G. F. Unger Sonder-Edition 236 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 236 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Um ihm das Leben zu retten, hatte ich einen prächtigen Wildhengst entkommen lassen. McCloud grinste. "Ich stehe in Ihrer Schuld, Chuckwater", sagte er. Deshalb biete ich Ihnen einen Job an. Sie können Marshal der sieben Towns werden."
"Der sieben Geisterstädte?", fragte ich höhnisch.
"Von wegen Geisterstädte!" Seine Stimme klang triumphierend. "Ich habe einen Abfluss in den Bergsee gesprengt und die Towns zu neuem Leben erweckt Von überall werden die Menschen kommen und die alten Goldminen wieder in Betrieb nehmen. Und wir werden die Könige sein."
Mir schwindelte bei dem Gedanken. Noch nie hatte mir jemand ein solches Angebot gemacht. Ich willigte ein, ohne zu ahnen, dass ich meine Seele dem Teufel verkauft hatte...


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Seitenzahl: 181

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Sieben Towns

Vorschau

Impressum

Sieben Towns

Was zuvor gesagt werden muss:

Als damals die Spanier in die Neue Welt kamen, hörten sie bald schon von den legendären sieben Goldenen Städten Cibolas. Sie glaubten, dass dort riesige Goldschätze vorhanden wären.

Cibola – nun, dies war das Zuni-Land, denn die Zunis wurden von den Spaniern damals Cibolaner genannt.

Jener Cabeza de Vaca und all die anderen Spanier damals am Anfang des sechzehnten Jahrhunderts fanden die sagenhaften sieben Goldenen Städte von Cibola nicht. Denn es gab sie nicht. Aber sie durchforschten das Land in alle Himmelsrichtungen, und später begann die Kirche die Heiden zu bekehren.

Schließlich fand man auch Kupfer, Silber und Gold. Und später entstanden große Minen überall, in denen Sklaven schufteten.

Drei Jahrhunderte vergingen, und das weite Gebiet wurde amerikanisches Territorium. Texas wurde 1845 übernommen, die Gebiete südlich davon 1848 von Mexiko abgetreten.

Weitere Glückssucher strömten ins Land. Auch sie suchten nach Reichtümern.

Und so entstanden in einem nur unter unglaublichen Strapazen erreichbaren Gebiet wahrhaftig sieben Camps, aus denen Towns wurden, Städte also, in denen es reichlich Gold gab, weil sie inmitten eines Minenlandes lagen.

Es gab aber ein Problem in diesem Land der sieben Towns: Wasser!

Die sieben Towns waren an den einzigen Wasserstellen entstanden. Es handelte sich um unterirdische Wasserläufe, die an diesen Stellen kräftig an die Oberfläche sprudelten.

Ohne diese sieben Quellen wäre kein Leben möglich gewesen.

Und niemand, der sich nicht an einer dieser Quellen reichlich mit Wasser versorgen konnte, hatte die Chance, in dem sonst wasserlosen Land zu einer anderen Wasserstelle zu gelangen. Es war auch nicht möglich, ohne die sieben Wasserstellen all die Minen und Claims in Betrieb zu halten.

Ohne Wasser war nichts möglich im Sieben-Towns-Land.

Eines Tages versiegten alle sieben Quellen.

Der Druck, der sie an die Oberfläche sprudeln ließ, war plötzlich nicht mehr vorhanden.

Die sieben Towns wurden Geisterstädte.

Und viele ihrer einstigen Bewohner kamen aus Wassermangel um, erreichten nicht die nächsten Wasserstellen.

Die sieben Towns gerieten in Vergessenheit. Nur noch Legenden erzählten von den Tragödien, die sich dort abspielten.

Aber manchmal verirrten sich Menschen in dieses erbarmungslose Land.

Einer dieser Menschen war Jedediah Chuckwater.

Was er erlebte, schrieb er nieder für seine Nachkommen.

Seit einigen Tagen und Nächten nannte ich den Burschen in meinen Gedanken nur noch »Hurensohn«, und »Bastard'« und so ähnlich.

Aber jener »Bursche« war kein Mensch. Es war ein roter Hengst mit einem Rudel wunderschöner Stuten, und ich wusste, wenn ich sie alle bekam, war ich ein gemachter Mann. Dann hatte ich, Jed Chuckwater, gewissermaßen eine Goldmine gefunden und für mich nutzbar gemacht.

Denn mit diesem Hengst und diesen Stuten konnte ich ein im ganzen Land berühmter Pferdezüchter werden, und wenn ich »im ganzen Land« sage, dann meine ich das Land zwischen der Süd- und Nordgrenze, also zwischen Mexiko und Kanada.

So war das also.

Aber dieser Hengst kannte tausend Tricks. Er war so schlau wie ein alter Wolf, ja vielleicht sogar so schlau wie ein alter Indianer. Anders konnte ich mir nicht erklären, dass er mir immer wieder entkam.

Denn ich war ein erfahrener Bursche, zäh und hart. Ich war als Kind von Comanchen entführt und einige Jahre von ihnen erzogen worden. Mir konnte auf einer Fährte und besonders bei der Jagd auf Wildpferde niemand etwas vormachen.

Dieser Hengst aber machte es mir schwer. Und so gab es manchmal Momente, da hasste ich ihn. Aber nicht lange, nur für wenige Gedankenlängen. Denn es war natürlich dumm, ein Tier zu hassen, nur weil es sich nicht einfangen lassen will und um seine Freiheit kämpft.

Respekt hatte der rote Hengst verdient, jawohl, meinen ganzen Respekt.

An diesem Nachmittag aber, da hatte ich ihn und sein Rudel Stuten schon so gut wie sicher. Ich hatte sie alle in den letzten Tagen und Nächten ziemlich weit hinauf ins Bergland getrieben. Es war ein wildes, unübersichtliches Land mit vielen Schluchten, Arroyos und schmalen Pfaden. Es war kreuz und quer gegangen. Der Hengst hatte immer wieder Wasser gefunden, manchmal zwar nur wenig, kaum ausreichend für sich und die Stuten – und auch ich musste oft einige Stunden warten, bis wieder genügend nachgesickert war für mein Pferd und mich.

Es war ein erbarmungsloses Land, am Tag hitzeflimmernd, in den Nächten kalt.

Aber an diesem Nachmittag hatte ich das Rudel endlich in einer Schlucht, die gewissermaßen eine Sackgasse war.

Sie konnten am anderen Ende nicht weiter.

Der Hengst kannte das Land nun wohl auch nicht mehr. Sonst wäre er gewiss nicht in die Schlucht getrottet mit seinem Harem.

Nun standen wir uns gegenüber, und ich schüttelte schon mein Lasso aus, um ihn einzufangen. Für einen erfahrenen Lassokünstler war das nur noch eine einfache Sache. Ich musste nur den Hengst fangen und mithilfe meiner Lassotricks klein machen, ihn also auf die Nase fallen lassen, bis er nicht mehr kämpfen wollte.

Die Stuten würden bei ihm bleiben, wohin ich mit ihm auch ziehen würde.

So einfach war das.

Ich grinste zu ihm hinüber. Mein Gesicht war stoppelbärtig, mit einer Schicht aus Schweiß und Staub bedeckt, sonnenverbrannt – und meine Augen glitzerten gewiss wie die eines Fieberkranken.

Ich sagte heiser zu ihm hinüber: »Hoi, du verdammter Teufel, jetzt habe ich dich. Wetten, dass du meiner Schlinge nicht entkommen wirst. Und dann wirst du mit den Vorderhufen in weitere Schlingen treten. Du wirst mächtig auf die Nase fallen, Bruderherz. Komm nur, komm! Ich warte auf dich! Gleich habe ich dich in der Lassoschlinge.«

Er hörte meine Stimme, starrte mich an und stampfte mit dem Vorderhuf. Er schnaubte böse und drohend, und plötzlich wusste ich, dass er schon gegen Menschen gekämpft hatte. Vielleicht hatte er sogar schon welche getötet. Dann war er ein Mankiller.

Aber er gefiel mir dennoch.

Jetzt, da ich ihn fast hatte, verspürte ich Respekt vor ihm.

Ich sah ihm an, dass er sich entschloss. Er wollte gegen mich anspringen.

Denn er musste raus aus der Falle. Nur ich versperrte ihm den Weg, nur ich. Jeder andere Pferdejäger hätte versucht, die Schlucht anders zu sperren. Er hätte das Lasso quer ausgespannt oder aus den hier wachsenden Dornenbüschen einen Zaun gemacht, einen Wall von Dornengestrüpp.

Aber ich wollte fair mit ihm kämpfen – nur mit meiner Lassoschlinge also.

Und wenn das nicht fair war, was wäre dann fair gewesen?

Er sprang wiehernd los, und die Stuten taten es ihm gleich. Er hatte sie gut erzogen und unter Kontrolle.

Aber in diesem Moment, da sie lossprangen aus ihrem tänzelnden Verharren, da geschah etwas weiter oben in den Bergen.

Es gab einen gewaltigen Knall, eine krachende Explosion. Es klang wie ein Blitzeinschlag — und dann grollte es, als bräche ein Berg in einen Canyon nieder.

Mein Pferd unter mir sprang mit allen vier Hufen hoch, und als es landete, wirbelte es herum, so als fürchtete es, dass wir in der Schlucht zugeschüttet werden könnten.

An einen Lassowurf war nicht mehr zu denken. Ich hatte einige Sekunden lang Mühe, überhaupt im Sattel zu bleiben.

Der rote Hengst und sein Rudel donnerten an mir vorbei. Und als ich mein Pferd wieder unter Kontrolle hatte, konnte ich ihnen nur folgen. Ich wusste, dass die wochenlange Jagd nun wieder von vorn begann.

Doch dann hielt ich mein Pferd an.

Verdammt, was war das für eine Explosion gewesen in den Bergen?

Es war kein Blitzeinschlag, konnte es nicht sein bei diesem Wetter.

Eine gewaltige Explosion musste es gewesen sein.

Da musste jemand einige Packtierlasten Sprengstoff in die Berge geschleppt und zum Explodieren gebracht haben.

Warum?

Ich entschied mich binnen weniger Sekunden.

Ja, bevor ich wieder die Fährte der Wildpferde aufnahm, wollte ich herausfinden, wer da in den Bergen einen solch gewaltigen Knall verursacht hatte.

Zuerst musste ich aus der Schlucht raus, in der ich die Wildpferde schon so gut wie gefangen hatte. Ja, ich war ziemlich wütend auf den »Knaller« dort oben irgendwo in den Bergen. Denn wer der oder die Feuerteufel auch sein mochten, er oder sie hatten mich um den Erfolg meiner wochenlangen Pferdejagd gebracht.

Als ich aus dem Sackcanyon heraus war, wandte ich mich nach links, also nach Süden. Ich musste ein Stück an der Basis des Gebirgszuges entlang. Dann gelangte ich vor das große Maul eines anderen Canyons. Dieser Canyon war breiter als jene Schlucht, in der ich die Wildpferde schon fast gefangen hatte.

Ich stieß auf einen Pfad. Es war ein uralter Pfad, und dennoch sah ich auf ihm frische Fährten. Da ich mich auf Fährten verstand wie ein erfahrener Indianer, wurde mir schnell klar, dass ich jetzt eine Art Meisterstück machen musste.

Denn die Sache war schwierig.

Ich musste aus dem Sattel und brauchte eine Weile, bis ich es ziemlich genau herausgefunden zu haben glaubte.

Also: Es gab da eine Fährte mit zwei Reitern, die offenbar Weiße waren. Die beiden hatten sechs Packpferde bei sich, und sie waren vor einigen Tagen in den Canyon geritten.

Ich dachte wieder an den gewaltigen Knall, der den Bergrutsch auslöste – und ich schätzte, dass sechs Packlasten Sprengstoff solch einen gewaltigen Knall ausgelöst haben konnten.

Die zweite Fährte war kaum älter als eine Stunde, wahrscheinlich weniger. Und sie war von unbeschlagenen Pferdehufen hinterlassen worden. Doch es handelte sich gewiss nicht um Wildpferde, sondern um hagere Apachenmustangs.

Und damit war schon alles klar.

Ich kletterte ich wieder auf mein Pferd. Und erst im Sattel überlegte ich, wie ich mich verhalten sollte.

Es war gar keine so einfache Sache, denn ich hing an meinem Leben und hoffte auf noch viele, schöne Jahre. Ich hatte noch sehr viel vor in meinem Leben, und ich wusste, wenn ich in diesen Canyon ritt und der Indianerfährte folgte, dann ritt ich nicht nur in einen Verdruss, sondern vielleicht sogar in den Tod.

Und als hilfsbereiter Held zu sterben, danach drängte es mich wahrhaftig nicht. In diesem Land galt vor allen Dingen die Regel: Achte auf dich selbst und darauf, dass niemand dir das Fell rasiert.

Ich hockte also im Sattel und überlegte.

Verdammt, es war eigentlich ganz einfach. Ich brauchte nur davonzureiten und mich nicht mehr umzusehen. Ich war ja hier, um den Hengst und die herrlichen Stuten zu fangen. Was gingen mich andere Dinge an?

Aber je länger ich nachdachte, umso schwerer fiel mir das Wegreiten.

Nein, es ging nicht.

Da war der gewaltige Knall in den Bergen.

Da waren zwei weiße Männer, die den Knall vielleicht erzeugt hatten.

Da war die Frage nach dem Warum.

Und da waren die Apachen.

Verdammt, ich musste meine Nase in die Sache stecken.

Vielleicht war ich ein Narr.

Ich würde es bald herausfinden.

Denn ich ritt hinein in den Canyon und folgte den Fährten.

Es war ein ansteigender Canyon, der zu einem Bergsattel führte, einem Pass also. Es gab überall Felsen, Baum- und Buschgruppen. Doch die Bäume waren dornige Burschen, zumeist abgestorben oder am Verkümmern. Auch die Dornenbüsche hatten schon lange Jahre kein Wasser bekommen.

Am besten wuchsen die Kakteen. Die hatten bunte Blüten, um die Insekten und Kolibris schwirrten. Ich dachte wieder einmal mehr daran, dass ich nicht viel Wasser bei mir hatte.

Aber vielleicht gab es dort oben in den Bergen welches.

Nach einer halben Stunde etwa hatte ich die Wasserscheide des Bergsattels erreicht, und ich war wahrscheinlich noch niemals in einem wilderen Land gewesen. Es schien hier noch der Urzustand der Welt zu herrschen, bevor der Schöpfer ein wenig Ordnung schuf. Bereits in den vergangenen zwei Tagen und Nächten, als ich der Fährte des Hengstes und seiner Stuten folgte, war ich durch wildes, unübersichtliches Land geritten.

Was ich jetzt sah, war ein total zerhacktes Tal, fast nur ein Canyon, dessen Grund mit Wasser angefüllt war wie ein langer, sich krümmender Stausee.

Doch als ich lange genug hinuntergesehen hatte, da kam mir der See wie ein Fluss vor. Ja, es gab eine Strömung nach Süden zu. Dort hing auch noch etwas in der Luft. Es musste Staub sein, pudertrockener Staub, den die Explosion hochwirbelte und der sich nur langsam wieder setzte.

Ein ganzer Berg musste niedergebrochen oder weggerutscht sein.

Ich konnte es von hier oben nicht erkennen, aber ich wusste, dass die gewaltige Explosion einen Abfluss freigelegt haben musste. Dieser angestaute See floss ab. Vielleicht war er hundert und noch mehr Meter tief. Und gewiss war er mit all seinen Windungen einige Meilen lang und mehr als eine Meile breit.

Es würde Tage, Wochen oder gar Monate dauern, bis dieser See um fünfzig oder hundert Yards tiefer sein würde. Es kam dabei auf die Abflussmenge an.

Mir wurde also in diesen Minuten einiges klar.

Jemand hatte eine natürliche Staumauer gesprengt, um das Wasser abfließen zu lassen und somit hinunter in die Ebene zu bringen.

Ich verspürte schon jetzt einen gewaltigen Respekt vor diesem Burschen, mochte er sein, was er wollte. Wer das hier in Gang brachte, der war einer von den Großen, die mitunter unsere Welt verändern auf allen möglichen Gebieten.

Aber wo waren die Apachen?

Als ich mich das fragte, da sah ich sie endlich.

Es ist immer schwer, einen Apachen zu entdecken, wenn er nicht gesehen werden wollte. In dem unübersichtlichen Canyon mit seinen vielen Terrassen und Felstürmen, da war das noch schwerer. Denn es gab überall verborgene Winkel, Risse, Kerben, ganze Felsenburgen.

Die Apachen tauchten aus solch einer »Burg« auf und glitten weiter abwärts. Ich wusste nun, wo sie ihre Pferde hatten und wohin sie wollten. Und so beeilte ich mich ein wenig.

Als ich dann ihr verborgenes Camp erreichte, erwartete mich eine ganz besondere Überraschung. Nein, es war kein Apache, den sie als Pferdewächter zurückgelassen hatten. Sie waren ja nur ein knappes Dutzend und wollten bei ihrem Angriff auf keinen Krieger verzichten. Sie fühlten sich in diesem Land auch sehr sicher vor irgendwelchen Verfolgern. Wahrscheinlich hatten sie schon in den vergangenen Tagen die eigene Fährte beobachtet und waren überzeugt, dass niemand ihnen folgte.

Ich war ja nur durch Zufall auf ihre Fährte gestoßen und kam von der Seite her.

Es war also keiner ihrer Krieger bei den Pferden im verborgenen Camp.

Jemand anders war da.

Eine Frau. Verdammt ja, eine Frau, eine Weiße. Und sie war auch nicht freiwillig da, nein, gewiss nicht. Denn sie hatten sie gefesselt zurückgelassen, damit sie keine Dummheiten machen konnten.

Sie saß mit dem Rücken an einen Felsen gelehnt da und sah mir fest entgegen.

Oh, sie sah schlimm aus, so richtig mitgenommen, abgerissen, verschwitzt und staubig. Ihr weizengelbes Haar hing ihr über die nackten Schultern, und es war voller Kletten. Sie selbst hatte üble Hautrisse, gewiss auch Dornen überall.

Die Reste ihrer Kleidung sagten mir, dass man sie wahrscheinlich aus einer Postkutsche geholt hatte, wahrscheinlich als einzigen Passagier am Leben ließ, weil sie eine Frau war.

Auf ihrer kleinen Nase schälte sich die Haut. Und ihre schwarzen Augen waren blutunterlaufen. Und so übel sie auch aussah nach all dem Schrecklichen, was hinter ihr lag, ließ sich doch erkennen, dass sie eine Schönheit war.

Ich trat zu ihr und sah mich noch einmal blitzschnell um. Natürlich hielt ich meinen Colt in der Hand.

Aber es war wirklich kein Apache in der Nähe, da konnte ich sicher sein.

Überdies sagte sie jetzt heiser: »Sie sind alle fort – alle.«

Ich nickte stumm, kniete nieder und holte mein Messer aus dem Stiefelschaft. Ich zerschnitt ihre Fesseln und sagte: »Nun, Schwester, was war, ist nun vorbei.«

Sie erwiderte nichts, sah mich nur fest an.

»Sind Sie ein Armeescout?«, fragte sie. »Hat die Postgesellschaft endlich was in Gang gebracht wegen der überfälligen Kutsche? Kommt eine Armeepatrouille?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Wahrscheinlich nicht, Ma'am«, sagte ich. »Ich bin nur ein Wildpferdjäger, der zufällig auf diese Fährte stieß und neugierig war wegen des gewaltigen Knalls. Ich komme gleich wieder.«

Ich wusste, ich musste mich beeilen. Die blonde Schwester tat mir leid, aber ich konnte mich nicht länger bei ihr aufhalten.

Denn die Apachen waren unterwegs, um zwei Weiße zu töten.

Zehn Minuten später sah ich alles.

Es gab da unten am angestauten See eine Querschlucht.

Und dort hatten die beiden Weißen die gewaltige Sprengung durchgeführt. Sie hatten einen riesigen Felsklotz weggesprengt, der von oben in die enge Schlucht gefallen war und in ihr festsaß wie ein Korken im Flaschenhals. Sie hatten ihn offenbar in mehrere kleine Stücke gesprengt, die nun dem Wasserdruck nicht mehr standhalten konnten.

Durch die enge Schlucht floss das Wasser ab.

Die beiden Männer standen noch beim Abfluss und bestaunten ihr Werk, konnten sich offensichtlich nicht sattsehen an ihrem Erfolg.

Sie blickten nicht zurück. Die Apachen hatten sich schon sehr nahe herangeschlichen auf der breiten Terrasse. Das letzte Stück aber würden sie keine Deckung mehr haben. Sie würden es mit einem halben Dutzend Sprüngen schaffen.

Natürlich hätten sie es längst schon mit zwei Gewehrschüssen erledigen können.

Doch vielleicht wollten sie die Weißen lebend, um sie zu fragen, was die Sprengung zu bedeuten hatte. Vielleicht aber auch wollten sie Munition sparen oder war es gegen ihren Stolz, sie hinterrücks abzuknallen.

Man konnte nie so genau sagen, was in einem Apachenschädel vorging.

Ich durfte nicht länger warten.

Und so stieß ich einen scharfen Warnschrei aus.

Damit kam alles in Gang.

Vier wandten sich gegen mich. Die anderen sprangen vorwärts. Mein Colt begann zu krachen, und ich war ein Bursche, der mit dem Colt nicht schlechter war als mit dem Lasso. Auch mit dem Colt war ich ein Künstler, was jedoch gewiss nicht im nachahmungswerten Sinn gemeint ist, eher fragwürdig. Dennoch war es damals in unserem Land notwendig, dass man schneller und besser schießen konnte als andere Leute.

Nur der vierte Apache kam, von seinem Angriffsschwung getragen, bis zu mir. Er wollte noch sein Messer in mich werfen, doch ich machte eine schnelle Bewegung, sodass es mich nur streifte.

In meinem Colt waren noch zwei Kugeln, denn ich hatte mit den vier anderen nicht gefehlt. Ja, ja, ja, ich war ein Revolvermann, der den Tod versenden konnte.

Die mich angreifenden Apachen begriffen das zu spät.

Aber wahrscheinlich hätten sie mich dennoch angegriffen. Sie hatten ja keine andere Wahl mehr.

Ich rannte vorwärts, denn die beiden Weißen kämpften noch gegen die Übermacht. Einer hatte eine doppelläufige Schrotflinte abgefeuert, der andere war ein Revolvermann wie ich.

Dennoch schafften sie die acht Apachen nicht.

Ich musste ihnen mit meinen zwei Kugeln zu Hilfe kommen.

Dann war auch mein Colt leer, und einer der Apachen kniete am Boden. Er war angeschossen und zielte dennoch mit einem erbeuteten Colt auf mich. Ich wusste, er konnte mich auf diese Entfernung nicht verfehlen.

Also war es dennoch dumm von mir gewesen, der Fährte zu folgen!

Dies dachte ich in dieser Zehntelsekunde vor dem Abdrücken. Gleich musste das Mündungsfeuer aus dem Lauf kommen und die Kugel mich treffen. Der Apache grinste mit verzerrtem Gesicht. Ja, er fühlte sich wie ein Sieger, weil er glaubte, mich ins Jenseits mitnehmen zu können.

Die beiden Weißen hatten ihre Waffen selbst leer geschossen. Einer lag am Boden, der andere schwankte.

Dann krachte ein Gewehr hinter mir. Die Kugel pfiff an meinem rechten Ohr vorbei und stieß den Apachen um. Er drückte zwar ab, doch die Zielrichtung stimmte nicht mehr.

Ich blieb am Leben, und als ich mich umdrehte, sah ich die blonde Schwester, die von mir losgebunden worden war. Irgendwie hatte sie im Camp bei den Pferden ein Gewehr gefunden und war mir damit gefolgt.

Nun verdankte ich ihr mein Leben.

Aber ich hatte anderes zu tun, als darüber nachzudenken oder mich bei ihr zu bedanken.

Ich lud zuerst meinen Colt neu.

Denn ich kannte die Apachen. Ein Dutzend befand sich zwischen mir und den beiden Weißen, die jetzt beide am Boden lagen. Ein ganzes Dutzend Apachen. Verdammt, wir hatten sie niedergekämpft. Das schien geradezu unmöglich gewesen zu sein, denn Apachen konnten kämpfen. Sie nahmen es oftmals mit einer Übermacht von Soldaten auf und gewannen.

Dass wir die hier besiegten, war jedoch nicht nur Glück oder gar ein Wunder. Es lag daran, dass ich ein Revolvermann war, wenn es ums Überleben ging mit dem Colt in der Hand. Oder besser gesagt: Obwohl ich ein Wildpferdjäger war, konnte ich es mit dem Colt in der Hand mit jedem schnellen Revolvermann aufnehmen. Einer der beiden Weißen dort drüben war ebenfalls ein Revolverkämpfer.

Und der andere Weiße hatte mit der doppelläufigen Schrotflinte voll in die Apachen hineingefeuert, dann mit dem Colt weitergekämpft.

Die Apachen hatten mit Revolvern und Gewehren geschossen und auch Messer geworfen, als sie dicht genug heran waren.

Es war also zwei Revolvermännern und der Schrotflinte zu verdanken, dass sie verloren.

Und zum Schluss griff sogar noch die Frau mit den weizengelben Haaren ein und tötete einen.

Ich hatte nun meinen Colt wieder aufgeladen und ging vorwärts.

Die Apachen lagen überall, zumeist zusammengekrümmt.

Ich ging zwischen ihnen hindurch und hielt den Colt mit der Mündung nach unten dicht neben meinem Bein.

An jenen vier Kriegern, die sich gegen mich wandten, also mich angriffen, nachdem mein scharfer Schrei die beiden Weißen warnte, kam ich vorbei. Sie waren tot und rührten sich nicht mehr.

Ich kam auch am fünften und sechsten vorbei.

Aber nachdem ich den siebenten passiert hatte und ihn schon nicht mehr aus dem Augenwinkel heraus sehen konnte, da vernahm ich ein leises Geräusch hinter mir. Ich wirbelte geduckt herum und schoss. Ja, er hatte sich erhoben und wollte mir das Messer in den Rücken schleudern.

Zugleich mit meinem Colt krachte aber auch das Gewehr der Frau. Die Kugeln trafen den Apachen zur gleichen Zeit.

Sie hatte also aufgepasst und hätte mir zum zweiten Mal das Leben gerettet.

Ich winkte ihr zu.

Dann ging ich weiter. Doch die anderen Apachen rührten sich nicht. Es gab keinen weiteren, der sich tot stellte.