nowak.

„Was meinen Sie damit, dass Sie einen treffen können?“, brummte Albrich weiter.

Seine Augen werden auf einmal etwas Feindseliges. Albrich kann es nicht leiden, wenn jemand etwas abschätzig über seine Herkunft spricht.

„Nein, ich will Sie nicht beleidigen, mein lieber Albrich.“, Nowak spürt die innere Unruhe seines Gegenübers, „Ich finde es nur bemerkenswert, wie die Offiziellen in Rumänien die neue Staatsordnung ignorieren und nichts tun. Wie ich erfahren habe, ist der König unablässig dabei, den Staat wieder in seine alten Gebiete zu festigen und benötigt die Unterstützung aus Westeuropa und deren Beamten, sehr bemerkenswert. Unser Kaiserreich zerfällt und neue Staaten entstehen, das ist das Erbe, das wir hinterlassen nach der K&K-Zeit.“

Albrich sieht Nowak in die Augen, „Wir waren nicht mittelbar Teil der österreichischen Okkupation, uns wurde das Land weggenommen, wegen schwacher Könige und der frechen Landnahme der Ungarn, des Osmanischen Reiches und der Zaren. Nun kommt unsere Zeit!“

„Sie haben recht, Albrich, der Kaiser hat schon lange die Zeichen der Zeit nicht verstanden, sonst wäre der Kronprinz noch am Leben.“, Nowak nickt zustimmend zu Albrich.

Kurtz rutscht ungeduldig auf seinem Stuhl hin und her, „Können wir jetzt zum Wesentlichen übergehen. Die Politiker sind noch lange mit sich beschäftigt und wir werden sehen, wo uns das hinführt.“

Nowak sieht zu Kurtz, „Rauchen wir eine Zigarette und dann machen wir einen kleinen Spaziergang, die Wände haben Ohren in der Stadt.“

Nowak nahm einen Schluck Kaffee und zündete sich eine Zigarette an. Eine Weile trinkt jeder still seinen Kaffee und beobachtet, das Geschehen im Café.

Das Trio verlässt das Café in Richtung Volksgarten. Dort angekommen, wendet Nowak sich zu den beiden.

Nowak, „Wir haben eine Nachricht aus Bukarest, eine Kontaktperson will wissen, ob jemand dort hinkommt und sich einer Sache annimmt. Amsinck kann von Berlin aus nicht telegrafieren, das wäre zu auffällig.“

„Wir sind hier, das sagt alles, oder? Amsinck hat uns den Auftrag zugewiesen, ich verstehe nicht die Ungeduld“, entgegnet Kurtz.

„Wir haben eine heikle Situation, unser Kontakt versucht herauszubekommen, was die Türken und die Ungarn vorhaben. Das rumänische Königshaus will unbedingt Ihr Ziel zementieren, doch es gibt in Europa wenig Unterstützung dafür, weil es keinen interessiert. Sie haben alle Ihre eigenen Probleme“, erklärt Nowak.

Kurtz: „Wer ist unser Kontakt in Bukarest?“

Nowak, „Eine Frau, ich kenne Ihren Namen nicht. Sie verwendet einen türkischen Attaché als Tarnung. Er ist wohl in die Frau verliebt und sie lässt ihn am langen Arm zappeln. Nun, dieser Mann ist kein armer Tropf, er hat meinen Mann vor Ort töten lassen. Einfach die Kehle aufgeschnitten, somit benötigen wir Sie beide, sonst sind wir blind.“

04 Nowaks Stolz

Das Trio schlendert weiter. Als Sie beim Theseuestempel ankommen, führte Nowak die Männer in die Richtung eines Nebengebäudes. Er öffnete die schwere Tür und Sie folgten hinein. Nowak geht voran und führt die beiden zu einer Treppe, die etwas geschwungen in die Tiefe führte.

„Ich dachte, in Wien haben die Wände Ohren?“, fragt Kurtz, „Nicht jetzt, hier haben wir die Ohren in den Wänden“, antwortete Nowak mit einem Lächeln.

Sie gehen weiter und weiter, in den Katakomben ist es außergewöhnlich ruhig und jeder Ton wird verschluckt. Die Luft riecht alt, feucht und muffig. Am Ende eines Ganges sieht man ein kleines Licht, das immer heller wird, je näher man kommt.

Nowak macht eine einladende Bewegung mit den Armen, „Bitte meine Herren, unser Hauptquartier.“

Kurtz und Albrich sehen sich um. Bürotische mit Schreibmaschinen, Telegrafenanlagen, Telefone und Funkgeräte. Die Menschen, die dort arbeiten, nehmen die Besucher kaum wahr und geben sich beschäftigt.

„Interessanter Ort für eine Spionageabteilung“, muss Albrich feststellen.

„Ja, nicht wahr“ freut sich Nowak. Wir haben das hier alles neu aufgebaut und den Vorgesetzten abgerungen. Als die Kaiserlichen nicht mehr in der Verantwortung waren, konnten wir diesen Bereich dafür nutzen. Folgen Sie mir, meine Herren, es geht noch weiter. Wir haben hier ein kleines Lager mit verschiedener Ausrüstung, die Sie unterwegs gebrauchen können.“

Kurtz und Albrich schauen sich an, mit einem Achselzucken wenden Sie sich Nowak wieder zu.

„Wir haben hier einmal einen Koffer mit einem Funktelegrafen, die Batterie ist leistungsfähig, doch nach 5 Stunden leer. Man kann diese aber austauschen. In irgendeinem Automobilteilehandel bekommen Sie diese zu kaufen, ohne dass es auffällt. Dann haben wir verschiedene Munition und Waffen, klein wie groß. Auch Messer, wem das gefällt. Abhörgeräte haben wir natürlich, es ist noch etwas in den Kinderschuhen, doch die Funktion ist vorhanden. Und alles kann mit auf Reisen genommen werden.“, Nowak zeigt auf alles, was er aufzählt.

„Alles sehr interessant, doch wo ist der Haken? Was wollen Sie dafür?“, will Albrich wissen.

Nowak lächelt, „Nur ein paar Erkenntnisse, wie sich die Ungarn in nächster Zeit aufstellen möchten, Thema hier ist natürlich, wo beginnen Grenzen und wo enden diese, das ist alles?“

Kurtz schaut zu Nowak herüber, er fixiert die listigen Augen des Mannes, in ihm keimt die Ahnung, dass dies der gefährliche Teil ist.

Kurtz windet sich und fragt: „Haben Sie das mit Amsinck ausgeheckt? Oder ist es nur eine Sache, die Sie wissen wollen, ohne eigenes Personal zu nutzen?“

Nowack schüttelt den Kopf, „Personal haben wir vor Ort, doch eine frische und objektive Betrachtung ist an der Stelle hilfreich, die Jungs da draußen sind doch eher mit Nationalstolz beflügelt und glauben, Sie können alles an Informationen bekommen.“

Albrich bohrt weiter, „Warum gehen Sie nicht selbst da raus, dann können Sie erforschen, was Ihnen wichtig ist.“

Nowack stützt sich mit den Händen auf einen der Schreibtische und lächelt, „Aber meine Herren, ich bin so was wie ein Schreibtischtäter. Keine Person, die sich auch nur im Geringsten körperlich einem Gegner zur Wehr setzen könnte. Diese Ausbildung habe ich nicht genossen und ist mir auch nicht wichtig. Ich bin da, wo ich hingehöre.“

Albrich beruhigt das nicht. Ein gefährlicher Strippenzieher, dieser Fuchs. Denkt er sich.

Die Männer schauen sich das Material an und versuchen durch prüfende Blicke zu erkennen, was Sie gebrauchen können. Der kleine Raum, in dem alles steht, war gefüllt mit Zigarettenrauch, die Luft ist zum Schneiden. Nowak betätigte einen Hebel und plötzlich entschwindet die Luft nach oben weg.

„Gut, dann nehme ich etwas Munition und zwei ihrer Koffer mit speziellem Equipment“, entscheidet Kurtz.

Albrich sieht sich immer noch die Messer an und nimmt eines der Messer und Munition mit. Nowak führt die Männer aus dem Labyrinth, vorbei an Schreibtischen, wo sich die Mitarbeiter immer noch beschäftigt geben, einige telefonieren, andere tippen die Texte ab. Dann kommt einer der Mitarbeiter auf Sie zu, nickt kurz und redet mit Nowak, ohne Kurtz und Albrich aus dem Augenwinkel zu lassen.

Als Sie endlich die schwere Eingangstür erreichen, fragt Kurtz, „Was hat Ihr Mann? Er sah nicht glücklich aus, dass wir in den Katakomben herumgelaufen sind.“

Nowak sieht zu Kurtz zurück: „Nichts. Zu mindestens nichts, was Sie beide betrifft. Einige der Stricher im Park haben wohl Aufsehen erregt. Einer zeigte einer Frau seinen Pimmel mitten am Tag. Er hat es wohl dringend nötig. Eines unserer Probleme in der Stadt, katholische Frauen und geile Männer, keine erfolgreiche Kombination. Wie dem auch sei, ich begleite Sie beide noch bis zum Bahnhof und dann trennen sich unsere Wege.“

Ein Automobil fährt an die Gruppe heran, man kann sagen, es schleicht sich heran, so leise und vorsichtig wie der Chauffeur das Fahrzeug bewegt. Alle steigen in den Wagen und dieser setzt sich in Bewegung. Nowak kurbelt eine Trennscheibe nach oben, somit sind Sie nicht für den Fahrer zuhören.

Nowaks Gesicht wird ernst und sieht Kurtz und Albrich abwechselnd an, „Seien Sie vorsichtig da draußen. Auch wenn ich selbst nie im Einsatz war. Doch weiß ich genau, da draußen kann es schlimm werden. Keine Spielregeln, keine Gnade. Der Krieg dagegen war noch zivilisiert. Den Kontakt halten Sie am besten mit unserer Botschaft, die werden Ihre Namen und Ihr Gesicht kennen. Nur ein paar kleine Informationen, mehr nicht.“

Keiner antwortete darauf. Schweigen im Fahrzeug.

05 Wieder im Zug

Orient-Express. Mit diesen Worten fangen eigentlich die Leute an zu träumen. Sie schwärmen vom Luxus, gutem Essen, Champagner und vermögenden Menschen, einem Sehnsuchtsort, der uns in fremde Länder und Städte bringt. Doch nicht heute. Im Angesicht der Armut, die immer noch in Europa herrscht, sind vielen Menschen diese Bilder nicht geheuer, da der Kontrast zu groß ist.

Am Bahnsteig wieder das gleiche Bild. Menschen, die Ihre Abteile suchen und von dem Schaffner angewiesen werden. Und wieder bringen die Burschen die Koffer und Habseligkeiten der Fahrgäste in den Zug und hoffen, dass Sie ein ordentliches Trinkgeld bekommen. Der Unterschied hier ist, dass verschiedene Sprachen gesprochen. Babylon fiel Kurtz ins Gedächtnis und beobachtete das Treiben.

Kurtz und Albrich haben jeder eine Kabine nebeneinander mit einer Verbindungstür. Somit muss Kurtz das Schnarchen von Albrich nicht ertragen. Es kehrt Ruhe ein, nur noch gedämpftes Gemurmel auf den Gängen. Ein Pfiff des Zugführers bringt die Erlösung, es zischt und rumpelt, dann geht es los. 30 Stunden im rollenden Babel Richtung Orient. Albrich macht es sich gemütlich im Abteil. Alles sehr bequem für eine lange Fahrt. Die vorbeiziehenden Landschaften bringen ihm Bilder in den Kopf der vergangenen Jahre. Diese Jahre sind an ihm nur so vorbeigezogen. Außer dem Krieg. Dieser verdammte Krieg. Er hätte jetzt ein schönes Stück Land und könnte gut davon leben. Acker, Vieh, Hof und ein paar Knechte, die ihm die Arbeit erleichtern und eine Frau, vielleicht sogar Kinder. Doch er und die Knechte mussten kämpfen und morden, für etwas, was schon immer sinnlos war, Machterhalt um jeden Preis. Er kam zwei Jahre vor Kriegsende nach Verdun als Scharfschütze und dort traf er Kurtz, ebenfalls Scharfschütze. Dort lagen, hockten und standen Sie in dem Chaos von Verdun und töteten Soldaten. Männer, die auch Ihre Träume im Schützengraben verbuddelten. Kurtz war noch jung, als er ihn traf, voller Stolz und Elan für die Sache. Wir Deutschen sind schon ein komisches Volk, einerseits voller Literatur, Kunst und Ideale, andererseits beherrschen wir das Geschäft des Tötens mit gleicher Inbrunst. Wie Ihre Lieder, Ihre Sinfonien und Gedichte der Lyrik. Doch dafür war an dem Ort kein Platz, keine Zelle Luft, um diese zu erfahren.

Kurtz kommt aus gutem Haus, der Vater ein erfolgreicher Kaufmann und die Mutter eine folgsame Ehefrau mit guten Beziehungen. Aus dem wohlbehüteten Haus kam er dorthin. Jetzt ist er ein kaputter Mann, nicht nur sein Körper ist geschunden, sondern auch seine Seele.

Als die beiden in die Gefangenschaft kamen, hatten die Franzosen Kurtz ausgesucht für die Sühne des Krieges, den die Deutschen leichtsinnig anfangen haben. Er stand für alles, was sie selbst in diesem Krieg. Alle Soldaten hatten die gleichen Wunden, die gleichen Erfahrungen im Krieg gemacht. Doch Kurtz stand stellvertretend für alles, was über uns kam. Albrich schläft ein.

06 Ein weiterer Tag

Im Salon sitzen alle Reisende, erwartungsvoll auf das Frühstück. Es gibt alles, was das Herz begehrt und welch ein Kontrast zur Realität außerhalb des Zuges. Kurtz und Albrich genießen das Frühstück und beobachten die Menschen um Sie herum. Wer ist auffällig, wer unauffällig? Die Dame, die Ihren Ehemann begrub, war auch weitergereist, doch Ihre Tochter war nicht mehr zusehen. Ihr Stolz und Ihre Position hatten Sie nicht aufgeben lassen. Ein Amerikaner, der ein wenig zu laut spricht und etwas zu viel isst, fiel allen auf. Doch die beiden Männer wissen, dass er das so will, damit erschafft er sich die Distanz, die er benötigt. Er sollte sich dennoch als harmlos herstellen. Die Vorsicht und die Verdächtigung gegen jeden können die beiden Männer nicht abstellen.

Der Tag verläuft ruhig und mäandernd wie ein alter Fluss, Essen, Schlafen, Karten spielen, rauchen und trinken. Die Damen sind beim Lesen oder in ihren Abteilen, um dem Treiben der Männer nicht zusehen zu müssen. Bei der Zigarre am Abend lernen Sie den Amerikaner besser kennen. Ein reicher Börsianer aus New York, unterwegs in der „Alten“ Welt.

„Suchen Sie nach Vorfahren oder sind Sie einfach im Urlaub?“, beginnt Albrich das Gespräch.

„Nein, einfach ein Urlaub. Unsere Vorfahren sind entweder in den USA oder tot“, entgegnete der Amerikaner. Der spricht ausgesprochen gut Deutsch und Französisch. Was einige überraschte.

„Vor dem Krieg war ich schon ein paar Jahre in Deutschland und Frankreich“, beginnt er zu erzählen. „Diese beiden Völker sind sich in vielen Dingen ähnlich, doch auch so unterschiedlich“, war sein Resümee. „Ich denke, in Friedenszeiten können diese beiden Völker gemeinsam etwas bewegen, was Europa helfen kann.“

Albrich entgegnet ihm, „Was soll aus den Trümmern dieses Kontinents schon werden, Deutschland ist am Boden zerstört und die Franzosen haben auch nicht die Möglichkeiten, es besser zu machen. Im Land gibt es Stimmen für Revanchismus, mit anderen Worten ein neuer Krieg. Kaiser und Könige haben diese Erde mit dem Blut der Menschen getränkt, um Ihre Ziele zu erreichen, das ändert sich nie!“

Kurtz hört gespannt zu und sieht in der Gruppe der Männer keine Regung oder Empörung über das Gesagte. Alle sind froh, der Realität zu entfliehen und die neue Lebenszeit zu genießen.

Kurtz nimmt den letzten Schluck Whisky und steht auf. „Komm, Albrich, machen wir eine Pause in der Weltpolitik.“

Die beiden Männer gehen zum letzten Waggon, es gibt ein kleines Plateau nach draußen. Stumm stehen Sie dort, und der Fahrtwind saugt sie beinahe wieder in den Zug hinein, bis die schmale Tür geschlossen ist. Sie entzünden jeder eine Zigarette und sogen den Rauch tief ein, wie in einer Winternacht im Schützengraben gab der Rauch eine wohlige Wärme in der Lunge und im Körper. Der kühle Fahrtwind tut gut.

„Wie lange müssen wir dieses Gerede noch aushalten?“, beginnt Albrich und sieht Kurtz an, „Diese Menschen sind weich gefallen nach dem Krieg und haben nichts aus der Vergangenheit gelernt.“

Kurtz brummte, „Ja. Sei nicht so streng mit Dir und den Menschen“, ergänzt er. „Alle haben sich geändert, wie wir auch. Wichtig ist, was danach kommt. Alle müssen aufpassen, nicht in die ‚alte‘ Welt zurückzufallen. Konzentrieren wir uns auf unsere Mission.“

Lässig schnippt Kurtz seine Zigarette in die Nacht und geht hinein, Albrich folgt ihm wortlos. Im Gang Richtung Abteil kommt ihnen eine Gruppe Frauen entgegen. Dort sieht Kurtz Sie das erst mal. Eine zierliche und hervorragend aussehende junge Frau. Die Gruppe schien unbeschwert und erheitert zu sein, als Sie die Männer sehen, werden sie ruhiger, beinahe leise gingen alle aneinander vorbei. Wobei die Männer natürlich den Frauen den Vortritt lassen, wie es sich gehörte. Da erblickt er wieder die Frau und im Vorbeigehen schauen sich die beiden in die Augen, fast wie ein Wettbewerb, wer den Blicken länger standhalten kann. Keiner geht als Verlierer hervor. Auch nachdem sich die Gruppen begegnen, halten die Blicke. In Kurtz kommt ein gut vergrabenes Gefühl in die Magengrube, es trifft ihn ein wenig, dass er dies wieder entdeckt. Er schaut immer noch nach Ihr und sie schenkt ihm ein unmerkliches Lächeln. Sie weiß genau, was sie damit bewirkt und war sich ihrer Reize bewusst.

Albrich beobachtet die Szenerie, sagt aber nichts.

Im Abteil platzt es aus Kurtz heraus: „Hast Du sie gesehen, Albrich, sie sah aus wie!“ Kurtz vollendet nicht den Satz.

„Unmöglich, wir erwarten sie in Bukarest“, entrüstet sich Albrich. „Du wirst diese Frau nie aus Deinem Kopf bekommen, was soll sie Dir noch alles antun, damit Du sie vergisst. Wir sind einfache Männer und nicht geschaffen für Frauen, die Ihre eigene Welt bauen. Sie sind zu stark und mächtig für uns. Das musst Du endlich lernen. Gehen wir schlafen, aus uns spricht der Alkohol und die Zigaretten, eine schlechte Liaison. Morgen sind wir endlich in Bukarest.“

07 Bukarest

Wie in den anderen Großstädten ist die Armut nach dem Krieg groß. Die Industrie erholt sich langsam, und unter dem König ist alles möglich für die, die Geld haben. Die Arbeiter werden unterdrückt und schuften sich zu Tode. Ein Aufstand wurde blutig niedergeschlagen. So schliddert die Stadt durch das Nachkriegschaos. Doch es gibt dieses Gefühl. Wir! Wir sind Rumänen. Befreit von der osmanischen Besatzung, der k. u. k. Monarchie und den Umtrieben der bulgarischen Expansion. Rumänien.

Auf dem Bahnsteig hält Kurtz Ausschau nach der Frau, doch er kann sie nicht finden, die Männer packen ihre Sachen und gehen Richtung Ausgang. Immer wieder blickt Kurtz zurück, doch nichts von ihr zusehen. Albrich lenkt Kurtz zum Taxistand, er hält an einem Fahrzeug, doch es war kein Taxi, dafür ist das Fahrzeug zu groß. Kurtz realisiert erst jetzt, dass es ein Botschaftsfahrzeug ist.

Der Chauffeur packt stumm alles in den hinteren Teil des Gefährts und bittet die Männer höflich einzusteigen. Dabei sieht er sich aufmerksam die Umgebung an. Als der Chauffeur im Fahrzeug sitzt, erkennen Kurtz und Albrich, wer der Mann ist.

„Herzog!“, ruft Albrich, „Du verdammter Mistkerl, Du hast den Krieg überlebt!“ Albrichs Lachen übertönt das Motorengeräusch des Fahrzeugs und Kurtz muss mit lachen.

„Wie hast Du das geschafft?“, fragt Kurtz, „Wir dachten wirklich, dich nicht mehr lebend wiederzusehen. Zu Deinem Gedenken haben wir uns in Berlin ordentlich besoffen und Deinen Kokainvorrat geschnupft.“

Herzog dreht sich nach hinten um und hat Tränen in den Augen, vor Lachen oder der Freude, die beiden Männer zusehen.

Mit tiefem Münchner Dialekt antwortet Herzog, „Na, hab’ mich so durchgemogelt bei den Russen. Die hatten so viel mit Ihrer Revolution zu tun, dass sie viele Gefangene freiließen und dann über die Ukraine hierher.“, dann mit ernstem Gesicht, „Ihr habt nicht zufällig was dabei, Pulver meine ich?“

Die drei schauen sich an. Wieder ertönt das Lachen der Männer in dem Fahrzeug.

„Nun fahr los!“, rief Albrich. Herzog fährt los und reiht sich in den Verkehr ein.

„Ach ja, wir haben einen neuen Chef im Laden, der ist für einige Überraschungen gut“, ergänzt Herzog.

„Welche Überraschungen haben wir zu erwarten?“, fragte Kurtz. Herzog dreht den Kopf kurz um, „Du wirst es sehen, vollkommen verrückt, der Kerl.“ Kurtz brummt nur und schweigt dazu.

08 Babette

Anfang 1920 wird Babette als Agentin von der deutschen Regierung nach Bukarest geschickt. Mithilfe ihres Kontaktmanns in Bukarest schmiedet sie einen Plan, um im Königspalast zu spionieren. Als Konsular-Mitglied kann sie im Palast ein und aus gehen und versucht, Zugang zu geheimen Informationen über die militärischen und politischen Pläne Rumäniens zu erhalten. Nachdem Babette mehrere Monate lang als Konkubine eines türkischen Konsuls gilt, gewinnt sie zunehmend an Gunst bei einigen aus dem engsten Kreis des Königs und ihr kommen vertrauliche Informationen zu Ohren. Es gelingt ihr, Beweise für ein Bündnis zwischen Türkei und Deutschlands langjährigem Feind Russland aufzudecken. Die Beweise lassen sie vermuten, dass die beiden Länder bald einen Angriff auf Rumänien planen. Babette organisiert schnell ihre Ressourcen, um eine Warnung nach Deutschland zu schicken, bevor es zu spät ist. Sie engagiert mehrere örtliche Informanten und es gelingt ihnen, eine verschlüsselte Nachricht herauszuschmuggeln, die Deutschland auf die Pläne aufmerksam macht.

---ENDE DER LESEPROBE---