Fürsten-Roman 2601 - Marion Alexi - E-Book

Fürsten-Roman 2601 E-Book

Marion Alexi

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Beschreibung

Als Michael Graf von Maywald die verwunschene alte Villa seiner verstorbenen Urgroßtante Amalia erbt, wird die Erinnerung an wunderschöne Ferien in seiner Kindheit wach. Was soll er aber nun mit dem halb verfallenen Gemäuer anfangen?
Nachdenklich schaut Michael aus dem Erkerfenster in den an die Villa angrenzenden Schlosspark und erblickt eine bezaubernde junge Frau, eine märchenhafte Schönheit mit zarten Zügen und langen rotbraunen Locken, die von schillernden Blauen Pfauen umkreist wird. Sie kommt ihm vor wie ein Wesen aus einer anderen Welt.
Michael weiß, dass das Betreten des Nachbargrundstückes strengstens verboten ist, aber er muss die "Pfauen-Prinzessin" um jeden Preis kennenlernen. Und er hat auch schon eine Idee, wie er das Verbot vielleicht umgehen kann ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Pfauen-Prinzessin

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Zharinova Marina / shutterstock

Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9599-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Pfauen-Prinzessin

Adelsroman um eine geheimnisvolle Schönheit

Von Marion Alexi

Als Michael Graf von Maywald die verwunschene alte Villa seiner verstorbenen Urgroßtante Amalia erbt, wird die Erinnerung an wunderschöne Ferien in seiner Kindheit wach. Was soll er aber nun mit dem halb verfallenen Gemäuer anfangen?

Nachdenklich schaut Michael aus dem Erkerfenster in den an die Villa angrenzenden Schlosspark und erblickt eine bezaubernde junge Frau, eine märchenhafte Schönheit mit zarten Zügen und langen rotbraunen Locken, die von schillernden Blauen Pfauen umkreist wird. Sie kommt ihm vor wie ein Wesen aus einer anderen Welt.

Michael weiß ja, dass das Betreten des Nachbargrundstückes strengstens verboten ist, aber er muss die „Pfauen-Prinzessin“ um jeden Preis kennenlernen. Und er hat auch schon eine Idee, wie er das Verbot vielleicht umgehen kann …

„Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“

Michael Graf von Maywald lachte, als er die unfreundlich geäußerte Frage hörte. Und interessanterweise klang sein Lachen um Jahre verjüngt. Mit leuchtenden Augen kämpfte er sich unbeirrt weiter durch das Dickicht der Büsche und Sträucher. Diese waren teilweise dornenbewehrt und wohl seit kleinen Ewigkeiten nicht mehr zurückgeschnitten.

„Und ob ich sicher bin!“ Die Müdigkeit, die ihn während der Autofahrt genervt hatte, war wie weggeblasen. „Ich würde mich hier selbst in finsterer Nacht zurechtfinden. Hoppla!“

Um ein Haar wäre er auf dem Moosteppich ausgerutscht, der die Breite der Steinstufen bedeckte.

Seine Begleiterin, Marina von Lassen, warf einen missmutigen Blick auf die zwar ehrwürdig alten, doch von Efeu und anderen Wildpflanzen üppig umschlungenen Bäume, während sie dem jungen Grafen deutlich widerstrebend folgte.

„Ich hab es mir total anders vorgestellt“, erklärte sie vorwurfsvoll. „Der Garten ist ja grässlich verwildert.“

„Verwunschen.“ Michael wirkte vollkommen glücklich, denn er hatte etwas vermeintlich Verlorenes wiedergefunden, nämlich einen Teil seiner frühen Kindheit. Nun blieb er stehen und atmete die von vielen würzigen, aber auch honigsüßen Aromen getränkte Luft durstig ein. „Alles ist genau wie damals, Marina, und es ist großartig!“

Der Auffassung war sie eindeutig nicht. Mürrisch stieß sie mit ihrer Schuhspitze einen Ast zur Seite. Ausgerechnet ihre neuen Schuhe hatte sie für diesen Ausflug gewählt, nichts Böses ahnend.

„Du hast von einer Villa gesprochen. Wo ist sie denn nun? Und wenn du dich doch in der Adresse geirrt hast?“

Der schlanke, hochgewachsene Mittdreißiger, ausgesprochen attraktiv und trotz seines beachtlichen Erfolgs in der schreibenden Zunft – als Edelfeder galt er sogar – von umwerfender Unkompliziertheit, hob einige tief hängende Zweige hoch. Mit einer schwungvollen Kopfbewegung bedeutete er seiner Freundin, dass sie am Ziel waren, nämlich nur noch wenige Meter entfernt von der Villa Amalia.

Diese wuchtige, mit Erkern, Balkons, Veranden und Türmchen bewehrte Villa mitsamt Inhalt sowie dem umgebenden Garten hatte er völlig überraschend nach dem Tod seiner hochbetagten Urgroßtante Amalia geerbt.

Mehrmals hatte Michael das Benachrichtigungsschreiben des Notars lesen müssen, bis ihm dessen Inhalt aufgegangen war. Und dann war die Vergangenheit, bis zu diesem Augenblick perfekt ausgeblendet und beiseitegeschoben von Ereignissen wie seiner phänomenalen beruflichen Karriere, damit verbundenen Reisen sowie diversen privaten Dramen, geradezu überfallartig über ihn hereingebrochen.

„Äh“, murmelte Marina und war ansonsten sprachlos. Das kam selten vor und sprach für den Anblick der Villa.

Auf Michael wirkte die Nähe des wunderlich altmodischen, wie aus der Zeit gefallenen Hauses, dessen Mauern dunkle Schatten emporsteigender Feuchtigkeit zeigten, wie ein Schuss Adrenalin.

„Sag selbst, das ist doch ein Traum!“

Ein Albtraum, signalisierte ihre enttäuschte Miene. Sie hatte ihn so verstanden, dass er etliche wundervolle Ferien in einer stattlichen, romantischen Villa im Grünen verbracht hatte. Schon hatte sie sich in ihrer ehrgeizigen Vorstellung als Hausherrin gewähnt, wandelnd durch weite, elegant eingerichtete Räume, wie geschaffen für unvergessliche Feste.

Der Gesang der unsichtbaren Vögel in den dichten Baumkronen war so laut und das Blättergeraschel um sie herum so intensiv, als besäßen jedes Tier und jedes Blatt Stimmen, die sie und ihre Fantasie verhöhnten. Marina schnaubte böse.

„Jedes Kind wünscht sich so einen Abenteuerspielplatz. Sieh dir die dicken Mauern an, die schwere Eichentür und die Dachziegel. Ich glaube, die nennt man Biberschwänze, vermutlich werden die heute gar nicht mehr hergestellt.“

Die junge Frau mit den glatten goldblonden Haaren und dem irreführend sanften Madonnenscheitel teilte seine Begeisterung definitiv nicht, nicht mal ihm zuliebe, mit dem sie immerhin ihr künftiges Leben teilen wollte.

„Meine neuen Schuhe sind ruiniert“, informierte sie den jungen Grafen gereizt und vorwurfsvoll.

„Und drinnen gibt es jede Menge verwinkelter Gänge, dunkler Flure und einen riesigen Keller, manno, hab ich mich damals gefürchtet, wenn ich etwas holen sollte.“

Marina beschloss, keinen Schritt weiterzugehen. Und dabei blieb sie, selbst als er sie aufforderte, zusammen mit ihm das Haus zu besichtigen.

„Ich verstehe nicht, was du mit dem ollen Gemäuer willst, Michael. Das Haus ist doch vollkommen verwahrlost, ein Wunder, dass es noch nicht zusammengekracht ist. Wie konnte deine Großmutter überhaupt darin leben!“

„Urgroßtante. Und sie war ein Schatz. Ein Goldschatz.“

„Du wirst sie nicht zufällig vergessen haben“, versetzte sie spitz. „Kein Problem. Ich finde alte Leute auch nervig.“

Sein strahlendes Lächeln erlosch. Seit er den Brief des Notars erhalten hatte, bedauerte er, sich in den letzten Jahren nicht so um die alte Dame gekümmert zu haben, wie sie es verdient gehabt hätte und wie er es ihr schuldig gewesen wäre. Immerhin hatte er die besten Zeiten seiner Kindheit und Jugend bei ihr verbracht und war immer liebevoll von ihr aufgenommen worden.

Und was hatte sie ihm nicht alles vermittelt an Familiengeschichte, Märchen, Sagen und Bücherwissen. Inzwischen war er sicher, dass Amalia, in seinen Augen schon damals uralt, für die Grundlage seiner gerühmten Bildung gesorgt hatte.

Michael versank in seinen Erinnerungen.

„Sie hatte die seltene Gabe, alle Menschen in ihrer Umgebung glücklich zu machen“, schwärmte er. „Dabei war sie weder hochelegant noch irgendwie sonst brillierend. Trotzdem war sie großartig. Und ich bin dankbar, sie gekannt zu haben.“

„Okay.“ Marina hatte ihn ausreden lassen. Nun legte sie los: „Schön und gut. Jetzt hätten wir die andächtigen fünf Minuten ja hinter uns. Und wir sollten überlegen, wie es weitergeht mit der Hütte. Abrisskommando anrufen? Cleverer wäre es natürlich, erst mal so einen Trödelfritzen durchzujagen, damit der sich aussucht, was er verwerten könnte.“

Michael warf ihr einen befremdeten Blick zu, als hätte sie ihm vorgeschlagen, sich einen Arm amputieren zu lassen. Noch hatte er nicht daran gedacht, sich von der Villa Amalia zu trennen. Er fühlte sich ja im Gegenteil wie beschenkt vom Schicksal, sogar versehentlich beschenkt.

Andererseits hatte die alte Dame in ihrem Letzten Willen ausdrücklich darauf bestanden, dass er ihr Erbe sein solle.

Bisher hatte niemand sonst Anspruch auf die Villa erhoben. Er durfte sie somit als sein Eigentum betrachten.

„Ich bin hungrig“, sagte Marina. „Und mir wird kalt.“

„Dort drüben habe ich als Kind oft Verstecken gespielt.“

„Mit deiner Tante?“ Marina kicherte. Es klang boshaft.

„Es gab Kinder in der Nachbarschaft.“ Seine Miene erhellte sich wieder. „Das Baumhaus existiert ja noch, toll. Die Konstruktion dürfte inzwischen morsch geworden sein.“

Wie alles hier, schoss es Marina durch den Kopf.

„Hast du nicht irgendein Schloss erwähnt?“

Der dunkelhaarige junge Graf blickte an der mächtigen Villa, gekrönt mit einem schiefergedeckten Glockentürmchen und der irgendwann stehen gebliebenen Uhr, vorbei zum Nachbargrundstück.

„Das Schloss muss dort drüben sein.“

Marina blinzelte aufmerksam durch das Grün, das ihr wie eine dichte, bei jedem Windstoß sacht zitternde und irgendwie abweisende Mauer vorkam. Leider konnte sie kein Schloss entdecken. Deshalb unterstellte sie Michael achselzuckend, dass es nur in seiner Fantasie existiere. Nichts wie weg hier.

„Die fürstliche Familie lebte selten drüben“, erzählte der sonst so Wortgewaltige ein wenig stockend. „Es gab viel Interesse in der Nachbarschaft, logo, insbesondere dann, als sich herumgesprochen hatte, dass ein Familienmitglied einst mit der Titanic untergegangen sein soll. Aber sonst gab es so gut wie keinen Kontakt. Urgroßtante Amalia hat übrigens nie ein böses Wort gegen die Familie verloren.“

„Ob wir mal versuchen herauszufinden …?“

„Wozu?“

„Wäre doch eine Superstory für dich.“

„Ich bin kein Hofberichterstatter, Marina.“

„Vielleicht gibt es das Schloss ja gar nicht mehr. Alles vom Winde verweht, die feinen Bewohner und das Personal.“

„Apropos Personal. Urgroßtante Amalia hatte … warte mal, ich muss überlegen, ja, sie hat ab und zu Kaffee getrunken mit einer Frau, die im Schloss tätig war. Als Köchin, glaube ich. Und die war so distanziert wie die Herrschaft, jedenfalls hab ich das als Kind so empfunden.“

Plötzlich lachte er kurz auf.

„Einmal hat sie so mit zurückgeworfenem Kopf total blasiert von sich gegeben: ‚Mehr als ein Sandersen kann ein Mensch nicht werden.’“

„Ach ja? Und was wollte sie damit sagen?“

„Na, sie hielt ihre Herrschaft für das Höchste.“ Michael wunderte sich: „Erstaunlich, was man sich so merkt.“

„Die Typen nebenan können sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Willst du nicht mal recherchieren?“

„Null Interesse.“

Das nahm Marina ihm übel.

„Wenn es wirklich stimmt, dass drüben die Sandersens gelebt haben, dann hattet ihr grandiose Nachbarn. Irgendwo hab ich mal gelesen, dass sie zu den reichsten Adelsfamilien Europas gehören.“

„Es ist zwanzig Jahre her, dass ich zuletzt hier war.“

„Lass uns etwas essen gehen. Ich kenne übrigens einen exzellenten Immobilienmakler, er wäre perfekt für das Haus. Soll ich Henri mal anrufen und ihm deine Nummer geben?“

Michael gab zu, dass die Villa Amalia viel kleiner war als in seinen Erinnerungen, die ja bekanntlich dazu neigten, Ereignisse zu schönen und raue Wogen zu glätten.

Okay, viel Staat war wirklich nicht mehr mit der Villa zu machen, er räumte es bereitwillig ein. Ungelüftet roch es im Innern, es war feuchtkalt und muffig. Und die Einrichtung entsprach ganz und gar nicht seinem Geschmack. Von Marinas anspruchsvollem Geschmack ganz zu schweigen.

Obwohl von Haus aus in eher überschaubaren Verhältnissen groß geworden, kaum verwöhnt seitens der Eltern, die ein Schreibwarengeschäft betrieben – ein untergehendes Schiff in Zeiten der machtvollen Digitalisierung –, war die fitte junge Frau wählerisch und hatte ihr Ziel fest im Fadenkreuz.

Michael war ihr zufällig begegnet und von ihr sofort in ihre Pläne von einer Zukunft de luxe eingespeist worden. Ein echter Graf, war es denn zu fassen! Und überdies war Michael ein Publizist der Extraklasse. Er genoss Respekt und Bewunderung, fähige Köpfe sagten ihm eine große Zukunft voraus.

Kein Wunder, dass Marina auf den Zug aufgesprungen war.

Ihm war momentan allerdings eher danach, tiefe Trauer zu tragen. Denn sie hatten ihn inzwischen davon überzeugt, seine Freundin und deren entfernter Bekannter, der von ihr als perfekt angesagte Immobilienmakler Henri Rappert, sich von Urgroßtante Amalias Villa im Grünen zu trennen.

Weil es vernünftiger sei. Aber war es normal, dass Vernunft derart schmerzen konnte? Michael wusste es nicht und war momentan auch außerstande, darüber nachzudenken. In seinem Kopf ging es zu wie in einem Taubenschlag. Sein Herzschlag geriet aus dem Takt, und sein Puls raste.

Nie hätte er gedacht, dass es so schwer sein könnte, sich von etwas zu trennen, an das er zwanzig Jahre lang keinen einzigen Gedanken verschwendet hatte. Die Villa hatte keine Rolle mehr in seinem beschleunigten Leben gespielt. Alles war wichtiger gewesen als die Vergangenheit.

Sie hatten ihm vorgeschlagen, einen letzten Gang durch die Räume anzutreten, um sich das eine oder andere Souvenir auszusuchen. Und dabei hatten sich Marina und der Makler verdächtig einvernehmliche Blicke zugeworfen.

Michael fühlte sich wie ein Idiot, also unerträglich sentimental und unentschlossen. Tatsächlich war er nicht mehr er selbst, seit er diese Villa geerbt hatte.

Schwebte so etwas wie Magie über dem Erbe? Unsinn, er hielt sich mit seiner smarten Freundin Marina und einem als kolossal erfolgreich geltenden Immomakler in einem abbruchreifen Haus auf, das vollgestopft mit Tand, Trödel, Plunder und Ramsch war.

„Eine Planierraupe schafft das alles in ein, zwei Tagen weg, spurlos und gründlich“, hatte Henri Rappert lässig bemerkt. „Wertvoll ist einzig das Grundstück, Herr Graf. Schaffen Sie sich was Modernes an, ein Passivhaus, dann müssen Sie nie wieder über Heizkosten nachdenken.“

Der junge Graf war bei jedem Wort zusammengezuckt, als hätte ihn ein Messerstich mitten ins Herz getroffen.

Dieses arme Herz ächzte erschöpft. Und er wollte wieder in sein altes Ich zurück, als cooler Publizist fühlte er sich besser. Und Marina hatte natürlich vollkommen recht, wenn sie behauptete, dass man die Vergangenheit am besten ruhen ließe.

Seine nächste Reise würde ihn nach Washington führen. Dort sollte er ein Interview mit einem international bekannten Politiker der Demokraten führen. Alles war arrangiert.

Sobald er im Flieger saß, würde er die Villa vergessen haben und sich nur noch gelegentlich wehmütige Erinnerungen an Urgroßtante Amalia und die alten Zeiten gestatten. Herrlich waren sie ja gewesen, die alten Zeiten, unbeschwert und behütet von einer gütigen, großherzigen alten Dame. Allwissend war sie ihm damals vorgekommen und unendlich weise.

Hatte sie nicht Tagebuch geführt und ihm empfohlen, das auch zu tun?

„Beim Schreiben, Michael, wachsen deinen Gedanken Flügel, du wirst schon sehen. Grenzenlos ist die Freiheit der Fantasie. Die Wissenschaft fliegt nicht, ihr geht es immer nur um Tatsachen. Uns gehören die Träume.“

Uns, hatte sie gesagt, er war sicher, sich nicht zu täuschen. Ob es noch ihren schmalen Füllfederhalter gab, den mit der goldenen Feder, die Sonnenstrahlen fangen konnte?

Auch ihre Tagebücher sollte er bergen. Für sein Archiv. Wozu sonst? Zeitdokumente waren kostbar. Der Graf nickte und schien aus seiner Apathie zu erwachen.

„Du unterschreibst?“, erkundigte sich Marina hoffnungsfroh. „Das finde ich gut.“

Der Makler, mittelgroß, immer rotgesichtig und schwitzend, auch ohne Anlass offenbar, fuhr sich übers schüttere Haar von der Farbe blonder Tabakblätter.

„Ich hole den Vertrag. Alles ist vorbereitet, einzig Ihre Signatur fehlt.“

Panik schäumte in Michaels Brust, die Kehle schnürte sich ihm zu.

„Ich möchte zunächst gern …“ Wieso erschien ihm der Makler plötzlich übermächtig? Dabei hatte er Henri Rappert auf den ersten Blick zu jenen Menschen gezählt, die kaum Schatten warfen, selbst bei untergehender Sonne.