Einsamer Wolf - King Colt - E-Book

Einsamer Wolf E-Book

King Colt

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Western Helden – Die neue Reihe für echte Western-Fans! Harte Männer, wilde Landschaften und erbarmungslose Duelle – hier entscheidet Mut über Leben und Tod. Ob Revolverhelden, Gesetzlose oder einsame Reiter auf der Suche nach Gerechtigkeit – jede Geschichte steckt voller Spannung, Abenteuer und wilder Freiheit. Erlebe die ungeschönte Wahrheit über den Wilden Westen Sie ritten hintereinander, die beiden gefesselten Gefangenen, gut zwei Pferdelängen voraus. Sheriff Stonewell wandte keinen Blick von ihren gebeugten Rücken, sein Gesicht war noch überglänzt vom Triumph des Sieges. »So schweigsam, Walt?«, wandte er sich an seinen Begleiter. Der Sergeant straffte die mächtigen Schultern und hob den Kopf. Aber er schaute den rundlichen und doch sehr energischen Sheriff von Blackhill nicht an. Langsam lösten sich seine zusammengepressten Lippen zu einem leichten Lächeln. »Hatte was zu bedenken, Stonewell«, entgegnete er langsam. »Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, wüsste ich, was ich Colonel Wint zu erzählen hätte. Das ist es doch, was Sie drückt?« »Vielleicht …« »Nonsens. Ein Mann wie Sie braucht nicht ins Mauseloch zu kriechen, weil er mal 'nen Fehler gemacht hat. Wie viele Banditen haben Sie schätzungsweise gefasst, solange Sie für das Gesetz reiten? Jedenfalls erzählt man sich 'ne ganze Menge über Sie. Und jetzt lassen Sie den Kopf hängen wie 'n alter Karrengaul. Wer war es denn, der dem Jungen da vor uns die Kugel in die Schulter gab, he?« »Und wer war es, der ihn fing?«, fragte Walt Read dagegen.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Western Helden – 7 –

Einsamer Wolf

King Colt

Sie ritten hintereinander, die beiden gefesselten Gefangenen, gut zwei Pferdelängen voraus. Sheriff Stonewell wandte keinen Blick von ihren gebeugten Rücken, sein Gesicht war noch überglänzt vom Triumph des Sieges.

»So schweigsam, Walt?«, wandte er sich an seinen Begleiter.

Der Sergeant straffte die mächtigen Schultern und hob den Kopf. Aber er schaute den rundlichen und doch sehr energischen Sheriff von Blackhill nicht an. Langsam lösten sich seine zusammengepressten Lippen zu einem leichten Lächeln. »Hatte was zu bedenken, Stonewell«, entgegnete er langsam.

»Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, wüsste ich, was ich Colonel Wint zu erzählen hätte. Das ist es doch, was Sie drückt?«

»Vielleicht …«

»Nonsens. Ein Mann wie Sie braucht nicht ins Mauseloch zu kriechen, weil er mal ’nen Fehler gemacht hat. Wie viele Banditen haben Sie schätzungsweise gefasst, solange Sie für das Gesetz reiten? Jedenfalls erzählt man sich ’ne ganze Menge über Sie. Und jetzt lassen Sie den Kopf hängen wie ’n alter Karrengaul. Wer war es denn, der dem Jungen da vor uns die Kugel in die Schulter gab, he?«

»Und wer war es, der ihn fing?«, fragte Walt Read dagegen. »Ich nicht!«

Sheriff Stonewell konnte ein Grinsen nicht verkneifen.

»Das Ding war zu leicht für Sie«, sagte er. »Wer konnte auch schon darauf kommen, dass der Herr Bandit sich ausgerechnet in das Heu einer Scheune verkriecht und mit der hübschen Joan, diesem kleinen Biest, ’ne Poussage anfängt?«

»Sie sind darauf gekommen und haben ihn erwischt. Und seinen Genossen auch …«

»Der lief uns ganz von selbst in die Finger. War zum Lachen, Walt! Wissen Sie noch, dass wir im Galopp an Jacksons Ranch vorbei sind nach dem Feuergefecht mit diesen verdammten Eisenbahnräubern? Drei waren getötet worden und drei entkommen, darunter diese beiden. Wenn wir gleich gewusst hätten, dass der da ein kapitales Loch in der Schulter hatte von Ihrer Kugel – na, wir ahnten’s nicht einmal. Sie haben uns schön zum Narren gehalten mit ihrer Fährte. Dieser ›Puma‹ ist der raffinierteste Kerl, der mir je begegnet ist!«

»Wenn’s der Puma war«, brummte Walt Read.

»Natürlich war er es! Ein anderer wäre uns nicht durch die Lappen gegangen. Well – komme ich doch ’ne halbe Woche später zufällig zur Ranch Jacksons und sehe, dass die schöne Joan mit ’nem Korb in der Scheune verschwindet. War schon schummerig, und ich dachte mir gleich mein Teil. Und wie die beiden noch so schön beim Küssen sind …«

»Brauchen Sie sich nichts drauf einzubilden«, sagte der schlanke Gefangene lässig, ohne den Kopf zu wenden. »War mein Fehler.«

Stonewell lachte. »Er kann also doch reden. Und dabei konnte er sich die ganze Zeit noch nicht mal auf seinen Namen besinnen.«

»Und der andere?«, warf der Ranger ein.

»Der andere kam ganz gemütlich angezockelt. Erst dachte ich an eine Falle, aber dann streckte er brav die Hände zum Himmel.«

Walt Read nickte düster. Er starrte auf die rhythmisch sich wiegenden Gestalten der Banditen. Zehn Meilen noch bis San Antonio – und er wusste nicht, ob alles richtig war, wie er es gemacht hatte. Nein, er wusste es wirklich nicht.

Jetzt wandte sich der Jüngere der Gefangenen im Sattel um. »Sie waren anständig zu uns, Ranger«, sagte der Boy. »Ich an Ihrer Stelle würde ich mir keine Gedanken machen. Schätze, man wird mich nicht hängen.«

»So? Und was gibt Ihnen die Gewissheit?«

Jetzt lachte der Bandit frei heraus.

»Mein Optimismus! Und mein Glücksstern. Ich habe da ’nen Schutzengel, der für mich betet und …«

»Wenn dieser Schutzengel Joan heißen sollte«, schaltete sich der Sheriff bissig ein, »dann hats mit dem Beten nicht viel auf sich. Müsste mich sehr irren, wenn sie nicht schon wieder ’nen anderen hat.«

»Schutzengel sehen anders aus als Joan Jackson«, verwies ihn der Boy sanft. »Ganz anders!«

»Ich glaube, fast zu wissen, was Sie meinen«, nickte Walt Read.

*

Sie bogen im scharfen Trab in den Wald ein, der sich als Riegel quer vor das San-Antonio-Tal legte. Ein Geier kreischte müde. Niemand achtete darauf – nur der schlanke Junge mit den gefesselten Händen hob vorsichtig den Kopf. Und dann wieherte ein Pferd auf der Seite des Sheriffs. Walt Read war sofort hellwach und warf den Kopf herum.

Viel zu spät hörte der Ranger das surrende Geräusch in seinem Rücken. Eine Wurfkeule, durchschoss es ihn, und gleichzeitig mit dieser blitzartigen Erkenntnis tauchte eine verschwommene Erinnerung aus der Tiefe seines Bewusstseins, eine Erinnerung, die ihn für den Bruchteil einer Sekunde lähmte – lange genug, um dem Unheil nicht mehr entgehen zu können.

Knirschend krachte das Geschoss auf seinen Kopf. Lautlos brach er im Sattel zusammen. Sein Wallach machte einen erschreckten Sprung vorwärts.

»Oh, verdammt!«, fluchte Sheriff Stonewell. Er sah einen Mann aus der Deckung einer mächtigen Kiefer treten und zerrte den Colt aus dem Halfter.

Aber der Mann schoss viel eher. Das letzte, was der rundliche, pfiffige Sheriff von Blackhill sah, war neben dem gelben Mündungsfeuer das spöttische Lächeln seines Mörders.

*

Walt Read wusste, dass er den bittersten Gang seines Lebens antrat. Zwei Tage und zwei Nächte hatte er wie tot gelegen, im Schädel ein Gefühl, als wäre er in tausend Stückchen zersplittert. Er erhob sich von seinem Feldbett und durchmaß das Zimmer von einem Ende zum anderen wie ein gefangener Tiger im Käfig. Beinahe liebevoll nahm er noch einmal jede Einzelheit des Raumes in sich auf, der bis jetzt sein Office gewesen war. Morgen schon würde ein anderer hier einziehen, ein Besserer. Er wusste es, ehe das Urteil gesprochen war, ehe er Colonel Wint Rede und Antwort gestanden hatte.

»Sergeant Read!«, weckte ihn eine raue Stimme.

Sergeant Read – nichts mehr von jenem vertraulichen, kameradschaftlichen Ton, der zwischen ihnen üblich war.

»Sergeant Read zur Stelle!«, meldete er sich.

»Setzen Sie sich, Read«, knarrte die Stimme des Colonels. »Ich denke, Sie haben sich nach dem – hm – Zwischenfall einigermaßen wieder erholt.«

»Danke, Colonel«, nickte Walt und nahm Platz. Er blickte über den kahlen Kopf des Colonels hinweg durch das Oberlicht des Fensters.

Der Colonel räusperte sich. »Sie hatten den Auftrag«, begann er kurz und abgehackt, »eine Bande von Eisenbahnräubern unschädlich zu machen. Sie arbeiteten zusammen mit Sheriff Stonewell, griffen die Fährte der Verbrecher auf und töteten in einem Feuergefecht drei Männer. Drei Weitere entkamen – wenn ich irgendetwas falsch berichte, verbessern Sie mich gefälligst!«

»Bis jetzt ist es okay«, sagte der Sergeant gleichgültig.

»So – hm – gut. Sheriff Stonewell fing zwei der Entkommenen auf lächerlich einfache Art …«

»Ich würde das nicht als so lächerlich einfach hinstellen«, warf Read ruhig ein. »Wenn Sheriff Stonewell auch komisch aussah, so war er doch ein scharfer und gewitzter Mann.«

»Gut, also war es nicht so einfach. Ich frage mich nur, wo ein gewisser Ranger in jenem Augenblick steckte. Wissen Sie darauf eine Antwort, Sergeant?«

»Nein, Colonel. Natürlich war das Ganze ziemlich einfach, aber ich bin eben nicht darauf gekommen.«

»Sie sind nicht drauf gekommen!«, schnappte Wint. »Und so was nennt sich Ranger! Lässt sich von einem simplen Sheriff was vormachen. Sie haben sich benommen wie ein … Doch sehen wir weiter! Die Gefangenen wurden auf meinen Befehl nach hier überführt. Vielmehr sollten sie hierhergebracht werden unter Sheriff Stonewells und Ihrer Bedeckung. Stattdessen, Sergeant, stattdessen kommt ein gefesselter Mann in den Hof dieser Station geritten, ein Mann mit ’ner Beule am Kopf, größer als meine Faust. Und hinterher trabt ein zweites Pferd und trägt im Sattel einen Toten. Können Sie mir, zum Teufel, sagen, was das zu bedeuten hat?«

Walt Read lehnte sich im Stuhl zurück.

»Wir ritten durch den Wald und hörten plötzlich ein Pferd wiehern. Wir blickten hinüber, und im gleichen Augenblick hörte ich ein komisches Surren hinter mir. Ich ruckte herum, aber es war schon zu spät. Mir flog irgendetwas an den Kopf. Mehr weiß ich nicht.«

»Wenn Sie nun noch erzählen wollen, dass es ein dicker Baum war, der zufällig umgefallen ist, dann reicht’s mir, Read! Können Sie mir eine Erklärung dafür geben, weshalb ausgerechnet Sie am Leben geblieben sind, während Sheriff Stonewell ins Gras beißen musste?«

»Ich kanns nicht, Colonel!«

Er erhob sich steif und trat zu dem gewaltigen Schreibtisch vor, hinter dem sein Vorgesetzter saß.

»Ich habe versagt, Boss, und nur eins tut mir bei der ganzen Geschichte leid – dass der Mörder von Sheriff Stonewell nicht auch mich umgelegt hat.«

Er wandte sich kurz um und blickte jeden der Anwesenden sekundenlang an.

»Ihr alle wisst«, fuhr er fort, »dass ich drei Jahre lang unter euch war, und meine Pflicht getan habe wie jeder andere. Ich bitte um meinen Abschied.«

Colonel Wint schnellte von seinem Sitz empor.

»So einfach sehen Sie die Sache, Read? Sie machen’s sich verdammt leicht! Es ist Blut geflossen, und Sie sind schuld daran! Sie haben den Ehrenschild der Ranger mit Dreck besudelt, Read. Sie sind ausgestoßen aus unserer Gemeinschaft!«

Der ehemalige Sergeant duckte sich wie unter einem Peitschenhieb. Sekundenlang stand er so. Dann richtete er sich steil auf und wurde blass wie die Wand. Er machte auf den Hacken kehrt und ging hinaus.

Wenige Minuten später schon hatte er seinen Wallach im Korral eingefangen und galoppierte durch das Tor der Station.

*

Colonel Wint reckte seine hagere Gestalt.

»Sie fragen sich gewiss, meine Herren«, wandte er sich an die versammelten Offiziere, »weshalb ich diesen Burschen nicht eingesperrt habe. Ich werde Ihnen meine Gründe sofort erläutern, doch zuvor mache ich Sie mit zwei neuen Männern bekannt, die unserer Station zugeteilt wurden … Bitte, meine Herren«, sagte er mit einer leichten Verbeugung.

An ihm vorüber betraten zwei mittelgroße, durchtrainierte Männer das Zimmer, beide in abgetragener, aber peinlich sauberer Kleidung.

»Hallo, Boys!«, sagte der erste und nickte lächelnd.

»Das ist Leutnant Ray Hall«, stellte Wint vor. »Und der zweite heißt Tex Greb und ist Sergeant. Bitte Platz zu nehmen!«

»Okay!«, nickte Greb und hockte sich auf eine Kante des Schreibtisches.

»Leutnant Hall und Sergeant Greb haben die Sonderaufgabe, den Puma, der uns dank Reads Tölpelhaftigkeit oder Mithilfe einen Streich nach dem anderen gespielt hat, unschädlich zu machen. Sie baten darum, das Verhör des Sergeanten unbemerkt belauschen zu dürfen. Ich hoffe, Sie haben alles verstehen können?«

»Yeah, Colonel«, nickte Ray Hall.

»Sie gehen sicher einig mit mir, wenn ich behaupte, dass dieser Sergeant Dreck am Stecken hat,«

Leutnant Hall nickte. »Yeah, Colonel. Die Haltung dieses Sergeanten ist sehr undurchsichtig. Es wird sich erweisen, ob er seine Hände in ein unsauberes Spiel gemischt hat. Trifft das zu, so wird er uns früher oder später auf die Spur des ›Puma‹ führen.«

»Sie werden also die Verfolgung Reads aufnehmen. Da er Sie beide nicht kennt, dürfte das nicht schwer sein.«

»Ich denke so. Seine Personalien habe ich mir angesehen und weiß, dass er aus dem Esperanta-Distrikt kommt.«

»Alle Wetter!«, fuhr Colonel Wint auf. »Esperanta-Distrikt sagten Sie? Daran habe ich noch gar nicht gedacht.«

»Weshalb, Colonel?«, fragte Sergeant Greb.

»Weil dort der Teufel los zu sein scheint. Zwar wissen wir noch nichts Genaues, aber allem Anschein nach bereitet sich dort ein Weidekrieg vor, der kaum hinter jenem vor zwanzig Jahren zurückstehen dürfte. Eine Reihe der berüchtigtsten Revolverhelden reitet seit einiger Zeit über die Kakteen-Ebene. Ich lasse mich vierteilen, wenn das nichts zu bedeuten hat. Kennen Sie zum Beispiel Mat Rickett? Oder Tade Pop? Oder Pink Cumber? Ich gäbe was drum, wenn ich sie in Händen hätte – und nicht nur sie, sondern auch genügend Beweise, um ihnen die Schlinge über den Kopf zu werfen.«

»Mat Rickett? Tade Pop? Die beiden haben ich noch nie riechen können. Fast möchte ich annehmen, dass wir einigen lustigen Wochen entgegensehen. Nennt man das Esperanta-Becken nicht auch das Pferdeland?«

»Yes, und nicht zu Unrecht! Ich habe selten eine prachtvollere Zucht gesehen als die Fernando Da Ruiz’! Und fast noch besser war die Gien Fletchers. Aber seit seinem Tode scheint’s mächtig bergab zu gehen mit seiner ›H-im-Halbkreis‹. An seinem Sohn ist nicht allzu viel dran.«

»Hm. Dürfen wir uns fertigmachen, Colonel?«

Wint nickte, und schon eine halbe Stunde später saßen der Leutnant und der Sergeant im Sattel.

*

Sie hatten schätzungsweise einen Ritt von drei Tagen vor sich – durch ein raues und einsames Land.

Sie sahen während der nächsten beiden Tage kaum einen Menschen und passierten nur eine einsame, staubige Ortschaft. Die Fährte des geächteten Sergeanten war heiß, aber sie ritten so vorsichtig, dass sie ihn nie zu Gesicht bekamen.

Leutnant Hall fragte einen Barmann hintenherum aus. Er benahm sich dabei wie ein Revolvermann, der unterwegs zum Esperanta-County war, um dort Arbeit für seine Kanonen zu suchen. Er erfuhr eine ganze Menge, aber nichts über den Puma und seine Genossen.

»Da wäre noch eine Kleinigkeit«, sagte er schließlich. »Ein Freund von uns wollte auch nach Tonto hinüber. Wir haben ihn vor Kurzem mit einer Kugel in der Schulter verlassen und wissen nicht, ob er schon durch ist. Ein junger Bursche noch …«

»Mit ’ner Verwundung?«, schüttelte der Barkeeper den Kopf. »Habe keinen gesehen. Glen Fletcher wirds ja wohl nicht sein, dieser Milchbart?«

»Fletcher? Nein. War der verwundet?«

»Scheint so. Ich habe ihn zu Doc Share reingehen sehen. Ist schon ’ne Woche her. Soll ein ziemlicher Luftikus sein, der Boy. Würde mich gar nicht wundern, wenn er die Ranch seines Vaters bald ruiniert hätte.«

Ray Hall zuckte die Achseln und tat, als interessiere ihn das nicht. Doch die beiden Ranger merkten sich den Namen sehr genau.

Dort, wo die Kakteen-Ebene in das Esperanta-Becken überging, trennten sich die beiden, um unauffälliger arbeiten zu können.

Der Sergeant ließ sich von seinem unbändigen Durst leiten und war hocherfreut, als er in einem einsamgelegenen Haus eine Bar erkannte.

Er trabte gemächlich einen ausgewaschenen Arroyo hinab und war vorsichtig genug, die Lage genau zu peilen, ehe er die Nase in das komische Gemäuer steckte. Er tat gut daran …

*

Noch kein Besitzer der Yankee-Bar war eines natürlichen Todes gestorben. Der eine hatte einer verirrten Kugel im Wege gestanden, der andere machte persönliche Bekanntschaft mit einem zweiseitig geschliffenen Messer. Das kam dem »roten Kirby« außerordentlich gelegen. Er erwarb die Konzession für einen Pappenstiel und machte die Yankee-Bar zu einer Goldgrube.

Er stand wie gewöhnlich hinter dem Schanktisch, kaute mit unbeweglichem Gesicht seinen Priem und sog an einer Brasil. So sehr war er mit der Betrachtung der wilden Horde seiner Gäste beschäftigt, dass er Glen Fletcher erst sah, als er schon vor ihm stand.

»Hallo!«, dehnte Kirby. Und da er als Geschäftsmann es mit keinem verderben durfte, flüsterte er weiter: »Verdufte, mein Sohn. Dicke Luft!«

Glen Fletcher verstand nicht oder wollte nicht begreifen. »Schenk mir ein Glas ein, Kirby«, lächelte Glen und schüttelte unmerklich den Kopf. Selbstverständlich hatte er die Männer in der Bar sofort gesehen und wusste sie auch in der richtigen Kategorie unterzubringen, in der Sparte jener Leute nämlich, die ihren Colt für ein paar Silberlinge vermieten, aber er …

»Kann dir einen Flip anbieten, beste Ware«, äußerte sich der rote Kirby ungerührt. Und schnell fügte er kaum hörbar hinzu: »Trink aus, und komm hinter die Theke. Aber fix – Tade Pop ist Gay Vincents bester Mann und …«

Tade Pop!, dachte Glen Fletcher. Irgendwo hatte er den Namen schon gehört. Doch wieder schüttelte er bedächtig den Kopf.

»Hab nicht viel Zeit, Kirby. Hast du zufällig einen Mann hier gehabt, der vor gut zwei Stunden Adios gesagt hat? Einen Mann, der es sogar mit dir aufnehmen könnte?«

Für einen Moment vergaß der rote Ire alle Sorgen. Er grinste über das ganze Gesicht.

»Wenn du Walt Read meinst, meinen Landsmann – der war hier.«

Glen Fletcher ließ den Flip genießerisch über Lippen und Zunge gleiten. Er schluckte bedächtig wie ein alter Rotweinkenner.

»Ausgezeichnet!«, nickte er. »Hab mich also nicht geirrt. Maggie wird sich mächtig freuen – ich habe ihn nämlich nur noch in Erinnerung, weil er mir mal die Hosen stramm gezogen hat.«

»Weißt du, dass er keinen Stern mehr trägt?«

»Was denn … Walt ist kein …«

»Nein. Sie haben ihn geächtet. Möchte wissen, was er ausgefressen hat.«

»Geächtet?«, murmelte Glen Fletcher. »Das ist eine bodenlose Schweinerei! Ich denke ….«

Er brach ab, denn ein eigentümliches Zucken ging plötzlich über Kirbys Gesicht. Die Zigarre wanderte von der rechten in die linke Mundecke. Ehe Glen Fletcher ganz begriffen hatte, lehnte sich zu seiner Linken ein Mann mit beiden Ellbogen auf die Theke, ein Mann, der auf unerträgliche Art nach Fusel duftete. Langsam wandte Glen den Kopf – und spürte gleichzeitig, dass auch auf der anderen Seite sich eine Gestalt neben ihn geschoben hatte.

»Nun, Tade«, grinste Kirby, bedächtig seinen Priem kauend, »gewonnen oder verspielt?«

Tade Pop beachtete den Wirt gar nicht.

»Was hat dieser Skunk hier zu schnüffeln?«, fragte er – und die Stimme ließ Glen Fletcher zittern. Sie klang tonlos, hohl und dumpf.

»Seit wann kümmerst du dich um Nesthäkchen, die noch nicht flügge sind?«, lächelte der rote Kirby. Er hielt einen Augenblick den Atem an, um seiner Angst Herr zu werden – dieser Angst, die er früher nicht gekannt hatte. Tade Pop schnaubte verächtlich.

»Du rothaariger, schieläugiger Ire!« Er brach ab, und plötzlich wirbelte er herum. Seine starren Augen sogen sich an dem blassen, trotzigen Gesicht des Jungen fest: »Glen Fletcher, stimmt’s? Von der H-im-Halbkreis?«

Plötzlich brach er ab und lachte lautlos in sich hinein, auf eine tückische Art.

»Überlege gerade«, kicherte er, »wer sie wohl nach dir erbt, die schöne H-im-Halbkreis.«