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"Wenn man glaubt, dass das Leben nicht besser werden kann, dann hat Blake Pierce ein weiteres Meisterwerk an Thriller und Mysterium geschaffen! Dieses Buch ist voller Wendungen und das Ende bringt eine überraschende Enthüllung. Ich empfehle dieses Buch jedem Leser, der sich an einem sehr gut geschriebenen Thriller erfreut, es sich anzuschaffen. " -Autor und Filmkritiker, Roberto Mattos (Fast So Gut Wie Vorüber) EIN UNHEIL (UND EIN PLUNDERSTÜCK) ist Band 5 einer charmanten neuen Cozy-Krimi-Reihe von Nr. 1 USA Today Bestsellerautorin Blake Pierce, deren Buch Verschwunden über 1.500 Fünf-Sterne-Rezensionen erhalten hat. Die Reihe beginnt mit Band 1: MORD (UND BAKLAVA). Als London Rose, 33, einen Heiratsantrag von ihrem langjährigen Freund erhält, wird ihr klar, dass eine stabile, vorhersehbare, vorherbestimmte (und leidenschaftslose) Zukunft vor ihr liegt. Verständlicherweise macht sie diese Vorstellung verrückt und sie läuft davon – sie nimmt einen Job am anderen Ende der Welt an: Als Reiseleiterin auf einem europäischen Luxusdampfer, der jeden Tag eine neue Stadt besucht. London sucht nach Romantik, nach Unvorhersehbarkeit und einem spannenden Leben, das sicher irgendwo da draußen auf sie wartet. London ist entzückt von ihrem neuen Leben: Die europäischen Kleinstädte, die sie besucht, sind historisch und bezaubernd. Jeden Abend legt sie in einem neuen Hafen an, kann schier endlose neue Gerichte probieren und lernt zahlreiche neue und interessante Leute kennen. Es ist wie ein Traum und alles andere als vorhersehbar. In Band 5, EIN UNHEIL (UND EIN PLUNDERSTÜCK) führt unsere Protagonistin in die bezaubernde Stadt Kopenhagen. London ist begeistert vom historischen Hafen Nyhavn mit den farbenfrohen Häusern, die die Straßen säumen. Sie besucht das wundervolle Gebäckfest, in dem das ganze Land darum wetteifert, den besten Plunder herzustellen. Doch als sie unglücklicherweise eine Leiche entdeckt, verwandelt sich Londons Traum in einen Alptraum. Sie hat nur wenig Zeit, das Verbrechen aufzuklären – oder selbst eingesperrt zu werden. Lustig, romantisch, liebenswert und voller interessanter Einblicke in Kultur und Küche, ist die Reihe LONDON ROSES EUROPAREISE ein spannender Trip durch das Herz Europas. Faszinierende Geheimnisse sorgen dafür, dass Sie sich bis zur letzten Seite fragen werden, wie es denn ausgehen wird. Band 6 der Reihe – CHAOS (UND EIN HERING) ist ebenfalls jetzt erhältlich!
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Veröffentlichungsjahr: 2021
EIN UNHEIL
(U N D E I N P L U N D E R S T Ü C K)
LONDON ROSES EUROPAREISE, BAND 5
B L A K E P I E R C E
Aus dem Englischen von Vanessa Gautschi
Blake Pierce
Blake Pierce ist Autor der erfolgreichen Mystery-Reihe RILEY PAGE, die aus siebzehn Büchern besteht. Blake Pierce ist ebenfalls Verfasser der MACKENZIE WHITE Mystery-Reihe, die vierzehn Bände umfasst; der AVERY BLACK Mystery-Reihe mit sechs Büchern; der fünfbändigen KERI LOCKE Mystery-Reihe; den sechs Büchern der MAKING OF RILEY PAIGE Mystery-Reihe; der KATE WISE Mystery-Reihe, die aus sieben Büchern besteht; der CHLOE FINE Psycho-Thriller-Reihe, die sechs Bände umfasst; der fünfzehnteiligen JESSE HUNT Psycho-Thriller-Reihe (Fortsetzung folgt); der Psycho-Thriller Reihe DAS AU-PAIR, die aus drei Bänden besteht; der ZOE PRIME Mystery-Reihe, die sechs Teile umfasst; der ADELE SHARP Mystery-Reihe mit zehn Bänden (Fortsetzung folgt); der LONDON ROSES EUROPAREISE Cosy-Krimi-Reihe, die bisher aus sechs Büchern besteht (Fortsetzung folgt); den drei Büchern des neuen LAURA FROST FBI Thrillers (Fortsetzung folgt); der neuen ELLA DARK FBI Thrillern mit bisher sechs Büchern (Fortsetzung folgt); der EIN JAHR IN EUROPA Cosy-Krimi-Reihe aus bisher drei Bänden (Fortsetzung folgt); der dreiteiligen AVA GOLD Mystery-Reihe (Fortsetzung folgt); sowie der RACHEL GIFT Mystery-Reihe, die aktuell aus drei Büchern besteht (Fortsetzung folgt).
Als treuer Leser und lebenslanger Fan des Genres rund um Mystery und Thriller, hört Blake gern von Ihnen, also besuchen Sie die Seite www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.
Copyright © 2021 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Vorbehaltlich der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, kaufen Sie bitte für jeden Empfänger ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und Sie es nicht gekauft haben, oder es nicht nur für Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann senden Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist eine erfundene Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder das Ergebnis der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist völlig zufällig.
BÜCHER VON BLAKE PIERCE
DIE FÄLLE DER AVA GOLD
BEUTESTADT (Band #1)
EIN LAURA FROST FBI-THRILLER
VOR LANGEM VERSCHWUNDEN (Band #1)
VOR LANGEM ENTDECKT (Band #2)
EIN ELLA-DARK-THRILLER
IM SCHATTEN (Band #1)
WEGGENOMMEN (Band #2)
EIN JAHR IN EUROPA
EIN MORD IN PARIS (Band #1)
TOD IN FLORENZ (Band #2)
RACHE IN WIEN (Band #3)
LONDON ROSES EUROPAREISE
MORD (UND BAKLAVA) (Band #1)
TOD (UND APFELSTRUDEL) (Band #2)
VERBRECHEN (UND BIER) (Band #3)
EIN UNGLÜCKSFALL (UND GOUDA) (Band #4)
EIN UNHEIL(UND EIN PLUNDERSTÜCK) (Band #5)
ADELE SHARP MYSTERY-SERIE
NICHTS ALS STERBEN (Band #1)
NICHTS ALS RENNEN (Band #2)
NICHTS ALS VERSTECKEN (Band #3)
NICHTS ALS TÖTEN(Band #4)
NICHTS ALS MORD (Band #5)
NICHTS ALS NEID (Band #6)
NICHTS ALS FEHLER (Band #7)
NICHTS ALS VERSCHWINDEN (Band #8)
NICHTS ALS JAGEN (Band #9)
DAS AU-PAIR
SO GUT WIE VORÜBER (Band #1)
SO GUT WIE VERLOREN (Band #2)
SO GUT WIE TOT (Band #3)
ZOE PRIME KRIMIREIHE
GESICHT DES TODES (Band #1)
GESICHT DES MORDES (Band #2)
GESICHT DER ANGST (Band #3)
GESICHT DES WAHNSINNS (Band #4)
GESICHT DES ZORNS (Band #5)
GESICHT DER FINSTERNIS (Band #6)
JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE
DIE PERFEKTE FRAU (Band #1)
DER PERFEKTE BLOCK (Band #2)
DAS PERFEKTE HAUS (Band #3)
DAS PERFEKTE LÄCHELN (Band #4)
DIE PERFEKTE LÜGE (Band #5)
DER PERFEKTE LOOK (Band #6)
DIE PERFEKTE AFFÄRE (Band #7)
DAS PERFEKTE ALIBI (Band #8)
DIE PERFEKTE NACHBARIN (Band #9)
DIE PERFEKTE VERKLEIDUNG (Band #10)
DAS PERFEKTE GEHEIMNIS (Band #11)
DIE PERFEKTE FASSADE (Band #12)
DER PERFEKTE EINDRUCK (Band #13)
DIE PERFEKTE TÄUSCHUNG (Band #14)
CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE
NEBENAN (Band #1)
DIE LÜGE EINES NACHBARN (Band #2)
SACKGASSE (Band #3)
STUMMER NACHBAR (Band #4)
HEIMKEHR (Band #5)
GETÖNTE FENSTER (Band #6)
KATE WISE MYSTERY-SERIE
WENN SIE WÜSSTE (Band #1)
WENN SIE SÄHE (Band #2)
WENN SIE RENNEN WÜRDE (Band #3)
WENN SIE SICH VERSTECKEN WÜRDE (Band #4)
WENN SIE FLIEHEN WÜRDE (Band #5)
WENN SIE FÜRCHTETE (Band #6)
WENN SIE HÖRTE (Band #7)
DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE
BEOBACHTET (Band #1)
WARTET (Band #2)
LOCKT (Band #3)
NIMMT (Band #4)
LAUERT (Band #5)
TÖTET (Band #6)
RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE
VERSCHWUNDEN (Band #1)
GEFESSELT (Band #2)
ERSEHNT (Band #3)
GEKÖDERT (Band #4)
GEJAGT (Band #5)
VERZEHRT (Band #6)
VERLASSEN (Band #7)
ERKALTET (Band #8)
VERFOLGT (Band #9)
VERLOREN (Band #10)
BEGRABEN (Band #11)
ÜBERFAHREN (Band #12)
GEFANGEN (Band #13)
RUHEND (Band #14)
GEMIEDEN (Band #15)
VERMISST (Band #16)
AUSERWÄHLT (Band #17)
EINE RILEY PAIGE KURZGESCHICHTE
EINST GELÖST
MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE
BEVOR ER TÖTET (Band #1)
BEVOR ER SIEHT (Band #2)
BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)
BEVOR ER NIMMT (Band #4)
BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)
EHE ER FÜHLT (Band #6)
EHE ER SÜNDIGT (Band #7)
BEVOR ER JAGT (Band #8)
VORHER PLÜNDERT ER (Band #9)
VORHER SEHNT ER SICH (Band #10)
VORHER VERFÄLLT ER (Band #11)
VORHER NEIDET ER (Band #12)
VORHER STELLT ER IHNEN NACH (Band #13)
VORHER SCHADET ER (Band #14)
AVERY BLACK MYSTERY-SERIE
MORDMOTIV (Band #1)
FLUCHTMOTIV (Band #2)
TATMOTIV (Band #3)
MACHTMOTIV (Band #4)
RETTUNGSDRANG (Band #5)
SCHRECKEN (Band #6)
KERI LOCKE MYSTERY-SERIE
EINE SPUR VON TOD (Band #1)
INHALTSVERZEICHNIS
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
KAPITEL SECHSUNDZWANZIG
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
KAPITEL ACHTUNDZWANZIG
KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
KAPITEL DREISSIG
KAPITEL EINUNDDREISSIG
KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG
KAPITEL DREIUNDDREISSIG
KAPITEL VIERUNDDREISSIG
KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG
KAPITEL SECHSUNDDREISSIG
KAPITEL SIEBENUNDDREISSIG
KAPITEL ACHTUNDDREISSIG
KAPITEL NEUNUNDDREISSIG
KAPITEL VIERZIG
Der Schlamassel begann, als London Rose ihr Frühstück in ihrer Kabine beendete. Ihr surrendes Handy hielt sie davon ab, die letzten Bissen ihrer Eier Benedikt zu genießen. Doch als sie sah, wer anrief, wusste sie, dass sie abheben musste.
Die ihr bekannte Stimme mit englischem Akzent klang aufgeregter als sonst.
„Ähm, Miss Rose … Es scheint, ähm … Ich hoffe, ich rufe nicht zu früh an.“
„Gar nicht, Kapitän Hays“, erwiderte sie. „Was kann ich für Sie tun?“
„Na ja, es ist nicht so einfach zu erklären …
Der Kapitän verstummte. London schien es, als wäre der üblicherweise unerschütterliche Gentleman beunruhigt.
„Ich fürchte, wir haben ein kleines Problem“, sagte er schließlich. „Vielleicht könnte man es sogar einen Notfall nennen. Könnten Sie sich bitte umgehend aufs Rondodeck begeben?“
London wurde selbst zusehends nervös. Was für ein Problem konnte einen Kapitän wie diesen beunruhigen – abgesehen von einem ‚Eisberg voraus‘? Und was könnte sie, als Social Director des Schiffs dagegen unternehmen?
„Ich bin gleich da“, erwiderte sie hastig und beendete den Anruf.
Sie nahm einen letzten Schluck Kaffee, dann duckte sie sich in ihr Badezimmer und bürstete sich durch ihr kurzes kastanienbraunes Haar. Sie sah im Spiegel in ihre hellblauen Augen und sagte sich: „Das muss reichen.“
Als sie das Badezimmer verließ, saß ihr kleiner Yorkshire Terrier bereits vor der Tür – bereit, um sich ihr anzuschließen.
„Nicht jetzt, Sir Reggie“, sagte sie. „Der Kapitän klang überaus beunruhigt. Du solltest hierbleiben.“
Sir Reggie winselte.
„Außerdem“, ergänzte sie mit strengem Tonfall, „hast du noch nicht einmal dein Frühstück gegessen.“
Der kleine Hund knurrte, rückte aber zur Seite und versuchte nicht, London zu folgen, als sie in den Flur hastete. Sie wusste, dass er sein kleines Hundetürchen benutzen konnte, um das Zimmer zu verlassen, aber sein Frühstück würde vermutlich an erster Stelle stehen.
Ihre Kabine befand sich auf dem Allegrodeck, der tiefsten Ebene des umherfahrenden Flussschiffes. Der Aufzug am Ende des Korridors würde sie am schnellsten zum Rondodeck bringen. Als sie darauf zuging, hörte sie die Stimme des Kapitäns durch die Lautsprecheranlage dröhnen.
„Guten Morgen, liebe Epoch World-Reisende. Ich habe eine eher dringliche Bitte … Ähm, mehr ein Befehl, tatsächlich. Alle Passagiere, die sich derzeit auf dem Rondodeck aufhalten, müssen das Deck sofort verlassen. Alle anderen Passagiere halten sich bitte dem Rondodeck bis auf weiteres fern. Und …
Der Kapitän hielt erneut inne, dann fügte er hinzu: „Vor allem aber, seien Sie nicht beunruhigt über allfällige, ähm, Veränderungen oder Störungen oder … ungewöhnliche Vorkommnisse. Niemand ist in Gefahr. Das ist für den Moment alles.“
London bezweifelte, dass die Ankündigung des Kapitäns die Leute beruhigen würde. Einige ihrer Passagiere waren bereits nervös, weil das Flussschiff Nachtmusik den Fluss herber durchschnitt als üblich. Seit ihrer Abfahrt in Amsterdam waren sie über die offene See gen Kopenhagen gesegelt. Obwohl das yachtähnliche Schiff dank anpassungsfähigen Motoren und speziell entwickeltem Ballastsystem dazu in der Lage war, so wurde es von den Wellen von Zeit zu Zeit durchgeschüttelt.
Einige Passagiere waren seekrank geworden, andere dagegen einfach nur genervt. Zum Glück hatten die meisten von ihnen, wie London selbst, viele Reisen an Land, über Flüsse, Seen, Meere und in der Luft zurückgelegt und wurden nicht seekrank.
Als London den Aufzug erreichte, bemerkte sie, dass er bereits in Benutzung war.
Sie drehte sich ab, um die Wendeltreppe nach oben zu gehen, dann aber hörte sie, wie sich auf der Treppe über ihr ein Aufruhr bemerkbar machte. Offenbar benutzten viele Leute den Aufzug wie auch die Treppe – entweder um sich vom Rondodeck zu entfernen oder um zurück zu ihren Kabinen zu gehen.
Oder, dachte sie, vielleicht sind sie auf dem Weg zur Bar.
Sie hoffte bloß, dass es nicht zu einer Massenpanik kommen würde.
Sie hörte, wie sich die Aufzugtüren öffneten und drehte sich wieder zum Fahrstuhl herum. Mehrere Passagiere, deren Kabinen sich hier auf der Allegro-Ebene befanden, traten daraus, sahen verängstigt aus.
„London, was ist hier los?“, fragte einer von ihnen.
„Was hat der Kapitän damit gemeint?“, wollte ein weiterer wissen.
London suchte nach den richtigen Worten – aber natürlich hatte sie keine angemessene Antwort parat, zumal sie noch nicht einmal wusste, was sich zugetragen hatte.
„I-ich bin mir sicher, dass alles gut werden wird. Bewahren Sie Ruhe. Und bitte, lassen Sie mich durch.“
Die Gruppe trat beiseite, sodass London den Aufzug betreten konnte. Sie benutzte ihre Mitarbeiterkarte, um direkt zum Oberdeck zu gelangen.
Ihre Besorgnis nahm zu, während der Aufzug emporstieg. Der Kapitän wollte, dass sie zum Rondodeck kam, aber gleichzeitig hatte er allen gesagt, dass sie sich davon fernhalten sollten. Sie fragte sich, was für ein Problem es zu lösen galt.
Als die Aufzugtüren sich öffneten, trat London schnell aus dem Fahrstuhl heraus, denn mehrere nervöse Passagiere standen davor, um ihn zu besteigen. Sie sah, dass weitere Passagiere in der Schlange standen, um die Treppe nach unten zu nehmen.
Sie hastete auf das Freiluftdeck hinaus, dann musterte sie erstaunt ihre Umgebung. Sogar um diese Zeit wimmelte es hier sonst nur so von Leuten und heiterer Stimmung. Passagiere genossen üblicherweise die frische Luft in den Liegestühlen, schwammen im kleinen Becken oder spielten Shuffleboard auf dem dafür geschaffenen Feld.
Heute aber hasteten Schiffsangestellte vor und zurück, räumten Liegestühle und Sonnenschirme weg und nahmen alles vom Deck, was nicht angeschraubt war. Der korpulente Kapitän mittleren Alters eilte auf dem Deck herum. Sein walrossartiger Schnurrbart bewegte sich ununterbrochen, während er Befehle erteilte.
Er fauchte ein paar umherstreifende Passagiere an, und das mit unüblicher Strenge.
„Sie beide! Habe ich nicht gerade gesagt, dass sich alle Passagiere aufs Deck unter uns begeben sollen?“
London kannte die beiden Passagiere ziemlich gut und war nicht überrascht, als der schwarz gekleidete Mann mit dem dichten schwarzen Haar sich nicht bewegte.
Eine großgewachsene Frau mit einer Unmenge an Locken zog an seinem Ärmel.
„Vielleicht sollten wir tun, was er sagt, Schätzchen“, schlug Audrey Bolton vor.
„Humbug“, erwiderte Cyrus Bannister mit seinem typischen arroganten Grinsen. „Das lasse ich mir auf keinen Fall entgehen.“
Der Kapitän schüttelte frustriert seinen Kopf, als London auf ihn zuging.
„Sir, was ist los?“, fragte London ihn.
„Das ist, was los ist“, sagte der Kapitän und zeigte aufs Wasser hinaus.
Es war weit und breit kein Land in Sicht. Aber Londons Kinnlade fiel angesichts dessen, was sie erblickte, erstaunt herunter. Ein Helikopter flog auf die Nachtmusik zu. Sie hatte das ferne Brummen seines Motors wegen des Aufruhrs auf dem Deck nicht gehört. Aber jetzt wurde das Geräusch Sekunde um Sekunde lauter.
„Wir müssen uns auf die Landung vorbereiten!“, schrie Kapitän Hays, bevor er davoneilte, um mehr Befehle zu erteilen.
„Eine Landung? Humbug!“, sagte Cyrus mit einem sardonischen Lachen. „Ein Helikopter dieser Größe würde das Schiff versenken, wenn er versuchen würde, hier zu landen. Ich glaube, es wird etwas Anderes – und Aufregenderes – geschehen.“
Aufregender als ein sinkendes Schiff?, fragte sich London.
Cyrus war ein herablassender, unsympathischer Besserwisser, der ein breitgefächertes Wissen über allerhand Themen besaß – von klassischer Musik und bekannten Malern bis hin zu Hunderassen. Er wusste meistens, wovon er sprach.
Ich schätze, er weiß auch mehr über Helikopter als ich, dachte sie sich.
„Ich finde wirklich, dass wir gehen sollten“, sagte Audrey mit drängender Stimme zu Cyrus.
„Oh nein, mein Schatz“, antwortete Cyrus. „Du wirst es nicht bereuen, hierzubleiben und das mitanzusehen. Das verspreche ich dir.“
In der Zwischenzeit kam das Schiff beinahe zu einem Halt, um sich auf, was auch immer folgen würde, vorzubereiten.
Binnen kürzester Zeit war der Helikopter besser zu sehen. An seiner Flanke erstreckte sich ein bekanntes Firmenlogo mit dem Namen ‚Epoch World Cruise Lines‘. Der Hubschrauber näherte sich dem Deck und die sich drehenden Propellerflügel beschworen einen kräftigen Wind herauf, der die aufgestapelten Möbel durchrüttelte und die Leute erfasste, die noch auf dem Deck waren.
Das Geräusch war ohrenbetäubend und London haderte damit, ihren Stand zu bewahren. Sie war dankbar dafür, dass die Crew es geschafft hatte, alles in Sicherheit zu bringen, was lose gewesen war. Andernfalls wäre alles herum und über Bord geflogen.
Der Hubschrauber senkte sich, dann schwebte er etwa zwanzig Meter über dem Deck – und das nicht allzu eben, wie sich London dachte.
„Das wird eng werden!“, schrie Cyrus über das Rattern der Propeller.
Was wird eng werden?, fragte sich London.
Cyrus ergänzte: „Es wäre einfacher, wenn der Pilot warten würde, bis das Schiff zu einem Halt gekommen ist. Das würde mehrere Minuten dauern. Aber ich schätze, jemand muss es eilig haben. Das wird einem sehr guten Piloten bedürfen.“
Dann wurde die Tür des Hubschraubers geöffnet.
„Meine Güte!“, schrie Audrey. „Wird jemand da rausspringen?“
Cyrus lachte überheblich.
„Kann man so sagen“, erwiderte er. „Aber mach dir keine Sorgen. Niemand wird gegen das Deck klatschen – glaube ich, zumindest. Nicht, wenn sie wissen, was sie tun.“
Es war das einzige Mal, dass London sich wünschte, dass Cyrus überzeugter geklungen hätte.
Ein Seil fiel aus der Hubschraubertür, landete beinahe auf dem Deck. Ein Mann mit einem Helm auf seinem Kopf und einem kakifarbenen Fliegeroverall erschien in der Tür und ließ seine Beine in der Luft baumeln.
„Ich hoffe, dieser Kerl ist gut ausgebildet“, sagte Cyrus, begann, etwas besorgt zu klingen. „Ich habe noch nie versucht, mich unter diesen Bedingungen von einem Hubschrauber abzuseilen.“
London wusste, dass sie nicht hätte überrascht sein sollen, zu hören, dass Cyrus das hier auch schon gemacht hatte.
Gibt es irgendetwas auf dieser Welt, über das er nicht Bescheid weiß?, fragte sie sich.
Dann stieß sich der Mann vom Hubschrauber ab und schmiss sich in die Luft.
London schnappte schockiert nach Luft, zumal er wie ein Stein gen Boden zu fallen schien.
Aber er brachte seine Bewegungen schnell unter Kontrolle, glitt am Seil hinab und bremste immer mehr ab, bis seine Füße rund dreißig Zentimeter über dem Deck schwebten.
Dann ließ er sich fallen, landete in einer kauernden Stellung.
Er ließ das Seil los, welches sich schnell wieder in den Hubschrauber zurückzog.
Der Mann kam mit einem saloppen Lächeln auf London, Cyrus und Audrey zu.
„Wie aufregend das war!“, gab er über den Lärm des Motors hinweg von sich. „Und das Wetter ist fantastisch!“
London rang nach Luft, als sie diese ruhige, kultivierte Stimme wiedererkannte.
Sie zückte ihr Handy und rief Amy Blassingame, die Concierge des Schiffs, an.
„Amy, wir müssen den Beethoven-Plan ins Rollen bringen!“, sagte sie. „Und zwar schnell!“
Trotz des Hubschrauberlärms über ihrem Kopf konnte London die Concierge am anderen Ende der Leitung nach Luft ringen hören.
„Wollen Sie damit sagen, dass er eingetroffen ist?“, fragte Amy. „Jetzt schon?“
„Ja, gerade eben“, erwiderte London.
„Aber wie? Ich dachte, er würde sich uns erst in Kopenhagen anschließen. Hat er etwas mit den komischen Geräuschen zu tun?“
„Ja, hat er. Er ist eben per Hubschrauber eingetroffen.“
„Per was?“
„Amy, ich habe keine Zeit für Erklärungen. Bringen Sie einfach den Beethoven-Plan ins Rollen. Und zwar so schnell wie möglich.“
„Werde ich“, antwortete Amy.
Als sie den Anruf beendete, hatte sich der Neuankömmling einem dramatischen Kleiderwechsel unterzogen. Er hatte seinen Helm abgenommen und seinen Fliegeroverall ausgezogen, stand jetzt in einer violetten Smokingjacke, einem farbenfrohen Seidenschal, bequemen Falthosen und einem Paar Hausschuhen da. Es war kaum zu glauben, dass er eben erst einen waghalsigen Abstieg aus einem Hubschrauber gemacht hatte. Tatsächlich sah er so aus, als wäre er gemütlich zu Hause in seinem luxuriösen Penthouse in New York.
Was auch der Ort war, an dem London ihn zuvor gesehen hatte. Der Mann war zweifellos Jeremy Lapham, der CEO von Epoch World Cruise Lines.
London hatte Mr Lapham noch nie persönlich getroffen, hatte nur Videochats mit ihm geführt. Und sogar dann hatte sie nur selten sein ganzes Gesicht gesehen. Seine Kamera war üblicherweise in einen bizarren Winkel gedreht, sodass sie nur sein gespaltenes Kinn und seine aristokratischen Lippen gesehen hatte.
Jetzt konnte sie sein gesamtes Antlitz sehen, welches lächelnde grüne Augen und eine glatt gebürstete, stahlgraue Mähne beinhaltete. Er war kein junger Mann, aber er schien definitiv energiegeladen und nicht etwa erschöpft von seiner Ankunftsmethode.
London und Kapitän Hays rasten beide auf ihn zu, um ihn zu begrüßen, und er schüttelte ihnen eifrig die Hände.
„Eine Vorstellungsrunde erübrigt sich, nehme ich an“, sagte Lapham mit so lauter Stimme, dass er den Lärm über ihren Köpfen übertönte. „Es ist mir ein Vergnügen, Sie endlich in Person kennenzulernen, London Rose. Und Sie auch, Kapitän Hays.“
Dann ergänzte er: „Obwohl ich wünschte, dass die Umstände nicht so besorgniserregend wären.“
Cyrus und Audrey schienen beide unheimlich beeindruckt.
„Toll gemacht, Sir“, sagte Cyrus Bannister. „Ein meisterhafter Absprung.“
„Wirklich atemberaubend!“, sagte Audrey Bolton zu ihm, dann meinte sie zu London: „Wollen Sie uns nicht vorstellen?“
„Ja bitte“, sagte Mr Lapham zu London.
London tat ihr Bestes, um trotz des lauten Wummerns des Motors die drei miteinander bekannt zu machen.
„Sie sind also Jeremy Lapham höchstpersönlich!“, gab Cyrus von sich und sah jetzt noch beeindruckter aus als zuvor. „Ich verfolge ihre Geschäfte in den Finanznachrichten schon seit Jahren.“
„Ach du meine Güte, wie langweilig für Sie!“, sagte Mr Lapham lachend.
„Sie wissen definitiv, wie man einen dramatischen Auftritt hinlegt“, ergänzte Audrey Bolton. Mr Lapham zuckte mit den Achseln und sagte: „Ich mag es, in Form zu bleiben. Wenn man das Leben in einem Sitzungszimmer verbringt, sitzt man viel zu viel.“
Dann richtete der CEO seine Aufmerksamkeit wieder auf den Hubschrauber. Etwas, das aussah wie eine Unmenge Gepäck, wurde herabgesenkt und die Schiffscrew stellte sicher, dass die Ladung heil landete, um sie dann von den Seilen zu lösen.
Der CEO meinte zum Kapitän: „Stellen Sie sicher, dass es Siegfried sicher an Bord schafft.“
„Siegfried?“, fragte Kapitän Hays, sah hoch, als würde er erwarten, einen weiteren Mann aus dem Hubschrauber springen zu sehen.
„Sie werden ihn erkennen, wenn Sie ihn sehen“, sagte Mr Lapham lachend.
„Na gut“, meinte Kapitän Hays. „Da es Ihr erster Besuch an Bord Ihres Flussschiffs ist, bin ich sicher, möchten Sie sich gerne umsehen. London wird Sie gerne herumführen.“
Kapitän Hays warf London einen flehenden Blick zu, der ihr sagte, wie angestrengt er Mr Lapham zufriedenzustellen versuchte. Sie konnte verstehen, warum. Mr Lapham war hier, um über die Zukunft des Nachtmusik-Schiffes zu entscheiden. Und das stand in direktem Zusammenhang mit der Anstellung aller Beschäftigten und Crew-Mitglieder. London hoffte, dass sie der Aufgabe gewachsen war und sie ihn in die richtige Richtung lenken würde.
„Selbstverständlich“, erwiderte London.
„Sehr schön“, meinte Mr Lapham zu London, dann sagte er zum Kapitän: „London und ich werden Sie in Ihrer Kabine aufsuchen, sobald wir unseren Rundgang beendet haben.“
„Ich freue mich schon darauf“, erwiderte Kapitän Hays.
Auf dem Großteil des Freiluft-Rondodecks, welches seiner üblichen Einrichtungen entledigt worden war, konnte London nicht viel zeigen, also führte sie Mr Lapham zum Heck der Nachtmusik. Sie musste noch immer etwas schreien, damit er sie trotz der Maschine über ihren Köpfen hören konnte.
Sie deutete auf den bedachten Imbissraum und sagte zu Mr Lapham: „Ich weiß, dass er im Moment leer ist, aber das Sonnendeck und der Imbissraum sind üblicherweise randvoll mit unseren Gästen. Natürlich haben wir sie für Ihre Landung geräumt, aber es werden sicher alle bald zurückkehren.“
London blickte zurück und sah, dass der Kapitän noch immer das Abladen des Gepäcks überwachte und, dass Cyrus und Audrey in Richtung Aufzüge liefen.
Während London den CEO zum blau gekachelten Pool führte, bemerkte er: „Sehr schön. Darin würde ich selbst gerne eine Runde schwimmen.“
Dann musterte er das Deck und ergänzte: „Es scheint wirklich ein nettes Schiff zu sein. Genauso, wie ich es erwartet habe, als unsere Unternehmung es gekauft hat. Ein Flussschiff, das eher einer Yacht gleicht. Ein Meisterstück aus Ingenieurskunst und Design. Klein und schnittig genug, um sogar durch die engsten Kanäle zu kommen, aber speziell entwickelt dazu, auch auf offener See zu segeln.“
Er blickte über das Geländer auf die rollenden Wellen hinab und fragte sie: „Wie war die Reise von Amsterdam? Nicht zu holprig, hoffe ich.“
London lächelte, wusste ganz genau, was er damit meinte. Er wollte wissen, wie die Transformation, der die Nachtmusik unterzogen worden war, gelaufen war. Das Schiff war von einem ruhigen Fluss übergegangen auf drei Tage auf hoher See.
„Na, es war anders“, antwortete sie. „Aber das Schiff hat sich gut anpassen können.“
„Es freut mich, das zu hören“, erwiderte Mr Lapham. „Ich nehme an, Sie sind nahe an der Küste entlanggefahren, bevor Sie gen Westen an den Wadden Islands vorbeigesegelt sind. Dann weiter an der deutschen Küste entlang, hinüber zu Dänemarks Jutland-Halbinsel, bis sie die Skaggerak-Meerenge durchquert haben.“
„Ganz genau, Sir“, erwiderte London, beeindruckt über sein umfangreiches Wissen über die Reiseroute der Nachtmusik.
„Und jetzt sind wir hier“, fuhr er fort. „Im Kattegat-Meer zwischen Schweden und der Zealand-Insel auf unserem letzten Abschnitt unserer Reise.“
„Und morgen früh werden wir in Kopenhagen eintreffen.“
„Ah, Kopenhagen!“, sagte Mr Lapham seufzend. „Ich bin der entzückenden Stadt viel zu lange ferngeblieben. Es wird schön sein, sie wiederzusehen. Obwohl es äußerst bedauerlich ist, dass es vier Morden bedurft hat, um mich zurückzubringen.“
„Ja, das ist wirklich bedauerlich“, antwortete London.
Natürlich wusste sie, dass ‚bedauerlich‘ eine Untertreibung war. Die Überfahrt war von Anfang an mit Schwierigkeiten behaftet gewesen, seit sie ihre Reise in Ungarn begonnen hatten. Das Schiff hatte sich in beunruhigender Nähe zu Tatorten in Győr, Salzburg, Regensburg und Amsterdam befunden. Und jede Krise hatte Störungen und Verzögerungen mit sich heraufbeschworen. Was am schlimmsten war … Oftmals war der Verdacht auf Leute an Bord gefallen. London selbst inbegriffen. Bis die wahren Täter aufgespürt worden waren. Und sie hatte es sogar für nötig befunden, die Schuldigen höchstpersönlich zu identifizieren.
London wusste, dass Mr Lapham persönlich hierhergekommen war, um sich um die Probleme, die sich aus all diesen Desastern und Verzögerungen ergeben hatten, zu kümmern. Aber niemand hatte erwartet, dass er so einen dramatischen Auftritt hinlegen oder so bald eintreffen würde. Sie hatten gedacht, dass er in Kopenhagen auf sie warten würde, wenn sie dort anlegten.
Jetzt, wo Mr Lapham hier war, wusste London nicht, was für Schritte er einleiten würde. Die Angestellten waren aufgrund Gerüchten, dass er die Kreuzfahrt verkürzen würde, beunruhigt.
Wenn das wahr ist, dachte sie, müssen wir ihm das wirklich ausreden.
Der CEO rieb sich eifrig die Hände und sagte: „Also, sehen wir uns mehr von meinem ganzen Stolz an.“
London und Mr Lapham gingen zurück, vorbei an der Aufregung, die sich unter dem schwebenden Hubschrauber abspielte, und zur Haupttreppe. Es war eine Erleichterung, das Geräusch etwas leiser werden zu hören, als sie ein Stockwerk nach unten gingen, doch der Lärm war selbstverständlich beunruhigend für die nervösen Passagiere, die sich um sie herum scharten, als sie das Menuettodeck betraten.
„Was war das, London?“, wollte einer von ihnen wissen. „Warum wurde ich von meinem Lieblings-Liegestuhl weggescheucht?“
„Stimmt es, dass da oben gerade ein Hubschrauber gelandet ist?“, frage ein weiterer.
„Ist das der Grund für all den Lärm?“, fragte noch einer.
„Was ist hier los?“, wollte ein vierter wissen.
London schaffte es, ein rückversicherndes Lächeln aufzusetzen.
„Er ist nicht direkt gelandet“, sagte sie. „Tatsächlich schwebt er immer noch über uns.“
„Werden wir von Terroristen überfallen?“, fragte eine verängstigte Frau.
Mr Lapham lachte und sagte: „Oh, ich hoffe nicht. Jedenfalls sehe ich mich nicht als Terrorist.“
„Der Hubschrauber hat einen weiteren Gast an Bord gebracht“, sagte London zur Gruppe. „Darf ich vorstellen? Jeremy Lapham, der CEO von Epoch World Cruise Lines.“
Die Passagiere starrten den lächelnden, eleganten älteren Herrn, der aus dem Nichts aufgetaucht war und überhaupt nicht so aussah, als wäre er gerade aus einem Hubschrauber gesprungen, mit offenstehenden Mündern an.
Offensichtlich unberührt über ihr Erstaunen, sah sich Mr Lapham im Empfangsbereich um, welcher der Lobby eines kleinen, aber luxuriösen Hotels ähnelte. London zeigte auf die großen Glastüren am einen Ende und sagte: „Hier drüben findet das Boarding statt. Wenn wir angedockt haben, fährt eine Gangway aus, die dann ans Ufer führt.“
Sie verkniff es sich, zu ergänzen: „Jedenfalls das übliche Boarding“, und sagte stattdessen: „Kommen Sie, ich werde Ihnen den Rest des Schiffs zeigen.“
Aber in diesem Moment hörte sie einen Tumult im Korridor, der sich zwischen den luxuriösesten Zimmern und Suiten des Schiffes befand. Die Auseinandersetzung war laut genug, um sogar das Wummern des Hubschraubers über dem Schiff zu übertönen.
Eine laute harsche Stimme protestierte: „Ich werde nicht gehen! Sie haben kein Recht, mich rauszuschmeißen!“
London verkniff sich ein Ächzen, als sie begriff, was hier vor sich ging.
Der Beethoven-Plan muss im Gange sein, dachte sie.
Zu Londons Entsetzen lief Mr Lapham den Korridor hinab, in Richtung der Auseinandersetzung.
„Oh nein“, sagte sie nach Atem ringend und eilte ihm nach.
Wenn es sich dabei darum handelte, was sie befürchtete, wäre es ihr lieber gewesen, wenn Mr Lapham diese Szene nicht bezeugen hätte.
Als sie an der Quelle des Radaus ankamen, stellte sich heraus, dass es ganz genau das war, was London befürchtet hatte.
Der kurzgewachsene, stämmige Mann im Korridor, der seine maßgefertigte, verspiegelte Sonnenbrille aufhatte, schrie eine kleine dunkelhaarige Frau an, die eine offene Tür blockierte. Was aussah, wie die Habseligkeiten des Mannes, waren auf einem Wagen im Korridor aufgestapelt.
„Ich habe es dir gesagt, Bob“, sagte die Frau zum verärgerten Mann. „Wir brauchen diese Suite für einen VIP-Gast.“
Als der Sicherheitsangestellte des Schiffs in Salzburg an Bord gekommen war, war nur die Beethoven-Luxussuite noch frei gewesen. Dann, als Mr Lapham sie hatte wissen lassen, dass er sich ihnen anschließen würde, war es Amy Blassingames Job gewesen, ein neues Zimmer für Bob Turner zu finden und die Suite für Mr Lapham herzurichten. Aber der CEO war früher als erwartet eingetroffen und offenbar hatte die Concierge den Auftrag nicht besonders geflissentlich ausgeführt.
„Wer ist so eine große Nummer, dass er mein Zimmer bekommt?“, wollte Bob wissen.
„Hier scheint etwas Bestürzung in der Luft zu liegen“, unterbrach Jeremy Lapham die beiden. „Kann ich irgendwie helfen?“
Das beiden Streithähne drehten sich überrascht um, schienen kurz davor, auch mit dem Neuankömmling einen Streit anzuzetteln. London nahm einen Schritt nach vorne und intervenierte.
„Mr Lapham“, sagte sie. „Darf ich vorstellen? Bob Turner und Amy Blassingame. Bob und Amy, das ist unser CEO und der Inhaber der Nachtmusik, Jeremy Lapham.“
Mr Lapham hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht.
„Natürlich, zwei der wertvollsten Mitarbeiter an Bord der Nachtmusik“, sagte er, schüttelte den beiden die Hände. „Es freut mich, Sie kennenzulernen, Miss Blassingname. Und Bob – es wurde auch Zeit, dass wir einander begegnen. Immerhin war es meine Idee, dich anzustellen.“
London erinnerte sich daran, wie Mr Lapham gesagt hatte, dass der Sicherheitsangestellte, den er dem Team beigefügt hatte, sein Cousin war, er ihm aber noch nie begegnet war.
„Ähm, sehr erfreut, Sir“, sagte Bob, schien endlich zu begreifen, wen er vor sich hatte, und schüttelte Mr Laphams Hand nervös.
„Für dich nicht Sir, mein Guter“, erwiderte Mr Lapham mit einem freundlichen Spötteln. „Jeremy. Immerhin sind wir miteinander verwandt. Aber was habe ich da gehört … Ich nehme dir dein Zimmer weg?“
Bob war nicht mehr in Stimmung, Einwände zu machen.
„Oh, es ist kein Problem, Sir – ähm – Jeremy“, erwiderte er. „Überhaupt kein Problem.“ Er deutete mit dem Kinn auf Amy und ergänzte: „Diese Dame sagt, dass ich nach unten ziehen werde, um mir eine Kabine mit einem Freund, Stanley Tedrow, zu teilen. Das wird schon.“
„Bist du dir sicher?“, fragte Mr Lapham. „Ich will dir keine Umstände bereiten.“
„Es ist überhaupt nicht umständlich“, sagte Amy. „Wir haben Mr Tedrows Zimmer bereits ein weiteres Bett hinzugefügt. Und er hat absolut kein Problem damit.“
Mr Lapham legte eine Hand auf Bobs Schulter und sagte: „Na, das Mindeste, was ich tun kann, ist, dir für deine exzellente Arbeit auf dieser Reise zu danken. Es ist kein leichtes Unterfangen, drei Mörder binnen weniger Tage das Handwerk zu legen.“
Natürlich wusste London, dass Bob nichts dergleichen getan hatte. Aber wenn er über das unverdiente Lob erstaunt war, so zeigte er es nicht. Tatsächlich zeigte er sich gespielt bescheiden.
„Oh, das war doch keine große Sache“, meinte Bob. „Ein ganz normaler Tag für jemandem wie mich. Aber ohne meinen Partner, Sir Reggie, dem Wunderhund, hätte ich es nicht geschafft.“
Mr Lapham legte interessiert seinen Kopf schief.
„Oh, ja. Ich habe Geschichten über dieses bemerkenswerte Tier gehört. Er muss ein wahrhaft formidables Geschöpf sein. Vielleicht sogar eher bedrohlich.“
Bob lachte. „Ja, Sir Reggie ist geradezu ein wildes Tier. Eine verbrechensbekämpfende Kraft, mit der man sich nicht anlegen will. Wenn er da ist, will man nicht auf der falschen Seite des Gesetzes stehen.“
London konnte sich ein Lächeln über die Beschreibung ihres Hundes nicht verkneifen.
Ich fürchte, unserem CEO steht eine kleine Überraschung bevor, dachte sie.
Sie spähte in die Suite und konnte ein Team von Zimmermädchen fieberhaft schmutzige Klamotten, leere Verpackungen und schmutziges Geschirr aufheben sehen. Sie wusste, dass das vermutlich bloß ihre Fantasie war, aber das große Porträt von Beethoven schien finsterer dreinzublicken als üblich.
Mr Lapham lud Amy und Bob zum bevorstehenden Treffen ein. Mit einem Kopfschütteln ergänzte er: „Ich fürchte, wir haben ein paar eher unschöne Angelegenheiten zu besprechen.“
Mit diesen Worten drehte sich der CEO um und lief den Korridor hinab.
Unschöne Angelegenheiten?, fragte sich London, eilte ihm nach.
Als sie zurück im Empfangsbereich ankamen, murmelten die Passagiere sich aufgeregt die Neuigkeit über Mr Laphams Ankunft zu. Sie war sich sicher, dass die Gerüchteküche auf dem Schiff bald mehrere verschiedene Erzählungen streuen würde.
„Das hier ist die Amadeus-Lounge“, sagte sie, als sie Mr Lapham am Empfangsbereich und in einen großen, freundlichen Raum geleitete, der sich am Bug des Schiffes befand. Der CEO sah sich zustimmend um, musterte die Plüsch-Einrichtung, Topfpflanzen, die lange Bar auf der Seite des Zimmers und die großen Fenster, die auf das Wasser hinausblickten. Es war zu früh für Gäste, also bereitete das Barpersonal sich auf später vor.
London rief der großgewachsenen jungen Frau mit wasserstoffblondem Haar, die ihr Team überwachte, zu: „Elsie, ich würde dir gerne jemanden vorstellen.“
Unberührt über die unvorhergesehene Ankunft ihres Vorgesetzten erwiderte die Frau: „Oh, Sie müssen Mr Lapham sein.“ Sie nahm einen Schritt nach vorne und schüttelte seine Hand, ergänzte: „Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen.“
Mr Lapham erwiderte: „Und Sie müssen Elsie Sloan, die Managerin der Amadeus-Lounge, sein. Ich habe hervorragende Dinge über sie gehört.“
Er sah London und Elsie abwechselnd an.
„Ich wusste, dass es eine gute Idee war, Sie beide auf demselben Schiff zu beschäftigen. Immerhin haben Sie eine lange zurückreichende Geschäftsbeziehung zueinander, oder? Sie beide haben mindestens eineinhalb Jahre miteinander an Bord eines meiner Schiffe an der australischen Küste verbracht, wenn ich mich nicht irre. Und Sie haben sich auf mehr als nur ein paar Fahrten eine Kabine geteilt.“
Jetzt weiteten sich sogar Elsies Augen überrascht.
Mr Lapham stieß ein verständnisvolles Lachen aus.
„Seien Sie nicht so überrascht darüber, dass ich so gut informiert bin“, meinte er. „Auch wenn ich es nur selten aus meinem Büro in New York schaffe, bemühe ich mich, die Namen und den Ruf all meiner Angestellten zu kennen. Ich könnte Ihnen alle Namen der Mitarbeiter und Crew auf der Nachtmusik aufzählen.“
London bezweifelte keine Sekunde, dass er die Wahrheit sagte. Jeremy Lapham war dafür bekannt, dass er sogar die kleinsten Nischen und Ecken der Epoch World Cruise Lines kannte.
Er sagte zu Elsie: „Könnten Sie sich uns gleich in der Kabine des Kapitäns anschließen? In ein paar wenigen Minuten, bitte? Es gibt ein paar dringliche Angelegenheiten, die ich mit dem übergeordneten Personal besprechen muss.
„Selbstverständlich“, erwiderte Elsie.
Dann wandte sich Mr Lapham einer breiten Tür an der Seite der Lounge zu. Als er sah, dass sie geschlossen war, sagte er: „Ich nehme an, dass unser schiffansässiger Historiker und Bibliothekar so früh am Morgen nicht zu sprechen ist.“
London ging zur Tür und horchte.
„Na ja“, antwortete sie. „Es könnte sein, dass er da ist.“
Sie klopfte an der Tür an.
„Herein!“, rief eine Stimme mit deutschem Akzent von drinnen.
London schwang die Tür auf und dahinter kam der dunkelhaarige Historiker des Schiffs, Emil Waldmüller, zum Vorschein. Er saß da, las ein Buch und hörte sich Musik an. Er sah die beiden Besucher durch seine Brille mit schwarzem Gestell und einem belesenen Blick an. Offenbar war er sich nicht gewahr, dass heute etwas Unübliches geschehen war.
„Ja bitte?“, fragte er, als London und der CEO das Zimmer betraten.
Mr Lapham legte seinen Kopf schief, lauschte der Musik.
„Ah, Beethovens Streichquartett Nr. 15 in a-Moll op. 132.“
