Zärtliche Melodie einer jungen Liebe - Laura Martens - E-Book

Zärtliche Melodie einer jungen Liebe E-Book

Laura Martens

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Fürstenkrone Classic In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. »Seine Königliche Hoheit, der Kronprinz, hat bei mir um deine Hand angehalten. Weiche Antwort darf ich ihm geben?« Prinzessin Ameli stand vollkommen unbeweglich im Erker des Salons, nur ihre großen grauen Augen verdunkelten sich ein wenig. Durch die hohen Spitzbogenfenster fielen Sonnenstrahlen herein und ließen ihr dichtes dunkles Haar glänzen, eine Strähne war ihr in die weiße Stirn gefallen und schien sich dort gleich einer kleinen Schlange zu winden. Ameli war von sehr zierlicher Gestalt und zweifellos eine ganz ungewöhnlich liebliche Erscheinung. Und sie war noch blutjung. Sie gab keine Antwort, und fast schien es, als hätte sie die Frage des Vaters nicht gehört. Aber dem war nicht so. Schreck und Überraschung lähmten ihr die Zunge. Forschend betrachtete der Herzog seine einzige Tochter, und für einen Moment stieg die unsinnige Hoffnung in ihm auf, Ameli könnte den Antrag zurückweisen. Aber er besann sich sofort. Allein der Gedanke war sinnlos. Man schlug die Werbung eines Kronprinzen nicht aus. Außerdem war es nicht die beste Lösung all seiner heimlichen Probleme? Aber sie würde auf Kosten seines einzigen Kindes gehen. Ein schreckliches Schuldgefühl gegenüber Ameli stieg plötzlich in dem Herzog empor und suchte nach einem Ausweg. Aber es gab keinen. »Ameli!« Sie wandte sich endlich dem Vater zu. »Es kommt so überraschend«

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Fürstenkrone Classic – 3–

Zärtliche Melodie einer jungen Liebe

Laura Martens

»Seine Königliche Hoheit, der Kronprinz, hat bei mir um deine Hand angehalten. Weiche Antwort darf ich ihm geben?«

Prinzessin Ameli stand vollkommen unbeweglich im Erker des Salons, nur ihre großen grauen Augen verdunkelten sich ein wenig. Durch die hohen Spitzbogenfenster fielen Sonnenstrahlen herein und ließen ihr dichtes dunkles Haar glänzen, eine Strähne war ihr in die weiße Stirn gefallen und schien sich dort gleich einer kleinen Schlange zu winden. Ameli war von sehr zierlicher Gestalt und zweifellos eine ganz ungewöhnlich liebliche Erscheinung.

Und sie war noch blutjung.

Sie gab keine Antwort, und fast schien es, als hätte sie die Frage des Vaters nicht gehört.

Aber dem war nicht so. Schreck und Überraschung lähmten ihr die Zunge.

Forschend betrachtete der Herzog seine einzige Tochter, und für einen Moment stieg die unsinnige Hoffnung in ihm auf, Ameli könnte den Antrag zurückweisen. Aber er besann sich sofort. Allein der Gedanke war sinnlos. Man schlug die Werbung eines Kronprinzen nicht aus. Außerdem war es nicht die beste Lösung all seiner heimlichen Probleme? Aber sie würde auf Kosten seines einzigen Kindes gehen.

Ein schreckliches Schuldgefühl gegenüber Ameli stieg plötzlich in dem Herzog empor und suchte nach einem Ausweg. Aber es gab keinen.

»Ameli!«

Sie wandte sich endlich dem Vater zu. »Es kommt so überraschend«, sagte sie leise. »Ich habe nie damit gerechnet, daß die Wahl des Kronprinzen auf mich fallen könnte.«

»Du bist ausersehen, eines Tages Königin zu werden«, sagte der Herzog matt.

»Ich hatte nie den Ehrgeiz, Papa.«

»Das weiß ich, Kind. Aber ich möchte, daß du dir vollkommen klar darüber bist, daß dies die unausweichliche Folge einer Heirat mit dem Kronprinzen wird. Du solltest gerade das gut bedenken. Man wird dir Verantwortung und Pflichten auferlegen, die vielleicht zu schwer für deine zarten Schultern sein werden.«

»Du sagst das in einem Ton, Papa, als wolltest du mir abraten und wagtest nur nicht, es direkt in Worte zu kleiden. Habe ich keine Wahl?«

»Du bist frei in deinen Entscheidungen, Ameli«, antwortete der Herzog heiser. »Du sollst wissen, daß ich dich zu nichts zwingen werde. Am wenigsten zu einer Heirat mit dem leichtlebigen Kronprinzen, dessen ständige Frauengeschichten doch in aller Munde sind. Du bist mein einziges Kind, Ameli, und ich wünsche nichts mehr als dein Glück. Glücklich werden aber kann eine Frau wie du nur an der Seite eines verläßlichen Mannes, dem sie vertrauen, an den sie sich anlehnen, auf den sie sich stützen kann, wenn sie einer Stütze bedarf. Und vor allem, von dem sie auch geliebt wird. Beim Kronprinzen mit seinen vielen Affären habe ich Zweifel.«

»Aber weshalb so, wenn nicht aus Liebe, sollte der Prinz mich heiraten wollen?« Es klang nachdenklich.

»Kind, es mag viele Gründe dafür geben. Ganz gewiß spielt deine edle Abstammung dabei eine Rolle. Sehr wesentlich dürfte auch deine Jugend sein. Man wünscht sich bei Hofe eine Frau an der Seite des Kronprinzen, die man leiten und nach seinen Wünschen formen kann. Keine Persönlichkeit, sondern eine Marionette. Ehen in regierenden Häusern werden selten aus Liebe geschlossen, darüber mußt du dir im klaren sein, Ameli. Und glaube mir, ich sage dir das nur sehr ungern.«

»Das ist schrecklich, Papa«, erwiderte das Mädchen leise. »Was soll ich tun?«

»Es gibt noch einen Mann, der dich gern zur Frau nehmen würde, Ameli. Und er liebt dich. Du weißt, wen ich meine. Und Kilian von Bärenegg ist bereit, auf dich zu warten, auch wenn es Jahre dauern sollte. Kilian würde dich niemals drängen, er läßt dir die Freiheit einer unbeschwerten Jugend, eben weil er dich so liebt.«

»Du sähest es lieber, wenn ich die Frau vom Bärenegger würde, Papa?«

»Ich sähe es lieber, wenn du nicht so bald schon heiraten würdest, Ameli.«

»Ist das der einzige Grund, weshalb du mich gerade jetzt an Kilian erinnerst?«

»Nein, Ameli. Ich denke auch an die Bürde, die eine Krone mit sich bringt und die abzuschütteln du niemals in der Lage sein wirst. Du bist so jung, fast noch ein Kind. Ich sähe dich gern vor einer solchen Last bewahrt, und das wärst du an der Seite Kilian von Bäreneggs. Überlege es dir gut, Ameli.«

»Aber ich habe niemals daran gedacht, Kilian zu heiraten«, sagte Ameli alarmiert. »Er ist doppelt so alt wie ich, und seine harte Art erschreckt mich oft.«

»Du bist noch ein Kind, und er ist ein Mann, der weiß, was er will. Was du als Härte ansiehst, ist das natürliche Durchsetzungsvermögen eines echten Mannes. Ich glaubte immer, du hättest ihn recht gern. Sollte ich mich so getäuscht haben?«

»Nein, Papa, ich mag Kilian. Aber ich habe doch immer nur in ihm den guten Freund und Ratgeber gesehen, niemals einen Mann, dem ich einmal angehören sollte. Der Gedanke erschreckt mich fast mehr als der an eine Heirat mit dem Kronprinzen. Und ich kann nicht einmal sagen warum.«

»Das macht mich sehr traurig, Ameli. Ich hätte dich gern in den Händen eines kraftvollen Mannes gewußt, der immer für dich da ist, der dich behütet, wie ich es mein Leben lang getan habe. Und der dich vor allem sehr zärtlich liebt.«

»Aber ich liebe Kilian nicht.« Es war wie ein Schrei.

Der Herzog musterte seine Tochter scharf.

»Du hast ihn gern, und daraus kann eine Liebe erwachsen. Vergiß nicht, Kilian läßt dir Zeit.«

»Ich werde Kilian niemals lieben können, Papa«, entgegnete Ameli mit ungewohnter Festigkeit, und tiefe Röte färbte das zarte Gesicht.

Einen Augenblick war es still zwischen den beiden Menschen. Dann fragte der Herzog: »Dein Herz ist nicht mehr frei, Ameli?«

»Nein, Papa.«

»Und wer – wer ist es? Darf ich wenigstens das erfahren?«

»Papa, bitte. Ich…«

Schwer ließ sich der Herzog in einen Sessel fallen. Schweißperlen standen plötzlich auf seiner Stirn. Mit fahriger Bewegung zog er ein Taschentuch und wischte sich damit über die Stirn.

»Dann bin ich verloren«, murmelte er. »Dann sind wir beide verloren!«

»Papa! Ich verstehe dich nicht.«

»Ich habe immer von Herzen gehofft, aus dir und Kilian würde eines Tages einmal ein Paar werden. Ich habe es hoffen müssen, wollte ich nicht verzweifeln. Und ich durfte auch hoffen, sah ich dich und Kilian so vertraut und so freundschaftlich. Nichts sprach dagegen, daß Kilian dein Herz nicht sollte gewinnen können. Ich glaubte, es gäbe in deinem Leben keinen anderen Mann als ihn. Und nun das.«

»Papa!« Ameli hatte sich neben dem Sessel des Vaters niedergekniet. Plötzlich war etwas wie Furcht in den schönen Augen.

Herzog Rainer strich mit zitternder Hand über das dunkle Haar seines Kindes.

»Du machst mir angst, Papa. Willst du mir nicht erklären? Ich bin kein Kind mehr, wie du glaubst.«

»Ja, Kind, ja, du hast wohl ein Recht darauf, die ganze Wahrheit zu erfahren, die so bitter, so demütigend für mich ist. Ich will dir alles sagen. Und dann urteile über mich, ich habe ein Urteil aus deinem Mund verdient, denn ich habe…« Wieder bedeckte er die Augen mit der Hand, schwieg eine Weile, sprach dann langsam und stockend weiter.

»Du weißt, Ameli, ich bin ein Herzog ohne Herzogtum. Alles, was ich, was unsere Familie einmal besaß, liegt im Osten. Arm wie Kirchenmäuse sind wir hier mit dir angekommen. Du warst noch ein Baby, hast deine eigentliche Heimat niemals kennengelernt. Wir lebten dürftig, unter bescheidenen Verhältnissen. Mama, an ein glanzvolles Leben ohne Sorgen im Luxus gewöhnt, ertrug es nicht. Sie wurde nervös, reizbar und schließlich krank. Aber dann kam eine Wende. Ich konnte ein Gut pachten, wenn ich mich verpflichtete, es im Laufe von zehn Jahren käuflich zu erwerben. Ich wußte, daß ich Ersatzansprüche dem Staat gegenüber geltend machen konnte, und ich verstand etwas von der Gutswirtschaft. Es ließ sich viel herauswirtschaften aus dem, was ich zunächst pachtweise übernahm. Das Gut warf mehr ab, als ich erhofft hatte. Mama blühte auf. Ich legte Gelder zurück für die spätere Kaufsumme, aber Mama begriff das nicht. Sie war niemals leichtsinnig, aber ein anderes Leben gewohnt. Sie begriff gar nicht, was es heißt, sich einzuschränken. Und dann dachte sie wohl auch an dich. Sie wollte Empfänge geben und Feste, wollte am Leben bei Hofe teilhaben. Kurz, das Geld zerrann unter den Fingern. Trotzdem war ich nicht mutlos, denn ich erwartete die Abfindung, die eines Tages fällig werden würde.

Ich will dich nicht mit Einzelheiten langweilen. Ich erhielt eine Abfindung, die sehr viel geringer war, als ich erhofft hatte. Und die Rücklagen aus dem Ertrag des Gutes waren geschmolzen. Der Tag jedoch, an dem ich den Kaufpreis zahlen mußte, rückte immer näher.« Der Herzog schwieg, von der Erinnerung überwältigt.

»Armer Papa«, sagte Ameli mitleidig. »Konntest du vom Kauf nicht zurücktreten?«

»Nein, Kind, das konnte ich nicht. Im Vertrauen auf die Gunst des Schicksals hatte ich Wechsel in Höhe des Kaufpreises unterzeichnet. Ein Gut zu verlassen, ist eine Sache – als Wechselbetrüger gehen zu müssen, eine andere. Eine solche Schmach hätte uns zu Ausgestoßenen gemacht. Das hätte man uns, die wir einen alten, edlen Namen tragen, niemals verziehen. Mama hätte es niemals verwunden. Und da warst du, ein halbwüchsiges Kind, dem wir eine sorglose Jugend und eine Zukunft an der Seite eines geeigneten Mannes aus bester Familie bereiten wollten. Du wärest von der Schmach mitbetroffen worden. Dein Leben wäre zerstört.«

»Und was geschah dann? Wir sind hier, das Gut gehört uns. Was hast du getan?«

»Ich versuchte, alles aus dem Gut herauszuholen, was nur möglich war. Und wieder hatte ich Glück. Und dann…«

»Und dann?«

»Dann erkrankte Mama. Ihre Behandlung verschlang Unsummen. Sie mußte teure Kuren machen und reiste ins Ausland zu Spezialisten. Wieder schmolz unser Kapital zusammen. In meiner Verzweiflung begann ich zu spielen. Ich versuchte mein Glück beim Roulett. Ich hätte wissen müssen, was für einen Fehler ich beging. Ich stand bald mit leeren Händen da. Mamas Krankheit verschlechterte sich merklich. Damals verkehrte Kilian schon in unserem Haus. Er war noch sehr jung, aber er übersah das ganze Ausmaß meines Unglücks. Und er sah dich. Du warst schon damals schön und versprachst, noch schöner zu werden. Kilian bot mir Geld, und mit Rücksicht auf Mama nahm ich es. Er verlangte keine Gegenleistung, er tat es aus Freundschaft, wie er sagte.

Einige Zeit später starb Mama. Du und ich, wir waren allein. Du warst erblüht, und es wollte mir das Herz brechen, dich eines Tages in elenden, unwürdigen Verhältnissen zu sehen, denn nun war das Verhängnis nicht mehr aufzuhalten. Man tuschelte bereits über uns, aber noch erhielt ich Einladungen vom Hof, noch war ich ein angesehener, ehrenwerter Mann. Niemand ahnte, daß ich niemals fähig sein würde, die Wechsel einzulösen. Der Tag der Fälligkeit rückte näher. Und eines Tages überraschte mich Kilian in tiefster Verzweiflung. Er sprach mir Mut zu. Und zum ersten Mal an diesem Tag sprach er von seiner stillen Liebe zu dir. Er war bereit, mir die Riesensumme zu geben, wenn ich nur einverstanden sei, daß du eines Tages seine Frau werden würdest.

Ich dachte an dich, an das elende Leben, das vor dir liegen würde, wenn ich ablehnte. Ich sah, wie herzlich du mit Kilian warst, wie sehr du ihn mochtest und glaubte, daraus würde eines Tages Liebe werden. Was hatte ich für eine Wahl? Ich hatte meinen Stolz unter dem Druck der Verhältnisse verloren. Du warst meine einzige Erbin, und nach meinem Tod würde das Gut allein an dich – und damit auch wieder an Kilian zurückfallen. Ich blieb ihm gar nichts schuldig, wenn du seine Frau wurdest. Und ich war so sicher, daß es dazu kommen würde. Ich war fast sogar glücklich, denn nun wußte ich deine Zukunft gesichert. An der Seite Kilians würdest du ein Leben führen, wie es dir zukommt. Und ich…«

Der Herzog sprach nicht weiter, er schlug die Hände vor das Gesicht, seine Schultern zuckten.

Ameli erhob sich aus ihrer knienden Stellung. Ihr Gesicht war sehr blaß.

»Und du versprachst mich Kilian«, sagte sie, und ihre feine Stimme klang wie geborsten. »Du dachtest nicht an mein Herz, nur an die Erhaltung des Gutes und unserer Ehre?«

»Kind, ich wollte nur dein Bestes. Wie hätte ich ahnen können, daß du dein Herz… Wer ist es eigentlich?«

Ameli schwieg, und die Blässe auf ihren Zügen vertiefte sich.

Hanno, dachte sie, und ihr war, als risse ihr jemand das Herz in winzig kleine Stücke und verstreute sie in alle Winde. Auch Hanno gehörte dem Hof an. Nie würde ihre Liebe Erfüllung finden können, nach alldem, was sie soeben erfahren hatte. Ganz klar sah sie die Zukunft vor Augen. Weigerte sie sich, Kilian zu heiraten, dann würde man den Vater und sie mit Schimpf und Schande aus dem Schloß jagen. Sie würden verachtet, geächtet sein. Kein Mann von Rang und Namen, kein Mann von Ehre würde ihr noch die Hand reichen.

Ameli war sich nicht eine Minute im Zweifel darüber, daß Kilian ohne Mitleid sein würde, wenn sie sich weigerte, das Versprechen einzulösen, das der Vater ihm gegeben hatte. Hatte sie niemals Freundschaft für Kilian empfunden, dann empfand sie jetzt nur noch Verachtung für ihn.

»Kilian hat mich gekauft«, sagte sie hart, »gekauft wie einen Gegenstand. Er hat nicht danach gefragt, was ich für ihn empfinden werde. Er hat ganz einfach ein Geschäft gemacht, ein Geschäft mit…« Sie brach ab.

»Ein Geschäft mit deinem Herzen und mit meiner Ehre«, ergänzte Herzog Rainer dumpf. »Ich begriff es zu spät. Frage mich nicht, was ich durchgemacht habe, als ich es erkannte. Ich verachte mich selbst. Und dennoch weiß ich nun nicht, ob ich in gleicher Lage nicht noch einmal so handeln würde. Ameli, begreife doch, Kilian handelte aus Liebe zu dir. Er wird dich auf Händen tragen. Liebe verwirrt den Menschen den Verstand und läßt sie Dinge tun, die unerklärlich sind. Er gab das Geld aus Liebe zu dir. Und ich nahm es, weil ich dich, mein einziges Kind, liebte und ihm eine sorgenfreie Zukunft schaffen wollte.«

»Deshalb also legst du so viel Wert darauf, daß ich die Werbung des Kronprinzen ablehne, Papa? Wird man nicht auch bei Hofe das übel vermerken?«

»Ich könnte sagen, du seiest seit langem Kilian von Bärenegg versprochen, und nur aufgrund deiner Jugend sei die Verlobung bisher nicht öffentlich bekanntgegeben worden.«

»Es wäre eine Lüge, Papa. Oh, daß Unrecht doch immer neues Unrecht nach sich ziehen muß.«

»Ist es denn ein so großes Unrecht, Kind? Ist es ein Unrecht, sein einziges Kind zu lieben, Ameli?«

»Ich verurteile dich nicht, Papa«, antwortete sie milder. »Dazu habe ich als deine Tochter nicht das Recht. Und wenn ich es hätte, ich täte es dennoch nicht. Aber begreife doch, daß ich Kilian jetzt niemals heiraten kann. Ich würde ihn hassen, weil ich stets daran denken müßte, daß er mich gekauft hat. Nach meinem Herzen fragt er nicht. Ich verabscheue ihn. Eher bin ich bereit, die Frau des Kronprinzen zu werden, als Kilian meine Hand zu geben. Wenn ich den Kronprinzen auch ebensowenig lieben kann wie Kilian, so muß ich den Prinzen doch wenigstens nicht verachten.«

»Ameli«, sagte der Herzog, und nun klang seine Stimme wie geborsten, »du kannst auch den Kronprinzen nicht heiraten. Es kann nur noch Kilian in deinem Leben geben.«

»Warum? Hat der Kronprinz nicht die Macht, auch mit Kilian fertig zu werden?«

»Die hat er wohl, aber ein Prinz aus regierendem Haus kann nicht die Tochter eines Herzogs freien, der Schande über sich und seine Familie brachte. Und daß meine Fehler bekannt werden, dafür wird Kilian dann wohl sorgen. Er wird das Gut und das Schloß noch vor der Hochzeit nehmen. Dein Vater wird ein Bettler sein, ein Ehrloser. Niemand wird sich darüber Gedanken machen, daß ich es deinetwegen tat. Ich bin kein guter Geschäftsmann. Und um Geschäfte ging es doch. Ich werde entehrt sein, verbannt vom Hof. Und meine Tochter kann der Kronprinz dann nicht mehr zur Frau nehmen, das ist unmöglich. Kilian hat dich und auch mich fest in der Hand. Und glaube mir, ich wünschte heute, ich könnte alles ungeschehen machen.«

Ameli wurde sehr nachdenklich. »Wäre die Situation dann heute anders?«

»Dann könntest du den Mann deines Herzens heiraten, Ameli.«

»Nein, Papa, er wüßte dann ja nichts von mir. Und wenn er mir durch Zufall irgendwo begegnet wäre, er hätte nicht wagen dürfen, mich zu lieben. Ich hätte ihm nur Unglück gebracht.«

»Also verkehrt auch er bei Hofe?«

Ameli gab keine Antwort, nur ihre Hände verkrampften sich leicht. Das Schweigen im Raum wurde drückend. Irgendwo schlug laut eine Uhr und machte die Stille noch spürbarer.

»Ich darf also dem Kronprinzen eine abschlägige Antwort geben, Ameli?« fragte der Herzog endlich vorsichtig.

»Ich muß es mir überlegen, Papa.«

»Was willst du tun? Was hast du vor, Ameli?«

»Ich weiß es noch nicht. Ich weiß nur, daß es über meine Kraft gehen würde, Kilians Frau zu werden.«

Herzog Rainer senkte den Kopf.

»Ich war bisher ein Kind«, sagte da Ameli, und es klang, als spräche sie nur zu sich selbst, »mir ist, als sei ich in dieser Stunde erwachsen geworden. Ich will versuchen, mein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Ich will versuchen...« Sie brach ab, als hätte sie schon zuviel gesagt. Eine steile Falte stand auf ihrer Stirn.

»Ich habe deine Achtung und deine Liebe verloren, aber ich habe es auch wohl verdient.«

»Nein, Papa, das hieße, dich für ein Unglück verantwortlich zu machen, das über jeden von uns einmal hereinbrechen kann. Du hast für mich das Beste gewollt. Daß es mir zum Unglück gereichte, das konntest du nicht voraussehen.«

»Ich hätte es voraussehen müssen.«

»Was hätte es an der Lage geändert? Nichts.«

»Aber was soll ich dem Kronprinzen sagen?«

»Sage ihm, ich müsse es mir überlegen. Sage ihm, sein Antrag hätte mich überrascht, sage ihm, ich hätte bisher noch nie an eine Heirat gedacht und müsse mich erst an den Gedanken gewöhnen. Er muß mir Zeit lassen.«

»Man wird dir die Zeit nicht lassen, Ameli. Der Hof hat Eile. König Maximilian ist kränklich. Er hat nicht mehr lange zu leben. Es ist ein offenes Geheimnis. Und er will seinen Sohn verheiratet sehen, bevor er ihn als seinen Nachfolger einsetzt. Er verspricht sich von der richtigen Frau einen guten Einfluß auf den Kronprinzen, der allzuoft mit seinen Affären das Volk verärgert hat.«

»Bin ich die richtige Frau?«

»Der König hält dich dafür.«

Ameli schwieg.

Später in ihrem Zimmer stand sie lange am Fenster. Sie weinte nicht, sie rang nicht die Hände. Ganz reglos stand sie da, und nur die Blässe ihrer Wangen verriet ihr Leid. Sie versuchte, klar und nüchtern die Situation zu sehen, aber wo bleibt der nüchterne Verstand, wenn das heiße Herz vor Liebe bebt?