Engel? - Jason Dark - E-Book

Engel? E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Aus der Feder des Sinclair-Schöpfers Jason Dark
Seit 15 Jahren warten die Sinclair-Fans auf ein neues Buch von ihrem "Meister"

Eine mysteriöse Gestalt rettete dem Templer Godwin de Salier einst das Leben. Doch diese Rettung hat ihren Preis: Seit damals schuldet Godwin dem geheimnisvollen Wesen einen Gefallen. Jetzt ist der Fremde plötzlich aufgetaucht, um diesen einzufordern. Damit beginnt für Godwin und seinen Freund John Sinclair ein unheilvolles Abenteuer ...

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Seitenzahl: 399

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Inhalt

Über dieses BuchÜber den AutorTitelImpressumAkkon. Lateinisches Königreich Jerusalem. Während der Kreuzzüge123456789101112131415161718192021222324252627282930

Über dieses Buch

Aus der Feder des Sinclair-Schöpfers Jason Dark Seit 15 Jahren warten die Sinclair-Fans auf ein neues Buch von ihrem „Meister“ Eine mysteriöse Gestalt rettete dem Templer Godwin de Salier einst das Leben. Doch diese Rettung hat ihren Preis: Seit damals schuldet Godwin dem geheimnisvollen Wesen einen Gefallen. Jetzt ist der Fremde plötzlich aufgetaucht, um diesen einzufordern. Damit beginnt für Godwin und seinen Freund John Sinclair ein unheilvolles Abenteuer ...

Über den Autor

Geboren wurde Jason Dark unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd 1945 im Sauerland. Er erlernte auf Wunsch seiner Eltern den »anständigen« Beruf eines Chemotechnikers, aber seine Leidenschaft galt immer dem Schreiben. Mit über 2.000 Romanen und einer Gesamtauflage von über 250 Millionen Exemplaren ist Jason Dark der meistgelesene deutschsprachige Autor.

Jason Dark

ENGEL?

Ein John-Sinclair-Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

www.john-sinclair.de

Originalausgabe

»Geisterjäger«, »Geisterjäger John Sinclair« und »John Sinclair« sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

Die Veröffentlichung dieses Werkes erfolgt auf Vermittlung der literarischen Agentur Peter Molden, Köln

Copyright © 2018 by by Jason Dark und Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Britta Künkel, Reichshof

Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de

Titelillustration: © Stephanie Gauger

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-6690-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Father Ignatius sah mich ernst an. Er lächelte schmal und sagte mit leiser Stimme: »Lass uns in den Garten gehen, John.«

»Das klingt verlockend«, entgegnete ich. »Vor allem, wenn ich an die Frühlingssonne denke.«

Der Chef der Weißen Macht lachte leise. »Frühling ist gut. Damit müssen selbst wir hier im Vatikan noch warten.«

»Aber nicht mehr lange.«

»Da hast du auch wieder recht.«

Gemeinsam verließen wir das Haus und betraten den Garten. Er war klein und dank immergrüner Gewächse auch jetzt im Winter nicht kahl.

Es gab zwei Gründe, die mich weg von London und zu Father Ignatius in den Vatikan geführt hatten. Zum einen brauchte ich mal wieder geweihte Silberkugeln, die ich nur dort bekam, und zum anderen hatte mich der Father gebeten, nach Rom zu kommen.

Wir hatten uns in der letzten Stunde unterhalten wie dicke Freunde, was wir auch waren. Doch mir war klar, dass Ignatius mich nicht ohne Grund nach Rom bat. Zum eigentlichen Thema würde der Father noch kommen, das stand fest.

Nun schlenderten wir nebeneinander her. Unter unseren Sohlen rieben die kleinen Steine gegeneinander und hinterließen ein Knirschen, das wie leise Musik klang.

»Würde es dir was ausmachen, wenn wir uns ein paar Minuten setzen, John?« Father Ignatius deutete auf eine Bank, auf der ein junger Mann gerade zwei Sitzkissen hinterlassen hatte.

»Nein, setzen wir uns.«

Wir ließen uns nieder. Mein Blick wanderte durch den Garten und endete an einer großen Mauer, die recht hoch war, sodass niemand auf das Gelände blicken konnte.

»Also, was hast du auf dem Herzen?«, fragte ich.

»Was meinst du damit?«

Ich musste lachen. »Es gibt doch einen Grund, weshalb du mich hast zu dir kommen lassen.« Ich stieß meinen Freund an. »Es sind nicht nur die neuen Silberkugeln gewesen.«

»Gut geraten, John.« Ignatius nickte und sah dabei auf seine Hände, die er gefaltet hatte. Er atmete noch mal durch und sagte mit leiser Stimme: »Ja, es gibt einen Grund.« Er legte eine Hand auf meinen Unterarm. »Und es ist ein ernster.« Ignatius setzte sich aufrecht hin und stellte mir eine Frage, die mich überraschte. »Kennst du das Matthäusevangelium?«

Ich dachte kurz nach. »Ja, das kenne ich. Zumindest dem Namen nach. Wenn du allerdings Einzelheiten hören willst, muss ich passen.«

»Damit habe ich auch nicht gerechnet. Aber ich kenne es, John. Und ich möchte damit beginnen, weil ich es für wichtig halte. Es ist nur ein Ausschnitt aus Matthäus 25, 31–46. Alles andere können wir vernachlässigen.«

»Gut, schieß los«, forderte ich gespannt.

»Dann zitiere ich mal.« Dazu brauchte Ignatius nichts abzulesen, das schaffte er aus dem Kopf. »Damals sprach Jesus zu den Jüngern. Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen.« Ignatius nickte. »Das kennst du, John?«

»In der Tat. Aber das war nicht der ganze Vers. Er geht noch weiter, das weiß sogar ich noch. Da wird über die Gerechten und auch die nicht Gerechten gerichtet, oder?«

»Genau, doch darum geht es nicht, John.«

»Sondern?«

»Um einen bestimmten Satz, der ziemlich am Anfang steht. Es geht um den Begriff Engel.«

»Aha. Die sich an seiner Seite befinden.«

»So ist es.«

»Und weiter?«

Ignatius runzelte die Stirn. »In diesem Text wird von allen Engeln gesprochen.«

»Ja, das hörte ich.«

»Aber es stimmt nicht.«

»Und woher weißt du das?«

»Aus der Genesis. Da heißt es, als Gott die himmlischen Heerscharen rekrutierte, kam es zu einem folgenschweren Unfall, sage ich mal. Ein Engel mit dem Namen Satan rebellierte gegen den Herrn. Das war ein schlimmer Fehler. Er wurde von Gott verstoßen und wechselte auf die dunkle Seite der Macht. Der gefallene Engel, einst Träger des Lichts … Luzifer genannt …, wurde zum Fürsten der Finsternis, unter dem wir bis zum heutigen Tag zu leiden haben. Wir könnten jetzt über die Verkörperung des Bösen gegenüber der Kraft Gottes sprechen, aber das ist nicht das Thema. Mir geht es um eine Begleiterscheinung, und da solltest du die Ohren spitzen.«

»Das mache ich glatt.«

Ignatius räusperte sich und fuhr fort: »Denk an das Evangelium, und erinnere dich bitte an den Anfang. Da wird von Jesus gesprochen und allen Engeln, die es gibt und die er mitbringt.«

»Ja, ich erinnere mich.«

»Dann muss ich dir leider sagen, dass dies ein Irrtum ist. Es waren nicht alle Engel, einige fehlten oder sogar viele. Es waren diejenigen Geschöpfe, die damals Luzifer in das dunkle Reich oder auch die Hölle gefolgt sind.«

»Oha ja, davon weiß ich.«

Ignatius legte mir eine Hand auf die Schulter. »Aber du weißt nicht alles über diese Engel, die auf Luzifers Seite standen und noch immer stehen.«

»Dann kläre mich auf.«

Father Ignatius nickte vor sich hin. »Es gibt Schriften, die man am besten den Menschen vorenthält. Ich kenne einige davon. Da ging es um die Engel, die sich abgewandt haben und zum Teufel überliefen. Sie alle gerieten in eine Welle des Hasses und der Verderbtheit. Man ließ ihnen die Freiheit, eigene Wege zu gehen, und es gab schließlich auch Engel, die man als ganz besonders schlimm einstufen musste. Diese abgespaltenen Wesen nannten sich Blutengel …«

Blutengel! Dieser Begriff jagte mir einen eiskalten Schauer über den Rücken, und ich hielt für einen Moment die Luft an.

»Was genau sind Blutengel?«, fragte ich Ignatius schließlich, denn diese Bezeichnung hatte ich noch nie gehört.

»Blutengel sind Engel, die auf Blut scharf sind.« Ignatius sah mich jetzt intensiv an. »Auf das Blut der Menschen.«

Ich nickte langsam und begann zu frösteln. »Vampir-Engel …«, flüsterte ich.

*

Das musste ich erst mal verdauen und meine Gedanken ordnen.

Vampir-Engel!

Verdammt, ich hatte schon viele Begriffe in meinem Leben gehört, die ausgefallen waren, aber Vampir-Engel waren mir noch nicht untergekommen. Engel, die Blut tranken. Die sich wahrscheinlich das Blut von den Menschen holen würden. Eine verdammt schaurige Vorstellung.

Ignatius hatte mitbekommen, dass ich in Gedanken versunken war, und fragte: »Nun, was sagst du?«

Ich hob den Blick. »Wenn du nicht mein Freund Ignatius wärst, hätte ich nur den Kopf geschüttelt. Aber ich kenne dich. Ich weiß, dass du nichts Unüberlegtes tust und dass du mich nicht grundlos hier nach Rom geholt hast.«

»So ist es.«

»Und wie geht es weiter?«, wollte ich wissen.

Ignatius sagte erst mal nichts. Er blickte nach vorn und war in seinen Gedanken erstarrt. Dann gab er die Antwort, und sie konnte mich nicht mal überraschen.

»Wir müssen davon ausgehen, dass die Vampir-Engel wie unheilvolle Boten über die Menschen kommen, um deren Blut zu trinken.«

»Das ist ein Hammer! Und was wird aus den Gestalten, die blutleer getrunken wurden?«

»Ich kann es nicht genau sagen. Sie sind mir bisher noch nicht begegnet, aber ich könnte mir vorstellen, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis sich die Vampir-Engel über die Menschen hermachen werden. Sie brauchen ihr Blut.«

Ich blies die Wangen auf und ließ die Luft langsam entweichen. »Woher weißt du, dass sich diese verdammten Engel zeigen werden? Wer hat es dir gesagt?«

»Ein Traum, John.«

»Oh …«

Ignatius wurde präziser. »Ein Wahrtraum. Und ob du es nun glaubst oder nicht, ich glaube fest daran. Deshalb sitzen wir auch hier zusammen. Die nahe Zukunft, John, sieht düster aus.«

»Und was können wir unternehmen?«, wollte ich wissen. »Hast du eine Idee?«

Ignatius zögerte mit der Antwort. Dann sagte er: »Wir müssen wachsam sein und die Augen offen halten.«

Akkon. Lateinisches Königreich JerusalemWährend der Kreuzzüge

Blut. Hitze. Gestank! Menschenleiber auf den Straßen und Gassen. Manche zuckten noch oder waren verzweifelt, weil ihnen Körperglieder fehlten. Andere bewegten sich nicht mehr. Sie lagen einfach nur da. Oft gezeichnet von tiefen Wunden.

Eine Mischung aus Staub und Qualm waberte durch die Stadt. Überall brannte es. Zwischen den Feuern und dem Rauch versteckten sich die Menschen, um mit ihren Krummsäbeln und Äxten auf die Feinde zu schlagen.

Auf diejenigen, die aus dem Norden kamen, die lange Herrscher gewesen waren. Aber das war jetzt vorbei. Die Einheimischen hatten sich wieder gefangen. Ihre Anführer hatten sich die Befehle des Sultans angehört und auch deren Berater. Es waren schlaue Menschen, die sich in das Denken und Handeln der Kreuzfahrer hineingedacht hatten und entsprechende Maßnahmen in die Wege leiteten. Dabei konnten sie sich auf manche Trägheit oder Sattheit der Männer aus dem Norden verlassen. Es gab nicht wenige, die so taten, als würde das Land ihnen gehören. Aber da hatten sie sich geirrt. Die Muselmanen gaben nicht auf und fingen damit an, die Kreuzfahrer aus dem Norden zurückzuschlagen.

Sie waren schnell, wendig und auch aggressiv. Sie ließen nichts anbrennen, erwischten viele der Nordmänner in ihrer Trägheit und töteten sie.

Blut spritzte. So wie es bei den Angriffen der Kreuzfahrer unter den Muselmanen geflossen war, so waren es jetzt die Kreuzfahrer, die ihr Leben verloren.

Es blieb ihnen nur die Aufgabe und der damit verbundene Rückzug. Jerusalem war nicht mehr wichtig. Es zählte die Stadt Akkon, denn sie hatte einen Hafen, in dem die letzten Schiffe der Kreuzfahrer auf den Wellen schwammen und bereit waren, die Männer aufzunehmen, die es geschafft hatten, sich durchzuschlagen.

In Gruppen hatten sie es versucht. Das war nicht immer gelungen. Überfälle der Muselmanen hatten die Gruppen zerrissen und die Männer getötet. Nur wenige waren den Waffen der Angreifer entkommen.

Zu ihnen zählte ein Mann, der auf den Namen Godwin de Salier hörte. Er war Franzose, ein Templer und ein Kämpfer. Ihn hatte bisher noch keiner besiegen können. Leider war es seinem Pferd nicht so ergangen. Mehrere Schwerthiebe hatten es regelrecht zerhackt.

Aber Godwin gab nicht auf. Er musste eines der Schiffe erreichen, was normalerweise kein Problem für ihn war. Nicht aber in diesem Fall. Wenn er zum Hafen wollte, musste er sich den Weg freikämpfen.

Das tat er. In seinen Ohren hörte er das monotone Dröhnen der Kesselpauken. Es waren die Instrumente des Siegers. Und das Dröhnen kam immer näher, wurde lauter und peinigte die Ohren des kämpfenden Kreuzritters. Als sie ankamen, da hatten sie gemeinsam gekämpft. Jetzt war sich jeder selbst der Nächste. Man musste sich durchschlagen, wenn man sein Leben retten wollte.

Godwin de Salier gehörte zu den Männern, denen es noch gut ging. Er besaß sein Schwert und auch den Brustschutz. Ansonsten klebte der Staub auf ihm wie eine zweite Haut.

Er kannte den Weg zum Hafen, und er wollte eine Abkürzung nehmen, denn er rechnete damit, dass der Hauptweg kontrolliert wurde. Die Feinde waren schon verdammt weit in Richtung Hafen gekommen, das wusste der Templer auch.

Die Abkürzung bestand aus einer schmalen und krummen Gasse, deren Eingang kaum zu sehen war. Hinzu kam jetzt, dass der Qualm eines nahen Feuers ihn fast verschwinden ließ.

Nicht so für Godwin. Hinter sich hörte er die heiseren Schreie seiner beiden Verfolger, die ihm schon verdammt nahe gekommen waren. Einer hatte sich zwei Säbel geschnappt, der zweite Kerl war mit Pfeil und Bogen bewaffnet.

Rein in die Gasse oder weiterlaufen?

De Salier entschied sich für die Gasse. Drei Schritte lief er, dann drückte er sich in den schmalen Raum zwischen den Häusern und hatte das Gefühl, dass das Schlachtgewimmel weit hinter ihm zurückgeblieben war und nur noch gedämpft zu hören war.

Auch der Rauch wurde nicht so sehr in die Enge gedrückt, und der Templer konnte durchatmen. Allerdings nicht sehr lange, denn schon bald hörte er die schreienden Stimmen seiner Verfolger, die einfach nicht aufgeben wollten.

Ein Fluch huschte über die Lippen des Templers. Er musste jetzt gedankenschnell eine Entscheidung treffen. Entweder lief er weiter oder stellte sich seinen Verfolgern.

Er lief erst mal los. Einmal war er schon in dieser Gasse gewesen. Hatte sie aber nicht mehr so richtig in Erinnerung und wunderte sich doch, wie eng sie war und auch krumm.

In seinem Rücken hörte er das Lachen der beiden Verfolger. Jetzt war ihm klar, dass er sich zum Kampf stellen musste, denn sie würden ihn in wenigen Sekunden entdeckt haben.

Er lief trotzdem weiter und hörte eine zischende Stimme links von sich. Gesprochen wurde nicht, es war nur das Zischen zu hören, und Godwin sah jetzt auch, warum.

In einer Öffnung stand eine Frau, die nicht verschleiert war. Sie gab ihm durch eine Handbewegung zu verstehen, so schnell wie möglich in ihre Bleibe zu kommen.

Das tat der Templer auch. Er dachte nicht weiter nach. Für ihn war es wichtig, sich aus seiner Lage zu befreien. Und er dachte auch daran, dass es möglicherweise einen Hinterausgang gab, das war bei diesen verschachtelten Häusern nicht unüblich.

Er schlüpfte durch das Loch. Im nächsten Moment spürte er die kühle Handfläche an seiner Wange, drehte den Kopf und sah genau in das Gesicht der jungen Frau. Große, dunkle Augen, eine kleine Nase und ein etwas zu breiter Mund. Die Haare waren schwarz wie Kohle. Die Frau sprach kein Wort. Sie griff nur zu und zog den Templer tiefer hinein in ihr Haus.

Das Licht kleiner Öllampen sorgte dafür, dass Godwin sich orientieren konnte. Er sah auch eine sehr schmale Treppe, die sich nach oben wand. Konnte das ein Fluchtweg sein?

Er wusste es nicht und sah jetzt, dass ihn die Frau anlächelte, wieder anfasste und ihn mit sich zog … in einen engen Raum mit niedriger Decke, der alles andere als vertrauenswürdig wirkte.

»Da rein?«

Die Frau nickte. Sie hatte ihn offenbar verstanden.

Er schüttelte den Kopf.

Das gefiel der Dunkelhaarigen nicht. Sie griff zu und wollte, dass er sich drehte. »Es ist besser.«

»Nein!« Der Templer hatte sich blitzartig entschieden.

Die Frau schüttelte den Kopf, zischte ihm etwas zu und trat einen Schritt zurück. In ihren Augen schien ein Feuer zu brennen, was Godwin warnte. Plötzlich hatte er ein ganz mieses Gefühl. Er bereute es, das Haus betreten zu haben. Er dachte auch an seine beiden Verfolger, die noch nicht zu sehen waren.

Das sollte auch so bleiben. Er wollte weg, ging nach vorn und achtete nicht auf die schnelle Bewegung der Frau. Es war ihr Bein, dem er nicht mehr ausweichen konnte. Der Tritt traf seinen Unterleib und war hart genug, um den Templer zusammensacken zu lassen. Er torkelte und bekam einen zweiten Tritt mit.

Der erwischte ihn an der Brust und unter dem Kinn. Diesmal trieb es ihn auf den harten Lehmboden. Er hörte das Lachen der Frau und wusste, dass er in eine Falle gelaufen war. Das bestätigte sich auch in der nächsten Sekunde, denn am Eingang wurde es eng. Da erschienen seine beiden Verfolger. Sie lachten, sie waren bewaffnet, aber auch der Templer hielt sein Schwert fest. Nur bekam er es nicht mehr vom Boden hoch. Es war einfach zu schwer geworden.

Die Muselmanen wollten freie Bahn haben. Sie schleuderten die Frau so hart zur Seite, dass sie auf den Boden fiel, um sich dann um den Gefangenen zu kümmern.

Schwert und Pfeil sowie Bogen. Das war genau die richtige Mischung, um einen Kreuzfahrer in die Hölle zu schicken.

Noch taten sie nichts.

Sahen sich an.

Sprachen miteinander.

Ließen sich Zeit.

Lachten dann und hatten sich entschieden, denn der kleinere der beiden, der mit dem Glatzkopf, legte einen Pfeil auf die Sehne.

Die wurde gespannt. Dann senkte er den Bogen um eine Winzigkeit und zielte jetzt auf den Kopf.

Godwin de Salier wusste, dass er sich aus dieser Lage nicht mehr befreien konnte. Er würde das bekommen, was viele seiner Gefährten und Freunde schon erlitten hatten.

Den Tod im Heiligen Land.

Nicht mal ein Grab würde von dem Templer zurückbleiben. Es war schon ungewöhnlich, denn plötzlich konnte er darüber lachen, und einen Augenblick später trat etwas ein, das er ganz und gar nicht begriff.

Er bekam Hilfe!

*

Es war wie in einer unglaublichen Geschichte, die an irgendwelchen Lagerfeuern erzählt wurde. Plötzlich spritzte Blut, aber es war nicht Godwins Blut, das den Körper verließ. Es quoll wie eine kleine Fontäne aus dem Hals des Kriegers, der seinen Bogen nicht aus der Hand gelegt hatte. Der plötzliche Angriff riss ihn nach hinten. Dennoch ließ er die Sehne los und schickte den Pfeil auf die Reise.

Der traf nicht. Den Mann hatte es nach hinten gerissen, und so zitterte der Pfeil gegen die Decke.

Godwin de Salier hatte alles gesehen, aber nichts begriffen. Ihm war nicht mal klar, dass er es nur mit einem Gegner zu tun hatte. Der war nach wie vor bewaffnet, und er hätte den Templer auch angreifen müssen, doch das tat er nicht. Er starrte seinen Kollegen an, der neben ihm zusammengebrochen war und sich nicht mehr bewegte. Der brutale Griff hatte ihm den halben Hals weggerissen. Jetzt lag er in seinem Blut und rührte sich nicht mehr.

Bevor Godwin und der Muselman sich für etwas entscheiden konnten, war plötzlich der Schatten da. Etwas, das der Templer nicht fassen konnte, passierte und riss ihn hinein in einen Zustand, den er bisher nicht kannte. Er fühlte sich wie versteinert, bekam aber trotzdem alles mit. Eine Gestalt tauchte auf. Dunkel und doch hell, denn dicht unter der Stirn schimmerten zwei silberne Augen, die zu diesem bleichen Gesicht passten.

Alles lief blitzschnell ab. Der Schwertträger wurde gepackt und wie ein Leichtgewicht in die Gasse hineingezogen. Von dort war ein leiser Schrei zu hören, dann nur noch ein ungewöhnliches Geräusch. Eine Mischung aus Schlürfen und Schmatzen, als würde jemand etwas in sich hineinwürgen.

Schließlich wurde es stiller. Die Außengeräusche drangen nur gedämpft bis zu Godwin vor.

Ein Mann und eine Frau standen sich gegenüber. Sie starrten sich an. Sie waren Geschöpfe aus unterschiedlichen Welten, aber sie waren auch Zeugen einer blutigen Tat.

Godwin brauchte nur einen kurzen Blick zur Seite zu werfen, um den ersten Toten zu sehen. Dessen Hals war buchstäblich zerrissen worden. Das Blut hatte freie Bahn gehabt und breitete sich als Lache auf dem Boden aus.

Godwin de Salier drehte den Kopf. Er traute der weiblichen Person nicht. Sie war keine Frau, die ihm Schutz geben wollte. Mehr eine, die ihn in die Falle locken sollte. Nun aber war auch sie geschockt. Mit einer derartigen Wendung hatte sie nicht gerechnet. Ebenso wenig wie der Templer, der sich natürlich seine Gedanken machte und sie auch aussprach.

»Wer kann das gewesen sein? Wer hat so getötet?«

Die Frau schüttelte den Kopf. Dann sprach sie. Holprig und angstvoll. »Nicht wissen … nein …«

»Und was war mit dir? Solltest du mich in eine Falle locken? Stand schon fest, dass ich hier sterben sollte?«

»Weiß nicht …«

Der Templer trat wütend mit dem Fuß auf. »Verflucht noch mal, mach den Mund auf!«

Sie starrte ihn an. Nur für einen Moment. Dann drückte sie ihre Hände gegen das Gesicht und fing an zu jammern.

Godwin winkte ab. Er ging davon aus, dass mit der Frau nichts anzufangen war, und fragte sie auch nicht weiter. Ihm war jetzt wieder klar geworden, dass er den Ort hier so schnell wie möglich verlassen musste. Er hatte ja vorgehabt, sich dort umzusehen, wo auch die Treppe endete. Doch dieses Vorhaben gab er schnell wieder auf. Jetzt wollte er so rasch wie möglich dieses Haus verlassen und dann zusehen, dass er zum Hafen kam, wo die Schiffe noch warteten. Lange würden sie das bestimmt nicht mehr durchhalten. Deshalb musste er sich beeilen.

Im Moment hatte der Templer freie Bahn. Er musste nur den Weg zurück nehmen, passierte den ersten Toten mit dem aufgerissenen Hals, ging weiter … und blieb stehen, als hätte ihm jemand einen Stock in den Leib gerammt. Vor seinen Füßen lag der zweite Mann. Auch er war tot. Sein Kopf war zur Seite gedreht worden. Möglicherweise hatte man ihm auch das Genick gebrochen. Doch der Schein einer Öllampe, in deren Nähe er lag, verriet, was wirklich mit ihm passiert war. An seinem Hals gab es zwei Wunden. Sie waren tief ins Fleisch gedrungen.

Bisswunden!

Aber wer hatte sie hinterlassen?

Im Grunde genommen kannte Godwin die Antwort. Aber er konnte sich damit nicht anfreunden. Wenn er genau nachdachte, kam er zu dem Entschluss, dass es nur derjenige gewesen sein konnte, der ihn gerettet hatte.

Ein rettender Engel!

Godwin stöhnte auf. Engel? Von wegen! Das war der Typ mit seinen Silberaugen bestimmt nicht. Engel waren keine Mörder. So jedenfalls hatte er sie bisher eingeschätzt.

Die Augen des letzten Toten blickten glasig. Der Mund stand offen. Und viel Blut war auch nicht zu sehen. Nur die Wunden am Hals hatten einen roten Streifen gebildet.

Aber wer war er wirklich? Wer war dieser Helfer?

Wen habe ich da gesehen?

Es waren Fragen, die den Templer quälten, auf die er aber keine Antworten wusste.

Einer, der im Krieg mitmischte. Der trotzdem anders war. Godwin konzentrierte sich auf das, was er gesehen hatte. Das war nicht viel. Der Helfer war ihm eher wie eine Traumgestalt vorgekommen, wie der rettende Engel aus dem Himmel.

Genau daran konnte er nicht glauben. Ein Engel in dieser Hölle? Das war zu viel für ihn. Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen.

Es war kein Fremder. Oder doch? Gehörte er zu den Christen, oder stand er auf der anderen Seite?

Er wusste es nicht, und so gab es für ihn nur eins: das schützende Haus verlassen, sich wieder in die Gefahr stürzen und hoffen, dass er das rettende Schiff erreichte …

*

Leer war die Straße nicht. Sie hatte sich trotzdem verändert, denn überall lagen Leichen, über die sich Hunde hermachten, was den Templer fast hätte schreien lassen.

Er tat es nicht, presste die Lippen zusammen und ging mit steifen Schritten weiter, in seinem Nacken hatte sich eine Gänsehaut gebildet, die auch nicht weichen wollte.

Das Gehen war mehr zu einem Staksen geworden. Seine Blicke irrten über die Straße hinweg und nahmen auch wahr, was sich im Schatten der Hauswände abspielte.

Dort standen die hungrigen Hunde hechelnd zusammen. Irgendwann würden sie sich aufmachen und ebenfalls ein Opfer finden, denn die Artgenossen ließen sie an ihre Beute nicht ran.

Und dann kamen sie.

Alles ging blitzschnell. Es waren zwei kräftige Tiere, die sich aus dem Schatten lösten und sich auf den Weg zu ihrem nächsten Ziel machten. Das war Godwin.

Er sah es erst ziemlich spät, da hatten sich beide Tiere im Lauf herumgedreht.

Jetzt jagten sie direkt auf den Templer zu. Hunde, die zu ausgehungerten Bestien geworden waren und Menschen angriffen, um sie zu zerfleischen.

Genau das wollte Godwin nicht zulassen. Warum, zum Henker, war er bewaffnet. Sie kamen. Und als sie nahe genug an ihn herangekommen waren, da sprangen sie auch.

Godwin sah zwei fleckige Körper in der Luft, ebenfalls die weit geöffneten Mäuler, setzte zu einer Drehung an und schlug aus ihr heraus wuchtig zu.

Er spürte den Widerstand, als die scharfe Klinge in das Fell und das Fleisch hineinschlug. Er selbst torkelte auch nach hinten und war froh, dass er auf den Beinen blieb und nicht von den tödlichen Zähnen erwischt worden war.

Und die Hunde?

Sie lagen auf dem Boden. Waren nicht tot. Nur verletzt, schlugen um sich, sodass ihr Blut spritzte, aber sie hatten trotz ihrer Verletzungen nicht aufgegeben.

Sie wollten wieder hoch. Der Hund, der Godwin am nächsten stand, versuchte es zuerst. Das sah auch der Templer. Sein Schwert huschte durch die Luft und traf sicher. Der Kopf des Tieres wurde in zwei Hälften gespalten.

Danach kümmerte der Templer sich um den zweiten Hund. Der scharrte mit seinen Füßen. Er wollte wohl starten, doch genau das ließ Godwin nicht zu. Er war schneller, rammte die Klinge vor und stieß sie haargenau in das Gesicht des Tieres.

Somit waren auch diese beiden vierbeinigen Bestien besiegt. Der Templer sah auf das Tierblut, das an der Klinge entlang nach unten rann. Er hatte es geschafft, nur das war wichtig.

Tief holte er Luft. Ging ein paar kleine Schritte zur Seite, um dann stehen zu bleiben. Er brauchte einfach eine kleine Pause, um wieder zu Kräften zu kommen.

Den Blick hielt er zu Boden gerichtet. Es war ein normaler glatter Untergrund aus Lehm. Godwin aber hatte den Eindruck, als würde er Wellen werfen, was natürlich nicht stimmte, doch de Salier hatte in diesen Augenblicken das Gefühl. Es lag an seinem Zustand. Der Körper schrie förmlich nach Erholung.

Er nahm sein Schwert als Stütze. Ja, so ging es besser. So konnte er sich auch umblicken, ohne zu kippen. Der Hafen lag links von ihm. Zu sehen war nichts, doch zu hören, denn von dort hallten die Abschüsse der Kanonen durch den Ort.

Da muss ich hin!, dachte Godwin und drehte seinen Kopf nach rechts in die andere Richtung.

Fast brutal zuckte er zusammen. Im Schutz einer faden Dunkelheit sah er mitten auf der Straße eine Gestalt stehen. Groß, dunkel, irgendwie auch mächtig. In Kopfhöhe war ein silbriges Schimmern zu sehen, und Godwin glaubte auch, fahle Gesichtszüge zu erkennen.

Er wollte etwas sagen oder hinlaufen. Beides schaffte er nicht. Er fühlte sich nicht gut genug. Diese andere Gestalt brachte ihn durcheinander. Er konnte nichts mit ihr anfangen, aber er musste auch darüber nachdenken, dass sie ihm das Leben gerettet hatte.

Der nächste Blick.

Da war nichts mehr zu sehen.

Godwin atmete tief aus. Er hatte zu der Gestalt laufen wollen, um sich zu bedanken. Doch nun war sie verschwunden, und so fragte sich Godwin, ob sein Helfer wohl ein drittes Mal erscheinen würde. Er war ihm vorgekommen wie Hilfe aus dem Himmel, und genau bei diesem Gedanken stockte er.

Hilfe aus dem Himmel!

Godwin fiel wieder der Begriff rettender Engel ein, und erneut fragte er sich, ob er es mit einem Engel zu tun gehabt hatte.

Das konnte er noch immer kaum nachvollziehen. Engel blieben im Himmel. Engel waren ätherische Wesen mit Flügeln. Engel bewegten sich durch die Luft und brachten die Botschaften des Allmächtigen hin bis zu den Menschen. Das hatte die Gestalt nicht getan. Ganz im Gegenteil. Sie hatte getötet, und so stellte sich die Frage, ob es auch Engel gab, die töteten.

Das musste der Templer herausfinden. Er gab sich einen Ruck und war bereit, loszugehen.

Es brachte nichts.

Der Helfer war nicht mehr zu sehen. Als hätte er sich buchstäblich in Luft aufgelöst. Das konnte nicht sein, daran glaubte der Templer nicht. Es musste der Gestalt gelungen sein, heimlich zu verschwinden.

Der Templer sah noch mal hin. Er ging auch einen Schritt vor, aber er konnte nicht erkennen, was hier mit dieser mächtigen Gestalt passiert war.

Godwin nahm es hin. In dieser Zeit musste man so einiges hinnehmen. Das, was er gesehen hatte, brannte sich regelrecht in sein Gedächtnis ein.

Zudem hatte er das Gefühl gehabt, der Wirklichkeit entronnen zu sein. Nun kehrte sie zurück. Da hörte er die Kampfgeräusche wieder und auch das Donnern der Kanonen aus der Hafengegend.

Die Kreuzfahrer auf den Schiffen wehrten sich. So leicht gaben sie nicht auf. Die Kugeln der Kanonen brachten so manchem Andersgläubigen den Tod, und auch die Häuser, die nur aus Lehm gebaut worden waren, wurden zerschossen. Die anderen blieben stehen oder wurden nur teilweise zerstört.

Der Templer musste einen Weg zum Hafen finden, der nicht so gefährlich war. Zudem musste er darauf achten, dass man ihn nicht entdeckte.

Überall brannte es.

Vor den Häusern, in ihnen, auf den Dächern. Dicke Rauchwolken breiteten sich aus. Zum Glück wehte der Wind vom Meer her und trieb den Rauch weg. Es blieb der Geruch vom Tod. Auch vom Sterben. Manchmal hörte der einsame Wanderer das Wehklagen. Wer hier verletzt wurde, der hatte keine Chance.

Godwin de Salier setzte seinen Weg fort. Die Hälfte der Strecke hatte er hinter sich gelassen. Aber nun senkte sich das Gelände leicht dem Hafen zu.

Der Templer atmete schwer. Das Erlebte steckte ihm noch in den Knochen. Er fühlte sich nicht mehr so stark. Seine Beine waren schwer geworden. In den Enden der Schultern schmerzten die Muskeln. Es war nicht mehr so leicht, das Schwert zu halten.

Im Moment wurde in seiner Umgebung nicht mehr gekämpft. Erst in der Nähe des Hafens waren die Schreie zu hören und auch die Kanonenklänge.

Godwin wusste, dass die Schiffe noch in dieser Nacht ablegen mussten. Einen weiteren Tag hätten sie nicht mehr überstanden. Die Ungläubigen hatten ihre Armee noch verstärkt. Aus dem Hinterland hatten sie Nachschub bekommen, und den konnten die Kreuzfahrer nicht mehr stoppen. So wild entschlossen waren sie aufgebrochen, um das Heilige Land zu schützen, aber das war ihnen nicht gelungen. Die Zeit hatte gegen sie gearbeitet, und die Feinde waren näher dran.

Links von ihm lagen die Trümmer eines zusammengebrochenen Hauses. Aus dem Schutt und dem Sand ragte noch der Arm eines Kindes. Hier wurde auf nichts Rücksicht gekommen. Erst wenn die Schlacht vorbei war, konnte mit dem Trauern begonnen werden.

Wieder musste Godwin durch eine Gasse gehen. Sofort kratzte es auf seinem Rücken. In seinem Mund bildete sich ein abgestandener Geschmack. Auf den Lippen klebte eine feuchte Staubschicht.

Der Templer ließ sich nicht aufhalten. Er war vorsichtig. Seine Blicke suchten immer wieder die Umgebung ab. Dabei dachte er an die Bogenschützen der Muselmanen. Sie waren heimtückisch, weil sie im Hinterhalt lauerten und von dort aus angriffen.

Godwin de Salier hatte Glück. Es war niemand zu sehen, der ihn angegriffen hätte. Als er ein paar Schritte in die Gasse hineingegangen war, da kehrte die Erinnerung zurück. Er wusste plötzlich, dass er diesen Weg kannte, weil er ihn schon mal gegangen war.

Jetzt lief er in die andere Richtung und hoffte, bald den Hafen zu erreichen.

Nur wenige Schritte weiter änderte sich das Bild. Da wurde ihm von keinem Haus mehr die Sicht genommen. Godwin konnte bis zum Hafen blicken, und dort alles recht genau sehen, weil einige Feuer brannten, deren Flammen hochschlugen und der Umgebung ein zittriges Aussehen gaben. Es war gekämpft worden, und es wurde noch immer gekämpft. Die Besatzung der drei Schiffe musste sich verteidigen. Auf keinen Fall wollten sie die Angreifer dicht herankommen lassen. Sie mussten einfach vorher abgeräumt werden.

Noch lagen sich die beiden Feinde gegenüber. Sie warteten auf Fehler des anderen. Und auch Godwin wusste, dass er nicht der einzige Mensch war, der zu den Schiffen wollte. Es gab noch einige, die es bis zu einem bestimmten Zeitpunkt schaffen mussten.

Das war schwer. Bevor jemand ein Schiff erreichte, musste er eine freie Fläche überqueren, und das war nicht einfach, denn es loderten genügend Feuer, um sie zu erhellen. Wer sich eine Chance erhoffte, das Schiff zu erreichen, für den war es am besten, wenn er es von der Wasserseite her versuchte. Er würde dort ins Wasser gleiten, wo keine Feuer mehr brannten und es düster war. Aber er würde auch seine Waffen niederlegen müssen, und das wollte Godwin nur im äußersten Notfall.

Noch boten die Häuser Deckung. Die musste er nutzen, solange er konnte, denn irgendwann würden auch sie zerstört sein.

Ein Lachen ließ Godwin zusammenzucken! Wie elektrisiert blieb er stehen. Das Geräusch hatte sich normal angehört, und es war auch nicht weit entfernt aufgeklungen.

Der Templer lauschte. Er drehte sich nach rechts und sah vor sich eine dunkle Hausmauer mit einem Eingang. Der Lacher hielt sich im Haus auf. Godwin fragte sich, was ihn so amüsierte. Er würde es herausfinden.

Ein kurzer Blick zurück. Es war niemand zu sehen, der ihn verfolgt hätte. Ein gutes Zeichen, und so konnte Godwin seinen Plan durchführen, um nach dem Lacher zu suchen …

*

Der Templer tauchte ein in eine tiefe Dunkelheit, die recht bald vorbei war, als er an einem Fenster vorbeikam. In der Scheibe hatte das dahinter liegende Licht einen Schleier hinterlassen, doch er war nicht so dicht, sodass man noch hindurchsehen konnte, was Godwin auch tat.

Zugleich hörte er Stimmen. Sie klangen nicht eben sonor und schienen zu jungen Männern zu gehören.

Das Fenster lag günstig. Beim ersten Blick bereits stellte der Templer fest, dass sich nur zwei Personen in dem Raum aufhielten. Eine davon war noch ein Kind.

Godwin stutzte. Dieses Kind hatte er doch schon mal gesehen … nur wo? Er grübelte darüber nach, und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen!

Ja, er kannte den Jungen. Er hieß Hassan und war einer der Söhne des Sultans. Sogar einer der Lieblingssöhne, wie der Templer wusste. Darauf baute er seinen Plan. Er wollte sich den Jungen holen. Einen besseren Schutz konnte er sich nicht vorstellen.

Dass sich noch ein Leibwächter bei dem Jungen aufhielt, das störte ihn nicht. Godwin war ein exzellenter Kämpfer. Mit einer solchen Person würde er fertigwerden.

Noch einen letzten Blick warf er auf die Szenerie und zeigte ein entschlossenes Nicken. Dann schob er sich nach links, um den Eingang zu erreichen. Durch das Fenster hätte er nicht klettern können. Es war zu schmal.

Zwei Schritte legte er zurück, dann machte der Gang eine Kurve nach rechts. Und dort, nur eine Armlänge entfernt, befand sich die geschlossene Tür, durch die er musste.

Der Templer blieb vor ihr stehen. Sie war aus einem dunklen Holz gefertigt und recht dick. Es gab einen Haken, an dem man ziehen musste, um sie zu öffnen. Das tat Godwin. Dabei ging er recht vorsichtig zu Werke und zog sie nur behutsam auf. Leider lief das nicht geräuschlos ab, aber der Junge und sein Aufpasser sprachen miteinander. Das sogar sehr laut. Es hörte sich schon nach einer Auseinandersetzung an.

Noch war die Tür nicht weit genug offen, als dass sich Godwin hätte hindurchschieben können. Vorsichtig zog der Templer weiter. Millimeter für Millimeter.

Plötzlich fiel etwas zu Boden. Godwin wusste nicht, was es war, da ihm die Tür die Sicht nahm.

Aber Hassan hatte das Geräusch ebenfalls gehört. Er drehte sich um und bekam mit, was da passierte.

Die Tür öffnete sich.

Allerdings nicht von allein. Es war jemand da, der dafür sorgte, und dieser jemand war ein Ritter aus dem Norden, ein Ungläubiger, und ebenfalls ein Todfeind.

Der Junge wusste dies und reagierte. Bisher hatte er dem Aufpasser zugehört, doch jetzt rutschte er schlagartig von dem Mann weg und schrie auf.

Das war der Funke, der zur Explosion führte. Der Aufpasser fuhr herum. Es war ein dunkelhäutiger Riese mit gewaltigen Muskelpaketen. Und er war mit zwei Krummsäbeln bewaffnet, die er auch sofort zog und die Bewegung wechselte, denn er sprang auf den Eindringling zu und brüllte ihm ins Gesicht.

Godwin hielt den Schwertgriff mit beiden Händen fest. Es sah direkt leicht oder lässig aus, wie die Klinge durch die Luft wischte, aber mit dieser Bewegung hatte er genau das Richtige getan und beide Hände auf einmal erwischt. Die Waffen fielen zu Boden. Blut tropfte nach. Der Mann brüllte wie irre.

Man würde ihn hören, und dann …

Der Templer kannte die grausame Zeit. Es gab so gut wie keine Gnade. Auch er hatte sich anpassen müssen und bewies dies auf eine endgültige Art und Weise.

Er stach zu.

Der Schwall aus Blut klatschte gegen seine Klinge, als die Kehle ein Loch zeigte. Es war das Ende. Tot sank der Leibwächter zu Boden und konnte keinem mehr gefährlich werden.

Hassan war geschockt. Er hatte alles mit ansehen müssen und fühlte sich wie vereist. Aber er wusste auch, dass er noch lebte, und wenn das so bleiben sollte, dann musste er fliehen, und das so schnell wie möglich.

Es war nicht weit bis zur Tür …

Ein paar Sprünge, dann habe ich sie erreicht!, dachte Hassan.

Er startete.

Godwin de Salier war nicht dumm. Er hatte geahnt, was in dem Kopf des Jungen vorging. Auch er bewegte sich, und bevor Hassan die Tür erreichte, bekam er einen Schlag mit der Klinge. Sie tötete ihn nicht. Verletzte ihn auch nicht, denn Godwin hatte mit der flachen Seite zugeschlagen und den Nacken getroffen. Hassan stolperte vor, sah nichts mehr, woran er sich festhalten konnte, dann prallte er gegen die Tür, ohne sie allerdings zu öffnen. Er rutschte an ihr entlang in die Knie. In dieser Haltung blieb er, die flachen Hände gegen das Holz der Tür gedrückt.

Neben ihm stand der Templer und nickte. Dann sagte er: »Los, hoch mit dir.«

Der Junge wollte oder konnte nicht. Das war Godwin egal. Er riss die magere Gestalt in die Höhe und nahm sie in den Klammergriff. Sofort schnappte Hassan nach Luft und wollte auch schreien, aber de Salier kam ihm zuvor.

»Wenn du schreist, dann bist du tot!« Er verstärkte seinen Griff. »Hast du verstanden?«

Hassan nickte.

Godwin war froh, dass er im Laufe seines Daseins in diesem Land auch die Sprache etwas gelernt hatte, so konnten die beiden miteinander sprechen.

»Du verstehst mich?«

»Ja«, keuchte Hassan.

»Das ist gut. Dann werde ich dir jetzt sagen, was ich mit dir vorhabe. Wir beide werden das Haus hier gemeinsam verlassen und dann zum Hafen gehen. Verstanden?«

Der Junge nickte nur.

»Während wir gehen«, fuhr Godwin fort, »wirst du ganz dicht an meiner Seite bleiben, und ebenso dicht werde ich mit der freien Hand meinen Dolch an deiner Kehle halten. Sollte einer deiner Leute etwas tun wollen, dann bist du tot, und es ist mir dann egal, was mit mir passiert. Ich habe nichts mehr zu verlieren.«

»Verstanden.«

»Sehr gut. Dann los. Da ist die Tür. Du brauchst nur einen Schritt, dann kannst du sie aufziehen.«

Hassan nickte heftig. Er schwitzte. Seine Unterlippe zitterte. Die zweite Haut war auch zu sehen. Er kannte seine Freunde, seine Landsmänner. Er wusste, dass sie sich in einem Kampf befanden, der ohne Gnade geführt wurde. Man hätte nicht auf jede Geisel Rücksicht genommen, aber bei Hassan war das etwas anderes. Er war der Sohn des Sultans, und man kannte ihn.

Der Templer griff an dem Jungen vorbei und zog die Tür auf. Dahinter lag der Gang, den Godwin bereits kannte. Der Weg führte ihn jetzt in eine andere Richtung. Er würde im Freien enden. Es gab kein Hindernis mehr. Keine weitere Tür.

»Und jetzt gib acht«, flüsterte der Templer und verengte den Griff um Hassans Hals. Dicht unter der Kehle war die Dolchspitze zu sehen, die die Haut schon einige Male getroffen hatte. Rote Spuren zeichneten sich dort ab.

Alles wird gut. Das schaffe ich! Godwin machte sich selbst Mut, ging mit seiner Geisel die nächsten Schritte weg vom Haus und wusste, dass er zumindest ab jetzt von allen Augenpaaren ringsum gesehen werden konnte.

Er schob den Körper weiter. Es gab einige kleine Brandherde, die genügend Licht gaben. Godwin de Salier und Hassan wurden gesehen, das lag auf der Hand.

Reagierte jemand?

Ja, tatsächlich. Aus dem Halbdunkel mehrerer Gassen lösten sich die bewaffneten Gestalten. Die Hälfte von ihnen hatte Pfeile aufgelegt und lauerte auf einen Grund, schießen zu können.

Der Templer war stehen geblieben. Er wartete auf einen Kontakt, und der erfolgte sehr schnell.

Aus einer Gasse erklang eine dumpfe Männerstimme. »Was soll das? Was willst du, Ungläubiger?«

»Freien Abzug.«

»Ha, wie das?«

»Ganz einfach. Wenn ich keinen freien Abzug bekomme, wird meine Geisel sterben.« Er lachte. »Wer immer du bist, jetzt kannst du darüber nachdenken, ob der Sohn des Sultans leben oder sterben soll …«

*

Die Worte hatten gesessen. Der Templer hatte plötzlich das Gefühl, dass es dunkler geworden war. Die Körper der Bogenschützen verschwanden, und es senkte sich eine atemlose Stille über den Platz.

Es war ein Spiel mit dem Feuer. Das wusste Godwin auch. Jetzt kam es darauf an, ob man ihn ernst nahm oder nicht.

Auch bei der Geisel war die Spannung zu spüren. Das Zittern hörte nicht auf. Wenn er atmete, dann schnappend. Hassan hatte große Angst um sein Leben.

»Jetzt kommt es darauf an, was du den Leuten wert bist, mein Freund. Ich bin gespannt.«

Hassan schwieg. Er wollte nicht reden und schien es auch nicht zu können. Die Spannung steigerte sich ins Unerträgliche.

Da meldete sich der Sprecher wieder. »Du hast Glück, Ungläubiger. Jeder kennt den Jungen. Wir wollen, dass er am Leben bleibt. Deshalb lassen wir Gnade vor Recht ergehen. Du darfst gehen, aber du musst Hassan zurücklassen.«

Da konnte der Templer nicht anders. Er musste einfach lachen. »Soll ich dir das glauben? Bestimmt nicht. Ich werde ihn bis zu meinem Ziel hin mitnehmen und ihn dort freilassen.«

»Ach? Und das sollen wir dir glauben?«

»Das müsst ihr.«

Erneut wurde es still. Die nicht sichtbaren Männer im Hintergrund schienen sich zu beraten. Diesmal dauerte es nicht so lange, bis eine Entscheidung getroffen wurde. Und da wusste Godwin, dass er auf das richtige Pferd gesetzt hatte.

»Du kannst gehen, aber wir wollen das Versprechen von dir haben, dass Hassan freigelassen wird.«

»Ja, das bekommt ihr.«

»Gut, wir kennen dich, Templer. Wir wissen, dass du ein großer Kämpfer bist und nicht falschspielst.«

»Ich richte mich immer nach meinen Gegnern.«

»Ist gut. Geh!«

Das ließ sich Godwin nicht zweimal sagen. Er festigte den Griff um Hassans Körper und schob den Jungen voran. Er musste in keine Gassen oder Einmündungen gehen, der direkte Weg führte ihn bis zum Hafen, wo die drei letzten Schiffe der Templer angelegt hatten und leicht in den Wellen schaukelten.

Die beiden gingen zielstrebig weiter über die gepflasterte Straße, die in der Nähe der Mole gelegt worden war. An einigen Stellen hatte man sie aufgerissen und die Steine als Wurfgeschosse benutzt. Leichen lagen hier nicht verstreut. Es war für Flüchtende nicht leicht, diesen Streifen zu überwinden. Wer sich das traute, geriet in größte Lebensgefahr.

Hassan schwitzte noch immer. Zugleich zitterte er, als würde er frieren. Das interessierte den Templer nicht. Er schob den Jungen weiter und hielt dabei die Klinge immer dicht vor der dünnen Halshaut.

Sie näherten sich dem Schiff. Vom Land her war es nicht zu besteigen. Es lag zu weit ab. Wenn jemand an Deck wollte, musste eine Planke aufs Land geschoben werden.

Das war noch nicht der Fall, musste aber bald passieren, denn es näherten sich beide jetzt dem Fluchtpunkt immer schneller. Dass hinter Godwins Rücken die Krieger enger zusammenrückten, sah er nicht. Sie wollten so schnell wie möglich bei dem Jungen sein, das hatte für sie Priorität.

Jetzt waren die Wellen nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören. Sie klatschten gegen die Kaimauer. Gischtspritzer schossen über sie hinweg und durchnässten den Boden.

»Jetzt wirst du halten!«

Wieder hörte der Templer die Stimme des Kriegers. Aber er dachte nicht daran, dem Befehl nachzukommen.

»Warum sollte ich das?«

»Weil du weit genug gegangen bist. Lass ihn jetzt endlich frei.«

»Und dann?«

»Kannst du gehen!«

Godwin musste lachen. Dann sagte er mit lauter Stimme: »Klar, ich werde Hassan freilassen, aber erst wenn ich auf dem Schiff bin. Und keine Sekunde früher.«

»Willst du jetzt sterben?«

»Dann stirbt der Sohn des Sultans mit.« Der Templer wusste, dass er hart bleiben musste. Nur so konnte er die anderen Typen in seinem Rücken überzeugen.

»Ich gehe jetzt mit ihm an Bord. Es bleibt, wie ich es haben will.« Nach diesen Worten drehte er den Kopf und sah nach, was sich hinter ihm tat. Die Waffe hielt er trotzdem in der Nähe der Kehle.

Die Männer hatten ihre Deckungen verlassen. Es waren vor allem die Bogenschützen. Auf den Sehnen lagen die Pfeile schussbereit, und der Templer wusste nur zu gut, wie perfekt die Schützen waren. Sie wollten nicht, dass Hassan und Godwin das Schiff erreichten. Die Szene wurde auch vom Schiff her beobachtet, das stellte der Templer fest. Es war nicht mehr so ruhig an Bord. Nicht alle, aber einige Besatzungsmänner huschten geduckt bis zu einem bestimmten Punkt.

Der Templer kannte das Spiel. Er wusste genau, was die andere Seite vorhatte.

Am liebsten hätte er ihnen etwas zugeschrien. Sie durften keinen Unsinn machen. Noch war die Planke nicht ausgefahren worden. Es kam auf die nächsten Sekunden an. Das wurde dem Templer bewusst.

Und dann passierte es.

Es begann mit einem Blitzen. Ungefähr in der Kopfhöhe eines ausgewachsenen Mannes.

Für Godwin stand fest, was es war. Die Seeleute wollten mit einer Kanonenkugel abräumen.

Der Templer schrie auf. Er duckte sich, riss seinen Schützling mit, und dann erreichte sie das ohrenbetäubende Krachen in ihrem Rücken. Was da genau passierte, sahen sie nicht, aber nicht alle Ungläubigen würden einem plötzlichen Tod entwischen.

Für den Templer war auch klar, dass die alten Regeln nicht mehr galten. Jetzt gab es neue, und die waren nicht eben menschenfreundlich. Auch wenn der Junge seine Geisel war, so sorgte sich der Templer trotzdem um Hassans Leben.

»Komm mit!«

Godwin riss den Jungen einfach mit sich. Er wusste, dass die andere Seite nicht völlig ausgeschaltet worden war. Die Männer würden sich zur Wehr setzen und ihre tödlichen Grüße auf die Reise schicken.

Godwin und Hassan liefen nach vorn. Dort war der Pier zu Ende. Einen Schritt weiter klatschten die Wellen gegen die Mauer. Genau dort hinein hechteten die beiden so unterschiedlichen Personen.

Auch Hassan verlor den Boden unter den Füßen. Noch im Flug hörte der Templer den Schrei. Er ahnte Schlimmes, aber etwas anderes lenkte ihn ab.

Das Wasser war verdammt kalt, als der Templer hineintauchte. Seine Geisel war ebenfalls gefallen, und Godwin sah, dass sie einfach wegsackte und keinerlei Schwimmbewegungen machte. Der Junge würde unter Wasser verschwinden, was Godwin nicht zulassen konnte. Er wollte ihn retten, griff zu und zog den Körper ein Stück höher.

Und da sah er den Pfeil. Der steckte im Nacken des Jungen und war an der Kehle wieder herausgetreten. So einen Treffer überlebte niemand, auch kein noch so starker Kämpfer.

Godwin ließ den Toten wieder los. Sekunden später war er unter der Oberfläche verschwunden.

Auch der Templer wäre gesunken, hätten ihn nicht die Schwimmbewegungen gehalten. Es war alles schiefgegangen, abgesehen davon, dass er noch lebte.

Wie an Bord kommen? Die Reling lag hoch über ihm. Die Planke würde es für ihn nicht geben. Er musste woanders an Deck klettern.

Im Wasser drehte er sich und schwamm weg vom Kai und auf das Heck des Seglers zu. Bei ihm waren schon die meisten Segel gesetzt. Er war bereit, um schnell abzulegen.

Hinter dem Templer war der Kampf entbrannt. Vom Schiff her wurde geschossen. Immer wieder donnerten die Kanonen auf und schicken ihre mörderische Botschaft.

Nur noch ein paar Meter, dann hatte der Templer das Heck erreicht. Er war völlig fertig. Das Schwimmen glich einer wahnsinnigen Leistung, denn er trug schwere Kleidung, die ihn in die Tiefe gezogen hätte.

Er kämpfte sich weiter voran. Erst jetzt fiel ihm das Schwert wieder ein. Er hatte es aus der Hand geben müssen. Es lag auf dem Meeresgrund.