Fürsten-Roman 2581 - Marion Alexi - E-Book

Fürsten-Roman 2581 E-Book

Marion Alexi

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Rückkehr nach Cäciliengrün
Sie kam zur Scheidung - und blieb doch für immer
Von Marion Alexi

Louise Fürstin von Hathert war sehr jung, als sie Fürst Claudius heiratete. Beiden fehlte das Verständnis für die Bedürfnisse und Nöte des anderen. Sie hatte große Erwartungen, er stand unter dem massiven Einfluss der dominanten Fürstinmutter und wertete Tradition höher als alles andere. So konnte keine Harmonie wachsen, und die anfängliche Liebe erstickte. Louise floh vom so engen und kaltherzigen Schloss, und sie beging damit nicht nur Verrat an der Fürstenfamilie, sondern auch an ihrer geliebten Tochter, die sie schweren Herzens zurückließ.
Als sie ihr aktueller Lebensgefährte nun bittet, seine Frau zu werden, beschließt Louise, nach sieben Jahren auf Schloss Cäciliengrün zurückzukehren, um ihren Noch-Ehemann um die Scheidung zu bitten. Doch sie hat nicht damit gerechnet, dass ihr Herz das Kapitel "Claudius" noch nicht abgeschlossen hat ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 120

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Rückkehr nach Cäciliengrün

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Svyatoslava Vladzimirska / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8378-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Rückkehr nach Cäciliengrün

Sie kam zur Scheidung – und blieb doch für immer

Von Marion Alexi

Louise Fürstin von Hathert war sehr jung, als sie Fürst Claudius heiratete. Beiden fehlte das Verständnis für die Bedürfnisse und Nöte des anderen. Sie hatte große Erwartungen, er stand unter dem massiven Einfluss der dominanten Fürstinmutter und wertete Tradition höher als alles andere. So konnte keine Harmonie wachsen, und die anfängliche Liebe erstickte. Louise floh vom so engen und kaltherzigen Schloss, und sie beging damit nicht nur Verrat an der Fürstenfamilie, sondern auch an ihrer geliebten Tochter, die sie schweren Herzens zurückließ.

Als sie ihr aktueller Lebensgefährte nun bittet, seine Frau zu werden, beschließt Louise, nach sieben Jahren auf Schloss Cäciliengrün zurückzukehren, um ihren Noch-Ehemann um die Scheidung zu bitten. Doch sie hat nicht damit gerechnet, dass ihr Herz das Kapitel „Claudius“ noch nicht abgeschlossen hat …

„Und noch ein Wald“, bemerkte der Fahrer des Kabrios mit dem geöffneten Verdeck lakonisch, während er die alles andere als schnurgerade verlaufende, sich stattdessen durch die ländliche Umgebung schlängelnde Landstraße im verwegen blauen Auge behielt.

Die nicht mehr ganz junge Frau mit der umwerfend jugendlichen Ausstrahlung auf dem Beifahrersitz lachte. Allerdings nicht so unbekümmert wie sonst, nämlich zurückgenommen, was nicht zu ihr passen mochte. Louise von Harthert liebte bekanntlich das Leben, und es gab Momente, da hätte sie ihre gesamte Umgebung vor glitzernder, glühender, ach, grenzenloser Freude umarmen mögen.

Jetzt nicht, die bezaubernde Louise, von aller Welt geliebt, bewundert und interessanterweise ganz selten von scheelen Blicken verfolgt, schien ihren fabelhaften Schwung verloren zu haben.

Weil sie, Philipp Krauskopf und dessen Sportwagen, ein atemberaubend edles Schmuckstück der Premiumklasse, mit jedem Wald, jeder Wiese und jeder Pferdekoppel ihrem Ziel näher kamen.

Louise hob die linke Hand, um den Ring auf dem vierten Finger zu betrachten. Erhoffte sie sich durch den Anblick ein Comeback ihrer Courage? Bildschön war der feuersprühende Titanit in der edlen Fassung, mit jeweils einem raffiniert geschliffenen Diamanten auf den Schultern. Philipp behauptete, er habe lange nach einem Stein suchen müssen, der ihn an ihre braunen Augen erinnerte.

Er war vernarrt in Juwelen, ihr attraktiver Herzallerliebster, der des Weiteren behauptete, sein Leben lang auf sie gewartet zu haben. Vielleicht sogar, wie er zwinkernd hinzufügte, noch länger. Und er würde sich nie wieder für eine andere Frau interessieren können, weil er in ihr seine Idealfrau gefunden habe, seine zweite Hälfte, nach der alle Lebewesen laut Platon ihr Leben lang suchten, weil es sonst keine Glückseligkeit gebe.

Louise mochte Männer, die Autofahren konnten, für Juwelen schwärmten, Frauen verwöhnten, göttlich tanzten, wundervolle Liebeserklärungen abgaben – und antike Philosophen kannten.

Deshalb hatte sie auch vor genau einer Woche seinen achten Heiratsantrag angenommen. Nicht wegen des wirklich hinreißenden und bestimmt verrückt kostbaren Rings, sondern weil …

„Sag mal, bist du sicher, dass wir uns nicht verfahren haben?“, wollte Philipp wissen, der Mann mit dem schönsten Profil der Welt – und den frechsten Mundwinkeln.

„Haben wir nicht. Wir befinden uns seit dem letzten Wald auf fürstlich Harthertschen Gebiet“, verkündete sie düster.

„Donnerwetter.“ Er pfiff durch die Zähne. „Sind die Hartherts womöglich die größten Waldbesitzer in Deutschland?“

„Der Familie Thurn und Taxis gehört etwa zwanzigtausend Hektar Wald, sie führt die Hitliste an. Es folgt Christian Erbprinz zu Fürstenberg mit circa achtzehntausend Hektar. Wir … Die Hartherts, meine ich, kommen ziemlich weit nach den Wittelsbacher Ausgleichfonds.“

„Und das dürfte auch keine Kleinigkeit sein, oder?“

„Ne.“ Die Kehle war ihr wie zugeschnürt.

Er war sichtlich beeindruckt. „Was du alles weißt!“

„Basiswissen in diesen Kreisen“, erwiderte sie trocken.

„Und der ganze Besitz muss verwaltet und in Ordnung gehalten werden. Also ich beneide die Adligen nicht.“

„Schloss Cäciliengrün verschlingt irrwitzige Summen für Instandhaltungen, Investitionen und das tägliche Leben. Heizung! Allein das Personal, das nötig ist, um so ein Haus zu halten!“

„Kein Wunder, dass manche Aristos ihre Schlösser für Trauungen, Tagungen oder Firmenfeiern zur Verfügung stellen.“

„Nicht die Hartherts“, entgegnete sie knapp.

Ihr Tonfall sorgte dafür, dass er den Blick von der Windschutzscheibe nahm, den Kopf zur Seite drehte und sie ansah.

„Darling, du bist ja ganz blass“, stellte er irritiert fest. „Fahre ich zu schnell? Soll ich das Verdeck schließen?“

Sie hatte sich das edle, mit alten Rosensorten bedruckte Seidentuch einer französischen Luxusfirma mit deutschen Wurzeln in Paris, genauer gesagt in der feinen Rue du Faubourg St. Honoré, um den Kopf gebunden.

„O nein, ich liebe frische Luft“, protestierte sie.

Er nickte und schien schon alles zu wissen.

„Wir können jederzeit umkehren, Darling. Und ich werde meinen Schnabel halten.“

„Wie rücksichtsvoll von dir, Phil. Doch es geht schon.“

„Leider entdecke ich eine Falte zwischen deinen Brauen, die dort nicht hingehört.“ Er nahm ihre Hand und küsste sie. „Ich will nicht, dass du Stress hast. Wir brechen ab. Okay?“

Gern, dachte sie. Und schüttelte den Kopf.

„Ich muss es durchziehen“, rief sie, entschlossener, als ihr zumute war. Tatsächlich bibberte sie inwendig und … Ihr graute vor der Rückkehr.

Es würde furchtbar werden. Unaussprechlich schaurig.

Wer nicht, wie sie immerhin zehn Jahre lang, auf Schloss Cäciliengrün gelebt hatte, der konnte nicht verstehen, wie es bei aller Pracht und Herrlichkeit dort zuging – nämlich herzlos.

Nach der nächsten Kurve bremste Philipp das Fahrttempo, denn er hatte in der Ferne oberhalb der Baumwipfel vier quadratische Türme entdeckt, die zum Schloss gehören mussten. Auch weil es einen Fahnenmast gab, an dem eine Fahne im warmen Frühlingswind flatterte. Nicht irgendeine Fahne, sondern die fürstlich Harthertsche Fahne, zu erkennen an den Farben grün und rot, in der Mitte das fürstlich Harthertsche Familienwappen mit den drei geharnischten Löwen, die verfuchst finster dreinblickten.

„Ein verwunschenes Märchenschloss“, brachte er hervor.

„Ein verwünschtes Märchenschloss“, korrigierte Louise leise.

„Prachtvoller Anblick. Wer hier herumspaziert, muss doch hingerissen sein und glauben, eine Zeitmaschine hätte ihn in die farbenprächtige Zeit der Ritterromantik entführt.“

„Niemand spaziert hier ahnungslos herum.“

„Du meinst, sie hätten das Gelände vermint?“

„Natürlich nicht.“

„Schäferhunde, Schießanlagen, tückische Fallgruben?“

Sie lächelte, allerdings nur vage. „Niemand würde unangemeldet zu Besuch kommen. Im Übrigen kann ich mir nicht vorstellen, wer Lust dazu hätte, freiwillig nach Cäciliengrün zu kommen.“

„Wir zum Beispiel.“

„Als ich damals herkam, meine Güte, es kommt mir länger als hundert Jahre vor, zeigte das Thermometer minus dreizehn Grad. Die Luft war klar und kalt. Und Cäciliengrün präsentierte sich als weißbepudertes, märchenhaftes Winterwunderland.“

„Du kamst fast direkt aus New York und warst begeistert.“ Philipp ergriff ihre flatternde linke Hand, um sie festzuhalten. „Du schaffst es, Louise-Darling. Deine Zauberformel für deinen Erfolg ist ganz einfach: Charme mal Mut gleich Glück.“

Wieder seufzte sie. „Du machst dir keine Vorstellungen, wie es drüben zugeht. Cäciliengrün ist nicht von dieser Welt.“

„Umso mutiger von dir, dorthin zurückzukehren.“

Ich habe Sehnsucht nach Anni, dachte sie, angespannt und bekümmert zugleich. Was mag wohl aus meinem kleinen Mädchen geworden sein? Mit ihren siebzehn Jahren ist sie fast erwachsen …

„Darling, wir haben alles gründlich bedacht und besprochen. Es kann nichts schiefgehen!“, ermutigte er sie. „Und vertrau auf deine Ausstrahlung. Du siehst unwiderstehlich aus in dem Kleid!“

Sie schloss die Augen, um den Anblick des Schlosses auszuschließen. Das Wiedersehen rückte in unerbittliche Nähe. Natürlich würde man sie nicht mit Wärme begrüßen und …

„Ein Jammer, dass wir niemanden aus deiner Zeit erreichen konnten“, bedauerte er und fuhr sich mit allen fünf Fingern durchs blonde Haar. „Es hätte dir den Start erleichtert.“

„Helene hätte mir bestimmt beigestanden. Ein treues Herz.“

„Von ihr höre ich zum ersten Mal.“

„Helene von Carlsen gehörte an sich zum ‚Hofstaat‘ der Fürstinmutter. Trotzdem hat die Chemie zwischen uns auf Anhieb gestimmt. Und sie war unglaublich unerschrocken.“

„Dann war sie unabhängig.“

„Finanziell war sie in keiner geordneten Situation, also abhängig vom Wohlwollen der Fürstinmutter. Was Helene nicht davon abhielt, mir den Rücken zu stärken, wo immer es möglich war.“

„Und wie lange ist das gut gegangen?“

„Dagmar ließ und lässt sich vermutlich noch immer von keinem Menschen auf der Nase herumtanzen. Die arme Helene musste Cäciliengrün verlassen, weil sie in Ungnade gefallen war.“

„Das Teeren und Federn wurde ihr huldvoll erlassen?“

„In gewisser Weise wohl nicht, denn sie ist völlig von der Bildfläche verschwunden. Ich könnte mir vorstellen, dass niemand riskieren wollte, sich Dagmars Indignation zuziehen. Somit musste sich die arme Helene einen Job außerhalb des Bannkreises suchen.“

„Im Mittelalter war ein armer Teufel, der für vogelfrei erklärt worden war. Musste König Heinrich IV nicht sogar nach Canossa zum Papst pilgern, um dessen Verzeihung zu erflehen?“

„Und Canossa war eine Burg im Gebirge, also schwer zugänglich. Obendrein war damals strenger Winter, es soll bitterkalt gewesen sein, als Heinrich barfüßig und barhäuptig im härenen Gewand drei Tage und Nächte im Schneetreiben ausgeharrt haben soll.“

„Hoffentlich weiß Dagmar die Unerbittliche nichts davon. Sie könnte sonst auf Gedanken kommen“, schloss er zwinkernd.

„Sie haben nach meiner Flucht das gesamte Personal ausgetauscht. Jedweder Kontakt sollte unterbunden werden, Philipp.“ Louise schloss herb: „Was sie tun, tun sie gründlich.“

„Ein kluger Schachzug, dass du dich nicht angemeldet hast.“

Louise stieß ein kurzes, raues Lachen aus. „Andernfalls hätten sie mir was gehustet. Und sämtliche Zugbrücken hochgezogen.“

„Es gibt Zugbrücken? Wie bei diesen Disneyland-Trutzburgen?“

„Nur imaginäre Zugbrücken. Innerliche, weißt du.“

„Verstehe. Darling, fürchte dich nicht. Es wird bei diesem einen Besuch bleiben. Und wenn du mit deinem Mann gesprochen hast, was nicht lange dauern muss, kannst du gleich kehrt machen. Ich gehe davon aus, dass man sich auf seine Zusage verlassen kann.“

„Claudius ist ein Muster an Vollkommenheit.“

Er war nun doch verblüfft. So erbittert kannte er seine Louise nicht, die einem Sonnenstrahl glich.

Mit starrer Miene saß sie neben ihm in ihrem neuen Etuikleid mit der aufregend schmalen Silhouette. Das ruhige Dunkelblau wirkte vornehm, ihre kurze Perlenkette zurückhaltend. Eigens für den Besuch auf Cäciliengrün hatte sie ihr Haar glatt geföhnt und es zu einem Nackenknoten geschlungen. Etwas streng, doch schick.

„Ich werde mich irgendwo in der Stadt einquartieren“, teilte er ihr mit. „Du rufst mich an, wenn ich dich holen soll, ja? Und dann machen wir uns einen gemütlichen Abend, nur du und ich.“

Wieder ein Seufzer, diesmal ein gequälter. „Und wenn sie mich achtkantig rauswerfen? Seiner Mutter ist alles zuzutrauen.“

„Das wird sie nicht wagen.“

„Du kennst Dagmar nicht.“ Sie schüttelte sich.

„Es gibt gewisse Umgangsformen und ein Mindestmaß an Höflichkeit, auch oder gerade auf Cäciliengrün. Wieso heißt das Schloss eigentlich so, weißt du das zufällig?“

„Irgendeine Vorfahrin soll bei einem Ausritt den Ort entdeckt haben und so entzückt gewesen sein, dass ihr Gatte sich spontan entschloss, just auf dem Hügel ein Schloss zu bauen und es ihr dann zu schenken. Das war irgendwann im sechzehnten Jahrhundert.“

„Hübsche Legende. Hältst du sie für echt?“

Sie hob die linke Schulter und ließ sie wieder fallen.

„Es gab tatsächlich mal eine Cäcilie, die auch noch musikalisch war.“

Philipp sah sie fragend an.

„Cäcilie ist eine Heilige und die Schutzpatronin der Musik. Auf Abbildungen hält sie gern eine Miniaturorgel in der Hand.“

Er wirkte beeindruckt. „Ich bewundere dein Wissen!“

„Ach, das ist das kleine Einmaleins“, winkte sie lässig ab. „Man erwirbt es bei Schlossführungen.“

„Du hast Schlossführungen gemacht?“ Nun lächelte er, der vor Charisma und Selbstsicherheit nur so strotzte.

Als Louise ihm zum ersten Mal bei gemeinsamen Freunden begegnet war, hatte sie verblüfft festgestellt, dass von ihm eine Art Strahlen ausging, das alle anderen Anwesenden verblassen ließ. Betrat Philipp Krauskopf einen Raum, wirkte einzig er bedeutend.

Spontan hatte sie sich zu ihm hingezogen gefühlt, der mit seinen zupackenden Art auf sie wie die Verkörperung von unbesiegbarer Kraft und Energie wirkte. Ein Powermann, dem die Lebensfreude aus jeder Pore strömte. Überdies war er geschäftlich so erfolgreich, wie ein Mann nur sein konnte.

Klar, dass sie, die mal wieder auf dem Trümmerhaufen einer enttäuschenden Beziehung saß, damals hingerissen gewesen war.

Seither trug Philipp sie auf Händen, bettete sie auf Rosen, überschüttete sie mit Aufmerksamkeiten aller Art und machte ihr einen Heiratsantrag nach dem anderen …

Der sportliche Zweisitzer mit dem zurückgeklappten Verdeck passierte nun ein riesiges Tor. Es bestand aus zwei Flügeln, die interessanterweise weit geöffnet waren.

„Oha“, bemerkte der Dreißigjährige mit dem sonnengebräunten Gesicht, „damit hätte ich nun nicht gerechnet.“

Jetzt schaute sie ihn fragend an. Sprechen ging gar nicht.

„Tja“, fuhr er amüsiert fort, „ich erwartete ein hermetisch verschlossenes Parktor. Ich habe keine Sprechanlage sehen können. Wo bleiben die scharf dressierten, blutgierigen Rottweiler?“

„Früher, lange vor meiner Zeit, stand dort ein Torhaus.“

„Und jemand hat die Leute kontrolliert, die ein und aus gingen? War das womöglich ein mehrköpfiger Hund namens Zerberus?“

„Nein, der hat die Unterwelt bewacht.“ Jetzt musste Louise trotz der zugeschnürten Kehle und des wild pochenden Herzens lachen. „Hast du in der letzten halben Stunde ein Auto gesehen?“

„Einen Storch habe ich gesehen. Gutes Omen?“

Den Storch ignorierte sie. „Wie ich dir vorhin sagte, kommt niemand freiwillig nach Cäciliengrün. Also können sie das Tor getrost geöffnet lassen.“

Verstohlen blickte sie sich um, verwarf dann aber ihre sehnsuchtsvolle Hoffnung, irgendwo ihre Tochter zu erblicken. Wie töricht von ihr. Anni würde sich doch niemals in diesem Teil des Parks aufhalten. Und womöglich weilte sie gar nicht im Schloss, sondern irgendwo im Ausland.

Verzweifelt wurde ihr bewusst, dass sie rein gar nichts wusste von ihrer Anni, nicht mal, wie sie aktuell aussah. Damals, als sie fortging, fast romanhaft in einer schwarzen Sturmnacht, war Anni ein Kind von zehn Jahren gewesen, gescheit und sensibel, jedoch ungewöhnlich still und fast schüchtern.

Es hatte Louise fast das Herz zerrissen, sich von ihrem Kind verabschieden zu müssen. In der nachfolgenden Zeit war ihr gewesen, als hätte die Wunde des Verlustes noch lange nachgeblutet. Hatte sie sich denn jemals ganz geschlossen?

Alle ihre Versuche, Anni wiederzusehen, sei’s an einem neutralen Ort, waren schroff von Claudius Fürst von Harthert zurückgewiesen worden. Alle ihre Bitten um Kontakt – in welcher Form auch immer – waren gescheitert, nie hatte sie eine Antwort auf die vielen Briefe erhalten, woraus Louise schloss, dass sie zum Staatsfeind Nr. 1 erkoren worden war.

Hatte sie sich deshalb noch leidenschaftlicher in ihre neue Freiheit gestürzt? Um den chronischen Schmerz zu betäuben?

Rückblickend waren die letzten Jahre ein einziger, atemloser Wirbel aus Reisen, interessanten Begegnungen und sportlichen Ereignissen der Extraklasse. Zur Ruhe war sie nie gekommen, es schien sogar fast so, als hätte sie alles vermieden, was sie zum Nachdenken hätte verleiten können.