EINE PRINZESSIN VOM MARS - Edgar Rice Burroughs - E-Book

EINE PRINZESSIN VOM MARS E-Book

Edgar Rice Burroughs

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Beschreibung

John Carter, ein abenteuerlustiger Gentleman aus den Südstaaten der USA, erwartet sein letztes Stündlein. Schon rücken die rebellierenden Apachen heran, vor denen er sich in einer Felsenhöhle verborgen hat.

Doch da geschieht das Unglaubliche: John Carter verlässt seinen irdischen Körper und findet sich auf den Mars versetzt, jenen Roten Planeten, dem schon immer seine Sehnsucht galt.

Doch der Mars ist ein sterbender Planet. Seine Bewohner, die grausamen Thark und die hochentwickelten Zivilisatoren von Helium, stehen in einem tödlichen Kampf ums Überleben.

John Carter gewinnt die Zuneigung der schönen Dejah Thoris und greift ein in das Ringen um eine sterbende Kultur...

Der Roman EINE PRINZESSIN VOM MARS erschien erstmals im Jahre 1912 (unter dem Titel Under The Moons Of Mars) als Fortsetzungsgeschichte im The-All-Story-Magazin und ist mit bisher vier Übersetzungen (Alfred Dieck – 1925, Magdalena Sobez – 1972, Franziska Willnow – 1996, Gabriele C. Woiwode – 2019) der bis heute meistpublizierte Mars-Roman des Autors in Deutschland. Überdies wurde der Roman – der Auftakt zu Burroughs' legendärem Mars- resp. Barsoom-Zyklus – bereits zweimal verfilmt: 2009 von Mark Atkins (für The Asylum) und 2012 von Andrew Stanton (für Walt Disneys Pixar-Studios).

Der Apex-Verlag macht EINE PRINZESSIN VOM MARS erstmals seit über zwanzig Jahren wieder als deutschsprachige Ausgabe verfügbar, neu ins Deutsche übersetzt von Gabriele C. Woiwode.

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EDGAR RICE BURROUGHS

Eine Prinzessin vom Mars

Erster Band des MARS-Zyklus

Roman

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Der Autor 

 

EINE PRINZESSIN VOM MARS 

Vorwort - Für die Leser dieses Buches 

Kapitel 1: Auf den Hügeln Arizonas 

Kapitel 2: Die Flucht des Toten 

Kapitel 3: Meine Ankunft auf dem Mars 

Kapitel 4: Als Gefangener 

Kapitel 5: Ich entkomme meinem Wachhund 

Kapitel 6: Der Kampf, bei dem ich Freunde gewann 

Kapitel 7: Aufzucht von Kindern auf dem Mars 

Kapitel 8: Eine schöne Gefangene vom Himmel 

Kapitel 9: Ich lerne die Sprache 

Kapitel 10: Herr und Häuptling 

Kapitel 11: Mit Dejah Thoris 

Kapitel 12: Ein Gefangener mit Macht 

Kapitel 13: Liebe auf dem Mars 

Kapitel 14: Ein tödliches Duell 

Kapitel 15: Sola erzählt mir ihre Geschichte 

Kapitel 16: Wir planen die Flucht 

Kapitel 17: Eine teure Wiederergreifung 

Kapitel 18: In Ketten in Warhoon 

Kapitel 19: In der Arena kämpfend 

Kapitel 20: In der Atmosphären-Fabrik 

Kapitel 21: Als Luftspäher für Zodanga 

Kapitel 22: Ich finde Dejah 

Kapitel 23: Verloren im Himmel 

Kapitel 24: Tars Tarkas findet einen Freund 

Kapitel 25: Die Plünderung von Zodanga 

Kapitel 26: Vom Gemetzel zur Freude 

Kapitel 27: Von der Freude zum Tod 

Kapitel 28: In der Höhle in Arizona 

 

Das Buch

John Carter, ein abenteuerlustiger Gentleman aus den Südstaaten der USA, erwartet sein letztes Stündlein. Schon rücken die rebellierenden Apachen heran, vor denen er sich in einer Felsenhöhle verborgen hat.

Doch da geschieht das Unglaubliche: John Carter verlässt seinen irdischen Körper und findet sich auf den Mars versetzt, jenen Roten Planeten, dem schon immer seine Sehnsucht galt.

Doch der Mars ist ein sterbender Planet. Seine Bewohner, die grausamen Thark und die hochentwickelten Zivilisatoren von Helium, stehen in einem tödlichen Kampf ums Überleben.

John Carter gewinnt die Zuneigung der schönen Dejah Thoris und greift ein in das Ringen um eine sterbende Kultur...

Der Roman Eine Prinzessin vom Mars erschien erstmals im Jahre 1912 (unter dem Titel Under The Moons Of Mars) als Fortsetzungsgeschichte im The-All-Story-Magazin und ist mit bisher vier Übersetzungen (Alfred Dieck – 1925, Magdalena Sobez – 1972, Franziska Willnow – 1996, Gabriele C. Woiwode – 2019) der bis heute meistpublizierte Mars-Roman des Autors in Deutschland. Überdies wurde der Roman – der Auftakt zu Burroughs' legendärem Mars- resp. Barsoom-Zyklus – bereits zweimal verfilmt: 2009 von Mark Atkins (für The Asylum) und 2012 von Andrew Stanton (für Walt Disneys Pixar-Studios).

Der Apex-Verlag macht Eine Prinzessin vom Mars erstmals seit über zwanzig Jahren wieder als deutschsprachige Ausgabe verfügbar, neu ins Deutsche übersetzt von Gabriele C. Woiwode.

Der Autor

Edgar Rice Burroughs - * 01. September 1875, † 19. März 1950.

Edgar Rice Burroughs war ein US-amerikanischer Schriftsteller, der bekannt wurde als Erzähler diverser Abenteuergeschichten, die sich vor allem dem frühen Fantasy- und Science-Fiction-Genre zuordnen lassen. Die bekanntesten von ihm eingeführten - und in der Folge von anderen in zahlreichen Filmen und Comics etablierten -  Heldencharaktere sind Tarzan, John Carter, Carson Napier.

Der Sohn des Fabrikanten und Bürgerkriegsveteranen Major George Tyler Burroughs (1833–1913) und der Lehrerin Mary Evaline Zieger (1840–1920) verlebte nach dem Besuch mehrerer Privatschulen den Großteil seiner Jugend auf der Ranch seiner Brüder in Idaho.

Nach seinem Abschluss auf der Michigan Military Academy im Jahr 1895 trat Burroughs in die 7. US-Kavallerie ein. Als ein Armeearzt bei ihm einen Herzfehler diagnostizierte und er deshalb nicht Offizier werden konnte, verließ Burroughs die Armee vorzeitig im Jahr 1897 und arbeitete bis 1899 wieder auf der Ranch seines Bruders. Danach ging er zurück nach Chicago und arbeitete in der Firma seines Vaters.

Am 1. Januar 1900 heiratete Burroughs seine Jugendliebe Emma Centennia Hulbert. Das Paar bekam drei Kinder: Joan Burroughs Pierce (1908–1972), Hulbert Burroughs (1909–1991) und John Coleman Burroughs (1913–1979). Da die tägliche Routine in der Fabrik seines Vaters Burroughs nicht zufriedenstellte, verließ das Ehepaar 1904 Chicago, um abermals in Idaho zu leben. Mit seinen Brüdern, die inzwischen ihre Ranch aufgegeben hatten, versuchte er sich erfolglos als Goldgräber. Kurze Zeit später arbeitete er als Eisenbahnpolizist in Salt Lake City. Auch diesen Job gab Burroughs auf und zog mit seiner Frau wieder zurück nach Chicago, wo er eine Reihe Jobs annahm, unter anderem als Vertreter. 1911 investierte er sein letztes Geld in einer Handelsagentur für Bleistiftanspitzer und scheiterte.

Burroughs, der zu dieser Zeit an schweren Depressionen litt und, nach einigen seiner Biographen, an Selbstmord dachte, kam auf die Idee, eine Geschichte für ein Magazin zu schreiben, in dem er zuvor Anzeigen für seine Bleistiftanspitzer geschaltet hatte. Seine erste Erzählung Dejah Thoris, Princess of Mars (unter dem Pseudonym Normal Bean für das All-Story-Magazin von Thomas Metcalf geschrieben) wurde zwischen Februar und Juli 1912 als Fortsetzung veröffentlicht.

Metcalf hatte sein Pseudonym in Norman Bean geändert, und auch der Titel seiner Geschichte wurde zu Under the Moon of Mars abgewandelt. Auf Burroughs Beschwerde bezüglich der Änderungen, lenkte Metcalf ein und bot an, Burroughs nächste Geschichte unter seinem richtigen Namen zu drucken. Eine weitere Beschwerde Burroughs betraf den Zusatz For all Rights auf seinem Honorarscheck. Nach längerem Briefwechsel erreichte er, dass die 400 Dollar nur für den Erstabdruck galten.

Burroughs zweite Geschichte, The Outlaw of Torn, wurde jedoch von All-Story abgelehnt. Der große Erfolg kam mit Burroughs drittem Anlauf, Tarzan of the Apes.

Die Geschichte von Tarzan wurde ebenfalls 1912 von All-Story veröffentlicht. Burroughs schrieb in der Folgezeit immer wieder neue Tarzan-Geschichten und konnte sich - kaum zehn Jahre nach der Veröffentlichung von Tarzan of the Apes - ein riesiges Stück Land in der Nähe von Los Angeles kaufen. Selbst nach Burroughs Tod im Jahr 1950 erschienen weitere Tarzan-Geschichten. Das Landstück bei Los Angeles ist heute die Gemeinde Tarzana.

In den frühen 1930er Jahren wurde sein schriftstellerischer Erfolg allerdings immer mehr von privaten Problemen überschattet. 1934 ließ er sich scheiden und heiratete ein Jahr später Florence Dearholt. Doch schon 1942 wurde auch diese Ehe geschieden. Nach der Bombardierung von Pearl Harbor begab sich Burroughs 1941 als Kriegsreporter nach Hawaii. Nach dem Krieg kehrte er nach Kalifornien zurück, wo er, nach vielen gesundheitlichen Problemen, 1950 einem Herzanfall erlag.

 In Burroughs Werk vermischen sich Science Fiction und Fantasy. Er etablierte Geschichten vor einem planetarischen Hintergrund in der Science Fiction. Dabei war Burroughs bewusst, dass seine Literatur bei den Kritikern nicht ankam. Er machte auch nie ein Hehl daraus, dass er schrieb, um Geld zu verdienen.

Die Helden seiner Romane und Erzählungen haben keine Alltagsprobleme. Bei den Charakterzeichnungen schwach, sprudeln Burroughs Geschichten über vor Ideen und Action. Die Helden seiner Romane haben verschiedene Merkmale gemeinsam, beispielsweise das Geheimnis um ihre Herkunft. Entweder haben die Helden nie eine Kindheit erlebt, oder können sich nicht daran erinnern, oder aber sie sind wie Tarzan und The Cave Girl Waisen. Ein weiteres Merkmal von Burroughs Geschichten ist der, wie Brian W. Aldiss es nennt, ausgeprägte sexuelle Dimorphismus. Das jeweils dominante Geschlecht ist hässlich.

Obwohl es in den Romanen und Geschichten Burroughs von schönen, nackten Frauen nur so wimmelt, werden sexuelle Beziehungen weder angedeutet noch erwähnt. Burroughs Welt scheint eine präpubertäre zu sein. Doch ist die Jungfräulichkeit immer in Gefahr (vgl. Aldiss). Fast schon zwanghaft mutet an, dass es in den Geschichten Burroughs, die zwischen 1911 und 1915 geschrieben wurden, nicht weniger als 76 Mal zu Vergewaltigungsdrohungen kommt, die natürlich alle abgewendet werden können. Zu den Bedrohern der weiblichen Unschuld gehören verschiedene Marsianer, Sultane, Höhlenmenschen, japanische Kopfjäger und Affen.

E. F. Bleiler schreibt über Burroughs, seine Texte seien „Fantasien von Erotik und Macht.“

Der Apex-Verlag veröffentlicht Burroughs' Venus-Romane (in der deutschen Übersetzung von Thomas Schlück), Neu-Übersetzungen des Tarzan- und des John Carter-Zyklus sowie als deutsche Erstveröffentlichung die Pellucidar-Serie.

EINE PRINZESSIN VOM MARS

Vorwort - Für die Leser dieses Buches

Mit dem Überreichen des seltsamen Manuskriptes von Captain Carter in Buchform, denke ich, dass ein paar Informationen über diese bemerkenswerte Persönlichkeit für Sie von Interesse sein könnten.

Meine ersten Erinnerungen an Captain Carter rühren aus den wenigen Monaten her, die er kurz vor Beginn des Bürgerkriegs im Haus meines Vaters in Virginia verbrachte. Ich war damals noch ein Kind von nicht einmal fünf Jahren, und doch erinnere ich mich gut an den großen, dunklen, glattgesichtigen und athletisch gebauten Mann, den ich Onkel Jack nannte.

Er schien immerzu zu lachen und beteiligte sich mit der gleichen herzlichen Kameradschaft an den Aktivitäten der Kinder, die er auch bei allen Formen des Zeitvertreibs an den Tag legte, wie sie von Männern und Frauen seines Alters betrieben werden. Manchmal unterhielt er meine alte Großmutter stundenlang mit Geschichten seines merkwürdigen, wilden Lebens in allen Teilen der Welt. Wir liebten ihn alle, und unsere Sklaven beteten förmlich den Boden an, auf dem er lief.

Er war ein wirklich großartiges Beispiel für Männlichkeit: gute 1,80 m groß, breite Schultern, schmale Hüften und die Körperhaltung eines durchtrainierten kämpfendes Mannes. Seine Gesichtszüge waren gleichmäßig und klar, sein schwarzes Haar sorgfältig geschnitten, und seine stahlgrauen Augen ließen einen sowohl starken und loyalen Charakter als auch Feuer und Entschlusskraft erkennen. Er hatte ein perfektes Benehmen und seine Höflichkeit war die eines typischen Gentleman aus dem Süden von höchstem Stand.

Seine Reitkunst grenzte nahezu an Wunder und war selbst in einem Land hervorragender Reiter, besonders bei Jagdveranstaltungen, eine wahre Freude. Ich habe oft gehört, wie mein Vater ihn vor seiner ausgelassenen Sorglosigkeit warnte, aber er hatte immer nur gelacht und gesagt, dass der Sturz, der ihn töten würde, nur vom Rücken eines Pferdes erfolgen könne, das noch nicht gefohlt hätte.

Als der Krieg ausbrach, verließ er uns, und während der nächsten fünfzehn oder sechszehn Jahre sah ich ihn nicht wieder. Als er zurückkehrte, geschah es ohne Vorwarnung, und ich war sehr überrascht, als ich feststellte, dass er offensichtlich kein bisschen gealtert war und sich auch sonst in seinem Äußeren überhaupt nicht verändert hatte. Wenn er sich in Gesellschaft befand, war er der gleiche fröhliche Bursche, wie wir ihn von früher kannten. Aber wenn er sich alleine glaubte, sah ich ihn stundenlang sitzen und in den Himmel starren, mit einem sehnsuchtsvollen, zugleich aber auch hoffnungslosen Ausdruck im Gesicht; selbst nachts saß er so und blickte nach oben in den Himmel auf etwas, von dem ich nicht wusste was es war - bis ich Jahre später sein Manuskript gelesen hatte.

Er sagte uns, dass er nach dem Krieg zeitweise in Arizona nach Gold geschürft und auch einiges abgebaut hätte. Dass er dabei sehr erfolgreich gewesen sein muss, wurde durch die unbegrenzten Summen Geldes über die er verfügte, auch sehr offensichtlich. Über genauere Details seines Lebens während dieser Jahre schwieg er sich allerdings aus, tatsächlich sprach er eigentlich überhaupt nicht darüber.

Ein paar Jahre blieb er bei uns in Virginia; dann ging er nach New York, wo er ein kleines Haus am Hudson kaufte. Einmal im Jahr, anlässlich meiner Reisen zum New Yorker Markt, besuchte ich ihn dort – mein Vater und ich führten zu dieser Zeit eine Reihe von Gemischtwarenläden in Virginia, die uns auch gehörten. Captain Carter hatte ein kleines, aber hübsches Landhaus, das an einem Steilufer lag, von dem aus man über den Fluss sehen konnte. Während einem meiner letzten Besuche im Winter 1885, beobachtete ich, dass er sehr mit Schreiben beschäftigt war, mit – wie ich nun vermute – eben diesem Manuskript.

Bei diesem Besuch sagte er mir, dass wenn ihm etwas passieren sollte, es sein Wunsch sei, dass ich mich um sein Anwesen kümmern sollte, und er gab mir den Schlüssel zu einem Fach in seinem Safe, der in seinem Studierzimmer stand. Er sagte mir, ich würde dort seinen letzten Willen und ein paar persönliche Anweisungen finden, zu denen er mir das Versprechen abnahm, sie mit absoluter Treue zu befolgen. Nachdem ich mich für die Nacht zurückgezogen hatte, sah ich von meinem Fenster aus, wie er im Mondlicht am Rand des Steilufers stand und auf den Hudson hinaussah. Seine Arme waren wie in einer Anrufung zum Himmel ausgestreckt. Obwohl ich ihn nie als religiösen Mann im eigentlichen Sinn eingeschätzt hatte, dachte ich damals, er würde beten.

Einige Monate nachdem ich von diesem letzten Besuch nach Hause zurückgekommen war, erhielt ich, ich glaube es war der 1. März 1886, ein Telegramm von ihm, in dem er mich bat, sofort zu ihm zu kommen. In der jüngeren Generation der Carters war ich stets sein Liebling gewesen und so beeilte ich mich, seinem Wunsch nachzukommen.

Am Morgen des 4. März 1886 kam ich an dem kleinen Bahnhof an, der ungefähr eine Meile von seinem Anwesen entfernt liegt. Als ich den Mann in Livrée bat, mich zu Captain Carters Haus zu fahren, antwortete er, dass wenn ich ein Freund Captain Carters sei, er eine sehr schlechte Nachricht für mich hätte – der Captain war am gleichen Morgen kurz nach Tagesanbruch durch einen Wächter des angrenzenden Grundstücks tot aufgefunden worden.

Aus unerfindlichen Gründen überraschte mich diese Nachricht nicht, aber ich beeilte mich, so schnell wie möglich zu seinem Haus zu kommen, damit ich mich um seine Leiche und seine Angelegenheit kümmern könnte. Ich fand den Wächter zusammen mit dem lokalen Polizeichef und einigen Bürgern der Stadt vor, die sich in seinem Studierzimmer versammelt hatten.

Der Wächter berichtete die Details im Zusammenhang mit dem Auffinden seiner Leiche, die, wie er sagte, noch warm gewesen sei, als er sie fand. Sie lag, erzählte er, lang ausgestreckt im Schnee, mit über dem Kopf ausgebreiteten Armen in Richtung der Kante des Steilufers. Als er mir die Stelle zeigte, fiel mir sofort ein, dass es dieselbe war, an der ich ihn in jener Nacht mit flehentlich zum Himmel ausgestreckten Armen gesehen hatte

Sein Körper wies keine Spuren der Gewalt auf, und mit Hilfe eines ortsansässigen Arztes befand der Gerichtsmediziner rasch auf das Vorliegen von Herzversagen. Nachdem ich wieder alleine im Studierzimmer war, öffnete ich den Safe und zog den Inhalt der Schublade heraus, in der ich meine Anweisungen finden würde, wie er mir gesagt hatte. Sie waren, zumindest teilweise, wirklich sonderbar, aber ich habe sie, so gut ich es vermochte, bis ins letzte Detail erfüllt.

Er hatte mich angewiesen, seine Leiche zurück nach Virginia bringen zu lassen, ohne eine Einbalsamierung vorzunehmen. Dort sollte er in einem offenen Sarg in einer Gruft liegen, die er zuvor hatte konstruieren lassen, und die, wie ich später erfahren sollte, gut belüftet wird. In seinen Anweisungen hatte er mich dazu verpflichtet, mich persönlich zu vergewissern, dass alles genauso ausgeführt würde, wie er es angeordnet hatte, selbst wenn dies nur im Geheimen geschehen könnte.

Sein Vermögen hatte er so hinterlassen, dass ich fünfundzwanzig Jahre lang das gesamte Einkommen bekommen sollte, bis der Hauptteil auf mich übergehen würde. Seine weiteren Anweisungen bezogen sich auf dieses Manuskript, das ich elf Jahre lang so versiegelt und ungelesen lassen sollte, wie ich es gefunden hatte, und dessen Inhalt ich bis einundzwanzig Jahre nach seinem Tod nicht offenlegen durfte.

Ein seltsames Detail dieser Gruft, in der sein Körper noch immer liegt, ist, dass die massive Tür mit einem einzigen, riesigen Federschloss mit Goldauflage gesichert ist, das nur von innen geöffnet werden kann.

Ihr sehr ergebener

Edgar Rice Burroughs

  Kapitel 1:Auf den Hügeln Arizonas

 

 

Ich bin ein sehr alter Mann; wie alt genau, weiß ich gar nicht. Vielleicht bin ich hundert Jahre alt, vielleicht auch älter. Ich kann es selbst nicht genau sagen, denn ich bin nie gealtert wie andere Menschen, und ich erinnere mich auch an keine Kindheit. Soweit ich mich erinnern kann, bin ich immer ein erwachsener Mann von ungefähr dreißig Jahren gewesen. Heute wirke ich genauso wie vor vierzig oder noch mehr Jahren, und doch merke ich, dass ich nicht ewig weiterleben werde, und dass ich eines Tages einen realen Tod sterben werde, von dem es keine Wiederkehr mehr geben wird. Ich weiß auch gar nicht, warum ich den Tod überhaupt fürchten sollte, ich, der bereits zweimal gestorben, und doch immer noch am Leben ist. Und trotzdem habe ich dieselbe Angst davor wie Sie, die Sie noch nie gestorben sind. Aber ich glaube, dass es gerade meine Furcht vor dem Tod ist, weshalb ich von meiner Sterblichkeit so überzeugt bin.

Und wegen dieser Überzeugung habe ich mich dazu entschlossen, die Geschichte dieser bemerkenswerten Phase in meinem Leben und die meines Todes niederzuschreiben. Das Phänomen selbst kann ich nicht erklären. Ich kann hier nur mit den Worten eines einfachen Glücksritters die Chronik der merkwürdigen Ereignisse beschreiben, die sich während der zehn Jahre ereigneten, in denen mein toter Körper unentdeckt in einer Höhle in Arizona lag.

Ich habe diese Geschichte noch nie zuvor erzählt, und bevor ich nicht in die Ewigkeit gegangen sein werde, wird dieses Manuskript auch kein Sterblicher zu sehen bekommen. Mir ist durchaus bewusst, dass der durchschnittliche menschliche Verstand nichts glauben wird, dass er nicht begreifen kann, und so ist es nicht mein Ziel, von der Öffentlichkeit und der Presse als Schuldiger an den Pranger und als Lügner hingestellt zu werden, obwohl ich nichts außer der einfachen Wahrheit erzähle, die eines Tages durch die Wissenschaft auch belegt werden wird. Vielleicht können die Erkenntnisse und das Wissen, das ich auf dem Mars gewonnen habe und in dieser Chronik niederschreibe, eines Tages dabei helfen, ein frühes Verständnis der Mysterien unseres Schwester-Planeten zu erlangen – Mysterien für Sie, aber schon längst keine Geheimnisse mehr für mich.

Mein Name ist John Carter, besser bekannt als Captain Jack Carter von Virginia. Bei Ende des Bürgerkriegs sah ich mich im Besitz einiger hunderttausend Konföderierten-Dollar sowie des Salärs eines Rittmeisters der Kavallerie einer nicht mehr existierenden Armee – der Diener eines Staates, der zusammen mit den Hoffnungen des Südens verschwunden war1. Herren- und mittellos, und des einzigen Mittels zum Bestreiten meines Auskommens, dem Kämpfen, verlustig, fasste ich den Entschluss mich in den Südwesten durchzuschlagen, um dort zu versuchen, mein verlorenes Vermögen bei der Goldsuche wieder erlangen zu können.  

Fast ein Jahr verbrachte ich mit dem Schürfen in Gesellschaft eines anderen konföderierten Offiziers, Captain James K. Powell aus Richmond. Wir waren außerordentlich erfolgreich, denn im späten Winter des Jahres 1865, nach einer langen Zeit des Elends und der Not, entdeckten wir die eine so bemerkenswert goldhaltige Quarzader, wie wir sie uns selbst in unseren kühnsten Träumen nicht hätten vorstellen können. Powell, der eine Ausbildung als Bergbau-Ingenieur hatte, errechnete, dass wir in weniger als drei Monaten, Erz im Wert von über einer Million Dollar schürfen könnten.

Da unsere Ausrüstung sehr einfach war, beschlossen wir, dass einer von uns in die Zivilisation zurückkehren sollte, um die notwendigen Maschinen zu kaufen und dann mit genügend Männern zurückkehren sollte, die ausreichen würden, um die Mine bearbeiten zu können. Da Powell sowohl mit dem Land als auch mit den technischen Erfordernissen der Minenarbeit vertraut war, kamen wir überein, dass es das Beste wäre, wenn er die Reise antreten würde. Wir vereinbarten, dass ich unseren Anspruch auch für den unwahrscheinlichen Fall aufrechterhalten sollte, dass ein umherziehender Goldsucher ihn uns streitig machen sollte.  

Am 3. März 1866 packten Powell und ich seinen Proviant auf zwei Packesel, und nachdem er mir seinen Abschied entboten hatte, stieg er auf sein Pferd und ritt bergab hinunter ins Tal, über das ihn die erste Etappe seiner Reise führte.

Der Morgen von Powells Abreise war, wie fast alle Morgen in Arizona, klar und schön. Ich konnte sehen, wie er und seine kleinen Packesel ihren Weg bergab zum Tal nahmen, und während des ganzen Morgens erhaschte ich immer wieder einen gelegentlichen Blick auf sie, wenn sie auf einem Gebirgskamm oder einem Hochplateau auftauchten. Mein letzter Blick auf Powell war um etwa drei Uhr nachmittags, als er in die Schatten auf der gegenüberliegenden Seite des Tales tauchte.

Etwa eine halbe Stunden später warf ich zufällig einen Blick über das Tal und war sehr überrascht, als ich an etwa derselben Stelle, an der ich meinen Freund und seine zwei Packtiere zuletzt gesehen hatte, drei kleine Punkte bemerkte. Ich bin nicht der Typ, der sich grundlos Sorgen macht, aber je mehr ich versuchte, mir einzureden, dass mit Powell alles in Ordnung war, und dass die Punkte die ich auf seinem Pfad gesehen hatte, Antilopen oder Wildpferde gewesen waren, desto weniger war ich davon überzeugt.

Seit wir in die Gegend gekommen waren, hatten wir keinen einzigen feindlichen Indianer gesehen. Wir waren deshalb ausnehmend leichtsinnig geworden und machten uns für gewöhnlich lustig über die Geschichten, die wir zu Hauf gehört hatten – von diesen bösartigen Marodeuren, welche die Wege heimsuchten und ihren Tribut an Leben und Folter von jeder weißen Gesellschaft forderten, die sie in ihre gnadenlosen Klauen bekamen. Ich wusste, dass Powell gut bewaffnet und zudem erfahren im Kampf gegen die Indianer war, aber ich hatte ebenfalls jahrelang unter den Sioux im Norden gelebt und gekämpft und wusste daher, dass seine Chance gegen eine Horde durchtriebener Apachen auf Verfolgungsjagd durchaus gering waren.

Schließlich hielt ich die Spannung nicht länger aus: ich bewaffnete mich mit meinen beiden Colt-Revolvern und einem Karabiner, schnallte mir zwei Munitionsgürtel um, schnappte mir meinen Sattel und mein Pferd und machte mich auf den Weg, den Powell am Morgen genommen hatte.

Sobald ich relativ festen Boden unter den Füßen hatte, ließ ich mein Reittier in einen leichten Galopp fallen und behielt diesen bei, wann immer der Weg es ermöglichte. Bald schon, kurz vor der Dämmerung, entdeckte ich die Stelle, wo andere Spuren die von Powell kreuzten – die Spuren dreier unbeschlagener Ponys im Galopp. Rasch folgte ich den Spuren bis die Dunkelheit hereinbrach und ich gezwungen war, das Aufgehen des Mondes abzuwarten und dadurch reichlich Gelegenheit hatte, über die Klugheit meiner Verfolgung nachzudenken.

Vielleicht hatte ich wie eine nervöse alte Hausfrau mögliche Gefahren herauf beschworen, und Powell würde meine Sorgen mit einem herzhaften Lachen quittieren, wenn ich zu ihm aufgeschlossen hätte. Allerdings bin ich wenig anfällig für derartige Empfindlichkeiten, und die Erfüllung meines Pflichtbewusstseins war im Laufe meines Lebens stets oberstes Gebot für mich gewesen. Dies mag auch zu den Ehren beigetragen haben, die mir von drei Staaten zuteil geworden waren, ebenso wie die Auszeichnungen und Freundschaften eines alten und mächtigen Herrschers und ein paar weniger hochstehenden Persönlichkeiten, in deren Diensten sich mein Schwert viele Male rot gefärbt hatte.

Gegen etwa neun Uhr war der Mond hell genug geworden, um meinen Weg fortsetzen zu können. Ich hatte keine Schwierigkeiten der Spur in schnellem Schritt, zeitweise auch in einem flotten Trab, folgen zu können, bis ich ungefähr um Mitternacht das Wasserloch erreichte, an dem Powell hatte lagern wollen. Als ich ganz unerwartet an diese Stelle kam, fand ich sie völlig verlassen und ohne jedes Anzeichen darauf vor, dass sie kürzlich als Lager benutzt worden wäre. Interessiert stelle ich fest, dass die verfolgenden Reiter – denn ich war überzeugt, dass es sich um solche handeln musste – Powell in der gleichen Geschwindigkeit wie seiner gefolgt waren und am Wasserloch nur eine kurze Pause eingelegt hatten. Ich war mir sicher, dass es sich um Apachen handelte, die Powell um des teuflischen Vergnügens der Folter gefangen nehmen wollten, deshalb trieb ich mein Pferd zu einer schon fast gefährlichen Geschwindigkeit an und hoffte gegen jede Vernunft, dass ich zu den roten Schurken aufholen würde, bevor sie ihn angreifen könnten.

Weiteren Spekulationen wurde durch den schwachen Klang von zwei Schüssen weit vor mir abrupt Einhalt geboten. Ich wusste, dass Powell mich wenn, dann jetzt dringend brauchen würde und trieb mein Pferd sofort zur größtmöglicher Geschwindigkeit auf dem engen und schwierigen Bergpfad an. Ohne weitere Geräusche gehört zu haben, hatte ich vielleicht eine Meile oder auch mehr zurückgelegt, als der Pfad in der Nähe der Passhöhe plötzlich auf einem kleinen offenen Plateau endete. Kurz davor war ich noch durch eine enge Schlucht mit überhängenden Felsen geritten, bevor ich abrupt auf diese Hochebene gestoßen war, von der meine Augen etwas erblickten, das mich mit Schrecken und Bestürzung erfüllte.  

Der kleine Landabschnitt war mit indianischen Tipis wie weiß getupft, und bestimmt an die fünfhundert rote Krieger drängten sich dicht um etwas in der Mitte des Lagers. Ihre ganze Aufmerksamkeit war so auf diesen Punkt konzentriert, dass sie mich nicht bemerkten, und so hätte ich leicht in die Dunkelheit der Schlucht zurückkehren und in völliger Sicherheit flüchten können.

Die Tatsache, dass mir dieser Gedanke vor dem nächsten Tag erst gar nicht in den Sinn gekommen war, enthebt mich jeden Anspruchs auf Heldentum, zu dem die Erzählung dieser Episode mich ansonsten vielleicht berechtigt hätte. Ich glaube nicht, dass ich aus dem Stoff gestrickt bin, aus dem Helden gemacht werden, denn in jedem der vielleicht hundert Momente, in denen ich durch freiwillige Taten dem Tod direkt ins Auge gesehen hatte, kann ich mich nicht an einen einzigen erinnern, wo mir nicht erst viele Stunden später eine Alternative zu dem Schritt eingefallen wäre, als der, den ich genommen hatte. Offensichtlich ist mein Verstand so konstruiert, dass ich, ohne mich lange mit ermüdendem Nachdenken aufzuhalten, unbewusst stets den Weg der Pflicht einschlage. Wie auch immer – ich habe es nie bereut, dass Feigheit niemals eine Option für mich gewesen ist.

In diesem Augenblick war ich allerdings felsenfest davon überzeugt, dass Powell im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, aber ob ich zuerst dachte, oder zuerst handelte, kann ich nicht sagen. Denn im gleichen Moment in dem als ich die Szene sah, schnellte ich schon meine Revolver hervor und feuerte auf die ganze Armee von Kriegern. Ich schoss schnell und brüllte bis an die Grenze meiner Lungenkapazität. Im Alleingang hätte ich keiner besseren Taktik folgen können, denn die roten Männer waren durch den Überraschungseffekt davon überzeugt, dass nicht weniger als ein ganzes Regiment Soldaten hinter ihnen her war – sie drehten sich um und rannten flohen samt ihren Bögen, Pfeilen und Gewehren in alle Richtungen davon.

Der Blick auf das, was mir ihre eilige Flucht freigegeben hatte, erfüllte mich mit schierer Fassungslosigkeit und Wut. Unter den klaren Strahlen des Mondes von Arizona lag Powell, sein Körper strotzte vor Pfeilen der feindlichen indianischen Krieger. Dass er bereits tot war, daran konnte kein Zweifel bestehen, aber dennoch galt es noch, seinen Körper ebenso schnell vor Verstümmelungen seitens der Apachen zu retten, wie ich den Mann selbst vor dem Tod gerettet hätte. Ich ritt dicht an ihn heran und langte vom Sattel herunter, um ihn an seinen Munitionsgürtel nach oben zum Wrist meines Reittieres zu ziehen. Ein Blick zurück zeigte mir, dass es auf demselben Weg zurück, wie den, über den ich gekommen war, gefährlicher sein würde, als den Weg über das Plateau zu nehmen. Also gab ich meinem armen Tier die Sporen und legte einen kurzen Sprint zum offenen Pass hin, den ich am anderen Ende der Hochebene ausmachen konnte.

Die Indianer hatten zu diesem Zeitpunkt bereits entdeckt, dass ich alleine unterwegs war und so wurde ich von ihren Verwünschungen, Pfeilen und Gewehrkugeln verfolgt. Die Tatsache, dass es schwierig ist, mit etwas anderem als nur Verwünschungen im Mondlicht genau zu zielen, und weil sie wegen der plötzlichen und unerwarteten Art meiner Ankunft sehr aufgebracht waren, und ich zudem noch ein Ziel war, dass sich relativ schnell bewegte, rettete mich vor den vielen tödlichen Projektilen meiner Feinde und erlaubte mir, die Schatten der umliegenden Bergspitzen zu erreichen, bevor sie eine vernünftige Verfolgung organisieren konnten.

Mein Pferd lief praktisch ohne Führung, denn ich wusste, dass ich den Weg zum Pass wahrscheinlich noch weniger kannte als mein Reittier. So geschah es, dass es in einen Hohlweg zu einem Gipfel in der Nähe und nicht zum Pass lief, von dem ich gehofft hatte, dass er mich zum Tal und damit auch in Sicherheit bringen würde. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass ich diesem Umstand mein Leben verdanke – mein Leben und auch die bemerkenswerten Erfahrungen durch die Abenteuer, die während der nächsten zehn Jahre auf mich warten sollten.

Das erste Mal, als mir klar wurde, dass ich mich auf dem falschen Pfad befand war, als ich feststellte, dass die Schreie der mich verfolgenden Wilden zu meiner Linken immer leiser und leiser wurden. Daher wusste ich, dass sie links an der zerklüfteten Felsformation am Rand des Plateaus vorbei gelaufen und jetzt rechts von da waren, wohin mein Pferd mich und die Leiche von Powell geführt hatte. 

Ich lenkte mein Pferd mit dem Zügel auf eine kleine Anhöhe, von der aus man auf den Pfad darunter blicken konnte. Von dort konnte ich links von mir sehen, wie die Wilden auf ihrer Verfolgungsjagd um die Spitze eines nahen Gipfels verschwanden. Mir war klar, dass die Indianer bald entdecken würden, dass sie auf dem falschen Pfad waren und ihre Suche nach mir erneut aufnehmen würden, sobald sie meine Spuren ausgemacht hätten. Ich war erst eine kurze Strecke vorangekommen, als sich vor mir ein, wie es schien, ausgezeichneter Weg öffnete, der um die Vorderseite einer hohen Klippe herum führte. Der Pfad war eben und relativ breit, und er führte aufwärts in die Richtung, in die ich wollte. Die Klippe erhob sich rechts von mir einige hundert Fuß hoch, und zu meiner Linken war ein fast senkrechter Abgrund über dem Boden einer felsigen Schlucht.

Ich war diesem Pfad vielleicht ein paar hundert Yard gefolgt, als eine scharfe Kurve auf der rechten Seite mich an die Öffnung einer großen Höhle führte. Die Öffnung war ungefähr vier Fuß hoch und drei bis vier Fuß breit, und an dieser Öffnung endete der Pfad. Es war jetzt bereits morgens, und durch das übliche Ausbleiben der Morgendämmerung, was ein erstaunliches Phänomen in Arizona ist, war es fast ohne Vorwarnung taghell geworden.

Ich stieg vom Pferd, legte Powell auf den Boden, aber selbst eine äußerst sorgfältige Untersuchung konnte nicht den leisesten Funken Leben mehr zu tage bringen. Ungeachtet dessen, dass ich durchaus wusste, das er tot war, zwang ich Wasser aus meiner Feldflasche zwischen seine toten Lippen, wusch sein Gesicht, rieb seine Hände, und arbeitete eine gute Stunde fortgesetzt an ihm weiter. Ich hatte Powell sehr gerne gemocht, er war in jeder Hinsicht ein tüchtiger Mann gewesen, ein Gentleman aus dem Süden mit geschliffenen Manieren, ein zuverlässiger und treuer Freund, und so gab ich meine rohen Versuche der Wiederbelebung endlich mit dem Gefühl tiefster Trauer auf.

Ich ließ Powells Leiche auf dem Felssprung liegen, und kletterte in die Höhle, um sie auszukundschaften. Ich fand eine große Kammer, vielleicht hundert Fuß im Durchmesser und dreißig bis vierzig Fuß hoch. Ein weicher, stark abgenutzter Boden und viele andere Hinweise zeugten davon, dass die Höhle vor vielen Zeiten bewohnt gewesen sein musste. Der hintere Teil der Höhe lag in einem so dunklen Schatten, dass ich nicht ausmachen konnte, ob es dort weitere Öffnungen zu anderen Abschnitten gab oder nicht.

Als ich meine Erkundungen weiter fortsetzte, überkam mich ein angenehmer Schwindel, den ich der Erschöpfung durch den langen und anstrengenden Ritt und die Verfolgung zuschrieb. Und da ich wusste, dass ein einzelner Mann den Weg zur Höhle gegen eine ganze Armee verteidigen konnte, fühlte ich mich in meinem jetzigen Unterschlupf relativ sicher. Bald wurde mir so schwindlig, dass ich dem starken Wunsch mich auf den Boden der Höhle zu legen, um ein klein wenig zu ruhen, kaum noch widerstehen konnte. Aber mir war bewusst, dass dies nicht in Frage kam, denn es würde den sicheren Tod durch die Hände meiner roten Freunde bedeuten, die jederzeit über mich herfallen könnten. Mit größter Anstrengung schleppte ich mich zur Öffnung der Höhle, konnte aber nur noch wie trunken gegen eine seitliche Wand taumeln und von dort lang ausgestreckt auf den Boden rutschen.

 

 

 

 

  Kapitel 2: Die Flucht des Toten

 

 

Eine starke Sehnsucht nach süßen Träume überkam mich; meine Muskeln entspannten sich, und ich war an dem Punkt angelangt, meinem Wunsch nach Schlaf endlich nachzugeben, als die Geräusche herannahender Pferde an meine Ohren drangen.

Ich versuchte, auf die Füße zu springen, stellte aber entsetzt fest, dass meine Muskeln sich weigerten, auf meinen Willen zu reagieren. Ich war jetzt völlig wach, aber dennoch so unfähig einen Muskel zu bewegen, als hätte ich mich in Stein verwandelt. Da bemerkte ich zum ersten Mal einen leichten Dampf in der Höhle füllte. Er war extrem dünn und nur im Gegenlicht der Öffnung zu erkennen, und ein leicht stechender Geruch drang in meine Nase. Ich konnte nur vermuten, dass ich ein giftiges Gas eingeatmet hatte – aber warum ich meine mentalen Fähigkeiten wieder erlangt hatte, trotzdem aber immer noch unfähig war, mich zu bewegen, konnte ich nicht ergründen.

Ich lag mit dem Gesicht zur Öffnung der Höhle, von wo aus ich das kurze Wegstück einsehen konnte, das zwischen der Höhle und der Biegung lag, die um die Klippe herumführte. Das Geräusch der sich nähernden Pferde war verschwunden, und ich vermutete, dass sich die Indianer heimlich über den kleinen Felsvorsprung an mich heranschleichen würden, der zu meinem lebenden Grab führte. Ich erinnere mich, dass ich tatsächlich gehofft hatte, sie würden kurzen Prozess mit mir machen, da mir der Gedanke an die unzähligen Dinge, die sie mir antun würden, wenn ihr Manitu ihren Wünschen entsprechen sollte, nicht so wirklich gefiel.

Ich musste nicht lange warten, bis ein verstohlenes Geräusch mir ihre Nähe verriet. Dann schob sich ein Gesicht mit Kopfschmuck und Kriegsbemalung vorsichtig um die Ecke der Klippe und wilde Augen sahen in meine. Dass er mich im trüben Licht der Höhle sehen konnte, dessen war ich mir sicher, denn durch die Öffnung fiel das Licht der frühen Morgensonne direkt auf mich.

Aber anstatt näher zu kommen, stand der Bursche da und starrte mich mit Augen, die ihm fast aus den Höhlen fielen und heruntergeklappten Kinnladen an. Dann tauchte ein weiteres wildes Gesicht auf, und ein drittes, und ein viertes und fünftes, und sie reckten ihre Hälse über die Schultern ihrer Kameraden, an denen sie auf dem engen Felsvorsprung nicht vorbeikamen. Jedes einzelne Gesicht war ein einziger Ausdruck von Ehrfurcht und Angst, aber aus welchem Grund, wusste ich nicht, und ich sollte es auch erst zehn Jahre später erfahren. Dass noch weitere Krieger hinter denen standen, die mich anstarrten, wurde dadurch offensichtlich, dass ihr Anführer zurückwich und den hinter ihm stehenden etwas zuflüsterte.

Plötzlich ertönte ein leises, aber deutliches Stöhnen aus den Tiefen der Höhle hinter mir, und als es die Ohren der Indianer erreichte, drehten sie sich um und flohen panisch und voller Angst. Ihre Versuche, dem unsichtbaren Etwas hinter mir zu entkommen, waren so hektisch, dass einer von ihnen kopfüber von der Klippe auf die Felsen darunter stürzte. Ihre wilden Schreie warfen ein kurzes Echo in den Canyon, dann war wieder alles still.

Das Geräusch, das sie erschreckt hatte, wiederholte sich nicht, aber es hatte gereicht, dass ich erneut über den möglichen Schrecken zu spekulieren begann, der in den Schatten hinter meinem Rücken lauerte. Furcht ist ein relativer Begriff, und so kann ich meine Gefühlslage zu diesem Zeitpunkt, nur an den bereits erfahrenen Gefühlen aus früheren Gefahrensituationen messen, die ich erlebt hatte. Aber ich kann ohne Scham sagen, dass wenn die Gefühle, die ich während der nächsten Minuten durchlebte, Angst gewesen waren, dann möge Gott dem Feigen helfen, denn Feigheit ist bereits als solche eine eigene Strafe. In gelähmten Zustand mit dem Rücken zu einer furchtbaren und unbekannten Gefahr verharren zu müssen, vor dessen Geräuschen selbst wilde Apachen umkehren und panisch die Flucht ergreifen, so wie eine Herde Schafe vor einem Rudel Wölfe fliehen würde, scheint mir wie der letzte Ausdruck eines angstvollen Dilemmas eines Mann zu sein, der es seit jeher gewohnt war, mit der ganzen Energie seines kräftigen Körpers um sein Leben zu kämpfen.  

Immer wieder glaubte ich, schwache Geräusche hinter mir zu hören, so als ob sich jemand vorsichtig bewegen würde, aber schließlich ließen sie nach, und so sinnierte ich ohne weitere Vorkommnisse über meine Lage. Die Ursache für meine Lähmungen konnte ich nur vage vermuten, und meine einzige Hoffnung bestand darin, dass sie genauso schnell vorübergehen würde, wie sie über mich gekommen war.

Am späten Nachmittag, begann mein Pferd, das mit nachgeschleppten Zügeln vor der Höhle gestanden hatte, langsam den Pfad hinabzusteigen, offensichtlich auf der Suche nach Fressen und Wasser, und ich war allein mit meinem geheimnisvollen unbekannten Kameraden und dem toten Körper meines Freundes, der in Sichtweite auf dem Felsvorsprung lag, wo ich ihn am frühen Morgen gelassen hatte. Von da an, bis vielleicht Mitternacht war alles still – totenstill.

Dann plötzlich, kamen aus den schwarzen Schatten erneut die Geräusche eines sich bewegenden Etwas und ein leises Rascheln wie von welken Blättern. Der Schreck für meine ohnehin schon strapazierten Nerven war unermesslich, und mit geradezu übermenschlicher Anstrengung, versuchte ich, die furchtbaren Fesseln zu durchbrechen. Es war die reine Kraft des Geistes, des Willens und der Nerven, nicht die der Muskeln, auch wenn sie letztendlich die Macht über alles haben - denn ich konnte nicht mal den kleinen Finger bewegen. Ich spürte, wie etwas nachgab, und für einen Augenblick war mir übel, ich hörte ein scharfes Klicken wie von einem Stahldraht – und dann stand ich mit meinem Rücken an die Wand der Höhle gelehnt und sah auf meinen unbekannten Feind.

Im Mondlicht, das die Höhle flutete, lag direkt vor mir, mein eigener Körper, so wie er all die Stunden dort gelegen hatte, mit den Augen in Richtung des Felsvorsprungs starrend, die Hände schlaff auf dem Boden. Ich sah zuerst auf meinen leblosen Körper, der wie Lehm dort auf dem Boden lag und dann in völliger Fassungslosigkeit an mir selbst hinunter – denn dort lag ich angezogen und doch stand ich auch hier, nackt wie in der Minute meiner Geburt.

Der Übergang war so schnell und unerwartet erfolgt, dass er mich für einen Moment alles außer meiner seltsamen Metamorphose vergessen ließ. Mein erster Gedanke war: das also ist der Tod! Aber ich konnte das nicht so recht glauben, denn ich konnte fühlen, wie mein Herz wegen der Anstrengung, mich selbst aus der Betäubung zu lösen, die über mich gekommen war, gegen meine Rippen pochte. Mein Atem kam in schnellen kurzen Stößen, kalter Schweiß lief aus jeder Pore meines Körpers, und das alte Experiment, sich selbst zu kneifen, ergab die Tatsache, dass ich alles als ein Geist war.

Unvermittelt wurde ich durch eine Wiederholung des merkwürdigen Stöhnens aus der Tiefe der Höhle erneut an meine unmittelbare Umgebung erinnert. Nackt und unbewaffnet wie ich war, hatte ich keinen Wunsch nachdem unsichtbaren Etwas, das mich bedrohte. Meine Revolver waren an meinen leblosen Körper geschnallt, den ich, aus unerklärlichen Gründen, nicht berühren mochte. Mein Karabiner war, am Sattel befestigt, in seinem Holster, und da mein Pferd davon gelaufen war und ich somit ohne jegliches Mittel zur Verteidigung war, schien die einzige Alternative in einer Flucht zu liegen. Meine Entscheidung dazu festigte sich, als ich erneut das Raschelgeräusch durch das Etwas hörte, das nun in der Dunkelheit der Höhle, vielleicht auch nur in meiner verdrehten Vorstellung, leise in meine Richtung zu kriechen schien.  

Unfähig der Versuchung noch länger zu widerstehen, diesem grauenhaften Ort entkommen zu können, rannte ich schnell durch die Öffnung in das klare Sternenlicht des nächtlichen Arizonas. Die frische Bergluft außerhalb der Höhle wirkte wie eine sofortige Kräftigung, und ich fühlte, wie mich neues Leben und neuer Mut durchströmte.

Am Rand des Felsvorsprungs ruhte ich mich kurz aus und rief mich wegen der, mir jetzt völlig unbegreiflichen erscheinenden Sorgen, selbst zur Ordnung. Ich redete mir selbst ein, dass ich über mehrere Stunden hilflos in der Höhle gelegen hatte, und es trotzdem nichts gegeben hatte, das mich bedroht hätte. Mein klarer und logischer Verstand, sagte mir, dass die Geräusche die ich gehört hatte, rein natürlichen Ursprungs und harmloser Natur waren; vielleicht waren die Geräusche, die ich gehört hatte, nur durch eine leichte Brise entstanden und hingen mit der Architektur der Höhle zusammen.

Ich beschloss dem nachzugehen, aber zunächst hob ich meinen Kopf, um meine Lungen mit der reinen und belebenden Nachtluft der Berge zu füllen. Dabei sah ich tief unter mir den herrlichen Ausblick über die felsige Schlucht auf eine mit Kakteen durchsetzte Ebene, der das Mondlicht ein kleines Zauberwerk aus sanften Glanz und erstaunlichen Effekten verlieh.