Eine Nixe im Strudel der Gefühle - Uwe Goeritz - E-Book

Eine Nixe im Strudel der Gefühle E-Book

Uwe Goeritz

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Beschreibung

Eine Nixe im Strudel der Gefühle Altersfreigabe: ab 18 Jahren Seit Monaten lebt die mehr als sechshundert Jahre alte Nixe Ariana schon unter den Menschen, doch das Zusammenleben gestaltet sich zusehens schwierig für die schwangere Meerjungfrau. In der Fortsetzung der Geschichte "Eine Nixe zum Abendessen" muss Ariana ihren Platz zum Leben finden und sich den verwirrenden Gefühlen stellen, die aus ihrem Zusammenkommen mit Richard, seiner Schwester und den anderen Mitmenschen resultieren.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Anmerkungen und Warnungen

Herbstgedanken

Eine verrückte Idee

Im Zweifel für die Liebe?

Männchen und Weibchen

Gedanken in der Nacht

Weder Mensch noch Nixe!

Tausend Euro!

Unter Menschen

Hypothesen und Realität!

Überstunden

Das springende Ei

Elanis Weg

Grillen mit Freunden

Samstagnacht

Augen zu und

Betrug, oder nicht?

Andersherum betrachtet

Eine Falle für Micha?

Nicht wie beim ersten Mal!

Freundschaft Plus!

Kein Date!

Schwager und Schwägerin

Ostseewellen

In seinen Gedanken

Eine sportliche Herausforderung

Dem Trieb verfallen?

Sturmtage

Nähe und Geborgenheit

Bedingungslos ausgeliefert

Ein Spieleabend

Doppelter Test, gleiches Ergebnis

Mensch unter Menschen

Gegen jede Wahrscheinlichkeit

Ein Nachmittag der Sinneslust

Im Strudel der Gefühle

Anmerkungen und Warnungen

Diese Erzählung sollte Jugendlichen unter 18 Jahren nicht zugänglich gemacht werden.

Ausnahmslos alle Beteiligten dieser Geschichte sind erwachsen und über 21 Jahre alt.

Sämtliche Orte, Figuren, Firmen und Ereignisse dieser Erzählung sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, ob lebend oder tot, ist rein zufällig und vom Autor nicht beabsichtigt.

1. Kapitel Herbstgedanken

Dunkle Wolken zogen am Himmel entlang und verkündeten das nahende Ende des Sommers. Oktober war es geworden, das Laub an den Bäumen färbte sich und gab damit der ganzen Szenerie etwas Farbenfrohes, als wolle die Natur gegenwärtig noch einmal alles aus dem Farbkasten herausholen, was da nur irgendwo drin zu finden war, bevor dann die Blätter endgültig zu Boden schweben und kahle Äste für den Rest des Jahres zurücklassen würden.

Die Nixe Ariana lehnte mit dem Rücken am Stamm eines dieser Bäume und schaute auf den kleinen Teich hinaus.

Sie war jetzt im vierten Monat schwanger, streichelte versonnen ihren schon deutlich fühlbaren Babybauch und hob dabei ihren Blick zum Geäst über ihr.

In den mehr als sechshundert Jahren, die sie zuvor schon hier gelebt hatte, war das immer die Zeit gewesen, zu der sie in ihr Versteck abgetaucht war, um darin den Winter und den zugefrorenen Teich zu verschlafen.

Doch dieses Jahr wäre alles anders, denn sie wollte mit Richard, ihrem Geliebten und Vater ihres noch ungeborenen Kindes, die kalte Jahreszeit unter den Menschen verbringen.

Keiner wusste, dass sie eine Nixe war und sie war auch fest dazu entschlossen, es niemanden zu verraten, denn die Warnungen von Lunara, der Mondgöttin, über die Menschen und deren Verhalten waren noch viel zu deutlich in ihren Ohren.

Obwohl sie Richard und den anderen Freunden vertraute, wollte sie dennoch kein unnötiges Risiko eingehen!

Sie stieß sich von dem Baum ab und schlendernd langsam die zehn Schritte bis zu der Bank am Ufer, auf der sie vor Monaten mit Richard zusammengetroffen war.

Dort angekommen strich sie versonnen über die hölzerne Lehne. Wenn diese Bank reden könnte, dann hätte Ariana in der Erinnerung an all diese zärtlichen Momente auf ihr jetzt sicherlich rote Ohren vor Aufregung oder unstillbarem Verlangen bekommen.

Zu schön, berauschend und sinnlich waren die Sommernächte hier zwischen dem Ried für sie gewesen.

Eine Gruppe Graugänse erhob sich schnatternd vom Weiher, flog über ihr dahin und tauschte sich dabei lautstark über das Ziel ihrer Reise aus.

Irgendwo im Süden würden sie die kalte Jahreszeit verbringen, bevor sie dann im Frühjahr abermals hier landen würden.

Wie in jedem Jahr winkte sie den gefiederten Freunden hinterher und wünschte ihnen einen guten Flug.

Ariana drehte sich zum Weiher zurück, ihr Blick glitt über das fast kreisrunde Gewässer und neue Gedanken sowie Zweifel sausten ihr dabei durch den Kopf, denn wenn dieses Gewässer erst einmal zugefroren war, dann würde ihre Wohnhöhle auf dessen Grund für sie über Monate nicht mehr erreichbar sein.

Damit wäre ihr schützender Unterschlupf weit von ihr entfernt und was geschah dann, wenn es doch zu einem Konflikt kam?

War die ganze Sache dieses unberechenbare Wagnis wert?

Natürlich waren die letzten Monate in Richards Armen der Himmel auf Erden gewesen, aber was würde ihr der Winter bringen?

Selbstverständlich konnte sie auch in Richards Haus ihren Winterschlaf verbringen, allerdings würde es wohl etwas seltsam klingen, wenn sie zu ihm sagen würde: „Weck mich im März!“

So sehr Richard sie auch liebte, sie wusste nicht, wie er darauf reagieren würde, wenn er etwas über ihre wahre Identität erfuhr.

War seine Liebe stärker als seine Skepsis?

Noch immer dachte er, dass sie ein Findelkind sei, das von der Mutter verstoßen worden war und dreißig Jahre im Wald gelebt hatte.

Mit der Wahrheit würde er wohl nur schwer umgehen können.

Seine zehnjährige Tochter Naomi vielleicht eher, denn sie liebte die Filme von Arielle, wobei diese Trickfilme mit dem realen Leben einer Nixe nur sehr weniger zu tun hatten.

Irgendwo vor ihr suchten sich die Frösche, die sie den ganzen Sommer mit ihrem Konzert unterhalten hatten, jetzt ebenfalls ihre Winterquartiere auf. Auch diese kleinen grünen Gesellen würden von jetzt an ihren Winterschlaf halten.

Seufzend blickte sie über ihren Teich. Er war ihre Heimat, solange sie sich zurückerinnern konnte.

Sechshundert Jahre!

Sonnenstrahlen glitzerten auf dem Wasser. Die Sonne hatte bereits nicht mehr solch eine Kraft wie im Sommer, aber trotzdem musste sich Ariana noch immer jeden Tag mit Sonnenmilch einreiben, damit die Strahlen nicht ihre Haut verbrannten.

Es war später Nachmittag und die Tage waren jetzt deutlich kürzer.

Sie trat ans Ufer, kniete sich hin und steckte die Hand ins Wasser. Für sie war es noch angenehm temperiert und lud zum ausgiebigen Bad ein, daher erhob sie sich, trat zur Bank und streifte ihr Kleid ab, danach legte sie den Stoff über die Lehne und hängte die Unterwäsche dazu.

Einen Augenblick später sprang sie nackt in die Fluten des von ihr so geliebten Teiches.

Spielerisch tauchte sie bis zum Grund hinab und scheuchte dabei ein paar dicke Karpfen auf, einige Minuten lang jagte sie einen Hecht, bevor sie lachend wieder nach oben tauchte.

Abermals legte sich Wehmut um ihr Herz, denn all das würde sie schon bald nicht mehr haben, weil es Winter wurde!

Naomi hatte in den letzten Wochen von dieser Jahreszeit regelrecht geschwärmt und daher wollte sie das jetzt auch mal erleben.

Mit kräftigen Schwimmzügen schoss Ariana regelrecht durch den Teich. Mal auf dem Bauch, mal auf dem Rücken, tauchend und planschend, wobei das Wasser ihren Körper umspülte.

Hier drin war sie fast schwerelos, das Leben an Land war da schon etwas anstrengender, aber das Essen, das Richard ihr jeden Abend zubereitete, war eine Entschädigung für jede Anstrengung.

Der Geliebte hatte vor einem Monat seinen zweiten Stern bekommen und diesen stolz über die Tür seines Restaurants gemalt.

Ariana drehte sich auf den Rücken, glitt langsam weiter und blickte dabei nach oben. Sie sah wieder die dunklen Wolken über sich, die wohl die richtigen Sterne für eine Weile verdecken würden.

„Ariana!“, rief jemand vom Ufer.

Sie drehte sich auf den Bauch zurück, hob den Kopf und sah sich um.

An der Bank stand eine Gestalt und winkte zu ihr herüber. Der Gestalt und den Bewegungen nach war es eine Frau und mit den dunklen Haaren konnte es nur Simone, Richards jüngere Schwester sein.

Ariana schob sich mit schnellen Schwimmzügen zum Ufer hinüber und stellte sich schließlich im hüfttiefen Wasser vor die Frau hin.

„Ich habe dich schon gesucht!“, begrüße Simone sie.

„Komm doch rein, das Wasser ist herrlich!“, entgegnete Ariana.

„Du spinnst wohl? Es sind sicherlich keine zehn Grad!“, quiekte Simone auf.

„Ich habe gerade kein Thermometer dabei“, scherzte Ariana aus dem Wasser heraus.

„Ich weiß ja, dass du das noch aus deiner Zeit in der Wildnis gewohnt bist, aber ich könnte das nicht!“, erklärte Simone und reichte ihr die Hand, damit sie aus dem Wasser steigen konnte.

Sie ergriff die Hand und ließ sich aus dem Teich ziehen.

„Was hast du mit deinen Haaren gemacht?“, fragte Ariana.

Die sonst so üppige Mähne der Frau war deutlich gekürzt und reichte ihr jetzt nicht mal mehr bis zur Schulter.

„Ich war beim Frisör. Meiner Partnerin Ingrid hat es nicht mehr gefallen und mir ehrlich gesagt auch nicht!“, erklärte Simone und hielt ihr ein Handtuch hin.

Langsam und gemächlich trocknete sie sich damit ab, während Simone vor ihr angezogen deutlich zitterte.

„Warum hast du mich denn jetzt gesucht?“, erkundigte sie sich, als sie ihre Unterwäsche wieder anzog.

„Ach ja. Ingrid und ich, wir müssen mit euch reden. Mit dir und Richard!“, entgegnete Simone.

„Das klingt ja so ernst! Haben wir was angestellt?“, fragte Ariana vorsichtig nach.

„Nein! Nur eine Frage!“, erwiderte Simone, hielt ihr das Kleid hin und strich dabei sanft über Arianas nur leicht zu erkennenden Babybauch.

Es war noch keine Woche her, dass sie die anderen Familienmitglieder bei einer Feier über ihre glücklichen Umstände informiert hatte.

Was wollte Simone? War es für sie noch zu früh, dass sie mit Richard ein Kind haben würde?

Aber so etwas ließ sich eben kaum planen, wobei das in ihrem Falle nicht so gewesen war.

2. Kapitel Eine verrückte Idee

Langsam schritt Simone neben Ariana her, Ingrid wartete bereits bei Naomi, aber so richtig wohl war es ihr noch nicht bei dem, was sie an diesem Abend mit ihrem Bruder und dessen Freundin bereden wollten.

Nachdenklich strich sie sich durch die jetzt kürzeren Haare und dachte dabei an Arianas Bemerkung zurück.

Irgendwie hatten die langen Haare nicht mehr zu ihr gepasst. Dieser kurze Ponyschnitt entsprach ihrem Charakter jetzt viel mehr und sie hatte daher Ingrid sofort rückhaltlos zugestimmt, damit zum Friseur zu gehen.

Bei der nächsten Idee der Partnerin war das schon etwas anderes, denn die war schon einigermaßen verrückt.

Oder vielleicht auch nicht?

Sie spürte, wie Ariana sie von der Seite aus fragend anblickte, aber sie hatte Ingrid versprochen, erst etwas zu sagen, wenn alle an einem Tisch saßen.

Alle, bis auf Naomi, denn die Frage war etwas delikat und nicht für Kinderohren geeignet!

Es war schon schwierig gewesen, der Zehnjährigen zu vermitteln, dass zwei Frauen zusammenlebten.

Oder war das nur ihr Gefühl gewesen und Naomi hätte es auch ganz unbefangen akzeptiert?

Nach dem Tode von Richards Frau Eva hatte sie wie selbstverständlich die Mutterrolle für ihre Nichte übernommen und jetzt war da mit Ariana eine neue Mutter für Naomi ins Spiel gekommen.

Vielleicht hatte sie dadurch erst verstanden, dass es auch um sie ging und nicht nur um andere.

War diese Ansicht jetzt zu eigennützig?

Eigentlich nicht!

Fünf Jahre lang hatte sie sich um das Kind gekümmert, doch jetzt war mit Ingrid eine neue Person in ihrem Leben.

Und eben auch eine verrückte Idee!

Aber vielleicht war diese auch gar nicht so verrückt, sondern einfach nur natürlich.

Still lächelte sie bei dem Gedanken an Ingrid in sich hinein.

Es war fast zum selben Zeitpunkt als Richard sich in Ariana verliebt hatte geschehen, dass sie die Liebe zu Ingrid gefunden hatte.

Viel zu lange hatte sie vergeblich versucht, mit Männern etwas anzufangen, bevor sie begriffen hatte, dass es einfach nicht ging.

Ingrid war da ganz anders gewesen oder hatte zumindest viel schneller begriffen, was sie vom Leben wollte.

Die zierliche Blondine wirkte auf andere schwach und hilflos, aber sie wusste ganz genau, wonach sie sich sehnte, und wie sie es erringen konnte und das imponierte ihr ganz besonders an Ingrid.

Mit dem Einsetzten der Dämmerung erreichten sie Richards Häuschen und betraten über den Garten und die Terrassentür die Stube.

Ingrid spielte ein Kartenspiel mit Naomi und es war eindeutig zu erkennen, dass sie das Kind dabei absichtlich gewinnen ließ.

Im nächsten Jahr würde Ingrid dreißig werden und war damit acht Jahre jünger als Simone.

„Wollen wir schon mit dem Abendbrot anfangen? Oder warten wir noch auf Richard?“, fragte Ariana.

„Ich will Pizza!“, erklärte Naomi sofort.

Die Karten waren vergessen, augenblicklich begann die Küchenarbeit und sie kneteten zu viert den Teig.

Lachend und singend ging das von sich und Ariana hatte dabei die schönste Stimme von ihnen allen. Glockenhell trällerte sie eine Melodie aus einem dieser Zeichentrickfilme, die Naomi so gern im Fernsehen sah.

Simone blickte auf, Ingrid stand ihr an dem Tisch direkt gegenüber und immer wieder strich sie sich die langen blonden Haare aus dem Gesicht. Das sah so richtig süß aus, fast verlegen und kindlich und schrie nach einem Kuss.

Sie beugte sich nach vorn, küsste die Geliebte über den Tisch hinweg und wurde dabei von Naomi lachend mit Mehl beworfen.

Eine regelrechte Mehlschlacht entbrannte, bis sie die Küche gemeinsam wieder aufräumten. Wenig später war die Pizza im Ofen und Ariana stieg mit Naomi zu deren Zimmer hinauf.

Damit waren sie jetzt allein, sie setzten sich nebeneinander auf das Sofa und sie schaute die Freundin von der Seite aus an.

Offensichtlich erkannte diese die Frage in ihrem Blick, denn Ingrid sagte: „Wir tun das Richtige!“, danach küsste Ingrid sie.

„Das eine ja, aber auch das andere?“, entgegnete Simone ihr zweifelnd.

Ingrid nickte und lächelte ihren Einwand einfach davon, aber es lag ja sowieso nicht an ihr, sondern nur an Richard, die zweite Frage zu beantworten.

Und an Ariana, dass auch sie zustimmte.

Ein heikles Thema!

Ingrid legte ihr den Arm um die Schultern, was sicherlich ziemlich seltsam aussah, denn die Geliebte war fast einen Kopf kleiner als sie selbst.

Die Wartezeit dehnte sich unendlich lang dahin. Sowohl die auf die Pizza als auch die Zeit für das Eintreffen des Bruders.

Der Zeiger der Küchenuhr kroch heute besonders langsam über das Zifferblatt oder kam ihr das nur so vor, weil sie wartete?

Endlich war von draußen das Geräusch des vorfahrenden Wagens zu hören und fast im selben Augenblick klingelte auch der Herd.

Naomi kam die Treppe herab, sie flog fast und Ariana eilte ihr hinterher.

Richard war zwar groß und kräftig, aber der Ansturm von Freundin und Tochter riss ihn dennoch beinahe von den Füßen.

Erst nachdem er sich befreit hatte, bemerkte er sie und Ingrid, er kam zum Sofa und begrüße sie, während Ariana schon den Tisch deckte.

Die Pizza duftete verführerisch.

Stück für Stück verschwand das ganze riesige Backwerk in ihren Mägen.

Nachdem alle satt und Naomi auf ihr Zimmer gegangen war, saßen sie in der Stube um den Couchtisch herum.

Sie warf einen letzten fragenden Blick zu Ingrid, aber die Partnerin nickte ihr nur ermutigend zu und damit kam jetzt wohl unweigerlich ihr Teil des Abends.

„Ingrid und ich, wir haben beschlossen, im nächsten Jahr zu heiraten!“, begann sie mit dem weniger heiklen Teil der Bekanntmachung.

„Das ist ja klasse!“, entgegnete Richard, erhob sich, umarmte sie beide nacheinander und auch Ariana beglückwünschte sie.

„Ich mache mal eine Flasche Sekt auf!“, äußerte Richard und ging zum Fach der Hausbar, um die Gläser zu holen.

Simone erkannte in Ingrids Blick, dass die Partnerin jetzt unbedingt auch den zweiten Teil der Erklärung an die beiden anderen loswerden wollte, und zwar noch bevor Richard die Flasche geöffnet hatte.

Mit jeder Sekunde, die sie zögerte, wurde Ingrids Blick gequälter.

„Mach schon!“, formten ihre Lippen die lautlose Aufforderung.

„Ähm“, begann Simone.

Richard kam mit den Gläsern zurück.

„Wir hätten da noch eine Frage, ein Anliegen, eine Bitte“, setzte sie fort.

„Sollen wir eure Trauzeugen werden?“, erkundigte sich Richard und stellte die Gläser auf dem Tisch ab.

„Nicht ganz“, brach es augenblicklich aus Ingrid heraus.

„Was dann?“, fragte Ariana.

Simone spürte in sich, dass sie sich wie ein Aal auf dem Trockenen wandte.

„Jetzt sag schon“, forderte der Bruder sie auf, denn er kannte sie viel zu gut, um zu erkennen, dass ihr diese Frage brennend auf der Seele lag.

„Ingrid hätte gern ein Kind!“, erzählte sie schließlich.

„Ja! Fein!“, antwortete Richard.

„Von dir!“, entgegnete sie noch, blickte auf die Tischplatte herab und versuchte durch die Wimpern die Gesichtsausdrücke von Ariana und Richard zu deuten.

„Ihr meint das beide ernst?“, erkundigte sich Richard nach einer unendlich langen Pause des Schweigens.

Sie konnte dem Bruder nicht mehr direkt in die Augen sehen und daher setzte sie, zu Boden blickend, hinzu: „Ich habe schon deinen Freund Felix gefragt.“

„Nur leider ist der ja dazu nicht mehr in der Lage!“, erklärte Richard.

Simone nickte und senkte den Blick noch mehr.

Das war alles so peinlich! Konnte sich jetzt nicht der Boden auftun und sie verschlucken?

Zumindest für eine Weile?

3. Kapitel Im Zweifel für die Liebe?

Sprachlos blickte Richard zwischen seiner Schwester und seiner baldigen Schwägerin hin und her. Hatte er sich eventuell verhört? Die auffällige Gesichtsfarbe der beiden Frauen sprach allerdings dafür, dass er es wohl richtig verstanden hatte.

„Ihr beide habt doch aber einen Knall. Oder?“, fragte er.

„Siehst du! Ich habe es dir gesagt!“, maulte Simone herum.

„Aber“, begann Ingrid.

Er unterbrach sie mit einer Handbewegung und blickte zu Ariana hinüber, die sich auf dem Sofa zurücklehnte und ihren Bauch streichelte.

„Das ist alles meine Schuld? Oder? Wenn ich nichts gesagt hätte, dann wärt ihr nicht auf diese Idee gekommen“, begann Ariana.

„Nein! Oder auch nicht nur. Wir wollten das eigentlich schon zuvor!“, entgegnete Ingrid leise.

Seufzend ließ er sich neben Ariana auf das Sofa fallen.

„Überlege es dir doch bitte noch einmal“, bat Ingrid ihn jetzt.

Er fixierte die kleine, aber wohlgeformte Blondine mit seinem Blick, doch sie hielt seinem Augenkontakt nicht stand.

Dass die beiden bereits mit Felix gesprochen hatten, zeugte zumindest von der Ernsthaftigkeit ihrer Überlegungen, aber Felix konnte eben nicht mehr, denn nach der Durchtrennung seiner Samenleiter war er nicht mehr fähig, Kinder zu zeugen.

Und offenbar kannten die beiden Frauen nicht so viele Männer, denen sie solch eine verrückte Idee zutrauten.

„Und wie? In einer Klinik? So mit Samenspende und allem Drum und Dran?“, fragte er weiter.

Noch hoffte er, dass Simone jetzt den Prospekt eines Krankenhauses aus der Tasche zog und ihn mit wissenschaftlichen Fakten überzeugen würde, doch so, wie sich Ingrid und seine Schwester gerade ansahen, hatte er wohl den wunden Punkt ihres Planes getroffen.

„Ihr hab echt einen Knall!“, brach es aus ihm heraus, er erhob sich vom Sofa und trat an das dunkle Fenster.

Kopfschüttelnd schaute er in die Nacht hinaus und die beiden Frauen schwiegen immer noch.

„Was meinst du?“, erkundigte sich Ariana schließlich nach einer Weile.

Über die Schulter blickte er zu seiner Freundin zurück. Noch immer streichelte Ariana vermutlich unbewusst das kaum zu sehende Bäuchlein.

War sie so begriffsstutzig? Oder hatte sie einfach nicht verstanden, was Simone ohne Worte gesagt hatte?

Er drehte sich zu ihr um und sah noch einmal zu Ingrid und Simone, doch beide blickten momentan auf die Tischplatte herab und Ingrids Gesicht war ziemlich dunkel geworden.

Eigentlich war sie recht hübsch und vor ein paar Monaten hätte er vielleicht das gemacht, was er indessen vehement ablehnte, damals, bevor er Ariana getroffen hatte, aber da wäre er sicherlich noch nicht dafür bereit gewesen.

Erst Ariana hatte ihn aus der Trauer um seine Frau gerissen.

Und was war jetzt?

Sicherlich hatte Simone deshalb auch Ariana mit an den Tisch gebeten, denn es betraf ja auch seine Lebensgefährtin.

Er ging zum Sofa, ließ sich mit einem Seufzer neben Ariana auf das Möbelstück fallen und schaute sie an.

„Die beiden haben sich überlegt, dass ich einfach mit Ingrid ins Bett gehe und dort Sex mit ihr habe. Dann haben die beiden ein Kind!“, erklärte er Ariana.

„Oder sehe ich das falsch?“, befragte er anschließend seine Schwester.

Simone hob den Kopf, wich aber mit ihrem Blick seinen Augen aus und schüttelte den Kopf.

„Ähm“, ließ sich jetzt Ariana vernehmen, erhob sich und trat an das Fenster, an dem er soeben noch gestanden hatte.

Vermutlich sausten jetzt dieselben Gedanken durch ihren Kopf, die ihn vor wenigen Augenblicken noch beschäftigt hatten.

Sein Freund Felix mit seiner Vorstellung von einer offenen Beziehung, freier Liebe und wildem Sex hätte wohl kein Problem damit gehabt, aber er war eben anders.

Er wollte nicht riskieren, für solch eine Schnapsidee die Liebe seines Lebens zu verlieren!

„Und was wäre so schlimm daran?“, erkundigte sich jetzt Ariana, über ihre Schulter zu ihm blickend.

Für einen Moment fehlten ihm die Worte, Simone und Ingrid blickten sofort auf.

Ariana setzte sich zurück und Simone begann: „Ingrid hätte am nächsten Donnerstag ihren Eisprung, die Pille nimmt sie ja sowieso nicht und wenn Richard dann etwas Zeit hätte, dann könnte das gehen!“

„So in etwa habe ich mir das vorgestellt!“, setzte jetzt Ingrid hinzu.

Offensichtlich waren sich die drei Frauen mit einem Male einig und er war aus der Runde heraus. Sie redeten, als wäre er gar nicht da und hätte dazu auch nichts zu sagen.

Er spürte, wie er innerlich wütend wurde und daher musste er erst mal von hier fort, um in Ruhe zu überlegen.

Schließlich sprang er vom Sofa auf, griff sich seine Jacke sowie die Autoschlüssel und im Rücken spürte er dabei, wie die drei Frauen ihn anstarrten.

Wortlos verließ er das Haus und ging zu seinem Auto.

Mit dem Schlüssel in der Hand fragte er sich selbst, wohin er fahren sollte.

Zu Felix? Vielleicht! Reden unter Männern und der Freund wusste auch schon darüber Bescheid.

Keine halbe Stunde später saß er bei Felix auf dem Sofa. Es war mitten in der Nacht und der Freund saß ihm im Schlafanzug gegenüber.

Mit zwei Flaschen Bier stießen sie erst mal an und nach ein paar Schlucken von dem Getränk erkundigte sich Felix: „Sie haben dich also gefragt?“

Richard nickte.

„Und? Du hast abgelehnt, sonst wärst du nicht hier!“, entgegnete Felix.

Auch das konnte er nur nickend bestätigen.

Die nächsten zehn Minuten blickten sie sich nur schweigend an.

„Und was wäre so schlimm daran?“, fragte auf einmal Gisel von hinten.

Richard drehte sich zu ihr um, Felix‘ Freundin stand im kurzen Nachthemd und mit völlig verwirbelten Haaren mit dem Rücken gegen den Rahmen der halboffenen Schlafstubentür gelehnt.

Anscheinend hatte keine der Frauen, die er kannte, ein Problem damit.

Warum also er?

„Willst du auch ein Bier?“, fragte Felix seine Freundin.

Gisel nickte, gähnte und setzte sich zu Felix. Offensichtlich hatten die beiden Freunde bereits geschlafen, als sein Klingeln Felix geweckt hatte.

Felix ging in die Küche und Gisel bemerkte: „Du hattest auch was mit mir, als du Ariana damals kennengelernt hast. Erinnerst du dich?“

Felix kam vom Kühlschrank zurück und drückte seiner Freundin die Flasche in die Hand.

„Ja! Damals, aber ich liebe Ariana!“, entgegnete Richard und stieß mit ihr an.

„Es geht hier nicht um Liebe!“, erklärte Gisel ihm.

„Irgendwie schon. Oder?“, antwortete er.

Das war wohl augenblicklich das Stichwort für Felix, denn der Freund sagte: „Du musst die körperliche von der seelischen Liebe trennen. So wie wir! Wir führen eine offene Beziehung. Jeder darf auch außerhalb der Beziehung Sex haben, aber ich liebe Gisel über alles!“

„Und mir geht das genauso!“, setzte Gisel hinzu.

Da blieb ihm jetzt wohl nur noch die Frage, wie Ariana dazu stand.

Und wollte er das wirklich?

4. Kapitel Männchen und Weibchen

In den wenigen Wochen, die sie jetzt bei den Menschen lebte, war Ariana eine andere geworden. Sechs Jahrhunderte lang war sie ein Wesen der Nacht gewesen, denn erst mit dem Sonnenuntergang hatte sie ihre Höhle auf dem Grund des Teiches verlassen und mit der Morgendämmerung war sie dann wieder schlafen gegangen.

Die starken Sonnenstrahlen hatte sie dazu gezwungen, doch gegenwärtig war sie am Tage wach und schlief in der Nacht.

Zumindest meist, denn soeben lag sie in ihrem Bett, es war dunkel und sie horchte auf die Geräusche in der Finsternis.

Richard war noch immer irgendwo unterwegs und sie strich mit der Hand über seine Seite des Bettes. Nach der kurzen Zeit war es bereits für sie ungewohnt, dass er nicht dort war.

Grübelnd holte sie sich die Situation am Abend zurück, wie Richard wütend das Haus verlassen hatte und kurz darauf auch Simone und ihre Freundin aufgebrochen waren.

Irgendwie konnte sie Ingrid und deren Wunsch nur zu gut verstehen und ihre Hand glitt auf ihren Bauch. Vielleicht waren das die aufsteigenden mütterlichen Gefühle, die sie bereits in sich hatte, die dieses Verständnis bewirkten.

Doch warum hatte Richard so putzig reagiert?

Er hatte die Flucht ergriffen, statt darüber zu reden.

Ariana seufzte. Menschen waren mitunter schon seltsam.

Auch nach Monaten unter ihnen versuchte sie noch immer diese Wesen zu verstehen, doch mitunter gelang ihr das nicht, aber sie war eben eine Nixe!

Durch die Gardinen fiel ein silberner Schein in das Zimmer, sie hob ihren Blick zum Fenster und vor ihren Augen schob sich die leuchtende Mondscheibe daran vorbei.

Möglicherweise wusste die Mondgöttin eine Antwort auf ihre Fragen.

Ariana erhob sich aus ihrem Bett, warf sich das Nachthemd über und ging auf die Terrasse hinaus.

Im kühlen Nachtwind blickte sie zum Mond hinauf und rief: „Lunara! Bitte komm zu mir!“

Es dauerte ungewöhnlich lange, bevor sich die Gestalt der Mondgöttin endlich aus der schon wohlbekannten Nebelbank löste und vor sie trat.

Wie immer trug Lunara ein silbern glitzerndes Kleid und ihre langen hellen Haare fielen ihr bis fast zur Bauchmitte und weit in den Rücken herab.

Mit einer herzlichen Umarmung begrüßte Ariana die Freundin und wenig später saßen sie im Garten auf den Stühlen nebeneinander.

„Was möchtest du diesmal wissen?“, fragte die Göttin und warf ihre Haare mit einer Handbewegung über die Schulter nach hinten.

Ariana begann damit, die Situation am Abend zu beschreiben und beschloss dann ihre Erzählung mit den Worten: „Warum hat Richard so komisch reagiert?“

„Menschen!“, stöhnte die Mondgöttin und fasste sich an den Kopf.

„Ich habe dir doch von deiner Mutter und deinem Vater erzählt!“, entgegnete Lunara nach einer Weile.

„Undinara und Samasaru? Ja. Mein Vater hat meine Mutter damals getötet, als ich noch klein war“, antwortete Ariana.

„Ja! Aber das habe ich gerade nicht gemeint“, erklärte Lunara und hob ihren Blick zum Himmel hinauf.

Offensichtlich suchte sie momentan nach Worten für die Antwort.

Gespannt wartete Ariana auf die sicher gleich folgende Geschichte der Mondgöttin.