Entronnen wie ein Wüstenvogel der Schlinge des Jägers - Stefan Thiel - E-Book

Entronnen wie ein Wüstenvogel der Schlinge des Jägers E-Book

Stefan Thiel

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Beschreibung

"Entronnen wie ein Wüstenvogel aus der Schlinge des Jägers - unsere Fesseln zerreißen und wir sind frei." Das Zitat aus Psalm 124, bzw. hier 123 in der Übersetzung der griechischen Septuaginta, deutet darauf: in unserer modernen Zeit heute sind sehr viele Menschen gefesselt in Schlingen von Abhängigkeiten und schlechten Angewohnheiten. Darunter sind auch viele tief gläubige, die besonders darunter leiden, den Ansprüchen des Gottes, der es doch gut mit uns meint, nicht zu genügen. Dieses Buch will Hoffnung wecken, daß es einen Ausweg gibt, Befreiung von Sucht und Sünde möglich ist! Der Autor hat es selber erlebt und zeigt, wie die Erfahrungen der Wüstenväter dazu fruchtbar werden können, der ersten christlichen Mönche, die im 4./5. Jahrhundert als Einsiedler in die ägyptische Wüste gegangen sind. So richtet sich dieses Buch nicht nur an alle, die leiden unter einer sündhaften Angewohnheit, unter unreinen Leidenschaften, von denen sie – bisher – nicht loskommen, und an alle Seelsorger, Begleiter und Freunde, die ihnen helfen wollen. Es richtet sich auch an Menschen aller Konfessionen und Überzeugungen, die die Gebetsweise und Erfahrungen der Wüstenväter kennenlernen wollen. Es ist ein sehr persönliches Buch, das einen praktischen Erfahrungsweg beschreibt. Jede beliebige schlechte Angewohnheit kann auf diese Weise angegangen werden, wenn sie uns stört, gefangen hält und die Freiheit einschränkt, sodaß unsere Fesseln zerreißen und wir frei werden wie ein Wüstenvogel aus der Schlinge des Jägers und Freude und Erfüllung an die Stelle des sündhaften Verhaltens tritt.

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Seitenzahl: 108

Veröffentlichungsjahr: 2022

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(c) 2022 Stefan Thiel

ISBN Softcover: 978-3-347-73213-1

ISBN E-Book: 978-3-347-73218-6

Druck und Distribution im Auftrag des Autors: Stefan Thiel

Tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig, Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: Tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Stefan Thiel

Entronnen wie ein Wüstenvogel der Schlinge des Jägers

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Unsere Fesseln zerreißen und wir sind frei

Psalm 62

Gesang Davids, als er in der Wüste Judäas war.

Mein Herr und mein Gott, ich komme zu Dir in der Frühe des Morgens / Du bist der Durst meiner Seele. Dir reckt mein Leib sich entgegen / im Land ohne Wasser, einsam und ohne Pfad. So werde ich denn im Heiligtum von Dir erkannt / da ich erschaue Deine Schönheit und Kraft. Herrlicher als Leben ist Deine Huld / meine Lippen werden Dich besingen. So will ich Dich loben in meinem Leben / und in Deinem Namen die Hände erheben. Meine Seele quillt über wie tropfende Narde / mit seligen Lippen jubelt mein Mund. Wenn ich Deiner gedenke auf meinem Lager / im dämmernden Morgen hinstrebe zu Dir. Denn Du bist mein Helfer geworden / und ich bin selig im Schutz Deiner Schwingen. Fest an Dich geschmiegt ruht meine Seele / und Deine Rechte behütet mich wohl. Jene aber, die ohne Sinn meine Seele verfolgen / sie stürzen hinab in die Schlünde der Welt. Sie werden der Schwerthand anheimgegeben / und Füchsen als Beute zuteil. Der König aber freuet sich in Gott / alle, die auf ihn den Eid ablegen, werden Ruhm ernten / denen aber, die Unrecht reden, wird die Rede erstickt.

Die Kirche kommt aus der Wüste

„Jesus konnte erst unter die Leute gehen und seinen schwierigen Weg beginnen, nachdem er vierzig Tage und Nächte lang in der Wüste gefastet und den Teufel besiegt hatte. Wüste heißt: Aushalten der Einsamkeit. Aber alle großen Erfahrungen macht Israel in der Wüste, vom brennenden Dornbusch über den Sinai, über Manna in der Wüste bis hin zur Predigt Johannes des Täufers. Hier gewinnt es die Kraft zum Leben.

Konkretion

Nach einem arabischen Jesuswort hat Jesus gesagt: Gott suchen besteht aus zehn Teilen, aus neun Teilen Schweigen und einem Teil Einsamkeit. Es gibt Zeiten im Leben, da lernt man, was das heißt. Wir predigen immer von Gemeinschaft und Kommunikation, von Beziehungen, Gemeinden und persönlichen Kontakten. Aber vor lauter correctness hat niemand den Mut zu sagen, wie es wirklich war. Daß Jesus nie mit den Jüngern zusammen gebetet hat, sondern immer einsam. Daß er sich zum Beten zurückzog in die Wüste oder auf den Berg – beides bedeutete ungefähr dasselbe, Jesus war eben kein Kumpel, den Ausdruck ‚Bruder Jesus‘ kennt das Neue Testament nicht. Den haben wir erst in Anbiederungsversuchen aus ihm werden lassen.

Kann es sein, daß die Kirchen daran kranken, daß niemand mehr positiv über die Einsamkeit redet? Denn dort liegt die Quelle der Kraft! In einem Hymnus läßt die Dichterin Gertrud von Le Fort die Kirche von sich sagen: ‚Ich trage noch im Schoße die Geheimnisse der Wüste…, aus der Wüste komme ich wieder als die Gekräftigte und Gesegnete. Ich habe noch Blumen aus der Wildnis im Arm…‘

Alle großen Erfahrungen Israels werden in der Wüste gemacht: am brennenden Dornbusch, auf dem Sinai, wenn es Manna regnet oder wenn die erhöhte Schlange geschaut wird. So kann auch Jesus erst nach vierzig Tagen ekligen Kampfes mit dem Widersacher in der Wüste das Evangelium verkünden. Dort hat Jesus gefastet und den Widersacher besiegt.“1

In der Wüste habe ich selber die tiefsten geistlichen Erfahrungen gemacht. Als ich als 1989 als junger Archäologiestudent drei Monate bei einer Ausgrabung in der syrischen Wüste war, beschloß ich eines Tages „alleine in die Wüste hinauszugehen. Anders als in Habuba Kabira [wo ich vorher ein Wunder der Rettung durch Gott in der Wüste erlebt hatte] würde ich mich so bewegen, daß ich auf dem selben Weg zurückfinden würde. Ich ließ den Habur, der sein bitteres, ungenießbares Wasser träge dahinwalzte, und das Grabungsgelände hinter mir. Als Proviant hatte ich mir Wasser aus den Tanks des Grabungshauses abgefüllt, die immer wieder mit Tanklastern aufgefüllt werden mußten, um Trinkwasser zu haben. An den Baumwollfeldern begegnete ich jungen Mädchen in traditionellen, langen, bunten Kleidern, die auf einem Esel Kanister für Trinkwasser transportierten. Jeden Tag mußten sie kilometerweit gehen, um das Wasser von dem einzigen Brunnen zu holen, der hier in der Gegend kein Bitterwasser hatte und der Grund war, daß sich die ehemaligen Nomaden hier angesiedelt hatten. Die Mädchen winkten mir kichernd zu. Auf den Baumwollfeldern waren einige Frauen bei der Arbeit zu sehen, und ein alter Hirte mit langem, grauem Bart grüßte mich freundlich mit seinen Ziegen aus einem zahnlosen Mund. Hinter den Feldern und dem gelben Gras der Steppe, das die Ziegen fraßen, begann die Wüste, endlos weit und flach nur Sand übersät von kantigen Steinen. Der Totenschädel einer Ziege, der achtlos auf dem Geröll lag, war ein sprechendes Bild für die Lebensfeindlichkeit dieser Landschaft. (…)

Ich ging einfach immer geradeaus mit einem Blick auf die Position der brennenden Sonne über mir und einen Blick immer wieder prüfend zurück, ob ich die Zeugnisse der menschlichen Zivilisation hinter mir noch erkennen konnte. Als diese hinter einer sanften Welle im Gelände verschwunden waren, blieb ich stehen, atmete tief durch und ging dann noch einige Zeit weiter, um sicher sein zu können, wirklich völlig in der Abgeschiedenheit der Wüste zu sein. Anders als im weichen Sand von Wadi Rum, waren auf dem von unzähligen Steinchen übersäten harten Sand hier keine Fußspuren zu erkennen.

Ich setzte mich im Schneidersitz auf den Boden, versuchte mich zu sammeln, den Kopf frei zu bekommen, zu beten. Konnte es einen besseren Ort geben zum Meditieren, zum Beten? Hier gab es keine Reize, keine Ablenkung, keine Geräusche, bis auf das gleichmäßige Pusten des Windes, der immer in der Wüste war, den Schweiß verdunsten ließ, angenehm kühlte. Nach allen Richtungen sah es absolut gleich aus. Hier war im wahrsten Sinne des Wortes Nichts! Nur ich und Gott, das Absolute! Was wollte Gott mir sagen in dieser Stille und Leere? Ich atmete ruhig ein und aus, genoß den Augenblick, war ganz hier und jetzt. Zeit und Raum verloren jede Bedeutung.

Auf der einen Seite fühlte ich mich unglaublich wohl, glücklich, daheim. Mir fiel ein bekannter Gesang von Taizé ein, von dem in meiner Kirchengruppe einige geschwärmt hatten, die schon in diesem ökumenischen Kloster in Frankreich gewesen waren: ‚Nada te turbe‘. Es war ein Satz der großen Beterin des sechzehnten Jahrhunderts Teresa von Ávila, die ich damals noch nicht näher kannte: ‚Nichts soll dich verstören, / nichts dich erschrecken, / alles vergeht, // Gott ändert sich nicht. / Geduld / erlangt alles; // wer Gott hat, / dem fehlt nichts: / Gott allein genügt. – Solo Dios basta!‘

Ich versuchte dem nachzuspüren. Ich brauchte im Moment wirklich nichts anderes. Doch das war nicht alles, was es hier gab in der Wüste. Denn auf der anderen Seite war ich selber ja auch noch da. (…) In mir war auch Wüste und Leere. Was würde ich in diesem inneren Gelände entdecken? Würde ich die Einöde dort aushalten? Damit mein Leben wirklich erneuert würde, mußte ich einen Weg durch meine Wüste finden, mußte ich in der Stille hier mich wie Antonius meinen inneren Dämonen stellen. Woher kam so viel staubtrockenes Land in mir, diese inwendige Dürre? Ich schloß die Augen und versank in der Dunkelheit. (…)

Mit einem mal machte ich jedoch eine überraschende Erfahrung: ich war noch immer glücklich hier in dieser Wüste im Syrien des Jahres 1989, in dieser Einsamkeit, mit dieser Entdeckung. Es würde immer Wüsten geben in diesem Leben, immer unerfüllte Sehnsüchte. Wir alle waren seit dem Sündenfall jenseits von Eden in dieser steinigen Welt. Die Welt war nicht mehr das Paradies und wurde es auch nicht einfach durch den Glauben. Nicht alle Probleme würden sich durch Beten in Nichts auflösen wie in Habuba. Eine Freundin würde nicht alle Sehnsucht stillen. Auch die überschwängliche Freude im stillen, kontemplativen Gebet verging wieder und ließ Sehnsucht nach mehr zurück. Ich würde mich nicht auflösen in dem unendlichen Nichts um mich, sondern den Weg durch die Wüste zurück zu den Menschen suchen. Und auch wenn ich die Wüste in mir immer mit mir schleppen würde: die Wüste hier war auch schön! Auch diese scheinbar so trostlose Wüste ohne liebliche Dünen oder Palmen war schön. Ich würde lernen, mit der Wüste in mir, mit der Einsamkeit, mit der Traurigkeit zu leben. In der Wärme der Wüste spürte ich gerade, wie die Wüste in mir mich nicht hatte gefühlskalt werden lassen, sondern voll tiefem Mitfühlen mit den Einsamen, Traurigen, Leidenden.“2

Natürlich muß man nicht wortwörtlich in die Wüste gehen, um solche Erfahrungen zu machen. Eine Wanderung in der Eifel bei über 30° im Schatten, der nur spärlich vorhanden war, erinnerte an den Psalm: „Sie irrten umher in wasserlosen Wüsten und fanden keinen Weg in die Stadt des Heiligtums. Sie litten Hunger und Durst, und ihre Seelen siechten dahin. Da schrieen sie vor lauter Angst zum Herrn, und Er führte sie heraus aus ihrer Dürftigkeit. Er zeigte ihnen den geraden Weg, daß sie hinaufzogen in die Stadt des Heiligtums. Mögen sie dem Herrn Seine Güte danken und die Wunder, die Er wirkt unter den Söhnen der Menschen. Er nährt und belebt die dürstende Seele; den hungrigen Geist füllt Er mit Gütern. Sie staken im Schatten des Todes, in Dunkel und Finsternis, in Elend und Eisen gebunden. Denn sie widerstrebten Gottes Wort, mißachteten den Willen des Allerhöchsten. Ihr Herz wand sich in Plagen, sie wurden krank und niemand konnte ihnen helfen. Da schrieen sie vor lauter Angst zum Herrn, und Er führte sie heraus aus ihrer Dürftigkeit“ (aus Ps 106).3 Dieser Psalm entspricht ja nicht nur der wörtlichen Erfahrung des Volkes Israel, sondern bringt allgemeine geistliche Wahrheiten ins Bewußtsein. Wie oft siechen unsere Seelen dahin, und wir bemerken vielleicht nicht einmal, daß es an der geistlichen Wüste liegt, in der wir uns befinden. Schreien wir dann auch wirklich zum Herrn! Wenn wir es machen, wenn wir ohne Unterlaß beten, nicht aufhören, auch wenn wir nur Trockenheit fühlen, dann können wir irgendwann auch die Erfahrung machen, daß Gott nährt und belebt die dürstende Seele; daß Er den hungrigen Geist mit Gütern erfüllt – mit wahren Gütern, mit dem, was wir wirklich brauchen, um im Heiligtum anzukommen, im Himmel, im himmlischen Jerusalem. Dazu müssen wir ja den geraden Weg gehen. Sonst staken wir im Schatten des Todes, in Dunkel und Finsternis, in Elend und Eisen gebunden. Das heißt, die Sünde, schlechte Angewohnheiten versklaven uns. Denn dann widerstreben wir ja Gottes Wort, mißachten den Willen des Allerhöchsten. Daher kommt es dann, daß sich unser Herz in seelischen Plagen windet, wir innerlich krank werden; und niemand kann uns helfen, weil vieles ja gar nicht mehr als falsch oder sündig wahrgenommen wird. Weiter unten heißt es in dem Psalm über Gott: „Der Ströme trocken fallen läßt zu toten Tälern und Wasserquellen zu lechzendem Karst. Fruchtbare Auen sind Salzsteppen worden der Bosheit ihrer Bewohner wegen.“ Auch das konnte ich dort wörtlich beobachten an dem Lampertsbach, der in seinem Bach-Tal an einer Stelle im Karst versickert, anstatt in einen Fluß und ins Meer zu fließen.

Wenn wir das aber erkennen und anerkennen und erkennen, daß das die Ursache unserer inneren Not und Wüste ist, dann schreien wir zum Herrn, und Er führt uns heraus aus unserer Dürftigkeit und Dürre. Höhepunkt der Wanderung in der doppelten Bedeutung des Wortes war der Kalvarienberg bei Alendorf. Eine herrliche Landschaft wie in der Toskana! Bei der Hitze war der Aufstieg aber schon ein wahrer Aufstieg zum Berg Golgatha, ein Kreuzweg, Kreuztragen mit Christus, eine regelrechte Bußübung. Und am Ende stand die Herrlichkeit des Ausblicks und das Ruhe-Finden wortwörtlich im Schatten des Kreuzes, das auf dem Gipfel steht. Und wieder kommt ein Psalm in den Sinn: „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem HERRN: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe“ (Ps 91,1f.). Oder wie die Braut im Hohenlied sagt: „Ich bin eine Blume auf den Wiesen des Scharon, / eine Lilie der Täler. [Der Bräutigam:] Eine Lilie unter Disteln / ist meine Freundin unter den Mädchen. [Und wieder die Braut:] Ein Apfelbaum unter Waldbäumen / ist mein Geliebter unter den Burschen. In seinem Schatten begehre ich zu sitzen. / Wie süß schmeckt seine Frucht meinem Gaumen!“ (Hld 2,1ff.)

Dieses Büchlein ist bewußt so kurz gehalten, damit es rasch durchgearbeitet werden kann, um dann das Erkannte in der Tat einzuüben. Es richtet sich an alle, die mir als Beichtvater und geistlicher Begleiter immer wieder begegnen, die leiden unter einer sündhaften Angewohnheit, unter unreinen Leidenschaften, von denen sie – bisher – nicht loskommen. Und es richtet sich