Familie mit Herz 28 - Charlotte Vary - E-Book

Familie mit Herz 28 E-Book

Charlotte Vary

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Beschreibung

Ich will wissen, wer ich bin - Wie Sina die Wahrheit über ihre Herkunft erfuhr


Anja und Paul Rosenfeld sind vernarrt in ihr bildhübsches, wohlgeratenes Töchterchen Sina. Als wenige Monate altes Baby haben sie das Mädchen adoptiert, das der Sonnenschein ihres Lebens ist. Und hätte jemals irgendwer behauptet, dass Glück auch Schatten hat, hätten die Rosenfelds dies mit einem ungläubigen Lächeln geleugnet. Natürlich sollte Sina von ihnen irgendwann, wenn sie verständig genug war, die Wahrheit über ihre Herkunft erfahren.
Doch das Schicksal will es anders - Sina entdeckt viel zu früh die Wahrheit. Sie fühlt sich hintergangen und heimatlos - und will von den Menschen, die ihr bisher das Liebste auf der Welt waren, nichts mehr wissen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Ich will wissen, wer ich bin

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: zagorodnaya / shutterstock

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6787-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Ich will wissen, wer ich bin

Wie Sina die Wahrheit über ihre Herkunft erfuhr

Von Charlotte Vary

Anja und Paul Rosenfeld sind vernarrt in ihr bildhübsches, wohlgeratenes Töchterchen Sina. Als wenige Monate altes Baby haben sie das Mädchen adoptiert, das der Sonnenschein ihres Lebens ist. Und hätte jemals irgendwer behauptet, dass Glück auch Schatten hat, hätten die Rosenfelds dies mit einem ungläubigen Lächeln geleugnet. Natürlich sollte Sina von ihnen irgendwann, wenn sie verständig genug war, die Wahrheit über ihre Herkunft erfahren.

Doch das Schicksal will es anders – Sina entdeckt viel zu früh die Wahrheit. Sie fühlt sich hintergangen und heimatlos – und will von den Menschen, die ihr bisher das Liebste auf der Welt waren, nichts mehr wissen …

»Guck mal, Anja! Ist sie nicht reizend? Sie hat wirklich eine wunderschöne Stimme. Ob wir ihr eine Gesangsausbildung geben sollen?«

Frau Rosenfeld legte nachsichtig lächelnd die Hand auf den Arm ihres Mannes.

»Aber Paul! Sina geht doch schon zum Reiten und zur Ballettstunde. Das ist neben der Schule übergenug. Das Kind braucht auch noch ein bisschen Freizeit.«

»Das Kind« stand indessen auf der Bühne der Aula des Karolinengymnasiums und sah als Prinzessin Primula im seidenen Rokokokleidchen tatsächlich bezaubernd aus. Die achte Klasse des Gymnasiums führte zum Schuljahresabschluss das Singspiel »Die zertanzten Schuhe« auf, und die kleine Sina Rosenfeld spielte eine der drei tanzlustigen Prinzessinnen.

Stolz sah sich Dr. Rosenfeld, Anwalt an dem größten ortsansässigen Industrieunternehmen, im voll besetzten Saal um, als seine Sina den Löwenanteil des Schlussbeifalls für sich verbuchen konnte. Er gehörte zu der Gilde der rettungslos in ihre Töchter vernarrten Väter und konnte Sina kaum einen Wunsch abschlagen. Anja musste manchmal dafür sorgen, dass die Bäume nicht in den Himmel wuchsen und die Vierzehnjährige nicht zu einem verzogenen Gör ausartete.

Bis jetzt machte Sina ihren Eltern jedoch nur Freude. Ihre Schulleistungen waren sehr gut. Ihr Wesen war fröhlich und natürlich. Sie war eben dabei, sich von einem schlaksigen Schulmädel zu einem hübschen Teenager zu mausern. Noch waren Arme und Beine ein wenig staksig wie bei einem Fohlen. Aber die Bewegungen gewannen zusehends an Grazie, und der Körper rundete sich sanft.

Langsam erwachte auch die weibliche Eitelkeit. Nach möglichst ausgeblichenen, schäbigen Jeans sah man nun ab und zu einen anmutig schwingenden Rock an ihr. Sie machte sich.

In einem Pulk von Freundinnen schlenderte sie jetzt näher und flog ihrem Vater in die Arme.

»Papi, Mami, wie war ich? Hat man gemerkt, dass ich beim Auftrittslied im dritten Akt saumäßig gepatzt habe? Aber das Menuett und die Liebesszene am Schluss waren klasse, was? Dabei bin ich innerlich fast vor Lachen geplatzt, weil der angeklebte Schnurrbart von Jan mich dermaßen gekitzelt hat.«

Jan hatte den schlauen Soldaten gespielt, der den Prinzessinnen auf ihre Schliche kommt und am Ende eine von ihnen zur Frau erhält.

Sina strahlte. Ihr brauner Pferdeschwanz tanzte auf dem schmalen Rücken, als sie beim Heimgehen neben ihrem Vater herhopste.

Sie wird tatsächlich bildhübsch, dachte Anja. Wer hätte das gedacht, als wir sie als drei Monate altes Würmchen krank und schwächlich aus der Kinderklinik holten. Wie viele Nächte habe ich an ihrem Bett verbracht! Sie wollte und wollte nicht gedeihen. Und dann die beiden Operationen an den Hüftgelenken, die Zahnregulierung! Die vielen Kinderkrankheiten, die sie durchmachte! Sie fing ja jeden Krankheitskeim auf, schwach, wie sie war.

Aber unsere Mühe und Plage hat sich gelohnt. Sie ist ein Prachtmädel geworden. Uns war ja auch kein Arzt, keine Spezialbehandlung zu kostspielig.

Wir werden ihr endlich sagen müssen, dass wir sie adoptiert haben. Schließlich hat sie ein Anrecht darauf zu erfahren, wer ihre leibliche Mutter war. Aber Paul drückt sich davor. Er fürchtet, Sina werde uns dann weniger lieben. Wenn man nur wüsste, wie sie auf die Wahrheit reagiert!

»Mami, du sagst ja gar nichts! Hat es dir denn nicht gefallen?«

Frau Rosenfeld streichelte Sinas Rücken.

»Es war wunderbar, Kleines! Ich bin noch ganz gerührt. Alle haben großartig gespielt.«

»Aber ich war am besten, ja?« Sinas Selbstbewusstsein litt nicht gerade an Unterentwicklung.

»Du und Jan. Ja, ganz besonders Jan. Er hat sich total in seine Rolle eingelebt. Schon wie er am Anfang hereinmarschierte und sein Auftrittslied sang. Zum Totlachen!«, lobte Frau Rosenfeld. »Ich hätte ja nie vermutet, dass solch ein Schauspieler in ihm steckt.«

»Wir alle nicht!«, bekräftigte Sina. »Als wir das erste Mal probten, wusste er nicht, wohin mit seinen überlangen Armen und Beinen. Beim Menuett stellte er sich an wie ein junger Hühnerhund. Unsere Gymnastiklehrerin, die die Tänze einstudierte, war oft am Verzweifeln. Aber dann ging plötzlich der Knopf auf bei ihm. Du, Mami, ich habe ihn für heute zum Kaffee eingeladen. Das ist doch okay, oder?«

»Aber ja, das weißt du doch«, erwiderte Frau Rosenfeld. »Er geht ja ohnehin bei uns aus und ein.«

Das Haus der Rosenfelds lag in einem Randbezirk von Stuttgart mitten im Grünen. Es war komfortabel, aber nicht protzig. Anja kümmerte sich um den gut funktionierenden Haushalt allein. Lediglich eine Putzhilfe kam zweimal wöchentlich.

Auf der Terrasse war der Kaffeetisch bereits gedeckt. Anja zog sich im Schlafzimmer noch schnell um: ihr festliches Seidenkleid tauschte sie gegen eine leichte Bluse und eine sommerliche Jeans. Sie war eine schlanke, attraktive Frau mit dunklem Haar und schönen samtbraunen Augen. Mit ihren elastischen Bewegungen und dem Ausdruck heiterer Gelassenheit auf dem Gesicht sah man ihr ihre beinahe fünfzig Jahre nicht an.

Rasch eilte sie die Treppe hinab und setzte in der Küche Kaffeewasser auf. Dann holte sie die frischgebackene Johannisbeertorte aus dem Kühlschrank, dazu Schlagsahne und Eis für die Kinder.

Sie hatte eben alles auf den Tisch gestellt, als es an der Haustür klingelte. Ihr Mann stand auf und öffnete.

»Hallo, Jan. Komm rein! Der Kuchen steht schon bereit.«

Der große Fünfzehnjährige mit dem strubbeligen braunen Haarschopf und dem sympathischen Sommersprossengesicht wohnte ganz in der Nähe. Er war seit vielen Jahren Sinas Spielkamerad. Abwechselnd zankten sie sich und waren dann doch wieder ein Herz und eine Seele.

»Na, Jan, du wirst dich wohl jetzt nach deinem Erfolg auf eine Karriere als künftiger Fernsehstar vorbereiten, was?«, neckte Frau Rosenfeld ihn. »Hast dich hervorragend geschlagen auf den Brettern, die die Welt bedeuten.«

Der Junge lachte. »Fällt mir ja nicht im Traum ein. Ich werde Tierarzt, daran gibt es nichts zu rütteln. Eigentlich habe ich sowieso nur mitgespielt, weil Sina mich so lange deswegen genervt hat.«

»Waaas, ich?«, protestierte die. »Doktor Kramm, unser Deutschlehrer, hat das gemanagt. Gib doch zu, dass du vor Stolz auf deinen Erfolg mindestens drei Zentimeter gewachsen bist!«

Jan stürzte sich auf sie. Ein lustiges Gebalge begann, das aber sofort abbrach, als Frau Rosenfeld die Tortenstücke auf die Teller verteilte. Dann war es eine Weile still. Man beschäftigte sich intensiv mit den gebotenen Genüssen.

»Mensch, Jan, da fällt mir was ein!«, begann Sina plötzlich begeistert. »Nächste Woche fahren wir für drei Wochen nach Südfrankreich in die Carmague. Ein Freund von Papa hat dort ein Landhaus, das stellt er uns zur Verfügung. Ganz toll! In der Nähe gibt es sogar noch wilde Pferde. Und bis zum Meer ist es auch nicht weit. Schade, dass du nicht mitkommen kannst. Was macht ihr eigentlich in den Ferien?«

Jans Gesicht bewölkte sich ein wenig.

»Wir bleiben zu Hause. Vater kann vom Geschäft nicht weg, und Mama muss im Herbst zur Kur. Da fällt die Sommerreise flach.«

»Und du?«, forschte Sina.

Er zuckte die Schultern. »Ich jobbe wahrscheinlich vierzehn Tage im Getränkegroßmarkt. Und dann eben Stadtbad, mit dem Rad an den See und so. Ist doch auch ganz cool.«

Schmeichelnd wie ein Kätzchen schmiegte sich Sina an den Vater.

»Ooch, Papi, Jan könnte doch leicht mit uns kommen! Wir haben doch das ganze Haus für uns. Sag Ja, Papi, bitte, bitte!«

Natürlich wurde Dr. Rosenfeld weich.

»Tja, warum eigentlich nicht? Wenn Jans Eltern einverstanden sind. Was meinst du, Anja?«

Frau Rosenfeld stimmte zu. »Meinetwegen gern. Platz ist wirklich genug da. Dann frag doch mal deine Familie, Jan!«

»Cool!« Sina hopste in die Höhe. »Ich bringe dir das Reiten bei, auch Voltigieren! Und du nimmst natürlich deine Tauchausrüstung mit und leihst sie mir mal. Das werden Ferien wie noch nie!«

Alle lachten, nur Anja seufzte leicht.

»Vorher haben wir noch die Renovierung des Wohnzimmers hinter uns zu bringen. Wenn uns auch Herr Huber tapeziert, viel Schmutz und Arbeit bleibt uns trotzdem.«

Sina winkte großartig ab. »Jan hilft auch. Das wird doch ein Kinderspiel.«

Paul Rosenfeld lächelte. Hausarbeit war nicht gerade die Domäne seiner kleinen Prinzessin. Aber im Notfall würde sie schon mit anpacken, allein um sich nicht vor dem hilfsbereiten, praktisch begabten Jan zu blamieren.

***

Drei Tage später rückte besagter Herr Huber mit Leiter und Eimern an. In der Diele wurde der Tapeziertisch aufgestellt. Jan erwies sich als geübter Gehilfe mit Erfahrung im Einkleistern von Tapeten. Anja reichte dem Tapezierer die Bahnen zu und half beim Walzen und Bürsten.

Sina, die sich nicht gerne handwerklich betätigte, bekam den Auftrag, die im Nebenzimmer abgestellten Möbel einer gründlichen Kur mit Staubsauger und Polierlappen zu unterziehen. Erst arbeitete sie mit Feuereifer, aber der hielt nicht lange vor.

Papas riesiger geschnitzter Schreibtisch hatte auch zu viele Ecken und Kanten. Da war es schon viel interessanter, seine zahlreichen Fächer und Schübe zu untersuchen. Der Sekretär war ein antikes Stück aus Familienbesitz und sollte, wie Herr Rosenfeld einmal seiner Tochter erzählt hatte, sogar ein raffiniert angebrachtes Geheimfach enthalten.

Wäre doch ein Spaß, wenn ich das herauskriegte, dachte Sina. Sie öffnete sämtliche unversperrten Lädchen und Schübe, die aber nur alltägliche Dinge enthielten.

Das große Mittelfach hielt Papa sonst immer verschlossen. Heute aber steckte der Schlüssel. Sina sperrte es auf und rümpfte die Nase. Aktenordner mit Versicherungspapieren, Bankauszüge, Rechnungen! Puh, wie langweilig! Wo war bloß das Geheimfach?

In Sinas romantischem Köpfchen spannen sich die wildesten Geschichten zusammen. Ihre Finger tasteten behutsam über eine Girlande aus geschnitzten Blättern und Früchten. Ein halbkugeliger Apfel ragte besonders weit vor. Unter ihrer suchenden Hand gab er nach und ließ sich tiefer in die Leiste hineindrücken. Gleichzeitig sprang oberhalb des großen Mittelfaches eine ganz schmale Schublade heraus.

Sina erschrak erst. Dann lachte sie freudig erregt auf. Das Geheimfach! Sie hatte es entdeckt.

Aber es enthielt weder Perlen noch Brillanten. Lediglich einen dünnen blauen Ordner, auf dem in Papas Handschrift geschrieben stand: Papiere, meine Adoptivtochter Sina betreffend.

Adoptivtochter!

Sina stockte der Atem. Was sollte das heißen? War sie, Sina Rosenfeld, damit gemeint? Sollte das bedeuten, dass sie … nicht Papas und Mamas wirkliches Kind war?

Mit zitternden Händen schlug sie den Ordner auf. Das Erste, was ihr in die Hände fiel, war eine Geburtsurkunde, lautend auf Sina Marx, Tochter der ledigen Maria Marx, Vater unbekannt.

Sie ließ das Dokument fallen, als habe sie sich daran verbrannt.

Es handelte sich also tatsächlich um sie. Aber wer war Maria Marx? Ihre Mama hieß doch Anja Rosenfeld.

»Sina! Bist du endlich fertig? Hilf uns hier beim Zuschneiden! Leg deine Hand auf die Tapete, dass sie nicht wegrutscht!«

Es war Mamas Stimme. Sina stopfte den blauen Ordner unter ihren Schürzenlatz und lief ins Wohnzimmer hinüber.

»Mami? Du … ich … mir ist so entsetzlich übel.«

Anja Rosenfeld musterte ihre Tochter besorgt.

»Du bist ja ganz blass, Kind! Hast dir sicher an den unreifen Stachelbeeren gestern den Magen verdorben. Hol dir Tropfen aus der Hausapotheke, und leg dich etwas hin! Wir werden hier auch ohne dich fertig. Ich sehe später nach dir!«

Sina stolperte die Treppe hinauf. In ihrem Zimmer drehte sie den Schlüssel zweimal um und warf den Ordner aufs Bett. Mit fliegenden Fingern durchwühlte sie seinen Inhalt.