Frühlings Erwachen von Frank Wedekind - Textanalyse und Interpretation - Frank Wedekind - E-Book

Frühlings Erwachen von Frank Wedekind - Textanalyse und Interpretation E-Book

Frank Wedekind

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Beschreibung

Spare Zeit und verzichte auf lästige Recherche!

In diesem Band findest du alles, was du zur Vorbereitung auf Referat, Klausur, Abitur oder Matura benötigst – ohne das Werk komplett gelesen zu haben.

 

Alle wichtigen Infos zur Interpretation sowohl kurz (Kapitelzusammenfassungen) als auch ausführlich und klar strukturiert.

 

Inhalt:

- Schnellübersicht

- Autor: Leben und Werk

- ausführliche Inhaltsangabe

- Aufbau

- Personenkonstellationen

- Sachliche und sprachliche Erläuterungen

- Stil und Sprache

- Interpretationsansätze

- 6 Abituraufgaben mit Musterlösungen

NEU: exemplarische Schlüsselszenenanalysen

NEU: Lernskizzen zur schnellen Wiederholung

 

Layout:

- Randspalten mit Schlüsselbegriffen

- übersichtliche Schaubilder

NEU: vierfarbiges Layout

 

In seinem ersten Roman

Wedekinds Drama „Frühlings Erwachen“ befasst sich mit schulischen Problemen und Aufklärungsfragen. Das Todschweigen kann zu schwerwiegenden Folgen führen.

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Seitenzahl: 144

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KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN

Band 406

Textanalyse und Interpretation zu

Frank Wedekind

Frühlings Erwachen

Arnd Nadolny

Alle erforderlichen Infos zur Analyse und Interpretation plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen

Zitierte Ausgaben: Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Eine Kindertragödie. Husum/Nordsee: Hamburger Lesehefte Verlag 2022 (= Hamburger Leseheft Nr. 173, Heftbearbeitung: Elke und Uwe Lehmann). Zitatverweise sind mit HL gekennzeichnet. Wedekind, Frank: Frühlings Erwachen. Eine Kindertragödie. Stuttgart: Reclam, durchgesehene Ausgabe 2000 (= Reclams Universal-Bibliothek Nr. 7951). Zitatverweise sind mit R gekennzeichnet.

Über den Autor dieser Erläuterung:Prof. Dr. phil. habil. Thomas Möbius, Studium der Germanistik/ev. Theologie/Philosophie, Studienrat an einem Gymnasium in Mannheim und an der German European School in Singapur, Akademischer Oberrat an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, nach Professuren in Freiburg, Osnabrück, Greifswald und Aachen Professor für Germanistische Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

 

1. Auflage 2024

978-3-8044-7080-4

© 2024 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten, darunter fällt auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von §44b UrhG! Titelbild: Links Lukas Rueppel als Moritz Stiefel und Sabin Tambrea als Melchior Gabor in einer Frühlings Erwachen-Inszenierung von Claus Peymann im Berliner Ensemble (2008).© picture-alliance / Eventpress Hoensch | Eventpress Hoensch

Hinweise zur Bedienung

Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis ist vollständig mit dem Inhalt dieses Buches verknüpft. Tippen Sie auf einen Eintrag und Sie gelangen zum entsprechenden Inhalt.

 

Fußnoten Fußnoten sind im Text in eckigen Klammern mit fortlaufender Nummerierung angegeben. Tippen Sie auf eine Fußnote und Sie gelangen zum entsprechenden Fußnotentext. Tippen Sie im aufgerufenen Fußnotentext auf die Ziffer zu Beginn der Zeile, und Sie gelangen wieder zum Ursprung. Sie können auch die Rücksprungfunktion Ihres ePub-Readers verwenden (sofern verfügbar).

 

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Inhaltsverzeichnis

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

2. Frank Wedekind: Leben und Werk

2.1 Biografie

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Industrialisierung, Gründerzeit, Wilhelminisches Zeitalter

Die Institution Schule im Kaiserreich

2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken

3. Textanalyse und -Interpretation

3.1 Entstehung und Quellen

Literarische Bezugnahmen

3.2 Inhaltsangabe

1. Akt: Autoritäre Erziehung und fehlende sexuelle Aufklärung in Schule und Elternhaus

2. Akt: Verzweifelt über den schulischen Leistungsdruck begeht Moritz Selbstmord

3. Akt: Melchior wird der Schule verwiesen und Wendla stirbt bei einer Abtreibung

3.3 Aufbau

Die Grundstruktur der Handlung

Die Dramenform

Der Aufbau

3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken

Hauptfiguren

Moritz Stiefel

Melchior Gabor

Wendla Bergmann

Frau Bergmann

Frau Gabor, Herr Gabor

Episodenfiguren

Gymnasialprofessoren

Pastor Kahlbauch

Der vermummte Herr

Ilse

Hänschen Rilow

3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen

3.6 Stil und Sprache

3.7 Interpretationsansätze

3.8 Schlüsselszenenanalysen

4. Rezeptionsgeschichte

Rezeption auf der Bühne

Rezeption: Die Schwächen des Dramas

Rezeption: Die Stärken des Dramas

Neuere Interpretationen

5. Materialien

6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen

Aufgabe 1 *

Aufgabe 2 *

Aufgabe 3 ***

Aufgabe 4 ***

Aufgabe 5 *

Aufgabe 6 ***

Lernskizzen und Schaubilder

Literatur

Zitierte Ausgaben

Weitere Quellentexte

Sekundärliteratur

Verfilmungen

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

Damit sich alle Leserinnen und Leser in unserem Band rasch zurechtfinden und das für sie Interessante gleich entdecken, hier eine Übersicht.

 

Im 2. Kapitel beschreiben wir Wedekinds Leben und stellen den zeitgeschichtlichen Hintergrund dar:

Wedekind lebte von 1864–1918 in verschiedenen Städten und Ländern, u. a. in Hannover, Berlin, München, Aarau und Lausanne.

Die Zeit war geistesgeschichtlich geprägt durch die Jahrhundertwende mit ihren z. T. ganz unterschiedlichen philosophisch-ästhetischen Strömungen, politisch herrschte das absolutistische System des wilhelminischen Kaiserreichs vor.

Frühlings Erwachen wurde 1891 fertiggestellt, durfte aber erst 1906 aufgeführt werden; im Drama lassen sich zahlreiche Parallelen zu anderen Werken Wedekinds nachweisen.

Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.

Frühlings Erwachen – Entstehung und Quellen:

Die das Drama bestimmenden Themen „Schule“ und „Sexualität“ gehören zu den Themen, die im Werk Wedekinds immer wieder auftauchen, biografischer Anknüpfungspunkt war wohl der Selbstmord eines Mitschülers im Jahre 1891. Das Drama enthält Anspielungen auf das Alte Testament, Goethes Faust, Shakespeares Othello und Büchners Woyzeck.

Inhalt:

Das Drama Frühlings Erwachen lässt sich als eine Art „Adoleszenzdrama“ bezeichnen, das typische Probleme dieser Lebensphase thematisiert: Moritz wird nicht versetzt und begeht aus diesem Grund Selbstmord, Wendlas Suche nach ihrer eigenen Sexualität mündet in eine ungewollte Schwangerschaft und in ihren Tod beim Versuch der Abtreibung. Melchior wird in ein Erziehungsheim gebracht, wo er weitere Spielarten von Sexualität erlebt; das Eingreifen eines „vermummten Herrn“ am Ende des Stücks ermöglicht sein Weiterleben und öffnet damit den Raum für eine Konfliktlösung.

Chronologie und Schauplätze:

Der Handlungszeitraum erstreckt sich vom 5. Mai 1892 bis kurz nach dem 27. Oktober 1892.

Personen:

Die Hauptpersonen sind

Moritz Stiefel:

mutlos-labil, von Minderwertigkeitsgefühlen beherrscht

schwacher Schüler

Melchior Gabor:

wacher, kritischer Verstand

sensibel und selbstkritisch

Wendla Bergmann:

Spannung zwischen Freiheitswillen und Bindung an Mutter

Neigung zu Masochismus

Frau Bergmann:

körper- und sexualfeindliche Grundeinstellung

nicht lernfähig

Frau Gabor:

liberale, menschenfreundliche Grundeinstellung

 

Dazu kommen Episodenfiguren wie Gymnasialprofessoren, Pastor Kahlbauch, der vermummte Herr, Ilse und Hänschen Rilow.

 

Wir stellen diese Hauptfiguren und die Nebenfiguren ausführlich vor.

Stil und Sprache:

Stil und Sprache werden durch die Alltagssprache und den Verzicht auf eine poetische Kunstsprache geprägt. Die Wortwahl ist durch zahlreiche Anspielungen auf andere literarische Werke geprägt.

Folgende Interpretationsansätze bieten sich an:

Frühlings Erwachen ist ein typisches Jugendstildrama:

ein Werk, das bürgerliche Moralvorstellungen kritisiert (gesellschaftskritisch),

ein Werk, das innerseelische Vorgänge auf die Bühne bringt (psychologisch).

2. Frank Wedekind: Leben und Werk

2.1 Biografie

Frank Wedekind

1864–1918 © picture alliance/Fine Art Images / Heritage-Images

Jahr

Ort

Ereignis

Alter

1864

Hannover

Geburt als Benjamin Franklin (Frank) Wedekind am 24. 07. als zweites von sechs Kindern der Eheleute Dr. med. Friedrich Wilhelm Wedekind (1816–1888) und Emilie Wedekind, geb. Kammerer (1840–1916)

 

1872

Lenzburg / Schweiz

Erwerb des Schlosses Lenzburg im Schweizer Kanton Aargau durch den Vater, Übersiedlung in die Schweiz Erste philosophische und literarische Versuche

8

1883

Aarau / Schweiz

Abitur am kantonalen Gymnasium

19

1884

Lausanne München

Sommersemester: Immatrikulation in Germanistik und Romanistik Wintersemester: Auf Wunsch des Vaters Beginn eines Jura-Studiums

20

1886

Kempttal b. Zürich

Bruch mit dem Vater wegen Abbruch des Jura-Studiums Ab November: Leiter des Reklame- und Pressebüros des Firma Maggi

22

1887

Zürich

April: Auflösung des Arbeitsvertrages bei der Firma Maggi Beiträge für die Neue Zürcher Zeitung Kontakt mit dem Kreis „Jüngstdeutscher Schriftsteller“ Drama Elins Erweckung

23

1888

Lenzburg / Schweiz England/ Südfrankreich

Tod des Vaters Sekretär des Zirkus „Herzog“ Reise durch England und Südfrankreich zusammen mit dem Maler, Clown und Tenor Willy Morgenstern (Rudinoff)Kontakt zu Naturalisten

24

1889

Berlin / München

Versuch, sich in Berlin dauerhaft niederzulassen, scheitert an seiner amerikanischen Staatsbürgerschaft. Kontakte zum Friedrichshagener Kreis in Berlin und zum Naturalismus-Kreis in München

25

1890

München

Beginn der Arbeit anFrühlings Erwachen

26

1891

München / Paris

Ostern: Abschluss vonFrühlings Erwachen Beitritt zu literarischen Zirkeln wie „Das junge Deutschland“ und „Gesellschaft für modernes Leben“ Intensive Beschäftigung mit der Philosophie Friedrich Nietzsches und Arthur Schopenhauers

27

1895

München

Drama Der Erdgeist (1. Teil von Die Büchse der Pandora)

31

1896

München

Regelmäßige Veröffentlichungen imSimplicissimus

32

1897

München

Geburt des Sohnes Friedrich Strindberg Wedekind aus der Verbindung mit Frida StrindbergDie Fürstin Russalka (Prosa- und Lyriksammlung)Der Kammersänger

33

1898

Leipzig

Sekretär, Schauspieler und Regisseur des Ibsen-Theaters Uraufführung des ersten Dramas Der ErdgeistFlucht nach Zürich und Paris wegen eines im Simplicissimus veröffentlichten satirischen Gedichtes auf Wilhelm II.

34

1899

Burg Königstein / Sächsische Schweiz

Rückkehr nach Deutschland, Untersuchungshaft und Festungshaft (6 Monate, bis 03. 02. 1900) Drama Der Marquis von Keith

35

1900

München

Schauspielunterricht bei Fritz Basil Beginn der Arbeit als freier Dramatiker und Lyriker mit regelmäßigen Publikationen

36

1901

München

Geburt des Sohnes Frank Zellner-Wedekind aus der Verbindung mit Hildegard Zellner Gründungsmitglied des Münchner Kabaretts „Die Elf Scharfrichter“

37

1904

Berlin

Die Büchse der Pandora wird von der Zensur beschlagnahmt (Vorwurf: Verbreitung unzüchtigen Schriftguts)

40

1906

Berlin

Feb./März: Freispruch vom Vorwurf der Verbreitung unzüchtiger Schriften, Restauflage der Pandora wird vernichtet 01. 05.: Heirat von Tilly Newes (1886–1970) und Frank Wedekind20. 11.: Uraufführung vonFrühlings Erwachen (unter starken Zensurauflagen)

42

1907

Berlin

Drama Die Zensur

43

1908

Berlin / München

Übersiedlung nach München Drama Die junge Welt

44

1911

München

Geburt der Tochter Kadidja

47

1912

Berlin

Aufhebung des Aufführungsverbotes für Frühlings Erwachen[1]

48

1914

München

Erste von vier Blinddarm- bzw. Bruchoperationen (bis 1918)

50

1915

Deutschland

Nach Kriegsbeginn werden zahlreiche Werke Wedekinds von der Zensur für unerwünscht erklärt.

51

1916

Lenzburg / Schweiz

Tod der Mutter

52

1918

München

Tod am 09. 03. infolge von Herzschwäche und Lungenentzündung nach einer Bruchoperation am 02. 03. in seinem 54. Lebensjahr

54

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Zusammenfassung

Wichtig um 1900:

autoritäres wilhelminisches Kaiserreich bestimmt alle gesellschaftlichen Lebensbereiche;

konservative bürgerliche Moralvorstellung dominiert Familienstrukturen;

Wirtschaftsaufschwung, erste Sozialgesetzgebung unter Reichskanzler Bismarck;

imperialistische Kolonialpolitik, Aufrüstung, Konflikte mit Nachbarländern führen zum Ersten Weltkrieg.

Wedekinds Lebensspanne umfasst recht genau die Dauer des deutschen Kaiserreiches. In der folgenden Übersicht werden die wichtigsten historischen Daten von 1870–1918 daher in Verbindung mit dem Lebensalter des Dichters aufgeführt.

Jahr

Historisches Ereignis

Lebensalter Wedekinds

1866

Bildung des Norddeutschen Bundes unter Führung Preußens

2

1866–1873

wirtschaftlicher Aufschwung („Gründerzeit“)

2–9

1870 / 1871

Deutsch-Französischer Krieg

6/7

1871

Proklamation Wilhelms I. als deutscher Kaiser

7

1871

„Kanzelparagraph“ verbietet politische Einmischung des Klerus.

7

1872–1900

Vereinheitlichung des Rechts und der Wirtschaft auf liberaler Grundlage: Strafgesetzbuch (1872), Maß-, Gewichts- und Münzgesetze (1873), einheitliche Rechtspflege (bis 1879), Bürgerliches Gesetzbuch (1900)

8–36

1872

Schulaufsichtsgesetz (staatliche statt kirchliche Aufsicht)

8

1873

Wirtschaftskrise nach Wiener Börsenkrach

9

1874

Zivilehe-Gesetz: Eheschließung nur vor staatlichen Institutionen gültig

10

1878

Sozialistengesetz: Verbot der Parteipresse und der Parteiorganisation

14

1879

Bismarck’sches Schutzzollsystem

15

1882

Beginn imperialistischer Kolonialpolitik

18

1883

Sozialgesetzgebung: Kranken- (1883), Unfall- und Altersversicherung (1884), Invalidenversicherung (1889)

19

1888

Wilhelm II. als deutscher Kaiser

24

1890

Entlassung Bismarcks Aufhebung der Sozialistengesetze Aufstieg Deutschlands zur stärksten europäischen Industrienation

26 (Frühlings Erwachen)

1891–1894

Zollsenkungspolitik

27–30

1893

Heeresverstärkung

29

1898

Flottenbauprogramm

34

1908

Belastung des deutsch-britischen Verhältnisses durch die „Daily-Telegraph-Affäre“

44

1913

Heeresverstärkung auf 780 000 Mann

49

1914

Julikrise nach Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo

50

1914–1918

Erster Weltkrieg

50–53 (Tod)

Das Grab von Frank Wedekind am Münchner Waldfriedhof. © picture alliance / SZ Photo | Catherina Hess

Industrialisierung, Gründerzeit, Wilhelminisches Zeitalter

Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts bringt für Europa und insbesondere für Deutschland in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht große Veränderungen mit sich. Seit 1850 führt die zunehmende Industrialisierung zu hohen Wachstumsraten in der Montanindustrie; der technische und wissenschaftliche Fortschritt hat Rationalisierungen und Produktivitätssteigerungen zur Folge. Der Arbeitsmarkt erlebt eine Umstrukturierung: Immer mehr Menschen drängen vom Land in die Städte, das industrielle Proletariat bildet sich neben dem wirtschaftlich mächtigen, aber unpolitischen Großbürgertum heraus.

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) und der Proklamation des Kaiserreiches wird Wilhelm I. deutscher Kaiser. Die erfolgreichen Hegemonialkriege gegen Dänemark, Österreich und Frankreich bescheren dem Deutschen Reich von 1866–1873 einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung; diese Phase wird auch als „Gründerzeit“ bezeichnet. Die durch Überproduktion ausgelöste Wirtschaftskrise im Herbst 1873 leitet eine Periode verlangsamten Wachstums ein, nach Überwindung der Krise ist eine Tendenz zur Konzentration der Industrie festzustellen.

1888 kommt Wilhelm II. an die Macht, der Bismarck 1890 wegen politischer Differenzen entlässt. Von 1890 an betreibt Wilhelm nach außen eine imperialistische Machtpolitik, die mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 ihren Höhepunkt findet. Nach innen herrscht er als autoritärer Monarch. Hans-Ulrich Wehler erkennt in der wilhelminischen Gesellschaft eine Struktur, die von autoritären Leitbildern und Verhaltensweisen geprägt ist; die autoritären Strukturen in den Familien wirken als „Verstärker“ der gesellschaftlichen Leitbilder.[2] 

Die Institution Schule im Kaiserreich

Die Umwälzungen im industriellen Bereich und das autoritäre politische Systems bleiben nicht ohne Folge für den Bereich der Schule: In der Frühphase der Industrialisierung ist Kinderarbeit noch üblich, am Ende des Jahrhunderts wird der Wert höherer Ausbildung für den Start einer erfolgreichen bürgerlichen Berufskarriere erkannt. Neue Schulformen wie Realschule und Realgymnasium, die den Anforderungen der Wirtschaft entsprechen, treten in Konkurrenz zu dem humanistischen Gymnasium Humboldt’scher Prägung. Bürgerliches Leistungsdenken reicht bis weit in die Schule hinein und verstärkt den Druck auf die Schülerinnen und Schüler, die nach Idealbildern bürgerlichen Prestiges und bürgerlicher Moralvorstellungen denken lernen sollen. Wilhelm II. erklärt darüber hinaus die Schule zu einer Institution, in der sozialdemokratisches Gedankengut nichts verloren habe; sie gilt somit als eine staatstragende Keimzelle der Monarchie.

Bürgerliche Moral und bürgerliches Leistungsdenken werden zusammen mit der autoritären Gesellschaftsstruktur in den literarischen Texten, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielen, zumeist in negativer Zeichnung wiedergegeben; Beispiele dafür sind z. B. Hermann Hesses Unterm Rad, Robert Musils Törleß, Arno Holz’ und Johannes Schlafs Der erste Schultag.

Die Schule gilt dem Staat – so beschreibt es Stefan Zweig in seiner Autobiografie – als ein Instrument zur Aufrechterhaltung der Autorität.[3] In der gleichen Weise wird das Schulsystem in Heinrich Manns satirischem Roman Der Untertan, der in derselben Zeit wie Frühlings Erwachen spielt, beschrieben. Vom Romanhelden Diederich Heßling, der gerade eingeschult worden ist, wird gesagt:

„Denn Diederich war so beschaffen, dass die Zugehörigkeit zu einem unpersönlichen Ganzen, zu diesem unerbittlichen, menschenverachtenden, maschinellen Organismus, der das Gymnasium war, ihn beglückte, dass die kalte Macht, an der er selbst, wenn auch nur leidend, teilhatte, sein Stolz war. Am Geburtstag des Ordinarius bekränzte man Katheder und Tafel. Diederich umwand sogar den Rohrstock.“[4] 

Einen Bestandteil der den Schülerinnen und Schülern vermittelten bürgerlichen Moralvorstellung der wilhelminischen Zeit stellt neben dem Leistungsgedanken auch die repressive Sexualethik dar, die Stefan Zweig in Die Welt von gestern in treffender Weise so beschreibt:

„Aber das ganze neunzehnte Jahrhundert war redlich in dem Wahn befangen, man könne mit rationalistischer Vernunft alle Konflikte lösen, und je mehr man das Nützliche verstecke, desto mehr temperiere man seine anarchischen Kräfte; wenn man also junge Leute durch nichts über ihr Vorhandensein aufkläre, würden sie ihre eigene Sexualität vergessen.“[5] 

2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken

Die in Frühlings Erwachen gestalteten Bereiche „Schule“ und „Sexualität“ gehören zu den das Werk Wedekinds durchziehenden Grundthemen. Schon im dramatischen Fragment Elins Erweckung (1887) findet sich diese Motivik aus Frühlings Erwachen: Melchior und Moritz sind in dem Theologiestudenten Elias und dem Medizinstudenten Oskar vorgebildet, die vom Bettler Schigolch als Dirne erzogene Ella prägt die spätere Figur der Ilse. In dem frühen Gedicht Santa Simplicitas (1883 verfasst) gestaltet Wedekind in satirischer Sichtweise ein kritisches Bild der Schule; biografischer Anknüpfungspunkt ist der Selbstmord seines Mitschülers Frank Oberlin im Jahre 1881.

Das Thema „Sexualität“, das in Frühlings Erwachen zum Ausdruck der Kritik an der herrschenden, als menschenfeindlich erachteten bürgerlichen Moral steht, lässt sich in zahlreichen anderen Werken Wedekinds auffinden. Zwei Beispiele von vielen sind die in der Sammlung Die vier Jahreszeiten im Jahre 1905 erschienenen Gedichte Francisca und Elka.[6] Die Namen Ilse und Wendla finden sich im selben Sammelband als Gedichtüberschriften. Beide Gedichte haben die mit den Namen verbundene Motivik aus Frühlings Erwachen aufgenommen: Ilse steht für das die körperliche Liebe genießende Mädchen, Wendla verkörpert die leidvollen Konsequenzen der Liebe in der ungewollten Schwangerschaft.

 

Ilse (1905)

 

Ich war ein Kind von fünfzehn Jahren,

Ein reines unschuldsvolles Kind,

Als ich zum erstenmal erfahren,

Wie süß der Liebe Freuden sind.

 

Er nahm mich um den Leib und lachte5

Und flüsterte: O welch ein Glück!

Und dabei bog er sachte, sachte

Den Kopf mir auf das Pfühl zurück.

 

Seit jenem Tag lieb ich sie alle,

Des Lebens schönster Lenz ist mein;10

Und wenn ich keinem mehr gefalle,

Dann will ich gern begraben sein.[7]

 

Wendla (1905)

 

Sieh die taufrische Maid,

Erst eben erblüht;

Durch ihr knappkurzes Kleid

Der Morgenwind zieht.

 

Wie schreitet sie rüstig,5

Jubiliert und frohlockt,

Und ahnt nicht, wer listig

Unterm Taxusbusch hockt.

 

Der allerfrechste Weidmann

Im ganzen Revier,10

Er tut ihr ein Leid an

In frevler Jagdbegier.

 

In einem langen Kleide

Geht sie nun bald einher,

Sinnt vergangener Zeiten15

Und jubelt nicht mehr.[8]

 

Wie ein roter Faden läuft die Kritik an als menschenfeindlich empfundenen bürgerlichen Moralvorstellungen durch die frühen Dramen Wedekinds. In dem auf Frühlings Erwachen folgenden Erdgeist (1895) und in der Fortsetzung, der Büchse der Pandora (1902), steht die ganz von ihrer Natur, von ihren sexuellen Trieben gesteuerte Lulu im Vordergrund. Ihre Figur ist für Wedekind der Ansatzpunkt seiner Kritik an der als verlogen erachteten gesellschaftlichen Moral.

 

Die 1901 entstandene Erzählung Mine-Haha oder über die körperliche Erziehung der jungen Mädchen ist die fiktive Reaktion einer Leserin namens Hidalla auf die Lektüre von Frühlings Erwachen. Im Zentrum der Erzählung steht die Kritik an einer Erziehung, die natürliche sexuelle Gefühle aus dem Leben des Menschen verdrängt. Wedekind entwickelt darin seine utopische Vorstellung von einer besseren Welt, in der die