Ein Traum und die Brücke zu Regensburg - U. B. Wudtik - E-Book

Ein Traum und die Brücke zu Regensburg E-Book

U. B. Wudtik

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Beschreibung

Eines Traumes wegen wandert Rabbi Abraham von Franken nach Regensburg, um auf der Steinernen Brücke den ihm verheißenen Schatz zu finden. Aber unter den dort erlebten skurrilen, banalen und dramatischen Szenen mit Soldaten, feinen Damen und Trinkern, einem Angler und einem Schlafwandler kann der Rabbi die Wahrheit lange nicht erkennen. Schließlich erfährt er sie aus dem Munde eines ahnungslosen Hauptmanns, der die Wahrheit seines eigenen Wissens nur verlacht, sich dann in einer Notlage aber doch als hilfsbereiter Mensch erweist. Auf dem langen Heimweg versucht Abraham zu verstehen, wie ihm die Erkenntnis über den Schatz in seinem Leben zugekommen ist. Ein umfangreiches Glossar hilft, Details aus der religiösen Praxis des Judentums, aber auch bedrückende historische Tatsachen zu verstehen.

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Seitenzahl: 110

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2025 novum publishing gmbh

Rathausgasse 73, A-7311 Neckenmarkt

[email protected]

ISBN Printausgabe: 978-3-7116-0390-6

ISBN e-book: 978-3-7116-0391-3

Lektorat: Dr. Michaela Schirnhofer

Umschlagabbildung: Olgacov | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen: U. B. Wudtik

www.novumverlag.com

Vorwort

Die Aufnahmen auf S. 7 zeigen den Neupfarrplatz (ehemaliges Judenviertel) in Regensburg. Auf dem oberen Bild sind die Neupfarrkirche und im Hintergrund die Türme des Domes zu sehen. In der Mitte erkennt man das Denkmal von Dani Karavan. Im unteren Bild zeigt das Denkmal die Lage der ehemaligen Synagoge.

Abrahams seltsamer Traum

Es ist lange, lange her und geschah in Franken. Dort gibt es bei Ebern ein Dorf namens Gemeinmolsdorf. In guter Nachbarschaft mit den Christen lebte in diesem Gemeinmolsdorf eine Gemeinde frommer Juden mit einem Rabbi. Jeden Morgen, wenn Rabbi Abrahams Frau in die Stube kam, saß ihr Mann vor den Büchern.

Manches Jahr hatten sie sparsam gelebt oder auch sehr sparsam leben müssen, damit Abraham ben Izchaks viel Zeit hatte, sich weiterhin dem Studium der heiligen Schriften und der Lehre zu ergeben. Aber selbst Jahre arger Not hatten sein Vertrauen auf den Herrn nicht erschüttern können. Zu Christen wie zu Juden, zu allen Menschen war Rabbi Abraham freundlich und hilfsbereit, allen wünschte er Frieden und den Segen des Herrn. Und wenn er jemandem in Gemeinmolsdorf eine Freude machen konnte, dann lachte sein Herz.

Abraham ben Izchaks, der Rabbi von Gemeinmolsdorf, sitzt also am Morgen vor seinen Büchern. Es sind dicke Schriften und Abraham verehrt sie. Seine Frau Sara weiß manchmal nicht, sitzt er schon da oder sitzt er noch da und studiert. So ist es auch heute. „Guten Morgen, lieber Abraham!“ begrüßt sie ihn und streichelt sanft über seine Hand. Er schaut gedankenverloren auf und blickt sie mit ernstem Gesicht an. „Guten Morgen, meine liebe Sara!“ erwidert er und streicht sanft über ihre Wange. So ist ihre Begrüßung jeden Morgen. Aber etwas ist doch anders heute. Sara sieht ihren Mann forschend an. Sonst war sein Gesicht froh und zufrieden, wenn sie ihn begrüßte, aber heute ist ihr Abraham so ernst, fast verwirrt. „Mein lieber Mann, du siehst so nachdenklich aus heute Morgen.“ Er blickt sie ruhig und ernst an. Dann sagt er: „Ja, meine liebe Frau. Ich sinne nach.“ „Worüber denkst du nach, lieber Rabbi Abraham? Über einen Satz aus der heiligen Thora?“ Er sieht sie lange ernst an, dann sagt er langsam: „Ich denke nach über einen Traum. Ich habe etwas Seltsames geträumt.“ Sara sieht den Rabbi ganz erstaunt an und rasch bekräftigt er: „Ja, über einen Traum denke ich nach.“ Sara setzt sich und rückt näher. „Lieber Abraham ben Izchaks, was hast du denn geträumt?“ Jetzt ist er fröhlich und lacht: „Ich habe geträumt, ich soll von Franken nach Baiern wandern. Stell dir das vor: von unserem Gemeinmolsdorf bis nach Reganesburg an der Donau.“ Sara ist erstaunt: „Aber Abraham, was sollst du denn in der fremden Stadt?“ Der Rabbi erzählt: „Dort in Reganesburg ist aus Stein eine Brücke gebaut über den Donaufluss. Und auf dieser Brücke würde ich einen Schatz finden und unser Glück erkennen.“ Sara lacht: „Dieses Märchen hast du geträumt?“ Abraham bekräftigt: „So hat man mir gesagt im Traum.“ Er denkt nach, dann blickt er Sara wieder lächelnd an: „Der Traum war ganz ernst und jetzt klingt es so lustig.“ Sara beugt sich zurück und rückt etwas weg. „Ach, lieber Abraham ben Izchaks, was man manchmal für Sachen träumt!“ Er nickt ihr zu und zeigt auf ein Buch: „Achtet nicht auf eure Träume, die ihr träumt, sagt Jeremias.“ Er deutet auf ein anderes Buch: „Und Sacharja schreibt: Träume reden Eitles, leer ist ihre Tröstung.“ Sara stimmt ihm zu: „Ja, mein lieber Mann: Träume reden Trug.“ Sie erhebt sich lächelnd: „Träume sind Schäume.“ Mit einer tiefen Verbeugung fährt sie fort: „Wie könnte der Herr, gepriesen sei er in Ewigkeit, von dir verlangen, dass du dein Studium unterbrichst und deinen Unterricht für die Talmudschüler!“ Sara blickt Abraham andächtig an: „Sprich den Segen, lieber Mann! Dann gehen wir an unsere Arbeit.“ Abraham erhebt sich: „Der Herr, ewig gepriesen sei sein Name, möge segnen unser Tagewerk! Er hat die Welt geschaffen, ihren Lauf hat er bestimmt. Was er tut, das ist wohlgetan.“ Er legt seine rechte Hand an ihre Wange. Innig und andächtig wünscht er: „Sein Friede sei mit dir!“ Sara erwidert andächtig: „Seinen Segen für deine Arbeit!“ Sie legt die Hand auf seinen Arm. „Sein Friede sei allezeit mit dir!“ Sara verlässt die Stube, Abraham holt Bücher aus einem Regal und legt sie für das spätere Studieren bereit. Dann nimmt er seine Gebetsriemen, befestigt sie an seiner Stirn und am linken Arm. Er beginnt sein Morgengebet.

Am nächsten Morgen ist es im Häuschen Rabbi Abrahams in Gemeinmolsdorf so wie am vorigen Tag: Als seine Frau in die Stube kommt, sitzt er, ohne zu lesen, sinnend vor seinen Büchern. Sara begrüßt ihn. „Guten Morgen, mein lieber Mann!“ Abraham blickt erstaunt auf: „Ach, guten Morgen, meine liebe Sara!“ Sie betrachtet ihn, dann sagt sie: „Abraham, Sohn Izchaks, du siehst wieder so nachdenklich aus. So ratlos wie gestern siehst du aus.“ Abraham hebt Arme und Schultern, dann lässt er sie wieder sinken. Aufgeregt erzählt er: „Ach, liebe Frau, dieser Traum von gestern!“ Er schüttelt beunruhigt den Kopf. „Er ist wiedergekommen in dieser Nacht.“ Sie tritt näher und sagt erstaunt: „Das ist aber seltsam!“ Sie überlegt kurz, dann tritt sie näher und setzt sich. „Mein lieber Rabbi Abraham! Seit du vier Jahre alt bist, hast du dich mit den heiligen Schriften befasst. Und noch mehr hast du das gemacht, seit du mit dreizehn Jahren ein Erwachsener geworden bist, ein Bar Mizwa. Denn da hast du dich ganz dem Studium der Thora und des Talmudes gewidmet. Aber nun kommt dieser Traum zum zweiten Mal und will dich weglocken von den hochheiligen Schriften.“ Sie deutet auf ein Buch: „So spricht doch Sirach: Die Träume sind Eitelkeit. Hänge dein Herz nicht daran, denn die Menschen werden durch Träume betrogen und in ihrem Vertrauen darauf getäuscht.“ Sie sieht ihn nachdenklich und fragend an und wartet auf seine Antwort. Abraham ben Izchaks, der Rabbi von Gemeinmolsdorf, erhebt sich, hält ein Buch hoch, schlägt auf und zitiert daraus mit strenger Stimme: „Liebe Sara! Bei Sirach, Ehre seinem Andenken, heißt es nicht so, wie du sagst: Träume sind Eitelkeit.“ Seine Frau beobachtet ihn genau. Der Rabbi fährt fort: „Vielmehr heißt es: Die Träume böser Menschen sind Eitelkeit. So steht es geschrieben bei Sirach!“ Er beugt sich demütig: „Zwar bin ich ein schwacher Mensch mit vielen Fehlern, aber ich bemühe mich stets, nichts Schlechtes zu tun und kein böser Mensch zu sein.“ Er belehrt weiter mit ernster Stimme: „Und der Prophet spricht: Viele werden betrogen. Er sagt aber nicht: Die Menschen werden betrogen.“ Sara will mehr über mögliche Folgen des Traumes erfahren: „Rabbi von Gemeinmolsdorf, so genau kennst du jedes Wort aus den heiligen Schriften. Wie, wenn es nun aber kein trügerischer Traum war, sondern eine Mitteilung von oben? Was ist dann zu tun?“ Da ist auch der Rabbi ratlos: „Ach, liebe Frau! Wer kann das wissen? Wer kann mir das richtig deuten?“

Sara fragt: „Sag mir, Rabbi Abraham ben Izchaks: Die Träume der Menschen, wie kommen sie zustande?“ Abraham setzt sich und zitiert aus einem anderen Buch: „So heißt es im Sohar: Die Seele verlässt den Menschen, wenn er sein Lager bezieht, und steigt aufwärts. In den höheren Sphären verkündet man ihr Dinge der nächsten Zukunft. Manchmal auch treibt man mit ihr Spott und verkündet ihr Täuschungen.“ Er hebt das Buch hoch: „So ist zu lesen im Sohar, im Buche des Glanzes.“ Sie sieht ihn schweigend an, dann fragt sie: „Sag mir, Rabbi Abraham: Der Talmud lehrt doch: Wie man einen Traum deutet, so erfüllt er sich.“ Abraham bestätigt das: „Richtig, liebe Frau! Das haben unsere Weisen in den Talmud geschrieben.“ Nun ist Sara zufrieden, ihrem Abraham diese Lehrsätze bewusstgemacht zu haben. Sie weiß ja: Er hat so viel Wissen im Kopf und ist ein so unpraktischer Gelehrter, dass er oft an das Nächstliegende nicht denkt. Sie beendet das Gespräch: „Wie dem auch sei, lieber Abraham, Rabbi von Gemeinmolsdorf: Der morgige Tag ist klüger als der heutige.“ Sie erhebt sich: „Der Segen des Herrn für dein Studium! Der Friede des Herrn sei allezeit mit dir!“ Abraham beschließt den Morgensegen: „Der Friede des Herrn sei allezeit mit dir. Deinem Tagewerk seinen Segen!“ Dann legt er seine Tefillin für das Morgengebet an.

Es war zu erwarten, und so kommt es auch: Der dritte Tag beginnt wie die beiden vorausgegangenen. Und Sara, die Frau des Rabbi Abraham von Gemeinmolsdorf, hat das geahnt: Sie kommt in die Stube und hat vorsorglich Wanderstab, Mantelsack und Brot mitgebracht. Ihr Abraham sitzt vor den heiligen Schriften, schon wieder oder noch. Aber dann sieht sie an seinen Tefillin, dass er sein Morgengebet bereits verrichtet hat. Etwas Ungewöhnliches hat ihn frühzeitig von Schlaf und Studium abgelenkt. „Lieber Mann, guten Morgen! Wie war es heute Nacht mit deinem Traum?“ Abraham vergisst auf den Morgengruß und gibt gleich die Antwort: „Ach, meine liebe Frau, es war wie gestern und vorgestern. Zum dritten Male habe ich geträumt, ich soll von Gemeinmolsdorf nach Baiern wandern. Wieder hat man mir gesagt, auf der Donaubrücke zu Reganesburg würde ich finden einen Schatz und erkennen unser Glück.“ „Aber, was nun, mein lieber Abraham ben Izchaks? Was wirst du jetzt tun?“ Er blickt sie lange und ernst an: „Ach, liebe Frau, was soll ich tun?“ Der Rabbi von Gemeinmolsdorf blättert unruhig in seinen Büchern. „Was sagen die heiligen Schriften?“ Gegen seine Gewohnheit, etwas aufzuschlagen und buchstabengetreu zu zitieren, erinnert er: „Hat nicht der Herr selbst in Ägypten dem Pharao kundgetan im Traume, was die Zukunft bringen wird? Hat Josef, sein Verdienst beschütze uns, nicht genau gedeutet den Traum des Großen Hauses von den sieben fetten und den sieben mageren Kühen? Hat Josef aus des Pharao Traum nicht treffend verkündet, was geschehen wird in zwei mal sieben Jahren? Hat nicht der Prophet Daniel, Ehre sei seinem Andenken, richtig gedeutet, was geträumt hatte Nebukadnezar, der König von Babylon?“ Abraham legt das Buch weg, windet sich unsicher, zuckt unschlüssig mit den Schultern und sieht Sara ratlos an: „Ach, liebe Frau, was muss ich tun? Jedenfalls werde ich mich entscheiden müssen. Ob ich nach Reganesburg gehe oder ob ich nicht gehe: Jedes kann richtig sein, jedes kann falsch sein. Ich werde mich entscheiden müssen, ob ich weiterhin studiere und lehre – oder ob ich unterbreche mein Bemühen um die heil’gen Schriften und wegen dieses Traumes von Gemeinmolsdorf nach Reganesburg wandere. Nur auf der Brücke kann ich erfahren, was zu tun recht war. Der Herr, gepriesen sei sein Name, hat geordnet die Welt, ihren Lauf hat er bestimmt. Er allein weiß, was richtig ist für mich. Der Herr, ewig gelobt sei er, wird mich das Richtige erkennen lassen.“ Sara schweigt, sie wartet auf seine Entscheidung. Auch Abraham schweigt. Lange beugt er sich nach rechts, nach links. Sie sieht, wie er sich windet und innerlich ringt, und das tut ihr weh. Abraham steht auf, unruhig geht er hin und her. Dann bleibt er entschlossen vor Sara stehen: „Ich werde von Franken nach Baiern wandern, von Gemeinmolsdorf bis in das ferne Reganesburg. Es muss sein. Nur so kann ich erfahren, ob der Traum mich genarrt hat oder ob von oben mir Wahres ist verkündet worden. Vielleicht werde ich auf der Steinernen Brücke die Wahrheit erkennen und unser Glück finden.“ Tief verbeugt bekennt der Rabbi: „Wenn der Herr, gepriesen sei sein Name, es in seiner Güte mir will zeigen.“

Sara reicht ihrem Mann für seine lange Wanderung den Wanderstab: „So zieh denn in Frieden, mein lieber Abraham!“ Sie reicht ihm den Sack und dann das Brot: „Da, nimm den Reisesack, mein lieber Mann! Und nimm auch das Brot. Der Segen