Fürsten-Roman 2462 - Sandra Heyden - E-Book

Fürsten-Roman 2462 E-Book

Sandra Heyden

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Beschreibung

"Mein Mann ist tot. Mein Sohn ist tot. Und jetzt ist auch Stefan, mein geliebter Enkel, verstorben", sagt Adelheid Fürstinwitwe von Uphusen-Mahndorff mit kalter Stimme. "Wir haben keinen Erben! Und das alles nur, weil ihr keine Kinder bekommen habt!" Martina, die junge Fürstin, seufzt innerlich. Wie soll sie Adelheid nur erklären, dass Stefan sie nie geliebt hat? Er hat sie doch nur geheiratet um das "Witwenschloss", wie böse Zungen den prächtigen Bau der Mahndorffs inzwischen nennen, vor dem finanziellen Ruin zu retten. Der Blick der jungen Fürstin wandert zu Paul Gerling, der seit einigen Tagen bei ihnen im Schloss wohnt. Er sollte in der Familienchronik nach einem rechtmäßigen Erben suchen. Aber seine Suche blieb erfolglos! Doch auf einmal beschleicht Martina das Gefühl, dass dieser gut aussehende, junge Mann, an den sie Tag und Nacht denken muss, ihr etwas verheimlicht ...

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Seitenzahl: 132

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Inhalt

Cover

Impressum

Das Witwenschloss

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / Subbotina Anna

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-0533-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Das Witwenschloss

Findet Fürstin Martina ein neues Glück?

Von Sandra Heyden

Mein Mann ist tot. Mein Sohn ist tot. Und jetzt ist auch Stefan, mein geliebter Enkel, verstorben«, sagt Adelheid Fürstinwitwe von Uphusen-Mahndorff mit kalter Stimme. »Wir haben keinen Erben! Und das alles nur, weil ihr keine Kinder bekommen habt!«

Martina, die junge Fürstin, seufzt innerlich. Wie soll sie Adelheid nur erklären, dass Stefan sie nie geliebt hat? Er hat sie doch nur geheiratet, um das »Witwenschloss«, wie böse Zungen den prächtigen Bau der Mahndorffs inzwischen nennen, vor dem finanziellen Ruin zu retten.

Der Blick der jungen Fürstin wandert zu Paul Gerling, der seit einigen Tagen bei ihnen im Schloss wohnt. Er sollte in der Familienchronik nach einem rechtmäßigen Erben suchen. Aber seine Suche blieb erfolglos! Doch auf einmal beschleicht Martina das Gefühl, dass dieser gut aussehende, junge Mann, an den sie Tag und Nacht denken muss, ihr etwas verheimlicht …

Henriette Prinzessin von Uphusen-Mahndorff hielt voller Widerstreben inne und seufzte ergeben. Dann klopfte sie kurz an die schlichte Kassettentür und betrat rasch den Salon ihrer Schwiegermutter, als habe sie die Absicht, das Unvermeidliche rasch hinter sich zu bringen.

Der Salon war ein wuchtiger Raum. Das Grün der gestreiften Seidentapeten wiederholte sich in den schweren Samtvorhängen, die vor den beiden hohen Fenstern hingen. Dazwischen stand ein wuchtiger Sekretär aus Nussbaumholz, an dem die Fürstinwitwe Adelheid ihre Korrespondenz zu erledigen pflegte.

In einer Ecke erhob sich ein schlanker Kachelofen, den blau-weiße Delfter Fliesen zierten. Ihm gegenüber stand eine barock anmutende Sitzgruppe, die nicht sehr bequem, dafür aber eindrucksvoll war, wie Henriette zugeben musste.

Die Prinzessin war eine nicht sehr große, doch aparte Frau von fünfzig Jahren, die sehr viel Wert auf ihr Äußeres legte. Halblanges, rotblondes Haar bildete einen perfekten Rahmen um ihr ebenmäßiges Gesicht, und kaum eine Falte verriet ihr wahres Alter. Ihre zierliche, schlanke Gestalt hielt sie mit sportlicher Betätigung in Form. Dafür stand ihr ein hauseigener Fitnessraum zur Verfügung, den noch ihr verstobener Gatte für sie eingerichtet hatte.

Als sich Henriette umgesehen hatte, registrierte sie verwundert, dass ihre Schwiegermutter gar nicht anwesend war. Stattdessen entdeckte sie die mittelgroße, leicht untersetzte Gestalt ihres Justiziars Lüder Baron von Junkersfeld, der sich bei ihrem Eintreten nun aus einem der niedrigen Barocksessel erhob.

Henriette, die ein schlichtes, schwarzes Kleid trug, schlug vor Überraschung die Hände vor der Brust zusammen und eilte dann zu ihm.

Lüder von Junkersfeld zog sie an sich und küsste sie zärtlich.

»Ich hatte keine Ahnung, dass du da bist!« Leiser Vorwurf lag in der Stimme der Prinzessin.

»Adelheid hat mich sehr kurzfristig hierher zitiert«, gab er mit einer angenehm sonoren Stimme zurück, die Henriettes Herz mit Liebe füllte. »Ich habe versucht, dich zu erreichen, aber du hattest dein Handy ausgeschaltet.«

»Ja, stimmt.« Nachdem sie sich mit einem kurzen Blick vergewissert hatte, dass sie ungestört waren, schmiegte sie sich an ihn. »Mich hat sie auch zu einem Gespräch gebeten.«

Henriette sah zu dem Juristen auf. Sein volles, bereits graues Haar ließ ihn vertrauenswürdig und verlässlich erscheinen. Eigenschaften, die Henriette an ihm schätzte, ebenso wie die Warmherzigkeit, die in seinen grauen Augen zu erkennen war. Ohne ihn, das wusste sie nur zu gut, wären die letzten Jahre für sie kaum zu ertragen gewesen.

»Glaubst du, Adelheid hat etwas über unsere Beziehung herausbekommen?«, vermutete Henriette nun erschrocken.

»Das kann ich mir nicht vorstellen«, beruhigte der Baron die Frau, die er seit vielen Jahren liebte. Er strich ihr sanft über das Haar. »Selbst wenn es so wäre, Henriette – ist es nicht an der Zeit, aller Welt zu sagen, dass wir zusammengehören?«

»Du weißt, dass ich das nicht kann, Lüder.« Die Prinzessin schlug beschämt die Augen nieder. »Adelheid hat es mir strikt verboten!«

»Wie kann sie das?«, fragte er verständnislos. Schon so oft hatten sie diese Diskussion geführt. »Dein Mann ist schon vor über fünfzehn Jahren ums Leben gekommen. Adelheid kann doch nicht erwarten, dass du dein Leben in Trauer um ihn verbringst!«

Er sah die Prinzessin eindringlich an.

»Ich meine, solange dein Sohn noch lebte, habe ich es irgendwie verstanden. Die Mutter des Fürsten soll sich nicht durch eine erneute Heirat der Familie entziehen und so weiter. Aber Stefan wurde schon vor drei Monaten zu Grabe getragen. Was hält dich noch hier, Henriette? Oder liebst du mich etwa nicht?«

»Wie kannst du das sagen?«, entfuhr es der Prinzessin erschrocken. »Natürlich liebe ich dich, Lüder. Seit Clemens’ frühem Tod bist du der einzige Mann, den ich je geliebt habe, und ich würde nichts lieber tun, als mit dir fortzugehen. Aber ich kann nicht!«

»Warum nicht? Seit fünf Jahren führen wir nun schon diese heimliche Beziehung und können uns nur in aller Stille irgendwo treffen. Das zehrt an meinen Kräften …«

Henriette nickte verstehend. »Du weißt, wie Adelheid ist, wenn man ihren Wünschen nicht nachkommt, Lüder. Sie wäre in der Lage, uns beiden das Leben zur Hölle zu machen …«

Lüder von Junkersfeld musterte die Prinzessin betrübt.

»Hat sie dich etwa in der Hand?«, fragte er ahnungsvoll.

Henriette nickte beschämt.

»Womit?«

»Das kann ich dir nicht sagen«, erwiderte sie bedrückt. »Bitte …«

Das leise Quietschen der Tür ließ sie auseinanderfahren. Wie ertappte Sünder blickten sie auf die Eintretende. Sie entspannten sich erst, als sie Fürstin Martina, Henriettes Schwiegertochter, erkannten.

Auch die junge Witwe des kürzlich verstorbenen Fürsten Stefan trug ein schwarzes Kleid. Ihr blasser Teint wurde noch vom hellen Blond ihres langen, glatten Haares, das sie zu einem strengen Knoten geschlungen hatte, unterstrichen. Dunkle Ringe unter den einst so strahlend blauen Augen zeugten von ihrem Kummer. Fürstin Martina war eine große, schlanke Schönheit und überragte ihre Schwiegermutter um Haupteslänge.

Sie lächelte nun schwach, als sie Henriette und den Justiziar entdeckte.

»Ich werde euch nicht verraten«, versprach sie.

Henriette zog die schön geschwungenen Augenbrauen zusammen.

»Das hast du schon einmal getan«, erinnerte sie die junge Frau daran, dass diese Henriettes Geheimnis an ihren Mann verraten hatte.

Lüder legte der Prinzessin beruhigend seine Hand auf die Schulter.

»Aber in guter Absicht«, erinnerte er sie. »Martina hat Stefan schließlich dazu überreden können, uns seinen Segen zu geben. Dagegen hätte auch Adelheid nichts ausrichten können. Leider starb er, bevor er es öffentlich machen konnte. Deshalb stehen wir wieder am Anfang.«

»Ja, diese Tragödie hat alles verändert.« Henriette schluchzte auf. »Wir sind wirklich eine vom Unglück verfolgte Familie. Erst kommt Clemens bei diesem dummen Autounfall ums Leben, dann rafft eine Krankheit meinen Schwiegervater dahin, und nun ist auch Stefan, mein eigener Sohn, von uns gegangen, weil ihm ein fehlerhafter Reitsattel zum Verhängnis wurde. Weißt du, wie sie im Dorf dieses Haus inzwischen nennen? ›Das Witwenschloss‹! Ist das nicht schrecklich?!«

Fürstin Martina sah, dass Lüder von Junkersfeld mit den Tränen, die seine Geliebte über das Schicksal vergoss, nicht umgehen konnte. Deshalb war sie in wenigen Schritten bei Henriette und nahm ihre Hände. Sie drückte sie fest und voller Mitgefühl.

»Es wird alles wieder gut«, flüsterte sie ihr zu und reichte ihr ein spitzenbesetztes Taschentuch.

Henriette schnaubte prosaisch hinein und musterte die Schwiegertochter verwundert.

»Ich hätte nicht gedacht, dass du so um meinen Sohn trauerst«, gestand sie ergriffen. »Eure Ehe war eine Enttäuschung für dich, das weiß ich.«

»Aber ich habe ihn geliebt, Henriette.« Wieder lächelte Martina schwach. »Wenigstens am Anfang, bevor ich die Wahrheit wusste. Er war immer noch mein Freund, und ich vermisse ihn sehr …«

Lüder von Junkersfeld räusperte sich, bevor die beiden Frauen sich zu sehr in ihrer Trauer und ihrem Schmerz verloren.

»Weißt du, weshalb Adelheid uns alle hergebeten hat?«, fragte er leise.

Martina schüttelte den Kopf.

»Adelheid würde sich nie herablassen, mir die Gründe für ihre Entscheidungen mitzuteilen. Wie du weißt, bin ich nur die Tochter eines einfachen Juweliers und werde bloß geduldet, weil mein Vater reich ist.« Ein bitterer Zug lag plötzlich auf ihren schönen Lippen. »Aber komisch war es schon«, gestand sie. »Sie hat mich gefragt, ob ich schwanger bin.«

Henriette lachte auf. »Das ist kaum möglich, oder?«

»Nein«, gab die junge Fürstin zu. »So nah waren Stefan und ich uns schon seit Langem nicht mehr.«

»Nun ja, Adelheid hat vermutlich gehofft, dass ihr geliebter Enkel Stefan doch noch einen Erben und zukünftigen Fürsten von Uphusen-Mahndorff hinterlässt – auch wenn er noch ungeborenen ist.«

»So ist es!«, bestätigte eine helle, scharfe Stimme diese Vermutung. »Doch nicht einmal dazu ist sie in der Lage!«

Fürstinwitwe Adelheid stand am Arm ihres langjährigen Vertrauten und Finanzberaters Karl Graf Pommerenke im Rahmen einer Tapetentür, die unsichtbar die Wand neben dem Kachelofen durchbrach.

Adelheid von Uphusen-Mahndorff war eine große Frau von gut achtzig Jahren. Sie war so hager, dass das schwarze Seidenkleid, das sie trug, an ihrem Körper lose herabhing. Tiefe Falten durchfurchten ihr längliches, schmales Gesicht, das unendlich müde wirkte. Doch die wachen grüngrauen Augen funkelten voller Herrschsucht und Willensstärke.

Karl Graf Pommerenke verwaltete seit Jahrzehnten die Finanzen der Familie. Er war der einzige Mann, dem die alte Fürstin bedingungslos vertraute – und das nur, weil auch ihr verstorbener Gatte ihm vertraut hatte.

Karl war ein eher grobschlächtiger Mensch und ungewöhnlich korpulent. Sein fast kahler Kopf saß wie eine große, mächtige Kugel auf den massigen Schultern. Rote Wangen zeugten davon, dass er gern und häufig dem Alkohol zusprach.

Auch sonst liebte der Graf den Luxus. Schwere Goldringe zierten seine kurzen, wurstartigen Finger, und sein Anzug aus feinstem Tweed war maßgeschneidert.

Nun führte der Graf die alte Fürstinwitwe zu dem majestätischen Lehnstuhl vor dem Sekretär, damit sie sich setzen konnte.

Adelheid schenkte ihm einen dankbaren Blick, denn ihre von Gicht geplagten Beine versagten oft ihren Dienst. Deshalb stützte sie sich stets auf einen ebenholzfarbenen Spazierstock, den ein Knauf aus feinstem Elfenbein zierte.

»Es ist nicht meine Schuld«, wagte Fürstin Martina zaghaft einzuwerfen und erntete dafür einen missbilligenden Blick.

»Natürlich ist es das«, wurde sie scharf angefahren. »An meinem Enkel wird es ja wohl nicht gelegen haben, dass eure kurze Ehe kinderlos blieb!«, war die Fürstinwitwe überzeugt. »Man kann von einer Bürgerlichen eben nicht erwarten, dass sie ihre Pflicht als Gemahlin eines Fürsten erfüllt. Aufgrund deines Versagens, Martina, sah ich mich gezwungen, euch hier zusammenzurufen, um die Zukunft unseres Hauses zu besprechen.«

Diese Aussage erschien allen Anwesenden kaum glaubhaft. Die Fürstinwitwe pflegte Probleme nicht zu diskutieren. Stattdessen teilte sie lediglich ihre Entscheidungen mit, die die Betroffenen tunlichst zu akzeptieren hatten, denn Widerspruch wurde nicht geduldet.

Fürstinwitwe Adelheid räusperte sich kurz und dankte dem Grafen mit einem lächelnden Blick für die mitfühlende Hand auf ihrer knochigen Schulter. Sie fuhr sich kurz über das graue, streng nach hinten frisierte Haar und tastete nach dem festen Knoten, der mit vielen Nadeln und Kämmchen fixiert worden war.

»Es ist nun eingetreten, was niemals hätte eintreten dürfen«, eröffnete sie ihrer versammelten Familie und ihrem Justiziar, den sie mit einem besonders langen und stechenden Blick bedachte. »Da mein Enkel weder einen legitimen noch einen illegitimen Erben hinterlassen hat, fällt sowohl der Titel als auch der Besitz an meinen Sohn Georg!«

Die Nennung dieses Namens löste die unterschiedlichsten Reaktionen aus. Auf dem schönen Gesicht der jungen Witwe Martina zeichneten sich Überraschung und Verständnislosigkeit ab, denn sie hörte diesen Namen zum ersten Mal. Baron von Junkersfeld presste seine Lippen zusammen, um zu verhindern, dass ihm ein unbedachtes Wort entfloh.

Einzig Henriette stieß einen leisen, verwunderten Schrei aus und schlug sich sofort die Hand auf den Mund. Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht damit.

»Du hast Georg verstoßen, Adelheid. Vor mehr als dreißig Jahren.« Henriettes Stimme klang gepresst.

»Es ist nicht nötig, mich daran zu erinnern, liebste Henriette«, erwiderte Adelheid erbost. »Dennoch ist Georg nunmehr der alleinige Erbe von Titel und Besitz.«

»Diese Tatsache muss dich schwer treffen«, vermutete Henriette erregt und konnte eben noch verhindern, dass ihre Stimme vor Spott nur so triefte.

»So ist es«, entgegnete Adelheid jedoch nickend.

»Du hast deinen eigenen Sohn verbannt?« Martina konnte es nicht glauben. »Ich wusste nicht einmal, dass es einen zweiten Sohn gab. Stefan hat mir nie von ihm erzählt.«

»Aus gutem Grund!« Adelheid musterte die Witwe ihres Enkels voller Widerwillen. »Für unsere Familie existiert Georg nicht mehr. Deshalb wird auch nicht über ihn gesprochen. Georg hat sich damals entschieden, als er sich dem Beschluss der Familie widersetzte. Nun muss er mit den Konsequenzen leben!«

Henriette ertrug die Härte in der Stimme ihrer Schwiegermutter nicht mehr länger.

»Er hatte sich doch nur verliebt und wollte heiraten«, entfuhr es ihr unbedacht. »Was, um Himmels willen, war daran falsch?«

»Du scheinst vergessen zu haben, dass Georg eine kleine, widerwärtige Verkäuferin zu ehelichen gedachte«, sagte die alte Fürstin mit einem Blick, der Henriette beinahe erdolchte. »Sie war in keinster Weise standesgemäß …«

»Das war vor dreißig Jahren noch ein gewisser Makel«, klärte Henriette die Witwe ihres Sohnes auf, deren Gesicht sich immer mehr verschloss. Schließlich war auch Fürstin Martina – geborene Schmitz – keine standesgemäße Partie gewesen. »Zumindest in den Augen seiner Eltern.«

Auch Adelheid musterte sie voller Abscheu.

»Und das ist es heute noch«, tat sie kund, ohne sich darum zu scheren, wie sehr sie Martina damit verletzte. »Damals lebte mein geliebter Gemahl noch, und das Hausgesetz ließ uns keine andere Wahl, als der Familie jeglichen Kontakt mit Georg zu untersagen. Und deinetwegen sehe ich mich nun gezwungen, genau dieses Gesetz brechen zu müssen …«

Die alte Fürstinwitwe wandte sich nun ihrem Justiziar zu.

»Ich beauftrage Sie hiermit, meinen Sohn Georg ausfindig zu machen, Baron Junkersfeld.«

Lüder von Junkersfeld wechselte einen raschen Blick mit Henriette.

»Gibt es einen Anhaltspunkt, wo ich mit der Suche beginnen könnte?«, fragte er so sachlich wie möglich. »Hat Georg noch einmal geschrieben oder sonst irgendwie versucht, Kontakt aufzunehmen?«

»Selbstverständlich hat er das«, erklärte die Fürstinwitwe herablassend. »Es wird für ihn nicht leicht gewesen sein, auf die Annehmlichkeiten unseres Standes zu verzichten. Natürlich gab es Bettelbriefe, die wir jedoch umgehend vernichtet haben – selbstverständlich ohne sie zu lesen.«

»Woher weißt du dann, dass es Bettelbriefe waren?«, entfuhr es Henriette erstaunt.

»Was hätten sie sonst sein sollen?«, gab Adelheid kalt zurück. »Nein, Baron, ich kann Ihnen nicht sagen, wo Sie mit Ihrer Suche anfangen sollen. Georg studierte damals in Göttingen, als er diese … diese … Frau … kennenlernte. Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann. Während Sie sich auf die Suche machen, wird es sich Graf Pommerenke angelegen sein lassen, eine genaue Aufstellung unseres noch vorhandenen Vermögens zu machen, die er Georg dann übergeben kann.«

»Wobei ich eindringlich darauf hinweisen muss, dass es mit dem Vermögen nicht zum Besten bestellt ist, wie Sie wohl wissen, Durchlaucht«, ließ sich der Graf nun mit erstaunlich dünner Stimme vernehmen. Sie klang devot, aber auch sehr bestimmt. »Die Ausgaben des fürstlichen Haushaltes sind einfach zu hoch, und das marode Schloss selbst frisst uns kaum zu stopfende Löcher ins Budget. Der zukünftige Fürst wird über einschneidende Sparmaßnahmen nachdenken müssen.«

»So ist es«, pflichtete Adelheid ihm bei und bedachte sowohl Martina als auch Henriette mit einem vorwurfsvollen Blick, als wären sie allein schuld an den desaströsen Finanzen der Familie.

Martina, die schon aufbegehren wollte, fühlte die beruhigende Hand ihrer Schwiegermutter in ihrem Rücken, und so atmete sie nur tief durch.

»Wenn es so schlimm steht, könnte ich meinen Vater um Hilfe bitten«, bot sie widerstrebend an.

»Wir stehen an einem finanziellen Abgrund«, meldete sich Graf Pommerenke wieder zu Wort. »Man sollte die Möglichkeit nicht außer Acht lassen …«

Adelheid nickte. »Es würde Herrn Schmitz sicherlich zur Ehre gereichen«, war sie überzeugt. »Also bitte, Martina, unterrichte deinen Vater, dass er uns finanzielle Mittel zur Verfügung stellen darf!«

Die Arroganz, die aus ihren Worten sprach, erschütterte nicht nur Martina.

»Doch denken Sie daran, Fürstin, dass es mit ein paar Tausend Euro nicht getan ist«, fügte Karl Pommerenke hinzu und maß Martina mit einem zweifelhaften Blick.

»Ich verstehe.«