"Erste am Feind" - Christian König - E-Book

"Erste am Feind" E-Book

Christian König

4,8

Beschreibung

In den 1920er Jahren entstanden in Deutschland Flugzeug­schleudern, um Postflugzeuge von Bord zu starten. Auf Kriegsschiffen wurden daraufhin Bordflugzeuge als Aufklärer eingesetzt. Sie erweiterten den aufzuklärenden Bereich weit über jenes Blickfeld hinaus, das bislang den besten Augen im Krähennest vorbehalten war. Wie an Land die Späher waren die Beobachter in den Bordflugzeugen oft "Erste am Feind". Die Reichs- und Kriegsmarine setzte für diese Aufgabe von 1935 bis 1940 den Doppeldecker Heinkel He 60 ein. Die vorliegende Monographie beginnt bei den geheimen Vorarbeiten 1928/29, die zum Entwurf der Heinkel HD 60 führten. Über deren Erprobungen bei der E-Stelle (See) in Travemünde, die Einführung und Nutzung der ersten zehn Heinkel He 60 C spannt sich der Bogen zur anschließenden Serienfertigung der Baureihen D und E bei Heinkel, Arado und Weserflug. Ihrer Verwendung vor allem als Bordflugzeug entsprechend liegt der Schwerpunkt der Fotografien auf den Jahren 1933 bis 1940. Dem Leser eröffnen sich einzigartige Einblicke in die Ausbildung und den Einsatz der He 60 bei den Seefliegern im Frieden, im Spanischen Bürgerkrieg und schließlich im 2. Weltkrieg. Extrakapitel gehen auf die Exporte nach Spanien und Bulgarien, die Versuchsmuster für Reihentriebwerke und die bekannten Verluste ein. Zahlreiche Skizzen und Zeichnungen geben wertvolle Hinweise für ernsthafte Modellbauer.

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Christian König

„Erste am Feind“

Bordflugzeug und Küstenaufklärer Heinkel He 60

Titelbild oben links: Bordschütze mit MG 15; darunter: Formationsflug einer He 60 D der 1/406 und von vier He 60 E der 1/106; oben rechts: Heinkel He 60 C der Seeübungsstaffel Warnemünde über der Ostsee (Ausschnitt); unten: Ausbildungsbetrieb an Bord: Katapultstart der 60+E81 der Bordfliegerstaffel 1/196

Die teilweise geminderte Bildqualität ist auf die Umstände ihres Entstehens zurückzuführen.

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eISBN 978-3-86933-194-2

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Vorgeschichte

Aufbruchstimmung: Heinkels Entwicklungen in den 1920er Jahren

Doppelschlag: zwei Neuentwicklungen für die Seeflieger

Trotz Schwächen mehrheitsfähig: Heinkel He 60

Technische Beschreibung

Harter Kern: Vom Stahlrohrgerüst zum Rumpf

Klassischer Flächenbau: Tragwerk aus Holz

Leichtmetall und Stoff: die Steuerflächen

Anspruchslos: das Triebwerk BMW VI

Quantensprung: gekielte Aluminium-Schwimmer

Ungewöhnlich: Doppelsteuer für die Besatzung

Nur zur Selbstverteidigung: Bordwaffen

Schleuder: Katapultbetrieb an Bord

Musterbeispiel für Lizenzbauten: die Serienfertigung der He 60

Nur als Vorserie: Heinkel He 60 C

Volumenmodelle: Heinkel He 60 D und E

Triebwerksfrage: Heinkel He 60-Versuchsmuster

Ohne Pathos: Einsätze in Frieden und Krieg

1933-1936: Trügerischer Frieden

1936-1939: Spanischer Bürgerkrieg

1939-1944: Zweiter Weltkrieg

Verbleib

Verlustlisten

Heinkel He 60 im Export

Quellen

Fußnoten

Bildnachweis

Danksagung

Anhang

Vorwort

Bestenfalls als zweitrangiges Aufklärungsinstrument galt das (See-) Flugzeug unmittelbar vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs im Deutschen Reich. Damit unterschätzte man dessen militärische Bedeutung. Im Kampf gegen England standen Flugzeuge auch dann noch im Schatten der Zeppeline, als diese reihenweise den Abwehrmaßnahmen des Gegners zum Opfer fielen. Schwimmerflugzeuge im Bordeinsatz blieben bei der Kaiserlichen Marine ein Provisorium, die Beschaffung von Flugzeugträgern scheiterte an Kompetenzstreitigkeiten. Nachdem es 1914-1918 nicht zur entscheidenden Seeschlacht zwischen der Royal Navy und der Kaiserlichen Marine gekommen war, versenkte sich die deutsche Hochseeflotte im schottischen Scapa Flow selbst. Die Royal Navy verfügte zu diesem Zeitpunkt bereits über Flugzeugträger.

In den späten 1920er Jahren entstanden in Deutschland Flugzeugschleudern. Mit ihnen konnten Postflugzeuge von Bord starten. Der Wunsch, zukünftige Kreuzer und Schlachtschiffe mit Katapulten und Bordflugzeugen auszustatten, war naheliegend. Bordflugzeuge erweiterten den aufzuklärenden Bereich weit über jenes Blickfeld hinaus, dessen Observation bislang den besten Augen im Krähennest vorbehalten gewesen war. Wie an Land die Späher, waren die Beobachter in den Bordflugzeugen oft „Erste am Feind“.

Die Reichs- und Kriegsmarine setzte von 1935 bis 1940 den stabilen Doppeldecker Heinkel He 60 als Bordflugzeug ein. Bis 1944 wurde das Flugzeug an der Ostfront aufgebraucht.

Nach der im Helios-Verlag im Herbst 2016 erschienenen Monographie „Adler über See“, die sich der Arado Ar 196 widmet, zollt dieses Buch der Heinkel He 60 Respekt. Von den geheimen Vorarbeiten 1928/29 spannt sich der Bogen zum Entwurf der Heinkel HD 60 und ihrer Konkurrentin Focke Wulf W 7. Über die Erprobungen bei der E-Stelle (See) führt der Weg zur Einführung der ersten zehn Heinkel He 60 C und zu der sich anschließenden Serienproduktion bei Heinkel, Arado und Weserflug. Ihrer primären Verwendung als Bordflugzeug entsprechend, liegt der Schwerpunkt der vielen bislang unveröffentlichten privaten Fotografien auf den Jahren 1933 bis 1939. Sie umreißen den Ausbildungs- und Einsatzbetrieb bei den Seefliegern im Frieden, im Spanischen Bürgerkrieg und im 2. Weltkrieg. Ein Extrakapitel beschreibt Versuchsmuster für verschiedene Reihentriebwerke; eine vorläufige Verlustliste schließt das Buch ab. Wo diese unvollständig ist, freut sich der Autor über Berichtigungs- oder Ergänzungsvorschläge.

Köln, im Herbst 2017

1. Vorgeschichte

Zu den namhaften Persönlichkeiten der deutschen Luftfahrtindustrie gehörte der Ingenieur und Flugzeugkonstrukteur Ernst Heinrich Heinkel. Geboren am 24.1.1888 im württembergischen Grunbach bei Schorndorf, schrieb sich Heinkel zum Wintersemester 1907/08 an der TH Stuttgart ein, um Maschinenbau zu studieren. Er konnte sich aber dem Rausch des Flugwesens nicht entziehen, der damals zigtausende staunende Menschen erfasste, wenn sich irgendwo ein mutiger Aviator in die Luft erhob. Der Absturz des Zeppelins bei Echterdingen am 5.8.1908 und ein Besuch der Internationalen Luftschifffahrt-Ausstellung Frankfurt 1909 (10.7.-17.10.1909) bestärkten Heinkel in seinem Wunsch, 1910 einen Farman-Doppeldecker zu bauen. Auf dem Cannstatter Wasen erprobte er die Konstruktion und unternahm erste Luftsprünge. Dass die Fliegerei durchaus ihre Tücken hatte, lernte Heinkel am 19.7.1911, als er in Untertürkheim abstürzte. Trotz schwerer Verletzungen blieb er dem Metier treu und trat am 1.10.1911 in die Luft-Verkehrs-Gesellschaft A.G. (L.V.G.) als Konstrukteur ein. Unter dem L.V.G.-Chefkonstrukteur Franz Schneider arbeitete Heinkel an Farman-Doppeldeckern, die in Lizenz der Albatros Flugzeugwerke gebaut wurden. Dort wurde man auf ihn aufmerksam und fädelte im Dezember 1912 einen Wechsel ein. Bei den Albatros Flugzeugwerken entwarf Heinkel den Aufklärer Albatros B.II, wechselte aber schon 1914 erneut. Bei den Hansa- und Brandenburgischen Flugzeug-Werken schuf er als Werksdirektor verschiedene Seeflugzeuge, von denen vor allem die als Flugboot ausgelegte Hansa-Brandenburg CC1 und die Hansa-Brandenburg KDW2 nennenswert erscheinen. Nach kurzer Zwangspause 1918-1920 zeichnete Heinkel für diverse Flugzeuge der Caspar-Werke in Travemünde verantwortlich, die als Weiterentwicklungen seiner Konstruktionen bei Hansa-Brandenburg entstanden. Um die Auflagen der Verträge von Versailles zu umgehen, produzierte man ab 1921 in Schweden, bevor Ernst Heinkel 1922 in Warnemünde bei Rostock seine Firma Ernst Heinkel Flugzeugwerke gründete. Der Schritt in die Selbständigkeit war wohlüberlegt, denn zu diesem Zeitpunkt galt Heinkel bereits als einer der fähigsten nordeuropäischen Konstrukteure von Seebzw. Wasserflugzeugen. Die allgemein erwarteten Lockerungen der Auflagen, die die Alliierten im Zuge der Versailler Verträge dem Deutschen Reich auferlegt hatten, versprachen lukrative Geschäfte mit dem langsam wachsenden Luftverkehr. Die 1920er Jahre sorgten bei den Konstrukteuren für Aufbruchstimmung, zumal auch die (anfangs geheime) militärische Aufrüstung des Reiches begann.3

In den folgenden Abschnitten werden herausragende, richtungsweisende Konstruktionen aus den Anfangsjahren der Firma Heinkel beleuchtet, die dann zu den ungleichen Halbschwestern He 59 und He 60 führten.

1.1. Aufbruchstimmung: Heinkels Entwicklungen in den 1920er Jahren

Der Einsatz von bordgestützten Flugzeugen war mit der Herausforderung des Startvorgangs verbunden. Diese ließ sich umgehen, sofern für das Flugzeug eine geeignete Rollbahn zur Verfügung stand. Während man im Vereinigten Königreich bereits zum Ende des 1. Weltkriegs den Sprung vom Flugzeugmutterschiff zum Flugzeugträger für Landflugzeuge beschritt, experimentierten andere Länder mit Startdecks und Flugzeugschleudern, sogenannten Katapulten. Letzten Endes musste ein Flugzeug nach einem Einsatzflug auch wieder landen, so dass der Flugzeugträger reinen Landflugzeugen vorbehalten war. Für Wasserflugzeuge eignete sich das Trägerdeck nicht – wohl aber der Ozean, über den sie gerade flogen.

Als die kaiserliche japanische Marine an Ernst Heinkel herantrat und ihn mit dem Bau je eines ein- und eines zweisitzigen Doppeldeckers für den Einsatz als schiffsgestützte Aufklärungsflugzeuge betraute, stand die Frage nach möglichen Starthilfen im Raum. Heinkel empfahl eine ca. 20 Meter lange Schienenkonstruktion, auf der ein kleiner Startwagen frei rollen konnte. Auf diesen dank Feststellbremse arretierten Startwagen wurde das Bordflugzeug gehoben. Der Flugzeugführer gab Vollgas, und ein Soldat löste die Bremsen. Jetzt sauste das Flugzeug dem Ende der Schienenkonstruktion entgegen. Kurz vor dem Erreichen des Endpunkts bremste man den Startwagen: Das Flugzeug hob ab und flog. An Land funktionierte diese Einrichtung hervorragend. Nachdem die Heinkel Doppeldecker HD 25 und HD 264 erfolgreich ihre Erprobung absolviert hatten, lieferte Heinkel jeweils zwei dieser Maschinen und die Startrampe nach Japan.

Als Bordflugzeug für das japanische Schlachtschiff „Nagato“ entstand der Heinkel Doppeldecker HD 25.

Auf Drängen der japanischen Marine reisten neben Heinkel auch die Konstrukteure Bücker und Schwärzler ins Land der aufgehenden Sonne, um die Wirksamkeit der Starthilfe zu demonstrieren. Auf einem Geschützturm des Schlachtschiffs „Nagato“ montiert, konnte die Startrampe leicht in den Wind gedreht werden. Carl Clemens Bücker demonstrierte verschiedentlich Starts von der „Nagato“, während Karl Schwärzler über eine Weiterentwicklung der Anlage zu einem vollwertigen Katapult nachdachte, bei dem der Startwagen selbst beschleunigt werden konnte. Später erhielt auch die „Mutsu“ diese Einrichtung5. Sie lehnte sich technologisch an die bereits vor dem Krieg geleisteten Vorarbeiten der US Navy und die 1918-1920 durchgeführten, recht ähnlichen Versuche an Bord der USS „Texas“ an. Nach dem Vorbild der Startanlage der Gebrüder Wright entwickelte die Curtiss Aeroplane & Motor Company unter Glenn H. Curtiss gemeinsam mit Lt. T. G. Ellyson, USN, eine Startrutsche; nahezu parallel entstand dann 1912 ein primitives Druckluft-Katapult mit Startwagen. Ellyson gelang im November 1912 der Start mit einer Curtiss Model E.6 Zum Ende des 1. Weltkriegs wurde schließlich auf dem 36,5 cm-Zwillingsturm „2“ der USS „Texas“ (BB35) in Jarrow Stake bei Newcastle eine Startplattform installiert, die vom 20.10.-4.11.1918 getestet wurde. Vom 4.-31.1.1919 erprobte man in der New York Navy Yard eine Startplattform auf dem Zwillingsturm „4“ der „Texas“. In beiden Fällen sollte ein Radflugzeug über eine hölzerne Startrampe rollen und am Ende der Beschleunigungsstrecke abheben. Die in der Literatur zu findenden Experimente mit dem Jagdeinsitzer Nieuport 28 (N.28C-1) gab es nicht. Vielmehr führte das Schiff bei der Rückkehr in die USA drei Sopwith Camel mit, die erfolgreich von Bord starteten. In New York erprobte man auch den Flugbetrieb mit einer von Appareils d´Aviation Hanriot in Frankreich gebauten Hanriot HD.2C, S/N A-5621, die später von Guantánamo auf Kuba aus Langstreckenerprobungen durchführte.7 Hanriot-Flugzeuge starteten ebenfalls von der USS „Mississippi“ und vom französischen Schlachtschiff „Paris“. Der Nachteil der amerikanischen Konstruktion lag in den Flugzeugen mit Radfahrwerk, die nach einem Einsatz nicht beim Schiff landen konnten.8

1925/26 entwickelten die Ernst Heinkel Flugzeugwerke mit der HD 24 ein Schulflugzeug mit Doppelschwimmern und Tragflächen gleicher Spannweite für die schwedische Marine, das auch in Deutschland Anklang fand. Die Möglichkeit des Einbaus verschiedener Triebwerke – etwa die beiden BMW-Reihenmotoren IV und Va oder der Junkers L 5 (276 PS/206 kW) – erhöhten die Absatzchancen.9 Bei der Deutschen Verkehrsfliegerschule (DVS) wurde die HD 24 eingehend erprobt, bevor man Heinkel um einige geringfügige Änderungen ersuchte. So sollten beispielsweise die Schwimmer verbreitert werden, um der Bildung von Spritzwasser vorzubeugen. Auch bemängelte die DVS die aus ihrer Sicht unzureichende Längsstabilität der HD 24, die sich durch eine höhere V-Stellung der Tragflächen verbessern ließ. Eine vergrößerte Kraftstoffkapazität erhöhte die Ausdauer des Musters, das fortan bevorzugt mit dem wassergekühlten BMW-Reihenmotor Va (360 PS/265 kW) ausgeliefert wurde. Heinkel änderte die Baureihenbezeichnung nach der Durchführung dieser Änderungen in HD 24 b.

Doppeldecker auf der Startrampe der USS „Texas“ (BB35).

Französischer Doppeldecker Hanriot HD.2. Das Muster flog 1918/1919 von Startrampen an Bord der USS „Texas“ und der USS „Mississippi“.

Ausbildungszwecken entwarf Heinkel den Doppeldecker HD 24, aufgenommen vor der Heinkel-Halle IV in Warnemünde.

Hier rollt die HD 24 b, Werknummer 281, Zulassung D-1468 zum Start.

Heinkel-Katapult K-3.

Dreisitziges Wasserflugzeug Heinkel HD 15.

Zwischen 1925 und 1927 schuf Schwärzler dann mit dem K1 das erste pressluftbetriebene Heinkel-Katapult. Die 21,50 m lange, drehbar gelagerte Konstruktion konnte Flugzeuge bis zu einem Abfluggewicht von 2500 kg auf eine Geschwindigkeit von 100 km/h beschleunigen. Um die Brauchbarkeit der Anlage zu erproben, setzte man das 1926 entwickelte dreisitzige Flugboot Heinkel HD 1510 für Probeschüsse ein.

Verdeckt entwickelte man für die Reichsmarine 1928 auch das sogenannte „See-Krankentransport-Flugzeug“ Heinkel HD 30, dessen wahrer Entwicklungsgrund der Wunsch nach einem möglichen Bordflugzeug gewesen sein dürfte.11 Der zweisitzige Doppeldecker mit 12,40 m Spannweite und einem Gnome et Rhone Jupiter VI 9 AK-Sternmotor verfügte über zwei ungekielte Holzschwimmer, und wog voll beladen maximal 2530 kg. Sein Gewicht lag damit geringfügig über den Leistungsgrenzen des Katapults K1.12 Die erste Heinkel HD 30 wurde als D-1463 registriert und für K1-Probeschüsse eingesetzt. Am 29.11.1929 legte der Chef der Marineleitung das Fertigungsprogramm Marineluft vor. 13 Es ging noch von einem günstigen Ausgang der HD 30-Erprobung aus und empfahl die Beschaffung von 212 Heinkel HD 30 als Bord- und Küstenaufklärungs-Flugzeug. Weil das Heinkel-Katapult an seine Leistungsgrenzen gestoßen war, und man andererseits eine höherwertige Motorisierung für ein Bordflugzeug wünschte, wurde die Entwicklung der Heinkel HD 30 dann jedoch nicht fortgeführt.14

Die HD 15 verlor am 27.4.1928 in 2000 m Höhe ihren Propeller, bei der folgenden Notwasserung brach der Motor aus seinem Fundament. Die Besatzung blieb unverletzt; die Aero-Sport GmbH reparierte den Schaden.

1928/1929 reifte bei Heinkel ein weiterer Plan: Als Konkurrenzentwurf zum von Walter Rethel konstruierten Marine-Jagdflugzeug SSD I der Arado Flugzeugwerke GmbH in Warnemünde entwickelte man eine Schwimmervariante des landgestützten, als Sporteinsitzer bezeichneten Jagdflugzeugs HD 38.15 Der 8,80 m lange See-Jagdeinsitzer Heinkel HD 38 W war als einstieliger Doppeldecker mit gestaffelt angeordneten Tragflächen von jeweils 10,00 m Spannweite aufgebaut. Während die untere Tragfläche eine geringere Tiefe als die obere aufwies, unterschieden sich die beiden Tragflächen nicht in ihrem rechteckigen, doppelholmigen Aufbau aus Kiefern- und Sperrhölzern, an deren Enden abgerundete Randkappen aufgesetzt worden waren. Die dem Wasser zugewandte Unterseite war mit Sperrholz beplankt, die restlichen Flächen waren mit Stoff bespannt. Die beiden Tragflächen wurden durch N-Streben miteinander verbunden, die ihrerseits mit Draht verspannt waren. Die obere Tragfläche wies eine V-Stellung von2°, die untere von 3° auf. Der Rumpf bestand aus einem Stahlrohrgerüst mit hölzernen Formgebern und war stoffbespannt. Lediglich der Triebwerksraum um den BMW VI 7,3 Z-Reihenzwölfzylinder (Startleistung 750 PS/551 kW) und der dahinter angeordnete, 270 Liter fassende Kraftstofftank waren mit Blech abgedeckt worden, aus dem nach unten der Ölkühler herausragte. In unmittelbarer Nähe des Kraftstofftanks hatte man einen 22 Liter fassenden Schmierstoffbehälter, in der oberen Tragfläche zwei 65 Liter-Falltanks installiert. Gekielte Holzschwimmer mit einem Rauminhalt von 1820 Litern waren mittels Streben mit der Zelle verbunden worden.16 Als Bewaffnung erhielt das Muster zwei Maschinengewehre sMG 08/15 im Kaliber 7,92×57. Beim Anbau eines Radfahrwerks hieß die Konstruktion HD 38, wurde hingegen das Schwimmwerk installiert, so sprach man bei Heinkel von einer HD 38 W (Wasser). Die HD 38 a W mit der Zulassung D-1609 erreichte am 7.5.1929 unter Rolf Starke einen Weltrekord, als sie mit 500 kg Zuladung und durchschnittlich 259,927 km/h eine Strecke von 100 km zurücklegen konnte. Als Halter dieser Maschine mit der Heinkel Werknummer 320 fungierte der RDL in Travemünde.17

Als „See-Krankentransport-Flugzeug“ entstand 1928 die Heinkel HD 30. Sie war als Bordflugzeug vorgesehen, erwies sich aber als untermotorisiert.

Der RDL Travemünde fungierte als Halter der HD 38 b „Meise“ (W. Nr. 62, D-2077).

Mit der HD 38 (W) verfolgte man die Idee des See-Jagdeinsitzers.

1929/30 schließlich legten die Ernst Heinkel Flugzeugwerke mit dem einstieligen Doppeldecker HD 42 eine verbesserte Version der bewährten HD 24 vor. Die 10,60 m lange HD 42 war mit einem flüssigkeitsgekühlten Reihentriebwerk BMW Va 6,0 (380 PS/280 kW) motorisiert worden.18 Die Spannweite der beiden Flächen divergierte: oben waren es 14,00 m, unten hingegen nur 13,00 m. Voll beladen kam das Muster auf ein Abfluggewicht von 2170 kg. Bei 182 km/h Höchstgeschwindigkeit wurden knapp 800 km Reichweite und eine Gipfelhöhe von 3700 m erreicht. Aufgrund mangelhafter Stabilität um die Längsachse wurde die V-Stellung der Tragflächen mehrfach verändert, auch eine Verlängerung des Rumpfes musste durchgeführt werden. Durch den Einbau eines Junkers L 5-Triebwerks mit Leichtmetallbauteilen19 (310 PS/230 kW) sank das Abfluggewicht.20

Die Heinkel He 42 entstand als Überarbeitung der HD 24 als Schulflugzeug, hier die B-03 mit der Kennung D-IHYE

Schöne Flugaufnahme der He 42 (TB+HQ) kurz nach dem Start.

Heinkel He 42-Schulflugzeuge in Kiel, vorne die D-IVEI, dahinter die D-IEBU.

Die hölzernen Schwimmer wurden bei der E-Stelle (See) Dauererprobungen unterzogen.21 Zunächst als HD 42 a und b gefertigt, schlossen sich größere Baureihen HD 42 C, D und E an, wobei die E-Baureihe mit den Junkers L 5 G (425 PS/312 kW) ausgeliefert wurde.22 Aus dem Schulbetrieb der 1930er Jahre waren die Heinkel HD 42 (später: Heinkel He 42) nicht wegzudenken; einige von ihnen flogen noch 1944.

1.2. Doppelschlag: zwei Neuentwicklungen für die Seeflieger

1928/29 erstellten das Reichswehrministerium und das Reichsverkehrsministerium gemeinsam eine interne Studie hinsichtlich möglicher Anforderungen der noch zu schaffenden zukünftigen Seefliegerverbände. Man kam in dieser Untersuchung zu dem Ergebnis, dass man den im Aufbau begriffenen Seefliegerverbänden der Reichsmarine zwei leistungsstarke Einsatztypen zur Verfügung stellen müsse. Beide sollten als Mehrzweckflugzeuge geplant werden, die für eine Vielzahl möglicher Aufgaben einzusetzen seien: Als Aufklärer, Bomber, Seenotflugzeuge, für Verbindungsaufgaben und im Schulbetrieb. Wünschenswert erschien sowohl der Einsatz mit Radfahrwerk als auch mit Schwimmern. Im Rahmen der Studie gelangte man zudem zu der Einsicht, dass für die gestellten Aufgaben ein ein- und ein zweimotoriges Mehrzweckflugzeug benötigt würden. Das einmotorige Muster sollte primär als Bordflugzeug, darüber hinaus aber auch für Küstenaufklärungs- und Ausbildungszwecke verwendbar sein. Aus der Einsatzkasuistik leitete man dann die grundsätzliche Auslegung als Schwimmerflugzeuge ab. Die Montage eines Radfahrwerks war nun nur noch eine Option für Versuchszwecke, die lediglich bei der HD 59 realisiert wurde.