Freiheit und Individuation - Sven Bürkner - E-Book

Freiheit und Individuation E-Book

Sven Bürkner

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Beschreibung

Wie will ich leben? Wie will ich arbeiten? Wo ist mein Platz in dieser Welt voller rasanter Veränderungen? Wir befinden uns in einer Zeit der permanenten Beschleunigung unserer Lebens- und Arbeitswelten. Nie waren die Möglichkeiten der Lebensgestaltung so vielseitig aber zugleich auch verunsichernd. Digitalisierung und soziale Medien haben massive Auswirkung auf unsere Psyche und unsere Seele. Wie gestalten wir in einem solchen Umfeld ein glückliches und selbstbestimmtes Leben? Sven Bürkner will mit diesem Buch Mut machen, das eigene Leben aktiver und bewusster auszugestalten. Er stellt dem Leser das Konzept der Individuation vor, welches auf den Psychologen Carl Gustav Jung zurückgeht. Über die schrittweise Entfaltung der eigenen Anlagen und Fähigkeiten sowie mit Hilfe der Bewusstwerdung tief verwurzelter Motive gelingt ein Leben in Harmonie zwischen Freiheit und Verantwortung. Sich selber suchen, sich selber erkennen und den Mut haben, sich zu verändern - das sind drei Schritte, die er empfiehlt. Konkrete Übungen aus seinem Coaching- und Trainingsalltag helfen auf diesem Weg und geben dem Buch einen hohen Praxiswert.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 131

Veröffentlichungsjahr: 2021

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SVEN BÜRKNER

Freiheit und Individuation

Werde der Mensch, der in Dir steckt

Impressum

© 2021 Sven Bürkner

Umschlagdesign, Layout: 4H DIGITAL (www.4h-digital.de)

Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

978-3-347-33217-1 (Paperback)

978-3-347-33218-8 (Hardcover)

978-3-347-33219-5 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Ich veröffentliche dieses Buch ohne Neutralisierungen, Gendersternchen, Binnen-I oder andere Formen der genderneutralen Sprache in der Überzeugung, dass eine Verkomplizierung unserer Sprache uns von den eigentlichen Problemen ablenkt. Als Gesellschaft ist es unsere gemeinsame Aufgabe, Chancengleichheit und die Freiheit des Individuums als unabdingbare Grundrechte zu etablieren und dauerhaft zu sichern. Diskriminierungen müssen wir gemeinsam die Stirn bieten. Mit diesem Buch will ich meinen Beitrag zu einer besseren Gesellschaft leisten, indem ich aufzeige, wie Freiheit und Verantwortung verknüpft sind.

Dieses Buch widme ich meinem Vater. Ihm verdanke ich viele Fertigkeiten und Fähigkeiten, die mich auf meinen Wegen weiter voranbringen.

Inhalt

PROLOG

► Die Rückfahrt

► Der Start

► Etappenziel

TEIL 1: ERFAHRUNGSBERICHT

I. Verortung eines Neuanfanges

► Technik 1: Verortung eines Neuanfanges

II. Das Sabbatical

► Akzeptanz für das Vorhaben Sabbatical herstellen

► Auf einmal bin ich frei

► Unterwegs im Baltikum

► Auf dem Fluss

► Begegnungen

► Familie, Freunde und Flexibilität

III. Grundlagen gelungener Mitarbeiterführung

► Selbstwirksamkeit

► Wachstum in Verbundenheit und Vertrauen

► Der Wertekompass einer Führungskraft

IV. Bausteine auf dem Weg

► Die Kunst des Loslassens

► Umgang mit Medien

► Fokussierung, Handlungsorientierung und Vertrauen

V. Inventur der eigenen Persönlichkeit

► Technik 2: Inventur der eigenen Persönlichkeit

► Wirkungen, Interessen, Methoden (Womit?)

► Meine Verhaltenspräferenzen (Wie?)

► Meine Werte (Wofür?) - Meine Motive (Warum?)

► Technik 3: Mit welchen dieser Motive identifizieren Sie sich?

VI. Motive verändern

VII. Was ist eigentlich Arbeit?

TEIL 2: GRUNDLAGEN UND THEORIE

I. Gedanken zur Freiheit

II. Individuation – ein lebensveränderndes Konzept

III. Quellen weiterer Inspiration

EPILOG

LITERATURVERZEICHNIS

DANKSAGUNG

DER AUTOR

“What we call the beginning is often the end And to make an end is to make a beginning. The end is where we start from.”

T. S. Eliot, Little Gidding

Prolog

Die Rückfahrt

Im Sommer 2015 hatte ich mein erstes „Erwachen“. Ja wirklich: Ich wurde im wahrsten Sinne des Wortes „wach“. Der Ort war keine Kirche, kein Kloster auch wanderte ich zu dieser Zeit nicht auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Ich saß hinter dem Steuer meines schwarzen Audi A4 Firmenwagens auf dem Rückweg einer dreitägigen Dienstreise, die mich 1500 km durch die Neuen Bundesländer geführt hatte. Es war später Abend und der Großteil der Rückfahrt bereits geschafft, da vollzog sich ganz plötzlich ein Ereignis, welches mein Leben verändern sollte.

Vielleicht kennen Sie diese inneren Gedankendialoge, die uns den ganzen Tag über begleiten. L: „Ich könnte einen Cappuccino kochen. Das habe ich mir jetzt verdient.“ R: „Nein, schreibe noch das Kapitel zu Ende, du fauler Sack.“1An diesem Abend verlief ein innerer Dialog so: L: „Bald habe ich es geschafft, Endspurt.“ R: „Wie weit ist es denn noch?“ L: „Lass kurz überlegen – durch Bielefeld bist du schon durch.“ R: „Dann kommt doch gleich links Jung Pumpen.“ L: „O.K., danach Halle, A33, Home.“ R: „45 Minuten!“

In diesem Augenblick blickte ich aus dem Seitenfenster und sah eine Tankstelle. Die passte hier nicht hin. Wo bin ich???

Es ratterte in meinem Kopf, verwirrt stoppte ich an einer Ampel, fuhr an und erst jetzt begriff ich, dass ich mich mitten in Bad Oeynhausen befand, somit 50 km vom gedachten Ort entfernt und vor allem auf einer komplett anderen Route. Ein eigenartiges Gefühl befiel mich. Irritation mischte sich mit Unsicherheit. Ich atmete tief durch, trank einen Schluck Wasser und fuhr über die A30 nach Hause.

Als ich am nächsten Tag meiner Arbeitskollegin von diesem Ereignis erzählte, erst da wurde mir der Zusammenhang so richtig klar: In den letzten Wochen war ich regelmäßig in Thüringen, Sachsen und Brandenburg unterwegs gewesen. Immer wenn der letzte Einsatzort in Thüringen lag, ging es über Bielefeld zurück. Diesmal endeten meine Termine in Brandenburg, folglich war ich über Bad Oeynhausen gefahren. Das hatte sich überlagert. Ich erinnerte mich an Berichte, dass Menschen, die beruflich international unterwegs sind, manchmal nach dem Aufwachen nicht wissen, auf welchem Kontinent sie sich gerade befinden. Das konnte ich damals schon nachvollziehen und ich sah die Parallelen zu meinem Ereignis, aber auch den gravierenden Unterschied. Ich hatte damals mein Leben in meiner Hand; in Form eines kleinen, schwarzen Lenkrades.

Zu dieser Zeit arbeitete ich für ein mittelständisches Familienunternehmen und leitete einen Geschäftsbereich. Zudem war ich für die Führung von 140 Mitarbeitern zuständig. Ich mochte meine Arbeit sehr. Ich konnte eigenständig handeln und entscheiden. Insbesondere die Führung von Mitarbeitern empfand ich als wirkliche Bereicherung. Sie war eine Quelle regelmäßigen, positiven Feedbacks meiner Arbeit. Ich war verheiratet und mein Sohn damals fünf Jahre alt. Für mein Umfeld war ich der glückliche Sonnyboy, den das Leben immer verwöhnt hatte. Wenige kannten den stillen Denker, der nächtelang grübeln konnte.

Der Start

Nach meiner „Rückfahrt“ erlebte ich einige Tage später dann eine Nacht mit „Kopfkarussell auf Höchsttouren“. Es arbeitete in mir. Ich reflektierte das Geschehene auf einer anderen Ebene. Weg von der rein physikalischen und logischen Erklärung hin zu einer Interpretation. Ich hatte erlebt, mir des Ortes, an dem ich mich befand, nicht gewahr zu sein; und das im Zustand vollen Bewusstseins. Urplötzlich tat sich ein weites Tor auf und wie eine kontinuierliche Flut stiegen in mir Fragen auf:

Lebst du wirklich dein Leben?

Verschenkst Du nicht irre viele Stunden in genau solchen Situationen, wo du dir noch nicht einmal deines Ortes bewusst bist?

Betreibst du Raubbau an deinem Körper?

Wofür tust du das eigentlich?

Gibt es da noch einen anderen Weg?

Am nächsten Tag nahm ich mir ein hübsch gebundenes DIN A4 Notebook, welches bereits seit drei Jahren auf meinem Sekretär geparkt lag. Ich hatte dieses einst als Präsent einer Geschäftspartnerin erhalten, aber nie eine Verwendung dafür gesehen. Zum Wegwerfen war es jedoch zu schade. Einem inneren Antrieb folgend, schrieb ich in die drei Linien der zweiten Innenseite: „Mein persönliches Buch der Freiheit“. Mehr Linien hatte dieses Notebook auch nicht, denn es war ansonsten blanco.

Danach erfolgte mein erster Eintrag auf der Folgeseite: „Arbeit bedeutet für mich, das zu tun, was mir am Herzen liegt.“ In vier Zeilen hatte ich diesen Gedanken ausladend auf eine halbe Seite geschrieben. Das war der Start einer Reise, die ich seit mehr als fünf Jahren beschreite.

Dieses Buch wird zunächst die Meilensteine beleuchten, welche meinen persönlichen Weg charakterisieren, um im Anschluss die Themen Freiheit und Individuation zu erläutern und damit ein theoretisches Fundament zu liefern. Ich möchte vor allem jenen Menschen Mut machen, die wie ich tief im Inneren spüren, dass etwas in ihrem Leben nicht komplett stimmig ist und die nach einer Veränderung streben. Ich werde Techniken aufzeigen, die dabei helfen, den richtigen Weg seines persönlichen Lebens zu finden. Dieses Buch unterscheidet sich bewusst von den vielen Ratgebern, wie man frühzeitig aus dem Job aussteigen oder als Internet Nomade leben kann. Ich halte solche Ratgeber sogar für höchst gefährlich, leiten sie doch viele Menschen vom Regen in die Traufe.

Etappenziel

24. Juni 2020 - fünf Jahre sind vergangen. Deutschland befindet sich noch immer im Corona Shutdown, erste Lockerungsmaßnahmen sind ergriffen worden.

An diesem Abend steht die Sonne noch um 20 Uhr hoch am Horizont, als ich mit kräftigen Schlägen die Weser bei Achim auf meinem Stand-Up-Board flussaufwärts paddele. Ich bin überrascht, dass die Weser hier kleine Strandabschnitte hat. Feiner, weicher, weißer Sand säumt hier und da das Ufer. Nach zwei Kilometern mache ich an einer besonders schönen Stelle Halt. Ich ziehe das SUP an Land, setze mich in den Sand und blicke lange auf den Fluss. Ich bin wohl schon hunderte Male auf einer Autobahnbrücke über diesen Fluss gefahren, heute sehe ich ihn zum ersten Mal. Nach einer Weile stehe ich auf und gehe ins Wasser. Die Strömung ist deutlich fühlbar. Schnell fällt der Grund ab und ich schwimme parallel zum Ufer gegen den Strom. Das Wasser ist herrlich kalt. Ich spüre meinen Körper, bin ganz bei mir im Hier und Jetzt.

Auf dem Rückweg „fliege“ ich mit der Strömung zurück zum Hotel, in dem ich heute als Trainer ein Seminar für Persönlichkeitsentwicklung gehalten habe. Morgen kommt eine zweite Gruppe von Mitarbeitern und ich freue mich bereits jetzt auf die bevorstehenden Begegnungen und die Herausforderungen, die ein neuer Arbeitstag für mich bereithält.

„We shall not cease from exploration And the end of all our exploring Will be to arrive where we started And know the place for the first time.”

T.S. Eliot, Little Gidding

1 L – linker Engel, R – rechter Engel. Die Vorstellung wir hätten zwei Wesen auf unseren Schultern sitzen, ist tief in unserer metaphysischen Gedankenwelt verankert. Insbesondere im Islam gibt es diese Vorstellung bis heute. Hier fungieren die Engel aber mehr als Protokollführer über die guten sowie schlechten Taten des Menschen. Siehe hierzu auch Mandanipur (2020).

Teil 1: Erfahrungsbericht

I. Verortung eines Neuanfanges

Zurück ins Jahr 2015. Da saß ich nun mit meinem weißen Notebook, dessen Titel und erste Einträge ja bereits einen Hinweis auf eine Richtung gaben. Es ging mir ganz offensichtlich um mehr persönliche Freiheit und eine Veränderung meiner Arbeitstätigkeit. In der Tat hatte ich in der Vergangenheit regelmäßig das Gefühl, öfters keine wirklich freien Entscheidungen treffen zu können. Berufliche Termine wie Messen und Vermarktungszyklen takteten meinen Jahresablauf und die Ferienzeiten des Kindergartens gaben uns bereits seit zwei Jahren unsere Urlaubszeiten vor, in die wir unsere Inseln der Erholung quetschten. Die Zeit schien dabei von Jahr zu Jahr immer schneller zu laufen. Das Bild vom Hamsterrad drängte sich auf. So kam mir die Idee, eine schriftliche Bestandsaufnahme meiner Situation zu machen. Dieses ist auch die erste Technik, die ich meinen Lesern empfehle, wenn sie das dumpfe Gefühl in sich tragen, es müsse sich etwas in ihrem Leben verändern.

Technik 1: Verortung eines Neuanfanges

Fragenkatalog

Was lebe ich bereits, was mir wichtig ist?

Was kann zukünftig wegfallen?

Was belastet mich?

Was sollte einen höheren Stellenwert bekommen? Nach welchen Regeln lebe ich?

Welche Regeln davon sind überholt oder waren nie meine eigenen?

Welche Handlungen sind leere Routinen geworden und bereichern mein Leben nicht?

Gibt es Routinen oder schlechte Angewohnheiten, die mir zuinnerst zuwider sind und mir dauerhaft schaden werden?

Was könnte an Stelle dieser Gewohnheiten treten?

Die hier präsentierten Fragen können natürlich durch beliebige andere Fragen ergänzt oder ersetzt werden, je nachdem welche Ausgangssituation für den eigenen Veränderungsprozess erkannt wird.

Es dauert seine Zeit, diese Fragen alle aufrichtig zu beantworten, jedoch es lohnt sich. Stück für Stück kamen im Laufe der nächsten Wochen die Antworten zu Tage. Mir wurde zum einen klar, wie viel Wertvolles ich im familiären und beruflichen Kontext hatte aber auch die Menge an Routinen, die ich zu hinterfragen begann. Bestimmte berufliche Handlungen entlarvten sich plötzlich als leere Routinen. In meiner damaligen Tätigkeit war ich unter anderem für den Einkauf und die Vermarktung von Convenience Artikeln zuständig. Dabei handelte es sich hauptsächlich um Tabakwaren, stark zuckerhaltige Erfrischungsgetränke und Energydrinks sowie Süßigkeiten jeglicher Couleur. Meine Frau, die als Ärztin praktiziert, hatte schon früh in unserer Beziehung einen „Running Gag“ eingeführt. Wann immer wir auf einer Party nach unseren Berufen gefragt wurden, war ihr finaler Kommentar: „Unsere Berufe ergänzen sich hervorragend. Mein Mann sorgt dafür, dass mir die Patienten nicht ausgehen.“

Ich war gut in der Branche vernetzt und anfangs hatte ich großen Spaß bei dieser Tätigkeit verspürt. Nun wurde mir aber zunehmend deutlich, dass ich innerlich diese Produkte größtenteils ablehnte. Als Nichtraucher und Sportler, der Wert auf eine gute und ausgeglichene Ernährung legt, war meine persönliche Schnittmenge mit diesen Produkten marginal. Anfangs war meine Haltung diese: Mir persönlich müssen die Produkte ja nicht gefallen, Hauptsache unsere Kunden kaufen sie und ich kann den Bereich, für den ich Verantwortung trage, weiterentwickeln.

Was mir immer wichtig war, waren die Menschen, mit denen ich Geschäfte machte und zusammen Ideen entwickelte. Jede berufliche Tätigkeit besteht mehr oder weniger aus Routinen, wir sollten aber in uns hören, ob diese Routinen für uns einen Sinn vermitteln, einen Anker darstellen oder unser Leben bereichern. Ich stellte für mich fest, dass viele meiner beruflichen Routinen bedeutungslos oder sogar leicht belastend waren, da sie mich nervten und ich mich aufraffen musste, diese Aufgaben anzugehen. Was mir dabei half, war eine hohe Selbstdisziplin. Sowohl meine familiäre Prägung als auch meine ersten beruflichen Stationen in der Offizierslaufbahn der Deutschen Marine hatten in mir ein ausgeprägtes Durchhaltevermögen kultiviert. Am Ende meiner 20er Lebensjahre entdeckte ich dann noch den Marathonlauf als ein lohnenswertes Ziel. Nach einem Jahr gezielten Trainings lief ich das erste Mal den Berlin Marathon mit. Auch physisch hatte ich somit mein Durchhaltevermögen und meine Leidensfähigkeit bewiesen.

Jetzt erst dämmerte es mir, dass diese Charaktereigenschaft mir vielleicht auch im Wege stehen könnte. Denn da war sofort die Stimme, die mich zum Durchhalten aufforderte. Einen solchen Job gibt man nicht her! Das ist nur ein Zwischentief, so wie bei Kilometer 32! Jammern auf hohem Niveau!

Was ich hier in wenigen Absätzen zusammenfasse, war ein Analyseprozess, der sich über Wochen hinzog. Jeder weitere Gedanke, den ich zu Papier brachte, warf neue Fragen oder Reflexionen auf. Genau das ist das Ziel dieser Übung. Wer die Verortung eines Neuanfanges an einem Tag abschließt, dessen Leben wird sich nicht ändern. Das ist dann auch gut so. Die Technik ist angelegt, einen inneren Dialog zu entfachen. Indem die Antworten auf Papier festgehalten werden, haben sie Bestand, können reflektiert und weiterentwickelt werden. Verzichtet man auf eine schriftliche Fixierung, droht das Hängenbleiben in den immer gleichen Gedankenkreisen. Gerade der Punkt, was denn zukünftig einen größeren Stellenwert erhalten soll, ist ein evolutiver Aspekt. Das bedeutet, dieser Aspekt wird sich über einen längeren Zeitraum entwickeln. Es beginnt vielleicht nur mit einem Stichwort oder einer Feststellung. „Mir sind Menschen wichtig.“, war ein solches, frühes Statement bei mir. Hier knüpften dann später neue Fragen an: „Wie kann ich den Menschen in meinen beruflichen Mittelpunkt stellen?“ oder „In welchem Umfeld möchte ich zukünftig wirken?“

Ein anderer Aspekt war das Verlangen nach einer Pause. „Ich will die Routine durchbrechen! Ich will etwas Verrücktes machen, etwas Neues ausprobieren!“

Diese Übung kann einen lebensverändernden Impuls geben. Erst viel später habe ich die Zusammenhänge verstanden, auf die ich noch eingehen werde. Soviel sei gesagt: Ab einem bestimmten Punkt lenkt unser Unbewusstsein die Aufmerksamkeit in die richtige Richtung. Selten ist dieses eine zielstrebige Gerade, sondern meist gleicht sie einem Labyrinth mit vielen toten Enden. Ein solches totes Ende war bei mir übrigens die anfängliche Überlegung, komplett aus dem Job auszusteigen und mir im wahrsten Sinne des Wortes meine Freiheit zu nehmen. Wochenlang habe ich in diese Richtung gedacht, recherchiert und geplant. Dann lenkte mein Unbewusstes meinen Focus auf das Sabbatical. Das war mein erster konkreter Meilenstein. Ich spürte in diesem Herbst einen neuen Energieschub. Ich hatte ein wertvolles Ziel. In 2016 werde ich eine geplante Auszeit machen. Jetzt ging es darum die Voraussetzungen zu schaffen, dieses Ziel zu erreichen.

Ja ich entdeckte mit dieser Übung auch meine schlechten Gewohnheiten. Anfangs mag noch der Drang aufkommen, diese zu verteidigen. Sind sie aber erst einmal aufgeschrieben und vor allem ausgearbeitet, wie diese einem langfristig schaden oder auch einfach nur wertvolle Zeit stehlen, fällt es viel leichter, sich ihnen zu stellen und diesen schlechten Angewohnheiten etwas Positives entgegenzusetzen.