Fürsten-Roman 2599 - Caroline Thanneck - E-Book

Fürsten-Roman 2599 E-Book

Caroline Thanneck

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Beschreibung

Bei der Flucht vor Paparazzi wird die junge Prinzessin Lilly von Ried in einen Autounfall verwickelt und schwer verletzt. Ihr einst makellos schönes Gesicht ist mit Narben übersäht, mehrere Operationen werden nötig sein, um ihr Äußeres wiederherzustellen. Die Chirurgin Maja von Plessen tut alles, um der verzweifelten Lilly zu helfen und ihr Mut zuzusprechen. Mit der Zeit fasst die Prinzessin wieder Mut und Selbstvertrauen und auch ihr älterer Bruder Lukas erkennt, welch großartige Arbeit die Ärztin vollbringt. Sie kommen sich langsam näher und ein zartes Band entsteht.
Bis dieses Band eines Tages zerstört wird, als es einem befreundeten Reporter der Ärztin gelingt, sich unerlaubt Zutritt zu verschaffen und Fotos von dem entstellten Gesicht der Prinzessin zu machen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Du bist mein Licht

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Daniel_Dash / shutterstock

Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9597-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Du bist mein Licht

Wenn das Herz einer kalten Schönheit wieder Feuer fängt

Von Caroline Thanneck

Bei der Flucht vor Paparazzi wird die junge Prinzessin Lilly von Ried in einen Autounfall verwickelt und schwer verletzt. Ihr einst makellos schönes Gesicht ist mit Narben übersäht, mehrere Operationen werden nötig sein, um ihr Äußeres wiederherzustellen. Die Chirurgin Maja von Plessen tut alles, um der verzweifelten Lilly zu helfen und ihr Mut zuzusprechen. Mit der Zeit fasst die Prinzessin wieder Mut und Selbstvertrauen und auch ihr älterer Bruder Lukas erkennt, welch großartige Arbeit die Ärztin vollbringt. Sie kommen sich langsam näher und ein zartes Band entsteht.

Bis dieses Band eines Tages zerstört wird, als es einem befreundeten Reporter der Ärztin gelingt, sich unerlaubt Zutritt zu verschaffen und Fotos von dem entstellten Gesicht der Prinzessin zu machen …

„Wollen Sie eine Heirat denn wirklich für immer ausschließen?“ Rudolf Waldner schob seine Brille nach oben. „Sie wissen, Ihr Großvater hat sich etwas anderes für Sie gewünscht.“

Maja presste die Zähne aufeinander, sodass es in ihren Ohren knirschte. Auf diese Frage war sie nicht vorbereitet gewesen. Nicht jetzt. Nicht hier. Leise Panik schlich sich in ihr Herz.

„Maja?“ Der Besucher beugte sich vor und sah sie sorgenvoll an.

Seine Stimme war voll und kräftig und verriet nicht, dass die sechzig bereits hinter ihm lag. Maja kannte ihn nicht anders als in einen eleganten dunkelblauen Anzug gekleidet. Rudolf Waldner war der Anwalt ihrer Familie. Für Majas Großvater war er ein enger Freund und Vertrauter gewesen. Aus diesem Grund hatte der Fürst ihn beauftragt, sein Erbe zu verwalten, bis Maja heiratete oder das 30. Lebensjahr erreichte.

Während eine Hochzeit in einer unerreichbaren Zukunft zu liegen schien, stand ihr Geburtstag in wenigen Wochen bevor.

„Ich werde ganz sicher nicht mehr heiraten.“ Maja verkrampfte ihre Hände ineinander. Ihre Stimme klang brüchig. Selbst jetzt noch. „Sie wissen, was geschehen ist.“

„Natürlich. Ich weiß aber auch, dass das Leben weitergeht, denn das muss es. Sie sind jung und wunderschön, Prinzessin. Sie könnten wieder jemanden finden.“

„Keine Heirat“, wiederholte sie knapp.

„Dann werde ich die Papiere für die zweite Option vorbereiten. Sie erhalten das Erbe an Ihrem Geburtstag.“

Maja schwieg. Sie wollte das Erbe nicht. Was sie sich wirklich wünschte, war die Zeit zurückzudrehen und noch einige Jahre mit ihrem Großvater zu verbringen. Zeit mit ihm, danach sehnte sie sich. Nach ihren langen Gesprächen. Seinen Duft nach Tabak und Sandelholz. Das Kratzen seines Bartes an ihrer Wange, wenn er sie umarmte. Und nach seiner Zuversicht, die so stark und unverbrüchlich gewesen war, selbst in den stärksten Schicksalsstürmen. Unwillkürlich strich sie sich über die Stirn.

„Dieses Gespräch ist nicht leicht für Sie“, stellte ihr Besucher fest. „Das kann ich mir denken. Es tut mir leid, dass ich es Ihnen nicht ersparen kann.“

„Mein Großvater hat Ihnen vertraut.“

„Ihr Großvater war ein wunderbarer Mann. Ohne ihn ist die Welt ein ganzes Stück ärmer.“ Ihr Besucher nahm seine Brille ab und rieb sie an seinem Ärmel sauber. Dann setzte er sie wieder auf und blickte auf die wogenden Nordseewellen, die mit der einsetzenden Flut fast bis zu seinen Lederschuhen strömten.

Sie schlenderten gemeinsam weiter und steuerten auf einen Findling zu, der noch nicht vom Wasser umspült wurde. Maja setzte sich auf den flachen Stein und schaute zu, wie sich zwei Möwen um eine Krabbe stritten. Wenn zwei sich streiten, dachte Maja schmunzelnd.

Sie heftete den Blick auf die endlose Weite des Meeres. An diesem Tag schimmerte es türkisfarben im Sonnenlicht. Weiße Gischt schäumte auf den Wellenbergen. Und als die Prinzessin über ihre Lippen leckte, schmeckte sie Salz.

Das Herz wurde ihr weit. Sie liebte das Meer und hätte sich nicht vorstellen können, irgendwo anders zu leben.

Großvater würde jetzt zum Pinsel greifen und die wunderbare Aussicht malen. Ganz sicher auch die beiden Möwen, ging es ihr durch den Kopf – und im nächsten Augenblick empfand sie den schmerzhaften Stich des Vermissens. Seit zwei Jahren war ihr Großvater nun schon nicht mehr da, und es tat noch immer so weh wie damals. Manche Wunden schlossen sich niemals.

Die Zeit ändert gar nichts, dachte sie traurig. Nur der Tod, der ändert einfach alles. Ich wünschte, Großvater hätte noch erlebt, dass ich diese wunderbare Arbeitsstelle bekomme …

Sie hob den Kopf und blickte nach oben. Auf den Klippen über ihr ragte eine gelbe Villa auf: die Rosenklinik. Ihren Namen hatte sie von den Wildrosen, die sich reich und üppig an der Südmauer emporrankten und wunderbar blühten.

Der Privatstrand, auf dem sich die Prinzessin mit ihrem Anwalt aufhielt, gehörte zur Klinik und wurde ebenso gut bewacht wie der Rest des Geländes. Kein Unbefugter besaß Zutritt.

Seit anderthalb Jahren war das Krankenhaus Majas Arbeitsplatz. Die hochmoderne Privatklinik befand sich unmittelbar an der Nordseeküste. Hier wurden prominente Patienten behandelt. Angehörige alter Adelsfamilien, Künstler, Unternehmer und Politiker. All jene Patienten, die ohne das Licht der Öffentlichkeit wieder gesund werden sollten.

Das Gelände wurde von einem Wachschutz abgeschirmt, der dafür sorgte, dass die Patienten in Ruhe genesen konnten. In der Rosenklinik arbeiten die besten Ärzte und Pfleger. Ein jeder von ihnen hatte eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben, die bei Androhung horrender Strafzahlungen untersagte, auch nur ein Detail ihrer Arbeit nach außen zu tragen.

Für Maja war das kein Problem.

Es gab schlicht niemanden, dem sie etwas über ihre Arbeit erzählen konnte.

Ihre Eltern lebten weit entfernt und mochten keine Details von ihren Operationen. Und ihre Freundschaften waren nach dem Unfall eingeschlafen. Niemand hatte damals so recht gewusst, wie er mit ihr umgehen sollte. Nicht einmal sie selbst. Aus diesem Grund hatte sie sich zurückgezogen und auf ihre Arbeit konzentriert, das war ihr Rettungsanker geworden. Hätte sie ihren Beruf nicht gehabt, sie wäre wohl längst untergegangen wie ein leckgeschlagenes Boot.

Und nun hatte sie Pläne.

Große Pläne, die im Namen ihres Großvaters umsetzen wollte.

Maja blickte zu dem Grundstück, das sich an das Klinikgelände anschloss. Es bestand aus Wiesen und einem dichten Kiefernwald und war perfekt geeignet für eine Kurklinik für kranke Kinder. Maja wollte sie mit dem Geld aus ihrem Erbe errichten lassen. Die Kurklinik sollte den Namen ihres Großvaters tragen.

„Konnten Sie in Erfahrung bringen, wie unsere Chancen stehen, Herr Waldner?“

„Leider nicht allzu gut.“

„Wirklich? Wie ist das möglich? Das Grundstück steht Jahrzehnten ungenutzt. Warum will es plötzlich jemand haben?“

„Das weiß ich noch nicht. Eines kann ich jedoch schon sagen: Dieser andere Investor ist ebenfalls hochinteressiert.“

„Und wer ist es?“

„Lukas von Ried.“

„Nicht im Ernst!“ Maja kannte ihren Kontrahenten nicht persönlich, aber sie hatte schon von ihm gehört. Der Prinz besaß mehrere IT-Firmen und verfügte über schier unerschöpfliche finanzielle Mittel. Wenn er an dem Grundstück interessiert war, konnte er sie leicht überbieten. „Glauben Sie, man kann ihn überzeugen, uns das Grundstück zu überlassen?“

„Ich fürchte, nein. Herr von Ried gilt als Geschäftsmann, der seine Ziele mit eiserner Strenge verfolgt. Was er sich vornimmt, bringt er auch zu Ende.“

„Ich muss wenigstens versuchen, ihn umzustimmen.“

„Natürlich. Ich begleite Sie auch gern, wenn Sie das wünschen. Allerdings fürchte ich, die Sache ist aussichtslos.“

„Verstehe.“ Maja verschlang ihre Hände ineinander und blickte auf das Wasser hinaus. Es hatte den Findling schon beinahe erreicht und umspülte bereits ihre Füße.

Musste sie ihren Plan aufgeben, kaum dass er gefasst war?

„Ich muss wieder hinein“, stellte sie leise fest. „Vielen Dank, dass Sie mir Bescheid gesagt haben, Herr Waldner. Wir telefonieren wieder, ja?“

„Das machen wir. Für Sie bin ich jederzeit erreichbar.“

Maja verabschiedete sich und strebte der Klinik zu.

Als sie durch die Glastür trat, stieß sie mit einem Kollegen von der Inneren zusammen. Markus Wächter war Stationsarzt. Man sagte ihm zahlreiche Affären nach. Seine sportliche Statur, das Funkeln in seinen Augen und sein wissendes Lächeln machten es leicht, den Gerüchten zu glauben.

„So stürmisch, Frau Kollegin? So kenne ich Sie ja gar nicht.“

„Entschuldigen Sie, bitte.“

„Kein Grund, sich zu entschuldigen. Ich mag es stürmisch, wissen Sie?“ Er beugte sich zu Maja und blickte ihr tief in die Augen. Sein Lächeln versprach ihr buchstäblich alles.

Maja trat hastig einen Schritt zurück.

„Tut mir leid. Ich muss auf meine Station.“ Mit wehendem Kittel eilte sie davon.

„Kalt bis ans Herz hinan“, hörte sie ihn hinter sich grummeln. „Unsere Eisprinzessin!“

Etwas in ihr zog sich schmerzhaft zusammen.

Ihre Kollegen hielten sie für unnahbar, weil sie privaten Verabredungen stets auswich. Meistens kümmerte sich Maja nicht weiter um das Gerede, aber an manchen Tagen drangen die Spitzen doch durch den Panzer, den sie sich zugelegt hatte.

Niemand in der Klinik wusste, was hinter ihr lag.

Und so sollte es auch bleiben.

Mit langen Schritten eilte sie in die Notaufnahme. Hier stürmte ihr Schwester Carola entgegen.

„Da sind Sie ja, Frau Doktor! Ich wollte Sie gerade ausrufen lassen!“

„Was ist denn passiert?“

„Es ist die kleine Lottie! Sie wurde soeben mit hohem Fieber eingeliefert. Es geht ihr gar nicht gut.“

„Lottie?“ Maja erschrak.

Die Zwölfjährige wurde regelmäßig in der Rosenklinik behandelt. Sie litt an einer angeborenen Hauterkrankung: Epidermolysis Bullosa. Ihre Haut war so dünn wie die Flügel eines Schmetterlings. Bei unbedachten Berührungen konnte ihre Haut Blasen oder sogar Risse bekommen. Es genügte schon, wenn sie nach dem Duschen beim Abtrocknen zu sehr rubbelte. Eine Heilung gab es noch nicht. Aus diesem Grund hatte das liebe Mädchen in den vergangenen Jahren viel Zeit in der Rosenklinik zugebracht. Ihre Mutter war Schauspielerin und ihr Vater Opernsänger. Beide waren aus beruflichen Gründen häufig unterwegs. Lottie wurde meist von einem Kindermädchen in die Klinik gebracht.

Fieber und ein schlechter Allgemeinzustand sprachen für eine Infektion, eine gefürchtete Komplikation bei ihrer Erkrankung.

„Wo ist Lottie jetzt?“, hakte Maja alarmiert nach.

„Im Behandlungsraum drei …“ Schwester Carola hatte kaum ausgesprochen, als aus ebenjenem Zimmer ein hektisches Piepen erklang.

„Herzstillstand!“

Maja stürmte in den Raum.

Lottie lag auf dem Behandlungstisch. Ihr schmächtiger Körper war von Wunden gezeichnet. Ihr sommersprossiges Gesicht glühte vom Fieber. Eine Infektion hatte sich in ihrem Körper eingenistet. Bakterien überschwemmten ihr Inneres, und die hohe Körpertemperatur zehrte an ihr. Der Kampf gegen die Erkrankung schien zu viel für ihr kleines Herz zu sein!

Es schlug nicht mehr!

Majas Erfahrung übernahm ihr Handeln.

„Ein Milligramm Epi“, verlangte sie. „Und Sauerstoff!“

Sie beugte sich über ihre kleine Patientin.

„Nicht aufgeben, Lottie. Wir kämpfen mit dir. Gib jetzt nur nicht auf!“

Abends übergab Maja ihre Aufgaben an die Kollegen von der Nachtschicht. Sie fühlte sich ausgelaugt, ihre Füße schienen mit ihrem Kopf um die Wette zu schmerzen. Trotzdem ging sie nicht gleich nach Hause, sondern schaute vorher noch einmal nach ihrer kleinen Patientin.

Lottie lag nun auf der Überwachungsstation, wo Maschinen ihre Lebenszeichen überwachten und bei der kleinsten Unregelmäßigkeit Alarm schlugen.

„Was ist passiert?“ Lottie blinzelte matt zu ihr hoch. Dann blies sie die Wangen auf. „Ich bin umgefallen, oder?“

„Richtig. Dein Herz brauchte einen kleinen Schubs. Ruh dich schön aus, Lottie. Wir werden gut auf dich aufpassen.“

„Mir ist so heiß.“

„Ja, du hast Fieber. Möchtest du etwas trinken?“ Maja hielt ihrer kleinen Patientin den Schnabelbecher mit Kräutertee an die Lippen und half ihr beim Trinken.

„Die olle Wunde hat sich entzündet, oder?“ Lottie deutete auf ihren Arm. „Da habe ich mich beim Duschen gestoßen.“

„Ja, die Verletzung hat sich infiziert. Du musst eine Weile bei uns bleiben. Heute Nacht hier auf der Überwachungsstation. Morgen können wir dich auf die Kinderstation verlegen.“

„Komme ich dann auch wieder in das schöne Zimmer im Turm? Das mit dem Ausblick auf die Seehundbank?“

„Na ja, wir sind hier kein Hotel, weißt du?“ Maja zwinkerte. „Aber ich werde sehen, was sich machen lässt.“

Lotties Augen leuchteten auf. „Dankeschön.“

Lottie bekam eine breit gestreute Antibiose. Die Behandlung würde ihre Infektion hoffentlich bald eindämmen. Allerdings war es knapp gewesen. Sehr knapp sogar.

Lottie rutschte im Bett umher und schaute auf die Nadel in ihrem Handgelenk nieder.

„Ich bin ein Freak“, wisperte sie.

„Warum glaubst du das?“

„Weil es so ist.“

„Das ist es nicht.“

„Doch, die anderen Kinder denken das auch.“

„Die anderen Kinder?“

„Hm-m. Der Paul aus meiner Klasse … Er hat mich gestern auf ein Eis eingeladen. Ich dachte, er mag mich, aber dann …“ Lotties Augen füllten sich mit Tränen.

„Was war dann?“, fragte Maja und zog sich einen Stuhl heran.

„Dann hat Tessa mir erzählt, dass er nur mit seinen Kumpels gewettet hat. Ob ich so blöd bin, zu glauben, er will wirklich mit mir Eis essen.“ Dicke Tränen rollten über Lotties Wangen. „Ich hab Ja gesagt, und jetzt lachen mich alle aus.“

In Maja begann es zu brodeln. Wie grausam konnten Kinder sein. Ein Mädchen vorzuführen, nur weil es krank war. Sie kämpfte gegen ihren Groll an.

„Du hast Paul wohl sehr gern?“

„Erst schon, ja.“ Lottie schnüffelte. „Aber jetzt nicht mehr. Er findet mich hässlich.“

„Da täuscht er sich aber gewaltig.“

„Tut er nicht.“ Lottie ließ den Kopf hängen. „Gucken Sie mich doch an. Meine Haut schlägt schon Blasen, wenn mich jemand scharf ansieht. Das ist abstoßend.“

„Ist es nicht, Lottie. Niemand, der dich kennt, beachtet deine Haut länger. Du bist ein liebes, lustiges Mädchen mit einem riesengroßen Herzen, und nur darauf kommt es an. Paul wird das irgendwann erkennen und sich in den Hintern beißen, weil er seine Chance verpasst hat, dein Freund zu sein.“

„Ich bin trotzdem anders als die anderen.“

„Und das ist gut. Du bist etwas Besonderes. Nimm nur Albert Einstein, Stephen Hawking oder Amelia Earhart. Sie alle waren anders, und nur deswegen konnten sie so viel erreichen.“

„Amelia … wer?“

„Sie hat vor rund 100 Jahren gelebt. Mädchen mussten damals brav und sittsam sein, durften nicht herumtoben. Amelia dagegen kletterte auf Bäume und sammelte Zeitungsartikel über Frauen in Männerberufen. Sie vertrat die Ansicht, dass Frauen dieselben Dinge tun können wie Männer. Das war für ihre Zeit eine ungewöhnliche Einstellung. Amelia Earhart wurde Pilotin und die erste Frau, die einen Non-Stop-Flug zwischen New York und Havanna bewältigte. Sie wurde zum Vorbild für unzählige Frauen, es ihr gleichzutun und etwas Neues zu wagen.“