Finns fantastische Freunde. Trollangriff und Einhornschinken - Rüdiger Bertram - E-Book
SONDERANGEBOT

Finns fantastische Freunde. Trollangriff und Einhornschinken E-Book

Rüdiger Bertram

0,0
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Zack!, fällt ein Fass vom Himmel, und huch!, rollt ein Zauberer heraus … Finn staunt nicht schlecht, als ein alter Zauberer und sein Chamäleon-Drache buchstäblich vom Himmel fallen – genau vor seine Füße! Und weil er ein begeisterter Sachensammler ist, versteckt er die beiden zuhause im Schuppen. Leider richten sie da ein übles Chaos an. Eigentlich könnte er froh sein, die zwei wieder loszuwerden. Dank ihnen hat er neuerdings seine Mitschülerin Marie-Lou an der Backe und bekommt es sogar mit lebensgefährlichen Trollangriffen zu tun. Aber vor dem verrückten Professor, der Finns seltsamen Besuchern auf den Fersen ist, möchte er die beiden dann doch lieber bewahren – wer weiß, was der mit ihnen in seinem Labor anstellen würde …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 148

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Rüdiger Bertram

Finns fantastische Freunde

Trollangriff und Einhornschinken

Mit Illustrationen von Ute Krause

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Zack!, fällt ein Fass vom Himmel, und huch!, rollt ein Zauberer heraus …

 

Finn staunt nicht schlecht, als ein alter Zauberer und sein Chamäleondrache buchstäblich vom Himmel fallen – genau vor seine Füße! Und weil er ein begeisterter Sachensammler ist, versteckt er die beiden zu Hause im Schuppen. Leider richten sie da ein übles Chaos an.

 

Eigentlich könnte er froh sein, die zwei wieder loszuwerden. Dank ihnen hat er neuerdings seine Mitschülerin Marie-Lou an der Backe und bekommt es sogar mit lebensgefährlichen Trollangriffen zu tun. Aber vor dem verrückten Professor, der Finns seltsamen Besuchern auf den Fersen ist, möchte er die beiden dann doch lieber bewahren – wer weiß, was der mit ihnen in seinem Labor anstellen würde …

Über Rüdiger Bertram

Rüdiger Bertram arbeitete nach dem Studium der Fächer Geschichte, Germanistik und VWL als freier Journalist mit dem Spezialgebiet Filmwirtschaft und absolvierte eine Ausbildung zum Drehbuchautor. Zunächst schrieb er Drehbücher für diverse Sitcoms, heute veröffentlicht er vor allem Kinder- und Jugendbücher. Zu seinen bekanntesten Reihen gehört «Coolman und ich». 2012 startete mit «Pommes essen» sein erster Kinofilm, für den er mit Regisseurin Tina von Traben das Drehbuch geschrieben hat. Rüdiger Bertram wohnt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Köln.

Über Ute Krause

Ute Krause ist vielfach ausgezeichnete Illustratorin von über 250 Bilder- und Kinderbüchern sowie erfolgreiche Kinderbuchautorin.

1. KapitelDas Fass

Wäre ich im Park nicht stehen geblieben, um den verrosteten Kartoffelschäler aufzuheben, hätte mich das Fass ganz sicher erschlagen, und die Geschichte wäre hier schon zu Ende.

 

Zum Glück blieb ich stehen, weil ich immer stehen bleibe, wenn vor mir etwas auf dem Boden liegt, das man vielleicht noch gebrauchen kann. Ich hob den Kartoffelschäler auf und fragte mich gerade, wie der wohl in den Park gekommen war, als

ein blaues Holzfass mit einem gewaltigen Bums direkt vor mir auf den Kiesweg knallte. Erschrocken sprang ich einen Meter zurück, stolperte und landete mit meinem Po in einer piksigen Distel, die neben dem Weg wuchs.

Der Sprung war ein Reflex gewesen, weil ich mich so wahnsinnig erschreckt hatte. So sehr, dass ich das aufgeregte Pochen meines Herzens sogar noch spürte, als ich wieder aufgestanden war. Ich rieb mir den Hintern und schaute in den Himmel, um zu gucken, ob da irgendwo ein Flugzeug flog. Das war die einzige logische Erklärung. Wahrscheinlich hatte sich dort oben während des Flugs versehentlich die Klappe des Laderaums geöffnet, und das Fass war auf die Erde hinuntergestürzt. Aber am Himmel war kein Flugzeug, noch nicht einmal ein Vogel. Dort oben schwebten nur ein paar dunkle Gewitterwolken vorüber. Es sah schwer nach Regen aus, und deswegen war ich ganz allein im Park, obwohl es Sonntag war und hier am Wochenende sonst immer viel los ist. Mir war der Park so leer am liebsten. Da guckte niemand dumm, wenn ich mich bückte, um irgendetwas aufzuheben, oder mich vor Schreck auf den Hintern setzte oder an einem Fass horchte.

 

Denn genau das tat ich. Ich näherte mich dem Fass und presste mein Ohr an das Holz. Dazu brauchte ich mich nicht mal zu bücken, weil das Fass beinahe genauso groß war wie ich.

«Hallo? Ist da jemand?», rief ich laut.

«Nein», antwortete eine helle Stimme aus dem Fass.

«Aber wer spricht denn dann?», fragte ich.

«Niemand», erwiderte die Stimme, dann ertönte eine zweite, die viel dunkler klang als die erste. «Ich hab doch gesagt, du sollst den Mund halten, du Trolltüte! Das ist bestimmt nur ein hundsgemeiner Trick der hundsgemeinen Infamia.»

«Ich kenne gar keine Infamia», versicherte ich, und das stimmte auch. Ich hatte noch nie von jemandem gehört, der Infamia hieß.

«Er weiß nicht, wer die hundsgemeine Infamia ist!», antwortete die helle Stimme und lachte. «Da draußen steht ein totaler Trolltrottel!»

«Dümmer als ein Einhorn», bestätigte die dunkle. «Und unfassbar unhöflich ist er auch noch. Höfliche Wesen klopfen an, bevor sie dämliche Fragen stellen.»

Ich war ein bisschen beleidigt. Ein bisschen sehr sogar. Einerseits. Andererseits war ich furchtbar neugierig, wem die Stimmen gehörten, wer diese hundsgemeine Infamia war und wo das riesige Fass überhaupt herkam. Ich streckte meine Hand aus und klopfte mit dem verrosteten Kartoffelschäler höflich gegen das Holz.

 

Das hätte ich besser nicht getan.

 

Die leichte Berührung reichte, um das Fass auf dem abschüssigen Weg in Bewegung zu setzen. Erst nur ganz langsam, dann immer schneller und schneller hüpfte es polternd den Hügel hinunter. Aus dem Inneren waren laute Schreie zu hören, und das überraschte mich überhaupt nicht. Wer auch immer dort drinnen hockte, wurde gerade durcheinandergewirbelt, als säße er in einer Waschmaschine.

Ich rannte hinterher, so schnell ich nur konnte, und tatsächlich gelang es mir, das Fass einzuholen. Ein paar Meter lief ich neben ihm her, dann sprang ich mitten auf den Weg, um es aufzuhalten.

 

Auch das hätte ich besser nicht getan.

 

Das Fass war zu schwer und hatte viel zu viel Tempo drauf, als dass ich es hätte stoppen können. Es warf mich einfach um und rollte über mich hinweg, als wäre ich ein Zebrastreifen.

Als ich mich wieder aufrichtete, sah ich, wie das Fass ein Rasen betreten strengstens verboten-Schild und direkt danach auch noch ein Baden allerstrengstens verboten-Schild umnietete, über die Wiese rollte und schließlich mit einem fetten Arschbombenplatscher in dem kleinen Teich unseres Stadtparks landete.

«Verdammte Hacke», murmelte ich, weil ich das immer sage, wenn bei mir irgendwas schiefläuft, und hier lief gerade eine ganze Menge schief. Eigentlich alles.

 

Ich sprang auf und humpelte den Hügel hinunter zum Teich. An der Rasenkante stoppte ich kurz, aber weil das Rasen betreten strengstens verboten-Schild nach dem Zusammenstoß mit dem Fass kaum noch zu lesen war, lief ich einfach weiter über die Wiese bis zum Ufer des kleinen Sees.

Das Fass trieb in der Mitte des Teichs und drehte sich dabei leicht um sich selber. Ich hielt Ausschau nach einem langen Ast, mit dem ich es aus dem Wasser ziehen konnte. Aber es war kein Ast zu sehen, und deswegen kramte ich in den Taschen meiner Jacke. Die ist zwar nicht besonders schick, aber furchtbar praktisch, weil sie wahnsinnig viele Taschen hat. Darin kann ich all die Dinge verstauen, die ich unterwegs aufsammele. Zum Beispiel das lange Stück Kordel und den alten Dartpfeil, die ich gestern gefunden hatte. Schnell befestigte ich das dünne Seil mit einem Knoten am Ende des Pfeils, zielte und warf.

 

Mit meinem ersten Versuch hätte ich aus Versehen beinahe eine Ente getroffen, die neugierig um das Fass herumschwamm und jetzt erschrocken aufflatterte.

«Entschuldigung, tut mir schrecklich leid! Wirklich!», rief ich ihr hinterher, obwohl das natürlich totaler Quatsch war. Die Ente konnte mich ja gar nicht verstehen.

Ich zog den Pfeil an der Kordel zurück an Land und warf ein zweites Mal. Diesmal traf ich das Fass, aber der Pfeil saß zu locker, und als ich an der Schnur zog, löste er sich aus dem Holz. Erst beim dritten Mal, als ich den Pfeil mit ganzer Kraft warf, bohrte sich die Spitze tief genug in das Fass, aus dem laute Flüche ertönten. Wer oder was auch immer da in diesem Fass hockte, schien ziemlich sauer zu sein.

 

Einen Moment überlegte ich, ob es nicht klüger wäre, einfach zu verschwinden. Aber das tat ich nicht, weil ich immer noch so neugierig war und weil ich ein schlechtes Gewissen hatte. Wenn ich mit dem Kartoffelschäler nicht gegen das Fass geklopft hätte, wäre es nicht den Hügel hinuntergerollt und im Teich gelandet.

Statt abzuhauen, holte ich die Kordel ein und zog damit das Fass ans Ufer. Der letzte Meter war der schwerste. Ich musste in den Teich klettern, um es aus dem Wasser zu schieben. Erst im vierten Anlauf gelang es mir, das vollgelaufene Fass mit einem kräftigen Stoß die Böschung hinaufzurollen.

Dabei rutschte ich auf dem glitschigen Boden des Teiches aus und landete

der Länge nach im Wasser. Als ich wieder auftauchte, klebte Entengrütze in meinen Haaren, und aus dem Fass ertönte statt der Flüche ein lautes, schadenfrohes Gelächter.

2. KapitelDas Feuer

«Er sieht aus wie ein Wassertroll. Nur viel, viel kleiner und hässlicher», rief die dunkle Stimme aus dem Fass.

«Hässlicher als ein Wassertroll? Das muss ich sehen», erwiderte die helle Stimme.

«Drängele doch nicht so, an das Loch kommst du sowieso nicht dran.»

«Klar, komme ich da dran. Ich kann Wände rauf- und runterlaufen, schon vergessen?!»

«Aber nur, wenn an der Wand eine Leiter steht. Aua, pass doch auf! Du tollpatschige Trollnase! Du hast mir den Po verbrannt!»

«Geschieht dir recht, und jetzt lass mich endlich gucken.»

 

Klitschnass kletterte ich zurück an Land und ging zu dem Fass.

«Ich glaube nicht, dass es ein Wassertroll ist», sagte die dunkle Stimme. «Ich kenne keinen Wassertroll, der so dämlich aus der Wäsche guckt.»

«Aber was ist es dann?», fragte die helle Stimme.

«Keine Ahnung», antwortete die dunkle. «Aber er sieht nicht aus, als wenn er mit allen Wassern gewaschen wäre. Für mich sieht der aus, als wäre er noch ganz feucht hinter den Ohren.»

«Dann kann er uns bestimmt nicht das Wasser reichen.»

«Auf gar keinen Fall, der wirkt eher, als könnte er kein Wässerchen trüben.»

«Hey, ich habe Sie aus dem Teich gerettet, und das, obwohl Ihr Fass mich beinahe erschlagen hätte! Sie könnten ruhig ein bisschen netter zu mir sein.» Ich bin es gewohnt, dass sich die Leute wegen meines Sammlerticks über mich lustig machen. Aber irgendwann ist es genug. Ich hatte jedenfalls keine Lust mehr, mich von den beiden Stimmen mit ihren dämlichen Wasserwitzen weiter veralbern zu lassen.

«Trollblitzdonnerwetter, wenn du uns wirklich retten willst, dann hol uns hier raus», antwortete die dunkle Stimme. «Aber beeil dich, ich glaube, das Fass fängt an zu brennen.»

Jetzt roch ich den Rauch auch.

«Das ist aber nicht meine Schuld!», rief die helle.

«Wessen Schuld ist es denn dann?!», widersprach die dunkle. «Hättest du mir nicht den Hintern abgefackelt, wäre das Stroh nicht in Brand geraten.»

«Und wenn du der hundsgemeinen Infamia nicht das Xalabu geklaut hättest, wären wir gar nicht erst hier. Dann säßen wir gemütlich vor unserer Hütte und würden Elfentränenlimo trinken», erwiderte die helle Stimme.

«Jetzt bin ich wieder an allem schuld, oder was? Das Ganze war doch deine Idee», entgegnete die dunkle Stimme beleidigt. «Das ist nun der Dank, dass ich dein Ei ausgebrütet habe, als wäre es mein eigenes.»

«Du hast es nicht ausgebrütet, du hast es ins Feuer geworfen. Hast du mir selber erzählt.»

«Und? Hat es dir geschadet? Hauptsache, du hattest es schön mollig warm.»

«Apropos Feuer», mischte ich mich in das seltsame Gespräch ein, von dem ich nicht mal die Hälfte verstand. Eigentlich gar nichts. «Wie kann ich das Fass denn öffnen, um Sie da rauszulassen?»

 

Ich fing nämlich langsam an, mir Sorgen zu machen, weil aus den Ritzen des Fasses dunkler Rauch quoll.

Als Antwort erklang nur ein lautes Husten. Es dauerte eine Weile, bis die dunkle Stimme sich wieder meldete.

«Vorne ist eine Klappe, die musst du öffnen. Aber beeil dich gefälligst.»

«Die Klappe ist nicht vorne, sondern hinten», verbesserte die helle Stimme, der – wie ich überrascht feststellte – der Rauch im Fass überhaupt nichts auszumachen schien.

«Wo soll denn bei einem Fass vorne oder hinten sein?», rief die dunkle Stimme keuchend. «Das ist rund, da gibt es kein Hinten.»

«Wenn es kein Hinten gibt, gibt es aber auch kein Vorne.»

«Vorne ist immer da, wo ich bin. Das ist ja wohl klar wie Elfenflügel.»

«Ha, da lachen ja die Trolle!»

«Ich werde dir gleich was husten.»

«Das tust du doch sowieso schon die ganze Zeit.»

 

Ich kümmerte mich nicht weiter um die Zankereien der beiden, sondern machte mich auf die Suche nach der Klappe. Nach der dritten Umrundung des Fasses fand ich endlich die Öffnung. Sie war gut getarnt und mit einem winzigen Haken gesichert, der so fest saß, dass ich ihn mit meinen Fingern nicht entriegeln konnte. Erst als ich den verrosteten Kartoffelschäler zu Hilfe nahm, gelang es mir, die Klappe zu öffnen. Dichter Qualm quoll mir entgegen, und deswegen bemerkte ich den bärtigen alten Mann erst auf den zweiten Blick. Der Alte trug einen spitzen Hut, der aussah wie eine Schultüte, und war so dick, dass ich mit allen Kräften an seinem rosa Pelzmantel ziehen musste, um ihn durch die enge Öffnung ins Freie zerren und auf der Wiese ablegen zu können.

 

Sein Bart war länger als der vom Weihnachtsmann und hing über den dicken Bauch bis auf den Rasen hinunter. Er sah aus wie eine Zündschnur, weil die Bartspitze Feuer gefangen hatte und sich die Flammen langsam nach oben arbeiteten. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als auf den weißen Haaren herumzutrampeln und mit meinen nassen Turnschuhen den Brand zu löschen. Der Alte ließ sich davon nicht stören und murmelte zwischen seinen Hustenanfällen nur immer wieder: «Rette Attila! Er ist noch in dem Fass! Rette ihn, schnell, schnell, beeil dich!»

 

Ich hatte keinen blassen Schimmer, wer Attila war. Der Name klang irgendwie nach einem riesigen Hund mit langen, scharfen Zähnen, dem der Sabber rechts und links aus dem Maul tropft. Aber Hunde konnten nicht reden, und irgendwem musste ja die helle Stimme gehören. Ich hielt mir mein nasses T-Shirt vor Mund und Nase und schob meinen Kopf erneut durch die Klappe. Wegen des dichten Rauchs konnte ich kaum etwas sehen. Ich wollte meinen Kopf gerade wieder zurückziehen, als die helle Stimme über mir rief: «Und was ist mit mir? Soll ich hier etwa verkohlen? Klar, der Dicke wird sofort gerettet, aber mich übersieht man mal wieder. Das passiert mir ständig, und das ist so was von gemein.»

«Aber wo sind Sie denn?» Ich schaute hoch, konnte dort aber immer noch niemanden sehen.

«Na hier oben, du Blindtroll!»

 

Es war ein Chamäleon, das innen am Deckel des Fasses hockte und kaum zu erkennen war, weil es die Farbe des Holzes angenommen hatte. Ich fand das ziemlich beeindruckend, noch beeindruckender aber fand ich, dass die Echse sprechen konnte. Eine Sekunde lang dachte ich, dass das Ganze nur ein Bauchredner-Trick des Alten in dem rosa Pelzmantel war. Aber ein Blick zurück auf den alten Mann, der immer noch hustend auf dem Rasen lag, überzeugte mich, dass die Stimme unmöglich von ihm kommen konnte.

«Ich mag Hitze, aber hier oben wird es selbst mir langsam ein bisschen zu heiß», knurrte das Chamäleon. «Also was ist jetzt? Willst du warten, bis ich schwarz wie ein Trollmagen bin?»

Das qualmende Stroh am Fassboden hatte inzwischen auch das Holz in Brand gesetzt. Ich streckte vorsichtig meine Hand nach der Echse aus, und das Tier krabbelte auf meinen Ärmel, wo es sofort die grüne Farbe meiner Jacke annahm.

Als ich das Chamäleon aus dem Fass hob, begann es zu regnen. Aber ich war ja sowieso schon nass bis auf die Haut, und immerhin wuschen mir die dicken Tropfen die Entengrütze aus den Haaren. Außerdem löschte der Regen das Feuer. Der Alte ließ sich nicht stören und blieb einfach liegen. Nur das Chamäleon schien den Schauer nicht zu mögen. Es schlüpfte unter den Ärmel meiner Jacke und brummte: «Da hast du uns mal wieder in ein schönes Schlamassel reingeritten.»

Es war mir nicht klar, ob es damit mich oder den Alten meinte. Mir war das egal, ich hatte die beiden aus dem Wasser und vor dem Feuer gerettet. Das war jetzt erst mal die Hauptsache.

3. KapitelSchwierige Entscheidung

Jeder andere hätte angesichts dieser merkwürdigen Vorfälle bestimmt längst die Flucht ergriffen. Ich nicht. Ich bin ein Sachensammler. Ich sammele alles, was ich unterwegs finde. Auch wenn es dicke alte Männer in rosa Pelzmänteln oder sprechende Chamäleons sind. Die vor allem. Außerdem bin ich neugierig. Ich wollte wissen, wo der Alte und die Echse herkamen, wer diese hundsgemeine Infamia war, was ein Xalabu ist und wieso die beiden ständig von Trollen sprachen. Und überhaupt: Warum konnte das Chamäleon reden, obwohl das doch völlig unmöglich war? Eigentlich. Ich hatte so viele Fragen, dass ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte.

 

Doch bevor ich die erste meiner vielen Fragen stellen konnte, erhob sich der Alte schwerfällig. Er wankte auf das ausgebrannte Fass zu und quetschte seinen Oberkörper durch die enge Öffnung, sodass nur noch sein dicker Hintern herausschaute. Aus dem Inneren ertönte kurz darauf lautes Schimpfen und Fluchen. Als der Alte wieder aus dem Fass herauskroch, hielt er einen faustgroßen Kristall in der Hand und murmelte: «Zum Glück ist ihm nichts passiert!» Dann ließ er das geheimnisvolle Ding schnell in seiner Tasche verschwinden und sah mich vorwurfsvoll an. «Trollschwerenot, das ist alles deine Schuld!»

«Meine?», erwiderte ich überrascht.

«Klar», quiekte das Chamäleon unter meinem Ärmel. «Einer muss es ja sein, und wir sind es nie.»

«Aber, aber …» Ich war sprachlos, weil es so unverschämt war. Immerhin hatte ich die beiden gerade erst aus dem Wasser und vor dem Feuer gerettet.

Der Alte stand jetzt direkt vor mir und starrte in meine Augen. Er besaß ein grünes und ein blaues, und ich wollte mich wegdrehen, weil ich von seinem stechenden Blick Kopfschmerzen bekam. Aber das war unmöglich. Ich konnte mich einfach nicht abwenden, sondern musste weiter in seine Augen schauen.

«Gib zu, dass du an allem schuld bist, und versprich, dass du uns hilfst, hier schnellstens zu verschwinden», sagte der Alte.

«Ich bin an allem schuld und verspreche, euch zu helfen, hier schnellstens zu verschwinden», wiederholte ich wie ein Papagei.

Ich hatte das nicht sagen wollen, aber irgendwie hatte ich es sagen müssen. Gegen meinen Willen.

«Sag ihm, er soll auf einem Bein hüpfen und dabei ein Lied pfeifen», schlug das Chamäleon vor.