Entspannung für Kopfmenschen - Sonja Panthöfer - E-Book

Entspannung für Kopfmenschen E-Book

Sonja Panthöfer

0,0
17,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Entspannung leicht gemacht – auch für Skeptiker

Endlich einmal wieder richtig abschalten: rationalen Menschen fällt das oft schwer. Die (Atem-)Therapeutin Sonja Panthöfer gibt hilfreiche Denkanstöße, wie man als Kopfmensch eine gute Beziehung zwischen seinem Verstand, seinen Gefühlen und seinen Körperempfindungen aufbauen und damit besser ausruhen kann. Viele Körper- und Mentalübungen helfen beim praktischen Nachempfinden und schulen die Eigenwahrnehmung, die Fähigkeit zum Innehalten sowie den Umgang mit Schmerzen, Ängsten und Konflikten. So lässt sich Erholung, Stabilität und Resilienz aufbauen. Man kann seiner Umwelt auf Augenhöhe begegnen und Stress leichter bewältigen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 249

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Endlich einmal wieder richtig abschalten – fällt Ihnen das schwer? Haben Sie Schwierigkeiten, in Ihren Körper hineinzufühlen? Sind Sie ein rationaler Mensch, in dem sich möglicherweise genau dagegen alles sträubt? Sie haben aber den Verdacht, dass es Ihnen eigentlich guttun könnte?

In diesem Buch finden Sie hilfreiche Denkanstöße und kleine Übungen, wie man mit wenig Aufwand eine gute Beziehung zwischen Verstand, Gefühlen und Körperempfindungen aufbaut. Damit können Sie nicht nur leichter entspannen, es hilft Ihnen auch, besser mit Stress, Schmerzen und Konflikten umzugehen.

Sonja Panthöfer ist Coach und Atemtherapeutin mit tiefenpsychologischer Ausrichtung. Als Coach hat sie sich vor allem in Körperpsychotherapie, systemischer Aufstellungsarbeit und im interkulturellen Miteinander weitergebildet. Neben ihrer Coachingtätigkeit arbeitet sie als Dozentin für Deutsch als Fremdsprache und schreibt für zahlreiche Medien. Bei alldem ist ihr das Gespräch mit Menschen am wichtigsten.

Sonja Panthöfer

Wie Körper und Geist zur Ruhe finden

Kösel

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber ausfindig zu machen, verlagsüblich zu nennen und zu honorieren. Sollte uns dies im Einzelfall aufgrund der schlechten Quellenlage bedauerlicherweise einmal nicht möglich gewesen sein, werden wir begründete Ansprüche selbst-verständlich erfüllen.

Copyright © 2018 Kösel-Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Weiss Werkstatt, München

Umschlagmotiv: © NokHoOkNoi/Shutterstock.com

Redaktion: Dr. Diane Zilliges

Satz: Uhl + Massopust, AalenISBN 978-3-641-22057-0V002

www.koesel.de

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Lebensgefühle

1.1. Bewegte Zeiten: Wie wir uns immer wieder erden können

1.2. Der Nabel der Welt: Wie uns die Kraft des Körpers zentriert

1.3. Weltzeit – Eigenzeit: Wie wir lernen, unser eigener Kompass zu sein

2. Eine Reise ins Bewusstsein

2.1. Mutprobe für Kopfmenschen: Wie wir vom Kopf in den Körper gelangen

2.2. ABC des Körperdenkens: Wie der Geist wahrnehmen lernt

2.3. Denkmuster und Denkfallen: Wie wir Routinen erkennen

3. Gesellschaft und Körper

3.1. Zwischen Körperkult und Verdrängung: Welche Rolle die Einstellung zum Körper spielt

3.2. Ich & Ich: Was wir bei Schmerzen für uns tun können

3.3. Innen- und Außenleben: Wie der Körper lernt, den Ausgleich zu finden

4. Was der Atem zu erzählen hat

4.1. Flachatmer und Otto-Normal-Atmer: Wie der Atem zum Freund wird

4.2. Atem und Bindung: Welche Rolle der Atem in Beziehungen spielt

4.3. Das Heilmittel in uns: Wie der Atem den Geist beruhigt

5. Im Eulenmodus

5.1. Höhlenmenschen im 21. Jahrhundert: Wie wir verkümmerte Sinne beleben

5.2. Gewohnheitstiere: Wie wir Gewohnheiten ändern

5.3. Das Eulenprinzip: Wie die Eule den Weg zu einer bewussten Haltung weist

6. Beziehungswesen

6.1. Berühren und Berührtwerden: Wie wir lernen, netter zu uns selbst zu werden

6.2. Beziehungsstress und Konflikte: Wie wir ohne Zoff Grenzen setzen

6.3. Eine Frage der Haltung: Wie wir Resonanz finden

Epilog: Zwischen Himmel und Erde

Dank

Literaturhinweise

Nützliche Webseiten

Anmerkungen

Einleitung

Erinnern Sie sich an den Moment, als Sie heute aufgewacht sind? Also an den Augenblick, da sich Ihr Bewusstsein aus der Tiefe der Nacht wieder im vertrauten Ich-Modus zurückgemeldet hat? Für den Bruchteil einer Sekunde haben Sie möglicherweise sehr deutlich gespürt, wie Ihr Geist beginnt, sich zu regen, und damit bemerkt: »Ich bin ein denkender Mensch.«

Vielleicht gab es in Ihrem morgendlichen Allerlei-Brei aus Gedanken, äußeren Reizen und alltäglichen Ritualen wie Duschen, Kaffeekochen und E-Mails-Checken noch weitere Meldungen, die auf Ihrem inneren Bildschirm »aufgepoppt« sind. Und zwar störende Informationen wie eine zwickende Schulter, ein pochendes Herz oder ein Brennen irgendwo an einer Stelle im Körper, von der Sie bislang gar nichts ahnten. Vielleicht war es auch eine innere Unruhe, eine aufkeimende Hektik angesichts der heute anstehenden Aufgaben oder die flaue Angst vor einer unangenehmen Aussprache.

Lästige Quälgeister aus der Körper- und der Gefühlswelt, die manche lauthals bejammern, die meisten jedoch weitgehend ungerührt und klaglos zur Kenntnis nehmen, sind sie doch gewissermaßen eine Auszeichnung in einer Gesellschaft, in der Stress zum guten Ton gehört. Stress ist »Mainstream«, und wer im Kreise von Kollegen oder Freunden gesteht, nie oder nur gelegentlich gestresst zu sein, wird wie ein fremdartiges oder gar verdächtiges Wesen bestaunt, das sich auf wundersame Weise dem Herdentrieb zu entziehen scheint.

Gerade weil Stress ein Phänomen ist, das an Leib und Seele der Mehrheit nagt, ist es inzwischen so gründlich erforscht, dass vermutlich jeder aus dem Stand ein kleines ABC der Stresskunde herunterbeten könnte. Das Erstaunliche daran ist: Dieses enorme Wissen, das unsere Stressgesellschaft in den letzten Jahren angesammelt hat, verharrt in der theoretischen Schwebe. Wir wissen um die Reizüberflutung in einer Gesellschaft, in der Hast und Eile zur Begleiterscheinung jeglichen Tuns geworden sind. Wie wir jedoch den Auswirkungen des Stresssogs konkret entkommen beziehungsweise wie wir ihm in unserem beruflichen wie privaten Alltag angemessen begegnen oder ihn im Idealfall vermeiden, davon haben wir keine Ahnung.

Sollten Sie sich skeptisch fragen, ob ich womöglich zu einem dieser wenigen exotischen Exemplare gehören sollte, die Stress nur vom Hörensagen kennen, und Ihnen nun in einem Buch das Einmaleins der Entspannung nahebringen möchte, nein, damit kann und will ich nicht dienen. Ich betrachte mich beim Thema Stress durchaus als Expertin und bin unter anderem insofern »hochqualifiziert«, als ich Stress in Form einer akuten Schilddrüsenüberfunktion am eigenen Leib sehr intensiv erlebt habe. Von einem Tag auf den anderen – so schien es mir damals vor zwanzig Jahren – war meine Schilddrüse aus dem Ruder gelaufen und blieb es auch hartnäckig, bis ich mich daran machte, die Hintergründe dafür zu erforschen. Eine Ärztin prophezeite mir damals, dass ich mein Leben lang auf Medikamente angewiesen sein würde. Dieser Weg wäre zweifellos der bequemere gewesen, aber glücklicherweise konnte und wollte ich den Worten der Medizinerin nicht glauben. Verraten will ich Ihnen auch: Meiner Schilddrüse geht es heute gut, und zwar ohne Tabletten.

Was zunächst nur gezwungenermaßen geschah und einem mühsamen Buchstabierenlernen glich, ließ mich etwas entdecken, was mich immer mehr faszinierte und bis heute beeindruckt: die Verbindung von Geist und Körper. Also der beiden Sphären, deren Trennung der Philosoph René Descartes im 17. Jahrhundert postulierte, mit Folgen, die noch immer spürbar sind. So schwanken wir modernen Menschen nach wie vor zwischen Verdrängung einerseits und Körperkult andererseits: Wir stählen den Körper mit Zumba-Workouts im Fitnessstudio, praktizieren Zen-Meditation in idyllisch gelegenen Retreats und laden Achtsamkeits-Apps auf unsere Smartphones, ohne dabei zu spüren, dass wir uns mit alldem letztlich auch wieder überfordern.

Unsere heutige Hinwendung zum Leiblichen erinnert auf eine ganz bestimmte Art und Weise an einen der berühmtesten Sätze aus der Fernsehgeschichte, nämlich an das Kommando »Scotty, beam me up« aus der Science-Fiction-Serie »Raumschiff Enterprise«. Da gab es den Befehl, von einem Ort zum anderen Ort gebeamt zu werden, und das Verführerische daran war, dass man den Weg nicht selbst zurücklegen musste. Vielleicht müssen wir genau das begreifen: Unser Körper, der seit der Aufklärung »dematerialisiert« war, lässt sich nicht auf Kommando »rematerialisieren«.

Doch genau das habe ich in meiner Praxis als Atemtherapeutin und Coach immer wieder bei Klienten und Schülern erlebt: stress- und schmerzgeplagte Menschen, die am Anspruch scheiterten, sich per Fernbedienung auf Knopfdruck Entspannung »kommen zu lassen«. Aus dieser Erfahrung heraus ist die Idee für dieses Buch entstanden, das eine Gebrauchsanleitung ist, nicht mehr und nicht weniger. Was Sie in den Händen halten, ist eine Mischung aus Theorie und praktischen Übungen für ein Miteinander von Geist und Körper, für das Sie keinerlei Vorkenntnisse benötigen und das Ihnen auf dem Weg in eine entspanntere Lebensart behilflich sein kann.

Manche beschreiben das, was sie in meinen Kursen entdecken, als eine neue Sprache, die sie erlernen, und wie bei jeder Form des Lernens ist auch dafür ein offener Geist ungemein hilfreich. Im Hinblick auf ein Teamwork von Körper und Geist ist dies sogar elementar, weil wir nachaufklärerischen Menschen dazu neigen, das rationale Denken als alleinige Instanz zu betrachten, die noch dazu dem Körper weit überlegen ist.

Vom Kopf in den Körper

Ist das Denken Ihre Richtschnur? Ihr angeborener Kompass, mit dem Sie die Welt erfassen, erkennen und, wenn es gut läuft, auch verstehen? Dann sind Sie einer von vielen Kopfmenschen. Als kluger Kopf zählt es zu Ihren Qualitäten, vernünftig und rational zu sein. Zugleich tun Sie sich vermutlich mit Gefühlen und dem Körper schwer. Doch völlig losgelöst vom Rest des Körpers ist Entspannung nur schwer erreichbar.

Tatsächlich bildet das wache, fokussierte Denken nur einen kleinen Ausschnitt unseres Bewusstseinsspektrums ab, und um zu entspannen, ist es erforderlich (und zugleich gar nicht so schwer), in einen anderen Bewusstseinsmodus zu wechseln, und zwar in ein »Körperdenken«. Wohlgemerkt handelt es sich dabei um kein Entweder-oder-Prinzip, bei dem der wache Geist gewissermaßen an der Haustür abzugeben ist, wie manche skeptischen Zeitgenossen fürchten. Ziel ist es vielmehr, neue und bisher unbekannte Pfade des eigenen Bewusstseins zu erkunden und sich selbst so besser kennen- und »führen« zu lernen.

Es gibt eine Art Dreiklang, der sich wie eine Grundmelodie durch dieses Buch zieht, bestehend aus den Begriffen Atem – Spannung – Haltung. Bei Hektik und Stress entsteht rasch ein Missklang: Wir geraten in eine verkrampfte, kurzatmige und verspannte Haltung. Doch wenn wir in eine gelöste Haltung zurückfinden, beginnt der Atem wieder zu fließen und die Muskulatur reagiert mit »Wohlspannung«. Dies lässt sich mit dem simplen Beispiel einer Wäscheleine erklären, die weder zu straff gespannt ist noch durchhängt. Wohlgespannt zu sein bedeutet locker gespannt zu sein.

Wie dies bei einem Dreiklang üblich ist, ist es wichtig, dass die Einzeltöne ein bestimmtes Verhältnis zueinander finden, eine Gestimmtheit beziehungsweise einen Sound, der aber von Mensch zu Mensch grundverschieden ist. Häufig passiert dabei etwas, was man als Polarisierungsstrategie bezeichnen könnte: Weil man sich verständlicherweise nichts sehnlicher wünscht, als dem überspannten Stresspol zu entkommen, hat man oft nur das eine Verlangen, in den entgegengesetzten Entspannungspol einzutauchen und buchstäblich alle Viere von sich zu strecken. Die Aufgabe besteht dann jedoch vor allem in einer Übung, die ich als »Umspannen« bezeichnen würde, vergleichbar bis zu einem bestimmten Grad wie in einem Umspannwerk. Ganz bei sich zu sein, wie man heute so schön sagt, bedeutet, sich zu zentrieren und sich körperlich in seiner Mitte – in Bauch und Becken – zu verankern.

Was würden Sie spontan als das Gegenteil von Stress bezeichnen? Wahrscheinlich kommen Ihnen als Erstes Wörter wie »Entspannung« oder auch »Stille« in den Sinn. Vom Dichter Theodor Fontane stammt der Ausdruck des »stillen Drüberstehens«, das für ihn »den eigentlichen vom bloß so genannten Menschen«1 unterschied. Darüberstehen ist in diesem Sinne ein Zustand der Gelassenheit, der sich jedoch nicht von selbst einstellt. Darüberzustehen heißt, eine gewisse Distanz zu den Dingen einzunehmen. Sie wissen schon, es geht um die Momente, in denen man vor lauter Bäumen keinen Wald mehr erkennen kann.

Insofern ist es eine Haltung, in die man immer wieder hineinfinden muss und auch kann. Die Belohnung, die dabei winkt, ist eine gewisse Heiterkeit, die sich einstellen kann. Eine Heiterkeit, die weiß, dass es gute und schlechte Zeiten gibt. Ein heiteres Darüberstehen ist für mich das Gegenteil von Stress und daher ein erstrebenswerter Zustand, den ich im Alter von 17 Jahren für mich als Lebensziel auserkoren habe.

Was es dazu bedarf, ist ein Wahrnehmungstraining, ein Zustand, den ich den Eulenmodus nenne. Was es mit diesem sympathischen Tier auf sich hat, erkläre ich später in diesem Buch.

Ihr Stressbarometer

»Heiter« ist im Deutschen ein Wort, das für den Menschen wie für das Wetter gleichermaßen verwendet wird. Ebenso wie ein strahlend blauer oder gewittriger Himmel die Stimmung eines Tages ankündigt, fühlen wir nach dem Aufwachen, aber auch jederzeit später am Tag eine Gestimmtheit. Jeder von uns verfügt über ein persönliches Stressbarometer. Machen Sie es sich doch einmal stärker bewusst und nutzen Sie es fortan praktisch: Die Zahl null entspricht dem azurblauen Himmel, von eins bis vier ist der Himmel weiß-blau und ab fünf wird es wolkig bis wolkenverhangen, ab sieben brauen sich Gewitter von unterschiedlicher Intensität zusammen. Wird der Höchstwert von zehn erreicht, fegt ein Hurrikan durchs Land.

Ihr persönliches Stressbarometer können Sie dazu nutzen, um beim Lesen immer wieder kurz innezuhalten. Das kann Ihnen helfen, die eigenen Stressauslöser wirklich zu erkennen und künftig schneller und effektiver gegenzusteuern. Konkret bedeutet dies, dass Sie sich zu Beginn jedes Unterkapitels selbst bewerten. Je höher die Punktzahl ist, die Sie sich geben, desto dringender besteht Handlungsbedarf. Ziel ist, immer wieder zum weiß-blauen Himmel zurückzufinden. Prüfen könnten Sie für sich zudem am Ende des Kapitels, ob sich die Wolken an Ihrem Himmel bereits beim Lesen gelichtet haben.

Noch ein Hinweis zu den Übungen, die Sie in diesem Buch finden. Sie bauen aufeinander auf, um über die Zeit in Ihnen eine neue Haltung zu entwickeln. Es lohnt daher, sie in genau der angegebenen Reihenfolge auch zu praktizieren. Sollte Sie aber ein bestimmtes Kapitel besonders ansprechen, hat dies vermutlich gute Gründe und dann beginnen Sie einfach dort. Ein Teil der Übungen dient hauptsächlich der Reflexion und dazu, sich einer Einstellung bewusst zu werden. Andere beginnen ganz sanft, etwas in Ihnen zu wandeln – in Richtung Entspannung und friedvoller Zusammenarbeit von Körper und Geist.

Insgeheim tragen viele Menschen das Bild mit sich herum, dass Üben erstens etwas Mühseliges sei, für das man sich zweitens viel Zeit reservieren müsse. Dieses Setting aber erscheint ihnen zu Recht so unattraktiv, dass am Ende allzu oft der innere Schweinehund siegt. Integriert man aber die Übungen in den Alltag und nutzt beispielsweise die Momente des Wartens auf die U-Bahn, beim Arzt oder an der Supermarktkasse, bleibt der Schweinehund ganz friedlich. Dann entspannt auch er.

1. Lebensgefühle

Die folgenden Kapitel können Sie sich als einen Weg vorstellen – einen Weg vom Stress in die zunehmende Gelassenheit. Wir marschieren allerdings nicht gleich stramm los, sondern halten zunächst einmal inne. Konkret bedeutet dies, sich die Zeit zu nehmen, die aktuelle Lebenssituation und die in ihr lauernden Stressoren zu reflektieren. Häufig ist man auf die gewünschte Veränderung fixiert und verdrängt dabei das Jetzt. Das Paradoxe ist: Veränderung beginnt in dem Moment, in dem man eine Situation so annimmt, wie sie ist. Auf dieser ersten Etappe geht es daher darum, sich voll und ganz im Hier und Jetzt zu verorten.

1.1. Bewegte Zeiten: Wie wir uns immer wieder erden können

Es ist ein geisterhaftes Ruckeln. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern immer wieder bringt dieses fremde, penetrante Tremolo aus der Tiefe den Boden zum Wackeln und reißt Brendan damit aus dem Tiefschlaf. Als der US-Amerikaner realisiert, dass es sich um ein Erdbeben handelt, stürzt er voller Panik hinaus auf den Hotelflur und ruft, noch im Pyjama, völlig verstört: »Wir müssen alle raus, es gibt ein Erdbeben!«

Es ist eine Erfahrung, die sich dem Geschäftsmann tief ins Gedächtnis eingegraben hat, und während er mir die Szene schildert, ist in seinem Gesichtsausdruck noch ein Überbleibsel der Irritation zu lesen, mit der dieses Erlebnis verbunden war. Brendan nämlich, den Freunde als coolen Typen beschreiben, war der Einzige, der in dieser Situation kopflos reagierte, was ihn rückblickend noch immer peinlich berührt.

Dazu muss man wissen, dass sich Brendan zum Zeitpunkt dieses Erdbebens in Japan aufhielt, also in einem Land, dessen Bewohner bereits von Kindesbeinen an lernen, dass sie mit der permanent lauernden Naturgewalt der Erde umgehen müssen. So gewappnet und geschult war den japanischen Hotelgästen – anders als Brendan – daher auch sofort klar, dass dieses Beben glücklicherweise harmlos war.

Doch das eigentliche Problem für den Amerikaner ist, dass ihm seit dieser Nacht eine Verunsicherung in den Knochen steckt, die er nicht einfach abzuschütteln vermag. Jeder Wackler eines Zuges oder Flugzeugs lässt ihn alarmiert aufschrecken, bringt seine Stresshormone auf Trab und sein Herz aus dem Takt: Für Brendans Körper ist das dunkle Erdecho zum Sinnbild für das Unvorhersehbare und Unkontrollierbare geworden.

Nun zählen Erdbeben nicht zur gängigen Erfahrungswelt in unseren Breitengraden, aber ist es nicht dennoch eine Erfahrung, die jeder gut nachvollziehen kann? Schließlich leben wir in einer Welt, in der Ereignisse plötzlich eine Dynamik entwickeln, die unseren Alltag nicht unberührt lässt. Wer die Nachrichten halbwegs aufmerksam mitverfolgt, sieht sich mit einer bewegten Gegenwart konfrontiert und erlebt die Welt gewissermaßen im Zustand des Dauerbebens.

Insofern stellt Brendans Erlebnis ein Gleichnis für die Unsicherheit des Lebens dar. Denn Unsicherheit bedeutet, keinen festen Boden unter den Füßen zu spüren, ein Gefühl, das selten so verbreitet war wie heute. Vieles, was uns bisher Halt gab, schwindet oder befindet sich im Umbruch. Was sich bei vielen Menschen deutlich häufiger als früher meldet, ist ein untergründiges Gefühl der Haltlosigkeit. Der Soziologe Heinz Bude bezeichnete dies unlängst in einem Interview mit der »Zeit« als »Destabilisierung des Lebensgefühls«2, das mit einem bangen Blick in die Zukunft verbunden sei.

Hört man bei Gesprächen über die Welt von morgen sehr genau hin, könnte man bisweilen den Eindruck gewinnen, dass die meisten entweder in negativen Utopien gefangen sind oder aber die Zukunft rosarot malen. Wobei Letzteres, also die Schönrednerei, bis zu einem bestimmten Grad sogar als gesund gilt und damit Herz und Nerven schont. Vermutlich gibt es jedoch auch Menschen in Ihrem Umfeld, denen sich ein gewisser Hang zur Katastrophen-Unke attestieren ließe und bei deren düsteren Prognosen man förmlich zusehen kann, wie die Gesichter der Zuhörer immer länger werden. Je nachdem, wie Sie selbst ticken, geben Sie dem Schwarzmaler recht oder auch nicht.

Doch gleich von welcher Warte wir in unserer polarisierten Welt die Dinge beurteilen, gibt es doch ein energetisches Phänomen, das sich über das ganze Spektrum hinweg beobachten lässt und mithilfe einer Wärmebildkamera gut zu dokumentieren wäre: Wir Menschen des 21. Jahrhunderts sind Kopfmenschen und überfordern mit dieser in kopflastigen Sphären kreisenden Aufmerksamkeit unser bedauernswertes Hirn, das irgendwie versucht, über den Tag zu kommen. Dabei übersehen wir, dass es unsere Füße sind, die uns durchs Leben tragen.

Womöglich gibt es kaum ein Körperteil, das von uns mehr unterschätzt wird. Letztlich war es aber die evolutionäre Entwicklung unserer Füße, die vor Jahrmillionen den aufrechten Gang und damit erst die schrittweise geistige Erkundung der Welt ermöglichte. Ist das nicht Grund genug, an dieser Stelle ein respektvolles Dankeschön in Richtung Füße zu schicken? Zudem sagt die Art und Weise, wie wir mit den Füßen den Boden berühren, stellvertretend etwas über unsere sprichwörtliche Bodenhaftung aus, da der Untergrund als symbolisch für die Realität des Lebens betrachtet werden kann.

Zeiten, in denen sich die Welt um uns herum mit gefühlter Lichtgeschwindigkeit verändert, können Angst einflößen. Zugleich sind es Übergangszustände, die interessanterweise von Dichtern und Denkern in Bodenbildern beschrieben wurden. Demnach findet sich bei Franz Kafka etwa das Bild von der Leiter, die plötzlich im Nichts zu enden scheint. Rainer Maria Rilke beschrieb in seinen Briefen an einen jungen Dichter diesen Moment als Leere, in dem das Alte nicht mehr und das Neue noch nicht trägt.3

Anstatt jedoch innerlich vor Angst zu erstarren, geht es gerade in diesen Momenten des Neuanfangs ums Handeln. Die Lyrikerin Hilde Domin fasste das in die wunderbaren Worte: »Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug.«4 Ebenso wie uns etwas sprichwörtlich den Boden unter den Füßen wegziehen kann, können wir – dadurch, dass wir handeln – Boden unter uns erzeugen. Boden, der trägt und uns damit hilft, zu entspannen.

Lexikon für Körper & Geist: Anatomisches Wunderwerk

Schritt für Schritt: Jede Unternehmung beginnt mit einem ersten Schritt. Durchschnittlich machen wir 50 Millionen Schritte in unserem Leben und kommen damit auf eine Gesamtstrecke, mit der wir knapp den Erdball umrunden könnten.

Anatomisches Wunderwerk: Unsere Füße bestehen aus fast 30 Knochen und Gelenken, 60 Muskeln, mehr als 100 Bändern und über 200 Sehnen.

Hochsensibel: Tausende von Nervenenden und Sensoren an den Fußsohlen übermitteln uns, ob wir über pieksende Steine oder kuscheligen Teppichboden laufen.

Was angesichts eines unsicheren Lebensgefühls daher hilfreich sein kann, ist eine Haltung, die ich als geerdete Zuversicht bezeichnen möchte. Darunter verstehe ich eine Stabilisierung, die tatsächlich von den Füßen ausgeht und die nur deshalb überraschend klingen mag, weil es eine ungewohnte Perspektive ist: Ausgerechnet das Körperteil, das am weitesten vom Kopf entfernt ist, kann unser Denken und Fühlen positiv beeinflussen.

Wir alle besitzen einen ganz persönlichen Fußabdruck, mit dem wir uns durchs Leben bewegen. Sollten Sie einmal morgens noch im Bett liegen, während der Rest Ihrer Familie schon auf den Beinen ist, können Sie in der Regel schon am Schritt hören, wer sich gerade in Bewegung gesetzt hat. Anhand der Gangart könnten Sie zudem sagen, ob Ihr Mann oder Ihre Tochter gerade entspannt oder gestresst ist. Weil der- oder diejenige gerade trödelt oder wie ein aufgescheuchtes Huhn hin- und herrennt.

Sollten Sie in einem Mehrfamilienhaus wohnen, könnten Sie sogar, ohne die Nachbarn zu kennen, gewisse Rückschlüsse auf deren Temperament ziehen. Manche schleichen so zart über den Boden, dass sie kaum zu hören sind. Andere hingegen stöckeln, rumsen und trampeln derart, dass man glauben könnte, eine Elefantenhorde lebe über oder unter einem. Das persönliche Auftreten im eigentliche Wortsinne, das heißt ein fester Schritt, signalisiert dabei zweifellos eine gewisse Bodenständigkeit. Wie ruhig und zugleich fest treten Sie selbst auf?

Die meisten von uns sind wohl irgendwo im Normalbereich anzusiedeln, mit einem leichten oder ausgeprägten Hang zum Schleichen, Schlurfen, Poltern, Swingen oder »Moonwalken«. »Moonwalk«, so wie ich ihn verstehe, hat jedoch nichts mit dem legendären Tanzschritt des »King of Pop« Michael Jackson zu tun. Es ist eher die Gangart von Menschen, die – schwerelos wie die Astronauten im All – über dem Boden schweben. In dieser Gangart scheint es keine irdische Schwerkraft zu geben, die sie mit dem Boden verbindet.

Eine leiblich verstandene Bodenständigkeit erfüllt das grundlegende physische Bedürfnis nach Sicherheit. Bodenständigkeit ist daher nichts anderes als ein verwurzelter Realitätssinn, der die Erdanziehung als Kraftquelle nutzt. So verstanden fehlt sowohl den Schwarzsehern wie den Schönrednern die Bodenhaftung.

Alltagsritual: Meine Bodenständigkeit

Wie viel Aufmerksamkeit widmen Sie im Alltag Ihren Füßen? Wie geht es Ihren Füßen jetzt im Moment? Sind sie entspannt oder angespannt, warm oder kalt …?

Folgen Sie mir nun in eine Übung. Schließen Sie die Augen und richten Sie die Aufmerksamkeit auf Ihre Füße. Ist es Ihnen möglich, Ihre Aufmerksamkeit ganz und gar auf Ihre Füße zu lenken?

Versuchen Sie zu spüren, wie weit oder nah für Sie persönlich der Weg vom Kopf zu den Füßen ist. Ist es Ihnen möglich, ein unsichtbares Band zu spannen, das Kopf und Füße miteinander verbindet?

Wie nehmen Sie den Boden unter Ihren Füßen wahr? Kalt, warm, fest, weich, glatt, rau …? Welcher Teil Ihrer Füße hat den meisten Bodenkontakt? Wie bewusst ist Ihnen die Schwerkraft, die Fuß und Boden miteinander verbindet? Gehen Sie nun mit der Aufmerksamkeit zu Ihren Fersen und »bohren« Sie beim Ausatmen abwechselnd die linke und die rechte Ferse in den Untergrund.

Spüren Sie jetzt in Ihre Füße und in Ihren Körper insgesamt: Ist etwas anders als vorher? Wenn ja, was? Wenn Sie mögen, versuchen Sie, etwas von diesem Gefühl mit in den Alltag zu nehmen.

Der Realitätssinn, den ich meine, fußt auf der Kraft aus der Tiefe. Angeschlossen an diese Wurzeln aus der Tiefe kann sich eine heitere Nüchternheit einstellen. In dieser Haltung ist man kein Traumtänzer, was Schönredner häufiger sind. Die Heiterkeit hat beide Pole, das Düstere wie auch das Rosarote, integriert. Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht, akzeptiert die Realität des Lebens. Was sich in dieser Situation einstellen kann, ist das besagte Gefühl des heiteren Darüberstehens. Es ist ein Augenblick, nicht mehr und nicht weniger, in dem der Stress uns nichts anhaben kann.

1.2. Der Nabel der Welt: Wie uns die Kraft des Körpers zentriert

Uff, geschafft. Begleitet von einem durchdringenden Piepston schließen sich die U-Bahntüren und eine junge Frau ist in allerletzter Sekunde hereingehuscht. Doch noch während die Bahn anfährt, gefriert ihr zufriedenes Durchschnaufen zur Schockstarre. Ihre weit aufgerissenen Augen fixieren einen offenkundig Fremden, der auf dem Bahnsteig zurückgeblieben ist und ratlos ihr Smartphone in seinen Händen hält. Und die Frau? Rührt sich nicht mehr von der Stelle, so als ob man ihr gleichsam mit dem Abhandenkommen ihres elektronischen Ersatzhirns den Stecker gezogen hätte.

Als Betrachter der Szene hält man selbst unwillkürlich den Atem an, so gut ist die Panik nachvollziehbar, wenn das Handy plötzlich weg ist. Immerhin ist es das Objekt, dem wir mehr Geheimnisse anvertrauen als selbst engsten Freunden. Ein allgegenwärtiges Gerät, das bei manchen schon förmlich an der Hand festgewachsen scheint, so unzertrennlich ist die Verbindung, die Mensch und Smartphone eingegangen sind.

War dieses Ding nicht mal nur ein tragbares Telefon? Längst ist es weitaus mächtiger als das, wofür es ursprünglich stand: Heute ist dieses »mobile Endgerät« zum Nabel der digitalen Welt aufgestiegen. Reißt die Nabelschnur der digitalen Datendauerversorgung, sackt der Mensch in sich zur gummiähnlichen 2-D-Hülle zusammen, aus der jedes Leben entwichen scheint.

Zur Magie des Smartphones gehört, dass es sich perfekt in unsere auf Außenorientierung getrimmte Welt eingefügt hat. Sicht- und fühlbar wird das in all den Momenten des Tages, die uns immer wieder zu Zwischenstopps zwingen: die gefühlte kleine Ewigkeit in der Warteschlange an der Supermarktkasse, die unendlich vielen roten Ampeln, die den Pendler auf dem Weg zur Arbeit im Stau festhalten, oder das geduldige Ausharren im Wartezimmer einer Arztpraxis.

Können Sie solchen von außen verordneten kleinen Zwangspausen etwas abgewinnen? Sie als willkommene Zeitfenster betrachten, um zwischendurch mental »abzuhängen« und zweckfrei vor sich hin zu dümpeln? Geht es Ihnen jedoch wie den meisten Menschen, finden Sie allein die Vorstellung völlig öde, einfach den Gedanken nachzuhängen. Verpönt ist Langeweile sowieso, eine schlimmere Aussicht ist offenbar nur noch, mit den eigenen umherschwirrenden Gedanken allein sein zu müssen. Schwer vorstellbar, aber: In einer amerikanischen Studie, die Psychologen an der Universität von Virginia durchführten, verpassten sich manche Probanden sogar lieber Stromstöße, als sich ihren Tagträumen hinzugeben.5

Der Geist kann gar nicht anders, er will beschäftigt sein, doch bitte keinesfalls mit der eigenen bedrohlichen Innenwelt konfrontiert werden. Irgendwohin muss die Aufmerksamkeit aber natürlich, die nur zu gern von uns fortstrebt und nach Ablenkung von dem schnöden Was-auch-Immer in uns trachtet. Genau deshalb lässt sich an den diversen öffentlichen Schauplätzen des Wartens jederzeit beobachten, dass Menschen in jeder freien Minute sofort ihr Handy herauskramen.

Doch das wirklich Teuflische der digitalen Überspanntheit besteht darin, dass diese menschliche Fähigkeit in der Moderne zu einer Art virtuellem Zahlungsmittel verkommen ist. Immer mehr Menschen posten oder twittern unermüdlich, um die Aufmerksamkeit der anderen zu erregen, und sind so absorbiert davon, dass ihre Aufmerksamkeitsspanne dem Selbstmarketing der anderen nur traurige Krümel überlässt. Die »Ökonomie der Aufmerksamkeit«, ein Begriff, den der Architekt und Stadtplaner Georg Franck bereits vor zwei Jahrzehnten prägte, hat uns mehr denn je fest im Griff.6

Kaum jemand will unbeachtet sein Dasein als digitales Mauerblümchen fristen. Aber müssen wir es dann so anstellen wie eine junge Asiatin im Englischen Garten in München? Die Dame stand an einem trüben Wintermorgen vor einem nichtssagenden Teich, einer Kulisse, wie sie belangloser kaum hätte sein können. In einem eindrucksvollen Akt von 360-Grad-Selbstbespiegelung drehte sie sich, bewaffnet mit Handy und mistgabelähnlicher Teleskopstange, im Zeitlupentempo hochkonzentriert und formvollendet um die eigene Achse.

Wozu dieses Abstrampeln, wozu diesen Aufwand betreiben? Die Antwort lautet: Wer sich nach Aufmerksamkeit der anderen sehnt und nicht neben den Abermillionen narzisstischen Videos der anderen untergehen will, muss sich zwangsläufig und stets aufs Neue zum Nabel der Welt stilisieren. Abgesehen davon, dass dieses Buhlen um Aufmerksamkeit einer absurd anmutenden Herausforderung gleicht, wie der französische Philosoph Alexandre Lacroix schrieb, ist es ganz schön viel Stress.7

Erst recht für all diejenigen, in deren DNA-Code kein Rampensau-Gen einprogrammiert ist. Laut Statistik gilt gut die Hälfte aller Menschen als introvertiert. Um jedoch in der heutigen Ellbogengesellschaft zu bestehen, ist jeder Mensch angehalten, superselbstbewusst zu sein, sich gut zu verkaufen und sich immer von seiner besten Seite zu präsentieren. Viele stille Menschen verbiegen sich deshalb und hadern mit sich, weil sie diesen gesellschaftlichen Normen nicht entsprechen. Sich nicht zu erlauben, so zu sein, wie man ist, ist aber wahnsinnig anstrengend.

Weil es gerade introvertierte Menschen zu viel Kraft kostet, ständig Selbstmarketing zu betreiben, sie aber das Gefühl haben, dranbleiben zu müssen, werden sie gern zu »Stalkern« im Netz. Sie verfolgen dabei mit Argusaugen, was die anderen senden. Doch egal, ob nun die eigene Bedürftigkeit in Szene gesetzt wird – denn nichts anderes ist Narzissmus –, oder ob man anderen dabei zuschaut: Klar ersichtlich ist, dass es sich bei Aufmerksamkeit um ein wertvolles Gut handelt und um eine Ressource, die uns nur begrenzt zur Verfügung steht.

Wer seinem Stress entkommen will, sollte deshalb diese Fähigkeit nicht nur grundsätzlich bewusster, sondern sogar vorsätzlich für seine eigenen Zwecke nutzen, und zwar für ein höchst individuelles Bauch-Branding. Darunter verstehe ich jedoch kein ichbezogenes Kreisen um den eigenen Bauchnabel, sondern eine gänzlich neue Ausrichtung: Sie richten die Aufmerksamkeit auf Ihren leiblichen Nabel und verweilen dort für einen Augenblick. Ungewohnt? Mag sein. Wenn Sie mögen, legen Sie eine Hand auf den Nabel und die andere auf die gegenüberliegende Seite am unteren Rücken. Was Sie nun zwischen Ihren Händen halten, ist die Mitte der Welt, ist Ihre leibliche Mitte.

Die Körpermitte ist nichts anderes als unser Herzstück, und wenn wir uns dort verankern, bejahen wir symbolisch betrachtet den eigenen Nabel. In diesem Moment verwandelt sich die bedürftige Selbstbespiegelung in einen Akt echter Selbstliebe. Dann quält nicht mehr die Frage, wie ich sein muss, um geliebt und gelikt zu werden. Dann verlagert sich der Fokus darauf, Ja zu mir zu sagen, so wie ich bin. Gesunde Selbstliebe heißt, mich okay zu finden, mit all meinen Stärken wie auch Schwächen.

Lexikon für Körper & Geist: Das knöcherne Trio im Alltag

Radler-Phänomen: Radfahrern sind die beiden Sitzknochen im Po gut bekannt. Um das Sitzen erträglich zu machen, sind diese nach unten kufenähnlich gerundeten Höcker zusätzlich von Speck umgeben, können aber bei längerem Sitzen auf starren und zu kleinen Satteln schmerzen. Bei Frauen ist der Abstand zwischen den Sitzknochen meistens etwas größer als bei Männern.

»KB-Geweih«: Wer noch nie von Iliosakralgelenk (ISG) und Kreuzbein (KB) gehört hat, muss sich nur ein »Arschgeweih« vorstellen, also ein Tattoo oberhalb der Poritze, das inzwischen etwas aus der Mode gekommen ist. An dieser anatomisch delikaten Stelle befindet sich in etwa das