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Berührende Sportsromance für Eishockey-Fans und alle LiebesromanleserInnen, die sich gerne das Herz brechen lassen »Ich will meine Hand aus seiner lösen, damit ich ihm über den Kopf streicheln und ihn trösten kann, doch ich kann nicht. Nicht nur, weil er mich so verzweifelt festhält, sondern vor allem, weil ich mit meinem eigenen Schmerz zu kämpfen habe, dass ich mich nicht auch noch um seinen kümmern kann.« Hannahs und Taylors Glück ist perfekt, als sie erfahren, dass sie ein Baby bekommen werden. Eine große Familie war immer ihr Traum, und das soll der Anfang einer wundervollen Zukunft sein. Als Eishockeyspieler bei den L.A. Kings ist Taylor jedoch viel unterwegs – auch dann, als es plötzlich zu Komplikationen kommt. Die Welt der beiden bricht in sich zusammen, sobald klar wird, dass Hannah das Baby verloren hat. Die Trauer stellt die Liebe der beiden auf eine harte Probe ... Achtung: Dieses Buch enthält mögliche triggernde Inhalte »Wow, ich bin geflasht. Ehrlich meine Gefühle, es war ein richtiges Auf und Ab. Ich habe so mitgefiebert und gefühlt, die Augen ausgeweint.« ((Leserstimme auf Netgalley)) »Diese außergewöhnliche und tragische Liebesgeschichte bekommt von mir eine klare Leseempfehlung!« ((Leserstimme auf Netgalley)) »Ein gefühlvoller schöner Roman, bein dem ich schon die eine oder andre Träne verdrücken musste.« ((Leserstimme auf Netgalley)) »Eine etwas andere Sports Romance, die einem beim Lesen fast das Herz bricht.« ((Leserstimme auf Netgalley))
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Veröffentlichungsjahr: 2021
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© Piper Verlag GmbH, München 2021
Redaktion: Cornelia Franke
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Covergestaltung: Traumstoff Buchdesign traumstoff.at
Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt
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Cover & Impressum
Widmung
Teil 1
Kapitel 1 – Taylor
Kapitel 2 – Hannah
Kapitel 3 – Taylor
Kapitel 4 – Hannah
Kapitel 5 – Taylor
Kapitel 6 – Hannah
Kapitel 7 – Taylor
Kapitel 8 – Hannah
Kapitel 9 – Taylor
Kapitel 10 – Hannah
Kapitel 11 – Taylor
Kapitel 12 – Hannah
Kapitel 13 – Taylor
Kapitel 14 – Hannah
Kapitel 15 – Taylor
Kapitel 16 – Hannah
Kapitel 17 – Taylor
Kapitel 18 – Hannah
Kapitel 19 – Taylor
Kapitel 20 – Hannah
Kapitel 21 – Taylor
Kapitel 22 – Hannah
Teil 2
Kapitel 23 – Taylor
Kapitel 24 – Hannah
Kapitel 25 – Taylor
Kapitel 26 – Hannah
Kapitel 27 – Taylor
Kapitel 28 – Hannah
Kapitel 29 – Taylor
Kapitel 30 – Hannah
Kapitel 31 – Taylor
Kapitel 32 – Hannah
Kapitel 33 – Taylor
Kapitel 34 – Hannah
Kapitel 35 – Taylor
Kapitel 36 – Hannah
Kapitel 37 – Taylor
Kapitel 38 – Hannah
Kapitel 39 – Taylor
Kapitel 40 – Hannah
Kapitel 41 – Taylor
Kapitel 42 – Hannah
Kapitel 43 – Taylor
Kapitel 44 – Hannah
Kapitel 45 – Taylor
Kapitel 46 – Hannah
Kapitel 47 – Taylor
Teil 3
Kapitel 48 – Hannah
Kapitel 49 – Taylor
Kapitel 50 – Hannah
Kapitel 51 – Taylor
Kapitel 52 – Hannah
Kapitel 53 – Taylor
Kapitel 54 – Hannah
Kapitel 55 – Taylor
Kapitel 56 – Hannah
Kapitel 57 – Taylor
Kapitel 58 – Hannah
Kapitel 59 – Taylor
Kapitel 60 – Hannah
Kapitel 61 – Taylor
Kapitel 62 – Hannah
Kapitel 63 – Taylor
Kapitel 64 – Hannah
Kapitel 65 – Taylor
Kapitel 66 – Hannah
Kapitel 67 – Taylor
Kapitel 68 – Hannah
Nachwort
Danksagung
Triggerwarnung
Für Tante Bine
Du wirst immer ein Teil von uns sein
Liebe Lesende,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Aus diesem Grund findet ihr am Ende des Buches eine Triggerwarnung. Bitte achtet auf euch und informiert euch, wenn es euch betreffen könnte.
Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass die Triggerwarnung Spoiler für das gesamte Buch enthält.
Trotz dessen wünsche ich euch allen gute Unterhaltung und hoffe, dass euch die Geschichte von Hannah und Taylor genauso sehr berührt wie mich.
Viele Grüße, eure Sabrina
Gegenwart
»Ich bin schwanger.«
Mit diesen Worten begrüßt mich meine Frau Hannah, als ich durch die Tür zum Badezimmer trete. Eigentlich wollte ich nur nach ihr sehen, weil ich dachte, es geht ihr nicht gut.
Seit ich vom heutigen Training nach Hause gekommen bin, hat sie sich unruhig benommen und war seltsam abwesend. Als sie sich mitten beim Abendessen abrupt ins Bad verabschiedet hat, sind bei mir die Alarmglocken losgegangen. Irgendetwas stimmte nicht. Hannah wird nicht oft übel, also war die logische Schlussfolgerung, dass sie sich eine Grippe oder einen Virus eingefangen hat.
Ich wollte ihr die Haare aus dem Gesicht halten, ihr über den Rücken streichen und für sie da sein, doch so weit kommt es nicht, da ich bei Hannahs Worten erstarre und mitten im Türrahmen stehen bleibe. Sie selbst sieht mich vom Boden aus an, die Augen wässrig und leicht gerötet, während der Rest ihres Gesichtes noch blasser ist als sonst. Trotzdem lächelt sie mich an und mein Herz setzt aus, weil ich kaum glauben kann, was sie gerade gesagt hat.
Zur Sicherheit frage ich nach.
»Du bist was?«
»Schwanger.«
Ihr Lächeln wird breiter und auch ich fange an zu grinsen. Hannah ist schwanger. Wir werden ein Baby bekommen. Wir versuchen es bereits seit einem halben Jahr und jetzt wird dieser Traum in Erfüllung gehen. Es hat endlich geklappt.
»Wir werden Eltern.«
Ich muss es aussprechen, denn es fühlt sich absolut surreal an. Hannah nickt bloß, dann beginnt sie wieder zu würgen. Mit drei großen Schritten bin ich bei ihr und streiche ihre Haare nach hinten, während sie sich übergibt. Weil sie schwanger ist. Weil wir ein Baby bekommen werden.
»Schhhh, gleich wird es wieder besser, Schneewittchen.«
Zumindest hoffe ich das. Bisher habe ich mich mit diesen Dingen nicht auseinandergesetzt, also habe ich keine Ahnung, ob ich gerade Schwachsinn erzähle. Was zählt, ist jedoch, dass ich an Hannahs Seite bin, auch wenn es wehtut, sie so zu sehen. Ich kann es nicht ab, wenn meine Frau leidet, und mutiere in solchen Situationen zum totalen Weichei, wie es mein Bruder Alex so treffend bezeichnet. Warum? Weil ich meine Frau glücklich machen will und sie über alles liebe. Besonders, wenn es ihr schlecht geht, will ich ihr jeden Wunsch erfüllen und ihr ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
»Passiert dir das zum ersten Mal?«, frage ich nach und Hannah schüttelt den Kopf, sodass ich mich erneut schlecht fühle.
Zittrig atmet sie tief ein und richtet sich ein Stück auf, sodass sie mich aus ihren wundervollen blauen Augen ansehen kann. Mit dem Daumen streiche ich ihr sanft über die Wange und wische ein paar Tränen fort, die sich in ihren Wimpern verfangen haben. Selbst in diesem Zustand ist sie wunderschön.
Das erste Mal, als ich sie gesehen habe, musste ich sofort an Schneewittchen denken, und dieser Spitzname ist hängen geblieben. Meine ganz persönliche Märchenprinzessin mit ihren dunklen langen Haaren, der hellen Haut und den vollen Lippen. Die mein Kind in sich trägt. Mein Herz explodiert vor Freude und nachdem ich ihr ein Handtuch gereicht und die Spülung betätigt habe, lasse ich mich zwischen sie und die Wand sinken.
»Vorgestern ist mir das erste Mal morgens schlecht geworden, als ich mir meinen Tee gemacht habe. Sobald mir der Geruch in die Nase gestiegen ist, war es vorbei. Und nachdem sich das Spielchen gestern und heute wiederholt hat, habe ich vorhin auf dem Weg nach Hause einen Test besorgt, zumal ich seit zwei Tagen überfällig bin.«
Ehrfürchtig lege ich eine Hand auf ihren Bauch. Sofort schieben sich Hannahs Finger über meine und sie lächelt, als sie den Kopf zurücklegt und an meine Schulter lehnt. Sie entspannt sich, was mich glauben lässt, dass die Übelkeit nachgelassen hat.
»Warum hast du mir nicht davon erzählt?«
Leise spreche ich die Frage aus, die mich beschäftigt, denn Hannah und ich erzählen uns sonst alles.
»Weil ich genau weiß, wie du reagiert hättest. Du hättest mich direkt zum Arzt gebracht und untersuchen lassen, selbst wenn es nur eine Magenverstimmung gewesen wäre. Ich wollte erst sicher sein, damit du dir nicht unnötig Sorgen machst oder Hoffnungen, die ich dann hätte enttäuschen müssen.«
Mir entkommt ein Seufzen. Statt über diese Einstellung zu diskutieren, drücke ich ihr einen Kuss auf den Kiefer und widme mich dem, was wirklich wichtig ist.
»Wir werden ein Baby bekommen, Schneewittchen.«
Das ist eine verdammt große Sache und es fühlt sich an, als hätte ich mehrere Stanley Cups auf einmal gewonnen.
»Das werden wir. Dann haben wir endlich unsere eigene kleine Familie. Mommy, Daddy und der kleine Zwerg hier.«
Hannah wird eine Mom sein. Und ich ein Dad. Es ist ein Wunder. Bald wird es einen kleinen Menschen geben, den wir gezeugt haben. Ich bin der glücklichste Mann der Welt.
»Eigentlich wollte ich es dir nach dem Abendessen sagen und dir den Test zeigen. Ich hatte es mir so schön vorgestellt. Stattdessen bin ich einfach damit rausgeplatzt, als ich dich in der Tür bemerkt habe. Das war …«
»Es war perfekt«, unterbreche ich Hannah sofort und setze mich dabei so hin, dass ich ihr in die Augen sehen kann. »Egal, auf welche Weise du mir dieses Geschenk gemacht hättest, es wäre perfekt gewesen. Ich bin so unglaublich glücklich, ich kann es gar nicht in Worte fassen.«
»Es ist so unwirklich, nicht wahr? Dass da jetzt ein neues Leben in mir heranwächst und wir beide dafür verantwortlich sind.«
Wir starren auf ihren Bauch unter unseren Händen, dem man das Wunder natürlich nicht ansieht. Noch nicht.
»Ja, das ist es. Ich weiß nicht mal, was wir jetzt tun müssen. Hast du einen Termin beim Arzt gemacht? Worauf müssen wir achten, damit es dem kleinen Zwerg gut geht?«
Hannah lässt ihren Kopf gegen meine Schulter sinken.
»Ganz ruhig, Papabär. Ich werde morgen früh in der Praxis anrufen. Und ja, natürlich gebe ich dir sofort Bescheid, weil du bei der Untersuchung dabei sein wirst. Ich will, dass du mich begleitest. Ich will das alles von Anfang an mit dir erleben.«
Ich muss die Frage nicht einmal aussprechen, damit Hannah sie mir beantwortet. Nach sechs Jahren Beziehung verstehen wir uns ohne Worte und ich liebe das. Dass wir uns in- und auswendig kennen und genau wissen, wie der andere tickt und was er denkt.
»Und was, wenn wir bis dahin irgendwas falsch machen?«
Ich will dem Baby nicht wehtun oder ihm irgendwie schaden. Himmel, wir versuchen seit Monaten, ein Kind zu bekommen, wieso habe ich nicht längst ein paar Schwangerschaftsratgeber gelesen, um mich auf den Ernstfall vorzubereiten? Dann würde ich nicht wie ein hilfloser Idiot dastehen. Ich sollte mir so schnell wie möglich ein paar dieser Bücher besorgen.
»Ich glaube nicht, dass man allzu viel falsch machen kann, Tay. Allerdings sollte ich meinen geliebten Earl Grey meiden, solange mir morgens übel wird. Und soweit ich weiß, darf ich keinen Kaffee mehr trinken, keinen rohen Fisch essen oder blutiges Fleisch. Ach, und mich nicht mehr betrinken oder mit dem Rauchen anfangen.«
Sanft knuffe ich meine Frau in die Seite, bevor ich sie auf die Wange küsse.
»Ich denke, dann sind wir auf der sicheren Seite. Kaffee mochtest du noch nie. Sushi isst du nicht und blutiges Steak ebenso wenig. Und von den anderen Lastern brauchen wir gar nicht erst anfangen. Rauchen? Ich bitte dich.«
Wir beide sind uns einig, dass das ungesund ist, und keiner von uns hat je das Verlangen danach verspürt. Wenn das also alles ist, worum wir uns kümmern müssen, müssen wir uns nicht groß umstellen.
»Eben.«
Hannah grinst mich an und steht mit einer galanten Bewegung auf, bevor sie mir ihre Hand entgegenhält, um auch mir hochzuhelfen.
»Geht es dir besser? Ich habe kein Problem damit, den Abend mit dir im Badezimmer zu verbringen, wenn dir noch übel ist.«
Hannah schmiegt sich an meine Brust. »Mir geht es wieder gut. War nur ein kleiner Übelkeitsanfall, mach dir deswegen keine Sorgen. Allerdings wäre es gut, wenn du das Essen entsorgst, bevor ich runterkomme. Nur zur Sicherheit. Keine Ahnung, was meine Übelkeit verursacht hat.«
»Okay, das mache ich. Bis gleich.«
Nichts leichter als das. Ich bin schon im Schlafzimmer, als ich mich noch einmal umdrehe, damit sich unsere Blicke im Spiegel treffen.
»Ich liebe dich, Schneewittchen.«
Ihre Augen beginnen zu strahlen, was mir selbst nach all der Zeit ein Kribbeln im Bauch verursacht.
»Ich liebe dich auch.«
Zufrieden wende ich mich wieder ab und mache mich mit einem breiten Lächeln daran, Hannahs Wunsch nachzukommen.
Ich werde Vater. Das ist unglaublich.
Vier Tage sind vergangen, seitdem ich Taylor von dem positiven Schwangerschaftstest erzählt habe. Gerade hat man uns ins Untersuchungszimmer gerufen und Taylor hält meine Hand fest umklammert, als wir uns auf den Weg machen. Seitdem wir die Praxis betreten haben, hat er sie nicht losgelassen. Er ist mindestens so nervös wie ich.
Neugierig sieht er sich überall um, was mich schmunzeln lässt. Genau das habe ich bei meinem ersten Besuch auch getan. Allerdings wusste ich, was auf mich zukommt, während Taylor keine Ahnung hat.
Deswegen schaut er ziemlich verwundert, als die Arzthelferin ihn dazu auffordert, sich auf einen der Stühle zu setzen, während sie mir einen Plastikbecher in die Hand drückt und in Richtung Toilette deutet. Erst werden seine Augen größer, dann öffnen sich seine Lippen leicht und er sieht ungläubig zwischen mir, dem Becher und der Arzthelferin hin und her.
»Meine Frau soll da reinpinkeln? Sie verarschen uns doch.«
Wir beide fangen an zu schmunzeln.
»Mr Green, das ist eine Standardprozedur für viele Untersuchungen. Mit den zugehörigen Tests überprüfen wir, ob bei Hannah alles in Ordnung ist. Wir werden ihr auch Blut abnehmen und dieses in unser Labor schicken. Die Ärztin kann Ihnen dazu gerne mehr erzählen, wenn Sie das wünschen. Keine Sorge, Sie sind hier in guten Händen.«
Das scheint ihn zu beruhigen, denn er nickt und gibt mir noch einen Kuss, bevor er mich loslässt.
»Bleib nicht zu lange weg«, flüstert er nahe an meinem Ohr.
»Werde ich nicht. Geh einfach in Gedanken ein paar Spielzüge durch, dann vergeht die Zeit wie im Flug.«
Außerdem wird es ihn ablenken, denn es ist vertrautes Terrain.
Ich beiße mir leicht auf die Unterlippe, als er nickt und zu einem der Stühle geht. Langsam drehe ich mich um und tue, was die Arzthelferin von mir verlangt hat. Den Becher stelle ich anschließend auf einem Tischchen ab, bevor ich mich wieder zu Taylor ins Zimmer begebe. Noch ist die Ärztin nicht da, doch es dauert nicht lange, bis mir Blut abgenommen wird. Mein Mann ist sofort an meiner Seite und zeigt mir, dass er für mich da ist, indem er eine Hand auf meine Schulter legt und seinen Daumen träge hin und her streichen lässt. Ich liebe diese beschützerische Seite an ihm. Ich glaube, genau deswegen habe ich mich überhaupt in ihn verliebt. Das mit uns war nie geplant und er hat mein Leben damals ziemlich über den Haufen geworfen, doch wenn ich jetzt zurückblicke, würde ich es nicht anders haben wollen. Ich hatte keine Chance gegen die Gefühle, die er mit seinem Charme und seiner Hartnäckigkeit in mir ausgelöst hat.
»Geht es dir gut?«, fragt er mich sofort, als wir wieder alleine sind, und reißt mich damit aus meinen Gedanken.
Seit er von der Schwangerschaft weiß, stellt er mir diese Fragen noch öfter als sonst, deshalb lächle ich ihn beruhigend an.
»Ja, es ist alles bestens.«
Bevor wir das Gespräch vertiefen können, klopft es erneut an die Tür und meine Ärztin tritt ein. Mit einem freundlichen Lächeln kommt sie auf uns zu und streckt als erstes Taylor ihre Hand entgegen.
»Hallo, Mr Green. Ich bin Doktor Sahin, die Ärztin Ihrer Frau. Machen Sie sich keine Sorgen, sie ist bei uns in guten Händen. Wollen wir uns erst mal setzen?«
Sie deutet auf ihren Schreibtisch, vor dem ich routiniert Platz nehme, doch Taylor runzelt die Stirn.
»Wollen Sie Hannah nicht untersuchen oder so? Wir wollen wissen, ob es dem Baby gut geht.«
»Ihre Frau hat angegeben, dass sie ungefähr in der fünften Woche sein müsste. Eine Ultraschalluntersuchung können wir frühestens ab der sechsten Woche vornehmen und dann können wir auch überprüfen, ob sich der Embryo richtig eingenistet hat. Vorerst werden wir die Ergebnisse des Bluttests abwarten, um die Schwangerschaft offiziell zu bestätigen. Der Termin heute dient vor allem dazu, Fragen zu beantworten und die grundlegenden Dinge zu erläutern, die Sie während der Schwangerschaft beachten sollten.«
Taylor rückt seinen Stuhl näher an meinen, sodass er nach meiner Hand greifen kann. Ich bin ziemlich überfordert, weil ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Taylor scheint meine innere Unruhe zu spüren, denn plötzlich wird er viel ruhiger und hört auf, mit seinem Bein auf und ab zu wippen. Stattdessen streichelt er mit dem Daumen über meine Hand und sieht mich voller Liebe an, was dafür sorgt, dass ich einmal tief ein- und ausatme. Statt selbst die ersten Fragen zu stellen, mit denen er mich zu Hause gelöchert hat, lässt er mir die Zeit, um die richtigen Worte zu finden. Er hat heute Morgen schon gesagt, dass er mir das Feld als werdende Mama überlassen wird. Wenn er am Ende weitere Fragen hätte, könne er sie immer noch stellen, doch erst mal würde ich vorgehen. Das macht mir einerseits ein wenig Angst, andererseits finde ich es unglaublich süß von ihm.
Sobald Dr. Sahin anfängt, mir Ernährungstipps zu geben und mich über mögliche Risiken aufzuklären, die während der Schwangerschaft auftreten können, werde ich noch nervöser. Die Ärztin versichert uns jedoch, dass die meisten davon nicht lebensbedrohlich für den Embryo sind. Eine Fehlgeburt ist nicht absehbar, da ich bisher immer gesund war, wenn sie mich untersucht hat. Das erleichtert vor allem Taylor, denn ich sehe, wie das Leuchten zurück in seine Augen kehrt, dass bei all den möglichen Komplikationen Angst gewichen war.
Das Gespräch dauert lange, die schiere Menge an Dingen, die ich plötzlich wissen muss, sollte mich in Panik ausbrechen lassen, stattdessen bete ich mir immer wieder vor, dass ich genug Vorbereitungszeit habe. Dass wir einen Schritt nach dem anderen bewältigen und dass Taylor bei jedem einzelnen an meiner Seite sein wird. Ich bin nicht allein.
Trotzdem haben wir am Ende fast zwei Stunden in der Praxis verbracht. Die Ärztin hat jede unserer Fragen geduldig beantwortet, wofür ich ihr nicht genug danken kann, denn bei manchen war ich mir sicher, dass sie uns für dumm hält. Zum Beispiel, als Taylor gefragt hat, ob wir während der Schwangerschaft noch miteinander schlafen können oder ob das dem Baby schadet. Bei dem Gedanken, was wir letzte Nacht getrieben haben, bin ich glatt ein wenig blass um die Nase geworden, doch die Ärztin hat uns sofort beruhigt. Sex könne dem Baby auf gar keinen Fall schaden, solange wir dabei keinen allzu harten Praktiken nachgehen. Bei diesem Nachsatz bin ich sofort rot geworden, auch wenn es dazu keinen Anlass gab. Taylor hat nur gegrinst und gemeint, da müsse sie sich keine Sorgen machen. So experimentierfreudig sind wir nicht.
»Ich hoffe, dass die Bluttests nicht allzu lange dauern.«
»Ich auch«, antworte ich Taylor, als wir die Praxis verlassen. Meine Ärztin hat versprochen, dass sie uns sofort anrufen wird, sobald die Ergebnisse da sind. Das ändert jedoch nichts daran, dass wir uns jetzt schon unglaublich auf den kleinen Zwerg freuen, der in etwa neun Monaten das Licht der Welt erblicken wird.
6 Jahre zuvor
Eine neue Stadt, ein neuer Anfang. Endlich habe ich meinen Uniabschluss in der Tasche und bin bereit für meine Profikarriere in der AHL. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass mir diese Chance noch einmal geboten wird, nachdem ich das Angebot bei den Charlotte Checkers im letzten Jahr ausgeschlagen habe. Schließlich konnte ich nicht sicher sein, ob die neue Draftseason wieder so gut für mich läuft. Doch mir war es wichtig, zuerst mein Studium abzuschließen, damit ich immer eine Jobchance habe, sollte es mit dem Eishockey irgendwann nicht mehr klappen. Dieser Sport ist brutal und das Verletzungsrisiko hoch. Wer weiß also, wie lange ich spielen kann. Und ob ich mich in der Profiliga beweisen werde, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.
In meiner Collegemannschaft habe ich mich gut geschlagen und war erfolgreich, doch die American Hockey League ist ein härteres Pflaster. Nachher stellen sie fest, dass ich nicht ins Team passe, und werden mich vor der Saison wieder los. Oder ich sitze nur auf der Bank, was fast genauso schlimm wäre. Dann würde ich zwar mein vereinbartes Gehalt bekommen, doch deswegen mache ich diesen Job nicht. Ich habe den Vertrag bei den Norfolk Admirals unterschrieben, weil ich auf dem Eis stehen und spielen will. Das ist es, was mir Befriedigung verschafft. Das ist es, worin ich gut bin. Nur, wenn ich dort glänze, kann ich dem Sprung von einem der sogenannten Farmteams in die NHL schaffen. Mit etwas Glück schaffe ich es diese oder nächste Saison zu den Chicago Blackhawks.
Doch erst mal gilt es, bei den Admirals zu überzeugen und mir dort meinen festen Platz zu sichern. Wenn ich das geschafft habe, kann ich mir neue Ziele stecken.
Mein Ziel für dieses Wochenende ist es allerdings, meinen Umzug von Michigan, wo ich mein gesamtes Leben verbracht habe, nach Illinois zu bewältigen. Genauer gesagt von Detroit nach Chicago. Da meine Heimatstadt Ann Arbor nicht weit von Detroit entfernt ist, hat sich mein Bruder Alex angeboten, mir zu helfen. Er verbringt den letzten Sommer zu Hause, bevor das Studium für ihn beginnt, doch ich habe die starke Vermutung, dass er nicht allzu lange auf dem College bleiben wird. Wenn sich ihm die Chance bietet, ebenfalls in ein Profiteam einzusteigen, wird er sie – anders als ich – sofort ergreifen.
Er ist von uns fünf Kindern der Zweitälteste. Danach kommen mein Bruder Darren, meine Schwester Samantha und das Küken in der Familie, Leon. Mein jüngster Bruder ist erst elf, zwischen uns liegen also knapp dreizehn Jahre Altersunterschied. Bei fünf Kindern ist das nicht ungewöhnlich.
Ich liebe meine Familie. Das ist mit ein Grund, warum ich froh bin, dass ich meinen ersten Job nur knapp vier Stunden Autofahrt entfernt antrete. Das war ein Glücksfall, denn es hätte mir auch jeder andere Ligaverein einen Vertrag anbieten können. Angenommen hätte ich in jedem Fall.
Aber jetzt bin ich hier, in Chicago. Alex fährt mit seinem Auto hinter mir her und folgt mir durch das Gewirr der Straßen in West Town, durch das mich mein Navi zuverlässig leitet. Das Apartment, das ich dort beziehen werde, ist bereits möbliert, was ein echter Vorteil ist. Einen Fahrstuhl gibt es nämlich nicht, wie ich von meinem ersten und einzigen Besuch hier weiß, und so habe ich nur Kartons und Ähnliches bis in den dritten Stock zu schleppen.
Zum Glück können Alex und ich unsere Wagen beide problemlos in der Nähe des Apartmentgebäudes abstellen und ich bedeute meinem Bruder, zu warten, denn ich muss als erstes den Schlüssel vom Hausmeister abholen. Zehn Minuten später fangen wir an, die Kisten auszuladen und nach oben zu tragen, wo ich die Wohnungstür aufschließe und so weit öffne, dass sie uns bei den folgenden Gängen nicht stören wird.
Neugierig sieht Alex sich um.
»Nicht besonders groß, aber wir wissen ja, dass du nicht viel Platz brauchst.«
Zu Hause haben wir uns ein Zimmer geteilt. Alex war stets ein Chaot, doch das hat mich nie gestört. Solange er mein Bett und meine Eishockeyausrüstung in Ruhe gelassen hat, konnte er machen, was er wollte.
»Stimmt. Du bist immer der, der den Hals nicht vollkriegt.«
Statt empört zu reagieren, lacht mein Bruder und hebt die Schultern. »Das wird sich auch nicht ändern, wenn ich aufs College wechsele.«
»Ja, das kann ich mir vorstellen.«
Vor allem, was die weibliche Fraktion und Dates angeht, denn Alex legt sich ungern fest. So sehr wir uns in manchen Dingen ähneln, liegen wir in diesem Punkt an komplett unterschiedlichen Enden der Skala. Ich war nie ein Freund davon, ständig mit irgendwelchen Mädels auszugehen – was nicht heißt, dass ich keine Erfahrung habe. Auf dem College hatte ich eineinhalb Jahre eine Freundin, bevor unsere Beziehung in die Brüche gegangen ist, weil wir unterschiedliche Vorstellungen vom Leben hatten. Irgendwann werde ich die richtige Frau finden, mit der ich mein Leben teilen kann, und dann will ich das volle Programm: Hochzeit, Kinder und eine nie enden wollende Liebe füreinander. In dieser Hinsicht bin ich ziemlich konservativ. Ein echter Familienmensch eben.
»Na komm«, fordere ich Alex auf. »Lass uns alles ausladen. Danach bestelle ich uns Pizza und wir können den restlichen Tag entspannt angehen.«
Das lässt er sich nicht zwei Mal sagen, also machen wir uns an die Arbeit und schleppen Karton für Karton nach oben, in denen ich sorgfältig mein ganzes Hab und Gut verstaut habe. Dank der Aufschriften können wir sie einfach auf die jeweiligen Zimmer verteilen – von denen es nicht viele gibt.
Sobald man die Wohnung betritt, steht man im großen Wohnraum, der aus Küche, Essbereich und einer Ecke mit Sofa und Couchtisch besteht. Rechts gehen lediglich zwei Türen ab, von denen die vordere in ein kleines Duschbad und die zweite in das Schlafzimmer führt. Es ist nicht viel, doch mir reicht es. Es sind die ersten eigenen vier Wände und es ist das erste Mal, dass ich allein wohnen werde. Auch auf dem College habe ich mir im Wohnheim immer ein Zimmer geteilt und später eine WG mit ein paar anderen Studenten, in der nie Ruhe herrschte. Ich wollte meinen Eltern nicht länger als nötig auf der Tasche liegen, schließlich haben sie noch vier andere Kinder zu versorgen. Es wird also eine ziemliche Umstellung für mich werden, auf mich allein gestellt zu sein, aber ich bin zuversichtlich. Immerhin bin ich mittlerweile vierundzwanzig und fange endlich an zu arbeiten. Gut, es ist kein Job wie jeder andere, dafür es ist das, was ich will. Das ist alles, was zählt.
Endlich kann ich die letzten beiden Kisten aus dem Auto holen. Seufzend lade ich mir beide Kartons auf die Arme und hoffe, dass ich niemanden auf meinem Weg umrenne, denn viel sehen kann ich nicht mehr. Außerdem ist das Zeug schwer. Noch einmal zu gehen, scheint mir im Moment allerdings die schlechtere Option. Ich will mich nur noch aufs Sofa hauen, wo Alex es sich wahrscheinlich bereits bequem gemacht hat.
Doch es dauert nicht lange, bis ich ihn im Treppenhaus höre. Ihn und eine weibliche Stimme. Mein Bruder lässt wirklich nichts anbrennen. Die beiden unterhalten sich in meinem Wohnzimmer, und als ich eintrete, ruft jemand »Vorsicht« – und zwar direkt vor mir, sodass ich abrupt innehalte und der obere Karton zu rutschen anfängt. Ein Glück, dass die Frau auf der anderen Seite blitzschnell danach greift, sonst wäre er auf dem Boden gelandet. Gemeinsam stellen wir die Kisten ab.
Oh wow, sie hat etwas von Schneewittchen. Ihre fast schwarzen Haare sind zu einem Zopf zusammengebunden. Ihre Haut ist blass, jedoch so rein, dass sie zart und zerbrechlich wirkt. Ein bisschen wie eine Porzellanpuppe, vor allem mit ihren leicht geröteten Wangen und den großen blauen Augen, mit denen sie mich verlegen ansieht. Ihr Lächeln ist wunderschön.
»Tay, darf ich dir vorstellen? Das ist deine süße Nachbarin von gegenüber.«
Alex grinst breit, das weiß ich, auch wenn ich ihn nicht ansehe. Außerdem weiß ich genau, dass er mit ihr geflirtet hat, was mir aus irgendeinem Grund sofort sauer aufstößt.
»Hannah«, werde ich jedoch abgelenkt. Höflich streckt sie mir ihre Hand entgegen, die ich ergreife und vorsichtig schüttele. »Tut mir leid, wenn ich im Weg stand, das war nicht meine Absicht. Eigentlich war ich auf dem Weg zum Einkaufen, als ich … genau genommen habe ich keine Ahnung, wie ich in dieser Wohnung gelandet bin.«
Das bringt mich zum Lächeln, denn ich kann es mir denken. Alex wird sie so sehr angeflirtet haben, dass sie gar nicht wusste, wie ihr geschah.
»Mach dir keine Gedanken, Hannah. Gegen diesen Charmebolzen hat man keine Chance. Es freut mich, dich kennenzulernen. Wir werden uns sicher öfter begegnen.
Gegenwart
»Bist du sicher, dass du alleine klarkommst? Ich bin morgen Abend wieder da, aber ich kann auch bleiben, wenn dir das lieber ist.«
Taylor steht bereits mit seiner gepackten Tasche im Flur, als er mich dies zum wiederholten Mal fragt. Seine Schwester Samantha hat dieses Wochenende das erste offizielle Spiel mit ihrer Collegemannschaft, worauf wir unglaublich stolz sind. Aus diesem Grund hat ihre Familie es möglich gemacht, dass sie alle an diesem besonderen Tag dabei sein können. Heutzutage kommt es nicht mehr oft vor, dass sie sich alle zusammen treffen. Dieses Mal sollte es allerdings klappen – wenn mein Mann sich nicht so Sorgen um mich machen würde, da ich mit meiner Schwangerschaftsübelkeit zu kämpfen habe.
»Jetzt nimm schon deine Sachen und fahr endlich. Das Flugzeug wartet nicht auf dich. Mir geht es gut. Mach dir nicht so viele Gedanken, davon bekommst du nur Falten auf der Stirn. Du wirst während der Schwangerschaft noch öfter weg sein, du kannst schließlich nicht auf sämtliche Auswärtsspiele verzichten. Dein Coach würde durchdrehen.«
Mit einem Lächeln schlinge ich meine Arme um ihn und schmiege mich an seine Brust. Den Kopf neige ich nach hinten, sodass Taylor mich küssen kann, was er bereitwillig und ausgiebig tut.
»Ich liebe dich, und wie immer werde ich dich vermissen.«
»Ich liebe dich auch«, antwortet mein Mann sofort und krault mit den Fingerspitzen zärtlich meinen Hinterkopf, weil er weiß, wie sehr ich das liebe. »Am liebsten würde ich dich mit nach Montana nehmen.«
Da ich nicht widerstehen kann, schiebe ich meine Finger unter sein Sweatshirt, um über die nackte Haut zu streichen. Immerhin muss ich gleich zwei Tage auf ihn verzichten und ich will mir alles genau einprägen.
»Und ich würde gern mitkommen, aber das geht nicht. Ich muss arbeiten.«
Ausgerechnet dieses Wochenende muss ich in der Schule verbringen, weil es dort einen großen Buchstabierwettbewerb gibt, bei dem ich meine Hilfe angeboten habe. Viele meiner Schüler sind ebenfalls dabei.
Taylor gibt mir einen letzten langen Kuss, ehe er sich seine Tasche schnappt und zur Haustür geht.
»Ruf mich an, falls irgendetwas ist. Ich kann ganz schnell wieder hier sein.«
Das wird nicht nötig sein, doch ich schätze es, dass Taylor sich um mich sorgt. Seitdem er von der Schwangerschaft weiß, würde er mich allerdings am liebsten in Watte packen – was ich garantiert nicht zulassen werde.
»Mache ich. Grüß deine Familie von mir und richte allen aus, dass sie uns jederzeit besuchen können.«
Ich stehe in der offenen Haustür, als Taylor mit dem Auto rückwärts aus der Auffahrt rollt, und wir winken einander noch einmal zu, bevor er Gas gibt und in Richtung Flughafen fährt.
Seufzend schließe ich die Tür, lange nachdem Taylor außer Sichtweite ist.
Es ist nichts Neues, dass ich allein in diesem Haus bin, trotzdem fühlt es sich jedes Mal komisch an, und ich weiß jetzt schon, dass ich heute Nacht nicht besonders gut schlafen werde.
Abwesend streiche ich mir über meinen noch flachen Bauch.
Da im ersten Trimester der Schwangerschaft das Risiko sehr hoch ist, dass etwas passiert, haben Taylor und ich beschlossen, dass wir diese Neuigkeiten noch für uns behalten werden. Außerdem sollen zuerst unsere Familien davon erfahren.
Aus diesem Grund bin ich auch verärgert, als er mich am nächsten Tag gegen Mittag anruft und mir beichtet, dass er seiner Familie von unserem Baby erzählt hat. Im ersten Moment will ich ihm die Meinung geigen.
»Es tut mir wirklich leid, Hannah«, fährt Taylor fort. »Ich weiß, dass wir die Neuigkeiten gemeinsam verkünden wollten, aber Sam war nach der Sache gestern so verdammt traurig, dass ich sie aufmuntern wollte, und dann ist es mir rausgerutscht. Im Übrigen hat meine Schwester sich den Platz als Patentante gesichert, wenn das für dich okay ist.«
»Die Sache gestern?«
Ich runzle die Stirn, weil wir nur kurz telefoniert haben, nachdem er in Bozeman angekommen ist. Da war noch alles in Ordnung.
»Einer der Kerle aus dem Team hat sie ziemlich verarscht und sie hat kurz vor dem Spiel erfahren, dass die Beziehung mit ihr nur gespielt war. Das hat sie echt mitgenommen. Auch wenn sie es nicht zugegeben hat, es war deutlich, dass sie in den Kerl verschossen war. Heute Morgen beim Frühstück hat sie kaum geredet, selbst als Dad sie mit Fragen gelöchert hat. Ich musste irgendwas tun, um die Aufmerksamkeit von ihr wegzulenken und die Stimmung aufzulockern. Ich verspreche dir, ich mache es wieder gut, Schneewittchen.«
Und schon kann ich meinem Mann nicht mehr böse sein.
»Ist okay, Tay. Mach dir keine Gedanken. Immerhin kann ich deine Mom jetzt mit Fragen löchern. Sie hat dank fünf Kindern ja jede Menge Erfahrung.«
Das scheint ihn zu erleichtern, denn ich höre fast, wie der Stein von seinem Herzen fällt.
»Ja, das hat sie. Nachher erzähle ich dir alles noch mal in Ruhe, und du kannst mir von deiner Veranstaltung gestern berichten.«
»Natürlich«, antworte ich lächelnd. Kurz darauf legen wir auf und es dauert nicht lange, bis mein Handy erneut klingelt und der Name von Taylors Mom aufleuchtet. Da erwarten mich wohl die ersten Glückwünsche.
Hannahs Übelkeitsanfälle halten an, was mir unglaublich leidtut. Zum Glück geht es ihr meist nach einer halben Stunde besser, trotzdem ist das nicht schön. Dr. Sahin hat uns erklärt, dass jeder Körper anders auf eine Schwangerschaft reagiert und man sich deswegen keine Sorgen machen muss. Dass dies die gesamten ersten drei Monate andauern könnte, ist eine echte Horrorvorstellung, vor allem für Hannah. Meist überkommen sie diese Attacken, wenn ich schon beim Training bin, sodass ich ihr nicht beistehen kann. Warum hat noch kein Arzt Tabletten dafür erfunden, damit die Frauen sich nicht ständig übergeben müssen, während ein neues Leben in ihnen heranwächst? Das ist doch unmenschlich.
Und wir Männer? Wir können im Höchstfall dumm daneben stehen und beruhigende Sprüche von uns geben, bis es vorbei ist. Eine tolle Unterstützung ist das. Es lebe die Evolution!
Immerhin kann ich ihr zumindest essenstechnisch ihre Wünsche erfüllen. Ich bin ein passabler Koch, allerdings weit entfernt von perfekt. Ein gegrilltes Käsesandwich bekomme ich jedoch hin.
Hannah hat es sich mit einer Decke auf dem Sofa gemütlich gemacht und schaut eine Kochsendung im Fernsehen, die ich bis eben mit ihr zusammen verfolgt habe. Bis sie den Wunsch nach dem Sandwich geäußert und mich dabei mit großen Augen angesehen hat.
Tja, jetzt stehe ich in der Küche, hole eine Pfanne aus dem Schrank und stelle sie auf den Herd, bevor ich das Toast und den Käse heraussuche, ebenso die Butter.
Durch den offenen Grundriss des Erdgeschosses kann ich von der Kücheninsel aus beobachten, wie Hannah gebannt das Geschehen auf dem Fernseher verfolgt.
»Haben wir auch noch Schokolade?«, fragt sie und wirft mir dabei einen kurzen Blick über ihre Schulter zu.
»Bestimmt. Soll ich welche mitbringen, wenn ich hier fertig bin?«
»Ja, bitte.«
Ein bisschen Nachtisch kann nicht schaden, also hole ich eine Tafel aus dem Schrank und lege die Sandwiches auf zwei Teller, sobald sie außen goldbraun sind. Beides trage ich zur Couch, wo ich Hannah einen der Teller reiche. Die Schokolade will ich für später auf den Tisch legen, doch Hannah schnappt sie sich und reißt sie auf. Belustigt beobachte ich, wie sie sich ein Stück in den Mund schiebt und anschließend einen Bissen von ihrem Käsesandwich nimmt. Genüsslich seufzt sie und schließt für einen Moment die Augen, um den Geschmack voll auszukosten.
Als sie sie wieder öffnet und mich ansieht, runzelt sie die Stirn.
»Was?«
Sie nuschelt ein wenig, weil sie den Mund voll hat, sodass ich nur noch breiter grinse.
»Interessante Kombination. Schmeckt es dir?«
»Ja. Danke, Tay. Es ist verdammt lecker.«
Ob das die ersten Schwangerschaftsgelüste sind? Hannah hat noch nie Schokolade zu meinen Käsesandwiches gegessen, heute scheint es allerdings nichts Besseres zu geben. Eigentlich ist Hannah kein großer Schokoladenfan, sondern steht eher auf Salziges. Am liebsten Tortillachips mit einer scharfen Salsa.
Da sie jedoch zufrieden und glücklich ist, sage ich nichts, lehne mich zurück und beginne ebenfalls zu essen.
Mit einer Hand streiche ich über Hannahs Rücken, was sie sofort wohlig seufzen lässt. Diese kleinen Streicheleinheiten hat sie von Anfang an gemocht und ich kann selbst nach sechs Jahren nur schwer die Finger von ihr lassen. Vor allem, wenn wir allein sind. Ich bin ihr gerne nahe, halte sie im Arm und spiele mit ihren langen dunkelbraunen Haaren.
Durch all die Zeit, die wir aufgrund meiner Profikarriere getrennt verbringen, genießen wir die gemeinsame umso bewusster. Sei es ein Ausflug, wenn wir beide frei haben, oder ein gemütlicher Abend zuhause wie heute.
Sobald wir fertig gegessen haben, bringe ich die Teller in die Küche und stelle sie in den Geschirrspüler. Mit ein paar schnellen Handgriffen ist alles aufgeräumt.
Zurück auf der Couch, kuschelt sich Hannah an meine Seite, die Reste der Schokolade noch immer in der Hand.
Sanft streiche ich durch ihre Haare. Auf dem Fernseher läuft mittlerweile eine ihrer Lieblingsserien.
»Ich liebe dich, Hannah. Dich und das kleine Wunder in deinem Bauch.«
Mit den Fingern wandere ich ihre Seite hinab, bis ich sie auf ihrem Bauch ablegen kann. Das tue ich mittlerweile häufig, auch wenn man noch nichts spüren kann. Trotzdem ist unser Kind dort drinnen und wächst langsam zu einem Menschen heran.
»Das sagst du mir mindestens einmal am Tag, und doch kann ich es nicht oft genug hören.«
Sie strahlt, als sie ihren Kopf dreht und sich reckt. Sofort komme ich ihr entgegen. Unsere Lippen treffen sich in einem langsamen, unschuldigen Kuss.
»Ich liebe dich auch, Taylor. Auch wenn du ernsthafte Konkurrenz bekommst.«
Abrupt lehne ich mich ein Stück nach hinten und sehe Hannah forschend an – bis ich begreife, dass sie unser Kind meint und keinen anderen Mann. Sofort entspanne ich mich wieder und lache leise auf.
»Mit dieser Konkurrenz kann ich leben.«
Damit schiebe ich meine Hand in ihren Nacken und überbrücke die kurze Distanz zwischen uns, um sie erneut zu küssen. Nur, dass der Kuss dieses Mal deutlich feuriger ist, ein Versprechen auf mehr.
6 Jahre zuvor
Mir entkommt ein genervtes Stöhnen, als es an der Tür klingelt. Es ist Samstagabend und ich will in Ruhe lernen, doch jeder Mensch scheint mich davon abhalten zu wollen, meine nächsten Prüfungen zu bestehen.
Erst haben meine Eltern per Videochat angerufen. Kurz nachdem wir uns verabschiedet haben, hat eine Freundin sich gemeldet. Layla wollte mich dazu überreden, mit ihr und ein paar anderen aus dem Englischstudium etwas trinken zu gehen, doch ich habe abgelehnt. Ich hätte noch duschen müssen, da ich den ganzen Tag nur in Jogginghosen und einem zu großen Sweatshirt am Schreibtisch gesessen habe. Viel zu viel Aufwand für ein paar Drinks, und bei dem Lernpensum. Wer hätte gedacht, dass man für ein Englisch- und Kunststudium so viel wissen muss? Ich jedenfalls nicht, als ich mich für diese Fächer entschieden habe.
Erneut klingelt es und ich stehe mit einem gemurmelten Fluch auf. Als ich den Summer betätige und die Wohnungstür öffne, zucke ich überrascht zusammen, denn die Person steht bereits davor. Mit einem Pizzakarton in der Hand und einem charmanten Lächeln im Gesicht, das noch mehr Aufmerksamkeit von mir fordert als die zahlreichen Sommersprossen.
»Hannah, hi. Ich hoffe, ich störe nicht.«
Eigentlich schon. Das ist es, was ich antworten will, doch über meine Lippen kommt: »Nein, tust du nicht. Kann ich irgendetwas für dich tun?«
Es müssen diese bernsteinfarbenen Augen sein, die perfekt zu seinem Dreitagebart und den kurzen rotbraunen Haaren passen. Sie haben dafür gesorgt, dass ich für einen Moment vergessen habe, was ich eigentlich sagen wollte.
Sein Lächeln wird noch ein wenig breiter. »Das kannst du allerdings. Ich habe diese riesige Pizza bestellt und als sie geliefert wurde, habe ich erst realisiert, dass ich die niemals alleine schaffe. Ich dachte, dass du mir vielleicht Gesellschaft leisten kannst?«
Ich habe meinen neuen Nachbarn gestern erst kennengelernt, und jetzt steht er vor meiner Tür, um mit mir zu essen? Das ist ziemlich befremdlich. Und amerikanisch. Automatisch verschränke ich die Arme vor der Brust, auf der Suche nach einer Ausrede, die nicht allzu unfreundlich sein wird.
»Wenn du willst, gebe ich dir einfach die Hälfte ab und verschwinde wieder oder lasse dich komplett damit in Ruhe. Es ist nur …«
Jetzt scheint auch er sich unbehaglich zu fühlen, denn er verzieht für eine Sekunde das Gesicht und tritt von einem Fuß auf den anderen.
»Ich kenne hier noch keinen und seit mein Bruder heute Morgen zurück nach Ann Arbor gefahren ist, ist es so still bei mir in der Wohnung. Das ist ungewohnt für mich … Natürlich ist das nicht dein Problem, also sag einfach, wenn ich verschwinden soll.«
Na toll. Wie soll ich denn nach diesem Geständnis, dieser Ehrlichkeit und diesem Welpenblick widerstehen? Bis eben war ich noch der Meinung, dass ich einen fremden Mann nicht hineinlassen werde, jetzt trete ich zur Seite. Meine Wohnung ist spiegelverkehrt zu seiner geschnitten, trotzdem sieht er sich jeden Winkel neugierig an. Da mein Esstisch mit meinen Lernsachen vollgepackt ist, bleibt er unschlüssig im Raum stehen, bis ich auf die Couch deute.
»Mach es dir gemütlich, ich hole uns zwei Teller. Willst du etwas trinken?«
»Ein Wasser, bitte.«
Damit kann ich dienen.
Jetzt werde ich tatsächlich mit meinem neuen Nachbarn zusammen Abendessen. Damit hätte ich im Leben nicht gerechnet.
Taylor sitzt in Jeans und einem langärmeligen dunkelgrünen Shirt auf meinem Sofa. Mich überkommt der Drang, mich umzuziehen und das Chaos auf meinem Kopf zu zähmen. Eine Sekunde später schüttele ich über mich selbst den Kopf. Wieso sollte ich mich für meinen Nachbarn hübsch machen, wenn er unangekündigt vor meiner Tür aufkreuzt? Außerdem hat er meinem Outfit und meiner Frisur bisher keinen Blick geschenkt, ich mache mir also völlig umsonst Gedanken.
Rasch hole ich die zwei Teller und das Glas Wasser, ehe ich mich zu Taylor geselle und mich ans andere Ende der Couch setze.
»Studierst du noch?«
Der Blick meines Nachbarn liegt auf meinem Bücherregal, in dem sich vor allem Klassiker und Lehrbücher befinden. Mit dem Chaos auf meinem Esstisch ist diese Schlussfolgerung nicht schwer.
»Ja. Englisch und Kunst. Ich will hinterher als Lehrerin arbeiten.«
Sobald er die Pizzaschachtel öffnet, strömt mir der Duft von Salami und geschmolzenem Käse entgegen. Außerdem befindet sich jede Menge Gemüse auf dem Teig. Paprika, Pilze und Brokkoli. Damit habe ich nicht gerechnet, doch es lässt mir das Wasser im Munde zusammenlaufen.
»Wow, das ist bewundernswert. Ich glaube, ich könnte das nicht. Dazu habe ich zu ungern stundenlang im Klassenraum gesessen und mir von den Lehrern irgendwelche Formeln erklären lassen, die ich mir nie merken konnte.«
Das bringt mich zum Lächeln, denn auch ich habe erst gegen Ende meiner Schulzeit gemerkt, dass ich diesen Weg einschlagen möchte.
»Mathe oder Chemie wären ebenfalls nichts für mich, aber ich habe immer gern gelesen und gemalt. Ich habe sogar bei den Stücken der Theater-AG auf der Bühne gestanden, auch wenn es nie zu einer Hauptrolle gereicht hat.«
Taylor legt ein Stück Pizza auf meinen Teller, bevor er sich selber nimmt und wir wie selbstverständlich beginnen zu essen. Als würden wir das nicht zum ersten Mal machen.
»Du kommst nicht von hier, oder?«
Mein britischer Akzent scheint mich verraten zu haben, den kann ich nicht verleugnen.
»Nein, ich komme aus einer kleinen Stadt in der Nähe von London. Allerdings wollte ich über den Tellerrand hinausschauen, während ich studiere. Chicago schien mir dafür eine gute Wahl. Was hat dich hierher verschlagen?«
Da er neu in der Stadt ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er von anderswo stammt. Vor allem, da sein Bruder Alex anscheinend über Nacht geblieben und nicht direkt wieder nach Hause gefahren ist. Seine Heimatstadt Ann Arbor sagt mir nichts und ich kenne mich in den USA nicht gut genug aus, um seinen Akzent einordnen zu können.
»Ich trete morgen meinen neuen Job bei den Norfolk Admirals an. Meinen ersten, um genau zu sein, ich habe mein Studium erst dieses Jahr abgeschlossen.«
Ich kann nur raten und hoffen, dass ich richtig liege.
»Football?«
Meine Antwort bringt seine Augen zum Leuchten, als er lacht.
»Nicht ganz. Eishockey.«
Und da ist auch schon das erste Fettnäpfchen, in das ich hineingesprungen bin. Meine Wangen werden warm. Um das zu überspielen, nehme ich einen Bissen der Pizza.
»Entschuldige, ich kenne mich mit US-Sport nicht aus. Was hast du denn studiert?«
»Das ist nichts, wofür du dich entschuldigen musst. Es kann schließlich nicht jeder ein großer Eishockeyfan sein und sämtliche Teamnamen jeder Liga kennen.«
Ich kenne nicht mal einen, doch ich werde mich hüten, das zuzugeben. Stattdessen nicke ich bloß.
»Ich habe Sport- und Gesundheitsmanagement studiert.«
»Also arbeitest du für das Team im Management?«, frage ich interessiert nach, doch Taylor schüttelt den Kopf, bevor er sich das vorletzte Stück Pizza nimmt. Ich bin mittlerweile pappsatt.
»Nein, die Admirals haben mich als Spieler unter Vertrag genommen. Ich werde ab sofort für sie auf dem Eis stehen – wenn alles gut läuft.«
Okay, damit habe ich nicht gerechnet.
»Oh wow.«
Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Zum Glück scheint Taylor nichts zu erwarten, denn er lenkt das Gespräch geschickt auf Dinge, zu denen wir beide etwas beitragen können. Es ist erstaunlich, wie gut wir uns unterhalten, und ich merke gar nicht, wie die Stunden vergehen, während wir hier sitzen und uns kennenlernen.
Gegenwart
Frisch geduscht betrete ich nach einem anstrengenden Training die Umkleidekabine. Meine Haare sind nass und fallen mir bis über die Schultern, da ich sie nicht wieder zusammengebunden habe. Das Handtuch habe ich um die Hüften geschlungen, als ich mich zwischen den anderen Teammitgliedern hindurch zu meinem Spind bewege. Sie sind mehr oder weniger nackt, denn sobald wir vom Eis kommen, brauchen wir alle eine Dusche, um uns den Schweiß des Trainings von der Haut zu waschen.
»Denkt dran, heute Abend ist Grillabend bei uns, es gibt Steaks zum Sattessen.«
Zustimmendes und vor allem freudiges Gemurmel füllt den Raum, denn solche Abende veranstalten wir rund einmal im Monat. Nicht unbedingt immer bei Jimin, so wie heute, sondern abwechselnd bei den Teamkameraden, die genug Platz für die Mannschaft haben und bei denen es nicht stört, wenn wir lauter werden. Auch wenn wir uns die meiste Zeit an die Regeln halten, unsere Ernährung kontrollieren und keinen Alkohol trinken, kommt es ab und zu vor, dass wir dagegen verstoßen. Und selbst wenn nicht, haben wir Männer genug Blödsinn im Kopf, um auch ohne Schwips Chaos zu stiften.
Beim letzten Mal hat Cam beim Armdrücken gegen Liam verloren und musste sich als Wettschuld von ihm eine Glatze rasieren lassen. Das hat dem jungen Torhüter gar nicht gepasst, legt er doch viel Wert auf sein Aussehen und stand bis dahin nach jedem Training bestimmt eine Viertelstunde vor dem Spiegel, um seine Haarpracht zu stylen. Darum muss er sich nicht mehr kümmern, wie ich grinsend feststelle, sobald er aus der Dusche tritt.
Als würde er genau wissen, woran ich denke, streckt er mir den Mittelfinger entgegen. »Dieses Mal werde ich definitiv keins von deinen Spezialgetränken trinken. Wer weiß, zu was ich mich sonst überreden lasse.«
Amüsiert trockne ich mich ab und ziehe mir Boxershorts, Sweatpants und ein weißes T-Shirt über.
»Na, das glaube ich erst, wenn der Abend vorbei ist.«
Ein paar der anderen lachen, unter anderem mein bester Freund Jim, denn Cam ist unser kleiner Hitzkopf. Bei den verrücktesten Ideen ist er jedes Mal mit dabei.
»Wie auch immer«, grummelt er.
Ich nehme mir mein Handy und werfe einen Blick auf das Display. »Wir sehen uns heute Abend, ich habe noch einen Massagetermin.« Meine Schulter zickt ein wenig, und da arbeite ich lieber gleich dagegen. Wie gut, dass uns das Physioteam stets zur Verfügung steht.
»Alles klar.« Jim und ich verabschieden uns mit einem Handschlag voneinander, ehe ich verschwinde. Den anderen winke ich zu, doch es scheint sie nicht weiter zu kümmern.
Ein paar Stunden später verabschiede ich mich von Hannah mit einem Kuss.
»Viel Spaß heute Abend mit Jonna. Treibt es nicht zu bunt.«
Mit einem Augenverdrehen wendet sie sich ab, sieht mich jedoch noch einmal über die Schulter an, als sie im Durchgang zum Wohnbereich stehen bleibt.
»Dasselbe gilt für dich, Tay. Lass dich nicht in den Mist der anderen Kerle verwickeln.«
»Das werde ich nicht.« Höchstens ein klein wenig, wenn es keine zu großen Konsequenzen haben wird. Ein bisschen Spaß muss schließlich sein.
Da ich nicht vorhabe zu trinken nehme ich meinen SUV, um zu Jim zu fahren, der, anders als ich, direkt in Los Angeles, im Stadtteil Pacific Palisades, wohnt. Nah am Strand, weil er in seiner Freizeit liebend gerne dort abhängt oder im Morgengrauen Surfen geht, auch wenn der Trainer das nicht gerne sieht, da das Verletzungsrisiko hoch ist.
Das Haus, das er sich vor ein paar Jahren gekauft hat, ist riesig. Es besitzt doppelt so viel Wohnfläche wie Hannahs und mein Domizil und hat zudem einen eigenen Pool im Garten. Ursprünglich ist mein bester Freund allein hier eingezogen, doch er ist niemand, der gerne für sich ist, deshalb war es nur eine Frage der Zeit, bis er sich ein paar Mitbewohner suchte. Mittlerweile wohnt er mit drei anderen Kerlen aus unserem Team zusammen und es scheint gut zu funktionieren.
Anders als ich ist er kein großer Familienmensch, sondern eher jemand, der jeden Tag so lebt, als könnte es der letzte sein. Er genießt den Ruhm, der mit unserem Job einhergeht, und hat einen gewissen Ruf als Playboy. Trotzdem ist er jederzeit für seine Freunde da, wenn sie ihn brauchen, und man kann mit ihm über alles reden. Genau deswegen verstehe ich mich so gut mit ihm.
Sobald ich meinen Wagen in der überdimensionierten Einfahrt geparkt habe, mache ich mich auf den Weg zum Gartentor, um nach hinten zu gehen. Liam und Jim stehen am Grill, auf dem bereits die ersten Steaks liegen. Einige der anderen Jungs haben es sich an den Tischen bequem gemacht, die auf der Terrasse stehen, und Cam und Kyle liefern sich wie zwei kleine Jungs eine Wasserschlacht im Pool. Man merkt sofort, dass sie die beiden Jüngsten unserer Mannschaft sind und viel sorgloser als die älteren Spieler.
Ohne die anderen groß zu begrüßen, nehme ich mir eines der alkoholfreien Biere, die in einem Kübel mit Eis bereitstehen, und stelle mich zu Jim und Liam.
»Hey. Wie ich sehe, ist die Party schon in vollem Gange.«
Liam hat ebenfalls eine Flasche in der Hand und so stoßen wir beide an, ehe wir einen Schluck trinken. »Die ersten sind vor einer halben Stunde aufgetaucht, weil die hungrigen Mäuler es nicht mehr ausgehalten haben.«
Grinsend verdreht er die Augen, doch sein Gesichtsausdruck zeigt, dass er davon keineswegs genervt ist, denn so ist es bei unseren Treffen immer. Einige erscheinen früher, andere später, weil ein Teil von uns noch anderweitige Verpflichtungen hat. Wir gehen diese Abende entspannt an. Sie sind schließlich dazu da, dass wir gemeinsam Spaß haben. Würden wir nur Zeit beim Training miteinander verbringen, wäre es viel schwieriger als Team zu funktionieren. Es sind die Zeiten abseits davon, die uns wirklich zusammenschweißen. Die uns zeigen, dass wir einander vertrauen können und wir nicht nur Arbeitskollegen, sondern Freunde sind, die einem immer zur Seite stehen, wenn man sie braucht. Genau das macht unser Team aus. Wir sind wie eine große Familie.
»Wie geht es Hannah?«, fragt Jim schließlich. Er ist der Einzige aus der Mannschaft, der bereits über die Schwangerschaft Bescheid weiß, denn mit irgendwem musste ich meine Freude teilen, und er ist mein bester Freund.
»Ganz gut«, sage ich deshalb bloß, da ich nicht will, dass Liam irgendwelche Fragen stellt. »Sie hat noch ein wenig mit der Grippe zu kämpfen.« Beziehungsweise mit der Morgenübelkeit durch die Schwangerschaft, die ich anfangs für eine Grippe hielt. In letzter Zeit ist sie außerdem ständig müde und schläft, wenn sie nicht gerade arbeiten ist. Jim nickt wissend, ehe er die Steaks vor ihm wendet.
»Ich drück die Daumen, dass es ihr bald wieder besser geht. So ’ne Grippe ist echt ätzend.«
»Ja, gute Besserung an Hannah«, wirft Liam ein.
»Danke. Ich werde es ihr ausrichten.« Hoffentlich können wir den Rest der Schwangerschaft genießen, ohne dass sie sich ständig schlecht fühlt. Die Ärztin hat angeboten, sie für eine Weile krankzuschreiben, doch das wollte Hannah nicht. Wie sagt sie immer so schön? Sie ist nicht todkrank, sondern nur schwanger.
Sobald Jim verkündet, dass die nächsten Steaks fertig sind, stürzen sich die anderen wie verhungernde Raubtiere auf uns. Dabei haben Jim und seine Mitbewohner nicht nur kiloweise Fleisch besorgt, sondern auch genug andere Snacks, die auf einem Tisch auf der Terrasse stehen. Hier muss keiner verhungern.
Auch ich nehme mir eins der Steaks und setze mich zu den anderen. Cam erzählt, dass er vor ein paar Tagen ein Date mit einem Mädchen hatte. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er sie nicht noch einmal treffen, weil offensichtlich war, dass sie bloß an seinem Geld und seinem Status als Eishockeyprofi interessiert war. Liam und Ben nicken, da es ihnen auch schon passiert ist.
»Wenn ich ein Mädchen date, will ich, dass sie sich für mich interessiert und nicht nur für meine Kreditkarte«, schließt er seine Erzählung. Da er neben mir sitzt, lege ich ihm meine Hand auf die Schulter und drücke kurz zu.