G.F. Barner 245 – Western - G.F. Barner - E-Book

G.F. Barner 245 – Western E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. Western von G. F. In den dunklen Augen Mike Batlins spiegeln sich die Flaschen des Regals vom »Santa Rita Saloon« wider. Mikes schaufelartige Hände packen Jessup, den Waiter des Saloons, an den Rockaufschlägen und ziehen den Mann mit einem Ruck quer über die Tischplatte. Dabei kippt die leere Flasche um und landet klirrend auf dem Fußboden. Nick Batlin, der zweitälteste Bruder, kichert leise. Sammy Batlin, der jüngere Bruder, grinst amüsiert. »Soso«, faucht Mike, »habe ich recht gehört, mein lieber Freund? Wir bekommen keinen Schluck Brandy mehr?« Bei diesem »lieben Freund« dreht sich Jessup der Magen um. »Kchrzz!«, macht der Waiter, der unter dem harten Griff kaum Luft bekommt. »Harrr …, hat der Boss gesagt.« »Ach, wirklich?«, fragt Mike Batlin verwundert und sieht verblüfft seine Brüder an. »Und du hast dich nicht verhört?« »No … Nein!«

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G.F. Barner – 245 –

Sehnsucht nach dem Galgen

G.F. Barner

Sehnsucht nach dem Galgen

Western von G. F. Barner

In den dunklen Augen Mike Batlins spiegeln sich die Flaschen des Regals vom »Santa Rita Saloon« wider. Mikes schaufelartige Hände packen Jessup, den Waiter des Saloons, an den Rockaufschlägen und ziehen den Mann mit einem Ruck quer über die Tischplatte. Dabei kippt die leere Flasche um und landet klirrend auf dem Fußboden.

Nick Batlin, der zweitälteste Bruder, kichert leise.

Sammy Batlin, der jüngere Bruder, grinst amüsiert.

»Soso«, faucht Mike, »habe ich recht gehört, mein lieber Freund? Wir bekommen keinen Schluck Brandy mehr?«

Bei diesem »lieben Freund« dreht sich Jessup der Magen um.

»Kchrzz!«, macht der Waiter, der unter dem harten Griff kaum Luft bekommt. »Harrr …, hat der Boss gesagt.«

»Ach, wirklich?«, fragt Mike Batlin verwundert und sieht verblüfft seine Brüder an. »Und du hast dich nicht verhört?«

»No … Nein!«, keucht Jessup. »Mr Batlin, er hat gesagt, Sie und Ihre Brüder hätten genug.«

Nick Batlin hat sein Gekicher eingestellt. Er angelt sich eine der vier ausgetrunkenen Flaschen vom Boden.

»Genug – well!«, zischelt Nick und schlägt mit der Flasche einmal kurz zu.

Stanley Jessup sieht ein Feuerwerk und rutscht zu Boden, als Mike ihn loslässt und brummt: »Nick, setz ihn auf den Stuhl!«

Nick erhebt sich und wuchtet zusammen mit Little-Sammy den Waiter hoch, sie pressen ihn auf die Sitzfläche, verschränken Jessups Arme auf der Tischplatte und legen seinen Kopf darauf. Der gefährlich schwankende Sammy lacht krächzend.

»Fang dich, du Hohlkopf!«, fährt Mike ihn wütend an. »Geh hinaus und knall die Tür hinter dir zu! Verstanden? Du bleibst draußen.«

»Ja, Bruder.«

Das ist alles, was der kleine Sam Batlin noch zu sagen wagt. Er gehorcht immer, denn macht er es nicht, bekommt er von Mike einen Tritt, das ist sicher. Wer die Bekanntschaft der Batlins gemacht hat, weicht ihnen von da an in großem Bogen aus. Obwohl die Batlins in Arizona leben, sind sie und ihre rauen Taten auch in New Mexico bekannt. Betreten sie einen Saloon, kann man wetten, dass er sich in zwei Minuten geleert hat. Allein ihr Erscheinen reicht aus, um eine ganze Stadt in Angst und Schrecken zu versetzen.

Diese drei wilden Burschen sind am frühen Nachmittag nach Santa Rita gekommen. Der Saloon ist seitdem leer. Auf der Straße zeigt sich kaum jemand.

»He, Nicky«, zischelt Mike jetzt, »komm mit.«

Nick folgt seinem großen Bruder wie ein kleiner Hund. Mike geht zum Tresen und duckt sich. Auch Nicky geht in die Knie. Im gleichen Augenblick wirft Sam die Saloontür donnernd ins Schloss.

»Was hast du vor?«, fragt Nicky leise.

»Das wirst du gleich sehen«, erwidert Mike gedämpft.

Nick fragt sich, was das zu bedeuten hat. Er wartet eine Minute und sieht seinen großen Teufelsbruder verstört an, als es irgendwo hinter dem Tresen leise kratzt. Eine Tür knarrt. Jemand atmet kaum drei Schritt vor ihnen schwer und erregt. In Mikes Augen taucht ein böses Funkeln auf, als die erste Diele knackt.

Er ist wirklich gerissen, mein großer Bruder, denkt Nicky. Alle Teufel, auf die Idee wäre ich nie gekommen.

Und in diesem Augenblick stößt Jablonski, der Pächter des Saloons, hinter dem Tresen entsetzt hervor: »Gott der Gerechte, diese Satansbrut hat ihn erschlagen!«

Da hastet Jablonski mit seinen krummen Beinen auf den »eingeschlafenen« Waiter zu: »Jessup, Gott der Gerechte, was haben sie mit dir gemacht? He, Mann, was ha…«

Und mehr sagt Jablonski nicht. Der Mann hört das Knacken der Dielen hinter sich. Er hat vom Tresen aus durch das eine Saloonfenster Sam Batlin gesehen. Und danach hat Jablonski geglaubt, alle Batlins wären aus dem Saloon gegangen.

Wie von der Tarantel gebissen fährt Jablonski herum, sieht die beiden Batlins – und verfärbt sich, weicht in panischer Furcht an die Wand zurück.

»Satansbrut?«, fragt Mike Batlin giftig. Er kommt auf ihn zu und stiert ihn drohend an. »Hast du Lump Satansbrut gesagt? Kein Brandy mehr für uns, he?«

Nick ist nach rechts gegangen. Sie nähern sich Jablonski von zwei Seiten. Der Mann kann nicht mehr weg, er hebt abwehrend die Hände.

»Nein … Nicht!«, kreischt Jablonski entsetzt. »Mr Batlin – Mr Batlin, ich …«

Draußen hört Sam das Geschrei des Saloonpächters und öffnet vorsichtig die Außentür. Er sieht gerade noch, wie seine Brüder Jablonski zum Tresen schleifen und mit dem Kopf ins Spülbecken tauchen. Blubbernd steigen Blasen hoch, bis Jablonski wieder hochgerissen und auf die Beine gestellt wird.

»Das ist für die Satansbrut!«, knurrt Mike giftig. Seine Faust trifft den kleinen Saloonkeeper am Kinn und schleudert ihn über den Tresen. Jablonski bleibt besinnungslos auf der Schwelle zum Hinterraum liegen. »Sam, komm herein.«

*

Die Stagecoach von Kingston nach Santa Rita steht kaum, als Bill Manson das laute Grölen aus dem gegenüberliegenden Saloon hört.

»Eine Viertelstunde Aufenthalt!«, ruft Clint Howell, Mansons Beifahrer, nach unten zum Kasten. »Wer Lust auf einen Napf Kaffee hat, kann aussteigen.«

Dann hebt Howell den Kopf und sieht Manson fragend an. Die Kutsche hält vor der Station, die gleichzeitig Sitz der örtlichen US Mail ist. Aus dem Schatten des Vorbaudaches tritt Boardman, der Stationsverwalter.

»Bill, die Batlins sind drüben und haben Jessup und Jab niedergeschlagen. Die Kerle sind restlos betrunken.«

Bill Manson, einer der ältesten und kaltblütigsten Fahrer der Arizona-New Mexico, runzelt die Brauen.

»So, die drei Stinktiere?«, fragt er verächtlich. »Sollen besser drinbleiben, das rate ich ihnen. Diese Batlins, ausgerechnet diese Teufel. Und warum helft ihr Jab und Jessup nicht?«

»Du großer Gott, sind wir lebensmüde?«, stößt Boardman heraus. »Gentlemen, Ladys, alles aussteigen.«

Aus der Kutsche zwängt sich ein dicklicher rotwangiger Reisender. Hinter ihm erscheint eine Lady. Sie ist groß, schlank und hat blauschwarzes Haar. Eine Schönheit.

»Guten Tag, Lady Pattney«, grüßt Boardman überrascht.

Das Mädchen mag etwa zweiundzwanzig Jahre alt sein. Es trägt den Kopf stolz erhoben, nickt Boardman kurz zu und sieht sich dann um. Ohne einen der Männer anzublicken, geht sie in den Aufenthaltsraum der Station.

»Allmächtiger, ich werde verrückt«, flüstert Boardman Manson zu. »Bill, sie fährt mit einer unserer Kutschen? Wenn das Ross Freemont wüsste.«

»Ich nehme an, dass er es weiß«, erwidert Manson gedämpft. »Er hat sie bis dicht vor unsere Station in Socorro gebracht, der alte Lügenbeutel.«

»Großer Gott, wenn das Girl hört, wie du Ross nennst.«

»Er ist ein Lügenbeutel, ich weiß es«, gibt Manson düster zurück. »Und gemein und hinterhältig ist er auch noch. Schade, dass ich es ihm nicht selber sagen konnte. Sie will mitfahren bis zur Burro Station, also will sie zu ihren Eltern. Sie ist ein Passagier wie jeder andere, verstanden?«

»Ein Passagier wie jeder andere?«, echot Boardman. »Mein lieber Mann, wenn sie wollte, könnte sie Ross Freemont heiraten.«

»Du bist verrückt. Sie versieht nur seinen Haushalt«, knurrt Manson. »Ross und das Girl, ein alter Mann und ein junges Mädchen, da lachen ja die Hühner. Los, geh hinein, wir schirren die Pferde aus.«

Santa Rita ist Pferdewechselstation.

*

Die Passagiere sind gerade eingestiegen, als Manson auf den Bock will und sich umsieht.

»Ziegenbart«, sagt jemand am Vorbau des Saloons drüben. »He, Ziegenbart Manson, warte mal.«

Die Batlins, verdammt, denkt Manson grimmig. Was wollen die Halunken von mir? Mich Ziegenbart zu nennen.

»Clint, Achtung«, ruft er leise zu Howell hoch.

Dann wendet er sich träge um. Mike und Nick Batlin kommen den Vorbau herunter. Nick schwankt etwas, Mike aber geht ganz normal.

»Hallo, Mike! Ist was?«, fragt Manson kühl.

»Ziegenbart, wir wollen mitfahren.«

»Was wollt ihr?«, erkundigt sich Manson gelassen. »Mike, die Kutsche ist besetzt.«

Mike kommt näher, Nick hält sich links. Wann immer sich die Batlins einem Ziel nähern, sie tun es immer von zwei Seiten aus.

»Sagtest du besetzt?«

»Das sagte ich, Mike. Kein Platz mehr in der Kutsche.«

Mike bleibt stehen, glotzt dumm und spuckt aus. Dann schüttelt er störrisch den Kopf und mault: »Unser kleiner Bruder hat zu lange an der Brandyflasche gerochen, Ziegenbart Manson. Er kann nicht mehr reiten. Außerdem sind unsere Pferde müde. Wir binden sie hinten an die Kutsche, kapiert?«

»Ich sagte, es ist kein Platz mehr, Mike«, erklärt Manson scharf. »Genügt dir das nicht?«

»No, ich will selbst sehen. Ziegenbart, ärgere mich nicht, sonst …«

»Was sonst?«, fragt Manson unerschrocken. »Mike, du solltest mir nicht drohen, es könnte dir schlecht bekommen.«

»Du alter Tattergreis, du klapperst ja beim Gehen mit den Knochen«, entgegnet Mike wild. »Ich will sehen, ob sie wirklich besetzt ist. Geh mir aus dem Weg.«

»Sieh doch nach.«

Manson macht einen Schritt zur Seite, Mike tritt an den Schlag und reißt die Tür auf. Dann stößt er einen schrillen Pfiff aus.

»Sieh an, Miss Pattney in einer Kutsche vom alten Jim Parker«, stellt er erstaunt fest. »Ob das Freemont gefallen wird? Na, mir kann es gleich sein. Wahrhaftig, kein Platz mehr für unsereins, aber …«

Und dann wirbelt er jäh herum.

Sein Faustschlag trifft den Alten und befördert ihn hinter den letzten Gespannpferden über die Deichsel hinweg. Manson bleibt halb betäubt unter der Deichsel liegen.

Auf dem Bock reagiert Clint Howell schneller, als die Batlins erwartet haben. Unerschrocken schlägt Howell seine schwere Schrotflinte auf Nick Batlin an.

»Mike!«, faucht Howell, der unheimlich gewandt und hart ist. »Weg vom Wagen, du Stinktier, sonst ist dein Bruder ein zerhacktes Steak.«

Mike Batlin weicht überrascht zurück. Gleichzeitig aber schiebt sich über die eine Fensterbrüstung des Saloons ein Gewehrlauf. Das Fenster steht offen, und Sam Batlin ruft mit überschnappender Stimme: »Howell, lass fallen, sonst hältst du nie mehr eine Schrotflinte in den Händen. Eins, zwei …«

Clint Howell zögert einen Augenblick. Dann senkt er die Läufe und stößt einen unterdrückten Fluch aus.

»Fallen lassen!«, wiederholt Sam Batlin von drüben. »Hörst du schlecht, Howell?«

Mit einem Zähneknirschen lässt Howell die Waffe in den Staub neben der Kutsche fallen. Grinsend geht Nicky Batlin los und hebt die Waffe auf, betrachtet sie und holt plötzlich damit aus. Er trifft Howells rechte Schläfe. Clint neigt sich ganz langsam zur Seite, dann kippt er am wegspringenden Nick Batlin vorbei vom Bock.

»Der zielt nicht noch einmal auf mich«, zischelt Nick Batlin und gibt Howell noch einen Tritt. »Wir machen jetzt eine Spazierfahrt. Wollte schon immer mal mit einer Kutsche fahren. Alles aus dem Kasten, aussteigen, Leute, wir brauchen das Ding selber. Sie auch, Miss.«

Er hat die Flinte unter dem Arm.

»Batlin, daran werden Sie noch denken«, erwidert das Mädchen zornig. »Sie benehmen sich wie ein Bandit.«

»Wir wollen nur ein Stück fahren«, erwidert Nick hämisch. »Das ist ein Spaß. Sie verstehen? Los, raus mit euch.«

Von drüben taucht nun Sam auf. Er schwankt bedenklich, ist aber noch fähig, sein Gewehr auf Boardman zu richten, der auf dem Vorbau der Station steht.

»Boardman, keine Tricks«, kräht der besäuselte Benjamin der Batlins. »Ihr bekommt die Kutsche wieder, wir wollen nur eine Runde fahren.«

Boardman presst die Zähne zusammen.

»Wenn Lannigan das hört«, knirscht er dann, »erlebt ihr was. Ihr seid ja betrunken, ihr Burschen.«

»Sind wir.« Mike Batlin grinst. »Darum wollen wir einen Spaß haben. Scher dich rein, du Dickhase. He, Manson, kriech da besser heraus, Ziegenbart, ich werde gleich abfahren. Passagiere an den Vorbau zurücktreten.«

Der dicke Reisende schleppt seine Mustertasche mit. Die Lady würdigt die Batlins keines Blickes. Der Schmied aus Lordsburg, der die Batlins in unrühmlicher Erinnerung hat, steigt aus. Hinter ihm erscheint James Morgan, ein rothaariger Rancher aus dem Gebiet der Mesa del Oro.

»Ihr könnt das nicht machen«, sagt Morgan aufgebracht. »Ich habe für eine störungsfreie Fahrt bezahlt.«

»Du kannst gleich noch was bezahlen, eine Beule, wenn du den Mund nicht hältst«, faucht Mike ihn an. »Du Raubrancher, verschwinde. Sie auch, Madam, kommen Sie nur heraus.«

Die prustende dickliche Miss Abernathy aus Silver City wuchtet sich aus dem Kasten und sieht Mike Batlin zornig an.

»Mike Batlin, komm nie wieder in unser Hotel essen, du bekämest nichts, verstanden?«

»Dann fressen wir dich«, gibt Nick von der anderen Seite spottend zu verstehen. »Mammy Abernathy, sei friedlich.«

Manson kommt nun unter den Deichselschemel hervorgekrochen.

Manson steht neben den Pferden und sieht nun, wie Mike Batlin seinen kleinen Bruder Sam in die Kutsche schickt. Auch Nick steigt drüben ein. Er macht das Fenster auf und richtet sein Gewehr gen Himmel. An der anderen Seite schiebt Sam das Gewehr heraus und grinst Boardman und die Passagiere höhnisch an.

»Pass auf, dass sie keinen Unsinn machen, Samuel«, ermahnt ihn Mike. Dann klettert er auf den Bock und nimmt die Peitsche. »Yeeaaah, lauft!«

Er holt mit der Peitsche aus und schlägt auf die Pferde ein.

*

Als die vier Pferde wiehernd und erschrocken anspringen, spürt Mike Batlin nur noch einen gewaltigen Ruck an seinem linken Arm. Eine unbekannte fürchterliche Macht reißt Mike Batlin, aber nicht die Kutsche nach vorn.

Erst in diesem Augenblick begreift Mike Batlin, warum Manson rechts vor den Pferden stehen geblieben ist.

Der Deichselbolzen, denkt Batlin noch. Der verfluchte Schurke, er hat den Deichselbolzen herausgezogen.

In diesem Moment geschieht das, was der kaltblütige Old Bill Manson erwartet hat. Die Pferde rasen los. Mike, das Ungeheuer in Menschengestalt, hat die Leinen zu fest um den Unterarm gewickelt. Die Deichsel schießt aus dem Drehschemel heraus und fällt zu Boden. Über den reißen die Pferde sie hinweg.

Der Ruck reißt Batlin vom Bock. Die Leine um Batlins Handgelenk löst sich nicht. Sie schnürt ihm stattdessen die Sehnen und Muskeln des Unterarms zusammen. Batlin schießt vornüber, rammt mit den Knien das Kastenbrett und prallt mit dem Kopf gegen das Deichselende.

Danach lösen sich die Leinen von Batlins Arm. Vier Yards wird Batlin noch über die Straße geschleift, dann bleibt er wie tot liegen.

Die Kutsche hat sich nicht vom Fleck gerührt. Im Kasten hocken Mikes wilde Brüder und starren sich entsetzt an.

Keiner von ihnen sieht, wie Old Bill Manson mit Riesensprüngen neben den Pferden herrennt. Manson greift blitzschnell zu den Sielen hoch und springt. In der folgenden Sekunde landet Manson auf dem Rücken des einen Gespannpferdes. Er reißt das Tier an den Leinen nach links und brüllt scharf: »Boardman, ins Haus!«

Der kommt sofort der Aufforderung nach.

»Mike, was ist los?«, brüllt Sam aufgeregt. Er stößt den Schlag auf und springt hinaus. »Mike, wo …«

Da sieht Sam die gekrümmte Gestalt am Boden liegen. Die schleifende Deichsel hat eine Staubwolke hochgewirbelt, und ehe auch Nick Batlin begreift, was passiert ist, kommen die Pferde schon zurück.

Der alte Bill Manson liegt auf dem Rücken des rechten, vorn laufenden Gespannpferdes. Die Tiere kommen auf Nick Batlin zugerast. Manson lenkt die Pferde haarscharf rechts an der Kutsche vorbei. Nick springt aus dem Kasten, sieht die Pferde kommen, hat die Tür zugeknallt und muss zurück.

Er hat gerade noch Zeit, sich unter den Kasten zu werfen. Dann preschen die Pferde an ihm vorbei, überschütten ihn mit Staub. Er schreit nach Sam, doch der kann ihm nicht helfen. Ehe Sam Batlin erkennt, was Manson vorhat, jagen die Pferde in den Hof der Station. Und Manson brüllt Howell zu: »Tor zu, schnell, Clint!«

Der reagiert blitzschnell. Er reißt den Torflügel herum und lässt dann den Riegel fallen. Im gleichen Moment springt Manson vom Pferd, hastet zu der Regentonne an der Hausecke, steigt auf den Deckel, zieht seinen Revolver und blickt über den Zaun hinweg.

Der staubbedeckte Nick Batlin kommt prustend unter der Kutsche hervorgekrochen. Sam ist zu Mike gerannt und kniet neben seinem großen Bruder.

»Nick!«

Mansons scharfer Ruf lässt Nick erstarren. Der starrt auf Mansons Revolver und verfärbt sich.

»Los, Hand runter und Colt weg!«, bellt Manson ihn an. »Ich sage dir, du Strauchdieb, ich drücke ab.«

Nick Batlin wird bleich. Drüben stöhnt Mike, der einen zu harten Schädel hat, um lange bewusstlos zu bleiben. Mike setzt sich auf, zieht seinen Colt, als Nick schrill ruft: »Mike – Mike, dieser alte Schurke Manson hat mich vor dem Lauf.«

»Und ich …«, keucht Mike abgerissen, während er seine Waffe auf die verstörten Passagiere richtet, »ziele auf deine Fahrgäste, Ziegenbart. Morgan, die Hände über den Kopf.«

Der Rancher hebt die Hände. Er weiß zu gut, dass der wilde Bursche Batlin nicht blufft.

»Mike, ich werde Nick erschießen, Grund genug habe ich!«, brüllt Manson wütend. »Ich warne dich, Mike, bedrohe keinen Passagier mit dem Colt.«

»Du bluffst nur, du verdammter Ziegenbart«, meldet sich Mike Batlin und steht auf. »Drück ab, wenn du sehen willst, wie mein Colt Feuer spuckt. Nick, komm rüber, der Kerl wagt es nicht. Er weiß ganz gut, dass er uns nicht alle drei umbringen kann.«

Zwar hat jetzt auch Clint seinen Colt in der Faust und taucht am anderen Ende des Zaunes auf, aber er wagt nicht zu schießen.

Als Boardman im Untergeschoss der Station vorsichtig das eine Fenster öffnen will, ruckt Mike Batlins Colt blitzschnell herum. In der nächsten Sekunde kracht der Schuss. Die Kugel zertrümmert die Fensterscheibe und schlägt in den Rahmen, schleudert das Fenster ganz auf. Und Batlin sagt voller Wut: »Wage es, Boardman, ich knalle dich über den Haufen, sobald du deine Nase heraussteckst. Morgan, herkommen. Nimm die Beine in die Hand, Mann, ich schieße sonst. He, dicker Mister, schließen Sie sich gleich an, auch Sie, Miss Pattney.«

Der kleine dicke Reisende mit der Tasche schwitzt vor Furcht. Er kommt mit Morgan. Nick Batlin weicht bis an die Kutsche zurück, schiebt sich blitzschnell zur anderen Seite und stößt drohend hervor: »Manson, wenn ich dich jemals allein treffe, schieße ich dir die Ohren ab, das verspreche ich dir.«

»Kommen Sie schon her, Miss Pattney«, knurrt Mike Batlin. »Ihr leistet uns jetzt eine Weile Gesellschaft, bis Manson die Pferde wieder angespannt hat.«

»Darauf kannst du lange warten, du Strolch«, erwidert Manson grimmig. »Miss Pattney, folgen Sie ihm nicht.«

»Soll ich es riskieren, dass der tollwütige Bursche vielleicht einen von uns abknallt?«, gibt Sheila Pattney mutig zurück. »Danke, Mr Manson, Sie haben es Mike Batlin gezeigt, aber ich weiß nicht, ob es klug gewesen ist. Batlin, ich komme, aber ich werde es Ross Freemont sagen.«

Mike starrt sie aus zusammengekniffenen Lidern bissig an. Er weiß zu gut, dass er es nicht wagen kann, dem Mädchen auch nur ein Haar zu krümmen. In seiner Wut sagt er unbeherrscht: »Wenn es Ihnen Spaß macht. Ich habe keine Angst vor diesem Hinkebein. Er soll nur kommen.«

»Sie sind ein Scheusal, Batlin.«

Batlin stößt einen Fluch aus, treibt fluchend seine Geiseln vor sich her in den Saloon. Dort rennen, als die Batlins vorn hereinkommen, Jab und Jessup mit gesträubten Haaren hinten ins Freie.