Ethan Stark - Das letzte Gefecht - Jack Campbell - E-Book

Ethan Stark - Das letzte Gefecht E-Book

Jack Campbell

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Für die Herrschaft über den Mond gehen die USA über Leichen - sogar über die ihrer eigenen Soldaten. Als Commander Ethan Stark die zweifelhaften Absichten seines Heimatlandes durchschaut, führt er eine Rebellion an. Die Regierung fährt schwere Geschütze auf, um den Aufstand niederzuschlagen, doch Starks Männern gelingt es immer wieder, die Angriffe abzuwehren. Aber dann nähern sich weitere Kräfte, die den Mond für sich beanspruchen, und Stark erkennt, dass sie auf verlorenem Posten kämpfen ...

»Die Stark-Trilogie sollte jeder SF-Fan in seiner Sammlung haben. Jack Campbell hat mit dieser Reihe einen Klassiker geschrieben.« GEEKLORE.CO.UK

Die spannungsgeladene Science-Fiction-Trilogie des Bestseller-Autors Jack Campbell - mit wahren Helden, die jeder Ungerechtigkeit den Krieg erklären:

Band 1: Ethan Stark - Ära des Aufruhrs
Band 2: Ethan Stark - Neue Verbündete
Band 3: Ethan Stark - Das letzte Gefecht

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.




Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 552

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber dieses BuchTitelWidmungTeil Eins: Vom Nutzen der SchlachtTeil Zwei: ReibungTeil Drei: Mittel und ZweckeÜber den AutorWeitere Titel des AutorsImpressum

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass du dich für ein Buch von beTHRILLED entschieden hast. Damit du mit jedem unserer Krimis und Thriller spannende Lesestunden genießen kannst, haben wir die Bücher in unserem Programm sorgfältig ausgewählt und lektoriert.

Wir freuen uns, wenn du Teil der beTHRILLED-Community werden und dich mit uns und anderen Krimi-Fans austauschen möchtest. Du findest uns unter be-thrilled.de oder auf Instagram und Facebook.

Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich auf be-thrilled.de/newsletter für unseren kostenlosen Newsletter an.

Spannende Lesestunden und viel Spaß beim Miträtseln!

Dein beTHRILLED-Team

Melde dich hier für unseren Newsletter an:

Über dieses Buch

Für die Herrschaft über den Mond gehen die USA über Leichen – sogar über die ihrer eigenen Soldaten. Als Commander Ethan Stark die zweifelhaften Absichten seines Heimatlandes durchschaut, führt er eine Rebellion an. Die Regierung fährt schwere Geschütze auf, um den Aufstand niederzuschlagen, doch Starks Männern gelingt es immer wieder, die Angriffe abzuwehren. Aber dann nähern sich weitere Kräfte, die den Mond für sich beanspruchen, und Stark erkennt, dass sie auf verlorenem Posten kämpfen …

eBooks von beTHRILLED – mörderisch gute Unterhaltung.

Roman

Aus dem amerikanischen Englisch vonRalph Sander

Für das hervorragende Militär- und Zivilpersonal, mit dem zusammenzuarbeiten ich über viele Jahre hinweg die Ehre hatte. Insbesondere für Menschen wie Master Chief Milam, Commander Barchi und Mike Fitzmorris, die leider nicht mehr unter uns sind.

Wie immer für S.

Teil Eins: Vom Nutzen der Schlacht

»Warum sollte mich kümmern, was ein aufsässiger Mob zu sagen hat? Warum sollte mich kümmern, was Sie zu sagen haben?«

Sergeant Ethan Stark, vorübergehender Commander der rebellierenden amerikanischen Streitkräfte auf dem Mond, konnte seine Wut nur mit Mühe unterdrücken. »General, Sie befehligen die feindlichen Truppen, die einen Teil der Mondoberfläche unmittelbar außerhalb unseres Territoriums besetzt halten. Ich befehlige alle Einheiten, die die amerikanische Kolonie verteidigen. Wir sind kein Mob. Ich versuche zu …«

»Wenn Sie sich ergeben wollen, würde ich diese Möglichkeit in Betracht ziehen.«

»Wir werden uns nicht ergeben, weder Ihnen noch sonst jemandem. Sie haben sich damit einverstanden erklärt, dass ein Teil der Ihrer direkten Kontrolle unterstehenden Mondoberfläche als Lagerplatz für Vorräte und Munition genutzt werden kann, die gegen uns zum Einsatz kommen soll. Das können wir nicht zulassen.«

»Sie drohen mir? Sie wagen es tatsächlich, mir zu drohen?«

»Ich teile Ihnen lediglich mit, dass wir den Vorbereitungen für einen Angriff auf uns nicht tatenlos zusehen werden.«

Starks letzte Worte schienen den General zu amüsieren. »Verstehe. Dann bieten Sie mir also lediglich einen freundschaftlichen Rat an? Und warum sollte ich mich mehr für Sie interessieren als für die Vertreter der US-Regierung? Die bezahlen uns gut dafür, dass wir sie unsere Einrichtungen benutzen lassen. Was können Sie mir bieten, damit ich im Gegenzug darauf verzichte, eine solche Gelegenheit zu nutzen?«

»Ich biete Ihnen gar nichts.«

»Gar nichts? Das ist aber keine aussichtsreiche Verhandlungsposition. Könnte es sein, dass Sie von der Situation einfach nur überfordert sind?«

»Meine Soldaten sind die besten Kämpfer auf dem gesamten Mond. Wir beherrschen Gefechte hier oben weitaus besser als Ihre Streitkräfte, General, und wir haben den Beweis dafür mehr als einmal erbracht.« Sein Widersacher hörte auf zu lächeln. »In einem Wespennest herumzustochern ist nicht unbedingt das, was Sie tun sollten. Sie wären besser bedient, sich anzuhören, was ich Ihnen zu sagen habe.«

»Ich soll Ihnen zuhören, andernfalls … was? Glauben Sie wirklich, mich interessiert Ihre ›Empfehlung‹? Die Empfehlung eines Mobs, der keinerlei Offensivfähigkeiten besitzt?«

»Ich wiederhole, wir sind hier kein Mob. Es stimmt, dass wir momentan keine Befehle ausführen, die von den Behörden auf der Erde kommen. Aber wir sind eine voll funktionstüchtige militärische Organisation, und wir sind nach wie vor fest entschlossen, die amerikanischen Bürger dieser Kolonie zu verteidigen. Ich kann Ihnen versichern, dass wir die Fähigkeit besitzen, jederzeit und überall zuzuschlagen, um diese Mission zu schützen.«

»Aber natürlich können Sie das. Greifen Sie uns ruhig an. Lassen Sie Ihren Kampfgeist gegen unsere befestigten Waffen und gegen unsere Soldaten antreten. So wie Ihre Freunde das auch schon gemacht haben. Wie hieß Ihr Verein noch gleich? Die Dritte Division? Die wir in Grund und Boden gerannt haben? Ist es Ihnen eigentlich schon gelungen, alle Leichen zu bergen?«

Stark sah buchstäblich rot, als der feindliche Commander tausende Opfer verspottete. Die Dritte Division war durch eine völlig fehlgeplante und schlecht geführte Offensive so gut wie ausgelöscht worden, was Stark und die anderen Unteroffiziere überhaupt erst zu ihrer Meuterei veranlasst hatte. Dieses Desaster war der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Nach jahrzehntelangem Versagen der politischen Führung auf der Erde und einem jahrelangen und nicht enden wollenden Krieg auf der Mondoberfläche war das der entscheidende Punkt für all die Soldaten gewesen, die schon seit einer ganzen Weile davon überzeugt waren, dass sie niemandem außer sich selbst vertrauen konnten. Ich habe alles riskiert, um wenigstens ein paar von den Affen aus der Dritten Division zu retten. Ich werde meine Zeit nicht damit vergeuden, einem arroganten, aufgeblasenen Trottel zuzuhören, der sich über das Opfer lustig macht, das diese Männer und Frauen erbracht haben.

Stark hob eine Hand, als würde er eine Waffe halten, und ließ sie nach unten plumpsen, um den Komm-Kanal abzuschalten. Das Gesicht des gegnerischen Generals verschwand abrupt, sekundenlang herrschte in Starks Kommandozentrum Stille.

Sergeant Vic Reynolds, Starks beste Freundin und zugleich seine Stabschefin, ließ den Blick noch einen Moment lang auf dem dunklen Monitor ruhen, dann schaute sie ihn an. »Geben wir ihm ein paar aufs Maul.«

»Ja, machen wir das.«

Schemen bewegten sich durch die endlose Nacht des Weltalls. Klobige Objekte, die Menschen und Fracht transportierten, bildeten einen in einer zerfransten Formation reisenden Konvoi, der von zwei begleitenden Kriegsschiffen zu einem Landeplatz auf dem Mond vor sich hergetrieben wurde, wo man bereits auf ihre Ankunft wartete. Zwischen den Sternen lauerten Wölfe, die sich in der Dunkelheit versteckten und auf leichte, fette Beute in Gestalt der Versorgungsshuttles warteten.

Sirenen gellten los, als die Sensoreinheiten auf den Kriegsschiffen Objekte bemerkten, die von der Mondoberfläche aufstiegen und Kurs auf den Konvoi nahmen. Die bewaffneten Shuttles – Teil von Starks winziger Navy – schossen auf den Konvoi zu, obwohl die Eskortschiffe bereits auf Abfangkurs gingen. Neue Sterne erwachten vor der allgegenwärtigen Schwärze des Alls zu kurzem Leben, da Beschuss und Gegenbeschuss zwischen den verfeindeten Seiten hin und her gingen.

Um Stark herum verrichteten die Wachhabenden im Kommandozentrum des amerikanischen Hauptquartiers auf der Mondoberfläche leise und effizient ihren Dienst. Sie ordneten die eingehenden Daten, um sie an die riesigen Bildschirme weiterzuleiten, die den gesamten Raum beherrschten, und farbige Symbole krochen wie geometrisch geformte Objekte über die Displays. Rot stand für den Feind, Blau für die eigenen Leute. Gefahrensymbole, die Waffen anzeigten, jagten um die größeren Formen herum, bei denen es sich um Kriegsschiffe und Shuttles handelte. Die Raumschiffe wirkten langsam und behäbig, wenn man sie mit dem Tempo und der Wendigkeit der Geschosse verglich. Stark musste sich vor Augen halten, dass die Geschwindigkeit dieser Raumfahrzeuge immerhin in Meilen pro Sekunde berechnet wurde, was für einen Angehörigen der Bodentruppen ein Verhältnis war, das er sich kaum vorzustellen vermochte.

»Commander Stark?« Einer der Wachhabenden hob Textpassagen hervor, die in einer Ecke über den großen Bildschirm des Hauptquartiers liefen. »Wir empfangen Mitteilungen von einem der Kriegsschiffe auf der regulären Händlerfrequenz.«

Stark blinzelte leicht, um die Zeilen zu lesen. »Charlie Foxtrot Bravo Two? Was soll das bedeuten?«

»Das stammt aus dem taktischen Signalcode für Konvois, Sir. Ich würde sagen, sie haben ihn unverändert gelassen. Das Signal bedeutet: ›Alle Einheiten verbleiben in der Formation.‹ Die Kriegsschiffe haben die Nachricht mehrere Male wiederholt.«

Er schaute zurück auf das Display, wo die Vektoren der Versorgungsshuttles weiterhin in alle Richtungen wiesen. »Sieht nicht so aus, als würde das den Konvoi interessieren.«

»Richtig, Sir. Die Kriegsschiffe klingen auch irgendwie aufgebracht.«

»Laut Chief Wiseman war auch gar nichts anderes zu erwarten. Es ist alles ganz genau so gekommen, wie sie es gesagt hat.«

Geschosse detonierten und schufen sich rasch ausdehnende Hitze- und Trümmerwolken, während die in den Kampf verwickelten Kriegsschiffe Störmanöver einleiteten, um Radar, Infrarot und jede andere Methode der Zielerfassung zu stören. Starks Suchsysteme verloren die fliehenden Versorgungsshuttles aus den Augen, ihre Vektoren wurden zu mutmaßlichen Flugbahnen, da sich der Sektor der ewigen Nacht über dem Mond für die auf dem Grund befindlichen Systeme vorübergehend zu sehr trübte.

Trotz ihrer deutlich überlegenen Feuerkraft hielten sich die Begleitschiffe weiter im Hintergrund und bildeten einen Schutzschild vor dem mehr und mehr auseinanderdriftenden Konvoi. Dabei begnügten sie sich damit, hin und wieder eine Salve abzufeuern, sobald Starks bewaffnete Shuttles in ihre Nähe kamen.

»Chief Wiseman«, rief Stark an die Befehlshaberin seiner Flotte gewandt. Daraufhin öffnete sich ein Fenster in einer Ecke von Starks Display, in dem das Gesicht von Chief Petty Officer Wiseman auf dem Kommandodeck ihres bewaffneten Shuttles zu sehen war. »Was machen diese Kriegsschiffe da draußen?«

»Genau das, was ich von ihnen erwartet habe. Sie beschützen die Versorgungsshuttles. Zwar wissen die Kriegsschiffe nicht ganz genau, wo sich jedes einzelne Shuttle aus dem Konvoi momentan befindet, trotzdem versuchen sie weiterhin, zwischen uns und denen zu bleiben.«

»Könnten die Kriegsschiffe den Konvoi denn nicht besser beschützen, wenn sie auf Ihre Shuttles losgehen und versuchen, die zu erwischen? Ihre Shuttles könnten sich doch nicht gegen deren Schiffe behaupten und würden von ihnen ganz vertrieben.«

»Kommen Sie, Commander, überlassen Sie den Navy-Kram mal schön den Navy-Experten. Darum habe ich ja auch das Kommando über Ihre Flotte, nicht wahr? Hören Sie zu, Sie Schlammkriecher. Diese Kriegsschiffe gehen nicht auf uns los, weil es da noch etwas gibt, das man die Gesetze der Physik nennt. Haben Sie sich jemals mit Marinetaktiken befasst?«

»Als Kind habe ich mir jede Menge alte Vids angesehen. Sie wissen schon … Sklavengaleeren und Segelschiffe und so weiter. Ich wäre aber nicht auf den Gedanken gekommen, dass es irgendetwas mit dem zu tun haben könnte, was Sie heute machen.«

»Hat es aber. Wir befolgen hier die gleichen Spielregeln wie diese Galeeren mit ihren Ruderern. Alles dreht sich um begrenzte Antriebsressourcen und um Fliehkräfte. Diese Schiffe sind riesig, das Gleiche kann man über meine Shuttles sagen. Die Masse ist gewaltig, sodass wir nur langsam beschleunigen können, jedenfalls langsam im Vergleich zu den Projektilen, die wir abfeuern. Wenn wir uns dann erst einmal in eine Richtung bewegen, können wir nicht nach Belieben den Kurs ändern. Masse mag es nicht, plötzlich in eine neue Richtung gezwungen zu werden. Und im Gegensatz zu den Schiffen daheim auf der Welt haben wir hier nicht mal Wasser, das uns ein wenig abbremst.«

Wiseman tippte auf ein paar Tasten, dann tauchte in einer Ecke des Komm-Bildschirms ein kleines 3D-Fenster auf. »Sehen Sie? Das hier ist der Konvoi, der von einer Orbitalstation in Erdnähe gestartet ist. Er nähert sich dem Mond auf einer Standardbahn. Die Standardbahn wird immer gewählt, weil sie am schnellsten ist und der geringste Treibstoffverbrauch anfällt.« Ein breiter Pfeil bewegte sich von der Welt weg, beschrieb eine Kurve und schwenkte schließlich in den Mondorbit ein. »Die Physik verlangt von den Shuttles, diesen Weg zu nehmen, wenn sie ihren Zielpunkt auf dem Mond erreichen wollen. Wir kennen uns mit der Physik genauso gut aus wie der Gegner, also wissen wir auch genau, auf welchem Kurs er hereinkommt.«

Ein kurzer roter Pfeil stieg vom Mond auf, um die Shuttles abzufangen. »Wir haben hier ein Fenster, ein Gebiet über dem Mond, das von unseren Antiorbital-Verteidigungen abgedeckt ist. Wir öffnen das Fenster und nehmen uns den Konvoi vor. Die Kriegsschiffe wollen uns davon abhalten, in Feuerreichweite zu irgendeinem ihrer Shuttles zu gelangen. Allerdings fliegen die in alle Richtungen davon, weil sie von Zivs gesteuert werden, die man angeheuert hat, um einen Frachtflug zu erledigen. Beschießen lassen möchte sich von denen keiner. Gleichzeitig werfen sie alle jeden nur verfügbaren Müll über Bord, um den Feind daran zu hindern, ein Ziel zu erfassen. Zum Beispiel die kleinen Doppelgänger-Köder, die die Emissionen anderer Schiffe in ihrer Umgebung auffangen und imitieren. Der Müll wird sich nach einer Weile weit genug verteilt haben, und die Geräte deaktivieren sich auch nach einiger Zeit, aber für den Augenblick ist das da draußen eine völlig chaotische Situation. Wer sich in diesem Moment das Areal ansieht, wird einiges angezeigt bekommen, was in Wahrheit gar nicht dort ist, und gleichzeitig wird er manches nicht wahrnehmen können, was sehr wohl vorhanden ist.«

Stark fand Wisemans Aussage bestätigt, als er einen Blick auf das Durcheinander aus Symbolen warf, die auf dem Display im Hauptquartier angezeigt wurden. Dann betrachtete er wieder die 3D-Darstellung. »Das ist hervorragend, aber für mich ist damit immer noch nicht klar, warum diese Kriegsschiffe Ihre Schiffe nicht einfach angreifen und sie damit zur Flucht zwingen.«

Wiseman grinste ihn an. »Weil es nicht nur eine Richtung gibt, in die wir die Flucht antreten können. Wir können beschleunigen und an ihnen vorbeifliegen. Das ist zwar riskant, aber es ist verdammt schwer, uns bei einem Vorbeiflug mit Höchstgeschwindigkeit zu erwischen. Und natürlich könnten die Kriegsschiffe uns verfolgen. Aber wenn eines meiner Shuttles in die entgegengesetzte Richtung davonfliegt, wird es diese Schiffe verdammt viel Mühe kosten, schnell genug zu drehen und wieder zu beschleunigen, wenn sie ein Shuttle einholen wollen. Wir wären schon längst mitten im Konvoi, bevor die mit einer Verfolgungsjagd überhaupt anfangen.«

Vic Reynolds, die neben Stark stand, nickte verstehend. »Mit anderen Worten: Die Kriegsschiffe könnten zwar mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit siegen, aber sie ziehen die Gewissheit vor, nicht verlieren zu können.«

»Na ja, das ist schließlich ihr Job, nicht wahr? Natürlich würde es ihnen gefallen, meine Shuttles zu zerstören, aber diese Kriegsschiffe sind keine Jagdflieger. Also halten sie uns einfach auf Abstand und sorgen dafür, dass ich nicht in die Nähe der Versorgungsshuttles gelange, mit deren Schutz sie beauftragt sind. Allerdings haben sie sich so strikt an diese Vorgabe gehalten, dass sie die Shuttles aus den Augen verloren haben, mit denen wir ein Durcheinander aus Kämpfen und Störmanövern geschaffen haben.«

»Ganz, wie Sie gesagt haben.« Bei der Planung dieser Operation war Wiseman ganz von sich überzeugt gewesen. Sie wollen den Feind ausrauben? Gut. Den Weg dorthin können Sie sich nicht freischießen. Seine Verteidigung werden Sie nur überwinden, wenn Sie ihn verwirren und täuschen. Sagen Sie mir, wann der Konvoi kommt, dann werde ich dem Feind einen Empfang bereiten, dass er nicht mehr weiß, wo vorn und wo hinten ist.

»Dann glauben Sie, das Ablenkungsmanöver wird funktionieren?«

»Das werden wir bald wissen. Eines ist auf jeden Fall sicher: Wir haben hier oben einen solchen ›Lärm‹ veranstaltet, dass alles Geräuschlose kaum noch zu entdecken ist, bis es das Gebiet hier verlässt. Drücken Sie die Daumen.«

Aus dem Wirrwarr aus gegenseitigen Störmanövern und Trümmern sanken vier Versorgungsshuttles rasch hinab in Richtung Mondoberfläche und baten mit dringenden Funksprüchen darum, auf der ihrer Flugbahn am nächsten Landebahn Zuflucht suchen zu dürfen. Eines von Wisemans bewaffneten Shuttles machte einen Satz hin zu der Gruppe, zog sich aber gleich wieder zurück, als es von den feindlichen Systemen als Ziel erfasst wurde, die sofort in Bereitschaft gingen, um das Feuer zu eröffnen. Die Versorgungsshuttles sanken weiter der Oberfläche entgegen und wurden dabei von den Verteidigungsanlagen nicht aus den Augen gelassen, die genau mitverfolgten, wie die Schiffe hart abbremsten, um eine Notlandung hinzulegen.

Mondstaub trieb in leichten Schwaden über den Raumhafen, die nur wieder zu Boden sanken. Die Landebahnen wurden regelmäßig von Staub befreit, doch die winzigen Partikel sammelten sich immer wieder an. Zum Teil trieben sie durch das All, bis sie den Mond erreichten, zum Teil wurden sie durch die Aktivitäten der Menschen auf der Oberfläche aufgewirbelt. Vor dem massiven Schwarz der Schatten und dem grellen Weiß des Sonnenscheins hingen die grauen Schlieren wie ein leichter fahler Nebel im luftleeren Raum.

Jetzt störte eben dieser Nebel die Wahrnehmung der multispektralen Sensoren, die versuchten, das Shuttle zu identifizieren. »Unbekanntes Shuttle«, meldete sich jemand. »Nennen Sie Ihre Schiffs-Identnummer und die Landeplatzautorisierung.«

»Was?« Der Pilot des Versorgungsshuttles, der auf die Aufforderung reagierte, klang aufgeregt und verängstigt, als er hastig weiterredete: »Ich habe Sie nicht verstanden. Sagen Sie das bitte noch einmal. Und wer spricht da eigentlich?«

»Hier ist die Landebahnkontrolle. Ich benötige Ihre Schiffs-Identnummer. Nennen Sie sie mir umgehend. Wo war Ihre Landung vorgesehen?«

»Ähm, ich … ich glaube … äh … genau hier. Ja, hier auf dieser Landebahn. Hier sollten wir landen.«

»Negativ, Shuttle. Für heute sind hier keine Lieferungen vorgesehen. Identifizieren Sie sich und nennen Sie Ihren autorisierten Landeplatz, und zwar auf der Stelle.«

»Hier. Genau hier. Ich sag’s Ihnen doch. Lieber Himmel, man hätte uns fast in kleine Stückchen zerfetzt. Wir haben es gerade noch geschafft, überhaupt heil zu landen. Und jetzt kommen Sie uns mit Ihrem bürokratischen Kram. Lassen Sie uns doch erst mal verschnaufen, verdammt noch mal. Wir möchten nur unsere Ladung abliefern und dann auch gleich wieder aus diesem Kriegsgebiet verschwinden! Wir wollen so schnell wie möglich zurück in den Erdorbit, wo wir in Sicherheit sind.«

»Shuttle, ohne Autorisierung werden Sie auf diesem Landeplatz keinerlei Fracht ausladen. Wir haben auch kein ausreichendes Gerät zur Hand, um Ihre Lieferung anzunehmen.«

»Nicht nötig, Kumpel. Unsere Fracht kann sich selbst von der Stelle bewegen. Wir fangen jetzt mit dem Entladen an.« Nur Augenblicke später stand die Frachtluke weit offen, und gepanzerte Gestalten verließen das Shuttle.

»Was ist da los? Wer sind diese Leute?«

»Unsere Fracht, Kumpel. Habe ich doch gesagt.«

»Wir haben keine … sind das Soldaten? Laden Sie etwa Soldaten aus?«

»Ja. Das ist unsere Fracht. Die sollen wir hier abliefern. So steht es auf meinem Flugplan.« Während der Pilot und der Landeplatzkontrolleur weiter diskutierten, stellten sich die Soldaten zu Paradeformationen auf und begannen den Landeplatz zu überqueren. Vor der toten grauen Weite der Landebahn wirkten diese Soldaten fast schon winzig und jedenfalls unbedeutend. Nahezu unbemerkt verließen hinter ihnen vier riesige schwarze Schemen die Shuttles.

»Ich habe hier keinen Hinweis darauf, dass irgendwelche Soldaten hier abgesetzt werden sollen! Schaffen Sie sie zurück in die Shuttles!«

»Kommt ja gar nicht infrage! Auf dem Weg hierher wäre ich beinahe getötet worden, und jetzt verlangen Sie von mir, dass ich die alle zurückbringe? Hören Sie, meine Befehle besagen, dass ich diese Militärtypen hier absetzen soll, damit sie … ähm … Wie war das noch? … Ach ja … Damit sie hier Sicherheitsaufgaben übernehmen. Haben Sie hier irgendwas Besonderes, das es wert ist, bewacht zu werden?«

»Wir haben große Mengen an Vorräten hier, die die Amerikaner für ihre Offensive gegen die rebellische Kolonie zwischenlagern. Aber niemand hat uns darüber informiert, dass wir … Was ist denn das?« Der Erste der riesigen Schemen kam mit einer majestätischen Drehung unter dem Shuttle zum Vorschein, das ihn ausgeladen hatte. Aufgrund der matten Oberfläche, die keinerlei Licht reflektierte, war nur schwer einzuschätzen, wie groß dieses gewaltige gepanzerte Fahrzeug tatsächlich war, das den Soldaten folgte und dabei die Landebahn überquerte. »Ist das etwas ein Panzer?«

»Ähm, ja, so steht es jedenfalls auf meinem Lieferauftrag.«

Schicken Sie ein paar von meinen Panzern mit, hatte Sergeant Lamont ihn gedrängt.

Das ist verrückt, war sein Ansinnen von Sergeant Reynolds zurückgewiesen worden. Man nimmt keine Panzer mit, wenn man jemanden ausrauben will.

Eben. Jeder weiß das, also rechnet auch niemand damit, richtig? Wie viele Panzerabwehrwaffen werden an einer so entlegenen Position wohl einsatzbereit sein? Höchstwahrscheinlich überhaupt keine. Und wenn Sie schon mit schweren Frachtshuttles da landen, kann auch jedes von ihnen einen von meinen Panzern mitnehmen. Das perfekte Überraschungsmoment. Ich möchte wetten, ich kann für jede Menge Chaos sorgen, bevor irgendjemand begreift, was überhaupt los ist.

Es könnte funktionieren, hatte Stark zugeben müssen. Aber verrückt sind Sie trotzdem.

Nein, ich bin Panzerfahrer.

»Lassen Sie sie anhalten! Sagen Sie den Panzern und den Soldaten, dass sie sofort anhalten sollen! Alle bleiben, wo sie sind. Ich muss das erst klären.«

»Hey«, mischte sich Sergeant Lamont aus dem vordersten Panzer ein. »Ich kann meine Panzer nicht einfach mitten auf der Landebahn abstellen.«

Stark, der über die Kommando- und Kontrollverbindung das Vorankommen des Gefährts mitverfolgte, schaltete seine Perspektive um, damit er das Geschehen aus der Sicht des Displays des Panzerführers betrachten konnte. Er sah, wie die Sensoren des gepanzerten Gefährts automatisch Verteidigungs- und Kommunikationspunkte rund um die Landebahn erkannten und markierten. Auch wenn Stark noch nie in einem Panzer gesessen hatte, kannte er dennoch diesen Blick auf die Außenwelt, war er doch oft genug in gepanzerten Truppentransportern unterwegs gewesen. Hier zog die Umgebung praktisch genauso sanft vorbei wie auf dem Monitor eines GTT.

»Meine Befehle besagen, dass ich meine Panzer um diese Landebahn herum aufstellen soll«, redete Lamont weiter.

»Solche Befehle sind mir nicht bekannt!«

»Tja, dann sollten Sie besser mit der Landebahnkontrolle Rücksprache nehmen.«

»Hier ist die Landebahnkontrolle!«

»Dann müssen Sie auch eine Kopie unserer Befehle vorliegen haben.«

»Derartige Befehle liegen hier aber nicht vor. Wer hat sie erteilt?«

»Die kommen von Ihrem Boss.«

»Von meinem …?« Der Kontrolleur zögerte kurz, während sich Lamonts Panzer zusammen mit der Infanterie weiter dem Rand der Landebahn näherten. »Wie lautet der Landeautoritätsautorisierungsbefehlscode?«

»Der Landeautoritätsautorisierungsbefehlscode?«

»Ja, der LAABC.«

»Hm, mal sehen … Wo finde ich den?«

»In der Befehlszeile! Wenn Ihr Militärpersonal nicht auf der Stelle stehenbleibt, dann … dann werde ich unsere Sicherheitsleute anweisen, dass sie Sie aufhalten sollen!«

»Hey, hey, immer mit der Ruhe.«

Stark sah Reynolds an, die trotz des angespannten Ausdrucks in ihren Augen ein bewunderndes Lächeln zustande brachte. »Lamont kann Zeit schinden wie kein Zweiter«, meinte Stark. »Aber er übertreibt es allmählich, Vic. Wir müssen das Feuer eröffnen, sonst kann es passieren, dass unsere Infanterie von den Verteidigungsanlagen rund um die Landebahn in Stücke geschossen wird.«

»Ja, du hast recht. Vor allem weil unsere Truppen so dicht an dicht marschieren, dass bis zum letzten Moment niemand für möglich halten wird, sie könnten angreifen. Sagen wir Lamont, dass er das Feuer eröffnen soll?«

»Ich will das eigentlich nicht, Vic. Der Soldat vor Ort sollte diese Entscheidung treffen. Das ist doch das, was wir immer wollten, richtig?«

»Dagegen lässt sich nur schwer etwas einwenden. Zu viele Leute haben uns ständig jeden einzelnen Schritt vorgeschrieben, obwohl die hundert Klicks von der Front entfernt waren. Doch es ist schrecklich verlockend, alles von hier aus zu bestimmen.« Sie machte eine ausholende Geste hin zu den unzähligen Displays und Komm-Terminals, von denen aus bis vor Kurzem die Offiziere genau das getan hatten. »Diese Ausrüstung gibt einem allzu leicht das Gefühl, dass man sich mitten im Geschehen befindet.«

»Ja, nur ist eben das nicht der Fall. Also weiß man auch nicht annähernd so gut wie die Leute vor Ort, was genau da eigentlich los ist. Wir wollen keine idiotischen Befehle geben, durch die Menschen zu Tode kommen und Schlachten verloren werden. Das haben die Offiziere gemacht, deren Platz wir übernommen haben. Aber Lamont übertreibt es momentan. Es macht ihm zu großen Spaß, diesen Kontrolleur zu verwirren.«

»Das sehe ich auch so. Er ist zu sehr in das Spiel vertieft, das er mit dem Mann treibt. Jemand, der den Überblick über alles hat, muss ihn zügeln, Ethan.«

»Okay, ich verstehe schon. Dieser Jemand dürfte ich sein, wie? Ich schätze, das ist die passende Aufgabe für jemanden, der so weit von allem entfernt sitzt. Lamont, hier ist Stark.«

»Hey, Boss. Hier läuft es großartig.«

»Lamont, hören Sie auf, diesen Typen an der Nase herumzuführen. Eröffnen Sie das Feuer, sobald Sie bereit sind.«

»Sie meinen … jetzt sofort?«

»Ich denke zumindest an die allernächste Zeit. Den Feuerbefehl geben Sie. Aber lassen Sie nicht zu, dass er das Feuer vor Ihnen eröffnet, sonst reiße ich Ihnen höchstpersönlich den Kopf ab, sobald Sie wieder hier sind.«

»Ähm … alles klar. Dann halten Sie sich mal für ein Feuerwerk bereit.«

Es folgte noch ein wenig verbales Hin und Her mit der Landekontrolle, die immer frustrierter und ärgerlicher reagierte, was darauf hinwies, dass ihr Geduldsfaden nicht mehr lange durchhalten würde. »Stoppen Sie auf der Stelle sämtliche Truppenbewegungen, sonst rufe ich unsere Sicherheitsleute!«

»Augenblick. Haben Sie nicht vorhin gesagt, dass Sie den LAABC benötigen?«

»Jawohl, Sie Idiot!«

»Sieh an, ich habe Ihren LAABC gerade eben entdeckt, Kamerad. Hier kommt er.«

Stark sah auf seinem Display, wie sich Gefahrensymbole vom Panzer lösten, als dessen Hauptkanone sich in einer fließenden Bewegung zu drehen begann und gleichzeitig das Feuer eröffnete. Es folgte ein Augenblick schockierter Stille, dann traf das erste Geschoss das Hauptrelais für die Oberflächenkommunikation, und Stein- und Metallsplitter wirbelten in alle Richtungen davon. Auch die anderen Panzer fingen an zu schießen und zerlegten mit ihren Treffern die Verteidigungsanlagen der Landebahn, noch während die Verteidiger in hektischer Eile versuchten, die eigenen Waffen in Position zu bringen. Die aber waren so ausgelegt, dass sie Ziele am Himmel über ihnen erfassten, keine Bodentruppen, die auf der Landebahn unterwegs waren, und die Neuausrichtung dauerte.

Die geordneten Infanterieformationen lösten sich auf, die gepanzerten Soldaten liefen in alle Richtungen davon und wechselten in den Gefechtsmodus, um mit großem Geschick die verschiedenen Ziele zu erfassen und zu attackieren. Stark wechselte die Monitoranzeige, um sich Bilder anzusehen, die von Kameras im Helm einzelner Soldaten übertragen wurden. Er wählte die Ansicht aus dem Blickwinkel der Truppführerin, die mit ihren Leuten eine befestigte Verteidigungsanlage stürmte. Die Symbole auf dem Head-Up-Display der Gefechtsrüstung zeigten an, dass gepanzerte Gegner entdeckt worden waren, und gaben Hinweise, an welchen Stellen der Rüstung tödliche Treffer erzielt werden konnten. Der Trupp zog zügig weiter und stoppte nur kurzzeitig, um gezielte Schüsse abzugeben und Ziele auszuschalten.

Ich wünschte, ich könnte das jetzt auch machen, anstatt hier herumsitzen zu müssen. Ich wünschte, die anderen Unteroffiziere hätten irgendwen, nur nicht mich zum Anführer gewählt. Dann könnte ich jetzt immer noch Truppführer sein. Aber ich habe ja nun einen anderen Job zu erledigen.

Der Trupp, den Stark beobachtete, überrannte die Befestigung, was die Überbleibsel der feindlichen Waffencrew zur sofortigen Kapitulation veranlasste. Auf dem HUD der Truppführerin wurden nun auf den Oberflächen der Verteidigungsanlage die Stellen angezeigt, an denen Sprengladungen angebracht werden sollten. Der Trupp teilte sich in kleinere Teams auf, ein paar von ihnen bewachten die Gefangenen, andere verteilten die Sprengladungen.

Alles läuft reibungslos ab, ohne dass ich irgendetwas tun oder sagen muss. So sollte es eigentlich immer passieren. Ich habe genügend Erfahrung gesammelt, um zu wissen, dass Anführer immer dann am besten sind, wenn sie den Mund halten und ihre Leute machen lassen. Jedenfalls solange sie nichts Verkehrtes tun. Trotzdem ist das alles verdammt frustrierend.

Irgendetwas fehlte. Das machte Stark so zu schaffen, dass er automatisch in eine Ecke auf dem Display der Truppführerin sah, um nach etwas zu suchen, das dort aber nicht angezeigt wurde. Der Zeitplan. Der war so zur Routine geworden, dass er ihm tatsächlich im Augenblick fehlte, obwohl es sich dabei um den verhassten Ablaufplan handelte, der jeden einzelnen Soldaten zur Eile ermahnte, sobald der Zeitplan gefährdet war. Verantwortlich für die zeitlichen Vorgaben waren allerdings Planungsoffiziere, von denen wohl nie auch nur ein Einziger ein Schlachtfeld aus erster Hand gesehen hatte. Ein fröhliches Grün ließ den Soldaten wissen, dass alles nach Vorgabe lief. Die meisten Soldaten waren aber einen Gelbton gewöhnt, der nach Schattierung vorwurfsvoller wurde und zur Eile mahnte, wenn man nicht vom gelben in den orangefarbenen oder sogar in den roten Bereich geraten wollte. Für einen Soldaten im Gefecht war es äußerst irritierend, permanent daran erinnert zu werden, dass ihm die Zeit davonlief. Daher hatten Stark und sein improvisierter Stab sich dazu entschlossen, auf den Zeitplan zu verzichten und aufmerksam zu verfolgen, wie es ohne diese Vorgabe ablief. Bislang war die Welt davon noch nicht untergegangen.

»Ich sehe, dass alle primären Verteidigungsanlagen außer Betrieb sind«, meldete Lamont. »Was meinen Sie, Milheim?«

Sergeant Milheim, der die Bodentruppen des Vierten Bataillons auf der Landebahn befehligte, ließ sich einen Moment Zeit, ehe er antwortete: »Sieht so aus. Jedenfalls werden wir von niemandem beschossen.«

»Gut, dann wollen wir mal ein paar Dinge in die Luft jagen.«

»Einverstanden. Viertes Bataillon, platzieren Sie die Sprengladungen an den Stellen, die Ihnen Ihr taktisches System vorgibt. Halten Sie dabei aber immer Ausschau nach ungebetenen Besuchern.« Die Soldaten des Vierten Bataillons verteilten sich noch großflächiger, um alle Stellen abzudecken, an denen sich den Angaben des taktischen Systems zufolge Waffen, Kommunikations- und Versorgungsanlagen befanden.

Stark veränderte den Bildausschnitt wieder und suchte auf dem Display nach Hinweisen auf eine Reaktion des Feindes. Jede Rüstung eines Soldaten, sämtliche Panzer und alle Shuttles waren mit einer Fülle von Sensoren ausgestattet, und was die wahrnahmen, wurde auf dem Display zusammengeführt, um ein Gesamtbild zu ergeben. Blaue Symbole standen für Starks Truppen und wimmelten wie Ameisen bei einem Picknick auf dem Display hin und her. Mehrere kleine Gruppen aus roten Symbolen verharrten reglos, eine zusätzliche Markierung wies sie als Gefangene aus. An verschiedenen Stellen rings um die Landebahn herum deuteten ein paar grüne Symbole auf mutmaßlich zivile Beschäftigte hin, die ihren Bewegungen nach zu urteilen um ihr Leben rannten. »Ich kann nichts sehen«, murmelte Stark kopfschüttelnd.

Reynolds betrachtete ebenfalls das Display. »Und das gefällt dir gar nicht.« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

»Ganz und gar nicht. Irgendwo muss da noch irgendjemand oder irgendetwas sein, das der Verteidigung der Landebahn dient. Lamont!«

»Milheim!«

»Yo!«

»Roger.«

»Hören Sie, da draußen ist noch irgendwas. Seien Sie auf der Hut.«

»Ich sehe nichts«, erwiderte Milheim.

»Ich auch nicht. Wo kann sich also da unten eine schnelle Eingreiftruppe aufhalten, die wir momentan nicht sehen können?«

»In einem der Lagerhäuser«, überlegte Lamont. »Da ist es angenehm warm, und man kann sich gut verstecken, bis man gebraucht wird. Was meinen Sie?«

Vic Reynolds nickte und antwortete ihm. »Kann gut sein, dass Sie recht haben. Da wären die Leute vor einer vorzeitigen Entdeckung und vor einem Angriff sicher.«

»Allerdings. Ich werde mit ein oder zwei Panzern hinfahren. Milheim, ich würde es zu schätzen wissen, wenn ein paar von Ihren Jungs und Mädels uns begleiten könnten.«

»Roger«, bestätigte Milheim. »Ich schicke die zwei Züge zu Ihnen, die Ihren Panzern am nächsten sind.«

Stark lehnte sich zurück und nickte zustimmend, während er zusah, wie die Befehle über das taktische Display huschten und verschiedene Einheiten auf der Landebahn sich daraufhin in Bewegung setzten. Nach kurzem Zögern wandte er sich an Reynolds. »Habe ich jetzt gerade etwas Dummes getan? Scheuche ich die Truppe auf, nur weil ich nervös bin?«

»Nein. Ethan, du könntest durchaus richtigliegen mit dem Gedanken, dass da irgendwo eine Eingreiftruppe auf der Lauer liegt. Könnte, nicht muss. Aber es ergibt schon Sinn. Außerdem sind Überlegungen genau das, was du an diesem Platz hier anstellen solltest. Du weißt, wie es in einem Gefecht zugeht. Zu viele Dinge ereignen sich in viel zu rascher Abfolge. Ich glaube, die Truppen wissen es zu schätzen, dass du dir die Gedanken machst, für die sie keine Zeit haben.«

»Vielleicht …«, begann Stark, doch der Rest seiner Erwiderung ging in einem Alarm unter, der auf dem Display zu blinken begann.

Dann jagten zwei gepanzerte Fahrzeuge aus einer Senke in der Nähe der Lagerhäuser auf die Landebahn und feuerten Geschosse von leichtem Kaliber ab. Hinter den Fahrzeugen tauchten einige Infanteriezüge auf, die in die gleiche Richtung liefen und dabei das Feuer eröffneten. Doch entgegen ihren Erwartungen trafen sie nicht auf eine weit verstreute Streitmacht, sondern stürmten geradewegs auf die Truppe zu, die eben von Lamont und Milheim losgeschickt worden war.

Die leichten Geschosse des Panzerwagens prallten wirkungslos von der dicken Hülle eines der Panzer ab. Der drehte seinen Turm herum und feuerte einen einzelnen Schuss ab. Das schwere Projektil traf den Wagen gleich unterhalb des Waffenturms und riss die gesamte Oberseite des Fahrzeugs ab, die auf einer dank der niedrigen Mondschwerkraft enorm langen und hohen Parabelbahn weggeschleudert wurde.

Das Trümmerteil des ersten Wagens wirbelte noch immer träge durch die Luftleere, da nahm der am nächsten befindliche Trupp von Milheims Infanterie bereits das Begleitfahrzeug unter Beschuss. Auf die kurze Distanz waren Infanteriewaffen durchaus in der Lage, die leichte Panzerung zu durchschlagen und das Gefährt zu durchsieben. Der Panzerwagen wurde von dem Sperrfeuer durchgeschüttelt, er hörte auf zu feuern und seine Kanone bewegte sich nicht länger. Das Gefährt ging zu Boden und rutschte eine weite Strecke über die Oberfläche, ehe es zum Stillstand kam. Aus dutzenden Löchern entwich Atmosphäre. Ein einzelnes überlebendes Crewmitglied kletterte nach draußen und hielt die Arme nach oben gestreckt.

Die überrumpelten feindlichen Bodentruppen konzentrierten ihren Beschuss auf Lamonts Panzer. Keine sehr sinnvolle Entscheidung, überlegte Stark. Aber wenn sie überhaupt eine Chance haben wollen, müssen sie erst einmal die Tanks so schnell wie möglich kampfunfähig machen.

Nur würde ihnen das nicht gelingen, solange sie von Milheims Infanterie beschossen wurden. Eine einzelne Panzerabwehrgranate explodierte unmittelbar vor ihrem Ziel, gerade als der Panzer einen punktgenauen Treffer landete. Dann gingen die gegnerischen Panzerabwehrteams auch schon zu Boden, da Milheims Soldaten sie mit einer Salve nach der anderen unter Beschuss nahmen. Zu spät kam die feindliche Infanterie auf die Idee, sich auf ein anderes Ziel zu konzentrieren und sich die übrigen Bodentruppen vorzunehmen. In dem Moment begannen nämlich die Panzer, sie mit ihrer eigenen Sekundärbewaffnung niederzumähen. Ein paar vereinzelte Salven auf der Gegenseite verloren sich im Nichts, dann übermittelte der Feind die ersten Kapitulationsmeldungen, während Soldaten sich erhoben, die Waffen wegwarfen und die Hände hochnahmen.

»Commander Stark, wir haben hier ein Problem«, meldete sich Milheim.

»Was für ein Problem?«

»Ich habe hier gleich mehrere feindliche Züge, die sich alle ergeben.«

»Und wo ist das Problem?«

»Wollen wir die Leute haben?«

»Auf keinen Fall.« Die Frachtshuttles waren bereits voll ausgelastet, als sie gelandet waren, da brauchten sie nicht noch zusätzlichen hinderlichen Ballast.

»Dachte ich mir schon. Was fange ich mit ihnen an?«

Stark sah zu Vic, die sich in die Unterhaltung einschaltete: »Milheim, hier spricht Reynolds. Sagen Sie den feindlichen Soldaten, sie sollen ihre Waffen abgeben und dann das Weite suchen. Jeder, der sich bei einem von beiden zu viel Zeit lässt, wird erschossen.«

»Roger … oh Mann.«

»Was ist jetzt noch?«

»Ich höre gerade von einem meiner Trupps, dass hier auch ein paar amerikanische Techs sind. Private Unternehmer, würde ich sagen. Nehmen wir die mit?«

»Verbinden Sie mich mit diesem Trupp.« Stark wechselte den Kanal und schaltete auf die Kamera der Gefechtsrüstung eines anderen Soldaten um. Vor sich sah er nun zwei Gestalten in Oberflächenanzügen, die so leicht gepanzert waren, dass sich deren Schutz auf die Mondumgebung beschränkte. Irgendein buntes Unternehmenslogo prangte auf der linken Brust der Anzüge und wirkte neben dem Schwarz, Weiß und Grau der Mondoberfläche seltsam fehl am Platz. »Die sehen wie Zivs aus«, sagte er zu Reynolds. »Was meinst du? Möglicherweise wissen sie Dinge, die für uns von Nutzen sein könnten.«

»Möglicherweise. Aber vergiss nicht, Ethan, dass wir durchaus ein Shuttle verlieren könnten, wenn unsere Leute sich zurückziehen. Von diesen Zivilisten sollten wir dann besser niemanden an Bord haben, sonst gibt man uns die Schuld am Tod von Amerikanern. Amerikanischen Zivs, genauer gesagt, und du weißt, dass es das noch schlimmer machen würde. Bislang haben wir eine weiße Weste. Das sollte auch so bleiben.«

»Ja, gut erkannt, Vic. Milheim? Lassen Sie sie gehen. Und sagen Sie ihnen, sie sollen rennen, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her. Ich will keinen von denen in der Nähe wissen, wenn wir rund um die Landebahn alles in die Luft jagen.«

»Sie sind der Boss.«

»Hey!«, rief ein anderer Soldat auf dem Kommandokanal dazwischen. »Hier ist Corporal Yuin. Ich befinde mich bei diesem riesigen Schrotthaufen südöstlich der Landebahn. Hört unbedingt auf, in diese Richtung zu schießen!«

Stark tippte auf Yuins Symbol. »Was für ein Problem gibt es denn da, Corporal?«

»Das Problem ist, dass es sich bei diesem Schrott nicht um Schrott handelt, sondern um Munition, Sir! Tonnenweise Munition. Und bedeckt ist mit nichts als einer metallisch aussehenden Plane!«

»Das liegt da auf der Oberfläche rum? So gut wie ungeschützt? Himmel! Danke, Corporal.« Stark schaute sich in seiner Kommandozentrale um. »Gibt es hier irgendwo einen Gefechtsingenieur?«

Sergeant Tran, der seit dem Tod von Sergeant Tanaka für die Leitung der Zentrale verantwortlich war, drehte sich sofort um und zeigte auf eine Wachhabende, die bereits ihre Hand hob. Sie war von stämmiger, fast quadratischer Statur und erinnerte dadurch ein wenig an einen Bulldozer.

»Ich bin hier, Sir.«

»Wir haben da einen Berg Munition auf der Oberfläche liegen. Haben Sie das mitbekommen?«

»Jawohl, Sir.«

»Ist das so dumm, wie ich meine? Wird das Zeug nicht hochgehen, wenn da ein Mikrometeorit einschlägt?«

»Unwahrscheinlich, Sir. Die Sprengstoffe, die heute verwendet werden, sind sehr stabil. Die gehen womöglich hoch, wenn der Zünder genau im richtigen Winkel von einem kleinen Stein getroffen wird. Aber die verstärkte Plane, die sie drübergespannt haben, hält solchen Kleinkram ganz ab oder bremst ihn zumindest so sehr, dass die Gefahr einer Explosion deutlich reduziert wird. Ich selbst würde Munition nicht so lagern wollen, aber eine Weile kann man damit leben, falls man vorübergehend nicht genug Lagerplatz hat.«

Vic beugte sich vor und fragte: »Wie sollen wir denn die Munition sprengen, wenn der Sprengstoff so stabil ist?«

»Ach, das ist ganz einfach. Sie müssen nur die Sprengladungen anbringen. Die sorgen für den richtigen Knalleffekt, der den Zünder reagieren lässt. Und dann geht auch gleich das ganze Teil hoch.« Die Gefechtsingenieurin hielt kurz inne. »Ich möchte nicht in der Nähe sein, wenn da die Sprengladungen hochgehen. Das wird einen höllischen Knall geben.«

»Das glaube ich unbesehen«, stimmte Stark ihr zu. »Danke, Corporal. Milheim, sagen Sie Ihren Leuten, sie sollen ihre Sprengladungen irgendwo an dieser Munition befestigen und dann zusehen, dass sie so schnell wie möglich von da verschwinden. Lamont!«

»Yo.« Der Panzerfahrer schien sich bestens zu amüsieren.

»In dem Gebiet, das ich jetzt hervorhebe, liegt Munition offen herum. Sehen Sie’s? Jeder größere Treffer könnte das gesamte Zeugs hochgehen lassen. Achten Sie darauf, dass Ihre Leute da keine schwere Munition reinwerfen. Wir wollen weit weg sein, bevor das alles in die Luft fliegt.«

»Das ist alles Munition? Roger! Ich habe jetzt das Gebiet für die Feuerkontrollsysteme aller Panzer gesperrt. Sollte jemand versuchen, die Sperre zu umgehen, dann befördere ich ihn höchstpersönlich durch meine Hauptkanone nach draußen.«

Stark schaute Reynolds an. »Die haben tonnenweise Munition einfach auf der Oberfläche zurückgelassen? Sind die verrückt?«

»Ich nehme an, dass die Lagerkapazitäten für Munition schon vor längerer Zeit erschöpft waren und es nirgendwo sonst Platz dafür gab.«

»Und wenn da ein großer Stein reinrast?«

»Ich vermute mal, sie hatten vor, große Steine mit den Verteidigungsanlagen rund um die Landebahn zu erwischen. Zumindest würde ein Treffer die Dinger von ihrer Flugbahn ablenken.«

»Ja, damit sie stattdessen irgendwelchen armen Infanteristen auf den Kopf fallen. Wo zum Teufel haben unsere ehemaligen Vorgesetzten so viel Munition aufbewahrt? Früher hat man uns immer was von Engpässen erzählt.«

Früher – das war die Zeit, als sie während des scheinbar endlosen Lunarkriegs die Befehle ihrer Offiziere befolgt hatten. Früher – das war die Zeit, bevor sie aufbegehrt und sich von einem System losgesagt hatten, das nie genug Geld für Munition und Ersatzteile gehabt hatte. Ein System, das anderseits aber nie ein Problem damit gehabt hatte, sie alle immer wieder irgendwo hinzuschicken, wo sie jede Patrone und jedes einzelne Ersatzteil mehr als dringend benötigten.

Vic zuckte mit den Schultern. »Ein Teil davon wird wohl die strategische Reserve sein. Unsere Meuterei liegt inzwischen so weit zurück, da werden sie außerdem die Munitionsproduktion längst wieder deutlich hochgefahren haben.«

»Kann gut sein. Aber sie haben doch immer behauptet, dass sie sich kaum Munition leisten können. Wie wollen sie das bezahlt haben?«

»Ethan? Wie lautet die Regel zum Thema Fragen?«

Trotz der herrschenden Anspannung konnte Stark lächeln. »›Stell nie eine Frage, von der du die Antwort eigentlich nicht wissen willst‹«, zitierte er voller Ironie. »Man könnte meinen, ich wäre ein Rekrut an seinem ersten Tag.« Er richtete den Blick wieder auf das Kampfgeschehen. »Okay. Siehst du noch irgendwas, das Grund zur Sorge sein sollte?«

Sie schüttelte den Kopf. »Du hast bislang sehr gut alle potenziellen Probleme erkannt.«

»Mag sein, aber du bist im taktischen Denken immer noch besser als ich.« Mit einem Nicken deutete er auf das Display und die darauf verteilten Symbole. »Was würdest du sagen?«

»Ich würde sagen, wenn wir jetzt angegriffen werden, sind wir erledigt. Unsere Leute sind zu weit verstreut.«

»Das müssen sie auch sein, um zu allen Zielen zu gelangen, die wir zerstören wollen.«

»Ich weiß, aber … Ethan …« Vic zeigte auf ihr Display und bewegte den Finger über eine Reihe von Gefahrensymbolen. »Wir werden in verstärktem Maß aus dem Gebiet der Lagerhäuser beschossen. Und zwar gezielt.«

»Gezielt?« Also von Einheiten, die nicht in Panik geraten waren und sich da irgendwo versteckt hielten. »Jemand von dieser Eingreiftruppe?«

»Nein, Verstärkung.«

»Wie kannst du dir da so sicher sein? Wenn wir uns zu früh zurückziehen, können wir vielleicht nicht jedes Ziel zerstören, das wir uns vorgenommen haben.«

Reynolds kniff die Augen leicht zusammen, während sie hinsah, dann tippte sie erneut auf das Display. »An der Art, wie diese erste Eingreiftruppe aufgetaucht ist, konnte man merken, dass sie alles auf eine Karte gesetzt und gehofft hat, mit einem schnellen Schlag etwas zu erreichen. Niemand war da, um ihnen Feuerschutz zu geben, als wir zurückschlugen. Dieses gezielte Feuer stammt von jemand anders. Und gleich hinter diesen Jungs könnte ebenso eine Kompanie wie ein ganzes Bataillon lauern. Der Hügelkamm da drüben schirmt jede Annäherung aus der Richtung vor unseren Sensoren ab. Also können wir nicht mit Sicherheit sagen, was uns dahinter erwartet.«

»Das wussten wir. Aber …«

»Kein Aber, Ethan. Wenn du auf diesem Gelände unsere Leute angreifen wolltest, wie würde dann dein Plan aussehen, um bis zu ihnen zu gelangen?«

Stark schaute auf das Display, seine Miene wurde ernster. »Ja, richtig. Hinter dem Hügelkamm, der alles abschirmt, was sich auf der anderen Seite befindet. Lamonts Panzer und diese Infanteriekompanie sind noch immer da. Könnten die ein paar Minuten lang alles zurückhalten, was von da auf uns zukommen könnte?«

»Himmel, Ethan! Du weißt so gut wie ich, dass das davon abhängt, was da anrückt. Wenn ein ganzes Rudel Panzer oder Mech-Infanterie im Schutz eines Artilleriesperrfeuers über den Kamm vorrückt, dann …«

»Ja, du hast recht.« Stark zwinkerte und schaute wieder auf sein Display, wobei er den Maßstab so veränderte, dass er auch das Gebiet um die Landebahn herum betrachten konnte. Ich bin zu sehr davon fasziniert zuzusehen, wie Sachen zerschossen werden und der Feind davonrennt. »Danke, Vic. Milheim, Lamont, es wird zu heiß bei euch.«

»Roger«, stimmte Milheim ihm zu. »Mir gefällt nicht, was sich da bei den Lagerhäusern abspielt. Wir haben fast alles erreicht, was wir uns vorgenommen hatten. Ich schlage vor, wir verschwinden von hier, so schnell wir können.«

»Für die verbleibenden Ziele reicht die Zeit noch«, hielt Lamont dagegen. »Wir halten das noch ein paar Minuten lang durch.«

Stark zögerte und wog ab, was er auf der einen Seite sah und empfand und was auf der anderen Seite seine Commander vor Ort zu sagen hatten. Mein Gefühl sagt mir, was die richtige Antwort ist. Vielleicht bin ich ja nur übervorsichtig, aber … »Nein, die verbleibenden Ziele sind das Risiko nicht wert. Schaffen Sie Ihre Leute zurück zu den Shuttles. Es wird Zeit aufzubrechen.«

»Meine Panzer können den Rest übernehmen und als Nachhut …«, begann Lamont.

»Negativ. Beginnen Sie jetzt den Rückzug.« Stark ließ detailliertere Anweisungen folgen, dann hielt er inne. Ich habe ihnen gesagt, was sie tun sollen. Jetzt muss ich sehen, was sie tatsächlich tun, und ihnen Bescheid geben, wenn es Probleme gibt.

»Jawohl, Sir. Jawohl, Sir. Wird alles nach Wunsch erledigt. Am besten vorgestern.«

Die verstreuten blauen Symbole kamen kurz zum Stillstand, als der Befehl einen Soldaten und ein Fahrzeug nach dem anderen erreichte. Dann machten sie kehrt in Richtung der Shuttles. Zurück blieben unzählige blinkende Warnsignale, die auf die an jedem nur irgendwie erreichbaren Ausrüstungsgegenstand befestigten Sprengladungen hinwiesen. Als die Amerikaner sich zurückzogen, wurde der Beschuss aus dem Gebiet der Lagerhäuser intensiver, um die zu den Shuttles eilenden Soldaten noch irgendwie zu erreichen. Schließlich schlugen die ersten schweren Geschosse auf dem Gelände ein, da der Feind letztlich zu der Erkenntnis gekommen war, dass es nun erforderlich war, die schweren Geschützbatterien zu bewegen. Normalerweise waren die auf die Bereiche vor den gegnerischen Gebieten ausgerichtet, nicht auf das eigene Terrain gleich hinter ihnen. »Milheim«, befahl Vic. »Feuern Sie auf diese Lagerhäuser, damit die Soldaten da drüben den Kopf einziehen müssen. Lamont, können Ihre Panzer irgendwas von der eingehenden Artillerie unschädlich machen?«

»Wenn der Winkel stimmt, ja«, bestätigte Lamont. »Aber mir geht so langsam die Munition aus.«

Stark rief den Munitionsstatus der Panzer auf und verzog missmutig die Mundwinkel, als er sah, wie viel sie bereits verschossen hatten. Einen Moment lang fragte er sich, wie die Chancen standen, sich bei dem riesigen Munitionsbestand gleich neben der Landebahn zu bedienen. Aber den Gedanken verwarf er gleich wieder. Bei unserem Glück befindet sich das, was wir brauchen, mal wieder ganz unten. Aber ich möchte nicht, dass sich meine Leute durch diesen Berg wühlen, während der Feind sie bombardiert. »Verstanden. Aber wenn ihr Affen euch nicht sofort auf den Weg macht, kann euch auch noch so viel Munition nicht mehr helfen.«

»Okay, wir schießen einfach weiter um uns, bis wir zurück in den Shuttles sind. Ich will doch hoffen, dass das die Matrosen nicht nervös macht.«

Stark grinste. Diese Matrosen werden jetzt schon nervös sein, weil um sie herum Geschosse einschlagen. »Wer hat ein Auge auf die Shuttles?«, rief er den Wachhabenden zu. »Wie sieht ihr Status aus?«

»Zum Start bereit«, meldete ein Private. »Keine Schäden, nur ein paar oberflächliche Kratzer von Schrapnellen.«

Rastlos wechselte Stark zum nächsten Scan. Der Beschuss aus dem Gebiet um die Lagerhäuser nahm beständig zu, aber bislang hatte es noch kein direktes Kanonenfeuer gegeben, das auf feindliche Panzer hingedeutet hätte. Weit konnten die aber nicht mehr sein. Blaue Symbole drängten sich um die Shuttles, da die Bodentruppen zu ihren Transportern zurückkehrten. Stark musste gegen den instinktiven Impuls ankämpfen, den Soldaten zu befehlen, sich großflächig zu verteilen. Er wusste, dass sich diese Konzentration von Zielen gar nicht vermeiden ließ, wenn Milheims Infanterie sich so schnell wie möglich in die Shuttles zurückziehen sollte. Doch wenigstens schrumpfte die Ansammlung an Symbolen zusehends, als immer mehr Soldaten an Bord stürmten. Gleichzeitig stieg die Anzeige beständig an, die angab, wie viele Leute sich im Shuttle befanden.

Los! Los! Los! Macht, dass ihr da wegkommt!

»Da ist irgendwas los«, murmelte Vic. »Shuttle Bravo, warum geht es nicht voran?«

»An der Frachtwinde klemmt was«, meldete der Shuttlepilot. »Wir versuchen, das zu beseitigen.«

»Wie lange wird das dauern?«

»Keine Ahnung. Vielleicht fünf Sekunden, vielleicht fünf Minuten. Oder auch noch länger. Diese Ausrüstung macht es einem manchmal nicht leicht.«

Vic sah zu Stark, der nur den Kopf schüttelte. »Shuttle Bravo, vergessen Sie den Panzer. Holen Sie nur die Besatzung raus.«

»Roger. Ich werde den Panzer zurücklassen und sämtliches Personal an Bord holen.« Es war nicht erkennbar, ob der Pilot erleichtert war oder ob es ihn frustrierte, das gepanzerte Fahrzeug zurücklassen zu müssen.

Sergeant Lamonts Einstellung war in dieser Hinsicht wesentlich eindeutiger, da er verlangte: »Stark! Sie können nicht einfach einen von meinen Panzern aufgeben!«

»Wir haben keine andere Wahl«, machte Stark ihm klar. »Eine solche Verzögerung können wir uns nicht leisten.« Als sollten seine Worte unterstrichen werden, stürmten in diesem Moment feindliche Soldaten auf die Landebahn und unternahmen einen Versuch in letzter Minute, das eine oder andere Shuttle doch noch so weit zu beschädigen, dass es nicht mehr abhob. »Können Sie den Panzer vielleicht automatisiert auf den Gegner hetzen, damit unsere Leute noch eine Chance haben, an Bord zu gelangen?«

»Ja.« Lamont klang wie jemand, der eben einen guten Freund verloren hatte. »Gut, ich aktiviere die automatische Verteidigung und die Selbstzerstörungssequenz. Das wird für einiges Durcheinander sorgen, und dann lasse ich die Treibstoff- und Sauerstofftanks genauso wie den Munitionsbestand hochgehen. Tut mir leid, Junge.« Seine letzten Worte schienen dem verloren dastehenden Panzer zu gelten, der mit hoher Geschwindigkeit davonraste und Salven auf die vorrückenden Gegner abfeuerte.

Die letzten Infanteristen machten einen Satz in die Shuttles und feuerten ihre Waffen ab, bis die sich schließenden Luken die Schussbahn blockierten. »Alle Panzer gesichert!«

Augenblicke später machten die Shuttles einen Satz in die Höhe, verfolgt von Schüssen der Angreifer, die allesamt ins Leere gingen. Lamonts zurückgelassener Panzer entfesselte ein wütendes Sperrfeuer, geriet aber ins Stocken, als mehrere Panzerabwehrraketen in das leere Crewabteil einschlugen. Als sie einen Sekundenbruchteil später hochgingen, lösten sie eine Reihe von Explosionen aus, die den Panzer in kleine Schrapnelle zerrissen, die sich auf der Landebahn verteilten und ins All geschleudert wurden. Stark versuchte, lieber nicht darüber nachzudenken, wie wertvoll und unverzichtbar jede Waffe für seine Streitkräfte war, während er sah, dass die errechneten Flugbahnen einiger Trümmerteile steil nach oben wiesen. »Sieht so aus, als hätte Lamont es geschafft, einen seiner Panzer in den Mondorbit zu bringen«, meinte er und lachte schnaubend und angespannt.

»Zumindest einen Teil eines Panzers.« Vic warf einen Blick auf die Zeitanzeige ihres Displays. »Die Trupps haben den Zündzeitpunkt für die überall angebrachten Sprengladungen auf Minimum eingestellt, damit der Feind keine Zeit mehr hat, um sie zu entschärfen. Jeden Moment werden von da unten noch viel mehr Trümmer aufsteigen.«

»Die Shuttles sind noch immer zu nah. Ich wünschte, wir hätten die Sprengladungen auf Befehl hochgehen lassen können.«

»So ein Signal lässt sich viel zu leicht stören«, betonte Reynolds. »Und Glasfaserkabel taugt nicht viel, wenn es die Sprengladung mit einem Shuttle verbindet, das mit maximaler Beschleunigung in den Orbit aufsteigt. Bereithalten.«

Sie hatte gerade ausgesprochen, da gingen die ersten von Milheims Truppen verteilten Sprengladungen hoch. Von einer Kamera am Heck eines des startenden Shuttles wurde ein Bild auf Starks Display übertragen, das ihm zeigte, wie ein Teil der Mondoberfläche herausgerissen wurde, als der Munitionsvorrat von einer raschen Folge kleinerer Detonationen erfasst wurde, die dann zu einer einzelnen gewaltigen Explosion verschmolzen. Helligkeit und Infrarotanzeige des Displays wurden sofort nach unten korrigiert, um mit dem grellen Lichtschein zurechtzukommen, der von dieser Explosion ausging. »Lieber Himmel«, flüsterte Vic. »Wie viel hatten die da gelagert?«

»Unmöglich zu sagen. Ich bin nur froh, dass ich nicht auf dieser Landebahn da stehe. Ich würde sagen, dass wir unsere Sprengladungen für eine andere Gelegenheit hätten aufheben können. Von dem Gelände da unten wird außer einem riesigen Krater kaum etwas übrig bleiben.«

»Vielleicht sollte man den Krater nach dir benennen.«

»Danke. Sind die Shuttles vor der Druckwelle und den Trümmern in Sicherheit?«

»Es wird eng werden«, meldete Sergeant Tran. »Es fliegt zu viel Müll umher, da lässt sich nicht jedes Teil verfolgen.«

»Die Shuttles entkommen immer noch mit maximaler Beschleunigung«, meldete der Private, der schon zuvor etwas gesagt hatte. »Aber sie befinden sich auf einem Kurs, der sie in die Feuerreichweite feindlicher Orbitalabwehrsysteme bringt.«

»Ich sehe feindliche und amerikanische Kriegsschiffe, die sich dem berechneten Kurs der Shuttles nähern«, ließ ein anderer Wachhabender verlauten.

Stark rieb sich über die Stirn und versuchte, gegen das Gefühl von Übelkeit anzukämpfen, von dem er plötzlich heimgesucht wurde. Jetzt folgt der schwierigste Teil: mit heiler Haut da rauszukommen. »Wo ist Wiseman mit ihren bewaffneten Shuttles?«

»Auf Abfangkurs zu den Kriegsschiffen.«

»Ist sie verrückt?«

»Nein«, gab Vic zurück. »Sie zieht lediglich die andere Täuschung durch, Ethan. Sie lässt die Kriegsschiffe und den Feind insgesamt glauben, dass diese Shuttles einer suborbitalen Route folgen werden, die sie hierher zurückbringt.«

»Ja, klar. Und wann ändern unsere Shuttles …« Weiter kam Stark nicht, da in dieser Sekunde die Beschleunigungsvektoren der Frachtshuttles umschwenkten. Steuerdüsen drückten das Heck der Raumfahrzeuge hoch zum schwarzen Himmel, sodass die Nase auf den toten Mond darunter zeigte. »Okay, Artillerie in Bereitschaft halten.« Er sah nach den bewaffneten Shuttles und beobachtete, wie sie genauso zügig ihren Kurs so änderten, dass sie ebenfalls mit dem Bug zur Mondoberfläche hin ausgerichtet waren. Die Displays aktualisierten kontinuierlich die Flugbahnen der Raumfahrzeuge, und die errechneten Kurse ergaben, dass beide Shuttle-Gruppen an einem späteren Punkt zusammentreffen würden. Wisemans bewaffnete Shuttles beschrieben einen Bogen über die amerikanische Enklave hin zur Front des Gegners, während die fliehenden Frachtshuttles aus der entgegengesetzten Richtung kommend auf die gleiche Position zuhielten.

»Ich will nur hoffen, dass das funktioniert«, murmelte Vic.

»Da sind wir schon zu zweit. Artillerie! Sergeant Grace? Führen Sie die vorbereitete Feuerlösung Bravo Foxtrot durch.«

»Roger. Führe die vorbereitete Feuerlösung Bravo Foxtrot durch.« Hinter der Front befand sich die schwere Artillerie in eigenen Bunkern; wahre Monster, die so ausgelegt waren, dass sie Projektile über sehr große Distanzen verschießen konnten. Auf dem Mond enthielten diese Geschosse dank der im Vergleich zur Erde erheblich geringeren Schwerkraft weitaus weniger Treibstoff und dafür eine umso größere Sprengladung. Während Stark zusah, leuchteten Gefahrensymbole an diesen Artilleriepositionen auf und bewegten sich auf den Punkt zu, an dem die Shuttles aufeinandertreffen sollten.

»Wissen Sie«, merkte Sergeant Tran an. »Wäre ich einer dieser feindlichen Soldaten und würde mich genau an der Stelle dort aufhalten, dann wär ich jetzt doch sehr verwundert, was denn da auf mich zukommt.«

»So soll es ja auch sein«, entgegnete Stark. »Wiseman, wie sieht’s bei Ihnen aus?«

»Halten Sie mir bloß diese Kriegsschiffe vom Hals.« Wegen der Beschleunigung des Shuttles war ihr Gesicht ungewohnt platt. Auf dem Display näherten sich die feindlichen Kriegsschiffe dem Randbereich dessen, was von den Orbitalabwehrwaffen der Kolonie abgedeckt war. Ein paar Gefahrensymbole lösten sich von den Kriegsschiffen, der verzweifelte Versuch, einen als unmöglich geltenden Treffer vielleicht doch noch landen zu können. »Nur damit das klar ist«, fügte Wiseman hinzu. »Es ist mir absolut zuwider, mich der Oberfläche eines Planeten oder eines Mondes zu nähern und dabei auch noch zu beschleunigen. Ist das klar?«

»Ich nehme an, dass Sie vorhaben, das Shuttle hochzuziehen, bevor Sie aufschlagen, oder?«

»Vorausgesetzt, dass alles einwandfrei funktioniert. Falls nicht, werde ich wirklich stinksauer sein.«

Und wirklich tot, fügte Stark in Gedanken an und überprüfte die aufeinander zulaufenden Flugbahnen der Frachtshuttles, der bewaffneten Shuttles und der Artillerie. Okay, die Artillerie trifft als Erstes ein. Damit sind die Verteidigungseinrichtungen in dem Gebiet erst einmal beschäftigt, während Wisemans Shuttles von vorn und die Frachtshuttles von hinten dazukommen. Jede ordentlich arbeitende Verteidigung sollte sofort das Feuer auf Wisemans Shuttle eröffnen, weil die ein sich näherndes Ziel darstellen. Den Frachtshuttles sollte sie nur wenig Beachtung schenken, weil es sich um Shuttles auf der Flucht handelt. Wollen wir hoffen, dass kein Verteidiger noch rechtzeitig auf manuelle Zielerfassung umschaltet, weil er durchschaut, dass wir es genau darauf anlegen. Diese Frachtshuttles haben nicht einmal halb so gute Überlebenschancen wie Wisemans bewaffnete Shuttles. »Drück die Daumen, Vic.«

»Mache ich, und die Zehen ebenfalls«, versicherte sie ihm.

Die feindlichen Verteidigungsanlagen begannen Salven zu feuern, um die sich nähernde Artillerie abzuwehren. Doch Starks Sperrfeuer war zu gewaltig, als dass man es hätte aufhalten können. Selbst hatte er oft genug Artilleriebeschuss über sich ergehen lassen müssen, daher wusste er genau, was geschehen würde, wenn diese großen Geschosse hinter der feindlichen Linie einschlugen. Ungeschützte Sensoren und Waffen wurden dann abgeschirmt, so gut es ging, und die Truppen würden den Kopf einziehen. Im Fall von Soldaten in Bunkern hatte dieser Reflex etwas fast Irrationales. Ein Projektil, das sich bis in den Untergrund bohren konnte, bedeutete für jeden Insassen den Tod, ob er nun aufrecht dastand oder sich irgendwo hingekauert hatte. Aber manchmal sorgten selbst irrationale Reflexe dafür, dass man sich ein wenig besser fühlte und etwas gelassener mit dem Gedanken umging, dass um einen herum tonnenweise Sprengstoff hochging.

Wisemans bewaffnete Shuttles vollzogen wieder Flugmanöver und gaben alles, um den todbringenden Sturzflug in Richtung Oberfläche abzuwenden und genau über die feindliche Linie hinwegzurasen. Auch die Frachtshuttles änderten ihren Kurs und wichen unter dem Schub der Steuerdüsen in alle Richtungen aus, soweit ihre Vorwärtsbeschleunigung das zuließ.

Die Symbole liefen kontinuierlich aufeinander zu. Stark vermied es, Bilder der feindlichen Positionen aufzurufen, die den Einschlag der Artillerie zeigten. Das hatte er tausendmal und mehr selbst erlebt, und ihm konnte der Gedanke keine Freude bereiten, dass da Soldaten kauerten und ein Bombardement über sich ergehen ließen. Auch Wisemans bewaffnete Shuttles eröffneten das Feuer und setzten zudem Störmanöver ein, als eine kleine Gruppe aus feindlichen Verteidigern die schnell vorbeiziehenden Ziele zu erfassen versuchte. In letzter Sekunde nahmen sich eine Reihe von Geschossen die Frachtshuttles zum Ziel, als die in entgegengesetzter Richtung an Wisemans bewaffneten Shuttles vorbeijagten. Fast sofort zündeten die erneut ihre Steuerdüsen und schalteten den Hauptantrieb dazu, um bei höchsten, gerade noch erträglichen Gravitationswerten in einer engen Kurve so schnell wie möglich zu den amerikanischen Verteidigungsanlagen zurückzukehren.

Stark wurde bewusst, dass er bis gerade eben gebannt die Luft angehalten hatte, und er atmete tief durch, während die Symbole der Frachtshuttles sich weiter der amerikanischen Verteidigungslinie näherten. Verdammt. Haben wir es geschafft? Haben wir unsere Leute unversehrt da rausgeholt?

»Wir wurden getroffen«, gab ein Wachhabender bekannt, als eine Sirene ertönte. »Shuttle Alpha.«

»Wie schlimm?«

»Hüllenriss, Stabilisierungssysteme ausgefallen. Unkontrolliertes Trudeln. Das Shuttle ist dicht über der Oberfläche und hat keinen Platz zum Manövrieren.«

»Oh Mann.« Erschrocken rief Stark ein Vid des Shuttles auf und zuckte unwillkürlich zusammen, als er wild umherwirbelnde Bilder zu sehen bekam. Die Wucht des Einschlags und sekundäre Explosionen an Bord hatten das Shuttle aus seiner ruhigen Flugbahn gebracht. Vor der Kamera wechselten sich Bilder der Mondoberfläche mit ihren grauen und weißen Felsbrocken mit denen von der sternenübersäten Schwärze des Alls ab.

»Gutierrez!«, funkte Chief Petty Officer Wiseman den Shuttlepiloten an. »Sie sind zu tief, die Automatik kann das fliegende Schwein so nicht stabilisieren! Das müssen Sie manuell erledigen!«

»R-Roger«, antwortete Gutierrez mit zitternder Stimme, da sein Körper permanent in dem Geschirr hin und her geschleudert wurde, das ihn in seinen Sitz drückte.

Stark stutzte, als Vic gezielt die Vid-Verbindung beendete und auf einen anderen Kanal umschaltete. Jetzt sah er das Shuttle von außen, als es von den Sensoren am Boden erfasst wurde, während es sich unablässig um sich selbst drehte. Wie zufällig auftretende Flammen an der Hülle kennzeichneten das Feuern der Stabilisierungsdüsen des Shuttles, während Gutierrez rein nach Gefühl die Drehbewegung abzubremsen versuchte.

»Funktioniert das?«, fragte Vic.

»Kann ich nicht sagen. Warte noch.« Ein heftiger Ausstoß aus zwei Stabilisatoren ließ das Shuttle erzittern, doch dann wich das unkontrollierte Trudeln einem grob kreiselnden Flug, bei dem die Nase des Shuttles einen weiten Kreis zog. »Das ist ein verdammt guter Pilot.«

»Ja, aber er kann das Shuttle nicht retten. Es fliegt zu tief und bewegt sich zu schnell vorwärts. Wenn es auf ein …« Ehe Reynolds ihren Satz beenden konnte, wurden die vorderen Steuerdüsen erneut gezündet, um die Nase nach oben und damit über die Vertikale zu bewegen, sodass die Hauptantriebseinheit nach vorn zeigte. Dann erwachte der Hauptantrieb brüllend zum Leben und wirbelte Staub von der Mondoberfläche hoch, über die das Shuttle gerade knapp hinwegflog. Das Gefährt wurde langsamer und erzitterte unter den Kräften, die durch das Bremsmanöver auf es einwirkten, während die felsige Landschaft darunter noch ein Stück näher rückte. Nur einen Augenblick später schlug das Shuttle mit einer Seite auf der Oberfläche auf, prallte ab und geriet abermals außer Kontrolle. »Gutierrez!«, rief Wiseman. »Sie haben getan, was Sie konnten! Steigen Sie aus! Schaffen Sie Ihre Crew aus dem Ding!«

»Nein, ich habe Passagiere an Bord! Ich kann immer noch …«

Die Stimme des Piloten verstummte, als das Shuttle härter als zuvor erneut auf der Mondoberfläche aufschlug und diesmal nicht wieder hochgeschleudert wurde. Das Fahrzeug rutschte über die schroffe Landschaft, prallte von größeren Felsen ab und flog mit einem kleinen Satz über eine Unebenheit hinweg. »Sanitäter!«, rief Sergeant Tran prompt ins Komm. »Schicken Sie so schnell wie möglich ein Einsatzteam zur Unglücksstelle!«

»Sind schon unterwegs«, meldete sich die medizinische Abteilung gleich darauf.

Tran zeigte auf das Display. »Vier Ambulanzen. Ich schicke gleich noch mehr hin.«

»Gut«, erwiderte Stark, der sich über das leichte Zittern in seiner Stimme ärgerte. »Gut«, wiederholte er etwas ruhiger. »Gut, dass Sie daran gedacht haben, das medizinische Team in Rufbereitschaft zu versetzen. Vic, ist mit den anderen alles in Ordnung?«

Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, während ihr Blick über das Display wanderte. Schließlich nickte sie. »Sieht ganz so aus. Die anderen Shuttles bremsen für den Landeanflug. Wiseman ist mit ihren Shuttles ebenfalls hierher unterwegs. Willst du zur Unglücksstelle fahren?«

»Ja.« Einmal mehr hatte sie seine Gedanken gelesen, oder aber sie kannte ihn bloß viel besser als jeder andere. »Gibst du meinem Kommando-GTT Bescheid?«

»Die werden schon auf dich warten.«

Diesmal rannte Stark durch die Korridore, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, welchen Eindruck er damit vielleicht machte. Die Nachricht vom Absturz hatte sich längst mit jener unvorstellbaren Geschwindigkeit herumgesprochen, die für schlechte Neuigkeiten üblich war. Deshalb wunderte es auch niemanden, dass er so zum Zugang zum GTT rannte. Dort angekommen zog er sich in den Kommandosessel und legte die Gurte an. »Sie wissen, wo die Absturzstelle ist?«, fragte er.

»Jawohl, Sir.«