Eine Schlittenfahrt zum Verlieben - Marit Bernson - E-Book
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Eine Schlittenfahrt zum Verlieben E-Book

Marit Bernson

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Beschreibung

Verschneite Berge, Pferdeschlittenfahrten und Rentiere. Beckys neuer Job in einem Berghotel bringt sie direkt hinein ins Weihnachtsparadies. Und dann ist da auch noch Hotelbesitzer Nick, der nach Zimt duftet und es auf geheimnisvolle Weise schneien lässt. Doch warum muss er ausgerechnet mit Beckys Chefin Lisa so gut wie verlobt sein? Als Lisa Becky bei den Vorbereitungen für die Firmenweihnachtsfeier hängen lässt, besteht ausgerechnet Nick darauf einzuspringen.

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Eine Schlittenfahrt zum Verlieben

 

Marit Bernson

 

© Text 2017 by Marit Bernson

Cover/Umschlag: © Stella Chitzos, www.bildmagnet.de

Verwendete Bilder/Grafiken:

Hintergrund: fresher / shutterstock.com

Schneekugel: tovovan /shutterstock.com

Schlitten: Christos Georghiou / shutterstock.com

 

Marit Bernson

c/o autorenglück.de

Franz-Mehring-Str. 15

01237 Dresden

 

[email protected]

www.marit-bernson.de

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. Personen und Handlung sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Markennamen sowie Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

Heiligabend

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Über die Autorin

Weitere Geschichten

1. Kapitel

 

11. Dezember

 

Regenmatsch und Modder! Natürlich erwischte Becky eine Pfütze, als sie auf die Straße vor dem Flughafengebäude trat. Sofort wurde ihre Socke feucht. So was Dummes! In den Bergen würde Schnee liegen. Hoffentlich gefror die Socke dort nicht. Sie stöhnte, zog den Fuß aber nicht zurück. Stattdessen achtete sie sehr genau darauf, den anderen auf eine trockene Stelle zu setzen, bevor sie den ersten nachzog. Die Leute um sie herum gestikulierten wild. Taxis fuhren an ihr vorbei oder kamen gar nicht erst bis zu ihr, weil einer der anderen Wartenden schneller war.

Becky war müde nach dem langen Flug und wollte nur noch irgendwo schlafen. Doch die Fahrt zum Hotel würde mindestens anderthalb Stunden dauern. Ein Taxi hielt neben ihr und eine Frau sprang an Becky vorbei und hinein.

»Toll!«, rief Becky. »Danke!«

Die Frau sah sie mit gerunzelter Stirn an. Wahrscheinlich, weil Becky Deutsch gesprochen hatte. Aber Becky war egal, ob die es verstanden hatte. Sie stürmte vor das Taxi und winkte einem weiteren, das in zweiter Reihe vorbeifahren wollte, um einen Fahrgast weiter hinten aufzunehmen.

Tatsächlich hielt es an. Becky widerstand dem Drang, zurückzuspringen, um einem kleinen Wasserschwall zu entkommen, der unter den Reifen hervorquoll, und lief seitlich vorbei. Sie riss die hintere Tür auf und ließ sich auf den Rücksitz fallen.

Der Fahrer, ein Mann mittleren Alters, drehte sich zu ihr um. »Welcome to New York!« Er grinste und musterte Becky von oben bis unten.

Becky setzte ihr strahlendstes Lächeln auf, und er sah sie erwartungsvoll an.

»North Hill, North Mountain-Resort«, sagte sie.

»Das sind mindestens anderthalb Stunden Fahrt«, erwiderte der Fahrer.

Becky nickte. »Ich weiß.« Sie überlegte noch, ob sie ihm erzählen sollte, dass sie dort einen Job antreten würde. Doch bevor sie sich entscheiden konnte, hatte er sich schon umgedreht, und das Taxi fuhr los.

Sie sah aus dem Fenster und betrachtete die vorbeiziehende Großstadt. Es wimmelte von Menschen und Autos. Die Sonne war bereits untergegangen, aber die Stadt leuchtete und blinkte. Becky nahm sich fest vor, bald eine Riesentouristentour durch New York zu machen. Sie wollte sich alles ansehen. Wenn sie jetzt Zeit gehabt hätte, wäre sie am liebsten sofort zum Rockefeller Center gefahren, um den großen Weihnachtsbaum anzusehen. Danach zum Eislaufen. Das würde sie auf jeden Fall noch vor Weihnachten tun. Zwei Wochen waren es bis dahin noch.

An den Straßenrändern lagen kleine, schmutzige Schneehaufen. Es regnete.

»Wo ist der Schnee?«, fragte Becky.

»Der macht Pause. Aber keine Sorge, in den nächsten Tagen soll es wieder schneien.«

»Und in North Hill?«

»Da liegt um diese Jahreszeit immer Schnee. So, wie es sich kurz vor Weihnachten gehört.«

Becky lächelte. Genau, wie sie es sich erträumt hatte. Weiße Weihnachten, ein kleines, familiäres Hotel, Schlittenfahrten im Schnee. Das alles hatte sie in Kiel nicht. Die letzten Jahre war es dort zu Ostern kälter gewesen als an Weihnachten. Von Weihnachten in verschneiten Bergen hatte Becky schon immer geträumt.

Sie fuhren auf einer breiten Straße stadtauswärts und ließen New York hinter sich. Der Regen wurde dicker, bis Becky eindeutig Schneeflocken erkannte. Je weiter sie kamen, desto mehr blieben sie liegen, und bald fuhren sie durch eine weiß gepuderte Landschaft. Sie passierten vereinzelte kleine Ortschaften und erreichten schließlich North Hill, einen winzigen Ort in den Catskills, den die Weihnachtsbeleuchtungen auf den Straßen beachtlich erhellten. Dann wurde die Straße enger und steiler. Ringsum war nur noch Wald, und der Schnee türmte sich auf den Baumkronen. Becky konnte erkennen, wo einzelne Schneelawinen von den Bäumen gefallen waren.

Die Straße gabelte sich, und ein Schild wies nach links Richtung North Mountain-Resort. Beckys Herz pochte schneller. Dieses Weihnachten würde sie so verbringen, wie sie es sich wünschte. Und wenn alles gutging, jedes weitere Weihnachten danach auch.

Der Wald lichtete sich, und sie befuhren einen verschneiten Hügel. Das Taxi hielt an. Ringsrum Schnee, Wald, Berge und nicht die Spur eines Weges oder einer Straße.

»Warum halten wir?«, fragte Becky. »Sind wir hier richtig?« Kurz überlegte sie, ob es dämlich gewesen war, sich in ein Taxi mit einem Fremden zu setzen. Eine kurze Vision ihres gefrorenen, toten Körpers in diesen Wäldern erschien vor ihr. Sie schüttelte sie ab. Das Hotel lag abseits auf dem Berg. Das hatte sie gewusst. Lisa, ihre künftige Chefin, hatte gesagt, sie solle gleich nach der Ankunft ein Taxi nehmen. Wenn das jetzt schief ging, lag es jedenfalls nicht an Becky. Auch wenn es dann nicht mehr drauf ankam.

Der Fahrer räusperte sich und riss sie aus ihren Gedanken.

»Ab hier kann ich nicht weiter fahren.« Er wies auf ein kleines Schild, das Becky gar nicht aufgefallen war. »North Mountain-Resort«.

Sie sah den Fahrer fragend an.

»Bei Neuschnee muss sie jemand vom Hotel von hier aus abholen«, erklärte er.

Ein Geräusch ertönte direkt vor ihnen. Eine Art Schneefräse tauchte auf.

»Sie werden wohl erwartet«, stellte der Fahrer fest.

»Damit werde ich abgeholt?« Becky zeigte auf das komische Fahrzeug.

»Das beste Fortbewegungsmittel hier.« Der Fahrer lachte.

Becky bezahlte ihn, griff nach ihrem kleinen Koffer und stieg aus. Das Taxi fuhr rutschend rückwärts und wendete umständlich. Dann war es verschwunden.

Die Schneefräse war inzwischen so nah, dass Becky erkennen konnte, dass ein älterer Mann darin saß. Er winkte ihr zu. Sie konnte immer noch nicht recht glauben, dass das ihr Transportmittel sein sollte, aber das Fahrzeug hielt tatsächlich neben ihr.

»Rebecka Henn-ßen?«, rief der Fahrer ihr zu.

Becky lächelte. An die Aussprache ihres Nachnamens Hansen musste sie sich erst gewöhnen, und sie nickte.

Er klopfte auf den schmalen Sitz neben ihm und grinste. Gerade noch hatte sie überlegt, ob sie sich zu wildfremden Männern in deren Fahrzeuge setzen sollte und schon war sie wieder kurz davor. Natürlich stieg sie ein. Sie musste dringend aufhören, sich immer das Schlimmste auszumalen. Und sich alles so plastisch vorzustellen.

»Ich bin Bill«, stellte der Mann sich vor.

Becky schätzte ihn auf zirka 50. Und er sah unheimlich gut aus. Das kurze, dunkle Haar war voll und lockig. Ein paar graue Strähnen durchzogen es an den Schläfen. Sein Gesicht wirkte von Wind und Wetter gegerbt. Und er hatte Fältchen um die Augen, die wirkten, als würde er ständig lachen, wenn die Sonne auf sein Gesicht schien. Wahrscheinlich kniff er nur die Augen zusammen. Aber die Vorstellung seines lachenden Gesichts in der Sonne gefiel Becky besser.

»Sind Sie Skilehrer?«, fragte sie.

Bill nickte. »Ja, soll ich es dir beibringen?«

Warum war er so überzeugt davon, dass sie nicht Skifahren konnte?

»Du hast es doch mit Pferden«, sagte Bill, als hätte er ihre Frage gehört. »Jedenfalls hat Lisa gesagt, sie hätte dich als ihre Vertretung und für die Pferde eingestellt.«

Becky nickte.

»Pferdemädchen können meistens nicht Skifahren«, erklärte er.

Becky wusste nicht, ob das grundsätzlich stimmte. Doch in ihrem Fall schon. Es konnte aber auch sein, dass es nicht generell an ihrer Vorliebe für Pferde lag, sondern daran, dass sie ein Flachlandkind war. Vor Jahren hatte ihr damaliger Freund Sven versucht, ihr Skifahren beizubringen, es aber wieder aufgegeben. Nicht mal in dieser bekloppten Schneepflug-Haltung war es ihr gelungen, ohne hinzufallen, den Berg runterzufahren. Sven hatte sie alle paar Meter aufgefangen. Als sie es endlich nach unten geschafft hatten, sollte sie im Schlepplift nach oben fahren. Aber sie fiel ständig runter in den Schnee. Sie war einfach zu blöd gewesen, Lift zu fahren. Schließlich hatte Sven ihre Skier genommen und war allein hochgefahren, während Becky neben dem Lift hochlief. Der Gipfel der Demütigung waren ein paar kleine Jungs gewesen, die vom Lift aus Schneebälle nach ihr geworfen hatten. Danach war der Tag gelaufen, und Becky hatte jeden weiteren Versuch, Ski zu fahren, verweigert. Aber Sven gehörte eh längst der Vergangenheit an.

»Ja, Skifahren ist echt nicht so meins. Das geht so schnell abwärts.« Sie wollte witzig sein, aber Bill sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

»Hier fährt man nicht Abfahrt, Mädel. Nur Langlauf.«

Er sagte natürlich »Girl« und nicht wirklich »Mädel«. Aber Becky stellte sich vor, dass, wenn er deutsch gesprochen hätte, er wohl Mädel gesagt hätte. Das schloss sie aus seinem Gesicht, das ein bisschen spöttisch aussah, und seinem Alter. Aber jetzt lachte er wieder und sah einfach nur sympathisch aus.

Dann fuhren sie los. Die Schneefräse schleuderte beachtliche Schneeberge zur Seite. Becky erkannte neben ihnen eine Spur, die bereits frei geräumt war.

»Und bei diesem Wetter kommt man nur mit diesem Fahrzeug zum Hotel?«, fragte sie.

»Ja, es hat frisch geschneit. Ich muss die Zufahrt erst räumen, damit man wieder mit dem Auto hochfahren kann.« Er sah Becky von der Seite an. »Ist nicht gerade eine Party-Gegend.«

»Ich bin auch kein Party-Mädchen«, erwiderte Becky. »So ein verschneites Hotel in den Bergen ist genau das, was ich mir vorgestellt habe. Reiten im Schnee, weiße Weihnacht und ein riesiger Kamin.« Sie seufzte. »Das ist mein Traum, wie Weihnachten sein sollte.«

Bill nickte. »Ja, das alles gibt es bei uns. Mir fällt ein, dass es Heiligabend eine kleine Party gibt. Mit allen Gästen und den Mitarbeitern. Und Silvester natürlich.«

»Na, dann besteht ja doch noch Hoffnung, dass ich zur Party-Maus werde.«

Bill lachte. »Ja, zwei Partys im Jahr reichen dafür.«

Die Fräse bahnte sich ihren Weg durch den Schnee zwischen den Bäumen. Becky konnte kaum glauben, dass das eigentlich eine Straße war, so dicht standen die Bäume beieinander. An manchen Stellen hätten kaum zwei Autos nebeneinander Platz gehabt.

Dann endete der Wald, und sie fuhren weiter neben der Spur her, die Bill auf seinem Weg zu Becky bereits freigeräumt hatte.

Sie erreichten den höchsten Punkt eines Berges. Unter ihnen erstreckte sich ein kleines Tal, das trotz der Dunkelheit gut zu erkennen war. Weiß in weiß, umsäumt von gezuckerten Wäldern. Mittendrin eine kleine Anlage. Ein mehrstöckiges Blockhaus erhob sich in der Mitte. Ringsrum befanden sich kleinere Blockhütten. Die Reflexion des Schnees hätte wahrscheinlich ausgereicht, alles erkennbar zu machen. Doch dass die Anlage nicht zu übersehen war, lag vor allem an den vielen Lichtern, mit denen Fenster und Dächer geschmückt waren. Etwas abseits standen weitere großflächige und erleuchtete Gebäude. Dahinter erkannte Becky Tiere. Pferde und Hirsche oder sowas. Die Lichter waren nicht kitschig bunt, sondern dezent gelb. Es schien, als würden die Häuser im Schnee glitzern. Kurz stellte sich Becky vor, ins Dorf des Weihnachtsmannes zu kommen. Genauso musste es aussehen.

Langsam fuhr die Schneefräse den Berg hinunter, direkt aufs Haupthaus zu. Vor dem Haupteingang hielten sie.

»So, da wären wir!«, rief Bill. »Lisa erwartet dich drinnen.«

Becky stieg samt Koffer aus und blieb vor den großen Holztüren stehen. Sie waren geschmückt mit Tannenzweigen, dekoriert mit bunten Schleifen. Becky schritt die Treppe empor. Noch bevor sie die Türen erreichte, öffneten sie sich. Eine junge Frau trat heraus. Sie war groß, schlank und sehr hübsch mit blonden Haare und braunen Augen. Ihr Gesichtsausdruck war etwas angespannt. Doch als sie Becky erblickte, lächelte sie.

»Becky?«

Becky nickte und lächelte zurück. Das musste Lisa sein. Mit ihr hatte sie schon öfter telefoniert und alles abgesprochen.

Lisa streckte ihr die Hand entgegen. »Lisa«, stellte sie sich überflüssigerweise vor. »Wie war der Flug?«

»Lang«, erwiderte Becky. In dem Moment, wo sie es sagte, spürte sie, dass sie völlig erledigt war.

Lisa nickte. »Ich zeige dir erst mal dein Zimmer. Ist das alles an Gepäck?«

»Ich dachte, ich nehme nur das Nötigste mit, und besorge den Rest hier.«

Lisas Blick sagte Becky, dass es schwierig sein würde, hier etwas zu besorgen. Aber Lisa drehte sich ohne ein weiteres Wort um und ging voraus. Sie führte Becky durch ein kleines Foyer. Es sah eher aus wie ein Wohnzimmer. Drei rote Sofas standen dicht gedrängt vor einem etwa zwei Meter breiten Kamin. Nur eine kleine Rezeption wies auf den Eingangsbereich eines Hotels hin. Sie gingen am Tresen vorbei in einen kleinen Gang, der zu einer schmalen Treppe führte.

»Dein Zimmer ist im ersten Stock.« Lisa stieg die Treppe hoch, Becky hinterher.

Oben erreichten sie einen schmalen Gang. Er war mit einem rot-weiß gemusterten Teppich ausgelegt. Rote Türen säumten die linke, weiße die rechte Seite. Jede Tür war mit einem kleinen Kranz geschmückt.

Lisa ging weiter voran bis zum Ende des Ganges und blieb vor der letzten roten Tür stehen. Sie hielt einen Schlüssel hoch und reichte ihn Becky.

»Ruh dich aus!«, sagte sie. »Essen kannst du dir heute in der Küche bestellen und abholen. Wir sehen uns morgen früh um sieben. Dann zeige ich dir alles in Ruhe.«

Becky nickte, Lisa schritt den Gang zurück zur Treppe und verschwand.

Hinter der kleinen Tür lag ein winziges Zimmer. Die Holzmöbel standen auf dem Holzboden so dicht beieinander, dass nur wenig Raum blieb, zwischen ihnen durchzugehen. Trotzdem war Platz für einen kleinen Kamin, vor dem zwar kein Eisbärfell lag, aber ein weißer Flauschteppich. Auch der Rest des Zimmers war wie anscheinend alles im Hotel in Weihnachtstönen gehalten. Das weiß getünchte Bett war mit roter Bettwäsche bezogen. Die Vorhänge grün. Der Teppich vor dem Bett rot-grün-kariert. Gegenüber der Tür war ein kleines Fenster, durch das Becky nur weiß erkannte, weißes Feld und Wald. Wunderschön.

Zufrieden sah Becky sich im Zimmer um. Hier würde sie sich garantiert wohlfühlen.

Sie war genau in der richtigen Stimmung, ihre Mutter anzurufen. Mit schlechter Laune hätte sie das nicht ertragen. Ihr Handy hatte natürlich keine Balken. Ob die hier W-Lan hatten? Das würde sie morgen fragen. Sie entdeckte ein Tastentelefon neben dem Nachttisch, setzte sich aufs Bett, hob den Hörer und drückte auf die Null. Tatsächlich ertönte ein Freizeichen. Sie wählte die Nummer ihrer Eltern in Kiel, mit einer 011 davor.

»Hansen?«, meldete sich ihre Mutter.

»Hallo, Mama! Ich bin´s!«

»Hallo, Kind!« Die Stimme ihrer Mutter war mindestens drei Oktaven höher geworden. »Ich dachte schon, dir wäre etwas passiert.«

Becky stöhnte. »Ich hab dir gesagt, wann ich ungefähr anrufe.« Sie sah auf die Uhr, die immer noch Kieler Zeit anzeigte. »Ich bin genau pünktlich. Es hat alles geklappt …«

Weiter ließ ihre Mutter sie nicht reden. »Warum musstest du auch so weit weg gehen?! Ein junges Mädchen wie du. So ganz allein in den Bergen. Eine andere Sprache.«

»Mama, ich bin 25 Jahre alt«, wiederholte Becky das, was sie die letzten Wochen so oft zu ihrer Mutter gesagt hatte. »Und ich kann die Sprache, wie du sehr gut weißt. Ich bin Amerikanerin. So fremd ist das Land nicht für mich.«

Das stimmte natürlich nicht ganz. Weil Beckys Vater Amerikaner war, hatte Becky Anspruch auf einen amerikanischen Pass gehabt. Aber sie war erst zweimal hier gewesen. Da war sie drei und vier Jahre alt, und ihre Eltern waren noch miteinander verheiratet gewesen. Die Sprache sprach sie perfekt. Als ihr Vater die Familie für eine andere Frau verlassen hatte, war Becky fast sechs gewesen. Und er hatte bis dahin ausschließlich englisch mit ihr gesprochen. Becky hatte darauf geachtet, dass sie nicht einrostete und ihre Sprachkenntnisse immer weiter ausgebaut. Auch wenn ihre Mutter das nicht unbedingt gefördert hatte. Mit dem Auszug ihres Vaters war auch alles andere entfernt worden, das an ihn erinnerte. Becky hatte erst wieder Kontakt zu ihm, seit sie mit dem Studium angefangen hatte. Inzwischen trafen sie sich ab und zu. Und jetzt nach ihrem Management-Studium hatte er sich gefreut, dass es Becky in seine Heimat zog, wenngleich sie jede Hilfe von ihm hinsichtlich eines Jobs abgelehnt hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---