Eine Katze ist kein Engel - Lydia Adamson - E-Book

Eine Katze ist kein Engel E-Book

Lydia Adamson

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Beschreibung

Es ist kurz vor Weihnachten, und Alice Nestleton, verkannte Schauspielerin und Catsitterin im Nebenjob, hat die wunderschöne Katze eines berühmten Kollegen zu betreuen. Doch Roberta, eine Schildpattkatze, dreht ab und zu vollkommen durch, wie das bei Rassekatzen häufig der Fall ist. Alice erhält den Auftrag, sie einer Katzenpsychologin vorzustellen, die schon viele katzen von ihren psychischen Problemen erlöst hat. Doch als sie mit Roberta in die Praxis kommt, findet sie die Ärztin erschossen an ihrem Schreibtisch. Sofort gerät ihr Ehemann, ein um viele Jahre jüngerer rumänischer Basketballspieler, in Verdacht, und bald darauf auch Alice.

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Über Lydia Adamson

Lydia Adamson ist das Pseudonym einer bekannten Krimiautorin. Bisher im Aufbau Taschenbuch Verlag erschienen: »Eine Katze kommt selten allein«, »Eine Katze macht Theater«, »Eine Katze im Wolfspelz«, »Eine Katze bittet zum Tee«, »Eine Katze hinter den Kulissen«, »Eine Katze sitzt im Glashaus«, »Eine Katze schlägt den Takt«, »Eine Katze tanzt aus der Reihe«, »Eine Katze ist kein Engel«, »Eine Katze lädt zur Weihnachtsgans«, »Eine Katze auf dem Laufsteg«, »Eine Katze kommt selten allein«.

Informationen zum Buch

Es ist kurz vor Weihnachten, und Alice Nestleton, verkannte Schauspielerin und Catsitterin im Nebenjob, hat die wunderschöne Katze eines berühmten Kollegen zu betreuen. Doch Roberta, eine Schildpattkatze, dreht ab und zu vollkommen durch, wie das bei Rassekatzen häufig der Fall ist. Alice erhält den Auftrag, sie einer Katzenpsychologin vorzustellen, die schon viele katzen von ihren psychischen Problemen erlöst hat. Doch als sie mit Roberta in die Praxis kommt, findet sie die Ärztin erschossen an ihrem Schreibtisch. Sofort gerät ihr Ehemann, ein um viele Jahre jüngerer rumänischer Basketballspieler, in Verdacht, und bald darauf auch Alice.

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Lydia Adamson

Eine Katze ist kein Engel

Kriminalroman

Aus dem Amerikanischen von Christine Pavesicz

Inhaltsübersicht

Über Lydia Adamson

Informationen zum Buch

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Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Impressum

Kapitel 1

Wie es scheint, lande ich stets mit merkwürdigen Katzen an merkwürdigen Orten.

Es war halb sieben Uhr früh an einem kalten Morgen im Spätherbst, ein paar Wochen vor Weihnachten. Ich saß in einem Taxi, das auf der Eighth Avenue Richtung Norden raste. Der Verkehr war schwach, und das Taxi schien förmlich auf der Straße dahinzufliegen.

Neben mir auf dem Rücksitz stand ein Tragkorb, und in diesem Tragkorb saß eine Katze namens Roberta, eine zierliche weiße Kurzhaarkatze mit viel zu großen Augen und Ohren und braunen Klecksen am Hinterteil, auf der linken Schulter und am linken Ohr.

Ich hatte Roberta von ihrem sehr noblen Domizil im unteren Teil der Fifth Avenue abgeholt und brachte sie jetzt zu einer Tierpsychologin am Central Park West, um ihr das süße kleine Köpfchen wieder zurechtrücken zu lassen.

Wie ich mit dieser Katze in diesem Taxi gelandet war, ist leicht zu erklären.

Meine Freundin Nora Karroll, die im Theaterviertel ein Bistro namens Pal Joey besitzt, freundete sich mit einem ihrer langjährigen Stammgäste, Joseph Vise, an.

Vise ist einer von diesen »fast berühmten« Charakterschauspielern. Jeder kennt ihn, aber keiner weiß, wie er heißt. Jetzt, wo er in die Jahre kommt, spielt er abwechselnd liebenswerte Opas und erbarmungslose alte Mafiabosse.

Er hatte eine kleine Rolle in einem Fernsehfilm angenommen und mußte zu den Dreharbeiten verreisen, und er brauchte für seine entzückende kleine Schildpattkatze, die nach seiner verstorbenen dritten Frau, Roberta, benannt war, eine Catsitterin.

Nora hatte ihn gefragt, wieviel er denn für meine Dienste bezahlen wollte. Vices Antwort waren die magischen Worte »Geld spielt keine Rolle«. Nora empfahl mich aufs wärmste. Er rief mich an, und ich erhielt den Auftrag. Er sagte mir bloß, daß sich sie kleine Roberta ab und zu »seltsam« benehme.

»Meinen Sie mit ›seltsam‹ gewalttätig?« fragte ich mißtrauisch. »Meinen Sie, daß sie beißt? Kratzt? Fremde haßt?«

»Nein, nein«, sagte er. »Nichts dergleichen. Sie ist nur … eben seltsam.«

Mein erster Besuch bei Roberta verlief wunderbar. Sie hätte nicht reizender sein können.

Beim zweite Mal lief es sogar noch besser. Sie war ganz begeistert von den Papierflugzeugen, die ich für sie bastelte, und fraß mir sogar ein wenig Trockenfutter aus der Hand.

Aber die dritte Sitzung war eine Katastrophe.

Ich wollte gerade aus Vises Wohnung weggehen, als ich sah, daß Roberta im Kamin saß und mich feindselig anstarrte.

»Roberta!« schalt ich sie. »Du kommst auf der Stelle da heraus!«

Sie schlenderte gemächlich heraus und warf mir einen mörderischen Blick zu.

Und dann war sie mit einem einzigen Satz auf dem Kaminsims, holte geschickt mit der Pfote aus und schleuderte eine gerahmte Fotografie von einer von Joseph Vises Ex-Gattinnen auf den Boden. Die Glassplitter flogen in alle Richtungen.

Danach rannte sie ins Badezimmer und begann wie verrückt Toilettenpapier abzurollen.

Ich wollte sie einfangen, doch Roberta wich mir aus, raste zurück ins Wohnzimmer und versetzte einer grünen Glasvase mit Schnittblumen böswillig einen Schlag, so daß sie vom Blumenständer fiel.

Und dann legte sie sich, plötzlich vollkommen erschöpft, auf den Rücken, streckte alle Viere in die Luft und schlief auf der Stelle ein.

Ich stand total geschockt da.

Verstand Joseph Vise das unter »seltsam«?

Er wirkte nicht überrascht, als ich ihn in Toronto anrief, um ihm von dem Gemetzel zu berichten. Er nahm nur seinen Paten-Tonfall an und sagte: »Es ist Zeit, etwas zu unternehmen. Ich habe Roberta gewarnt. Sie hat keinen Respekt vor mir.«

Und so landete ich an jenem Morgen mit dieser Katze in diesem Taxi.

Ich brachte sie zu ihrer ersten Sitzung bei der angesehenen Tierpsychologin Wilma Tedescu.

Mr. Vise hatte mir versichert, Mrs. Tedescu sei sehr gut – und daher auch sehr teuer. Sie ging folgendermaßen vor: sie bestellte den Tierbesitzer einmal allein zu einer Sitzung mit ihr und einmal gemeinsam mit der Problemkatze. Diese beiden Sitzungen hatte Vise bereits hinter sich.

Sobald dann die Therapie begann, erklärte mir Vise theatralisch, wären Wilma und Roberta ganz allein.

Von ihren Behandlungsmethoden wußte Vise nichts, außer daß sie mit der Katze sehr viel spielte und daß sie dabei mit den verschiedensten Arten von Spielen und Gegenständen arbeitete.

Also, ich bin Tierpsychologen gegenüber vollkommen neutral eingestellt. Oder heißen sie Katzentherapeuten?

Ich habe einmal ein beeindruckendes Buch von einer Hundetherapeutin gelesen, das mir wirklich gut gefallen hat. Sie benutzte die »geheime Sprache der Hunde«, wie sie es nannte, und war damit bei der Behandlung von neurotischen Hunden in Hollywood sehr erfolgreich.

Kurz, ich hegte keinerlei Vorurteile. Und ich hatte volles Verständnis für die Situation, in der sich Joseph Vise befand.

Schließlich hatte ich selbst einen Borderline-Fall zu Hause. Pancho, mein alter grauer Streuner, verbrachte den ganzen Tag von früh bis spät auf der Flucht vor imaginären Feinden. Alle sind sich darüber einig, daß Pancho verrückt ist. Aber ich liebe ihn wahnsinnig.

Tony Basillio, mein Ex-Freund, schlug einmal eine Ernährungstherapie für Pancho vor. »Gib ihm«, sagte er, »alle drei Tage ein ungerupftes Huhn und eine Schüssel Buttermilch.«

Ich glaubte nicht, daß das klappen würde. Und schon gar nicht bei Roberta.

Ich persönlich war der Meinung, daß Roberta langsam in ein infantiles Stadium zurückfiel. Es schien ihr wirklich Spaß zu machen, Dinge hinunterzuwerfen, und zwar einzig und allein, um zu hören, wie sie zerbrachen.

Sie brauchte ganz offensichtlich Hilfe.

Als das Taxi an unserem Ziel ankam, merkte ich, daß Wilma Tedescus Wohnung nicht direkt am Central Park West lag, sondern westlich davon, in einem großen, ungepflegten Sandsteinhaus mit zerbröckelnden Stufen, die nicht sehr sicher aussahen.

Die stapfte ich also mit Robertas Tragkorb hinauf.

Es gab nur eine Klingel und einen Briefkasten. Anscheinend gehörte das ganze Gebäude Wilma Tedescu. Ein großer Kranz, der auch schon bessere Tage gesehen hatte, hing als weihnachtlicher Schmuck an der Tür; dadurch wirkte die zerbröckelnde Fassade etwas weniger düster. Ich starrte ihn einen Augenblick an. Obwohl er alt war, sah man eindeutig, daß das ein teurer Kranz war, mit noch immer duftenden Beeren und Plastik-Nikolostäben im rechten unteren Viertel. Ich sah mir gerne Kränze an, ich mochte ihren Geruch. Während der Weihnachtsfeiertage, wenn meine Stimmung oft heftig zwischen freudiger Erregung und Depressionen hin- und herschwankte, halfen sie mir, mein seelisches Gleichgewicht zu finden.

Ich läutete.

Nichts rührte sich.

Ich läutete noch einmal.

Dann erklang unter starken atmosphärischen Störungen eine dröhnende Frauenstimme.

»Bitte nennen Sie Ihren Namen und den Zweck Ihres Besuches«, sagte die Stimme.

Das war also eine Sicherheitskontrolle.

»Ich heiße Alice Nestleton, und ich bringe die Katze von Joseph Vise, Roberta, zur …«

An diesem Punkt hielt ich inne und wußte nicht weiter. Es war zu früh am Morgen. Das einzige Wort, das mir einfiel, war Therapie, und es war mir einfach zu peinlich, es zu verwenden.

Der lebhafte Herbstwind begann mein Haar zu zerzausen. Ich überlegte, was wohl ein akzeptables Synonym wäre. »Behandlung!« platzte ich triumphierend heraus.

Es entstand eine Pause.

»Beim Ertönen des Summtons treten Sie bitte ein und nehmen Sie Platz.«

»Ja, Madam«, antwortete ich der Stentorstimme leise.

Der Summton erklang. Ich drückte die schwere Tür auf, trat ein und ließ sie lautstark hinter mir zufallen.

Ich stand in einem Flur. Am anderen Ende konnte ich eine Küche sehen. Linker Hand war eine Treppe. Rechts befand sich ein Wartezimmer mit einem Sofa, ein paar Stühlen und einem großen Zeitschriftenständer. An der Wand hingen Drucke von Dschungelkatzen – Jaguaren, Ozeloten, Zibetkatzen.

Ich trug Roberta in das Wartezimmer.

Irgendwo hörte ich gedämpfte Stimmen.

Auf der anderen Seite des Raumes war eine halb offene Tür.

Durch sie sah ich Wilma Tedescus Profil. Sie saß auf einem Stuhl und sprach mit jemandem, den ich nicht sehen konnte … vermutlich mit einem Menschen, nicht mit einer Katze.

Wahrscheinlich hielt sie gerade eine von diesen Sitzungen ab, von denen mir Joseph Vise erzählt hatte. Und sie war es auch gewesen, die sich auf mein Läuten über die Gegensprechanlage gemeldet hatte.

Sogar an ihrem Profil konnte ich sehen, daß sie eine sehr stattliche Frau war. Jetzt verstand ich, warum Vise sie als Walküre mittleren Alters bezeichnet hatte.

Ich sah auf die Uhr. Wir waren ein paar Minuten zu früh dran. Ich setzte mich auf das Sofa und stellte den Tragkorb neben mich.

»Nur Geduld, Roberta«, sagte ich zu der Katze.

Roberta antwortete mit diesem katzenhaften Jammerlaut, der direkt aus dem Bauch kommt. Wenn mein eigener Kater Bushy diesen Laut ausstößt, bedeutet das gewöhnlich, daß er gleich sein Frühstück von sich geben wird. Ich hoffte sehr, daß Roberta damit nur ausdrücken wollte, wie unglücklich sie darüber war, an einem fremden Ort eingesperrt zu sein.

Ich lehnte mich zurück und bemühte mich, nicht zu lauschen, fing aber unzusammenhängende Fetzen des Gesprächs im Büro auf. Anscheinend sprach nur Wilma Tedescu. Was sie genau sagte, konnte ich nicht verstehen … irgend etwas über Katzen und Möbel …, aber sie hatte eine sehr angenehme Stimme mit einem ganz leichten Südstaaten-Akzent.

Ich mußte wieder an die arme Roberta denken, die sich in ihrem Tragkorb unruhig hin- und herbewegte.

»Du brauchst keine Angst zu haben, Kleines«, flüsterte ich. »Keine Nadeln, keine Krallenscheren, keine Pillen, kein Röntgen. Das ist hier kein Tierarzt. Verstehst du?«

Sie sah mich böse an.

»Die nette Dame wird nur mit dir reden … und dir etwas Vernunft beibringen.«

Roberta wandte sich verächtlich von mir ab.

»Sei doch nicht so«, sagte ich. »Du kannst nicht einfach herumlaufen und Fotos von Kaminsimsen werfen«, ermahnte ich sie. »Eine Dame tut so etwas nicht.«

Jedenfalls nicht, wenn ich dich betreue, dachte ich.

Ich nahm mir eine Zeitschrift aus dem Ständer. Es war ein alter New Yorker. Ich sah mir die Karikaturen an.

Dann studierte ich die Fotografien von einem Karneval in Martinique im National Geographic.

Danach las ich in Redbook ein Rezept für Krautsalat nach Cajun-Art.

Aussichtslos! Bei der Vorstellung, daß ich selbst versuchen könnte, dieses Gericht zuzubereiten, mußte ich lachen.

Ich sah auf die Uhr. Es war fünf Minuten nach sieben.

Weitere zehn Minuten vergingen. Allmählich wurde ich sehr unruhig.

Aber die Frau redete noch immer. Hatte sie vergessen, daß wir hier waren? Nun, ich war nicht gewillt, die arme Roberta noch länger leiden zu lassen, daher öffnete ich den Tragkorb, und die seltsame kleine Roberta spazierte heraus. Also seien wir mal ehrlich. Es gibt auf Gottes grüner Erde nichts, was so elegant ist wie eine Katze, die aus einem Tragkorb steigt. Etwas Eleganteres existiert einfach nicht. Roberta schüttelte sich ein wenig und setzte sich dann neben mich auf die Couch.

Um 7:25 Uhr wußte ich, daß es Zeit war, etwas zu sagen. Ich ermahnte Roberta, daß sie nichts anstellen solle, stand auf und ging zur Tür.

Ich hörte, wie alle Zeitschriften auf den Boden fielen, aber ich machte mir nicht die Mühe, mich umzudrehen und mit der Katze zu schimpfen.

Ich klopfte an die Bürotür, und als niemand antwortete, steckte ich den Kopf hinein. »Entschuldigen Sie bitte.«

Wilma Tedescu drehte sich nicht um. Ja, sie reagierte überhaupt nicht auf die Störung.

Und dann stellte ich zu meiner Überraschung fest, daß Wilma ganz allein im Zimmer war. Der Stuhl, auf dem, wie ich angenommen hatte, ein Klient hätte sitzen müssen, war vollkommen leer.

Und Wilma sprach auch nicht. Die Worte, die ich gehört hatte, kamen von einem Tonbandgerät in der offenen obersten Schublade ihres Schreibtisches.

Ich trat vor ihren Stuhl, um sie direkt ansehen zu können. Sie hatte noch immer kein Wort gesagt.

Es dauerte etwa fünf Sekunden, bis ich begriff, daß sie niemals wieder etwas sagen würde. Sie war tot. Eine kleine, ganz feine Blutspur lief von ihrem rechten Ohr hinunter … wo die Kugel sie getroffen hatte.

Aus irgendeinem Grund rief ich: »Roberta, komm her.«

Und ob Sie es glauben oder nicht, der kleine Schlingel schlenderte tatsächlich herein.

Ja, die Frau war eine Walküre. Das konnte ich ganz deutlich sehen, selbst jetzt, wo sie tot auf ihrem Stuhl saß. Sie trug ein langes blaues Kleid und darüber ein kleines, kariertes Schürzchen. Vielleicht war ihr letzter Gedanke gewesen, was sie zum Frühstück machen sollte.

Ich schrie nicht. Ich geriet nicht in Panik. Ich griff nur hinunter in die Schublade und stellte den Recorder ab.

Dann hob ich Roberta hoch und drückte sie an mich.

Kapitel 2

Ich hatte das alles schon erlebt.

Oh, ich meine damit nicht, daß ich vor diesem Morgen schon einmal in Wilma Tedescus Wartezimmer gewesen war. Ich meine damit nur, am Schauplatz eines Unglücks … einer Tragödie … eines Mordes zu sein … das war für mich nichts Neues.

Und die Kriminalbeamten, die kamen, um das Schlachtfeld zu begutachten und dieselben Fragen wie immer zu stellen – ebenfalls ein Déjà-vu-Erlebnis.

Die Namen ändern sich, aber die routinemäßige Vorgehensweise kaum.

Die Kriminaltechniker beendeten im Nebenraum ihre Arbeit.

Die Kriminalbeamten, die mich diesmal vernahmen – die Detectives Rush und Morrow –, erinnerten mich an ein Komikerduo. Sie waren wie eine grimmige Ausgabe von Laurel und Hardy.

Der erste, Rush, war ein gelassener Dicker mit erstklassigen Manieren; der andere, Morrow, war groß und hager. Er lief unermüdlich nervös im Kreis herum, hob herumliegende Papiere auf und warf nicht nur mir, sondern auch Roberta, den Wänden und Türen prüfende Blicke zu.

Rush hatte die einschmeichelnde Stimme eines altmodischen Radiosprechers.

»Möchten Sie eine Tasse Kaffee?« fragte er. »Wir haben welchen aus dem Delikatessenladen besorgt.«

Er wartete nicht auf meine Antwort, hörte nicht, wie ich dankend ablehnte. »Bring Miss Nestleton eine Tasse Kaffee, ja?« sagte er zu seinem Partner.

Detective Rush wartete, bis der Pappbecher vor mir stand und ich pflichtschuldigst den Plastikdeckel abgenommen hatte.

»Können Sie mir die Geschichte noch einmal erzählen?« fragte er in seinem liebenswürdigen Tonfall.

Ich erzählte die Geschichte noch einmal. Von Anfang bis Ende.

Während ich sprach, starrte Rush auf sein Revers, als sei dort einmal eine Blume gewesen, die jetzt auf mysteriöse Weise verschwunden war.

Als ich fertig war, fragte er: »Sind Sie sicher, daß das Wilma Tedescu war, die über die Gegensprechanlage mit Ihnen gesprochen hat, als Sie eingelassen wurden?«

»Nein. Ich nahm an, daß sie es war. Ich hatte die Frau noch nie gesehen. Ich hatte keine Ahnung, wie ihre Stimme klang.«

»Und Sie haben über die Gegensprechanlage keinen Schuß gehört? Keine andere Stimme oder einen Tumult?«

»Nein. Ich habe vor allem atmosphärische Störungen gehört.«

»Und Sie saßen lange Zeit da, wo Sie jetzt sitzen, und starrten durch die offene Tür auf eine Tote … und Sie hatten keine Ahnung, daß sie tot war?«

»Richtig.«

Morrow vollführte einen seiner kleinen Tänze durch das Zimmer.

»Ich dachte, sie hätte ein Erstgespräch mit jemandem«, erklärte ich. »Mit einem Katzenbesitzer. Man hat mir erzählt, daß sie ein Vorgespräch mit dem Besitzer führt, bevor sie sich die Katze ansieht.«

»Wollen Sie damit sagen, daß Sie dachten, die Stimme auf dem Tonband sei echt?«

»Ja.«

»Das war wohl wie in der Werbung, was?« scherzte Morrow. »Sie wissen schon – wo man nicht unterscheiden kann, ob etwas live ist oder eine Tonbandaufnahme.«

Ich brachte nur ein schwaches Lächeln zustande.

Anscheinend sah es gar nicht wie ein Lächeln aus. Meine Miene muß ausgesehen haben, als sei mir schlecht.

»Geht es Ihnen nicht gut, Miss Nestleton?« fragte Rush.

»Ehrlich gesagt, fühle ich mich ein wenig mitgenommen. Ich hätte nie gedacht, daß so etwas passieren würde. Zumindest nicht vor Weihnachten. Von wegen Friede und Liebe und all das, Sie wissen schon.«

»Wir haben noch weitere Fragen. Aber die können bis morgen warten.«

Morrow fügte mit gespielter Besorgtheit hinzu: »Sie haben doch morgen Zeit, Miss Nestleton, nicht wahr? Ich meine, wir möchten Sie auf keinen Fall von etwas Wichtigerem abhalten.«

»Für Sie, Detective, werde ich mir die Zeit nehmen.«

Wir vereinbarten einen Termin für den nächsten Morgen. Ich sagte, ich würde mich mit ihnen in einem Lokal in der Hudson Street treffen, in der Nähe meines Lofts.

Sie nahmen mich mit in die Innenstadt, so daß ich Roberta in Joseph Vises Wohnung zurückbringen konnte. Ich saß vorne, neben Morrow. Der Katzenkorb stand zwischen uns auf dem Sitz.

Während der Fahrt stellte er schließlich eine Frage: »Was macht ein Katzentherapeut eigentlich?«

Ich zuckte die Achseln. »Träume deuten?«

Offenbar war er von meiner Antwort fasziniert. Wie es schien, dachte er darüber nach.

Detective Rush auf dem Rücksitz drehte die Augen gen Himmel.

Ich saß allein in meinem Loft. Hier drinnen war es sehr still, und auch draußen war es still. Die »normalen« Menschen waren bei der Arbeit. Die Leute, die zu Hause waren, setzten sich jetzt gerade vor den Fernseher, um sich ihre Seifenopern und Talk-Shows anzusehen.

Und dann gab es noch mich.

Ich war in einen frühmorgendlichen Mord geplatzt.

Nun, zumindest konnte der Tag nicht mehr schlimmer werden.

Ich hätte wieder ausgehen und Einkäufe erledigen können. Ich hätte Freunde anrufen können. Ich hätte mir ein Kino mit Vormittagsvorstellungen suchen können – was auch immer –, um mich von dem, was geschehen war, abzulenken.

Aber ich tat nichts von alledem.

Ich rollte meine Trainingsmatte auf dem Fußboden aus und legte mich hin, schnappte mir Bushy und Pancho und drückte meine beiden Katzen an mich.

Ich hoffte, die sanfte Vormittagssonne würde die Kopfschmerzen vertreiben, die wie Skorpione meinen Hinterkopf hinaufkrochen.

Wie gewünscht traf ich mich am folgenden Morgen mit den beiden Kriminalbeamten.

Der Eingang des klassischen, etwas schmuddeligen Grillrestaurants war mit weihnachtlichen Lämpchen geschmückt, die aber noch nicht eingeschaltet waren. Auf jedem Tisch stand ein kleiner Weihnachtsmann aus speckigem rotem Samt und Pfeifenreinigern.

Wir setzten uns an einen Tisch und bestellten Frühstück.

Detective Rush begann eine absurde Auseinandersetzung mit einem Kellner. Er hatte ein pochiertes Ei auf mit Butter bestrichenem Weizentoast bestellt. Der Kellner hatte trockenen Toast und getrennt davon die Butter gebracht.

Rush schickte ihn zurück und verlangte, daß der Koch ein frisches Stück Weißbrot toasten und dann mit Butter bestreichen sollte. Und außerdem, sagte er warnend, lege er Wert darauf, daß der Eidotter noch vollkommen intakt auf den Tisch käme.

Ich sah zu dem puertoricanischen Schnellkoch hinüber, der am Grill stand und seine Spatel schwang wie ein Samurai sein Schwert.

Als die Krise bewältigt war, bat mich Rush, meine Geschichte noch einmal zu erzählen. Ich tat es.

Dann fragte er: »Sie sind Catsitterin, nicht wahr?«

»Gelegentlich.«

»Haben Sie Ihren Kunden Wilma Tedescu schon einmal empfohlen?«

»Nein.«

»Und Sie haben sie nie persönlich kennengelernt oder mit ihr gesprochen?«

»Ich habe es Ihnen schon gesagt. Noch nie.«

Detective Rush rührte Zucker in seinen Kaffee, und es entstand eine Pause.

Morrow ergriff die Gelegenheit, selbst eine Frage zu stellen.

»Sie sind eine schöne Frau«, sagte er und bearbeitete sein Cowboy-Omelett, das einem Schlachtfeld glich.

»Vielen Dank, Detective.«

Da beugte er sich über den Tisch und sah mir forschend in die Augen. »Nennen Sie es Intuition oder wie immer Sie wollen. Aber eine kleine Stimme in meinem Inneren sagt mir, daß Sie irgendeine Beziehung zu Wilma Tedescu hatten. Also warum erklären Sie sie uns nicht?«

Seine Frage ärgerte mich maßlos. »Nun, Detective, Ihre kleine Stimme liegt genauso falsch wie Sie. Meiner Meinung nach können zwei Menschen auf zahllose verschiedene Arten zueinander in Beziehung stehen – als Freunde, als Bekannte, als Geschäftspartner, als Liebespaar, als Feinde, als Kollegen. Jetzt muß ich überlegen. Habe ich alle Möglichkeiten aufgezählt? Egal. Ich habe sie auf keine Art gekannt. Als ich diese arme Frau zum ersten und letzten Mal sah, war sie eine Leiche. So tot wie das, was Sie zwischen Ihren Ohren haben. Reicht das, um Ihre kleine Stimme zum Schweigen zu bringen, oder soll ich weiterreden?«

Es entstand ein langes Schweigen.

Dann streckte Rush Morrow wortlos die Hand hin. »Phil«, sagte er sanft, »gib mir jetzt das Foto – okay?«

Sein Partner zog ein kleines Hochglanzfoto aus der Innentasche seines Jacketts und drückte es Rush in die Hand.

»Bitte sehen Sie sich das an, Miss Nestleton«, sagte Rush und legte das Foto auf den Tisch.

Es war das Brustbild eines gutaussehenden jungen Mannes, wie man es als Paßfoto verwendet.

»Kennen Sie ihn?«

»Nein.«

»Haben Sie ihn irgendwo in der Nähe des Sandsteinhauses gesehen, bevor Sie hineingingen?«

»Nein.«

»Sind Sie sicher?«

»Ich bin sicher.«

»Miss Nestleton, meinem Partner ist an Ihrer Aussage etwas sehr seltsam vorgekommen.«

Ich sah Morrow an.

»Sag’s ihr, Phil.«

Morrow spielte ein Weilchen mit seiner Gabel und erklärte dann: »Sie sagten erstens, daß Sie das Opfer auf dem Stuhl deutlich sehen konnten.«

»Ja.«

»Und zweitens, daß Sie nicht hineingingen, weil Sie dachten, die Frau rede mit jemandem.«

»Oder daß jemand mit ihr rede.«

»Okay. Aber Sie haben gesagt, daß sie eine Besprechung hatte … ein Vorgespräch … was immer. Und daß es etwas mit ihrer Arbeit zu tun hatte … mit Katzentherapie.«

»Ja. Das habe ich angenommen.«

»Aber sie trug eine Schürze. Tragen Katzentherapeuten Schürzen bei Gesprächen mit ihren – zweibeinigen oder vierbeinigen – Klienten?«

»Ich habe die Schürze erst gesehen, als ich in ihr Büro kam.«

»Okay«, sagte Morrow skeptisch.

Ich blickte wieder auf das Foto.

»Wer ist das?«

»Sein Name ist Igal Tedescu. Er ist Rumäne. Und Fotograf. Ein ehemaliges Mitglied des rumänischen Basketball-Olympiateams. Er hat die Tote vor etwa fünf Jahren geheiratet. Der Altersunterschied war beträchtlich. Er hätte ihr Sohn sein können.«

Hier verstummte Morrow, als wolle er mir Zeit geben, die schmutzigen Bilder, die er mit seinen Worten heraufbeschworen hatte, so richtig auszukosten.

»Der junge Mr. Tedescu war aus der ehelichen Wohnung ausgezogen«, sagte Rush. »Wie es scheint, waren sie mitten in einer ziemlich problematischen Trennung begriffen.«

»Und was bedeutet das?« fragte ich Rush.

»Sind Sie sicher, daß Sie ihn noch nie gesehen haben«? fragte er seinerseits.

»Ja.«

»Aus den vorläufigen Berichten geht hervor, daß Wilma mit einem Schuß aus einer langläufigen Pistole, Kaliber 22, getötet wurde. Zwischen den Lauf und ihren Kopf wurde ein kleines Kissen gelegt – als provisorischer Schalldämpfer.

Wir glauben, daß Igal in diesem Büro war, als Sie an der Tür läuteten. Daß er Wilma zwang, über die Gegensprechanlage zu antworten. Und daß er dann das Tonband einschaltete, sie erschoß und in dem Moment, als Sie ins Wartezimmer kamen, durch die hintere Bürotür verschwand. Diese Tür führt in die Küche, von der man in den Hof gelangt.«

Dann nahm Rush das Foto und gab es Morrow zurück.

»Das ist unserer Meinung nach passiert«, fügte er hinzu. »Was wir beweisen können, steht auf einem anderen Blatt.«

Morrow lud mich zum Frühstück ein. Ich war nicht besonders beeindruckt. Ich hatte bloß ein getoastetes Muffin und Kaffee bestellt.

Kapitel 3

Ausgerechnet in einer Kneipe wurde ich mütterlich umsorgt.

Und zwar in der Bar des Pal Joey, des Bistros meiner Freundin Nora im Theaterviertel.

Und es waren Nora und Aaron Stoner, die mich umsorgten.

Ich war ihnen unendlich dankbar dafür.

Wer hatte es – nach allem, was in den letzten paar Tagen geschehen war – nötiger als ich, umsorgt zu werden?

Und wer war besser dazu geeignet, mich zu umsorgen, als meine gute Freundin Nora und mein derzeitiger Verehrer, der brave Polizist Aaron Stoner?

Nun, Verehrer ist vielleicht ein wenig mißverständlich. Wir hatten uns eine Zeitlang recht häufig getroffen. Doch dann machten wir sozusagen einen Schritt zurück, um die Sache zu überdenken. Das war wohl hauptsächlich von mir ausgegangen. Doch Aaron hatte nichts dagegen unternommen. Wir hatten uns während der Ermittlungen zu dem Mord an meinem Freund John Cerise kennengelernt. Mitten im Trennungskrach zwischen Tony Basillio und mir. Plötzlich war dieser kräftige Mann mit den lachenden Augen und dem wachen Geist – der dem Aussehen nach ebensogut ein Geschichtsprofessor wie ein New Yorker Polizist hätte sein können – für mich dagewesen, war mir eine Stütze gewesen. Aaron und ich hatten uns nach einer großen Enttäuschung, wie es so schön heißt, ineinander verliebt. Und dann war mir klargeworden, daß das alles zu schnell gegangen war. Viel zu schnell. Ich war schließlich kein Teenager mehr.

Jedenfalls war das die Phase, in der wir uns im Augenblick befanden – wir überdachten die Sache. Sie war jedoch besser als die letzte Phase, die ich mit Tony durchgemacht hatte, der anscheinend jede junge Schauspielerin, die er kennenlernte, als taktische Herausforderung in Sachen Verführung betrachtete.

Basillio und ich sprachen zur Zeit kaum miteinander. Doch unsere Beziehung war nicht nur aufgrund seiner Schwäche für junge Mädchen auseinandergegangen – jedenfalls nicht direkt. Ich wußte nicht, ob ich den derzeitigen Stand unserer Beziehung überhaupt noch als »Phase« bezeichnen konnte. Ich wußte nicht einmal, ob ich ihn je wiedersehen würde.

Ich starrte mein Weinglas auf der Theke an. Nora hatte die Flasche nur für mich geöffnet. Mit derselben freudigen Begeisterung, mit der sie alles tat. Im Grunde ihres Herzens war Nora noch immer Schauspielerin – obwohl ihre letzte Rolle in einem Broadway-Musical zwanzig Jahre zurücklag. Sie war noch immer der hübsche Rotschopf, der aussah wie Shirley MacLaine, aber Lieder schmetterte wie Ethel Merman. Ich wußte, der Wein war gewiß gut. Aber in diesem Augenblick wußte ich ihn nicht wirklich zu schätzen. Ich hätte genausogut Traubensaft trinken können.

Das Lokal war leer. In zwei Stunden würde es sich füllen, und dann würde es bis drei oder vier Uhr früh rundgehen. Im Pal Joey Bistro waren bereits die Weihnachtsdekorationen angebracht. An den Wänden hingen weiß überzuckerte Zweige. Über dem Kaminsims in der Garderobe hingen zwei liebevoll handgemachte mechanische Weihnachtswichtel, die sich alle dreißig Sekunden synchron drehten. Neben dem Eingang stand eine schöne, geschmackvoll mit buntkarierten Bändern geschmückte Zwergkiefer, und am anderen Ende des Lokals eine zweite, die ihr aufs Haar glich.

»Ich bin einmal an einem Strand in eine Badehütte gegangen und auf einen Doppelmord gestoßen«, sagte Aaron tröstend.

»Wenn es sein soll, kann man gar nichts dagegen tun, Alice«, fügte Nora hinzu.

Sie hatten beide die Zeitungsberichte über den Mord gelesen, in den Abendnachrichten das düstere Sandsteinhaus gesehen und meine Version der Geschichte gehört – von meiner Taxifahrt mit Roberta bis zu meinem Frühstück mit den Kriminalbeamten.

»Kennst du diese Beamten?« fragte ich Aaron.

»Einen von ihnen. Sid Rush. Er ist ein guter Mann.«

Aarons Bein war nähergekommen und berührte jetzt meines. Wenn er Körperkontakt suchte, wußte ich nie, ob es Sex, Freundschaft oder Mitleid war. Es spielte auch gar keine Rolle. Es war stets angenehm.

Nora gab einem ihrer Kellner ein Zeichen.

Der kleine, stämmige Mann flitzte her und stellte einen Teller mit warmen Snacks und Nüssen auf die Theke.

Ich schob den Teller unauffällig zu meinen beiden Freunden hin. Ich hatte keinen Hunger.

»Soll ich nicht heute abend etwas kochen – für euch beide?«

»Vielen Dank, Nora«, sagte ich, »aber nicht heute abend. Es wäre schade drum.« Das war keine Lüge, aber auch nicht die volle Wahrheit. Meine Nichte Alison und Felix, der Mann, mit dem sie zusammenlebte, hatten mich für den folgenden Abend zum Essen eingeladen, und in meiner derzeitigen Verfassung konnte ich nicht an zwei Abenden hintereinander essen gehen. Ich mußte eine Wahl treffen.