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Schund: Das ist Abenteuer und Action pur! In dieser brandneuen Anthologie-Reihe ist für jeden etwas dabei. Fantasy, Science-Fiction, Cyberpunk, Western, Horror, Mystery, nichts muss, alles kann. Wechselnde Autoren stellen in jeder neuen Ausgabe eine ihrer fantastischen Welten und Charaktere vor. Schund ist Pulp in seiner reinsten Form. Rasante Unterhaltung für das 21. Jahrhundert! In den staubigen Straßen von Dawson City, wo das Gold fließt und die Revolver sprechen, spinnt der legendäre Glücksspieler Klondike Bill ein Netz aus Täuschung und List. Gefangen zwischen dem Kopfgeld, das er auf sich selbst ausgesetzt hat, und der Rettung der Frau, die sein Herz gestohlen hat, setzt Bill alles aufs Spiel. Als er Gertie, die in den Fängen des skrupellosen Tex gefangen ist, befreit, entfesselt er eine Kette von Ereignissen, die das Schicksal der Stadt für immer verändern werden. Doch auch im Pokerspiel ist Bill ein Meister des Bluffs. Bei einem hochdotierten Turnier, das von Intrigen durchzogen ist, riskiert er nicht nur sein Leben, sondern auch seine Ehre. Mit seinem scharfen Verstand und seinem eisernen Willen stellt sich Bill den dunklen Machenschaften von Tex entgegen und setzt alles daran, Gerechtigkeit in einer Welt voller Betrug und Verrat zu finden. Eine mitreißende Geschichte über Mut, Betrug und die Suche nach Liebe und Freiheit im Wilden Westen.
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Seitenzahl: 80
Veröffentlichungsjahr: 2024
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J. Scott Preston
Schund
# 5
Falsches Spiel mit Klondike Bill
I M P R E S S U MSchund
# 5
Falsches Spiel mit Klondike Bill
J. Scott Preston© 2024 J. Scott PrestonAlle Rechte vorbehalten.J. Scott PrestonHorner Landstr. 126
22111 Hamburg
[email protected]: 978-3-98865-562-2
Schwer lag die Luft im Raum. Zahlreiche Nebelschwaden hatten sich ausgebreitet, und der Geruch von billigem Schnaps wehte durch den Saloon. Die dicken Zigarren der glücklicheren Goldschürfer umwehten die Köpfe der Glücksspieler und Trunkenbolde, die sich hier tummelten. Die weniger gut gestellten qualmten Zigaretten.
Der Klavierspieler in der Ecke des Raumes versuchte das laute Gegröle der Betrunkenen mit seinem Spiel zu übertönen und die leichten Mädchen taten alles, um denjenigen Glücksrittern ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, die nach dem meisten Geld aussahen.
Es gab regelrechte Revierkämpfe unter den Girls, wenn ein neuer Gast den Saloon betrat. Im Laufe der Zeit hatte sich eine Rangordnung unter ihnen herausgebildet.
Gertie Stevenson hatte sich das Vorrecht erstritten, jeden Neuankömmling als erstes ins Visier zu nehmen. Zum einen war sie bereits viele Monate vor den anderen Mädchen nach Dawson gekommen, als die Nachricht von den Goldfunden am Bonanza Creek noch nicht bis in die Großstädte der USA vorgedrungen waren. Zum anderen war sie als rigorose Furie bekannt, die auch nicht davor zurückschreckte handgreiflich zu werden.
Schon so manches der stetig nach Dawson hinzuströmenden Amüsiermädchen hatte ihr heißes Temperament und ihre Fingernägel zu spüren bekommen, wenn sie sich an einen von Gerties Favoriten herangemacht hatte.
Selbst allzu frechen Liebhabern gegenüber war Gertie schon handgreiflich geworden. Es war schwer einzuschätzen, wie alt die junge Frau mit den blonden Locken tatsächlich war. Ihr gertenschlanker Körper und ihre Lebenslust standen einem Teenager in Nichts nach. Doch die kleinen Krähenfüße und Falten in ihrem Gesicht zeugten bereits von einem bewegten Leben. Ein Betrachter, der Gertie näher untersuchte, konnte mit Leichtigkeit feststellen, dass ihr goldblondes Haar bereits hier und da eine graue Strähne aufwies und auch nicht besonders gepflegt wurde.
Das harte Leben und die vielen Männer, die Gertie in Dawson kennengelernt hatte, hatten ihre Spuren hinterlassen. Doch beschweren konnte sich dennoch keiner von den Männern, um die sich Gertie „kümmerte“.
Sie wusste ihren Körper so einzusetzen, dass jeder Mann vor lauter Verzückung gerne ein paar kleine Goldnuggets in Geschenke für sie investierte, oder sie großzügig für ihre „Fürsorge“ entlohnte. Ihr üppiger und straffer Busen zog so manchen gierigen Blick auf sich, wenn sie ihn in einem der knappen Kleider präsentierte, die sie stets zur Schau trug.
Auch an diesem Abend saß Gertie an ihrem angestammten Platz, zwischen Klavier und der Theke, von wo aus sie nicht nur sämtliche Tische bestens im Blick hatte, sondern vor allem auch die beiden Schwingtüren des Geschäftes, durch die unentwegt Gäste hinein- und hinausgingen.
Der letzte von Gerties Gönnern, ein gewisser Jackson B. Mason, hatte sich erst gestern aus dem Staub gemacht, nachdem er bei einem Pokerspiel ein kleines Vermögen gemacht hatte.
Es war immer das gleiche mit den Kerlen, dachte Gertie. Kaum haben sie genug Gold oder Banknoten zusammen, um sich dauerhaft aus Dawson abzusetzen, sind all die Liebesbekundungen vergessen, die diese Windhunde ihr während der vergnüglichen Stunden ins Ohr säuselten.
Deshalb war sie am heutigen Abend auf der Jagd nach einem neuen Geldgeber, den sie umschwärmen konnte. Aus diesem Grund hatte sie ihr kräftigstes Lippenrot aufgelegt und Rouge auf die Wangen aufgetragen. Auch an Lidschatten und Wimperntusche hatte die „wilde Gertie“, wie sie auch genannt wurde, ebenso wenig gespart. Zudem trug sie ihr engstes Mieder, das ihre Brüste noch mehr betonte, als es ohnehin schon nötig gewesen wäre.
Es hätte schon mit dem Teufel zugehen müssen, wenn sie an diesem Abend keinen reichen Kerl mit zu viel Gold in der Tasche und zu wenig Verstand im Oberstübchen an Land gezogen hätte.
Doch bislang ließen sich in Bud Donovans Saloon nur die üblichen Trunkenbolde und Halsabschneider sehen, die es nicht wert waren, auch nur nahe genug an Gertie heran zu kommen, um ihr schweres, blumiges Parfum zu erschnuppern. Diejenigen Gäste, die nach etwas Geld aussahen, waren jedoch von einem solch verwahrlosten Äußeren, dass Gerties Stolz es nicht zuließ, sich auf den Schoß eines dieser Scheusale zu setzen.
„Hey Gertie, bist du wieder auf der Pirsch?“, feixte Bud, als er gerade ein paar Gläser spülte.
Bud Donovan war der Sohn irischer Einwanderer, die sich in Boston niedergelassen hatten. Bereits sein Vater betrieb eine Gastwirtschaft, in der auch Bud aushalf. Nach dessen Tod übernahm er diese zunächst, zog aber weiter nach Westen, als sein Bruder alt genug war, den elterlichen Betrieb zu übernehmen.
In Seattle war Bud zwölf Jahre lang der Besitzer eines gut laufenden Pubs, ehe er sich entschloss, noch einmal das Abenteuer zu suchen und schließlich vor knapp zwei Jahren in Dawson landete.
Sein Gesicht hatte im Laufe der Jahre so manche Narbe erhalten, da er stets selbst für Ruhe in seinem Laden sorgte, wenn einige Gäste es zu sehr übertrieben. Seine Hände waren groß wie Schaufeln und konnten fest zupacken. Zur Faust geballt waren sie wahre Mordinstrumente, die einen erwachsenen Mann mit einem einzigen Schlag ins Reich der Träume befördern konnten.
Das spärliche Haupthaar trug der Barkeeper mittig gescheitelt. Die rötliche Färbung des Haarschopfes verriet seine irische Herkunft. Auf seiner Oberlippe trug Bud einen beachtlichen Schnauzer gleicher Färbung zur Schau. Sein Hemd hatte der grobschlächtige aber gutmütige Kerl bis über die Ellenbogen gekrempelt. Zum Vorschein kamen stark behaarte Unterarme. Über der Schürze, die er zum Abtrocknen der Hände und Gläser benutzte, quoll ein staatlicher Wanst hervor, der die Knöpfe seines Hemds bis zum äußersten beanspruchten.
„Aber Bud.“, entgegnete ihm Gertie, und klimperte dabei mit ihren langen Wimpern, um ihn ein wenig zu verschaukeln. „Eine Dame wie ich hat so was doch gar nicht nötig!“
Die beiden waren bereits ein eingespieltes Team und Gertie hatte sogar ein Zimmer im Obergeschoss des Ladens angemietet. Dort bewahrte sie nicht nur ihre üppige Garderobe und die zahlreichen Schminkutensilien auf, sondern lockte auch manch einen Goldgräber dort hinein. Auch Bud selbst war schon das eine oder andere Mal bei Gertie gelandet, wenn die Nacht allzu einsam oder alkoholgeschwängert war.
Nichtsdestotrotz war beiden bewusst, dass diese kleinen Techtelmechtel nichts weiter bedeuteten. Es machte Bud auch überhaupt nichts aus, wenn Gertie vor seinen Augen mit anderen Herren anbandelte. Er war Junggeselle aus Überzeugung.
Gertie wiederum war nicht so töricht ihr Herz an nur einen einzelnen Mann zu verschenken. Jedenfalls so lange noch nicht, bis ihr einer eine sichere Zukunft bieten konnte und sie mitnahm, weit weg von Dawson.
So sehr sie ihr Leben im Moment auch genoss, es war mehr als offensichtlich, was für ein dreckiges Loch Dawson im Grunde genommen doch war. Die Stadt existierte überhaupt erst seit zwei Jahren, als das erste Gold am Klondike River gefunden wurde, und scharenweise Menschen hierherkamen, um sich einen Claim zu sichern.
Die Stadt wuchs rasant, so dass mittlerweile an die 40.000 Personen hier lebten, wo zuvor nur unwirtliche Schneelandschaften das Landschaftsbild bestimmten.
Die harten Winter hatten so manches Rauhbein bereits das Leben gekostet. Zwar hatten einige der Glücksritter auch Gold gefunden, doch es rann ihnen genauso schnell wieder durch die Finger.
Dawson war ein teures Pflaster, nicht nur, wenn man Gertie imponieren wollte. Durch die unzugängliche Lage der Stadt kamen nur selten neue Waren an, so dass die wenigen, die im Umlauf waren, exorbitant teuer waren. Hinzu kam noch, dass die Goldschürfer oftmals direkt mit ihren gefundenen Nuggets bezahlten, da sie kein Bargeld bei sich hatten. Selbstverständlich weigerten die ortsansässigen Händler sich hierauf passend herauszugeben, so dass sie sich mit satten Gewinnen die Taschen vollstopfen konnten. Und wenn sie die benötigten Waren nicht zu den völlig überteuerten Preisen kaufen wollten: es gab genügend andere, die es mit Freude taten. Schließlich waren die Goldschürfer auf die Händler angewiesen.
Die nächste Möglichkeit für einen Einkauf lag hunderte, wenn nicht gar tausende Meilen weit weg, die zudem nur äußerst schwer zu überwinden waren.
So waren viele hier gestrandet. Wer es nicht schaffte, so viel Gold beiseite zu schaffen, um wieder in die Zivilisation zurückzukehren und sich dort in gesicherten Verhältnissen nieder zu lassen, der wusch seine Goldpfannen immer weiter aus, bis sein Claim erschöpft war, oder er ein vorzeitiges Ende durch einen Konkurrenten fand.
Die Colts saßen recht locker in Dawson, obwohl die Royal Canadian Mounted Police alles daransetzte, Recht und Ordnung einigermaßen aufrecht zu erhalten.
Die Mounties, wie die Beamten in den roten Uniformen genannt wurden, hatten eine starke Truppe vor Ort in Dawson. Sergeant Upperdike konnte auf gut 50 Mann zählen.
Wer nicht das Glück hatte, binnen kürzester Zeit ein Vermögen zu machen und es in Sicherheit brachte, verfiel entweder dem Alkohol, oder schlug sich als Handlanger für die reicheren Claimbesitzer durch.
Auch die organisierte Kriminalität florierte in Dawson. Ganze Banden hatten sich gebildet, um den Prospektoren ihre hart erarbeiteten Nuggets wieder abzunehmen.
Von diesen Halsabschneidern tummelten sich auch an diesem Abend einige im Saloon von Bud Donovan. Solange sie jedoch keinen Ärger machten, waren sie für Bud zahlende Gäste, die anstandslos bedient wurden.
Genauso auch die Falschspieler, die an den Tischen in den dunklen Ecken des Schankraums saßen. Schließlich profitierte auch Bud davon, wenn einer dieser Gauner wieder einmal einen Leichtgläubigen ausgenommen hatte und im Anschluss eine Lokalrunde schmiss. Es war schon eine wilde Zeit im Mai 1898 in Dawson, am Ufer des gewaltigen Yukon.