Fürsten-Roman 2595 - Marion Alexi - E-Book

Fürsten-Roman 2595 E-Book

Marion Alexi

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Beschreibung

Justus Fürst vonTreuwalding ist verstorben, und nun wird das Testament eröffnet. Als sich herausstellt, dass alle drei Töchter zu gleichen Teilen den riesigen Besitz erben sollen, herrschen bei den beiden älteren Schwestern Carina und Stefania Wut, die jüngste Antonia verspürt hingegen eine zarte Freude. Sie, das kleine Aschenputtel, die ewige Dritte, soll endlich gleichberechtigt sein? Ist das eine späte Wiedergutmachung ihres Vaters?
Während Antonia nun mit vollem Einsatz und Herzblut an der Heimat festhalten will, planen die beiden älteren Schwestern einen Verkauf des Schlosses mit allen dazugehörigen Ländereien. Sie brauchen dringend Geld!
Aber alles Toben und Ätzen hilft ihnen nicht, denn verkaufen können sie den Besitz nur, wenn sich die drei Schwestern einig sind. So lautet die Bedingung. Doch wann sind sich die drei Schwestern jemals einig gewesen?

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein Schloss und drei Erbinnen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Svyatoslava Vladzimirska / shutterstock

Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9223-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ein Schloss und drei Erbinnen

Wenn aus Schwestern Konkurrentinnen werden

Von Marion Alexi

Justus Fürst von Treuwalding ist verstorben, und nun wird das Testament eröffnet. Als sich herausstellt, dass alle drei Töchter zu gleichen Teilen den riesigen Besitz erben sollen, herrschen bei den beiden älteren Schwestern Carina und Stefania Wut, die jüngste Antonia verspürt hingegen eine zarte Freude. Sie, das kleine Aschenputtel, die ewige Dritte, soll endlich gleichberechtigt sein? Ist das eine späte Wiedergutmachung ihres Vaters?

Während Antonia nun mit vollem Einsatz und Herzblut an der Heimat festhalten will, planen die beiden älteren Schwestern einen Verkauf des Schlosses mit allen dazugehörigen Ländereien. Sie brauchen dringend Geld!

Aber alles Toben und Ätzen hilft ihnen nicht, denn verkaufen können sie den Besitz nur, wenn sich die drei Schwestern einig sind. So lautet die Bedingung. Doch wann sind sich die drei Schwestern jemals einig gewesen?

„Glaubst du allen Ernstes, du könntest himmlische Ruhe finden? Ich bitte dich!“ Die alte Dame schnaubte verächtlich durch die Nase. „Nach allem, was du hier auf Erden angerichtet hast, Justus von Treuwalding, ist wohl eher damit zu rechnen, dass auf dich die Hölle wartet!“

Sie straffte sich, fern aller Andacht. „Und dorthin gehörst du auch, du herzloseste aller Durchlauchten!“

Ihr Blick schweifte durch die runde Halle mit den schönen Buntglasfenstern, die allesamt christliche Tugenden darstellten, um schließlich bei der Skulptur des innig betenden Engels mit dem beeindruckenden Flügelpaar neben dem Eingang des fürstlichen Erbbegräbnisses zu verweilen.

„An meiner Meinung warst du ja nie interessiert, das meintest du, nicht nötig zu haben“, setzte sie mit einem feinen, degenscharfen Klingen in der Stimme hinzu. „Doch jetzt sollst du erfahren, was ich schon immer stark bezweifelt habe, nämlich dass hartnäckige Sünder mit Gnade rechnen dürfen, wenn sie vor dem Thron unseres Herrn erscheinen.“

Ihre Brauen stiegen in ungeahnte Höhe. „Selbst wenn sie aufrichtig bereuen sollten. Ist damit bei dir zu rechnen?“

Unverhofft schmunzelte sie, was in dieser Umgebung, oh, selbstverständlich wusste sie es, unangemessen war. Doch die Vorstellung des zu seiner Zeit schier allmächtigen, dauergrimmigen Justus von Treuwalding im weißen Büßergewand reizte sie zu spontaner Heiterkeit. Oder war es Schadenfreude?

„Grausam warst du insbesondere zu jenen Unglücklichen, die dich liebten!“ Der blassgraue Blick der älteren Dame kehrte zum aufgebahrten Leichnam des verstorbenen Familienoberhaupts zurück. Grandiose Unnahbarkeit strahlte er aus.

„Dass ich wieder da bin, ausgerechnet ich, die du dir immer schlecht zu behandeln erlaubtest, vor fast genau fünf Jahren sogar von Treuwalding verbannt hast“, trumpfte sie auf, „oh, das, mein Lieber, muss dich ja furchtbar wurmen.“

Sie zupfte an einem der üppigen Blumengestecke. „Und ich gedenke zu bleiben. Jawohl, Justus, jetzt wird niemand mehr wagen, mich auf schändliche Weise zu vertreiben. Denn ich bin gekommen, um meinem entzückenden Patenkind beizustehen!“

Sie rupfte eine weiße Nelke ab, um sie sich hinter die Brosche am linken Revers ihrer schwarzen Kostümjacke zu stecken.

„Siehst du, ab sofort mache ich, was mir passt. Und du kannst mich nicht aufhalten, deine Zeit ist abgelaufen!“

Olga Prinzessin von Palikow warf einen allerletzten Blick auf die unzähligen Blumen in den Farben des Hauses, deren Frische und leuchtende Fröhlichkeit so gar nicht zum Wesen des verstorbenen Fürsten passen mochten. In sehr viel bescheidenerem Rahmen war Justus’ früh abgeschiedene Gemahlin Olympia einst hier aufgebahrt worden. Und bestürzend kümmerlich war der Schmerz des Fürsten gewesen …

„Eine neue Zeit bricht nun an, Justus. Und ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, dass ich mein Bestes geben werde, um meine liebe Antonia zu schützen und ihr zu dem Glück zu verhelfen, das sie mehr als verdient hat!“

Als sie sich nach ihrem Abschiedsgruß, eher eine flammende Kampfansage, abwandte, stockte sie. Denn sie hatte zwei keineswegs taktvoll gedämpfte Frauenstimmen vernommen, munter in ein Gespräch vertieft. Von Herzweh keine Spur.

Geschickt wich die Prinzessin im schicken schwarzen Kostüm mit den Samtaufschlägen an den Ärmeln zur Seite: die schattige Nische hinter dem Engel war ein ideales Versteck.

Zwar hielt sich ihre Trauer um den verstorbenen Fürsten in Grenzen, die Prinzessinnen Carina und Stefania indes waren die letzten Menschen, denen sie hier begegnen wollte.

„Schwarz war noch nie meine Farbe“, teilte Carina ihrer jüngeren Schwester genervt mit. „Also ich werde bestimmt nicht länger als einen Monat als hässliche Krähe herumlaufen. Du siehst übrigens auch verdammt blass aus!“

Stefanie Gräfin von Hohnstein öffnete flink ihre schwarze Handtasche mit der diagonal gesteppten Oberfläche und der goldenen Kette, die als Schulterriemen diente, um ihr einen flachen Gegenstand im Lederetui zu entnehmen.

Den verächtlichen Blick ihrer Schwester ignorierte Stefania, was darauf schließen ließ, dass ihre Nerven inzwischen ähnlich fadenscheinig-morsch geworden waren wie jene von einem sieggekrönten Vorfahren erbeuteten Fahnen feindlicher Bataillone drüben in der Eingangshalle des Schlosses.

Erstaunlich reaktionsschnell wehrte Stefania die schwesterliche Hand ab, die ihr den Flachmann entreißen wollte.

„Du hast keine Ahnung, wie mies ich wieder geschlafen habe!“

Faule Ausrede. „Dann trink einen Espresso.“

„Siehst du hier irgendwo eine Espressomaschine?“

Die Baronin mit der blonden Haarmähne, darinnen goldene Strähnchen, schüttelte verdrießlich den Kopf.

„Benimm dich, wir sind schließlich hergekommen, um Papa zu besuchen.“

„Ach, ob ich je über seinen Tod hinwegkomme? Ich kann’s noch gar nicht glauben, dass er …“ Gräfin Stefanie, geborene Prinzessin von Treuwalding, blieb wieder stehen. „Du, ich muss unbedingt Georg anrufen und ihn erinnern …“

„Kannst du später machen. Jetzt wird getrauert.“

„Muss ich wirklich da rein?“

„Selbstverständlich. Oder fürchtest du dich etwa?“

Die überschlanke Gräfin senkte erschauernd den Blick.

„N-nein. Jedenfalls nicht sehr viel. Nur ein bisschen. Papa hat manchmal so eine Art, einen anzusehen … .“

„Jetzt nicht mehr“, bemerkte Carina trocken.

„Dann komme ich mir total gescheitert vor. Und es stimmt ja auch. O Gott, wenn Georg mich jetzt hören würde, wäre er wieder erzsauer. Manchmal kann er wie Papa sein. So vernichtend. Weißt du, was er gestern gesagt hat?“ Stefania wartete die Antwort ihrer Schwester nicht ab. „Dass ich null Talent habe für gesellschaftliche Etikette. Und er hat recht!“

„Quatsch. Du solltest ihm das nicht durchgehen lassen.“

Stefanias Augen waren randvoll. „Was soll ich denn tun?“

„Ihm eins zwischen die Hörner geben!“

„Aber er hat doch keine.“ Stefania blieb der Mund offen stehen. Grundsätzlich war sie ja nie sicher, irgendetwas von Bedeutung verpasst zu haben. Und Carina hatte immer so eine knallende Art, also sie würde Georg spielend Paroli bieten.

Die Gräfin schloss den Mund erst, als sie den tieferen Sinn der schwesterlichen Bemerkung begriff.

„Könntest du nicht mal mit Georg reden? In den nächsten Tagen sehen wir uns ja öfter. Du bist viel mutiger als ich.“

„Du bist nicht gescheitert. Nur verpeilt. Los, das bringen wir jetzt hinter uns!“ Carina packte sie resolut.

„Moment. Vielleicht sollten wir auf Antonia warten.“

„Auf die kleine Null?!“ Die Baronin stemmte eine Hand in die Taille, deren Erhalt sie unzähligen und immer spritzigen Stunden mit ihrem Personal Trainer Ben verdankte, dem einzigen Mann, der sich erlauben durfte, mit ihr Tacheles zu reden. „Kein Wunder, dass Georg keinen Respekt vor dir hat.“

Erneut schossen Tränen in Stefanias Augen.

„Hat er doch, Respekt, meine ich. Wieso glaubst du, er hätte keinen? Hat er sich dir gegenüber diesbezüglich geäußert?“

Carina stieß die eingeatmete Luft in einem Zug aus.

„Papa hätte es vielleicht gern, dass wir Schwestern jetzt zusammenhalten“, brachte Stefania kleinlaut hervor.

„Wie bitte!?“ Wieder schüttelte Carina von Keyserstuhl den Kopf. Die blonde Löwenmähne flog kreisrund. „Was er von Antonia hielt, hat er uns ja wohl täglich demonstriert.“

„Aber er hat ihr immerhin eine Menge Arbeit anvertraut.“

„Aus Mitleid, glaub mir. Damit sie beschäftigt ist.“

„Antonia durfte seine Privatkorrespondenz erledigen.“

„Papa hat doch alles Unangenehme auf andere abgewälzt.“

„In letzter Zeit scheint er sie geschätzt zu haben.“

„Weil Antonia ihm nützlich war, weshalb denn sonst!“

Stefania bekannte weinerlich: „Ich fühle mich so ausgelaugt. Und von der Erbgruft hab ich in der letzten Nacht geträumt. Papa stand davor und … O je, mir wird übel.“

„Himmelherrgott, wir tun jetzt unsere Pflicht. Basta.“

„Ich hab die Rosen vergessen, ach, wie blöd von mir.“

„Er hat genug Blumen. Außerdem merkt er es nicht.“ Carina suchte den Blick der jüngeren Schwester. „Papa ist tot, Stefania“, schloss sie eindringlich, jede Silbe betonend.

„Für immer und ewig, ich weiß.“ Plötzlich verzog sich Stefanias Miene. Sie schluchzte auf und brach in Tränen aus.

„Du bist ein scheinheiliges kleines Miststück.“

„Ich fühle mich schrecklich allein. Immer öfter.“

„Verflixt und zugenäht! Du hast Georg. Und die Kinder.“

„Erst Mama und jetzt auch noch Papa.“

Carina stöhnte auf. „Mama ist seit über zwanzig Jahren tot. Kannst du dich überhaupt noch an sie erinnern?“

„Sie war immer lieb und gut. Und hatte eine ganz süße, sanfte Stimme.“ Stefania heulte auf. „Verglichen mit ihr bin ich eine Versagerin, meine Kinder gehorchen mir nicht, jeder tanzt mir auf der Nase herum. Und Georg … Georg …“

„Ist eben Georg!“, vollendete Carina grob die Aussage der Schwester. „Lass uns den Job endlich hinter uns bringen. Ich hab um vierzehn Uhr einen Termin beim Friseur.“

„Wie kannst du jetzt an so etwas Profanes denken!“

„Zur Papas Beerdigung werden natürlich Pressefritzen und Fotografen erscheinen. Die streamen alles live ins Internet. Jeder Versuch, das gelöscht zu kriegen, ist zwecklos.“

Stefania war ganz Hochachtung. „Du denkst an alles.“

„Vor allem denke ich weiter. Und ich freue mich auf die nächsten Wochen. Die können nur supererfreulich werden!“

Jetzt reagierte Stefanie eindeutig fassungslos. „Wieso?“

„Na komm, du wirst doch nicht behaupten wollen, dass du dir nichts von der Testamentseröffnung versprichst.“

„Carina“, keuchte Stefanie, „Papa ist vorgestern gestorben! Ich stehe praktisch noch unter Schock!“

„Schscht“, zischte Carina und machte schmale Augen. „Ich hab was gehört. Ein ganz komisches Geräusch.“

Stefanie riss die Augen auf. „Du meinst, Papa hat was gesagt? Soll ja schon vorgekommen sein, dass Scheintote …“

„Jajaja, und jemand ist schon mal nach drei Tagen wieder auferstanden.“ Carina wagte sich höchst angespannt vorwärts.

„Du meinst …“ Stefanie hauchte nur. „Sei vorsichtig!“

„Da ist jemand, ich schwör’s!“

„Vielleicht jemand vom Personal.“

„Die haben drüben alle Hände voll zu tun.“

Stefanie japste: „Georg hat mal erzählt, was sich nach Bismarcks Tod in Aumühle abgespielt hat. Er liest nämlich gerade eine Biographie über Bismarck. Also das ganze Schloss war abgesperrt, kein Fremder durfte den Park betreten …“

„Könntest du mal einen Augenblick den Schnabel halten?“

„Jedenfalls hat es ein Fotograf trotzdem geschafft …“

„Stefania!“

„Wie er zum Fenster des Sterbezimmers hochklettern konnte, ist bis heute ein Rätsel. Aber das Foto war eine Sensation, sagt Georg. Der arme tote Kanzler lag im Bett und … Lass uns lieber Hilfe holen, Carina. Denk an deine Kinder.“

„Denen geht’s gut.“

„Selbst wenn das Internat einen so tadellosen Ruf besitzt, wie du behauptest … Georg hat gesagt, dass er sich nie für längere Zeit von seinen Kindern trennen könnte.“

„War er nicht kürzlich drei Monate in Kanada unterwegs?“

„Geschäftlich“, verteidigte Stefania den Gatten. „Außerdem hat er täglich angerufen. Also fast täglich und …“

Die Gräfin hielt jäh inne, als eine schmale, zierliche Gestalt aus der halbrunden Nische trat. Schickes schwarzes Kostüm, dezenter Schmuck, sorgfältig frisiert.

Hatte sie einen Geist erwartet? Carina schrie leise auf, was sonst gar nicht ihre Art war. „Großtante Olga!“

Die alte Dame nickte huldvoll. „Ich grüße dich, Carina.“

„Was tust du denn hier?! Fast hätte ich einen Herzkaspar gekriegt! Der arme Papa war ja auch immer kurz davor.“

Olga amüsierte sich über die Verblüffung ihrer abgebrühten Großnichte. Im Hintergrund nestelte Stefania an ihrer Handtasche, weil sie dringend einer geistigen Stärkung bedurfte.

„Was ich hier tue? Nun, ich habe deinem Vater die letzte Ehre erwiesen. Wie es sich gehört.“

„Aber … Woher wusstest du, was … geschehen ist?“

Die alte Dame schmunzelte fein. „Ich habe so meine Verbindungen. Wie du, Carina.“

„Du warst allein bei Papa?“

„Hätte ich das deiner Meinung nach nicht sein dürfen? Dein Vater und ich, Carina, wir haben uns in einer Zeit kennengelernt, als es dich noch gar nicht gab.“

Die Baronin, wieder erholt vom Schreck, wich Olgas klarem Blick nicht aus.

„Immerhin habt ihr euch nicht als Freunde getrennt. Ich kann mich noch gut an die letzte Szene in der Halle erinnern. Da haben ja alle Säulen gewackelt.“

„Dein seliger Vater und ich waren nicht immer einer Meinung, sehr richtig. Und da du fraglos über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügst, wirst du auch wissen, warum.“

Mit einem strahlenden Lächeln, die getrockneten Tränenspuren auf den gepuderten Wangen, kam Stefania mit ausgebreiteten Armen näher, leicht schwankend, aber komplett entzückt.

„Großtante Olga, wie toll, dich endlich wiederzusehen! Und du hast dich überhaupt nicht verändert. Elegant schaust du aus! Die Schuhe! Wo kauft man solche Schuhe?“

„Der Anlass ist ein eher trauriger, meinst du nicht?“, wies Carina ihre jüngere Schwester streng zurecht. „Muss ich dich wirklich daran erinnern, die Kontenance zu wahren?“

Stefanias Lächeln erlosch. Wie ein gescholtenes Schulmädchen stand sie in ihrem feinschwarzen Modellkleid da.

Die alte Dame strich ihr über die Wange und hing sich bei ihr ein. Mit tröstendem Unterton in der Stimme schlug sie vor: „Und wenn wir alle gemeinsam zu ihm hineingehen?“

„O ja“, seufzte Stefania erleichtert.

Carina blieb ungerührt. „Es wäre nicht in seinem Sinne, nicht wahr?“, gab sie stolz zu bedenken. „Unser herzensguter, kluger Papa, der jetzt bei den Engeln ist, wo er fraglos die ihm gebührende Huldigung erfährt, hat dir verboten, Treuwalding je wieder zu betreten, Großtante Olga.“

„Und du bist entschlossen, in seinem Stil fortzufahren?“