Froschmaedchen lieben anders - Angelika Puerzer - E-Book

Froschmaedchen lieben anders E-Book

Angelika Puerzer

4,9

Beschreibung

Die Sage vom Froschmädchen geistert seit Jahrhunderten durch das Kloster Himmelskrone. Sie soll die Tochter einer Hexe gewesen sein, der die Liebe zum Abt des Klosters zum Verhängnis wurde. Seitdem ist sie zum Symbol für Gefahr und Verführung geworden. Als Frater Drickes die alte Sage für die Touristen mit neuem prallen Leben füllt, weckt das einiges Kopfschütteln unter den Mönchen, vor allem "Mustermönch" Cyrillus ist nicht begeistert. Die Froschmädchen-Touren finden ein jähes Ende, als zwei tote Mönche gefunden werden auf deren Brust kleine Frösche deponiert wurden. Außerdem fehlen die Geschlechtsteile, was die Polizei auf eine Täterin schließen lässt. Doch Frater Cyrillus plagen andere Sorgen: Sein Mitbruder und Freund Konrad, der die ewigen Weihen empfangen soll, befindet sich im Gewissenskonflikt. Plötzlich werden bei Cyrillus selber alte Erinnerungen an eine Frau wach.

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©2015 ISEGRIM VERLAG
in der Spielberg Verlag GmbH, Regensburg
Umschlaggestaltung: Isegrim Verlag
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Inhaltsverzeichnis

Froschmädchen!

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Froschmädchen!

Aus der Chronik des Klosters Himmelskrone von Christoph Melchior Barth (erschienen in Bayreuth, 1632):

Anno Domini 1430 fielen die böhmischen Ketzer noch während der ärgsten Winterkälte im Lande ein, welches sie auf das grausamste verheerten und plünderten und insonderheit die Kirchen und Klöster nicht verschonten, und so geschah es, daß auch das ehrwürdigste und weithin berühmte Kloster Himmelskrone samt seiner Ländereien den Hussen anheimfiel. Das Wehklagen war groß allerorten und was nicht aufgepackt werden konnte, schlugen die Frevler in Stücke und hausten diese nicht anders als gemeine Söldlinge in unseren Tagen, wo das Kriegsgebrüll allerorten nicht enden will und das Elend der Menschen zum Himmel schreit wie nur je und führten jene doch in ketzerischem Hochmut unseren Heiland als Zeichen. So schrecklich wüteten sie, daß die Kinder ihren Müttern aus den Armen gerissen und dem Tode überlassen wurden und fielen nicht wenige der Weiber und Kinder den Kriegsknechten anheim. Wie die Plagen Ägyptens zogen sie durchs Land und erstürmten auch die festen Städte Bayreuth und Kulmbach, in deren wüsten Trümmern die Menschen hernach schlimmer hausten als das Vieh.

Die Hand Gottes lag schwer auf dem Land in jenen Tagen; und war des Unheils mit den mordenden Hussiten noch nicht genug, wenn auch Markgraf Friedrich VI. mit seinem Vertrag von Beheimstein die Gegend von den Ketzern erlöste; denn der Frühling kam spät und der Regen fiel so unaufhörlich, daß Mensch und Vieh an allerlei Seuchen zugrunde gingen und nur des Bösen liebste Gespielen, die Ratten und Fliegen, sich mehrten und fett wurden von all dem Unheil und waren diese nur die Vorboten für das übelste Gezücht, die Hexen, die aus ihren Löchern krochen und den Schaden mehrten an Leib und Seelenheil und Hab und Gut der Menschen. So konnte der schwere Pfingsthagel einem Weibe mit Namen Margret Reutterin nachgewiesen werden und war diese in ihrer Verworfenheit so weit gegangen, den schwersten Hagel direkt auf die Benediktinerkirche in Himmelskrone zu lenken, wie denn auch das Dach der Kirche davon völlig abgedeckt ward und ein großer Schaden von dem üblen Treiben entstand. Auch die Schwarze Bärbel, die Tochter des bösen Weibes, stand in schlechtem Ruf und war wiewohl lieblich von Angesicht und Wohlgestalt, doch als Hexe angesehen. Insonderheit war diese den Fröschen und Kröten zugetan, welches Getier im Schmutze kriecht und sich von Fliegen nährt und so, leicht erkennbar, den Geschöpfen des Bösen zuzurechnen ist und auch von den zauberkräftigen Männern und Weibern für allerlei Tränke gebraucht wird, weshalb sie auch die Fröschin genannt wurde. Sogar der im tadellosen Ruf stehende Abt des Klosters soll ihren Teufelskünsten erlegen sein, worauf das böse Mädchen umgekommen ist.

Bis in unsere Tage hinein rächt sich dieses böse Mädchen froschköpfig von Gestalt an Mönchen, die wider das sechste Gebot sich versündigt haben, wie die Geschichte zeigt von dem abtrünnigen Mönch, der die Tochter des Müllers angesehen, daraufhin schreiend auf dem Kirchenboden aufgefunden wurde, während Scharen von Fröschen aus seinem Mund herausquollen. Der Mönch bekam den Teufel im Leib ausgetrieben und hat nie mehr eine Frau auch bloß angesehen.

Beiträge zur Kulturgeschichte des Fichtelgebirges, Jahrgang 1974, Heft 2:

Von Bezirksheimatpfleger Dr. Hans Bitterlein:

Eine genaue wissenschaftliche Recherche über das Phänomen des Froschmädchens oder der Fröschin, wie es von Christoph Melchior Barth im Jahre 1632 beschrieben wurde, hat folgendes gezeigt:

Es ist nicht erwiesen, daß der frevelhafte Abt mit dem Tode der Schwarzen Bärbel in Verbindung zu bringen ist. - Zur Zeit der Hussitenkriege war es üblich, Kritik an der Kirche zu üben. - Das Mädchen flüchtete wahrscheinlich in Männerkleidung in den Gästebereich des Klosters, um sich vor der wütenden Menge zu schützen. - Aufgrund einer Notiz und einer urkundlichen Erwähnung in einem Nachbarort dürfte die Schwarze Bärbel identisch gewesen sein mit der zauberkundigen Frau des Schäfers.

Zur Zeit der Wirren und Hexengläubigkeit des Dreißigjährigen Krieges war es sehr beliebt, das Feuer der Scheiterhaufen mit derartigen Gerüchten zu schüren. Es gibt zahlreiche Hinweise, daß über die Jahrhunderte hinweg ängstliche oder abergläubische Mönche den Geist des Froschmädchens froschköpfig im Kloster Himmelskrone umherirren sahen und an den Rande des Wahnsinns getrieben wurden, vor allem Mönche, die wider das sechste Gebot der Keuschheit gesündigt hatten. Nach heutigem Kenntnisstand müssen diese Geschichten jedoch als Legenden eingestuft werden.

Zusammenfassung des Haushaltsberichts für Februar 2003, Kloster Himmelskrone:

Aufgrund unvorhergesehener Schäden und dringend notwendiger Reparaturarbeiten an der Außenfassade des Klosters, an den berühmten Engelsfiguren vor dem Klosterportal sowie den vielen anderen beschädigten Kunstgegenständen (siehe beigefügte Aufstellung) und einer Ablehnung finanzieller Unterstützung von Seiten der Landesregierung sieht sich das Kloster gezwungen, drastische Einsparungen vorzunehmen, die vor allem das tägliche Leben der Klosterbrüder einschränken werden. Wegen der finanziellen Misere wird eine Dringlichkeitssitzung vorgeschlagen ...

Frater Cyrillus hielt mit dem Schreiben inne und blickte hoch. »Das Haushaltsloch klafft immer tiefer«, seufzte er, »ich kann jeden Cent dreimal umdrehen. Es reicht trotzdem nicht. Kloster Himmelskrone hat ein ernstes Problem. Aber du hörst mir gar nicht zu, Frater Drickes. Du unterhältst die Gäste und ihr alle fragt nie danach, woher der schnöde Mammon eigentlich kommt. Hauptsache, es geht uns gut.« Der so Gescholtene hob den Kopf und legte behutsam das dicke, schwere Buch zur Seite, sorgfältig darauf bedacht, keine Seite abzuknicken. Zahlreiche Stellen waren eingemerkt, einige schwarz unterstrichen.

»Ich höre dir sehr genau zu, lieber Frater Cyrillus«, sagte er und blinzelte dem Mitbruder zu, »du bist unser Cellerar, unser Verwalter, und wir machen uns mehr Gedanken um dich und wollen dir vielleicht mehr im Tragen unserer aller Lasten helfen, als du es wahrhaben willst.« Cyrillus schwieg. Nach einer Pause sagte er: »Na ja, wie hättest du mir auch helfen können.« Er blickte auf seine Armbanduhr. »Da kann uns nur noch der liebe Gott helfen«, murmelte er. Schon im Laufen streifte er seinen Habit zurecht.

»Vielleicht können wir dem lieben Gott auch ein bisschen nachhelfen«, hörte er Frater Drickes lachen, als er schon draußen auf dem Gang stand. Als Frater Cyrillus wenige Zeit später in das Büro zurückkehrte, bemerkte er einige hastig hingeworfene Zeilen auf einem Blatt Papier, das auf dem Tisch lag. »Jeder lässt hier seine Sachen stehen und liegen wie es ihm beliebt«, schimpfte der Mönch und las:

... Im Kloster Himmelskrone lebte für ein Jahr und drei Monate ein Mädchen versteckt. Sie war des schlimmsten Verbrechens angeklagt, ihre Nachbarn und Freunde mit unerlaubten Mitteln und Methoden zu tyrannisieren, wie es nur Hexen können. Schon als Kind soll sie mit unbekannten Salben und Kräutern nässende Wunden, Hautjucken, Gliederschmerzen, Schmerzen aller Art geheilt haben. Frauen suchten sie auch auf, wenn ihr Kinderwunsch kein Gehör vor Gott fand. Alle suchten sie auf, meistens heimlich … Bis eines Nachts ein junger Mann verschwand.

Die junge Hexe stand vor allem in dem Ruf, eine besondere Beziehung zu Fröschen zu haben. Die Leute gingen davon aus, dass sie in ihren Salben besonders die Heilkraft von Fröschen benutzte. Wessen beschuldigte man sie nicht alles im Ort:

»Die Frösche tanzen in ihrer Gegenwart.«

»Wenn sie eine Feuerkugel ins Zimmer wirft, brennt das Haus nicht.«

»Sie verhext unsere Männer. Seit mein Mann bei ihr war, meidet er mein Bett.«

»Sie ist nicht schön und trotzdem ist mein Mann von ihr verhext, kommt nachts nicht mehr heim.«

»Wenn sie an unserem Haus vorbeigeht, gibt meine Kuh an diesem Tag keine Milch.«

»Sie schminkt sich wie eine Hure. Sie trägt das Teufelsmal zwischen ihren Schulterblättern.«

Das Froschmädchen, wie die junge Hexe spöttisch beschimpft wurde, soll im Kloster Unterschlupf gefunden haben. Angeblich hätte sie dort ein Onkel unter Gefährdung des eigenen Lebens und des Lebens der anderen Mönche versteckt. Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt. Aber die Legende sagt, sie sei schwanger geworden von einem Mönch oder gar vom Abt des Klosters. Sie habe das Kind nicht ausgetragen, habe eine Weile im Kloster gelebt, sei aber keines natürlichen Todes gestorben. »Verlorene Seelen«, so der Volksmund, »finden keine Ruhe und geistern so lange umher, bis die Schuld abgetragen ist ...«

Frater Cyrillus lächelte. Der Mitbruder und seine Leidenschaft für alte Klostergeschichten waren bekannt oder besser gesagt berüchtigt. Trotzdem war es schön, dass es im Kloster jemand gab, der sich nicht von den Alltagssorgen auffressen ließ, wie er selbst es tat. Frater Cyrillus dachte sich auch nichts weiter dabei, als er ein paar Tage später ein Plakat auf dem Bürotisch liegen sah. Ein Frosch war darauf abgebildet. In schwarzen fetten Buchstaben stand geschrieben:

Froschmädchentour

Machen Sie mit uns eine Zeitreise zu Froschmädchen und alten Klostergängen ... Lassen Sie sich verzaubern! ...

Er wollte Frater Drickes, der gerade an ihm vorbeieilte, fragen, was das bedeute, aber dieser antwortete ausweichend: »Eine Werbekampagne vom Fremdenverkehrsamt oder so ähnlich.« Er wunderte sich ein wenig, als er am nächsten Tag einer Führung begegnete. »Abt Adelgot will dich dringend sprechen«, versuchte der Pförtner ihn aufzuhalten. »Morgen, Pater Hieronymus«, rief er und drehte den Kopf für einen Augenblick zu ihm hin, »morgen.« Um was es denn gehe, fragte er ihn schon wieder im Laufschritt ... diese mysteriösen Führungen? … Die seien wohl eine Schnapsidee von Frater Drickes … Ja, ja, er werde sich darum kümmern. Dann eilte er weiter und landete direkt in den Armen der Hexe Elsa. »Warum denn so stürmisch, junger Mann?«, lachte sie.

1.

»Kloster Himmelskrone scheint plötzlich Tummelplatz geheimnisvoller Hexen zu werden«, brummte Frater Cyrillus und wollte sich an Elsa Wittner vorbeidrücken. Diese sagte schnell: »Ich habe Ihre Karten ausgewertet.« Sie hielt ihm einen Computerausdruck hin. Cyrillus griff nach dem Stück Papier und wollte es gerade in der Tasche seines Habits verschwinden lassen, da packte Elsa ihn energisch am Ärmel und zischte:

»Glauben Sie wirklich, ich setze mich die halbe Nacht hin, mache mir diese ganze Arbeit und sie verschwindet dann bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag in irgendeiner Klosterkutte, Sie Undankbarer ...« Die Hexe riss Cyrillus das Papier aus der Hand, strich es liebevoll glatt und begann, stichpunktartig vorzulesen. An die Ohren des Mönchs drangen nur Wortfetzen wie Unruhe ... Gefahr ... Unerklärliches kommt auf Sie zu ... Magie ... Sie fliehen ... eine schwere Krise ... Sie müssen sich stellen ... Erkenntnis tieferer Art ... Lösung ... Wohlbefinden ... »Schon gut«, murmelte er. »Ich werde es in meinem Zimmer durchlesen und nicht, wenn jeden Moment einer meiner Mitbrüder um die Ecke kommen kann. Was sollen die denken, wenn ...« Zu spät. Frater Drickes hatte sie entdeckt und baute sich vor ihnen auf. Die Brust nach vorne gedrückt und die geballten Fäuste in die Seiten seiner stämmigen Figur gerammt, wirkte er noch kugeliger und kleiner, trotz der Drohgebärde. Cyrillus musste wider Willen lächeln.

»Na, da schau mal an. Unsere Elsa dringt schon bis an die Klausurtüre vor. Was habt ihr denn da?« Neugierig beugte sich Frater Drickes über das Blatt. Cyrillus nahm es jetzt endgültig an sich und steckte es in die Tasche des Habits. Frater Drickes grinste. »Verstehe, ist wohl geheim?« Er blickte hoch, aber Elsa hatte sich bereits unbemerkt entfernt. Spöttisch fügte er hinzu:

»Seit wann lässt du dir denn von dieser Hexe wahrsagen?«

»Ich lasse mir nicht wahrsagen«, fuhr Cyrillus erbost auf. »Du kennst sie doch. Sie lässt dir keine Ruhe. Weiß Gott, welche Geheimnisse sie aus meinen Karten herausgelesen hat. Übrigens«, lenkte er ab, »was hat denn dieses mysteriöse Plakat zu bedeuten, das du anscheinend im Büro vergessen hast? Eine Froschmädchentour? Bist du von allen guten Geistern verlassen?«

»Selbst eine Hexe in Anspruch nehmen und mir vielleicht noch Vorwürfe machen, nein, so geht es nicht, mein Lieber«, ereiferte sich Frater Drickes, warf den massigen, roten Kopf nach hinten und rauschte davon. Cyrillus zuckte mit den schmächtigen Schultern und eilte in die andere Richtung davon. Im Vergleich zu dem Mitbruder kam er sich wie ein Fliegengewicht vor.