Fußball: Durch Spielen zum Taktikfuchs - Steffen Breinlinger - E-Book

Fußball: Durch Spielen zum Taktikfuchs E-Book

Steffen Breinlinger

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Beschreibung

Taktik im Fußball theoretisch und praktisch verständlich zu vermitteln, ist nicht leicht. Der Bedarf an guten Lehrwerken ist deshalb in diesem Bereich überaus groß. Das im Buch beschriebene, dreistufige Spielreihenmodell ist ein ganz neuer Ansatz und wendet sich gezielt an Lehrer und Vereinstrainer. Entsprechend des Leistungsniveaus der zu trainierenden Gruppe werden zahlreiche Spielformen zu diversen taktischen Inhalten angeboten. Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Altersstufen als auch die Raumsituationen berücksichtigt. Alle Spielformen können direkt in die Praxis umgesetzt werden, wobei das Zielspiel immer im Blick behalten wird. Dieses einmalige Erfolgskonzept ist aus dem modernen Trainingsalltag nicht mehr wegzudenken.

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Seitenzahl: 152

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Danksagung

Liebe Mama, im Zweikampf mit deiner Gesundheit, den du gegen einen übermächtigen Gegner unter völlig ungleichen Voraussetzungen führen musstest, hattest du nie eine faire Chance zu siegen. Aufgeben war trotzdem keine Option für dich. Ich glaube fest daran, dass wir uns irgendwann alle wiedersehen werden und hoffe, dass dir auf der Himmelstribüne ein Logenplatz reserviert wurde. In Dankbarkeit und ewiger Verbundenheit, dein Sohn.

„Ich widme dieses Buch meiner Mutter, die am 6.11.2018 nach langer schwerer Krankheit verstorben ist. Herzlich bedanken möchte ich mich bei meiner wunderbaren Familie, für die rücksichtsvolle Ermöglichung dieses Projekts sowie bei allen anderen Personen, die mich bei der Realisierung tatkräftig unterstützten. Dabei gilt ein besonderer Dank Dr. Christian Keller, Geschäftsführer des SSV Jahn Regensburg, sowie Andreas Beck, DFB-Stützpunktkoordinator des Südbadischen Fußballverbandes.“

Allgemeiner Hinweis:

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir uns entschlossen, durchgängig die männliche (neutrale) Anredeform zu nutzen, die selbstverständlich die weibliche mit einschließt.

Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder der Autor noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, Haftung übernehmen.

Fußball – Durch Spielen zum Taktikfuchs

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Details sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie das Recht der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren – ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, gespeichert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2019 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen

Auckland, Beirut, Dubai, Hägendorf, Hongkong, Indianapolis, Kairo, Kapstadt, Manila, Maidenhead, Neu-Delhi, Singapur, Sydney, Teheran, Wien

Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)

Gesamtherstellung: Print Consult GmbH, München

ISBN 978-3-8403-7645-0

eISBN 978-3-8403-3714-7

E-Mail: [email protected]

www.dersportverlag.de

Danksagung

Vorwort

Zeichenerklärung

1Vorbemerkungen des Autors

1.1Variabilität, Individualität und Mentalität statt Ergebnisfußball

2Problematisierung

2.1Fußballspezifische Handlungsfähigkeit

3Der lange Weg zur spezifischen Spielfähigkeit

3.1Das Mehrebenenmodell nach Roth, Kröger und Memmert

4Im Spiel zum Taktikfuchs

4.1Das Taktikspielmodell

4.1.1Das Säulenmodell für Spielanfänger

4.1.2Das Kreisspiralmodell für Fortgeschrittene und Könner

4.2Spielen vs. Üben

4.3Das Drei-Stufen-Modell des Spielens

4.3.1Zielspielvorbereitende Spielformen

4.3.2Zielspielannähernde Spielformen

4.3.3Zielspielgetreue Spielformen

4.4Das Drei-Stufen-Modell des Übens

4.4.1Zielspielvorbereitende Übungsformen

4.4.2Zielspielannähernde Übungsformen

4.4.3Zielspielgetreue Übungsformen

5Das Spielkonzept „Taktikfuchs“

5.1Spielen im Kinder- und Jugendfußball

5.2Spielen im Seniorenfußball

5.3Konzeption des Spielreihenmodells „Taktikfuchs“

5.3.1Grundstruktur des „Taktikfuchses“

5.3.2Spezifische Ballbesitzspiele als Basis des Taktikerwerbs

5.3.3Die spielreihenimmanente Progression als Basis des Taktikerwerbs

5.4Allgemeine Trainingsgrundsätze des „Taktikfuchses“

5.5Pädagogische Trainingsgrundsätze des „Taktikfuchses“

5.6Methodische Trainingsgrundsätze des „Taktikfuchses“

5.7Prinzipien des Techniktrainings beim „Taktikfuchs“

5.8Prinzipien des Taktiktrainings beim „Taktikfuchs“

5.9Prinzipien zum Korrekturverhalten beim „Taktikfuchs“

5.10Zahnräder der Organisation beim „Taktikfuchs“

5.11Umsetzung eines Vorhabens in Theorie und Praxis beim „Taktikfuchs“

5.11.1Struktur eines Vorhabens auf Basis der Specific Possession Games (SPG)

5.11.2Praxisbeispiel auf Basis einer schwerpunktorientierten Umsetzung der SPG beim „Taktikfuchs“

5.11.3Struktur eines Vorhabens zur spielreihenimmanenten Progression beim „Taktikfuchs“

5.11.4Praxisbeispiel zur spielreihenimmanenten Progression beim „Taktikfuchs“

6Specific Possession Games (Ballbesitzfußball)

6.1Basisvarianten zum Ballbesitzspiel

6.1.1Offensive Überzahl außen gegen Defensive Unterzahl innen

6.1.2Offensive Überzahl außen mit Zentrumsspieler gegen Defensive Unterzahl innen

6.1.3Offensive Überzahl außen mit situativem Wechsel der Defensive innen

6.1.4Offensive Überzahl außen mit Schwerpunkt Passen durch das Zentrum

6.1.5Überzahlspiel unter komplexen und variablen Bedingungen

6.1.6„Doppelspielrecht“

6.1.7Überzahl innen mit Schwerpunkt Umschaltspiel (Drei-Farben-Spiel)

6.1.8Offensive Überzahl innen mit Schwerpunkt Umschaltspiel unter komplexen und variablen Druckbedingungen (Vier-Farben-Spiel)

6.1.9Gleichzahl innen mit optionalen Wandspielern außen

6.1.10Gleichzahl innen (Handball-Kopfball)

6.1.11Gleichzahl innen

6.1.12Gleichzahl innen mit Aufgabenwechsel

6.2Ballbesitzspiele auf Ziele

6.2.1Torabschluss nach Balleroberung (Defensive) in offensiver Überzahl

6.2.2Torabschluss mit optionaler offensiver Überzahl

6.2.3Pass in den Torraum in Überzahl

6.2.4Torabschluss nach Pass in den Torraum im Gleichzahlspiel

6.2.5Vertikalspiel in Gleichzahl innen

6.2.6Spiel über das Zentrum in Gleichzahl

6.3Ballbesitzspiele mit Wechsel des Zielraums

6.3.1Feldwechsel nach Pass in offensiver Überzahl

6.3.2Verlagerung des Balls über einen Zentrumspieler in offensiver Überzahl

6.3.3Umschalten von Defensive auf Offensive und umgekehrt in offensiver Überzahl

6.3.4Verlagerung nach Gegnerbindung in offensiver Überzahl

6.3.5Vertikalspiel in Gleichzahl

6.4Positionsspezifische Ballbesitzspiele

6.4.1Flügelpositionen

6.4.2Mit zunehmendem Gegnerdruck für die Offensive

6.4.3Nach kurzer Spieleröffnung über das Zentrum

6.4.4Gegen diverse Defensivtaktiken auf Linien und Tore

7Knipser (Linienfußball)

7.11:1 ohne Gegnerdruck

7.22:1 plus 1 ohne Gegnerdruck

7.32:1 plus 1

7.42:1 plus 1:1

7.51:1 – Gegner frontal mit großem Abstand

7.61:1 – Gegner frontal mit kleinem Abstand

7.71:1 – Gegner im Rücken

7.81:1 plus 1:1 auf zwei Längsfeldern

7.92:2 plus 2:2 auf getrennten Querfeldern

7.10Zielspiel Linienfußball unter wechselnden Gleichzahl- und Überzahlbedingungen

7.11Zielspiel Linienfußball in offensiver Überzahl

7.12Zielspiel Linienfußball in mannschaftlicher Gleichzahl in Offensive und Defensive

8Spielmacher (Gassenfußball)

8.1Vertikalspiel gegen eine Verteidigungskette

8.2Vertikalspiel in offensiver Rautenformation gegen eine Verteidigungskette

8.3Vertikalspiel gegen eine gestaffelte Verteidigungskette

8.4Vertikalspiel in offensiver Rautenformation gegen eine gestaffelte Verteidigungskette

8.5Vertikalspiel gegen eine Verteidigungskette mit Anschlussaktion der Defensive nach Ballgewinn

8.6Vertikalspiel gegen eine Verteidigungskette mit Anschlussaktionen für Defensive und Offensive

8.7Vertikalspiel gegen eine Verteidigungskette mit Gegnerdruck im Spielaufbau

8.8Vertikalspiel gegen eine Verteidigungskette mit komplexem Gegnerdruck im Spielaufbau und Anschlussaktionen für Defensive und Offensive

8.9Zielspiel Gassenball 1

8.10Zielspiel Gassenball 2

9Torfabrik (Kleinfeldfußball)

9.1Spiel am Flügel

9.2Spielaufbau

9.3Vertikalspiel

9.4Umschaltspiel von Defensive auf Offensive und umgekehrt

9.5Zusammenspiel

9.6Dribbling

9.7Spiel über das Zentrum

9.8Tore erzielen

9.9Toranschlussaktionen unter Druck verwerten

10Taktikfuchs (Zonenfußball)

10.1Positionsspezifisches Abschnittstraining im Zentrum

10.2Positionsspezifisches Abschnittstraining am Flügel

10.3Positionsspezifisches Abschnittstraining ganzer Positionsreihen

Literaturverzeichnis

Taktiklexikon

Bildnachweis

In meiner Funktion als DFB-Stützpunktkoordinator des Südbadischen Fußballverbandes und Co-Trainer der U-17-Nationalmannschaft verfolge ich seit geraumer Zeit die Entwicklung des Nachwuchsfußballs in Deutschland auf sehr intensive Art und Weise. Ich befinde mich daher in permanentem Austausch mit den Ausbildern des DFB, den Verbandssportlehrern der Landesverbände und auch mit vielen Trainerinnen und Trainern kleinerer regionaler Vereine. Schlussendlich fungiere ich in meiner Arbeit als Bindeglied zwischen leistungsorientiertem Fußball und der Ausbildung an der breiten Fußballbasis in ganz Deutschland.

Ohne ein stabiles Fundament an vielseitig und gut ausgebildeten Spielern wird es der deutsche Fußball trotz zunehmender Professionalisierung in allen Bereichen in den kommenden Jahren schwer haben. Wir brauchen Spieler, die sowohl Fertigkeiten mit dem Ball mitbringen als auch solche, die verstehen, diese unter hohem Gegnerdruck mit den richtigen Entscheidungen zu koppeln. Das ist jedoch nur möglich, wenn bereits im frühen Kindesalter Grundlagen gelegt werden, die dann nachhaltig ausgebaut und erweitert werden.

Freies Spielen in kleinen Spielformen zur Entwicklung der Kreativität, fordernde Übungsformen und die Einbeziehung von Spielern in Entscheidungsprozesse sind dabei elementare Themen, welche eine hochwertige Trainingsgestaltung ausmachen. Ein guter Trainer sollte sich stets bewusst sein, welches Klientel er vor sich hat und wie er dieses bestmöglich fördern kann. Dazu bedarf es einer stetigen Überprüfung und Anpassung seiner eigenen Arbeit mit den Spielern. Die eigene Weiterbildung sollte als Trainer daher nie zu kurz kommen.

Wenn wir zukunftsorientiert Spieler ausbilden wollen, benötigen wir Trainer, die sich stetig reflektieren und fortbilden, um aus einem großen Pool an unterschiedlichen Methoden und Übungen stets die passenden auszuwählen.

Steffen Breinlinger ist seit Sommer 2015 bei uns im Südbadischen Fußballverband als Stützpunkttrainer tätig und hat mit diesem Buch ein sehr aktuelles und hochinteressantes Angebot an Trainingsformen für engagierte Trainerinnen und Trainer geschaffen. Sowohl Kinder- und Jugendtrainer als auch Trainer im Erwachsenenbereich können von Steffens Arbeit nachhaltig profitieren.

Ich hoffe auf eine weite Verbreitung des Buchs. Viel Spaß beim Lesen und praktischen Anwenden!

Euer Andreas Beck

(DFB-Stützpunktkoordinator/Trainerteam U-17-Nationalmannschaft)

Auf konkrete Angaben zu Spielfeldgrößen wurde bewusst verzichtet, da eine situative Anpassung an die vorliegenden Gegebenheiten (Leistungsniveau, Spieleranzahl …) von entscheidender Bedeutung ist.

Grundsätzlich können folgende Größenangaben einer groben Orientierung dienen:

Grundform Knipser (Linienfußball): 15 x 7 m

Grundform Spielmacher (Gassenfußball): 20 x 15 m

Grundform Torfabrik (Kleinfeldfußball): 30-35 x 25-30 m

Taktikfuchs (Zonenfußball): immer realistische Zielspielräume

1.1Variabilität, Individualität undMentalität statt Ergebnisfußball

Immer noch allgegenwärtig sind uns die Eindrücke aus der vergangenen Weltmeisterschaft 2018 in Russland, bei der die taktische Ausrichtung der Mehrzahl aller teilnehmenden Mannschaften sehr defensiv geprägt war. Spielweisen, die ausschließlich Fußball verhindern wollten, anstatt ihn aktiv zu gestalten. Der neue Weltmeister Frankreich gilt als Sinnbild dieser Entwicklung, die im Wesentlichen einer Kontervermeidungsstrategie entsprach. 6-7 Spieler waren durchgehend hinter dem Ball. Der französische Stürmer Olivier Giroud wies am Ende des für Frankreich sehr erfolgreichen Turniers mehr gewonnene Defensivaktionen auf als Torabschlüsse.

Mannschaften, die sich dieser Herangehensweise widersetzten, schieden überwiegend sehr frühzeitig aus. Auffallend war dabei, dass selbst der amtierende Weltmeister Deutschland nicht in der Lage war, diese Abwehrbollwerke auszuhebeln. Lässt man leistungsbeeinflussende Faktoren, wie die Kaderzusammensetzung, motivationale Aspekte der Spieler sowie äußere Rahmenbedingungen außen vor, stellt sich trotzdem die Frage, ob die fehlenden Lösungsstrategien gegen tief stehende und kompakte Gegner nicht auf generelle Entwicklungstrends im Jugend- bzw. Juniorenfußball Deutschlands zurückgeführt werden müssen.

Einerlei, ob in unteren Amateurligen oder in Junioren-Bundesligamannschaften, gleichgültig, ob bei Bambinispielen oder A-Jugend-Partien, es spielt keine Rolle, ob Trainingseinheiten, Testspiele, Turniere oder Wettspiele – wir erleben eine eklatante Erfolgsorientierung. Das Ergebnis scheint dabei eine wesentlich größere Bedeutung zu haben, als der individuelle wie kollektive Entwicklungsprozess. Dieser Sachverhalt sorgt in seiner Konsequenz jedoch dafür, dass fußballerische Grundlagen, vor allem zum eigenen Ballbesitzspiel, verloren gehen. Das Training von Torvermeidungsstrategien nimmt einen deutlich zu großen Anteil ein. Technische sowie individual- und gruppentaktische Grundlagen zu genuinen Themenschwerpunkten der Offensive können somit nicht in gewünschtem Maße automatisiert werden, im Gegenteil, sie scheinen systematisch unterdrückt zu werden, um defensivspezifische Inhalte zu forcieren.

Insgesamt geht dadurch aber ein wesentlicher Anteil fußballerischer Flexibilität und Ausgewogenheit zugunsten einer besonderen Fokussierung der Torsicherung verloren. Daraus resultieren Defizite, die im Erwachsenenalter nicht mehr aufgeholt werden können. Fehlende offensive Lösungsstrategien, wie im Falle unserer Nationalmannschaft, sind dadurch die Folge.

Wir wollen keine Spieler, die in taktische Zwangsjacken gepackt werden, solche, die Marionetten taktischer Ideologien der Trainer sind. Wir wollen keine Spieler, die Angst haben, Fehler zu machen und keine, die ausschließlich ihre Aufgabe darin sehen, durch körperlichen Einsatz und destruktives Spielen den Gegner zu zermürben. Wir brauchen selbstbewusste, selbstkritische, selbst denkende und kreative Spieler, die lernen sollen, innerhalb eines vorgegebenen taktischen Konzepts selbstbestimmt und situationsadäquat flexibel zu handeln. Wir benötigen Spieler, die sich trauen, in 1:1-Situationen zu gehen, Spieler, die Torabschlüsse suchen und an einem kontrollierten und planvollen Ballbesitzspiel interessiert sind.

Es wird ein grundsätzlicher Umdenkprozess benötigt, in dessen Mittelpunkt die Ausbildung flexibler Allrounder steht. Eine zu frühe Spezialisierung und Bindung an Positionen versperrt eine ganzheitliche Ausbildung und zerstört die persönliche Kreativität und Flexibilität unserer Spieler. Grundsätzlich darf weniger das reine Ergebnis im Vordergrund stehen, sondern vielmehr, ob und in welcher Weise ein vorher klar definiertes Vorhaben erreicht wurde oder eben nicht.

Um einen Prozess erfolgreich zu bestreiten, müssen Rückschläge erlaubt sein. Fehler dürfen nicht zu Resignation, Angst oder Verzweiflung führen, sondern erfordern ein individuelles und kollektives Lernen, an dessen Ende im Optimalfall die Realisierung gewünschter Ziele steht. Gebt den jungen Leuten daher Zeit zur persönlichen Entwicklung und begleitet sie als Lehrer und Übungsleiter auf ihrem Weg.

Der Weg ist das Ziel, nicht das Ergebnis!

2.1Fußballspezifische Handlungsfähigkeit

Die Handlungsfähigkeit im Fußball generiert sich aus mehreren Faktoren, die in jeder einzelnen Spielsituation in unterschiedlicher Ausprägung und Zusammensetzung auftreten.

Diese können nach Friedmann (2009) wie folgt unterschieden werden:

Faktoren fußballspezifischer Handlungsfähigkeit

•Psychosoziale Faktoren (Wille, Motivation …),

•Rahmenbedingungen (Spielfeldbeschaffenheit, Temperatur, Zuschauer …),

•konditionelle Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit),

•koordinative Fähigkeiten (Umstellungsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit …),

•Taktik (Strategisches Denken, komplexes Wahrnehmen von Abläufen …),

•technische Fertigkeiten (Innenseitstoß, Drehkopfstoß …).

Das folgende Beispiel eines Spielzugs aus dem WM-Achtelfinale 2014 zwischen Argentinien und der Schweiz zeigt das Herausspielen eines Torabschlusses der argentinischen Mannschaft und macht dabei auf besondere Weise deutlich, welche komplexen Handlungsweisen ein solcher Spielablauf an alle Individuen, aber auch an Gruppenteile sowie den gesamten Mannschaftsverbund stellt. Auf die Darstellung sportartenübergreifender Faktoren, wie die Rahmenbedingungen und psychosoziale Einflüsse, wird bei der Analyse aufgrund ihrer erschwerten Messbarkeit verzichtet.

Passfolgen im abgebildeten Beispiel zum „Spiel in die Tiefe“

Spielsysteme:ARG: 4:4:2 (flach)SUI: 4:4:2 (flach)

Pass 1:

Fernandez (Innenverteidiger) Gago (defensiver Mittelfeldspieler)

Pass 2:

Gago (defensiver Mittelfeldspieler) Higuain (Sturmspitze)

Pass 3:

Higuain (Sturmspitze) Palacio (äußerer Mittelfeldspieler)

Obwohl die fußballspezifische Handlungsfähigkeit mehr als die Summe aller Einzelfaktoren ausmacht, müssen die Einzelbausteine, für sich gesehen, in der Form beherrscht werden, dass am Ende ein möglichst stabiles Gebilde entsteht. In seiner Konsequenz bedeutet dies, dass eine technische Fertigkeit, wie beispielsweise die Ballan- und -mitnahme, für sich als Basistechnik erworben werden muss. Nur dann kann eine technische Umsetzung im Spiel selbst gelingen. Andererseits ist es gerade für das Wettkampfspiel entscheidend, diese Fertigkeit im Kontext sich stetig ändernder Anforderungen in der konkreten Situation individuell korrekt anzuwenden, obwohl eine komplexe Einbindung in diverse gruppen- und mannschaftstaktische Abläufe des eigenen wie des gegnerischen Teams vorliegt.

Wenn man bedenkt, dass an jede Position andere Anforderungsprofile gestellt werden, die mit zunehmender Leistungsfähigkeit in „fluiden“ Mannschaftsgebilden lokal-situativ wechseln, stellt dies immense Anforderungen an die Vermittlung der zahlreichen Inhalte. Wir brauchen also Fußballer, die der „eierlegenden Wollmilchsau“ gleichkommen, quasi Allroundexperten. Zusätzlich sollten sogenannte Soft Skills vermittelt werden, die die personalen und sozialen Kompetenzen stärken und aus einem „Allroundexperten“ einen „flexiblen, druckresistenten, motivierten und teamfähigen Allroundexperten“ werden lassen.

Dieser Anspruch ist immens und bedarf einer sehr zielgerichteten und fokussierten Ausbildungs- und Trainingsstruktur, die sich jedoch immer an den Vorstellungen und Belangen der Sportler orientieren sollte.

FAZIT

Spezifische Spielsituationen erfordern spezifische Lösungen und Handlungsweisen der Spieler, die durch spezifische Inszenierungsformate spezifisch entwickelt werden müssen.

3.1Das Mehrebenenmodell nach Roth, Kröger und Memmert

Um den vielfältigen und sich ständig ändernden Anforderungen des Spiels gerecht werden zu können, muss den Spielern eine strukturierte und konzeptionell durchdachte Ausbildung zukommen. Diese verläuft in einem nicht umkehrbaren, dreistufigen Prozess, der auf einem spielerisch-impliziten Lernansatz basiert (vgl. Roth & Kröger, 2006). Die drei Ebenen werden dabei in eine sportspielübergreifende, sportspielgerichtete sowie sportspielspezifische Lerndimension untergliedert und können dabei hinsichtlich ihrer praktischen Vermittlung von Spielfähigkeit grundsätzlich charakteristischen Altersstufen zugeordnet werden, wobei jede Spielerbiografie individuell zu betrachten ist und diese Einteilung daher nur als grobe Richtlinie dient.

Für die praktische Umsetzung bedeutet dies, dass am Anfang einer Ausbildungskarriere zunächst eine allgemeine und sportartunspezifische Ausbildung steht, die mit Zunahme der Alters- und Könnensstufe schließlich in einer sportspielspezifischen Konkretisierung mündet. Kinder werden also nicht die Fußballstars von morgen, indem sie von Beginn an monoton mit Inhalten aus dem Fußballsport konfrontiert werden. Im Gegenteil, der Ansatz basiert auf einer Öffnung der Ausbildung, die frühestens mit 11 Jahren in eine inhaltlich-thematische Schärfung einer Sportart gelenkt wird.

Dabei sollen die Kinder wesentliche Gemeinsamkeiten sowie relevante Unterschiede zwischen den verschiedenen Sportartfamilien erkennen und erfahren können, um auf der Basis einer allgemeinen Auseinandersetzung mit Ballsport zu einer nachhaltig und langfristig aufgebauten fußballspezifischen Handlungsfähigkeit zu gelangen. Um einerseits den komplexen Faktoren gerecht zu werden, die eine sportliche Leistung beeinflussen, andererseits den charakteristischen Aufbau des Mehrebenenmodells zu berücksichtigen, wird auf jeder Ausbildungsstufe eine Kompetenzerweiterung durch die Schulung von Technik und Koordination sowie durch spielerisches Taktiklernen angestrebt.

Die jeweilige Gewichtung der einzelnen Teile und Komplexitätsgrade variiert innerhalb der verschiedenen Modellstufen, nimmt aber grundsätzlich mit zunehmender Spezialisierung zugunsten einer Vertiefung der spielerischen Taktikschulung bei sukzessiv ansteigender Komplexität zu (vgl. König & Memmert, 2012).

Im Folgenden soll eine Konkretisierung des Konzepts auf die Belange des Fußballs erfolgen (vgl. Daniel, 2014):

FAZIT

Eine umfassende Handlungskompetenz im Fußball wird durch eine aufeinander aufbauende Ausbildungskonzeption erlangt, die auf der Basis eines dreistufigen Prozesses vom sportspielübergreifenden hin zum sportspielspezifischen Lernen unter Berücksichtigung der Technik-, Taktik- und Koordinationsschulung erfolgt. Eine Fokussierung fußballtypischer Strukturen erfolgt erst auf der Ebene des sportspielspezifischen Lernens, welche frühestens mit 11 Jahren erreicht ist. Davor wird eine allgemeine Ballgewöhnung forciert, die durch die Auseinandersetzung mit sportspielübergreifenden Taktikphänomenen ergänzt wird.

4.1Das Taktikspielmodell

Je nach Niveau- und Altersstufe werden zwei Vermittlungsmodelle anhand ihrer Inhalte, Reihenfolge und zeitlichem Verhältnis zwischen Spielen und Üben voneinander unterschieden:

Das Taktikspielmodell (u. a. nach Wurzel, 2008)

 

Das Säulenmodell

Das Kreisspiralmodell

Niveaustufe

Anfänger

Fortgeschrittene

Lernstufe

Sportspielgerichtetes Lernen

Sportspielspezifisches Lernen

Sportspielübergreifendes Lernen

Altersstufe

Bis 10-11 Jahre

Ab 11-12 Jahre

Methodik

Unangeleitetes Spielen und implizites („unbewusstes“) Lernen

Explizites Spielen und Üben

Taktik

Fähigkeiten/Fertigkeiten werden isoliert im Nebeneinander eines Trainings ausgebildet.

Übung von Fähigkeiten und Fertigkeiten erwächst aus der Reflexion einer erlebten Spielform.

Koordination

Struktur

4.1.1Das Säulenmodell für Spielanfänger

Nach König (2018) basiert dieses bevorzugt im Anfängerbereich existierende Modell auf einer isolierten und voneinander thematisch unabhängigen Vermittlung ausgewählter Technik-, Taktik- und Koordinationsbausteine. Optimalerweise wird das koordinative Element an den Beginn des Trainings gestellt, da aus verletzungsprophylaktischen Gründen eine Schulung in einem erwärmten, aber erholten und konzentrierten physischen wie psychischen Zustand erfolgen sollte.

Die anderen Bausteine können prinzipiell beliebig angeordnet werden. Aus motivationaler Sicht scheint ein Exponieren des spielerischen Taktikblocks im Zentrum der Einheit plausibel zu sein. Der Ausbilder arrangiert dabei ein Spiel- und Übungsangebot, das die Lernenden ohne ein Einschreiten und Steuern seitens der Lehrperson bestreiten. Der Lernzuwachs erfolgt dabei implizit, das heißt, dass ein unbewusster und beiläufiger Lernzuwachs angestrebt wird, der von den Sportlern deshalb auch nicht verbalisiert werden kann. Dieser Ansatz unterscheidet sich fundamental vom Kreisspiralmodell, das gerade auf ein beabsichtigtes und bewusstes Lernen abzielt und daher ein In-Worte-Fassen des Erlebten ermöglicht.

FAZIT

Dieses nach dem „Baukastenprinzip“ funktionierende Modell erfordert eine Verwirklichung verschiedener Technik-, Taktik- und Koordinationserfahrungen, die ein unbewusstes Ausbilden sportlicher Kompetenzen ermöglicht.

4.1.2Das Kreisspiralmodell für Fortgeschrittene und Könner

Angelehnt an die badmintonspezifische Realisierung dieses Modells können nach Wurzel (2008) folgende allgemeingültigen Aussagen getroffen werden:

Die Lehrperson wählt anhand eines konkreten Themenschwerpunkts eine Spielform aus, die die Spieler mit gewollten taktischen Problemen bewusst konfrontiert und nach entsprechenden sinnvollen taktischen Handlungsweisen verlangt. Dabei werden von den Spielern Lösungsansätze gewählt, die für die Übertragung ins Zielspiel mehr oder weniger Erfolg versprechend sind. In einer Reflexionsphase stellen die Lernenden ihren Lösungspool schließlich vor. Gemeinsam werden die gewählten individuellen Strategien inhaltlich auf ihre Stärken und Schwächen geprüft, um daraus schließlich eine plausible taktische Handlungsweise abzuleiten, die für diesen konkreten Taktikschwerpunkt einleuchtend erscheint.