Ethan Stark - Ära des Aufruhrs - Jack Campbell - E-Book

Ethan Stark - Ära des Aufruhrs E-Book

Jack Campbell

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Beschreibung

Die Erde wird seit Jahrzehnten von den USA beherrscht. Aus ihrer Heimat vertrieben, besiedeln andere Länder den Mond und bauen dort eine unabhängige Gesellschaft auf. Doch der Hunger nach Macht und kostbaren Ressourcen lenkt den Blick der Supermacht schnell auch ins All. Der amerikanische Sergeant Ethan Stark und seine Kameraden sollen die unschuldigen Kolonisten angreifen und den Mond unter US-Kontrolle bringen. Angesichts der immer unmenschlicher werdenden Anweisungen beginnt Stark jedoch, den Sinn der Mission zu hinterfragen. Stark muss sich entscheiden: Welche Befehle soll er befolgen ... und welche verweigern?

»Der Roman hat das Potential, in das Pantheon der Science-Fiction-Klassiker einzugehen.« Absolute Magnitude

Die spannungsgeladene Science-Fiction-Trilogie des Bestseller-Autors Jack Campbell - mit wahren Helden, die jeder Ungerechtigkeit den Krieg erklären:

Band 1: Ethan Stark - Ära des Aufruhrs
Band 2: Ethan Stark - Neue Verbündete
Band 3: Ethan Stark - Das letzte Gefecht

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.




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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Widmung

Prolog

Teil eins - Operation Tranquillitatis

Teil zwei - Wo die Lerchen nicht fliegen

Teil drei - Sagt es den Spartanern

Über den Autor

Weitere Titel des Autors

Impressum

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Über dieses Buch

Die Erde wird seit Jahrzehnten von den USA beherrscht. Aus ihrer Heimat vertrieben, besiedeln andere Länder den Mond und bauen dort eine unabhängige Gesellschaft auf. Doch der Hunger nach Macht und kostbaren Ressourcen lenkt den Blick der Supermacht schnell auch ins All. Der amerikanische Sergeant Ethan Stark und seine Kameraden sollen die unschuldigen Kolonisten angreifen und den Mond unter US–Kontrolle bringen. Angesichts der immer unmenschlicher werdenden Anweisungen beginnt Stark jedoch, den Sinn der Mission zu hinterfragen. Stark muss sich entscheiden: Welche Befehle soll er befolgen … und welche verweigern?

eBooks von beTHRILLED – mörderisch gute Unterhaltung.

Roman

Aus dem amerikanischen Englisch vonRalph Sander

Für meinen Vater, Lieutenant Commander Jack M. Hemry, United States Navy, der als Seaman Recruit begann und sich bis nach oben hocharbeitete. Und für meine Mutter, Iris J. Hemry, die mit ihm zusammen Kriege, Versetzungen ins Ausland, häufige Umzüge, Militärunterkünfte und vier Kinder bewältigt hat.Wie immer für S.

Prolog

Die Amerikaner waren lange zuvor ein paar Mal hergekommen: von primitiven Feststoffraketen und einem Ausbruch nationaler Entschlossenheit angetrieben, als Erste diese letzte Grenze zu überwinden. Sie kamen her, blieben kurze Zeit, erforschten ein paar Quadratmeter der Oberfläche und suchten nach Wissen. Dann ebbte die nationale Begeisterung ab, und man machte sich auf die Suche nach näher gelegenen Grenzen, deren Überschreitung nicht so kostspielig, mit geringeren Risiken behaftet und auch mit nicht so hohen Anforderungen verbunden war. Die Amerikaner reisten ein letztes Mal ab und kehrten nicht mehr zurück. Dabei hinterließen sie nur wenige Spuren, die den Beweis liefern konnten, dass die Menschheit jemals ihre eigene Welt verlassen hatte.

Als der Kalte Krieg, der die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts fest im Griff gehabt hatte, wider Erwarten völlig unspektakulär zu Ende ging und die Weltwirtschaft durch den Crash nach der Jahrtausendwende regelrecht implodierte, standen die USA mit einem Mal in wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht als die letzte Supermacht da. US-amerikanische Unternehmen, die das technologisch fortschrittlichste Militär hinter sich hatten, beherrschten die Erde in einem Maß, wie es bis dahin noch nie ein Imperium getan hatte.

Die Ressourcen der Erde gingen zur Neige, und andere Nationen hielten woanders nach ihnen Ausschau. Viele Jahre, nachdem die Amerikaner fortgegangen waren, kamen wieder Menschen hier rauf, auf den Weg geschickt von anderen Nationen und Allianzen, auf der Suche nach dem materiellen und wissenschaftlichen Reichtum, den der Erdtrabant zu bieten hatte. Man baute Forschungslabore und legte Minen an, errichtete Raffinerien und an die niedrige Schwerkraft angepasste Fabriken, gründete für die Arbeiter Kolonien, die schon bald zu Kleinstädten herangewachsen waren. Nach immensen Investitionen wurden stattliche Gewinne eingefahren, von denen auch die Kolonisten profitierten.

Schließlich hoben auch die USA den Kopf, sahen hinauf zum Himmel und mussten erkennen, dass es nun die anderen waren, die sie in der Hand hatten. Also beschlossen die USA, dorthin zurückzukehren und das wieder an sich zu nehmen, was ihnen ihrer Ansicht nach rechtmäßig gehörte.

Teil eins – Operation Tranquillitatis

Das Sturmboot schaukelte, wippte und zuckte hin und her und folgte damit dem Zufallsbewegungsmuster, mit dem die gegnerischen Feuerkontrollsysteme in die Irre geführt werden sollten. Für die Soldaten, die in dem GTT, gepanzerten Truppentransporter, saßen, war es eine lästige, ärgerliche Erfahrung. Auf gleichmäßige Bewegungen konnte man sich einstellen und ihnen begegnen, aber bei dem Kurs, dem diese Boote folgten, war das wegen der ruckartigen Manöver schlicht unmöglich. Sergeant Ethan Stark fluchte vor sich hin, als ihn ein besonders heftiger Stoß gegen die Haltegurte warf.

»Bereithalten für Sprung!« Die Stimme des Lieutenants dröhnte über den Komm-Kanal und bohrte sich durch die erdrückende Stille. Das nur schwach beleuchtete, kastenförmige Innere des Transporters war grundsätzlich keine Umgebung, die gute Laune hervorrief, aber das Wissen darum, die erste Angriffswelle darzustellen, ließ die Anspannung deutlich in die Höhe schnellen. Stark schloss die Augen und konzentrierte sich ganz auf sich selbst.

»Sprung!«, rief Lieutenant Porter, und fast augenblicklich folgte das anschwellende Heulen der Hebeeinheiten des GTT. In Simulationen hatten sie die Landung unter den auf dem Mond herrschenden Schwerkraftbedingungen geübt, doch es war bereits jetzt klar, dass die reale Version nicht wie geplant ablief. Der Fahrer holte das Letzte aus dem Antrieb heraus, während der Sprung um mehrere Zehntelsekunden zu viel andauerte. Beides verhieß nichts Gutes.

Stark riss die Augen auf und sah den Lieutenant an, der vor lauter Unsicherheit verkrampft und stumm dasaß. »Bereit machen für Aufschlag!«, wies Stark seinen Trupp an, hatte aber noch nicht ganz ausgesprochen, da prallte der GTT mit solcher Wucht auf die Oberfläche, dass die wartenden Soldaten mit einem ganzen Schwall wüster Flüche reagierten. Von einer Seitwärtsbewegung begleitet richtete sich der Transporter wieder auf und beschleunigte erneut.

Der typische Infanterist kümmerte sich nicht um das, was draußen vor sich ging, aber Stark war alles andere als typisch. Als Truppführer wollte er genau wissen, was draußen vor sich ging – was weniger ein Kompliment für ihn war, als es vielmehr die Einsicht darstellte, dass auch ein Lieutenant im Gefecht schnell getötet oder so schwer verletzt werden konnte, dass er nicht länger handlungsfähig war. Dann musste ein Sergeant bereitstehen, um die Befehle der obersten Führung entgegenzunehmen und weiterzugeben. Allerdings werde ich es nicht mitmachen, dass sie mich bis dahin im Ungewissen lassen.

Stark drehte an einem Komm-Schalter und umging die Sicherheitssperren, damit er auf den einzig den Offizieren vorbehaltenen Kanal zugreifen konnte. Durch die Kombination aus der offiziellen Darstellung des Geschehens und dem absolut inoffiziellen Hintertürchen zum Kommandokanal wusste Stark ab jetzt genauso viel wie der Lieutenant – was ihn natürlich wie üblich in keiner Weise beruhigte.

»Wo zum Teufel sind wir?«, beschwerte sich der Lieutenant. »Meine Taktik kann sich nicht orientieren.«

»Wir befinden uns außerhalb der Ihnen aufgespielten taktischen Karte.« Die Stimme des GTT-Fahrers schien absichtlich so lakonisch zu klingen, um bereits aufgeputschte Bodentruppen in Rage zu versetzen. »Hier kommt eine passende Überspielung.«

Die Ausrüstung des Lieutenants brauchte ein paar Sekunden, um die zusätzlichen Karten runterzuladen. Tatsächlich zogen sich diese Sekunden noch ein wenig mehr in die Länge, da Stark heimlich die Übertragung anzapfte, um die gleichen Karten für sein eigenes taktisches System zu kopieren. Im nächsten Moment entrüstete sich Porter: »Verdammt! Die haben uns zwanzig Kilometer vom Ziel entfernt runtergeschickt!«

»Stimmt«, pflichtete ihm der GTT-Fahrer bei. »Und sie haben uns aus viel zu großer Höhe abgesetzt. Scheint aber keinen Schaden angerichtet zu haben. Ich bringe Sie mit Höchstgeschwindigkeit zu Ihrem Landepunkt.«

»Zwanzig Kilometer und eine zu große Höhe. Und Gott allein weiß, wo der Rest meines Zugs ist. Würde es etwas bringen, wenn ich Beschwerde einreiche?«

»Bringt das jemals was? Ich würde es ja meinem eigenen Commander sagen wollen, aber die haben sie offenbar so hart landen lassen, dass das Komm-System ihres Fahrzeugs ausgefallen ist.«

Nach diesem schwachen Trost aus dem Mund des GTT-Fahrers hielt auf dem Kanal wieder Stille Einzug. Stark ließ sich gegen seine Gurte sinken und widmete sich den neuen Karten, während sich sein Magen in Erwartung der Dinge verkrampfte, die da kommen mochten. Manchmal konnte man nichts anderes tun als zu warten. Zwanzig Kilometer würden ein paar Minuten in Anspruch nehmen, selbst wenn sie mit maximaler Geschwindigkeit vorankamen.

»Lieutenant?«, meldete sich der Fahrer auf einmal wieder; deutlich zu früh, als dass sie bereits ihr Ziel erreicht haben konnten.

»Hier«, meldete sich der mürrisch klingende Porter, »was ist?«

»Ich muss stoppen. Die Energiezellen sind überhitzt. Die müssen sich erst erholen, sonst gehen die hoch.«

»Hatten Sie nicht gesagt, dass der GTT bei der Landung keine Schäden davongetragen hat?«

»Hat er auch nicht.« Der Fahrer klang gekränkt. »Das ist ein Konstruktionsfehler. Manchmal überhitzen sich die Zellen, und dann kann man nichts anderes machen als das Fahrzeug anzuhalten, damit sie sich erholen können.«

»Wie weit sind wir vom Landepunkt entfernt?« Der Lieutenant schien unschlüssig, ob er sich in das Schicksal fügen sollte, das ihm dieser völlig verkorkste Tag beschert hatte, oder ob er lieber ausrastete.

»Vier Kilometer. Ich halte jetzt an«, verkündete der Fahrer. Er klang nervös. Vielleicht fürchtete er sich vor der Reaktion des Lieutenants, vielleicht war es aber auch nur seine Sorge um die Energiezellen.

»Das ist zu weit. Was passiert, wenn Sie die Zellen bis ans Limit strapazieren?«

»Dann gehen sie hoch.«

»Können wir noch so weit wie möglich ausrollen, falls das passiert? Wir müssen uns an den taktischen Plan halten«, beharrte Porter, »und der besagt, dass wir mit diesem Fahrzeug zu unserer Sturmposition gefahren werden.«

Stark verkrampfte sich und suchte hektisch nach den richtigen Worten, mit denen er den Lieutenant dazu bewegen konnte, den Rat des Fahrers zu beherzigen, doch das erledigte der dann selber für ihn.

»Ich würde davon abraten, Lieutenant. Sie sitzen auf den Energiezellen, und wenn die hochgehen, wird die Entladung ins Truppenabteil geleitet, noch bevor die Seitenverkleidungen sich öffnen können, um das nach draußen abzuleiten. So soll das eigentlich nicht ablaufen, aber das tut es nun mal, und Sie können mir glauben, dass es kein schönes Erlebnis ist. Ich habe das schon mal mit ansehen müssen.«

Lieutenant Porter hielt inne, dann erwiderte er mit zerbrechlicher Selbstbeherrschung in der Stimme: »Ich nehme an, das ist auch ein Konstruktionsfehler, richtig?«

»Lieutenant, ich fahre diese verdammten Dinger nur, ich entwickle sie nicht. Wollen Sie den Rest der Strecke gehen oder eine Stunde warten, bis sich die Zellen wieder abgekühlt haben?«

»Ich weiß es nicht! Warum zum Teufel habe ich im Moment kein Komm zu irgendwem?«

»Das weiß ich nicht, Lieutenant«, erklärte der GTT-Fahrer verzweifelt. »Hören Sie, Sie können entweder hier warten oder Sie gehen zu Fuß weiter. Es ist Ihre Entscheidung!«

»Ich brauche Befehle!«

Es wird Zeit, die Sache ins Rollen zu bringen. Stark lockerte seine Gurte ein wenig, beugte sich vor und tippte Porter auf die Kniepanzerung. Mit Unschuldsmiene sagte er: »Lieutenant, wir bewegen uns nicht mehr von der Stelle. Fallen wir nicht hinter den Zeitplan zurück?«

»Hinter den Zeitplan?«, wiederholte Porter und riss entsetzt die Augen auf. »Oh Gott! Verdammt! Wir werden gehen«, ließ er den Fahrer schroff wissen.

Unauffällig machte sich Stark bereit, damit der Lieutenant nichts davon mitbekam, dass er belauscht wurde, während er auf die Kommando-Frequenz wechselte.

»Okay, alle herhören«, kam dann der Befehl. »Der GTT ist defekt, und wir sind noch vier Kilometer von unserem ursprünglich vorgesehenen Landepunkt entfernt. Wir müssen zu Fuß weiter. Lassen Sie losmarschieren, Sergeant.«

»Jawohl, Sir.« Stark ignorierte das kollektive Aufstöhnen, das der Ankündigung des Offiziers über den Trupp-Kanal folgte.

»Ihr habt den Lieutenant gehört. Los, los! Und schön in Reih und Glied, sonst werdet ihr bis zum Umfallen trainieren, wenn wir das nächste Mal in der Garnison sind.«

Die Luke öffnete sich, die Soldaten begaben sich nach draußen und fielen fast unheimlich langsam nach unten, bis sie inmitten von Staub und verstreut herumliegenden Steinen landeten. Bei der Landung rollten sie sich völlig überflüssig, aber rein instinktiv ab. Im Aufstehen begriffen stellten sie sich in einer breit gefächerten Formation auf, wie es erfahrene Soldaten in einer unbekannten Umgebung stets tun.

Stark stand an der Luke und sorgte mit einem Fuß dafür, dass diejenigen Soldaten sich schneller in Richtung Oberfläche bewegten, die in dem Glauben zum Sprung angesetzt hatten, die Schwerkraft werde sich schon um den Rest kümmern. Der letzte Soldat verließ das Gefährt und ruderte auf eine fast komische Art mit den Armen, als versuche er sich an der nicht vorhandenen Atmosphäre festzukrallen, um sich nach Richtung Boden zu ziehen. Stark stieß sich vom Lukenrand ab, um auf dem Weg nach unten schneller zu werden, und folgte seinen Leuten mit den Füßen voran. Staubwolken stiegen dort auf, wo gepanzerte Militärstiefel gelandet waren, und sanken als weit verteilte Partikelfelder nur langsam wieder Richtung Boden.

Stark suchte den Horizont ab, wobei seine Augen unablässig zwischen dem verstärkten Bild der mit Steinen übersäten Ebene und dem unheimlichen Leuchten der Symbole auf seinem Heads-Up-Display hin und her wanderten. Außer den stabilen grünen Markierungen der eigenen Leute war auf dem Display nichts zu sehen. Nirgends leuchteten Signale auf, die auf eine Bedrohung hinwiesen, doch das bedeutete nicht, dass dort draußen auch tatsächlich keine verborgenen Gefahren zu finden sein würden. »Chen! Billings! Nicht so dicht zusammen, ihr seid hier nicht auf einem Date.«

Sofort gingen die beiden Individuen gehorsam auf Abstand zueinander. »Trupp einsatzbereit, Lieutenant.«

»Gut gemacht«, sagte Porter gedankenverloren. »Außerhalb des Trupps kann ich noch immer niemanden erreichen!«, fügte er hinzu und klang noch besorgter als zuvor.

Stark schaltete sein eigenes Display auf Fernabtastung, konnte aber nichts finden. Schon mit dem normalen, autorisierten Scan hätte er in der Lage sein müssen, das Vorrücken des restlichen Zugs zu beobachten. Der inoffizielle Zugang zum Kommandokanal hätte es ihm sogar ermöglichen müssen, jeden Bereich des Schlachtfelds zu beobachten. »Ich empfange auch nichts von außen, Lieutenant.«

»Wir müssen abbrechen. Etwas wird mit unserer Komm-Ausrüstung nicht in Ordnung sein. Anders lässt sich das nicht erklären.«

»Lieutenant, wenn unsere Komm-Ausrüstung nicht in Ordnung sein soll, wieso haben wir dann für den Trupp das volle Display zur Verfügung?«

»Das weiß ich nicht! Der Feind muss wohl die Komm-Leitungen auf den höheren Ebenen stören. Wie sollen wir so unsere Arbeit erledigen? In diesem Moment könnte der Rest der Brigade einem massiven Angriff ausgesetzt sein!«

Stark drehte sich um sich selbst, um den Horizont in allen Richtungen abzusuchen. »Würden dann nicht unsere eigenen Sensoren etwas davon anzeigen, Lieutenant? Dann sollten Trümmerwolken weit genug in die Höhe gewirbelt werden, dass wir sie sehen können. Der Boden würde von den Detonationen erzittern und …«

»Das weiß ich auch!«

»Und der taktische Zeitplan ist immer noch aktiv.« Auf Starks Display leuchtete der Countdown für diesen Plan gelb anstelle eines angenehmen Grüntons, der bedeutet hätte, dass sie sich noch im Rahmen dessen bewegten, was die Planer ihnen vorgegeben hatten. Porter zögerte immer noch. Stark bediente sich seiner Hintertür, um einen Blick auf die Aktionen des Lieutenants zu werfen, und stellte fest, dass der in aller Eile von einem Komm-Kanal zum nächsten wechselte und nach einer Verbindung zu seiner Befehlskette suchte. »Mein Zeitplan hat einen leicht orangefarbenen Ton angenommen, Lieutenant.«

»Orangefarben?« Porter atmete tief durch. Einerseits wollte er unbedingt die Anforderungen des Plans erfüllen, andererseits wollte er aber erst mit einer übergeordneten Autorität verbunden werden.

»Ja, Sir«, antwortete Stark. »Ich bin mir sicher, dass da irgendwo ein bisschen Rot durchschimmert. Wir hängen weit hinter dem Zeitplan hinterher.«

»Hören Sie auf zu drängen, Sergeant.«

»Jawohl, Sir.« Ich werde aber nicht so sehr drängen, dass du begreifst, dass ich tatsächlich dränge. Mit einer sorgfältig gewählten Mischung aus soldatischer Steifheit und Bedauern fuhr er fort: »Ich versuche nur mein Bestes, um den Lieutenant angemessen zu unterstützen und auf dem Laufenden zu halten.«

»Sergeant, ich …« Porter verstummte kurz, dann redete er unüberhörbar besorgt weiter. »Der Zeitplan ist tatsächlich orangefarben. Was sollen wir machen?«

»Eigenständig operieren, Lieutenant. Wir haben den Plan in unseren taktischen Daten.«

»Okay. Gute Idee, Sergeant. Befolgen Sie den Plan. Lassen Sie mich aber erst noch Befehle für den Trupp ergänzen, damit … oh verdammt!«, fluchte der Lieutenant in der nächsten Sekunde. »Ich kann die taktischen Daten nicht aktualisieren.«

Stark rief den eigenen Ablaufplan auf und stutzte, als das System sich weigerte, Anweisungen für seine Einheit anzunehmen. »Ich auch nicht, Lieutenant.«

»Wie großartig. Ist ja wunderbar«, kommentierte Porter mit einem zynischen Unterton. »Es gibt eine Sperre in unseren Systemen. Aktualisierungen werden nur akzeptiert, wenn man sie auf Brigade-Ebene eingibt.«

Stark überprüfte das und musste sich eine wütende Bemerkung verkneifen. »Es hieß, sie wollten nicht, dass irgendjemand im taktischen Plan herumpfuscht. Wissen Sie noch, Lieutenant?«

»Das hätten sie lieber den Idioten sagen sollen, die uns zwanzig Kilometer vom Ziel entfernt abgesetzt haben, und den Idioten, die einen solchen GTT entworfen haben, und auch den Idioten, die wahrscheinlich das Feuer auf uns eröffnen werden, weil unser Überraschungsmoment den Bach runtergegangen ist!« Porter unterbrach sich einen Moment lang, seine in der Gefechtsrüstung steckende Gestalt war zum lunaren Nordwesten hin ausgerichtet. »Also gut, Sergeant. Unsere ursprüngliche Landestelle liegt irgendwo in dieser Richtung. Dorthin werden wir jetzt einfach gehen, bis wir nahe genug dran sind, damit das taktische System uns den weiteren Weg zeigen kann.«

»Jawohl.«

»Beeilung, Sergeant! Wir laufen jetzt schon dem Zeitplan hinterher.«

»Jawohl, Sir. Folgt mir«, wies er seinen Trupp an und übernahm die Führung. Sein Display zeigte einen schmalen Pfeil an, der in die Richtung wies, die der Gyrokompass seines Anzugs für den lunaren Nordwesten hielt. Er konnte nur hoffen, dass der nicht durch den Aufprall des GTT bei der missglückten Landung beschädigt worden war. Dann aber konzentrierte er sich darauf, möglichst zügig in diese Richtung zu gehen und gleichzeitig auf Bedrohungen zu achten.

Jedes Mal, wenn er sich mit einem Fuß vom Untergrund abstieß, setzte er zu einem kurzen Flug an und schwebte wie in einem Traum über die Oberfläche. Dabei gab er eine perfekte Zielscheibe ab, während er Blut und Wasser schwitzte, da er nichts dringender wollte, als wieder Mondstaub und -gestein unter seinen Füßen zu spüren. Langsam fand er in den richtigen Rhythmus und schaffte es, seine Schritte so auszurichten, dass sie ihn nach vorn beförderten. Dabei musste er gegen die unter Erdschwerkraftbedingungen in Fleisch und Blut übergegangene Neigung ankämpfen, sich nach oben abzustoßen. Die Erfahrung aus tausend Fußmärschen über hundert verschiedene Untergründe kam ins Spiel und machte die Vorwärtsbewegung zu einem völlig automatischen Vorgang, damit sein Gehirn sich auf wirklich wichtige Aufgaben konzentrieren konnte. Dazu gehörte, die Umgebung nach möglichen Bedrohungen abzusuchen und die zwölf Angehörigen seines Trupps im Auge zu behalten.

Und irgendetwas fühlte sich nicht richtig an. Stark musterte aufmerksam sein Display, um herauszufinden, was genau seine Instinkte geweckt hatte.

Jeder und alles schien in Ordnung zu sein, aber an den Bewegungen seines Corporals störte ihn etwas. »Desoto, was ist los?«

Als der Corporal reagierte, klang seine Stimme etwas zu erschöpft, wenn man berücksichtigte, welche Strecke sie bislang zurückgelegt hatten. »Nichts, Sarge. Mein Anzug macht ein bisschen Ärger. Ist aber keine große Sache.«

»Ein bisschen Ärger?« Stark machte keinen Hehl aus seiner Skepsis und rief die Anzeigen für Desotos Systeme auf. »Verdammt, Pablo. Ich sehe hier, dass Ihre Umweltsysteme um dreißig Prozent abgebaut haben und weiter nachlassen.«

»Ja, ja. Das stabilisiert sich. Ich komme damit schon klar.«

»Nein, das tut es nicht. Und Sie kommen damit auch nicht klar.«

»Sarge, es geht mir gut.«

»Wollen Sie mit mir hier etwa einen Deal aushandeln, Desoto? Kehren Sie zum GTT zurück, aber sofort. Ich kann mit Ihnen hier nichts anfangen, wenn Sie einen Hitzschlag bekommen und sterben.«

»Sarge, ich kriege das schon hin«, beharrte Desoto in einem flehenden Tonfall.

»Zum Teufel. Ich habe Ihnen einen Befehl erteilt. Kehren Sie um!« Stark begutachtete seinen Trupp und ging im Geiste den Rest der Leute durch. Ein Corporal trug keine große Verantwortung, wenn man es mit dem verglich, was ein General zu entscheiden hatte. Aber solange ein Corporal Stark Rückendeckung gab, wollte er Gewissheit haben, dass er dem Soldaten auch vertrauen konnte. »Gomez.«

»Ja, Sarge?«

»Übernehmen Sie für Corporal Desoto.« Gomez konnte in der gegenwärtigen Formation des Trupps an einer besseren Position sein, aber sie war wachsam. Sehr wachsam sogar.

»Sarge? Ich bin kein Senioroffizier. Ein anderer sollte die Position übernehmen.«

Stark schnaubte aufgebracht. »Hat man euch allen was ins Essen getan, dass ihr auf einmal jeden Befehl mit mir ausdiskutieren wollt, anstatt ihn auszuführen? Gomez, Sie sind jetzt stellvertretender Corporal. Punkt. Erledigen Sie Ihren Job.«

»Ja, Sergeant.«

»Noch was, Gomez.«

»Ja, Sergeant?«

»Verbocken Sie’s nicht.«

Er hatte kaum ausgesprochen, da meldete sich Lieutenant Porter. »Sergeant! Wohin ist Corporal Desoto unterwegs?«

»Zurück zum GTT, Lieutenant. Anzugversagen. Private Gomez ist jetzt stellvertretender Corporal.« Er sagte es in einem selbstverständlichen Tonfall, als würde er eine Entscheidung mitteilen, aber nicht um Erlaubnis bitten.

»Warum weiß ich nichts davon?«

»Entscheidung auf Trupp-Ebene, Lieutenant. Das fällt in meinen Verantwortungsbereich.«

»Ich habe hier das Kommando, Sergeant! Sorgen Sie dafür, dass ich zukünftig über Aktionen auf dem Laufenden gehalten werde, die Sie vorhaben, damit ich nicht wieder nachfragen muss. Und holen Sie sich meine Zustimmung ein, bevor Sie etwas unternehmen.«

Aber sicher. Nur weil du deine eigenen Aufgaben nicht auf die Reihe bekommst, ist das ja noch lange kein Grund, dich nicht in meine Aufgaben einzumischen. »Ja, Lieutenant«, sagte er so ruhig und so sachlich, dass seine Antwort immer noch vage genug war, um auch beim nächsten Vorfall zu handeln, wann und wie er es für richtig hielt.

Stark kam recht gut voran, als ihm nach und nach bewusst wurde, dass sein Trupp ein Gebiet durchquerte, das ganz wie der gewaltigste Bombenkrater aller Zeiten aussah. Es erinnerte an die Schlachtfelder im Nahen Osten, auf denen er vor Jahren gekämpft hatte – von substrategischen Nuklearbomben geschaffene Löcher im Boden, nur um ein Vielfaches größer. Und diese Krater waren nicht von den winzigen Sprengladungen verursacht worden, wie Menschen sie konstruierten, sondern von der Artillerie des Himmels. Der Mond war davon übersät, wurde Stark plötzlich bewusst. Unwillkürlich musste er über die Vorteile nachdenken, von denen die Verteidigung eines solch zerrissenen Terrains profitieren konnte. Das Ganze war eine Ansammlung unzähliger natürlicher Festungsanlagen. Bedauerlicherweise war sein Trupp derzeit nicht damit befasst, irgendetwas zu verteidigen. Die Schatten waren so finster, dass sie wie eine massive schwarze Masse wirkten. Sie boten das ideale Versteck für Truppen, die sich dort auf die Lauer gelegt haben mochten.

Stark verspürte einen wachsenden Druck zwischen den Schulterblättern, während sich jeder Muskel anspannte. Seine Finger strichen über das Gewehr, das so angepasst worden war, dass ein Geschoss mit geringerer Geschwindigkeit als auf der Erde abgefeuert wurde. Dennoch musste er etwas tiefer zielen, als sein Instinkt es ihm sagte, wenn er nicht wollte, dass das Geschoss wegen der geringen Schwerkraft über das anvisierte Ziel hinwegflog.

»Gott sei Dank«, ertönte Lieutenant Porters erfreut klingende Stimme und riss Stark aus seinem wachsenden Unbehagen. »Das Komm funktioniert wieder!«

»Bestens«, murmelte Stark und rief das Bild auf, das den gesamten Zug zeigte. Unwillkürlich musste er den Kopf schütteln, da er sah, dass Sergeant Reynolds’ Trupp ebenfalls in einiger Entfernung unterwegs war. Ihre Leute hatte man offenbar auch weit vom Ziel entfernt abgesetzt. Trotzdem grinste er erleichtert. Sergeant Victoria Reynolds war eine alte Freundin von ihm und gleichzeitig eine der besten Soldatinnen, mit denen er je gedient hatte. Er war froh, dass sie es unbehelligt nach unten geschafft hatte.

»Hey, Vic«, rief er sie auf dem Kanal, den die Sergeants vor langer Zeit heimlich belegt hatten, um sich ungestört zu unterhalten. »Schön dich zu sehen. Da fühle ich mich gleich viel sicherer.«

»Hi, Ethan. Geht mir nicht anders.«

»Sieht so aus, als wärt ihr auch an der falschen Stelle gelandet.«

»Ja«, stimmte Vic zu und ließ ihr Missfallen darüber im Tonfall deutlich mitschwingen. »Alle sind nur noch daran gewöhnt, dass die automatischen Ortungssysteme auf der Erde ihnen das Denken abnehmen. Möge sie der Himmel davor bewahren, einmal im Leben selbst navigieren zu müssen!«

»Was war mit dem Komm los? Warum konnten wir euch nicht früher sehen? Hat der Feind irgendwie unsere Systeme gestört?«

»Keine Ahnung. Alle Offiziere sind rumgelaufen wie aufgescheuchte Hühner, weil sie niemanden erreichten, der ihnen hätte sagen können, was sie tun sollen.«

»Sergeant Reynolds?«, meldete sich Porter plötzlich, der nichts von der Unterhaltung ahnte, die er soeben unterbrochen hatte. »Wie sieht es bei Ihnen aus?«

»Gut, Lieutenant. Wir sind zwar noch nicht auf unserer Position, aber wir kommen gut voran und sollten bald wieder im taktischen Zeitplan liegen.«

»Gut, gut. Was gab es vorhin für ein Problem? Warum konnte ich nicht mit Ihnen reden und keine taktischen Daten austauschen?«

Reynolds antwortete in einem beschwichtigenden Unterton, damit Porter sich wieder beruhigte. »Irgendwas hat das Komm in diesem Sektor gestört, Lieutenant. Irgendeine Art von Software-Ausfällen in den Relais. Ist gerade erst erledigt worden.«

»Das Komm war gestört?« Porter klang völlig entsetzt. »Wie haben Sie Ihrem Trupp Befehle gegeben?«

»So wie Julius Cäsar, Lieutenant. Mit Handzeichen.«

»Oh. Na, gut. Wo ist Sanchez?«

»Ich weiß nicht. Sein Trupp hat es womöglich nicht bis unten geschafft.« Unwillkürlich zuckte Stark zusammen. Sergeant Sanchez war ein Mann mit Pokerface, der kaum Hinweise darauf erkennen ließ, was er gerade dachte, was ihm zusagte und was ihm missfiel. Aber er wusste genau, was er zu tun hatte, und er wurde von zwölf Soldaten begleitet.

Porter kam soeben zu dem gleichen Schluss wie Stark. »Oh mein Gott. Sein GTT ist abgestürzt?«

»Das glaube ich eigentlich nicht. Das hätten wir sehen und spüren müssen. Ich vermute eher, dass er gar nicht erst gesprungen ist. Sanchez berichtete mir davon, dass sich sein Fahrer über einige Systemausfälle beklagt hatte.«

»Warum erzählt er so was Ihnen, aber nicht mir?«

»Lieutenant, ich bin mir sicher, dass Sergeant Sanchez einen guten Grund dafür hat. Aber ich kann nur spekulieren, was …«

»Schon gut. Stark?«

»Ja, Lieutenant?«

»Ist Ihr Komm in Ordnung? Haben Sie das taktische Update von der Brigade erhalten?«

»Jawohl, Sir.« Stark sah sich die aktuellen Daten an. »Keinerlei Bedrohungen?«

»Bislang wurde nichts festgestellt«, bestätigte Porter. »Bis zum Ziel ist es noch ein weiter Weg. Gehen Sie weiter. Ich begebe mich zum Ersten Trupp, um mit Sergeant Reynolds Verbindung aufzunehmen.«

»Ja, Lieutenant.« Stark schaltete wieder auf den privaten Kanal zurück. »Hey, Vic, du bekommst Gesellschaft.«

»Hab ich schon gehört. Übst du dich wieder mal in Insubordination?«

»Ich mache nur meine Arbeit und versuche, meine Leute am Leben zu halten.«

»Sag ich doch.«

»Vic, es ist nicht meine Schuld, wenn Junioroffiziere nicht selbst denken können und nur darauf warten, dass die Senioroffiziere ihnen jeden Gedanken vorschreiben.«

»Deren Schuld ist es eigentlich auch nicht, Ethan. Junioroffizieren wird das Denken nicht gestattet. Jeder Schritt wird ihnen von Senioroffizieren vorgeschrieben, von denen sie auch noch unablässig beobachtet werden.«

»Vielleicht würden sie selbständiges Denken doch noch lernen, wenn sie länger als sechs Monate am Stück auf einem Posten blieben. Wir können das doch schließlich auch.« Dann ergänzte Stark: »Aber wenn sie eigenständig denken und sich die Zeit nähmen, um ihren Job richtig zu erledigen, hätten sie keine Chance auf eine Beförderung. Und damit würden aus ihnen niemals Senioroffiziere, die davon überzeugt sind, dass Mikromanagement der einzige gangbare Weg ist. Was für ein System ist das eigentlich?«

»Eines, das sich selbst erhält. Trotzdem könntest du etwas diplomatischer sein, Ethan.«

»Vic, ich bin Soldat. Ich unterhalte mich nicht freundlich mit Leuten, die mir gegenüber feindselig eingestellt sind. Ich töte so jemanden.«

Sie lachte, was sich in dieser trostlosen Leere ringsum irgendwie seltsam deplatziert anhörte. »Okay. Ich werde den Lieutenant besänftigen, Ethan.«

»Danke. Darum kann dich der Porter auch von allen am besten leiden.«

»Hör bloß auf.«

Keine Gefahren. In den so unheilvoll wirkenden Schatten hielten sich keine feindlichen Truppen versteckt, niemand hatte den Finger auf dem Abzug seiner Waffe, um das Feuer auf sie zu eröffnen. Die Schatten zu beiden Seiten waren nichts weiter als Schatten. Monotonie rückte an die Stelle der Anspannung. Offensiven sollten nicht monoton sein, aber hier fehlte es am Feind und an massiven Hindernissen. Und es fehlte sogar eine interessante Landschaft, es sei denn, man hatte etwas übrig für graue Steine in grauem, bis zum Horizont reichendem Staub. Die Sterne mochten einen schönen Anblick bieten, doch jeder Versuch, sie zu betrachten, garantierte praktisch, über einen der allgegenwärtigen Steine zu stolpern und im Mondstaub zu landen.

Zu monoton und viel zu ruhig. Stark aktivierte seine Piratenverbindung zum Kommandokanal, um herauszufinden, was der Lieutenant und die anderen vorgesetzten Offiziere vorhatten.

»… öde! Wir verlieren mit jeder Sekunde mehr Zuschauerpunkte!« Das klang für Stark ganz nach dem befehlshabenden General ihrer Brigade. Was zum Teufel redet er da? Zuschauerpunkte?

»Da ist niemand, mit dem gekämpft werden könnte, General«, beklagte sich eine andere Stimme.

»Das liegt nur daran, dass Sie zu langsam vorrücken! Nehmen Sie diese Einheit da. Wer ist das? Wer befehligt sie?«

»Die gehört zu Lieutenant Porters Zug«, antwortete ein anderer Offizier. Stark spürte, wie es ihm eiskalt über den Rücken lief.

»Porter! Sie liegen weit hinter dem Zeitplan!«

»Ja, General«, kam Porters sofortige Reaktion. »Wir wurden zwanzig Kilometer vom Ziel entf… «

»Warum rückt Ihre Einheit nicht schneller vor?«

»Ähm, General … die Doktrin …«

»Zum Teufel mit der Doktrin! Ich brauche hier Action, und zwar schnell. Lassen Sie diese Trupps zügig vorrücken!«

»Ja, General. Wird sofort erledigt.« Stark machte sich auf alles gefasst, als Porter sich auf dem offiziellen Kommandokanal bei ihm meldete. »Sergeant Stark, rücken Sie mit doppelter Geschwindigkeit vor.«

»Lieutenant«, begann Stark in wohlüberlegtem Tonfall. »Bei doppelter Geschwindigkeit sind wir zu schnell, um noch ausweichen zu können, sollten wir beschossen werden.«

»Es gibt nichts, dem Sie ausweichen müssten, Sergeant! Und jetzt beeilen Sie sich endlich!«

Es geht weiter bergab, und ich bin fast in der Talsohle angekommen. Stark überprüfte noch einmal den Scan und biss sich vor Anspannung auf die Unterlippe, aber es wurden keine gegnerischen Symbole angezeigt. Keine erkennbare Bedrohung. Wenn ich bei dieser Geschwindigkeit keine feindlichen Positionen feststellen kann, dann können wir uns auch etwas beeilen. Vielleicht haben wir das Überraschungsmoment ja doch noch auf unserer Seite. »Dritter Trupp, mit doppelter Geschwindigkeit vorrücken.«

Stöhnen und Fluchen war auf dem Kanal zu hören.

»Hört auf euch zu beklagen, beeilt euch lieber! Gomez, sorgen Sie dafür, dass Ihr Ende des Trupps mit meinem Ende auf gleicher Höhe bleibt. Lassen Sie niemanden zurückfallen.«

»Ja, Sergeant.«

Desorientierung drohte, als das Tempo erhöht wurde. Staub und Steine huschten unter einem hindurch. Wie groß die Felsen waren und wie viel Abstand zu ihnen existierte, ließ sich nur schwer einschätzen, weil durch die fehlende Atmosphäre alles verzerrt wirkte. Sah man nach unten, wurde einem davon schwindlig, dass der Kontrast zwischen tiefster Schwärze und blendendem Weiß an einem vorbeizuckte. Sah man nach oben zu den Milliarden Sternen, dann bekam man das Gefühl, ins All gezogen zu werden. Arme und Beine begannen zu rudern, weil der Verstand sich selbst weismachte, dass man ins All hinauffiel. Und über allem hing eine weiß gesprenkelte blaue Murmel, auf der die Menschheit mit Fug und Recht zu Hause war. Jeder mit einem Funken Verstand wusste, dass die Menschen dort ihre Kriege führen sollten.

»Verdammt noch … «, rief die stellvertretende Corporal Gomez, brach ab und stöhnte heftig auf.

»Alles in Ordnung, Gomez?«, wollte Stark wissen, der bereits den Status ihres Anzugs überprüfte.

»Ja, Sarge. Ich bin gestolpert und auf dem Gesicht gelandet.«

»Ihr Anzug scheint in Ordnung zu sein.«

»Ja, da ist nichts dran. Wie kann das nur sein, dass dieser verdammte Horizont so nah ist, wir aber nicht von der Stelle kommen, auch wenn wir uns noch so beeilen?«, wollte eine mürrische Gomez wissen.

»Das ist ganz einfach, Anita«, mischte sich Chen fröhlich ein. »Das ist wie ein Albtraum, weil du geradewegs in der Hölle gelandet bist, als unser GTT seine Bruchlandung hingelegt hat.«

»Dass ich in der Hölle bin, ist mir klar. Deine Anwesenheit ist Beweis genug.«

»Seid schon still, ihr Komiker«, befahl Stark. Es sollte kein Problem sein, wenn sich die Soldaten untereinander ein wenig auf den Arm nahmen, um die Anspannung etwas abzumildern. Immerhin hatte ja irgendjemand das Risiko als so gering eingestuft, dass sie sich ruhig im Eiltempo ihrem Ziel nähern konnten. Aber er hatte vor langer Zeit lernen müssen, dass man niemals einer Lageeinschätzung trauen durfte, die auf einer höheren als der Kompanie-Ebene getroffen worden war, erst recht nicht, wenn die Verantwortlichen weit weg von der Front waren. »Wir sind hier im Kampfeinsatz und unternehmen keinen Spaziergang. Wahrt gefälligst Funkdisziplin.«

»Ja, Sergeant«, sagte Gomez und klang ungewohnt betreten. »Es tut mir leid.«

»Es tut Ihnen leid?«, gab Stark schroff zurück.

»Ich bin stellvertretende Corporal. Sie sollten mich auf so etwas gar nicht erst aufmerksam machen müssen.«

»Richtig.« Manchmal holte etwas zusätzliche Verantwortung etwas mehr aus einem Soldaten heraus, manchmal aber auch nicht. In diesem Fall war es offensichtlich, dass Gomez sich der Last durchaus bewusst war, die auf ihr ruhte. »Aber entschuldigen Sie sich nicht, sondern führen Sie einfach Ihre Befehle aus.«

Stark schaltete sich wieder in den Kommandokanal ein, da er in Sorge war, dass es anderswo zu gefährlichen Situationen kam. Und ein wenig hoffte er auch darauf, mitzubekommen, wie Porter erneut von seinen Vorgesetzten zur Schnecke gemacht wurde. Aber er hörte nur einen Schwall von detaillierten Befehlen, die von Offizieren unablässig an ganze Einheiten und Einzelpersonen ausgegeben wurden, ohne sich um die dazwischen noch befindlichen Befehlsebenen zu kümmern. Also alles wie immer. Was haben die Offiziere eigentlich früher gemacht, als es noch keine Ausrüstung gab, mit der sie uns ständig über die Schulter schauen konnten? Er wechselte wieder den Kanal und rief Sergeant Reynolds. »Vic? Bist du beschäftigt?«

»Eigentlich nicht, wenn ich bedenke, dass das hier eine Offensive sein soll«, gab sie ironisch zurück. »Was gibt’s denn?«

»Was hat es mit diesem Gerede über Zuschauerpunkte auf sich?«

»Was soll es damit auf sich haben?«

»Ich weiß nicht, was das bedeuten soll, und es gefällt mir nicht, wenn es bei einem Kampfeinsatz irgendetwas gibt, das ich nicht verstehe.«

Nach kurzem Zögern erwiderte Vic: »Dieser Angriff wird daheim mit weniger als einer halben Stunde Verzögerung im Vid übertragen.«

»Was?«

»Die Audio- und Videodaten unserer Ausrüstung werden direkt zur Öffentlichkeitsarbeit geschickt«, erklärte Vic geduldig. »Von da werden sie an die Networks verteilt. Herzlichen Glückwunsch, du bist ein Vid-Star.«

»Ich will kein verdammter Vid-Star sein. Warum zum Teufel machen die das?«, wollte Stark außer sich vor Wut wissen. »Ich will nicht, dass der Feind bei unseren zivilen Networks sehen kann, was ich hier tue.«

»Die Verzögerung soll ausreichen, damit uns nichts passiert. Solange wir im Zeitplan liegen.«

»Was wir bereits nicht mehr tun. Diese verdammten Planer sind immer viel zu optimistisch, wenn sie sich so etwas ausdenken.«

»Ich weiß, Ethan. Meine Idee war das auch nicht.« Mit einem Mal klang Vic kurz und knapp. »Ich muss Schluss machen. Wir nähern uns dem Ziel.«

»Roger. Wir auch.« Stark schaute in die Ferne und suchte nach einem Sichtkontakt mit dem Ziel, von dem das taktische System behauptete, dass es nicht mehr weit entfernt war.

Konzentrier dich auf das, was vor dir liegt. Plötzlich kam etwas in Sichtweite, als er sich dem Rand eines kleineren Kraters näherte. Es war ein Objekt auf der Mondoberfläche, das auf Starks Infrarotanzeige wie eine Neonreklame strahlte. Abwärme. Jede Menge Abwärme. Sieht ganz so aus, als hätten sie keinen Ärger erwartet, wenn sie sich keine Mühe geben, so was wie das hier zu tarnen. Das war ein gutes Zeichen.

»Ich habe Sichtkontakt zum Ziel«, meldete Murphy.

»Ja, ich auch«, gab Stark zurück. »Das sollte die Hauptschleuse auf dem Weg zu unserem Ziel sein. Mendoza, suchen Sie die Tür nach Fallen und Alarmanlagen ab. Gomez, Sie bleiben mit Billings und Carter zurück, um uns Rückendeckung zu geben, bis die Luke geöffnet ist. Alle anderen rücken dorthin vor.«

Alles lief reibungslos ab, ganz so, wie sie es tausendmal an hundert verschiedenen Orten gemacht hatten, nur dass dieser Ort sich grundlegend von allen bisher da gewesenen unterschied. Stark näherte sich vorsichtig der Luke, hockte sich mit feuerbereiter Waffe in der Hand hin, dann gab er Mendoza Deckung, als der Private seine Ausrüstung zur Hand nahm und den Zugang nach Verteidigungs- und Alarmanlagen absuchte.

»Da ist nichts anderes zu entdecken als der standardmäßige Ankunftsmelder«, berichtete Mendoza. »Kein Hinweis darauf, dass die hier mit Schwierigkeiten rechnen.«

»Gut. Dann …«

Eine andere Stimme ging abrupt dazwischen. »Was ist das? Was sehen Sie sich da an, Sergeant?«

Ehe er antwortete, sah sich Stark zunächst die ID der Übertragung an. Der Brigadestab hatte offenbar entschieden, seine Aufmerksamkeit auf Starks kleinen Beitrag zu dieser Operation zu richten. »Das ist eine Tür, Colonel.«

»Eine Tür? Auf dem Mond?«

»Eine Luke, Sir. Die Hauptluftschleuse, die ins Innere unseres Zielobjekts führt.«

»Bei dem es sich um ein Labor handelt, richtig, Sergeant? Ein Forschungslabor, das sich mit … ähm … mit den Produktionstechniken für ein neues synthetisches Material bei geringer Schwerkraft beschäftigt.«

Was immer das auch heißen soll. »Das ist das, was meine taktischen Systeme mir auch sagen, Colonel.«

»Gut. Gut. Na, dann holen Sie Ihre Leute zu sich und machen Sie sich zum Eindringen bereit.«

Mit übertriebener Geduld in seinem Tonfall gab er zurück: »Meine Leute sind schon hier und auch bereit, Sir.«

»Dann rein mit ihnen, Mann!«

Stark deutete in Richtung der Luftschleuse zum Labor. »Also gut, ihr Affen …«

»Einen Moment noch!«, ging eine andere Stimme dazwischen. »Ist die Luke nach Sprengfallen abgesucht worden?«

Stark musste sich auf die Lippe beißen, ehe er diesmal antworten konnte: »Ja, General.«

»Ist sie in Ordnung?«

»Ja, General.«

»Ich will nicht, dass diese Einrichtung unnötig stark beschädigt wird, Sergeant! Sagen Sie diesem Private … nein, warten Sie. Wie heißt der Private?«

»Mendoza, General, er ist …«

»Private Mendoza«, fiel der General ihm ins Wort. »Suchen Sie die Luke noch einmal nach Sprengfallen ab!«

»J-jawohl, Sir«, stammelte Mendoza. Die wenigen Sekunden, die der erneute Scan dauerte, zogen sich in die Länge. »Sieht alles sauber aus, General.«

»Sieht alles sauber aus, oder ist alles sauber?«

»Es ist alles sauber, Sir«, korrigierte sich Mendoza hastig.

»Dann nichts wie rein mit Ihnen«, befahl der General.

»Danke, Sir«, antwortete Stark bedächtig.

»Und achten Sie darauf, dass Sie eine gute Figur machen! Denken Sie immer dran: Wir sind Herr der Lage!«

Ich denke eher daran, dass es einmal eine Befehlskette gab, dachte Stark mit finsterer Miene. »Jawohl, Sir.«

Die Luke öffnete sich ohne jeglichen Protest und frei von irgendwelchen Verteidigungsmechanismen, ganz so, wie Mendoza es vorausgesagt hatte. Der Trupp drängte nach drinnen, die Waffen einsatzbereit, während die Atmosphäre in der Schleuse wiederhergestellt wurde. Unmittelbar bevor sich die innere Luke öffnete, erwachte ein kleiner Bildschirm zum Leben. Ein eulenähnliches Gesicht tauchte auf und blinzelte erstaunt in die Kamera. »Wer ist da? Wir erwarten heute keine Besucher, erst recht nicht so früh am Tag.«

»Das ist der Sinn der Sache, Ziv«, erwiderte Gomez grinsend, während sich die innere Luke öffnete. »So was nennt man Überraschung.«

»Überraschung?« Der zivile Wissenschaftler zwinkerte verwundert. »Ich verstehe nicht. Für wen soll denn diese Überraschung sein? Soll ich kommen und Sie abholen?«

»Bleiben Sie einfach, wo Sie sind«, riet Stark. »Wir werden zu Ihnen kommen.« Dann wandte er sich an seinen Trupp und deutete mit einer Hand auf die offene Luke. »Abmarsch! Treibt die Zivs zusammen, bevor sie merken, was los ist.«

Seine Soldaten bildeten Feuerteams, jedes folgte einer eigenen, im taktischen Plan festgelegten Route durch die grobschlächtig in den Fels gehauenen Korridore des Laboratoriums. Stark nahm zwei Privates mit und rückte im längsten Gang vor, bis der einen rechtwinkligen Knick machte. Stark blieb stehen und machte sich darauf gefasst, einen Sprung nach vorn folgen zu lassen und sofort das Feuer zu eröffnen, sollte das notwendig werden.

»Sergeant!« Stark zuckte nervös zusammen und fluchte, als eine weitere Übermittlung ihn noch mehr aus seiner Konzentration holte. »Seien Sie vorsichtig, wenn Sie um die Ecke biegen!«

»Ja, Colonel«, zischte Stark verbissen.

»Hinter der Ecke könnte Sie bewaffneter Widerstand erwarten«, redete der Colonel weiter. »Achten Sie darauf, dass Ihre Soldaten Ihnen Rückendeckung geben.«

»Das tun sie, Colonel«, versicherte Stark seinem weit entfernten Befehlshaber und murmelte gleich darauf: »Und verschwinden Sie endlich aus meinem Ohr und lassen Sie mich den verdammten Job machen!«

»Was war das, Sergeant? Den letzten Satz konnte ich nicht verstehen.«

»Ich habe nichts gesagt, Colonel«, beteuerte Stark prompt.

»Ich habe doch was gehört. Major, haben Sie nicht auch was gehört?«

»Ja, Colonel«, meldete sich eine zweite Stimme zu Wort. »Da war irgendetwas.«

»Mit dem Komm-System Ihres Anzugs stimmt womöglich etwas nicht«, überlegte der Colonel. »Starten Sie eine Diagnose, Sergeant.«

»Colonel, ich stecke gerade mitten in einer Operation und …«

»Lassen Sie mal, ich werde die Diagnose von hier aus anordnen. Wir können nicht riskieren, dass Sie den Kontakt zum Hauptquartier verlieren.«

Stark wollte noch in aller Eile protestieren, musste aber innehalten, als ein blinkendes rotes Signal auf seinem Heads-up-Display anzeigte, dass sich sein Anzug abgeschaltet hatte, um die Diagnose zu starten. Mit der Faust schlug er wiederholt gegen die nächstbeste Felswand und warf den beiden Pri­vates warnende Blicke zu, die so taten, als wären sie sich sei­ner Situation nicht bewusst. Da er weder vorrücken noch mit sei­nem Trupp Kontakt aufnehmen konnte, kochte Stark vor Wut, während kostbare Sekunden verstrichen, in denen der Anzug die Hardware und Software des integrierten Kommunikationssystems überprüfte. »Oh bitte, lieber Gott«, betete er, »wenn mein Komm wieder aktiv wird, dann lass diesen nutzlosen Brigadestab ein anderes winziges Detail auf diesem riesigen Schlachtfeld finden, das er zu Tode managen kann.«

Grüne Lichter blinkten auf und verkündeten, dass die Diagnose abgeschlossen war. Gebannt hielt er den Atem an und erwartete jeden Moment weitere Verhaltensmaßregeln vom Hauptquartier. Aber es herrschte nur Schweigen. Ich schätze, die Diagnose ist ihnen zu langweilig geworden, und sie haben sich einen anderen armen Kerl gesucht, dem sie erzählen können, wie er seine Schuhe zu schnüren hat.

Stark näherte sich der Ecke und gab den beiden Privates ein Zeichen, zu ihm aufzuschließen. Dann verharrte er in seiner Position. Sämtliche Trainingssimulatoren bestanden an diesem Punkt darauf, dass man den Finger ausstrecken sollte, um mit den fiber-optischen Sensoren in der Fingerspitze des Anzugs einen Blick um die Ecke zu werfen. Das trug zwar dazu bei, dass einen keine Überraschungen erwarteten, aber leider wusste damit auch ein auf der Lauer liegender Feind, dass an der Fingerspitze ein Soldat hing, der früher oder später um eben diese Ecke kommen würde.

»Gehen wir«, raunte Stark den beiden zu, machte einen Sprung nach vorn und ging mit der Felswand im Rücken in Position, das Gewehr auf den vor ihm liegenden Abschnitt des Korridors gerichtet. Zwei Zivs kamen ihm in gemächlichem Tempo entgegen, offenbar in eine interessante Unterhaltung vertieft. Erst wurde einer von ihnen auf die bedrohliche gepanzerte Gestalt aufmerksam, dann reagierte auch der zweite, bis beide mit vor Erstaunen offenstehendem Mund zum Stehen kamen. Stark winkte seine Privates zu sich und aktivierte den Außenlautsprecher. »Achtung. Diese Einrichtung ist von den Streitkräften der Vereinigten Staaten besetzt worden«, erklärte er. »Sämtliches Personal wird in Schutzhaft genommen. Auf jeden Widerstand werden wir entsprechend reagieren.«

Die Privates traten zu den beiden Zivs, die von den Ereignissen offenbar so überrumpelt worden waren, dass sie gar nicht erst versuchten, Widerstand zu leisten. Mit ihren Waffen dirigierten sie die zwei in Richtung Wand. »Billings«, befahl Stark. »Bringen Sie die beiden mit. Murphy und ich gehen zum Labor.« Auf dem taktischen Plan war das Labor selbst als der größte Raum dargestellt, der zugleich als das letzte einzunehmende Ziel ausgewiesen wurde.

Da seiner Ansicht nach Schnelligkeit notwendig war, um das Überraschungsmoment auszunutzen, das offenbar auf ihrer Seite war, legte Stark einen Sprint ein. Er folgte dem Korridor, bog nach rechts ab und wollte dann ein weiteres Mal nach rechts laufen, doch der Versuch endete vor einer Wand aus massivem Mondgestein. »Oh, verflucht.«

»Sarge?«, fragte Murphy irritiert, »sollte sich da nicht auch ein Korridor befinden?«

»Sollte ja, tut er aber nicht. Offenbar haben die gar nicht alles fertiggestellt, was in den Plänen vorgesehen war, die der Geheimdienst in die Finger bekommen hat.«

»Und was machen wir nun, Sarge?«

Die Doktrin beschrieb das unmissverständlich. Abweichungen von den Vorgaben des taktischen Plans waren nicht gestattet, was für Stark bedeutete, dass er jetzt die Befehlskette bis zu dem Colonel durchgehen musste, der für diesen Sektor zuständig war und der bestätigen musste, dass der Sergeant tatsächlich vor einer Felswand stand. Dann würde der ihm neue Befehle zur weiteren Vorgehensweise runterladen, die Stark stattdessen zu befolgen hatte. Wo kämen wir auch hin, wenn jeder Infanterist seine eigenen Entscheidungen träfe! Auf Verdacht überprüfte er, welche Verzögerungszeiten das Komm-System seines Anzugs angab, dann musste er grinsen. Wie erhofft war der Anstieg der Kommunikationsvorgänge während des Angriffs so immens ausgefallen, dass die Systeme der Brigade nicht mehr mitkamen. Die Verzögerungen waren von Sekunden auf Minuten angewachsen, was ihm kostbare Zeit verschaffte, um etwas zu unternehmen, bevor irgendein übergeordneter Entscheidungsträger erkennen konnte, dass er vom taktischen Plan abgewichen war.

»Folgen Sie mir«, rief er Murphy zu und lief los, um den auf seiner Karte nächstgelegenen anderen Zugang zum Labor zu erreichen. Starks Display zeigte ihm an, dass seine anderen Feuerteams hier bereits entlanggekommen waren, weshalb er sich nicht vorsichtig Schritt für Schritt voranbewegen musste, sondern Boden gutmachen konnte, bevor die wenigen verfügbaren Minuten verstrichen waren und irgendein Offizier darauf aufmerksam wurde, dass er sich nicht auf dem vom taktischen Plan vorgegebenen Weg befand.

Manchmal war es eine gute Idee, einfach nur schnell vorankommen zu wollen, doch diesmal war das nicht der Fall. Sie bogen um eine Ecke und sahen sich einem Mann gegenüber, dessen Uniform die eines Gesetzeshüters zu sein schien – einschließlich einer in einem Holster steckenden Schusswaffe. Der Augenblick des beiderseitigen Erstaunens endete damit, dass der Mann nach seiner Pistole griff. Stark, der sich mitten in einem ausholenden Schritt bei geringer Schwerkraft befand, sah mit an, wie Murphy sein Gewehr hochnahm und zielte, dann jedoch zögerte. »Erschießen Sie ihn schon, verdammt!«

»Aber, Sarge, diese Pistole kann nicht …«

Stark war zum Stehen gekommen und hatte die Balance zurückerlangt. Sofort riss er sein eigenes Gewehr hoch und schoss auf den Fremden, der in Bauchhöhe getroffen und durch die Wucht des Geschosses gut einen Meter nach hinten geschleudert wurde. »Nehmen Sie seine Waffe an sich«, befahl er Murphy. »Machen Sie so was nie wieder!«

»Aber, Sarge …«

»Kein Aber!« Starks Waffe war stur auf den angeschossenen Mann auf dem Boden gerichtet, doch seine Wut galt unübersehbar Private Murphy. »Mir ist egal, wie unwahrscheinlich es ist, dass eine Patrone aus dem Ding da unsere Rüstung durchschlägt. Sie gehen keine Risiken ein, und Sie überlegen nicht erst. Wenn der andere eine Waffe hat, schießen Sie, selbst wenn es sich dabei nur um eine Wasserpistole handelt.«

Murphy hob die Pistole auf, vermied es aber, Stark anzusehen. »Tut mir leid, Sarge.«

»Das will ich auch hoffen.« Stark kämpfte gegen seine Wut an und ließ die Waffe sinken. Blut drang aus der Schusswunde im Bauch und stieg in der geringen Schwerkraft viel höher auf, als es nach den Gefechtserfahrungen auf der Erde der Fall hätte sein sollen. »Sehen Sie hin, Murphy. Sehen Sie sich das genau an. Ich möchte nicht, dass Sie so enden. Jetzt benutzen Sie Ihr Medkit und schaffen Sie den Kerl dann ins Labor.«

»Okay, Sarge. Keine Sorge, Sarge. Ich weiß, was ich falsch gemacht habe.«

»Gut.«

Stark ging weiter auf sein Ziel zu und betrat das Hauptlabor genau in dem Moment, in dem ihn eine wütende Anfrage erreichte. »Sergeant, warum folgen Sie nicht Ihrem taktischen Plan?«

»Das tue ich doch, Sir«, erwiderte er in einem Tonfall, der verletzte Verständnislosigkeit vortäuschte. »Der taktische Plan gibt das hier als mein Ziel an, und hier bin ich.«

»Aber …«, wollte der Offizier einwenden, wurde dann aber offenbar durch die Anzeige einer anderen nicht autorisierten Aktion abgelenkt. »Ah, gut. Weitermachen.«

»Ja, Sir.« Stark verschaffte sich ein Bild von der Lage. Eine große Gruppe Zivs – die meisten in einheitlich weißen Laborkitteln, andere in der Kleidung, die sie getragen hatten, als sie aus dem Schlaf gerissen worden waren – stand aneinandergedrängt da und starrte mal mehr, mal weniger ratlos die Angehörigen seines Trupps an. Stark entdeckte seinen stellvertretenden Corporal. »Irgendwelche Probleme, Gomez?«

»Keine Probleme, Sargento«, meldete sie gut gelaunt. »Ach ja, ein paar Zivs wollten zuerst nicht mitkommen, aber es war nicht viel nötig, um sie umzustimmen.«

Stark sah sich wieder die Wissenschaftler an und stellte bei mindestens einem fest, dass sich da ein blaues Auge entwickelte. »Wurde einer von ihnen verletzt?«

»Nein, Sarge. Na ja, vielleicht ein bisschen.«

»Gut. Die Zentrale Verarbeitungsstelle soll sich um sie kümmern.« Dann schaltete Stark den Lautsprecher an, um sich an die Zivilisten und an seinen Trupp zu wenden. »Diese Einrichtung ist mit sofortiger Wirkung vom US-Militär besetzt. Sie werden hier zu Ihrem eigenen Schutz bewacht, bis ein Fahrzeug eintrifft, das Sie zu einer zentralen Stelle bringen wird, von der aus man Sie in Ihr jeweiliges Heimatland auf der Erde zurücktransportieren wird. Niemandem wird etwas zustoßen, sofern Sie …«

Eine Ziv trat vor und unterbrach Starks Ansprache, ihre dunklen Augen blitzten wutentbrannt auf, während sie die Hände bedeutungsvoll hochhob. »Gehen Sie weg von hier! Sie stören uns bei unserer Arbeit, und Sie befinden sich widerrechtlich auf Privateigentum.«

»Ma’am, wie ich soeben erklärt habe, gehört dieses Territorium jetzt der US-Regierung.«

»Piraten! Söldner!« Stark spürte, wie sich sein Trupp in seinem Stolz getroffen fühlte, als sie die »Söldner«-Rufe hörten.

»Ma’am, wir sind keine Söldner«, stellte er energisch klar. »Wir lassen uns nicht fürs Kämpfen bezahlen.«

»Mir ist egal, wie Sie das für sich selbst definieren!« Die Ziv sah Stark finster an. »Das ist illegal. Euch Amerikanern gehört schon alles auf der Erde! Genügt das nicht? Müssen Sie jetzt herkommen und uns das hier auch noch wegnehmen?«

»Ma’am, meine Befehle lauten …«

»Das ist Piraterie!«, beharrte sie und sah zu den anderen Zivs im Raum, damit die ihr Rückhalt gaben. »Sie haben kein Recht, diese Einrichtung zu besetzen.«

»Ma’am«, antwortete Stark bedächtig und betonte dabei jedes Wort. »Dafür bin ich nicht zuständig. Wenn Sie sich beschweren möchten, tun Sie das bei meinem Lieutenant. Ich befolge nur meine Befehle.«

»Dann sagen Sie Ihrem Lieutenant, dass Sie alle sofort von hier weggehen müssen.«

Stark hob sein Gewehr an, das matte Metall schimmerte im Schein der Laborbeleuchtung bösartig. Diese simple Geste genügte, damit die Zivs alle zu ihm sahen und dabei die Augen vor Angst und Sorge weit aufrissen. »Mein Befehl lautet, diese Einrichtung einzunehmen und sämtliches Personal unter Schutz zu stellen.«

»Ihre Befehle interessieren mich nicht!«

»Das ist Ihr gutes Recht, Ma’am. Aber wir werden auf jeglichen Widerstand entsprechend reagieren.« Stark drehte seine Waffe so, dass der Lauf auf die zivilen Wissenschaftler zeigte. »Sie haben die Wahl.«

Die meisten Zivs hoben daraufhin die Arme, trotz der kühlen Luft brach ihnen der Schweiß aus. Während die Übrigen noch überlegten, wie sie sich entscheiden sollten, traf Murphy ein, der den angeschossenen Mann hereintrug. Der war vor Schock kreidebleich, aber er atmete noch. Bei diesem Anblick gingen auch noch die Arme der bis dahin Unentschlossenen nach oben. Nur die wütende Frau bot Stark nach wie vor die Stirn.

»Sie haben ihn umgebracht«, sagte sie in einem vorwurfsvollen, aber auch fragenden Tonfall.

»Jeder, der so wie er meine Leute bedroht, bekommt die gleiche Behandlung.«

Die Ziv ballte die Fäuste. »Ich werde Ihr Handeln nicht legitimieren, indem ich kooperiere.«

»Wie Sie meinen.« Stark sah zu Gomez und deutete mit dem Daumen auf die Ziv. »Erledigen Sie das.«

Obwohl das Gesicht hinter dem Visier verborgen war, wusste Stark genau, dass Gomez grinste, als sie näher kam und dann in einer schnellen Bewegung den Kolben ihres Gewehrs gegen das linke Schienbein der Frau schnappen ließ. Die knickte mit einem erstickten Schmerzensschrei ein, aber Gomez kehrte im gleichen Moment die Bewegungsrichtung ihrer Waffe so um, dass die Ziv auch noch einen Schlag gegen das Kinn erhielt. Dann kniete sie sich neben der benommenen Frau hin und legte ihr geschickt ein Paar Dally-Cuffs um die Handgelenke. Die Dallys zogen sich automatisch zusammen, ihr Fasergemisch bildete eine nicht durchtrennbare zweite Haut gleich über den Händen der Frau. »Sie können versuchen, sie durchzuschneiden, Señora«, sagte Gomez im Plauderton zu ihr, »aber wenn Sie das machen, werden Sie verbluten. Comprendo?«

Die Ziv nickte benommen und ließ sich zusammen mit den anderen Gefangenen in eine Ecke des Raums führen. »Lieutenant?«, sagte Stark über den Kommandokanal. »Wir haben das Zielobjekt eingenommen.«

»Roger. Irgendwelcher Widerstand?«

»Ein mutmaßlicher Gesetzeshüter wurde verwundet, aber nicht lebensbedrohlich.«

»Zu schade. Der Brigadestab beschwert sich schon, dass es bei diesem Sturm zu wenige Gefechte gegeben hat.«

Stark atmete tief durch und starrte wütend vor sich hin. »Wir haben keine Opfer zu beklagen, Lieutenant.«

»Das ist gut, Sergeant. Ein GTT wird in etwa dreißig Minuten Ihre Position erreichen, um die Gefangenen abzuholen. Passen Sie auf, dass die nicht in der Zwischenzeit eine Atombombe bauen.«

»Ja, Sir.« Starks wütender Blick wanderte zu den Ziv-Wissenschaftlern, die sich dicht neben Ausrüstungsgegenständen aufhielten, von denen er nicht wusste, welchem Zweck sie dienen mochten. »Gomez, achten Sie drauf, dass die nichts anfassen. Und damit meine ich: absolut nichts. Wenn sich einer von denen nur am Hintern kratzen will, brechen Sie ihm die Hand.«

»Si, Sargento. Ihr habt den Sergeant gehört?«, fragte Gomez die Zivs, die jetzt so erstarrt dastanden, dass einige nicht mal zu nicken wagten, um auf die Frage zu reagieren. »Gut. Also macht niemand Ärger. Ich gehe nämlich nicht gern gegen Leute vor, die sich nicht wehren können. Aber ich werde es tun, wenn es sein muss.«

Stark entspannte sich nicht, sondern patrouillierte unablässig in den Korridoren des Laboratoriums und hielt Ausschau nach Gefahren aller Art, bis der GTT eintraf, der dreißig Minuten länger als die angekündigte halbe Stunde gebraucht hatte. Mit dem GTT kam auch Desoto zum Labor, der verärgert darüber war, die Einnahme des Komplexes versäumt zu haben, obwohl die völlig ereignislos verlaufen war. »Ich hätte beim Trupp bleiben sollen«, beklagte er sich bei Stark.

»Klar, dann hätten wir genug Action damit gehabt, zu verhindern, dass Sie in Ihrem Anzug geschmort werden. Ich muss mich bei einem Angriff schon auf genug anderes konzentrieren, da brauche ich so was nicht auch noch.«

Desoto sah einen Moment lang zu Boden, dann nickte er. »Sie haben recht, Sergeant. Ich hätte mich nicht beschweren sollen.«

»Verdammt«, erwiderte Stark grinsend, »Sie können sich jederzeit beschweren, Pablo. Das ist die eine Sache, die das Militär Ihnen niemals wegnehmen kann.« Dann wurde er wieder ernst. »In einer Gefechtssituation kann ich meine Zeit nicht damit verbringen, über andere Dinge als meine Aufgabe nachzudenken. Meine Gefühle kümmern niemanden und Ihre Gefühle ebenfalls nicht. Genauso unwichtig ist, was jeder einzelne Affe in diesem Trupp mag oder nicht mag. Sie sind ein Corporal, Pablo. Das dürfen Sie nicht vergessen. Wenn doch, dann feuere ich Sie und befördere jemanden, der es nicht vergisst.«

Desoto ließ erneut den Kopf hängen. »Stimmt. Ich werde es nicht vergessen, Sergeant.« Er sah nach links und rechts, um die Teile des Labors zu betrachten, die in seinem Blickfeld lagen. »Wie lange werden wir hierbleiben?«

»Wenn wir Glück haben, noch eine ganze Weile. Hier waren ungefähr zwanzig Zivs untergebracht, einschließlich einer mit allem ausgestatteten Küche. Sämtlicher Luxus so wie zu Hause. Außerdem wurde das Kraftwerk, das dieses Labor versorgt, von Gefechtsingenieuren des Zweiten Bataillons übernommen, also gibt es für uns keinen Grund zur Sorge.«

»Wow.« Desotos Erleichterung wich schnell wieder einer düsteren Laune.

»Einige Stabsoffiziere werden das hier übernehmen wollen, sobald sie davon erfahren.«

»Ach was. Ich habe gehört, dass es hier noch viel Schöneres gibt.« Die Fähigkeit, eine Grundausstattung als Luxus anzusehen, beruhte allein darauf, dass Soldaten sich normalerweise mit deutlich schlechteren Verhältnissen zufriedengeben mussten.

»Sarge?«, rief Murphy aus dem Raum, den sie zu ihrem Befehlsstand erklärt hatten. »Wir haben hier einen Anruf für Sie von Sergeant Reynolds.«

Reynolds machte auf dem Komm-Bildschirm einen behaglichen Eindruck. Sie rekelte sich in einem Sessel, der auf der Erde angemessen gepolstert gewesen wäre, der aber für die geringe Schwerkraft auf dem Mond maßlos übertrieben war. »Alles gesichert, Ethan?«

»Ohne Probleme«, meldete Stark. »Was gibt’s Neues?«

»Wir können uns wohl häuslich niederlassen«, sagte Vic. »Der Befehl lautet, die eingenommene Einrichtung bis auf Weiteres besetzt zu halten.«

»Das ist alles? Nicht, dass ich mich beklagen möchte. Wir haben hier ganz gute Räumlichkeiten. Aber wir sollen uns nicht verschanzen?«

»Nein, sollen wir nicht. Die Oberen wollen nicht, dass irgendwas beschädigt wird, falls wir im Tausch irgendetwas von dem zurückgeben müssen, was gerade erbeutet wurde.«

»Auch gut. Wenn der Gegenangriff kommt, ergeben wir uns ohne ein Widerwort.«

Vic grinste ihn an. »Ein Gegenangriff steht nicht zur Diskussion, Ethan. Sieht ganz so aus, als wären wir momentan das einzige Militär auf dem Mond.«

»Meinst du, das wird so bleiben?«

»Ich weiß es nicht. Aber es dauert eine Weile, um herzukommen, also kannst du heute Nacht tief und fest schlafen.«

»Ja, vielleicht«, stimmte Stark ihr zu, konnte aber sein Unbehagen nicht überspielen.

Vic schüttelte den Kopf. »Was macht dir zu schaffen, Ethan? Entspann dich! Der Kampf ist vorbei.«

»Es hat noch gar keinen Kampf gegeben«, widersprach er ihr. »Entspannen werde ich mich, wenn wir wieder daheim in unserer Garnison sind.«

»Wie du willst.« Vic lächelte wieder. »Mein Trupp hat das Quartier der Supervisoren für diesen Bereich besetzt. Ziv-Bosse führen ein gutes Leben, Ethan.«

»Kann ich mir vorstellen. Und wo wird der Lieutenant sich einquartieren?«

»Hier.« Irgendwie schaffte Vic es, auch weiter zu lächeln.

Diesmal erwiderte Stark das Lächeln. »Ist das nicht schön? Ein paar Monate in einer Unterkunft mit dem Lieutenant, der dir rund um die Uhr auf die Finger schaut. Viel Vergnügen, Sergeant Reynolds.«

»Werde ich haben. Aber keine Sorge. Ich entspanne mich nicht zu sehr, wenn ich an der Front bin, Ethan.«

»Du bist ja auch keine Rekrutin, Vic. Tut mir leid, wenn sich das so angehört haben sollte, dass ich das von dir denke. Himmel, du bist sogar besser als ich.« Stark biss sich auf die Unterlippe und kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Mir gefällt’s nicht, dass wir uns nicht verschanzen sollen. Meinen die da oben wirklich, dass diese Typen das einfach so hinnehmen werden, dass wir ihnen hier oben alles weggenommen haben?«

»Offenbar ja. Oder dass sie sich darauf einlassen werden, nur einen kleinen Teil davon zurückzubekommen.«

»Vic, wir haben gegen einige von den Leuten gekämpft, deren Eigentum wir uns hier unter den Nagel gerissen haben, und mit ein paar haben wir sogar Seite an Seite gekämpft.«

»Genau genommen ist es per Kongresserlass unser Eigentum. Wir haben es nur wieder in unseren Besitz überführt.«

»Das schon. Die Konzerne daheim, denen unsere Politiker gehören, mögen es gar nicht, dass diese Typen aus der Ersten, Zweiten und Dritten Welt all die Leckereien hier oben in die Finger bekommen.«