Eine Lüge, die Liebe, meine Familie und ich 1 - Miriam Covi - kostenlos E-Book

Eine Lüge, die Liebe, meine Familie und ich 1 E-Book

Miriam Covi

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Beschreibung

Lügen haben runde Bäuche! - Teil 1 des sechsteiligen Serials »Eine Lüge, die Liebe, meine Familie und ich« Weil ihre Cousine heiratet, reist Nina Behringer nach Rocky Harbour an der kanadischen Atlantikküste. Früher hat sie hier oft ihre Sommerferien verbracht – bis Matt ihr das Herz brach. Vierzehn Jahre ist das nun her. Vierzehn Jahre und zehn Kilogramm. Wieso muss ihr da als allererstes nach ihrer Ankunft Matt über den Weg laufen, der zu allem Überfluss noch attraktiver ist als damals - und kein bisschen zugenommen hat? Und warum muss ihre reizende Cousine auf Ninas Bauch starren und entzückt fragen, ob sie schwanger sei? Kurzerhand bejaht Nina die indiskrete Frage. Diese kleine Bauchlüge erweist sich aber als äußerst unpraktisch, als ihr klar wird, dass ihre Gefühle für ihre erste große Liebe alles andere als erkaltet sind. Dumm nur, dass ihr Ex nichts mehr hasst als Lügner. Als auch noch der Rest von Ninas exzentrischer Familie auftaucht, nimmt das Chaos in den kanadischen Wäldern seinen Lauf ... Ein witziges, aber auch berührendes Verwirrspiel in der aufregenden Umgebung Kanadas!

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Seitenzahl: 101

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Miriam Covi

Eine Lüge,die Liebe,meine Familieund ich

Serial Teil 1

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Kapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Neugierig, wie es weitergeht? [...]
[home]

Kapitel 1

Ich habe mir oft vorgestellt, wie es sein würde, Matt wiederzusehen. Aber bestimmt nicht so.

Ja, ich habe zu viel Phantasie. Das hat schon mein Mathelehrer bemängelt, wenn ich Elfen und Eichhörnchen gemalt habe statt gleichschenkliger Dreiecke. Aber stellt sich nicht jeder hin und wieder vor, wie es sein würde, die erste große Liebe wieder zu treffen? Ich habe es auf jeden Fall getan. Mehr als einmal. Schließlich war Matt der erste Mann, der mich je geküsst hat. Und zwar verdammt gut geküsst hat. Okay, ich hatte damals keine Vergleichsmöglichkeiten, aber rückblickend kann ich sagen: verdammt gut. Ach ja, und außerdem war er der erste Mann, der mein unerfahrenes Herz gebrochen hat.

Zugegeben, meine Träume von einem Wiedersehen mit ihm waren nie realistisch. In diesen Träumen war ich schlank, vorteilhaft angezogen und hatte wunderbar sitzendes Haar. Ich bin nicht rot wie ein gekochter Hummer geworden und habe etwas Intelligentes gesagt.

Die Wirklichkeit sieht so aus: Ich habe gerade einen siebenstündigen Flug von Berlin nach Ostkanada in einer engen Chartermaschine hinter mir, und das sieht man mir an. Ich habe mir an der Passkontrolle auf dem Flughafen in Halifax die Beine in den Bauch gestanden und schließlich am Kofferband vergeblich auf meinen Koffer gewartet. Gefühlte Stunden später, nachdem mir eine Dame der Fluggesellschaft versichert hatte, dass man versuchen würde, meinen Koffer möglichst schnell aufzutreiben und mir zukommen zu lassen, stand ich nochmals Schlange. Diesmal am Mietwagenschalter. Da ich keinen Koffer hatte, konnte ich mein verschwitztes T-Shirt mit dem Tomatensaftfleck nicht wechseln, bevor ich endlich nach Rocky Harbour aufbrach. Während der Fahrt schaute ich ständig besorgt in den Rückspiegel, um zu sehen, wie sich die Situation auf meinem Kopf entwickelte. Und ich muss leider sagen: Sie entwickelte sich nicht gut. Schließlich war ich seit drei Stunden in Nova Scotia, der südöstlichsten Provinz Kanadas; hier ist die Luftfeuchtigkeit meistens genauso hoch wie die Dichte an Eichhörnchen pro Quadratkilometer Wald. Hohe Luftfeuchtigkeit und Naturkrause, eine fatale Kombination. Wenn ich nicht in den Rückspiegel oder auf die Straße schaute, versuchte ich, die handschriftlichen Notizen zu entziffern, die ich mir in Berlin gemacht hatte. Doch was bei Google Maps so simpel ausgesehen hatte, war es in Wirklichkeit nicht. Eigentlich hätte ich die Strecke vom Flughafen nach Rocky Harbour kennen müssen, schließlich bin ich sie schon so oft gefahren. Doch das ist lange her, und mein Orientierungssinn ist noch schwächer ausgeprägt als mein Selbstbewusstsein. Außerdem lenkten mich die Sorgen um mein Haar stärker ab, als sie das beim Autofahren wohl tun sollten, denn ich wusste genau: Bald würde ich Matt wiedersehen. Und von meinen Vorstellungen von einem würdevollen Zusammentreffen mit meinem Ex-Freund war ich ziemlich weit entfernt. Aber vielleicht würde ich ja Glück haben und durch den Wald bis zur Blueberry Lodge fahren können, ohne Matt zu begegnen?

Nach zwei Stunden Fahrt erreichte ich endlich Rocky Harbour, dank des freundlichen Mannes in Lunenburg, der mir noch einmal ausführlich erklärt hatte, wie ich den kleinen Fischerort finden würde. Ich hätte mir wohl doch ein Navi mieten sollen, dachte ich, als ich mit einer Mischung aus Erleichterung und Sentimentalität meinen Chevrolet durch den Ort lenkte, in dem ich als Kind jeden Baum, jedes Boot, jeden Briefkasten kannte. Ich starrte aus dem Autofenster, sah die bunten Holzhäuser entlang der Küstenstraße, die aufgestapelten Hummerkörbe im Hafen, die schroffen Felsen am Meeresufer, die Fischernetze, die zum Trocknen über der Leitplanke am Straßenrand hingen. Ich hatte das Gefühl, nach Hause zu kommen.

Doch erst, als ich den Ort hinter mir gelassen hatte und nach einem weiteren Kilometer entlang der Küste nach links in einen Waldweg eingebogen war, ging es richtig los mit meinem emotionalen Ausnahmezustand. Ich holperte in meinem Mietwagen durch den Wald meiner Kindheit, wo jedes Schlagloch und jeder Felsbrocken mich freudig zu begrüßen schienen. Die hohen Kiefern und Tannen neigten ihre Wipfel und begutachteten mich wohlwollend. Durch das Meer aus Farn am Straßenrand ging ein aufgeregtes Wispern, eine junge Birke winkte mir zu. Ein Eichhörnchen sprang auf einen Baumstumpf und rief: »Herzlich willkommen, Nina!«

Dann trat ich auf die Bremse und wurde schnell in die Realität zurückgeholt. Sie stand in Form eines rostig blauen Pick-up-Trucks mitten auf der Straße und versperrte mir den Weg. Eine böse Vorahnung beschlich mich. Und sie bewahrheitete sich, als ein Mann um den Truck herumkam und wie angewurzelt stehen blieb. Er sah aus, wie Kanadier in kitschigen Fernsehfilmen auszusehen pflegen: Baseballmütze, Holzfällerhemd, abgewetzte Jeans, Arbeitsstiefel. Und, um dem Klischee ganz und gar gerecht zu werden, eine Säge in der Hand.

 

War ja klar, dass ich die Blueberry Lodge und eine rettende Dusche nicht erreichen würde, ohne ihm über den Weg zu laufen. Schließlich wohnt er hier, in diesem Wald, an diesem See, wo ich die glücklichsten Sommer meiner Kindheit und Jugend verbracht habe. Wo ich ein paar Wochen lang mit diesem Mann zusammen war, der nun wenige Meter von meinem Mietwagen entfernt steht und mich anstarrt. So, wie man eben jemanden anstarrt, den man das letzte Mal vor 14 Jahren gesehen hat. Jemanden, den man zum Abschied am Flughafen um den Verstand geküsst hat. Und bei dem man sich dann, einen kurzen Brief später, einfach nicht mehr gemeldet hat.

 

Noch während ich überlege, ob ich unauffällig nach meiner Umhängetasche tauchen kann, in deren Tiefen sich irgendwo meine Bürste versteckt, legt Matt die Säge auf die Ladefläche seines Pick-ups. Oh. Mein. Gott. Er kommt auf mein Auto zu.

Meine Hände werden schweißnass. Soll ich den Motor abstellen und aussteigen? Nein, im Sitzen sehe ich eindeutig vorteilhafter aus, weil der Sitzgurt genau über dem Tomatensaftfleck auf meinem T-Shirt liegt und ich meine Speckrolle auf Bauchhöhe durch geeignete Armhaltung zumindest teilweise kaschieren kann. Außerdem haben sich meine Knie dazu entschlossen, plötzlich sehr weich zu werden. Ich glaube nicht, dass Aussteigen und vor Matt Stehen eine Option ist.

Während er sich langsam nähert, erkenne ich genauer, wie er aussieht. Wie kann es sein, dass mein Ex-Freund mit den Jahren immer attraktiver geworden ist, während ich mindestens zehn Kilogramm mehr auf die Waage bringe als bei unserem letzten Treffen? Okay, vermutlich ist es normal, dass man mit 30 Jahren mehr wiegt als mit 16. Und er sieht schließlich auch kräftiger aus als damals, oder nicht? Allerdings kräftig im Sinne von muskulös, nicht mollig.

Ich versuche, nicht zu starren wie ein hypnotisierter Teenager. Das habe ich schließlich lange genug getan. Und trotzdem starre ich wieder. Sein Gesicht sieht männlicher aus. Was wohl zu erwarten ist, wenn man nicht mehr 18, sondern 32 ist. Er trägt jetzt einen Bart. Keinen dieser dichten Vollbärte, eher einen – hmm, sagen wir Fünf-Tage-Bart. Sein Haar ist kürzer als damals, er hat keinen Pferdeschwanz mehr. Doch die Strähnen, die unter der Baseballmütze hervorlugen, haben dieselbe Farbe wie in meiner Erinnerung – Dunkelbraun. Allerdings mit einem Anflug von Grau an den Schläfen. Ich schlucke und zwinge mich, etwas anderes zu tun, als ihn nur anzuglotzen, so, als wäre ich immer noch 16 und er Mark Wahlberg persönlich.

Ich lasse das Fahrerfenster herunter, denn Matt hat mein Auto erreicht. Die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben, schaut er mich an. Er lächelt nicht, aber er sieht auch nicht unfreundlich aus. Eher – neugierig?

»Hey, Nina«, sagt er.

Mein Herz macht das, was ich im Sportunterricht nie hinbekommen habe: Es schlägt ein Rad.

Sag etwas, Nina!, zischt »Kleine Bärin«.

Wer »Kleine Bärin« ist? Dazu komme ich später – ich muss mich jetzt wirklich auf Matt konzentrieren.

Mein Mund will ebenfalls ein »hey« formen. Und er formt es auch. Nur leider verpasst meine Stimme ihren Einsatz, so dass ich lautlose Lippenbewegungen mache. Kleine Bärin rollt mit den Augen. Der Hauch von einem Grinsen lässt Matts linken Mundwinkel zucken. Was meine Knie zum Anlass nehmen, noch weicher zu werden. Diese blöden Knie. Haben sie etwa nicht mitbekommen, dass sie nicht mehr zum Körper einer 16-Jährigen gehören?

»Long time no see«, sagt Matt. Über diesen drolligen Ausdruck für »lange nicht gesehen« musste ich immer schon lachen. Leider entschließt sich mein Lachen im letzten Augenblick dazu, als albernes Kichern hervorzuschießen. Unter anderem deshalb, weil seine Stimme so tief ist. Sie ist noch tiefer als damals, ganz sicher. Und sie verursacht eine Gänsehaut auf meinen Armen.

Ich räuspere mich, um Zeit zu gewinnen, denn mein Kopf ist wie leer gefegt. Nicht ein einziges sinnvolles Wort will mir einfallen.

Hallo? Kleine Bärin wird ruppiger. Du bist eine reife 30-Jährige, Nina! Jetzt reiß dich doch mal zusammen!

Doch bevor ich mich zusammenreißen kann, lässt mich ein Hupen herumfahren. Hinter mir hält ein schwarzer Mercedes-Geländewagen mit New Yorker Nummernschild. Die Fahrertür fliegt auf, und eine Frau schießt förmlich heraus und auf meinen Wagen zu.

Meine Cousine Isabel. Rocky Harbours Next Topmodel.

Einfach sitzen bleiben ist jetzt keine Option mehr. Ich stelle den Motor ab und bitte meine Knie, mit den Albernheiten aufzuhören, als meine Fahrertür von außen aufgerissen wird.

»Nina!«, juchzt Isa.

Ich schnalle mich ab und versuche, möglichst elegant auszusteigen. Kaum stehe ich mit beiden Füßen auf dem unebenen Waldweg, als ich schon Isas Arme um meinen Hals spüre. Ihre Umarmung ist so überschwenglich, dass ich rückwärts wanke und beinahe wieder ins Wageninnere geplumpst wäre. »Uff. Hallo, Isa«, japse ich und suche Halt an der Fahrertür.

»Oh, ich freue mich so, dich zu sehen!« Isa strahlt mich an und hüpft auf der Stelle auf und ab, wobei sie meine Schultern nach wie vor umfasst hält, so dass auch ich zwangsläufig mithüpfe. Ich versuche zurückzustrahlen. Was schwer genug ist, wenn man weiß, wie bescheiden man gerade aussieht. Noch schwerer allerdings fällt es, wenn man den lebenden Beweis vor sich hat, dass im Genpool der eigenen Verwandtschaft durchaus mehr drin ist als ein dicker Hintern und Naturkrause. Nämlich eine Modelfigur und glattes goldblondes Haar, für das Barbie morden würde.

»Ich freue mich auch«, sage ich atemlos, als meine Cousine mich loslässt und wir endlich nicht mehr hüpfen. Und ich freue mich wirklich, sie zu sehen. Wieder hier zu sein, in Rocky Harbour. Am Blueberry-See. Sehr sogar.

»Ich dachte, du wärst schon längst am See! Du bist doch schon vor Stunden gelandet, oder?«

Ich will meiner Cousine erklären, dass mich die Koffersache eine zusätzliche Stunde gekostet hat. Meine Umwege wegen mangelnder Orientierung werde ich auf keinen Fall erwähnen. Doch Isa hat sich schon Matt zugewandt und stupst ihn in die Seite. »Wie lustig, Cousinchen, dass du als Erstes ausgerechnet Matt über den Weg läufst!«

Sie strahlt ihn an. Aber Matt schaut nicht sie an, sondern mich. Mir ist bewusst, was er sieht und womöglich denkt: Hatte Nina damals auch schon so eine unmögliche Frisur? Ich kichere. Schon wieder. Es zuckt erneut an seinem linken Mundwinkel. Kann dieser Mundwinkel nicht damit aufhören? Er gehört schließlich zu einem verflucht schönen Mund, und ich möchte jetzt nicht an diesen Mund denken und daran, wie er sich angefühlt hat und was er alles …

Hör sofort auf, seinen Mund anzustarren!

Hastig wende ich den Blick ab. Doch die Erinnerungen reichen aus, um meine Arme schon wieder in ein Meer aus Gänsehaut zu verwandeln. Damit Matt und Isa das nicht bemerken, verschränke ich sie hinter dem Rücken. Allerdings hat jetzt der Tomatensaftfleck unterhalb meiner rechten Brust seinen großen Auftritt. Verdammt. Ich spüre, wie die vertraute Hummerröte mein Gesicht überzieht. Gerade, als ich glaube, dass es nicht schlimmer werden kann, höre ich ein Quieken. Fragend schaue ich Isa an. Isa schaut auf meinen Bauch.

»Nina!«, juchzt sie und fällt mir erneut um den Hals. Ich halte mich erneut an der Fahrertür fest.

»Uff. Was denn?«

»Du bist schwanger, oder?«

Sie löst sich von mir und starrt mich aus weit aufgerissenen himmelblauen Augen an. Ich starre zurück. Sprachlos. Verzweifelt versuche ich, meinen Bauch einzuziehen. Vergeblich. Warum musste ich bloß diese Kombination aus Hüftjeans und zu engem T-Shirt anziehen? Ich wage einen Blick auf Matt. Auch er starrt auf meinen Bauch. Wenn ich gehofft hatte, seine Deutschkenntnisse würden das Wort »schwanger« nicht einschließen, habe ich mich wohl geirrt.