Fürsten-Roman 2587 - Wera Orloff - E-Book

Fürsten-Roman 2587 E-Book

Wera Orloff

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Beschreibung

Die Prinzessin aus der Schlossküche
Endlich wieder als Heftroman: Ein Juwel zum Jubiläum!
Von Wera Orloff

Felizitas von Wehlen führt bei ihrem millionenschweren Onkel den Haushalt, als ein wiederholter Streit zum Zerwürfnis führt. Enterbt flieht sie von der Burg und findet eine Stellung als Hausdame auf Schloss Jägersheim am Bodensee. Dort wird sie von der Fürstin und ihrem jüngeren Sohn Manfred von Lauffen-Jägersheim überschwänglich empfangen, ja, regelrecht umgarnt. Mit dieser Begrüßung hat die junge Frau nicht gerechnet.
Doch die erste Euphorie verraucht jäh, als Felizitas am nächsten Tag ihren Dienst antritt. Der Wirtschaftstrakt wirkt menschenleer und verwahrlost. Überall an den Wänden blättert der Putz ab, und von Personal fehlte jede Spur. Einzig Köchin Lina, das Faktotum des Schlosses, ist da. Felizitas wundert sich doch sehr über die Zustände im Schloss. Lina erklärt ihr, man müsse sparen, auf Anweisung von Andreas von Lauffen-Jägersheim, dem älteren Bruder Manfreds. Seltsam, von einem weiteren Bruder wusste Felizitas gar nichts. Und als sie ihm gegenübersteht, weiß sie, warum keiner ihm zu widersprechen wagt: Er ist ein verbitterter, kaltherziger Mann mit hartem Gesicht, der mit Felizitas Anstellung keineswegs einverstanden ist ...

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Seitenzahl: 133

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Prinzessin aus der Schlossküche

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Pekic / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8838-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Prinzessin aus der Schlossküche

Endlich wieder als Heftroman: Ein Juwel zum Jubiläum!

Von Wera Orloff

Liebe Leserinnen und Leser,

freuen Sie sich heute auf eine Wiederbegegnung mit einem nostalgischen Juwel von Wera Orloff. Dieser Roman ist ein Highlight der BASTEI-Sammlung, den wir Ihnen exklusiv zum großen Jubiläumsmonat noch einmal ans Herz legen möchten. Genießen Sie mit dieser Perle aus längst vergangenen Tagen große Gefühle, und schenken Sie sich ein brillantes Lesevergnügen.

Und weil zu jedem glanzvollen Jubiläum ein festliches Menü gehört, haben wir Ihnen eine köstliche 3-Gang-Menüfolge zusammengestellt. Die Rezepte aus der Schlossküche finden Sie in der Mitte des Heftes. Wir laden Sie ein: Genießen Sie Ihr persönliches Festmahl zu Hause, und feiern Sie mit uns Band 1000!

Das Taxi hielt direkt vor dem Züricher Bankhaus Lohmeier & Söhne. Felizitas von Wehlen bezahlte den Chauffeur und wandte sich dem prunkvollen Eingangsportal zu. Trotz der frühen Morgenstunde herrschte schon reger Betrieb in der komfortablen Schalterhalle.

„Melden Sie mich Fräulein Kampe!“

„Wenn Sie sich eine Minute gedulden wollen, gnädiges Fräulein!“

Felizitas nickte und setzte sich in einen schweren Ledersessel.

„Bitte, gnädiges Fräulein!“ Ein kleiner Liftboy verbeugte sich ehrfurchtsvoll vor ihr und griff nach dem Handkoffer, den sie neben sich abgestellt hatte.

Zwei lange teppichbelegte Flure und drei Vorzimmer waren zu durchschreiten, ehe Felizitas ihr Ziel erreicht hatte.

„Grüß dich, Marion! Es wird immer schwieriger, in dein Allerheiligstes vorzudringen!“

Marion, eine bildhübsche junge Dame, kam schnell hinter dem riesigen Diplomatenschreibtisch hervor. Nachtschwarzes Haar schmiegte sich in leichten Wellen um ein schmales gebräuntes Gesicht.

„Hallo, Burgfräulein! Sei mir herzlich willkommen!“

Achtlos flog die dunkle Hornbrille, die bis dahin zwei strahlend blaue Augen verdeckt hatte, auf einen imponierend hohen Aktenberg. Marion Kampe-Lohmeier ging der Freundin mit ausgestreckten Armen entgegen.

Ein Hemdblusenkleid aus bunter Seide umschloss eng ihre biegsame, mittelgroße Gestalt und verriet einen ausgezeichneten Geschmack in modischen Dingen.

„Was bewegt dich, schon in aller Frühe zu uns Maulwürfen der Gesellschaft herabzusteigen?“

„Kein besonders erfreulicher Anlass!“ Felizitas seufzte. Ihre samtbraunen Augen schimmerten verdächtig feucht. „Um es kurz zu machen: Ich verlasse Zürich.“

„O nein, Liz! Das darfst du mir nicht antun! Komm, setz dich und erzähle!“ Erregt drängte Marion die Freundin in einen Sessel. „Möchtest du etwas trinken?“

„Eine Tasse Kaffee bitte. Ich bin heute Morgen ohne Frühstück auf und davon gegangen.“

„Also hat es wieder Streit gegeben!“ Mit einem Druck auf die Sprechtaste gab Marion ihre Wünsche an das Vorzimmer weiter. „Und was sagt dein Onkel zu diesem Entschluss?“

„Er drohte mit Enterbung und hielt, wie üblich, zu seiner Frau.“

„Dieser Hampelmann! Ich hätte gute Lust, ihm einmal ordentlich die Meinung zu sagen! Er muss den Verstand verloren haben. Mit siebzig noch zu heiraten!“

„Wenn er nur besser gewählt hätte, keine Frau, die vierzig Jahre jünger, völlig ungebildet und eine wahre Teufelin ist!“

„Ach was!“ Marion wartete, bis die junge blonde Sekretärin das Tablett abgestellt und den Raum wieder verlassen hatte. „Er brauchte überhaupt nicht mehr zu heiraten. Er hatte schließlich dich. Seit sieben Jahren führst du ihm jetzt den Haushalt, und immer habt ihr euch glänzend verstanden.“

„Bis auf die letzten drei Monate. Die waren eine Hölle für mich. Deshalb habe ich auch Schluss gemacht, endgültig!“

„Vorsicht, Liz! Nichts übereilen! Schließlich steht einiges auf dem Spiel für dich.“

„Aus und vorbei, Marion! Mag Onkel mit seinen Millionen beglücken, wen er will, mich bringen keine zehn Pferde mehr auf die Burg.“

„Und wie stellst du dir deine Zukunft vor?“

„Ich werde arbeiten, genau wie bisher auch, nur eben jetzt gegen ein Gehalt.“ Felizitas entnahm ihrer Handtasche einen Briefbogen mit fürstlichem Siegel. „Eine Stelle habe ich bereits. Hier, lies mal! Aufgrund einer Zeitungsannonce bewarb ich mich als Hausdame bei der Fürstin von Lauffen-Jägersheim und wurde auch prompt engagiert.“

„Das kommt überhaupt nicht infrage!“ Marions schmales kluges Gesicht hatte sich vor Zorn gerötet. „Ein unmöglicher Einfall. Selbstverständlich bist du bis auf Weiteres unser Gast, Liz! Ich lasse nicht zu, dass du dich gesellschaftlich so brüskierst!“

Felizitas zündete sich eine Zigarette an. Ihre feinen, schlanken Finger zitterten leicht.

„Ich danke dir für deine Einladung, Marion, aber es ist besser, wenn ich mich endlich auf eigene Füße stelle.“

„Du kannst ebenso gut unseren Haushalt führen und ein Gehalt beziehen, nur mit dem feinen Unterschied, dass niemand etwas davon erfährt.“

Felizitas schüttelte den Kopf. „Mit dieser Lösung dürfte eure jetzige langjährige Hausdame kaum einverstanden sein. Sie würde mich genauso nach Strich und Faden verwöhnen wie dich und deinen Vater. Aber dann käme ich mir doch sehr überflüssig vor.“

„Also schön! Dann werden wir eben eine andere Beschäftigung für dich finden. Hier auf der Bank beispielsweise …“

„Von diesen Dingen verstehe ich nichts. Sie liegen mir auch nicht. Lass es gut sein, Marion! Ich muss meinen eigenen Weg gehen.“

„Dickkopf: An mich denkst du anscheinend überhaupt nicht!“

„Wäre ich sonst hier? Die Trennung von dir fällt mir wahrhaftig nicht leicht.“

„Wo lebt diese Fürstin denn überhaupt?“

„Sie besitzt ein Schloss am Bodensee.“

Marion seufzte. „Ach, Liz, hoffentlich kommst du nicht vom Regen in die Traufe. Ich fürchte, du stellst dir das alles zu einfach vor.“

„Keineswegs! Mit fünfundzwanzig sieht man die Welt nicht mehr durch eine rosarote Brille. Und sollte es wider Erwarten ganz schlimm werden …“

„Dann kommst du unverzüglich zurück, versprich mir das!“

„Nein, Marion, das kann ich nicht!“ Felizitas schüttelte den Kopf. „Nach der ersten Stelle wird es eine zweite geben.“

„Reizend! Unter diesen Umständen soll ich dich nun fahren lassen! Weißt du was? Ich begleite dich einfach. Wann musst du deinen Dienst antreten?“

„Ende dieser Woche erst. Aber nach dem letzten Streit schien es mir ratsamer …“

„Na, fein! Dann bleiben uns ja noch ein paar gemeinsame Tage! Wir fahren nach Lindau, machen Ferien und hören uns dabei um, was diese Jägersheims für Leute sind.“

„Einfälle hast du!“ Felizitas lachte. Man sah ihr an, wie sehr ihr der Gedanke behagte. „Geht das denn? Ich meine, kannst du alles hier stehen- und liegenlassen, besonders jetzt, wo dein Vater im Sanatorium ist?“

„Und ob! Soll sich der supertüchtige Herr Rüschli doch um die Bank kümmern. Er weiß ohnehin alles besser! Aber komm jetzt, Liz! Die Aussicht auf eine Woche Ferien ist mir direkt in die Glieder gefahren. Ich wittere Sonne, Wasser und Strand! Stürzen wir uns also hinein ins Vergnügen!“

„Sie in der Spielbank, Doktor Winter? Das ist ja ein umwerfender Anblick!“

Manfred Prinz von Lauffen-Jägersheim, ein blonder Recke von bestechender Eleganz, blinzelte spöttisch zur Tür. Betont lässig schob er seinen Gewinn, ein Bündel Geldscheine, in die Tasche der Smokingjacke, ehe er sich ganz dem Ankommenden, einem jungen Schlaks in abgewetzter Tweedjacke und weißem Rollkragenpullover, zuwandte.

„Was führt einen Charakterakrobaten Ihres Formats denn in diese Lasterhöhle?“

„Weder Langeweile noch die verrückte Absicht, hier reich zu werden!“, konterte Gerd Winter schroff und ohne Verbindlichkeit. „Der Grund, weshalb ich hier bin, sind einzig und allein Sie, Manfred. Da Sie trotz Ihres Versprechens wieder gespielt …“

„… und gewonnen haben“, ergänzte der Prinz spöttisch, „erübrigen sich Ihre Vorwürfe. Aber ich verstehe! Mein vortrefflicher Bruder hat Sie auf meine Spur gehetzt, um mich der lauernden Verderbnis zu entreißen. In völlig überflüssiger Weise, wie Sie zugeben müssen! Brav, wie ich bin, hatte ich gerade die Absicht, den Rest des Abends an weniger gefahrvollen Orten zu verbringen.“ Manfred schob seine Hand mit leicht gönnerhafter Geste unter Winters Ellbogen. Neben dem schäbig gekleideten Rechtsanwalt wirkte er wie die verkörperte Lebensfreude. „Ich bin nicht nachtragend, verehrter Doktor! Deshalb lade ich Sie jetzt zum Abendessen ein! Was halten Sie vom Seehotel?“

„Wenig, so wie ich aussehe!“

„Ach was, kneifen kommt nicht infrage! Meinetwegen können wir auch nach Bad Schachen ins Kurhaus fahren. Wenn ich gewonnen habe, bin ich großzügig!“ Er zog den Widerstrebenden mit nach draußen zu dem wartenden Sportwagen.

Seufzend gab der Anwalt nach, allerdings weniger dem Prinzen als seinem ewig aufnahmebereiten Magen zuliebe.

Außerdem wusste er, dass Prinz Manfred in seiner augenblicklichen übermütigen Stimmung zu den tollsten Streichen neigte. Da war es schon besser, man blieb bei ihm und gab auf ihn Acht. Eine Freundespflicht gegenüber dem Bruder, dem schwer arbeitenden Fürsten Andreas von Lauffen-Jägersheim, der verzweifelt, aber vergeblich gegen die Verschwendungssucht von Mutter und Bruder ankämpfte.

„Also gut, einverstanden! Aber es darf nicht spät werden! Ich habe morgen früh einen wichtigen Termin bei Gericht!“ Während sich Gerd auf dem Sitz zurechträkelte, glitt ein melancholisches Grinsen über sein sympathisches Windhundgesicht. Wichtiger Termin! Hörte sich großartig an! Wenn’s nur wahr gewesen wäre!

Spießbürger!, ärgerte sich Prinz Manfred. Ich hätte ihn doch abhängen sollen, ehe der Abend zum Begräbnis wird.

Mit verwegener Brillanz lenkte er den Wagen durch die engen Straßen der alten Stadt.

Sorglos aufgewachsen hatte er für Dr. Winter, der sich mühsam durch ein Studium gehungert und noch mühsamer eine Praxis aufgebaut hatte, absolut kein Verständnis.

Manfred schnitt eine Grimasse und setzte zu einem schwungvollen Finish in Richtung Parkplatz an. Leider nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit. Lichter, vom See aufsteigender Nebel und eine bezaubernde, unmittelbar in sein Blickfeld geratene Frau ließen ihn einige Zentimeter zu weit mit hörbarem Krach auf einen bereits parkenden Wagen auffahren.

„Was haben Sie jetzt nur wieder angestellt!“ Dr. Winter riss die Tür auf und eilte zu dem vorderen Wagen. Er stieß dort mit der Ursache des Unfalls, mit der bezaubernden Frau zusammen.

„Helfen Sie mir!“, flehte Felizitas mit versagender Stimme. „Der Wagen – er lässt sich nicht öffnen … Und meine Freundin …“

Gerd schob die Aufgeregte zur Seite und zerrte mit wütender Kraft so lange an der Tür, bis sie nachgab. Erregt beugte er sich über die zusammengesunkene Gestalt am Steuer.

„Marion … Marion … fehlt dir etwas? O Gott, Marion, hörst du mich denn nicht?“

Verzweifelt und hilflos begann Felizitas vor sich hinzuweinen.

„Beruhigen Sie sich, gnädiges Fräulein. Soweit ich feststellen kann, ist nichts geschehen. Wahrscheinlich wurde die Dame vor Schreck ohnmächtig.“

Er schwieg. Vor ihm bewegte sich der feine Kopf mit dem glänzenden dunklen Haar, hob sich langsam vom Steuerrad und sank erschöpft gegen die Polster.

Gerd sah ein schmales Gesicht von eigenwilliger, herber Schönheit, das ihn sofort faszinierte. Lange dunkle Wimpern schoben sich wie ein Vorhang nach oben und gaben ein Paar unwahrscheinlich blaue leuchtende Augen frei.

Donnerwetter, konnte die einen ansehen! Er gestand sich, dass er den Blick dieser Augen wie einen Schock empfand.

Marion richtete sich aus ihrer zusammengesunkenen Stellung auf. In ihrer Stimme schwang noch eine Spur des ausgestanden Schreckens mit.

„Wenn Sie der Trottel sind, der mich samt Waagen schrottreif machen wollte, dann Gnade Ihnen Gott!“

Nun, das klang ja schon wieder sehr lebendig! Ernüchtert und beleidigt zog sich Gerd aus dem Wageninneren zurück. Der „Trottel“ veranlasste ihn zu größerer Distanz.

„Marion“, jammerte Felizitas, „Marion, bist du auch wirklich unverletzt?“

„Um das festzustellen, müsste ich erst einmal aussteigen.“

Als Marion dann wieder stand, apart und bezaubernd anzusehen in einem weißen ärmellosen Sommerkleid, da atmete nicht nur Felizitas erleichtert auf.

„Das ist ja noch mal gut gegangen!“

„Manche Leute haben eben mehr Glück als Verstand!“ Die blauen zornigen Augen schienen den armen Gerd für alles und jedes verantwortlich zu machen. „Das heißt aber keineswegs, dass Sie ungeschoren davonkommen. Trottel und Nachtwächter gehören nicht hinter ein Steuer.“

Trottel und Nachtwächter! Gerd fuhr sich mit gespreizter Hand durch das dichte braune Haar.

„Der Schuldige steht hier, gnädiges Fräulein!“ Prinz Manfred, bis dahin ausschließlich mit der Betrachtung Felizitas’ beschäftigt, hielt es endlich für angebracht, den Zorn in seine Richtung zu lenken. „Ich bedauere das Missgeschick sehr und versichere Ihnen …“

„Missgeschick ist gut! In meinen Augen ist das ein glatter Mordversuch gewesen.“

„Übertreiben Sie doch nicht so maßlos!“

„Jetzt soll ich mir auch noch Ungezogenheiten anhören!“ Sie wandte sich unwillkürlich wieder an die erste Adresse, an den schlaksigen jungen Mann, der sich ihrer Ansicht nach viel besser zum Sündenbock geeignet hätte.

Dass er jetzt unverschämt grinste, war natürlich sein gutes Recht.

„Warum sagen Sie nicht auch einmal etwas?“, fauchte sie empört. „Es würde mich kaum wundern, die eben geäußerte leichtfertige Meinung von Ihnen bestätigt zu hören.“

„Keineswegs! Aber die Ansicht eines trotteligen Nachtwächters dürfte Sie schwerlich interessieren!“

„Auch noch beleidigt! Das habe ich gern! Der Spieß soll wohl herumgedreht und ich zur Schuldigen gestempelt werden?“

Da Manfred höchst überflüssigerweise lachte, hielt es Gerd für angebracht, die Wogen der Erregung zu glätten.

„Beruhigen Sie sich, gnädiges Fräulein! Ich denke genau wie Sie. Unachtsamkeiten dieser Art sind durch nichts zu entschuldigen!“

„Auch nicht durch den Anblick einer schönen Frau?“, warf der unverbesserliche Manfred lachend dazwischen. Er trat zu Felizitas und beugte sich nach einem aufleuchtenden, bewundernden Blick über ihre Hand. „Sie, gnädiges Fräulein, bringen für einen reuigen Sünder sicher mehr Verständnis auf, zumal wenn er gesteht, dass es Ihr bezaubernder Liebreiz war, der ihn verwirrte und zur Unvorsichtigkeit verleitete.“

„Oh, ich – ich weiß nicht …!“ Vergebens versuchte Felizitas, ihre Hand aus der des Fremden zu lösen. Schlanke, sehnige Finger schienen nicht gewillt, sie so schnell wieder loszulassen, und ein Paar blaue, unbekümmert strahlende Augen senkten ihre Blicke so tief in die ihren, dass sich ihr feines Gesicht mit dunkler Röte überzog.

„Machen Sie keine Straßenloreley aus meiner Freundin!“, ärgerte sich Marion. „Sie hat Ihretwegen genug Angst ausstehen müssen.“

„Ach, lass doch! Sicher – sicher war es nur ein Versehen“, stotterte Felizitas verlegen, die ganz unter dem Einfluss der fremden, zärtlich aufflammenden Augen stand.

Ungewohnte Erregung hatte sich ihrer bemächtigt, störte ihr gewohntes inneres Gleichgewicht und raubte ihr die Möglichkeit zur klaren Überlegung.

Alles schien plötzlich verändert, sie selbst inbegriffen.

Nur der Mann vor ihr war geblieben. Sie sah sein längliches, gut geschnittenes Gesicht, dessen jungenhafte Fröhlichkeit ansteckend wirkte und auf sie übersprang. Sie hörte seine zärtlich flüsternde Stimme, der ein schwach anklingender süddeutscher Dialekt einen besonderen Charme verlieh und die alle Saiten in ihrem Inneren zum Erklingen brachte. Was sie seit ihrer Abreise von Zürich bedrängte, fiel von ihr ab. Bar jeder Traurigkeit, glitt ihr Herzschlag in einen heiteren Takt hinüber.

„Dass ich Ihnen mit meiner Unachtsamkeit einen solchen Schrecken eingejagt habe, verzeihe ich mir zu allerletzt“, beteuerte Manfred mit beschwörender Stimme. Er hielt den Anlass für gerechtfertigt, noch einmal einen Kuss auf Felizitas’ zarte Finger zu hauchen.

„Wenigstens etwas!“, ärgerte sich Marion wieder, schwieg aber sofort nach einem Blick auf das veränderte Gesicht der Freundin.

„Ich verspreche Ihnen“, sprach Manfred weiter, „dass Ihr Wagen in spätestens zwei Tagen wieder flott ist. Ich kenne eine Werkstatt in der Nähe und lasse ihn gleich dorthin abschleppen. Wenn Sie mir jetzt noch gestatten, Sie zu einer kleinen Versöhnungsfeier in das Kurhaus einzuladen, dann stünde einem vergnüglichen Ablauf dieses so gewalttätig begonnenen Abends nichts mehr im Wege.“

„Kommt überhaupt nicht infrage!“ Marions Ablehnung erfolgte erst nach einer winzigen, vielsagenden Pause, in der sie vergebens auf eine Aufforderung von Seiten Dr. Winters gewartet hatte. Aber er schwieg, und so fügte sie aufgebracht hinzu: „Ich denke nicht im Traum daran, mit völlig unbekannten Leuten …“

„Oh, pardon“, unterbrach sie Manfred rasch. „Wir vergaßen in der Aufregung uns vorzustellen. Wenn die Damen gestatten, ich bin Manfred Prinz von Lauffen-Jägersheim und …“ Er verstummte einen Moment. Aus Felizitas’ Richtung war ein kleiner unartikulierter Laut zu vernehmen gewesen, den sie jetzt schnell mit einem Hüsteln kaschierte. „… und das ist Doktor Gerhard Winter, Rechtsanwalt …“

„… und Spezialist für Scheidungsangelegenheiten!“, vollendete Gerd den Satz. „Falls die Damen einmal Bedarf haben sollten …“

„Da können Sie lange warten!“, funkelte ihn Marion wütend an.

Schlagfertig war sie und ebenso amüsant, sehr amüsant sogar. Wenn sie nur nicht so borstig und dafür ein bisschen anschmiegsamer gewesen wäre.

„Ein interessantes, Thema!“, mischte sich Prinz Manfred ein. „Wir sollten es gemeinsam beim Souper erörtern.“

Gewaltsam drängte Marion die abermalige Ablehnung, die ihr schon auf der Zunge lag, zurück. Felizitas’ Anblick verriet nur zu deutlich, wie sehr ihr der Name Lauffen-Jägersheim in die Glieder gefahren war.

„Also gut! Erwarten Sie uns im Speisesaal. Wir müssen uns noch umziehen.“