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Endzeit-Chronik 3.Juni 2025, 14.31 Uhr MEZ. Eruptionen der Sonne schleudern Plasmawolken zur Erde. Geomagnetische Stürme treffen alle Kontinente. Die Apokalypse für den Planeten und alles Leben. Mitten in Europa kämpfen Menschen um ihre Existenz. Ihre neue Zeit beginnt im Jahr 1 nach dem Inferno. Sie schaffen das neue WESTLAND. Globale Brände vernichten Land und Städte. Der Meeresspiegel steigt und die Flüsse treten über die Ufer. Brücken sind unpassierbar. Elektronische Technik ist zerstört und die Kommunikationssysteme versagen. Flugzeuge fallen vom Himmel, Kraftwerke explodieren, Fahrzeuge funktionieren nicht. Die moderne Zivilisation existiert nicht mehr.
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Seitenzahl: 270
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Mitten in Europa kämpfen Menschen um ihre Existenz. Für einige ist eine Brücke ihr neues Zuhause. Sie ist ihre Festung und Basis für die Suche nach Überlebenden. Sie nennen sich die Brückner.
Ihre neue Zeit beginnt im Jahr 2025.
Sie schaffen das Westland.
3. Juni 2025, 14.31 Uhr MEZ. Eruptionen der Sonne schleudern riesige Plasmawolken zur Erde. Elektromagnetische Wellen lösen tagelang geomagnetische Stürme über alle Kontinente aus. Die Apokalypse für den Planeten und alles Leben.
Globale Brände vernichten Landschaften und Städte. Die Pole beginnen zu schmelzen und der Meeresspiegel steigt. Flüsse fluten weite Landstriche. Für Wochen liegt die Erde im Dämmerlicht.
Elektronische Technik ist zerstört, Flugzeuge fallen vom Himmel, Kommunikationssysteme versagen, Kraftwerke explodieren. Die moderne Zivilisation hört auf zu existieren.
Prolog
6. Juni 2025, Tag 4
Chronik
8. Juni 2025, Tag 6
8. Juni 2025, Tag 6
9. Juni 2018, Tag 7
10. Juni 2025, Tag 8
11. Juni 2025, Tag 9
11. Juni 2025, Tag 9
13. Juni 2025, Tag 11
14. Juni 2025, Tag 12
14. Juni 2025, Tag 12
14. Juni 2025, Tag 12 und 13
14. Juni 2025, Tag 12 und 13
15. Juni 2025, Tag 13
15. Juni 2015, Tag 13
15. Juni 2025, Tag 13
24. Juni 2025, Tag 22
26. Juni 2025, Tag 24
4. Juli 2025, Tag 32
7. Juli 2025, Tag 35
12. Juli 2025, Tag 42
13. Juli 2015, Tag 43
16. Juli 2025, Tag 46
17. Juli 2015, Tag 47
17. Juli 2025, Tag 47 Abends
17. Juli 2025, Tag 47, Nachmittag
18. Juli 2025, Tag 48
18. Juli 2025, Tag 48
18. Juli 2025, Tag 48
18. Juli 2025, Tag 48
21. Juli 2025, Tag 50
25. Juli 2025, Tag 55
27. Juli 2025, Tag 57
7. August 2025, Tag 68
11. August 2025, Tag 72
Tag 72, Am Nachmittag
14. August 2025, Tag 75
20. August 2025, Tag 81
2. Sept. 2025, Tag 93
5. Sept. 2025, Tag 96
6. Sept. 2025, Tag 97
6. Sept. 2025, Tag 97
6. Sept. 2025, Tag 97
7. Sept. 2025, Tag 98
19. Sept. 2025, Tag 110
21. September 2025, Tag 112
2. Oktober 2025, Tag 123
3. Oktober 2025, Tag 124
4. Oktober 2025, Tag 125
Tag 125, Nachmittags
5. Oktober 2025, Tag 126
25. Oktober 2025, Tag 139
2. November 2025, Tag 147
3. November 2025, Tag 148
Die Überlebenden aus dem Norden
8. November 2025, Tag 153
14. November 2025, Tag 159
17. November 2025, Tag 162
18. November 2025, Tag 163
19. November 2025, Tag 164
20. November 2025, Tag 165
21. November 2025, Tag 166
22. November 2025, Tag 167
24. November, Tag 168
2. Dezember 2025, Tag 176
15. Dezember im Jahr 1 , Tag 189
18. Dezember im Jahr 1, Tag 192
14. Januar im Jahr 1, Tag 222
17. Januar im Jahr 1, Tag 225
18. Januar, Tag 226
9. Januar, Tag 227
20. Januar, Tag 228
21. Januar, Tag 229
2. März im Jahr 1, Tag 238
3. März, Jahr 1, Tag 239
3. März Jahr 1, Tag 239
3. März Jahr 1, Tag 239
6. März, Jahr 1, Tag 243
28. März, Jahr 1, Tag 275
Tag 276
Tag 277
Tag 280
4. Mai, Jahr 1, Tag 312
16. Mai, Jahr 1, Tag 324
Erzähler und besonders erwähnte Personen der Chronik
Erzählung von Erik
Treibgut schlug heute seltener gegen die Pfeiler. Der reißende Fluss scheint sich etwas zu beruhigen. Noch gestern schrammte ein steuerloser Kohlefrachter mit Getöse vorbei. Es ist unbeschreiblich, was in den Fluten stromabwärts getragen wird. Das Inferno hat eine völlig veränderte Welt hinterlassen. Nur mit Mühe konnten wir uns vor vier Tagen in Sicherheit bringen. Die Flut stieg bis zu den Auffahrten der Brücke und das flache Land wurde überflutet. Die umliegende Welt stand in Flammen.
Meine Wache auf der Brücke dauert bis Mitternacht. Abgesehen von den Geräuschen des Flusses lag heute Abend eine sonderbare Stille über dem Land. Der rötliche Horizont und das bunte Polarlicht spiegeln sich im Wasser. In dieser trügerischen Ruhe sehe ich vor meinem inneren Auge immer wieder die Bilder von dem Tag, an dem mein bisheriges Leben im Chaos endete:
An diesem Nachmittag war ich mit dem Fahrrad auf einem asphaltierten Feldweg zu den Supermärkten am Rand des Nachbarortes unterwegs. Es ist ein warmer Sommertag. Auf der Landstraße vor mir ist wenig Verkehr. Ich fuhr in die Unterführung dieser Straße – und das Letzte, woran ich mich erinnere, war ein Stoß, wie von einer unsichtbaren Faust. Ich stürzte zu Boden und alles wurde blendend hell. An dieser Stelle setzte meine Erinnerung aus.
Explosionen rissen mich wieder in die Welt zurück. Wie lange lag ich hier auf dem Boden? Meine Erinnerung kehrte nur bruchstückhaft zurück. Die beiden Eingänge strahlten in einem glutroten Licht, ich schloss die Augen und versuchte, alles einzuordnen. Es roch nach Feuer und wie ein Kabelbrand. Blitze schlugen vor der Unterführung ein. Der Feuersturm zwang mich weiter in den Tunnel.
Es war heiß, meine Haut schien zu glühen. Ohne den Schutz der Unterführung wäre ich verbrannt. Vor den Eingängen war die Hölle ausgebrochen. Mein Zeitgefühl ging verloren. Ich saß auf dem Boden, den Rücken an die Betonwand gelehnt. Ist es Nacht oder Tag? Ich fand die Wasserflasche an meinem Rad und trank sie gierig leer. Ich muss von hier fort, war mein verzweifelter Gedanke. Draußen ist alles schemenhaft dunkelrot gefärbt. Oder sind es Sinnestäuschungen. Ich konnte nicht weit sehen, auch wurde es immer dunkler. Schwer atmend zwang mich der Staub zum Husten. Aber ich wollte hier raus und endlich sehen, was los ist. Nach dem letzten Blitzeinschlag rannte ich los. Vor der Unterführung schien ich von Bränden umzingelt. Zurück in die Unterführung wollte ich aber auch nicht. Ich schaute nach oben und begann den leichten Hang hinauf zu klettern.
Der Schock traf mich auf der Landstraße über der Unterführung. Fünf Fahrzeuge stehen kreuz und quer auf der Fahrbahn. Auf den ersten hastigen Blick sah ich keine Personen auf den Sitzen, die Türen stehen offen. Konnten die Insassen noch rechtzeitig vor der Feuerwalze fliehen? Weiter entfernt sehe ich zwei total ausgebrannte Fahrzeuge. Die Flammen lodern noch, obwohl nur das Stahlgerippe erkennbar ist. Überall Rauch und Brandgeruch.
Grelle Blitze schlugen nicht weit vor mir auf der Straße ein. Gras und Büsche der Straßenböschung sind bereits abgebrannt. Ich wundere mich, denn in meinem Schockzustand bin ich unbeeindruckt von den Bränden hier hochgekommen. Meine Schuhe und Hosenbeine sind angesengt. Schmerzen spüre ich nicht, was mich wunderte. Wieder unten, nahm ich mein Rad und ging wie benommen den Weg zurück. Bald konnte ich das Rad nicht mehr benutzen, es gab zu viele Hindernisse und ich war gezwungen, über Felder zu gehen. Zwischen den Rauchschwaden sah ich am Horizont meinen Wohnort brennen. Ich musste mich in dieser verrückten Situation zusammenreißen, meinen Verstand sortieren und die Panik unterdrücken. Ich verstehe immer noch nicht, was ich sehe. Mächtige Blitze schlugen weiterhin ein, der Wind wurde stärker, aber trotzdem spürte ich eine seltsame Stille. Ist das die bekannte Ruhe vor dem Sturm? Ich suchte mein Handy in der Innentasche, die Hülle fühlte sich warm an und es roch verbrannt. Das Display ist tot.
„Boot und Seile oben, Erik”, fragte die Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und zeigte mit dem Daumen nach oben.
„Seilrollen würden die Arbeit erleichtern”, erwiderte ich.
„Ja, klar”, seufzte Romek, werde es auf die lange Liste setzen. Vorerst haben wir keine Chance, das Boot zu nutzen.” Er setzte seinen abendlichen Kontrollgang fort.
Das Ruderboot wurde heute Nachmittag an einen Pfeiler gespült. Der Bautrupp kletterte an Seilen hinab und zog es unter die Brücke. Falls später die Strömung des Flusses es zuließ, konnten wir es zu Wasser lassen, soweit sich am Ufer keine einfachere Lösung ergibt.
Auf die Brücke sind 39 Überlebende geflüchtet. Den längsten Weg hatte Elisa mit geschätzten 25 Kilometer. Ihre geschilderten Erlebnisse von unterwegs waren erschütternd. Jedem, der sich in den letzten Tagen der Brücke friedlich näherte, wurde angeboten zu bleiben. Nur in einem Fall wurde ein übel gelaunter und aggressiver Geselle abgewiesen. Vier Wachen sind für die Fahrbahnen und den Fluss eingeteilt. Die wenigen Taschenlampen gehörten nachts zur Ausstattung. Seit heute liegen zwei ausgebaute Autoscheinwerfer, mit langen Kabel an 12 Volt Autobatterien angeschlossen, griffbereit. Wir wollten sie nur im äußersten Fall einsetzen, denn wir haben keine alten Benzinmotoren oder Generatoren zur Stromerzeugung gefunden. Neuere Motoren sind unbrauchbar, ebenso die Batterien der E-Autos. Die Brücke bietet mehr Sicherheit als ein Lager im offenen Gelände. Weitere Brände finden hier keine Nahrung und die Zugänge sind leicht zu überwachen. Außer dem Rauschen des Flusses ist alles seltsam still. In dieser Ruhe erinnerte ich mich wieder an die ersten Überlebenden, die ich vor vier Tagen auf dem Weg hierher traf. In Gedanken sehe ich die Szene wieder:
„Hallo, Hilfe - wer ist dort?” Der Ruf kam von einer kleinen Erhebung rechts von mir. Drei Menschen standen dort und winkten heftig. Wie ich näher komme, erkenne ich eine Frau, einen Mann und ein Kind. Sie sahen verschmutzt und mitgenommen aus. Der Mann ist sichtlich erleichtert:
„Hallo, endlich treffen wir Leute, was ist hier geschehen?”. Die Frau und das kleine Mädchen klammern sich aneinander.
Ich schildere kurz meine letzten Erlebnisse, aber mehr als Vermutungen über die Ursache hatte ich nicht.
Meine Nähe schien die Frau zu beruhigen. Sie sind von einem Rastplatz weiter nördlich bis hierher geflohen. Mitten in Ihrem Picknick, vor ihrem Wohnwagen, sahen sie eine Feuerwalze kommen und ergriffen die Flucht in das offene Gelände. Alles ging in Flammen auf, nur was sie am Leib trugen, konnten sie retten. Sie sahen Menschen wie lebende Fackeln auf der Straße und über die Felder laufen.
Daan, Lynn und ihre kleine Tochter Sarah sind die ersten Überlebenden, die ich traf. Gemeinsam gingen wir weiter. Sarah meldete sich kleinlaut, sie hat Durst. Aber wo ist jetzt Trinkwasser zu finden? Auch ein sicherer Unterstand für die weiteren Stunden scheint notwendig. In der näheren Umgebung schien alles verbrannt. Der Himmel wurde immer dunkler und Gewitter kamen auf uns zu. Eine Wand von Blitzen über den gesamten Horizont. Hoffentlich fällt Regen, er würde auch die trockene Luft atembarer machen. Ich schlug vor, in Richtung der nahegelegenen Autobahn zu gehen und unterwegs in Häusern Trinkbares zu suchen.
Das Ausmaß der Zerstörung meines bisherigen Lebensraums wurde in der nächsten Stunde immer deutlicher.
Wir gingen in dem rötlichen Dämmerlicht auf begehbaren Wegen und hielten Ausschau nach einem Haus oder sonstigen überdachten Gebäuden. Jetzt fing es stark an zu regnen, eine Erfrischung, die feuchte Kleidung wird bei dieser Temperatur schnell wieder trocknen, war mein Gedanke. Außer den lauten Windgeräuschen und den Donnerschlägen des Unwetters hörten wir nichts - keine Sirenen oder Martinshörner. Merkwürdig, sie sind doch über große Entfernungen wahrnehmbar?.
Nach der nächsten Biegung standen drei Männer, sie kamen aus einem Feldweg, wegen des hohen Bewuchses am Rand konnten wir sie erst jetzt sehen. Der eine trug einen Rucksack, die beiden anderen jeweils einen schwarzen Plastiksack. Die Begrüßung war freundlich, sie stellten sich als Dirk, Romek und Christian vor. Sie bemerkten unsere Blicke auf ihr Gepäck. Die Männer drängen uns, zu dem ein paar hundert Meter entfernten Haus zu laufen und uns ebenfalls notdürftig mit Wasser und Essen zu versorgen. Eile ist geboten, eine Feuerwand nähert sich dem Anwesen. Daan und ich liefen sofort los, seine Frau und das Kind blieben bei den Männern auf dem Weg.
Im Haus liegt eine Rolle Mülltüten auf dem Küchentisch. Daan fand im Keller Mineralwasser in Plastikflaschen. Ein Regenmantel hing am Haken, eine grüne Plane in einem Regal, er stopfte alles in den Plastiksack und kam zu mir nach oben.
Der Kühlschrank ist bereits geplündert. Aus den unteren Schränken wandert eine Flasche klarer Schnaps und eine Packung Schwarzbrot ohne langes Überlegen in den Beutel. Aus den Küchenschubladen nahm ich in aller Eile zwei große Messer. Daan packte ein paar Pappbecher ein. Durch das Küchenfenster ist die Feuerwand zu sehen. Es wird immer heißer, wir müssen schnellstens raus und zurück. Schwaden feiner Asche erschwerte uns den Rückweg und schwer atmend waren wir froh, die anderen wiederzufinden. Gierig trank das kleine Mädchen aus einem der Becher. Romek sagte etwas über eine Brücke und ging voran, wir folgten ohne weitere Fragen.
„Erik, Zeit für die Ablösung.” Die Worte unterbrechen diesen Albtraum. Ich gebe meine Ausrüstung an Sven weiter und nach einem kurzen Gespräch mache ich mich auf den Weg zu den notdürftigen Unterkünften. In einem ausgebrannten Kombi legte ich mich auf einer Decke zum Schlafen. Das Blechdach vermittelte ein Gefühl von Schutz.
Ihre erste Zusammenkunft fand am Abend des fünften Tages statt. Heute hängen wieder blaugraue Rauchschwaden über ihnen und der Schein lodernden Feuers erhellt den Horizont. Die Städte im Norden und Osten brannten weiterhin. Eine unwirkliche Aura umgab sie. 39 Männer, Frauen und Kinder standen unter Plastikplanen zwischen den Autowracks. Die Flucht vor dem Inferno führte sie auf verschiedenen Wegen zu dieser Brücke. Sie erschien ihnen als Rettung vor der Feuersbrunst und den steigenden Wassermassen. Jedem stand der Schrecken der Ereignisse im Gesicht. Sie suchen nach einer Erklärung. Welches Schicksal haben ihre Verwandten erfahren? Warum kommen keine Rettungskräfte? Sind nur wir betroffen und wie soll es weitergehen? In den letzten Stunden wurden aus ihren Reihen Matt und Lucy gedrängt, diese Zusammenkunft einzuberufen und zu moderieren. Als die beiden vortreten, verstummte das Stimmengewirr.
„Wir müssen davon ausgehen, dass wir einige Zeit hier bleiben werden”, begann Matt. Er stellte sich als 44-jähriger Marketingleiter einer Supermarktkette vor. „Die Brücke ist ein sicherer Ort. Einige von euch hatten unterwegs unangenehme Begegnungen. Eben darum sollte sich keiner alleine auf Suche oder Erkundung begeben, auch wenn es schwer fällt, gehen wir das gemeinsam an. Das Land um uns ist weitgehend verwüstet und jederzeit können weitere schwere Unwetter niedergehen. Das Ausmaß der Katastrophe kennen wir nicht und schnelle Hilfe sollten wir nicht erwarten.” Er machte eine Pause und schaute in die Runde. „Uns zu schützen und zu versorgen hat jetzt Vorrang. Ich schlage vor, die anstehenden Aufgaben aufzuteilen und koordiniert anzupacken.“ Alle schauten erwartungsvoll auf die beiden Redner. Mittlerweile haben sich die Menschen gefangen. Die Gesichter sind sauber und die Kleidung ist geordnet. Man hat sich gegenseitig geholfen.
Matt lässt ein Blatt Papier mit Stift umhergehen und bittet, sich in die Liste mit Namen, Alter und besonderen Kenntnissen einzutragen. Mit einem Blick zu Lucy fährt er fort: „Wir schlagen eine Aufteilung in Arbeitsgruppen vor. Ihr bestimmt aus euren Reihen die Gruppenleiter. Wir dürfen uns nicht verzetteln. Auch dürfen wir nicht in Panik verfallen. Ihr müsst euch gegenseitig helfen und ermutigen.
Lucy schaute in die Runde und nachdem sie keinen Widerspruch sah, fuhr sie fort: „Nennen wir dieses Gremium kurzerhand den Rat”. Lucy ist 35 Jahre alt und Sozialarbeiterin. In den ersten Stunden hat sie vielen hier geholfen, mit der dramatischen Situation fertig zu werden. Lucy wartete den Rücklauf der Liste ab und liest die Eintragungen vor. Nachdem sie endet, wird spontan und erleichtert von den Versammelten geklatscht. Sie fühlen, hier ist eine Gemeinschaft entstanden, einige weinten. Die Erlebnisse der letzten beiden Tage lasteten auf den Menschen und das hier gab ihnen Hoffnung. Die Versammlung wählte Matt zum Sprecher und es wurden Gruppen zusammengestellt und deren Leiter benannt.
An den Holzfeuern auf der Brücke diskutierten die Menschen an diesem Abend lange über ihre Situation. Das Licht und die Wärme der Feuer passen nicht recht zum Hintergrund und der hohen Temperatur. Infolge von Veränderungen im Erdmagnetfeld sind jede Nacht Polarlichter in allen Farben zu sehen. Tagsüber liegt ein Dämmerlicht über der Landschaft, nur unterbrochen von gewaltigen Unwetter mit Kaskaden von Blitzen, die alles unwirklich erhellen. Viele befürchten ein weiteres Ansteigen des Flusses. Noch immer stehen einige von ihnen unter Schock und werden von der Gruppe besonders beobachtet und behandelt. Die Ungewissheit über den Verbleib von Verwandten quält jeden und trotzdem ist eine Aufbruchstimmung zu spüren.
Gestern wurden die Gruppen und Leiter festgelegt. Romek ist für die Sicherheit der Brücke zuständig, er war Soldat einer Spezialeinheit, Lucy für die allgemeine Versorgung mit Lebensmittel und Medizin, Maik, ein Afghanistanveteran, für Erkundungen im Umland und Aaron, Architekt, für Bauarbeiten und Fahrzeuge. Die Aufgaben werden sich überschneiden. Wenn gefordert, können Personen in anderen Bereichen arbeiten. Wir werden hier flexibel sein. Die Brücke nur in Absprache mit einem Ratsmitglied verlassen. Wenn möglich, nicht alleine und nicht unbewaffnet. Vorrangig sollte zunächst nach Lebensmittel und Waffen gesucht werden.
„Was wissen wir über unsere Situation?“, fragte ich in die Runde.
„Leider hat bisher kein Physiker zu uns gefunden“, sagte Aaron. „Der Ausfall jeglicher Kommunikation deutet auf einen enormen Ausbruch auf der Sonne hin. Fahrzeuge, technische Anlagen und computerbasierte Systeme wurden durch Feuer zerstört oder funktionsunfähig. Es kann sich um einen globalen EMP, also einen geomagnetischen Sturm, von nie dagewesenen Ausmaßen handeln. Wir haben keine Informationen, welche Teile unseres Landes und der Welt hiervon betroffen sind. Das Wetter ist aus allen Fugen und unberechenbar. Ich mag mir die Folgen von all dem nicht ausmalen - hoffentlich bleibt die Luft einigermaßen atembar.”
„Aus Berichten der Leute hier können wir ein Umfeld von bis zu 25 Kilometer überschauen und das nicht mal in alle Richtungen”, bemerkte Maik. „Wir empfangen keine Radio- oder TV-Sender, kein GPS und Internet. Absolute Stille - es ist die Apokalypse“.
Lucy sagte mit Tränen in den Augen: „Und wir müssen von hunderttausenden Toten allein in der näheren Umgebung ausgehen - weiter will ich gar nicht denken.”
„Wir sollten uns auf Gefahren, die von umherziehenden Menschen ausgehen, die in einem völlig desolaten Zustand und zu allem bereit sind, vorbereiten. Nicht alle werden friedlich bei uns eintreffen. Größere Gruppen könnten sich bilden”, warnte Romek.
Aaron bemerkte: „Die Fahrzeuge auf der Brücke werden wir notdürftig für Unterkünfte herrichten, den Rest zur Barrikade auf beiden Seiten an den Zufahrten aufbauen und zusätzlich Leitplanken quer zu den Fahrbahnen montieren. Das werde ich mit Hilfe der Gruppe Romek als erstes angehen. Die Expeditionen sollten auf Werkzeuge und Materialien wie Bleche, Draht und Seile achten”.
„Welche Waffen haben wir?”, fragte ich Romek.
“Ich habe eine Pistole und eine Schachtel Munition gefunden. Alain brachte eine Schrotflinte mit 12 Patronen mit. Ansonsten werden wir zunächst stabile Messer an Stöcke binden. Ich setze hier aber eher auf Abschreckung und das Gefühl, nicht gänzlich wehrlos zu sein.”
„Die Nahrungsmittel und Wasser reichen nur bis morgen. In meiner Gruppe ist Georg, ein Chemielaborant, tätig. Er wird einen Filter bauen, um Wasser aufzubereiten”, sagte Lucy mit Seitenblick auf Maik. Worauf Maik versicherte: „Die erste Truppe geht in Kürze los. Die nächsten halbwegs erhaltenen Häuser vermuten wir in 15 km Entfernung”. Er schaute bereits ungeduldig zu seinen Leuten.
Wir gingen westlich über die Autobahn. Unser Ziel ist eine größere Ansiedlung, die laut Karte 18 Kilometer entfernt ist. Die Landkarte haben wir unter einem Autositz gefunden, ein Wunder in Zeiten von Navigationsgeräten und Google. Der ‘Suchtrupp‘ zieht mit 8 Leuten los. Neben mir sind dabei: Jade, eine junge sportliche Frau, Verkäuferin in einem Drogeriemarkt. Christian, der Kumpel von Romek, war vor 6 Tagen noch Fernfahrer. Alain, gelernter Schlosser und zu Hause gerne freiwilliger Feuerwehrmann. Dirk, der älteste mit 48 Jahren, ist Verkaufsfahrer. Mit dabei ist: Ingo, Heizungsbauer, Geert, Werkzeugmacher und Waffennarr und Anouk, unsere jüngste mit 20, Studentin im zweiten Semester Medizin.
Weil Geert sich mit Schusswaffen auskennt, hat er die Pistole mit 20 Schuss Munition von Romek bekommen.
Aber auch Christian und Alain hatten beim Militär schon mal eine Waffe in der Hand. Die Schrotflinte blieb zur Sicherheit auf der Brücke. Jeder hat eine Stichwaffe mit.
Weiter haben wir ein Beil und ein Brecheisen mit.
Zwischen den Autowracks kamen wir anfangs gut voran, aber bald versperrten ineinander geschobene Pkw und LKW beide Fahrspuren. Alle massiv beschädigt, in einigen Wracks sind menschliche Knochen zu sehen, hier war eine Suche zwecklos und wir umgingen den Ort über eine verbrannte Wiese. Ab hier hatten wir keine Hinweise mehr aus den Erzählungen von Flüchtlingen. Vor uns lag ein unbekanntes Gebiet. Der Himmel ist durchgehend rötlich grau, die Sonne ist verdeckt, die Luft roch nach Asche. Schweigend gingen wir weiter.
Das erste interessante Objekt war ein weißer Kühlanhänger. Er ist unbeschädigt, nur die Zugmaschine und das Kühlaggregat sind verbrannt. Unser Schlosser Alain hatte keine Probleme, den Verschluss zu knacken und die Ladetüren zu öffnen. Ein leicht muffiger Geruch strömte aus. Es ist ein Volltreffer, die Ladung ist verschiedenes Gemüse. Der Salat sieht nicht gut aus. Kisten mit Kohlgemüse und Möhren haben die Hitze besser überstanden. Wir schließen die Türen, vermerken den Fund in der Karte und marschieren einstweilen mal weiter. Morgen werden wir mit mehr Leuten den Anhänger leer räumen.
Der nächste Fund war ein Werkzeugwagen einer Montagefirma. Im Grunde können wir hier alles für den Bautrupp der Brücke gebrauchen. Werkzeug, Schrauben, Nägel, Draht, Klebstoffe und vieles mehr. In unsere Rucksäcke und Beutel könnten wir etwa 20 kg je Person packen, aber ich beschloss, die wichtigsten Teile in Plastikbeutel zu stecken und an der Böschung im Gestrüpp für später abzulegen. Den Fundort zeichnete ich in die Karte.
Nach Stunden trafen wir am Ortsrand ein. Der linke Teil und die Mitte des Ortes sind total zerstört. Der Brandgeruch ist noch stark. Rechts, am Rande eines Neubaugebietes, teilten wir uns in vier Zweiergruppen auf. Die Häuser wurden hier fluchtartig verlassen, teilweise stehen Haustüren und Garagentore offen. In welches Inferno sind die Bewohner vor drei Tagen schnell geflüchtet?
„Anouk, du gehst mit mir”, legte ich die erste Einteilung fest. „Und schaut, dass jede Gruppe eine Waffe dabei hat und gibt Alarm, wenn euch was komisch vorkommt. Konservendosen und andere schwere Sachen vorerst liegen lassen. Haltbare Produkte wie zum Beispiel verpackter Reis oder Teigwaren holen wir auch später. Verderbliche Lebensmittel wie Mehl, Zucker, Salz, auch Hefe und Backpulver packen wir für unsere Köche ein. Alles mitnehmen, was ihr an Arzneimitteln, Verbandsmaterial, Große Messer, Äxte, Batterien, Taschenlampen findet.”
„Wie lange haben wir Zeit?“, fragte Ingo.
„In einer Stunde treffen wir uns hier wieder. Entfernt euch nur 20-30 Meter voneinander, was wir nicht schaffen, holen wir später.”
Im zweiten Haus stand in der Küche ein batteriebetriebenes Radio. Ich schaltete ein und suche Sender, aber nur Störgeräusche sind zu hören. Hatte ich was anderes erwartet? In einem der Schlafzimmer fand ich eine Schreckschusswaffe mit einer Schachtel Gaspatronen und eine Schachtel mit Leuchtpatronen. Immerhin. Anouk kam aus dem Bad hinzu. Mit einem Seitenblick zu mir, packte sie ein paar Stücke Damenwäsche ein. Der Inhalt des Medizinschranks wanderte dazu. Wieder auf der Straße, kommt Dirk auf uns zugelaufen, heftig mit den Armen winkend. „Habt ihr das auch gehört?”
„Was gehört”, fragte ich.
„Die Schüsse auf der anderen Seite der Autobahn.”
„Nee, im Haus haben wir nichts wahrgenommen.” Jetzt vernahmen alle Motorengeräusche.
„Geh die anderen holen, Dirk, runter von der Straße, wir treffen uns hinter dem Haus.“ Nach ein paar Minuten trafen alle ein. Gut, dass wir nahe zusammen geblieben sind.
„Wenn wir wegmüssen”, warf Christian hastig ein, „am besten in die verbrannten Ruinen, da geht keiner mehr hin”. Ich nickte zur Bestätigung allen zu.
Die Motorengeräusche kamen näher. Zwei Oldtimer bogen um die Ecke und fuhren mit hoher Geschwindigkeit am Haus vorbei. Es ist ein alter Ford Granada und ein 5er BMW, in beiden sitzen jeweils 3 Personen. Sie fahren Norden, nicht Richtung Brücke, stellte ich erleichtert fest.
Kamen die Schüsse von den Wagen und auf was waren sie gerichtet? Wer lebt noch in den Ruinen?
„Das ist nicht gut für uns”, meinte Ingo, ein sonst eher wortloser junger Mann.
Schnellstens zur Brücke zurück, war jetzt mein erster Gedanke. Aber wollen wir hier alles stehen und liegen lassen? Was wir hier fanden, ist lebenswichtig für uns und vielleicht später nicht mehr hier. Ich fasste einen Entschluss.
„Neben dem nächsten Haus sehe ich einen frischen Bauaushub. Wir bringen so viele Konserven und brauchbare Dinge wie möglich aus den umliegenden Häusern hier zur Baugrube und verdecken alles mit Aushub der Grube. Bringt Schaufel und Planen mit.”
„Und wenn sie zurückkommen?”, fragte Geert.
„Jeder bleibt in Deckung, notfalls treffen wir uns wieder hier oder in der nächsten erreichbaren Hausruine. Gebt euch mit dem Wort ‘Grube’ zu erkennen. In einer Stunde treten wir den Rückweg an.”
Es war erstaunlich, was wir so alles ungestört in der Baugrube verbracht haben. Auf den ersten Blick ist unser Versteck nicht zu entdecken. Ein Unwetter war nicht in Sicht. Der Rückmarsch verlief problemlos. Spät abends trafen wir auf der Brücke ein. Alle drängten sich um uns und die Erleichterung war ihnen anzumerken. Die geschilderten Ereignisse sorgten für ängstliche Fragen. Romek rief zu erhöhter Wachsamkeit auf, beruhigte aber gleichzeitig mit dem Hinweis auf unsere Bewaffnung und den Barrikaden auf der Brücke.
„Wie ist unsere Lage?”, begann ich und schaute in die Runde. „Das Wetter hat sich etwas stabilisiert, die Temperatur leider auch, die liegt immer noch bei 42 Grad am Tag und 28 Grad in der Nacht. Die wolkenbruchartigen Regengüsse sind zwar unangenehm, helfen aber bei der Wasserversorgung. Der Pegelstand des Flusses ist gleichbleibend hoch und steigt hoffentlich nicht mehr an. Wenn die Atemluft so bleibt, können wir fürs Erste zufrieden sein und hoffen, dass sich das alles der Normalität nähert.”
Ich schaute in die Runde fuhr fort: „Die gewaltigen Explosionen in der Nacht scheinen von einem Chemiekomplex in 80 Kilometer Entfernung im Norden zu rühren. Bei der jetzigen Windrichtung bleiben wir von Auswirkungen verschont. Das nächste Atomkraftwerk steht nur 200 km westlich von uns. Eine große Gefahr, falls die Brennstäbe wegen fehlender Kühlung durchbrennen und der Komplex in die Luft fliegt. Auf der anderen Flussseite sind immer noch riesige Feuer zu sehen. In diese Richtung liegt eine Kleinstadt und weiter dahinter scheint es nicht besser auszusehen. Wir wissen nicht, wo dieses Inferno endet.”
„Lucy, was gibt es aus deinem Bereich zu berichten?”
„Ich habe eine gute Nachricht: Unter den letzten vier Ankommenden ist eine gelernte Krankenschwester dabei. Britta ist eine junge Frau, die es mit ihrem Freund Ron, Student der Informatik, zu uns geschafft hat. Sie hatten zunächst tagelang ihre Eltern gesucht. Beide wollen eine medizinische Versorgung organisieren.”
„Die Lebensmittelvorräte lagern wir einigermaßen geschützt in den Wartungsgängen unter der Brücke. Der Kühlanhänger auf der Autobahn ist geräumt. Wir müssen aber dringend mehr Lebensmittel finden “, sagte sie mit einem Seitenblick auf Maik.
„Und für die Zukunft sollten wir an die Anpflanzung von Kartoffel, Mais und Gemüse denken, also steht auch Saatgut und Düngemittel auf meiner Wunschliste. Lynn aus Holland ist Hobbygärtnerin und bringt einiges an Erfahrung mit und ihr Mann will sie unterstützen.
„In den Häusern und Keller werden wir auch noch einiges finden können”, warf Maik ein.
Ich fuhr fort: „Es müssten längst Hilfskräfte hier auftauchen, aber weder Landfahrzeuge noch Hubschrauber haben wir gesehen oder gehört. Ich befürchte, die Katastrophe hat riesige Ausmaße und wir sind lange Zeit auf uns allein gestellt.”
Alle schwiegen, die Gesichter verschlossen, Lucy standen die Tränen in den Augen. Jeder dachte in diesem Moment wieder an Familie und Freunde.
Romek brach das Schweigen: „Die Fahrbahnen der Brücke sind jetzt beidseitig versperrt. Tagsüber reicht eine Wache auf jeder Seite. Von einem erhöhten Podest ist das Vorfeld gut zu überschauen und keiner kommt ohne Kontrolle auf die Brücke. Die Barrikaden sind ein starkes Hindernis, falls es mit Fahrzeugen versucht wird. Leider haben wir keine weiteren Schusswaffen gefunden. Stichwaffen und Schlagstöcke liegen überall griffbereit. Maik hat uns zur Herstellung von Molotowcocktailsangeregt, er hatte das im Militärdienst schon mal gebaut. Auf dem harten Straßenbelag zersplittert die geworfenen Glasflaschen sofort und das Benzingemisch fängt gut Feuer. Kann zur Abschreckung eine gute Wirkung haben. Falls wir keine besseren Waffen finden, beginnen wir notgedrungen mit dem Bau von Armbrüsten.
„Aber ohne gute Bewaffnung bleibt die Lage für uns gefährlich”, sagte Maik. “Die Ressourcen werden knapp werden und was andere Überlebende dann unternehmen, kann sich jeder vorstellen. Die Begegnung vorgestern mit den beiden Autos sollte uns warnen und warum in der Gegend dort geschossen wurde, wissen wir nicht.”
„Aaron, wie geht es mit dem Bau von wetterfesten Hütten voran?”, schnitt ich das nächste Thema an.
Sehr mühsam, es wird noch einige Zeit brauchen, bevor wir die jetzigen Unterkünfte in den Kastenwagen und dem erhaltenen Lkw-Anhänger ersetzen können. Wir konzentrieren uns auf die Mitte der Brücke, um den sicheren Lebensraum möglichst überschaubar zu halten. Falls erforderlich, können die Barrikaden weiter in Richtung Brückenauffahrten verschoben werden. Wir sollten uns vorerst nicht auf die gesamte Länge der Brücke von 380 Meter verteilen. Jetzt befinden sich 42 Personen auf der Brücke. Sollte die Zuwanderung weiter so anhalten, ist weiteres Baumaterial aller Art erforderlich.”
„Womit wir bei meinen Problemen angelangt wären”, mischte sich Maik ein. „Schweres Material kann mangels Fahrzeugen nicht transportiert werden. Wir sollten leichte Wagen bauen, es ist immer noch schwierig auf den Straßen durchzukommen und vieles, was wir finden, können wir nicht transportieren. So eine Art schmale ‘Handwagen’ würde fürs Erste helfen. Schätze, so ein Gefährt könnte an die 100 Kilo schaffen. Ein geländegängiges Motorfahrzeug wäre die beste Lösung, aber der Umbau neuerer Fahrzeuge ist wegen der zerstörten Elektronik schwierig. Wir sollten nach alten ‘Kisten’ in den Garagen suchen. Einige haben den Feuersturm hoffentlich überstanden“.
Motorgeräusche, die Wache an der westlichen Barriere gibt Alarm, aber längst hören es alle und sind auf den Beinen. Ich traf mit Alain und Maik bei Geert und Ingo ein. Kurz darauf kommen Ron und Matt angelaufen. Alain hatte die Schrotflinte, ich die Pistole und Maik hat die Signalpistole dabei. Aus der Dämmerung sahen wir Scheinwerfer auf die Brücke zukommen. Gestern hatten wir die ersten Meter der Zufahrt freigeräumt. Die Fahrzeuge haben freie Bahn. Wir sorgten für ein freies Sichtfeld und rechneten eher mit einer Annäherung zu Fuß wie mit einem Fahrzeug.
„Alain und Maik zur rechten Fahrbahn, Geert und ich bleiben hier, die anderen gleichmäßig aufteilen und Scheinwerfer an.” Ingo klemmte das Kabel an die Autobatterie.
„Wir schauen auf der anderen Seite nach“, ruft Matt und läuft mit Erik los. Es war vereinbart, dass alle anderen bei Alarm zunächst im Lager auf der Brücke bleiben.
In unserem Scheinwerferlicht standen zwei Wagen nur 20 Meter entfernt auf der rechten Fahrbahn.
„Das sind die Wagen, die wir gesehen haben”, rief Maik. Jetzt erloschen die Scheinwerfer. Lange Sekunden passiert nichts. Eine Beifahrertür ging auf und ich sah einen Mann in Jeans, Poloshirt und Kappe aussteigen.
„Was wollt ihr hier?”, rief ich ihm zu.
Er beugte sich in den Wagen, ich sah ein Gewehr, er legte an und mit dem Knall des Schusses zersplitterte unser einziger Scheinwerfer.
„Taschenlampen aus”, warnte ich laut. Die Fahrbahn und die Barriere lagen jetzt weitgehend im Dunkeln. Wir hörten weitere Wagentüren aufgehen, erkennen aber nicht die Angreifer. Ihre Absicht schien jetzt klar zu sein. Mir rasten viele Gedanken durch den Kopf. Wie sind sie bewaffnet, kennen sie unsere Stärke, was planen sie?
„Verschwindet, hier gibt es nichts zu holen”, rief Maik hinüber.
Keine Reaktion.
„Feuer frei, wenn sie sich auf uns zu bewegen”, rief ich laut und war mehr als Warnung für die andere Seite gedacht.
Stille - die Angreifer schienen sich zu beraten. Wir brauchten da vorne Licht. Geert und Ingo standen mit Molotowcocktails bereit. Ich gab das Zeichen und beide entzünden das getränkte Tuch in der Flasche und schauten zu mir herüber.
„Beide rüber bei drei”, sagte ich mit gedämpfter Stimme. Die Flaschen fliegen auf die Autos zu. Die erste trifft die Motorhaube des linken Fahrzeugs, rollt runter und das Benzingemisch entflammt sich neben dem rechten Vorderreifen. Die zweite Flasche landet zwischen den Autos und zündet auch. Volltreffer. „Es sind sechs Männer”, rief