G. F. Unger Sonder-Edition 59 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Sonder-Edition 59 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

Nach dem Krieg kehrten wir heim. Abgerissen, verwundet und des Kämpfens müde. Für die Yankees waren wir üble Sattelstrolche und Straßenräuber. Für die Texaner waren wir Helden, die ihr Leben für eine gerechte Sache aufs Spiel gesetzt hatten. Doch das nützte uns überhaupt nichts. Denn Texas war arm, und es gab nicht mal Nägel für Hufeisen oder Stiefelsohlen. Wir fühlten uns wie hungrige Wölfe nach einem langen und harten Winter. Doch dann kam für uns die große Chance. Fünf verwegene Partner sollten den sagenhaften Alamo-Schatz nach Texas zurückholen. Es war ein Job, der uns mitten in die Hölle führte ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Alamo-Mannschaft

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Vorschau

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BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Manuel Prieto/Norma

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-1160-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Alamo-Mannschaft

1

Es war im August 1865, als ich aus dem Krieg heimkehrte nach San Antonio de Bexar. Natürlich hatte ich Partei für den Süden genommen und war in der Texas-Brigade Stonewall Jacksons geritten. Das hatte mir zwei Kugelnarben und eine Säbelnarbe eingebracht. Doch ich war trotz dieser Narben sehr rüstig und ziemlich flink geblieben und war noch in der Lage, ein recht wildes Pferd einzubrechen oder einen Saloon auszuräumen, wenn die Burschen darin weniger als ein Dutzend und nur mittelmäßig waren. Ich konnte auch sonst noch eine ganze Menge – nur war damit in diesen Monaten nach dem Krieg wenig anzufangen.

Texas war arm, und es gab nicht mal Nägel für Hufeisen oder Stiefelsohlen.

Rinder und Pferde gab es reichlich. Doch wer wollte die schon? Um ein Rind abzuhäuten und die Haut dorthin zu transportieren, wo man sie vielleicht kaufen würde, musste man doch mindestens so viel verdienen, um die Unkosten wieder hereinzubekommen. Doch es gab Rinderhäute genug. Sie waren manchmal nur einen halben Dollar wert. Und wer häutet schon für einen halben Dollar ein Rind ab und transportiert dann auch noch die Haut? Da war es besser, nichts zu tun und von Rindfleisch und Bohnen zu leben. Außer mir kehrten noch viele Burschen heim. Und wir alle glaubten, dass es nun wieder losgehen würde. Doch es war nichts zu machen.

Man kann ohne Übertreibung sagen, dass Texas von Banditen überfallen wurde, die es im Schutz der Besatzungstruppen ausplünderten.

Das gefiel uns wilden Jungens natürlich nicht sehr. Denn wir wollten uns nicht völlig an die Wand drücken lassen. Und so waren wir nach einer Weile ein recht feiner Verein. Für die Yankees waren wir üble Straßenräuber und Banditen.

Für die Texaner waren wir Patrioten, die den Yankee-Banditen das Ausbeuten schwer machten. Und wir waren auch nicht knauserig. Wir verteilten das meiste von dem Geld. Wir hatten überall Freunde, und in unserem County nannte man uns einfach die Alamo-Mannschaft.

Dies alles ging einige Monate so, bis Johnny Sturges mit Pablo Uvaldes in unser Camp kam.

Das Camp bestand aus einer großen Blockhütte, zwei Korrals und einigen schattigen Bäumen an einem Bach inmitten wilder Hügel.

Dick Sullivan war soeben dabei, die Forellen zu braten, die ich im Bach gefangen hatte. Es waren erstklassige Forellen.

Jim Phildarlik übte mit seinen beiden Revolvern einige Kunststücke.

Burt Morrow sah ihm zu.

Und Wade Buchanan war dabei, aus Pferdehaar ein Halfter für seinen schwarzen Hengst zu flechten.

Ich selbst tat nichts, denn ich hatte ja schon die Forellen gefangen. Es war ein freundlicher Mittag in den wilden Hügeln. Johnny Sturges hatte sich zuvor schon durch seinen Jagdfalkenschrei angekündigt, sodass wir genau wussten, wer da kam. Seinem Begleiter hatte er die Augen mit einem alten Unterhemd zugebunden, und als er mit ihm vor der Hütte und vor der glühenden Asche unseres Feuers, in dem die in Lehm gehüllten Forellen lagen, verhielt, da grinste er uns auf seine blitzende Art an, wie er es immer tat, wenn er glaubte, die ganze Hand voller Trümpfe zu haben oder auf dem besten Pferd zu sitzen.

Wade Buchanan war der härteste und erfahrenste Bursche von uns, rotköpfig und grünäugig. Er konnte keine Kunststücke mit dem Colt wie Jim Phildarlik, doch er schoss schneller und genauer als dieser. Wade Buchanan war wohl unser Anführer, obwohl auch wir was zu sagen hatten.

Dann war Burt Morrow, ein schweigsamer, mittelgroßer und kräftiger Bursche, der stets so harmlos wirkte wie ein Farmer – und der sich in einen Kettenblitz verwandeln konnte und vor nichts Furcht hatte.

Johnny Sturges war der dritte Mann. Oh, er war einer von dieser sieghaften Sorte, mit goldenen Locken, einem blitzenden Lächeln und blauen Augen, einer von denen, die stets wie Sieger wirken.

Dick Sullivan war unser Bulle, und ich habe später in meinem ganzen Leben keinen Mann mehr gekannt, der stärker gewesen wäre als Richard Sullivan.

Jim Phildarlik war einer dieser langen, hageren und blondbärtigen Texaner, ein Zwei-Revolver-Mann, kühl und dabei zugleich etwas eitel.

Und dann zu mir. Nun, man hätte mich für einen Sioux halten können, würde ich eine entsprechende Tracht und Haarfrisur getragen haben. Der Säbelhieb hatte mir überdies auch die linke Gesichtshälfte zerhackt. Ich war keine Schönheit, ziemlich groß, hager und sehnig, dunkelhaarig und auch ziemlich dunkelhäutig für einen weißen Mann.

Und wir sechs galten als die Alamo-Mannschaft im Land.

An diesem friedlichen Mittag waren wir neugierig, was für einen Vogel uns Johnny Sturges wohl da ins Camp geschleppt hatte.

Er ließ uns nicht sehr lange warten, denn er konnte uns wohl anmerken, dass wir nicht sehr begeistert waren, Besuch bekommen zu haben. Überdies hatten wir schon erkennen können, dass unser Gast ein Mexikaner war. Und bis jetzt hatten uns immer nur die Mexikaner die Besatzungstruppen auf den Hals gehetzt.

»Das ist Pablo Uvaldes«, sagte Johnny Sturges und tat ganz so, als würde er gleich ein Kaninchen aus seinem alten Hut zaubern oder hätte sonst irgendwie einen Trumpf im Ärmel.

»Hast du ihn mitgebracht, damit er eine gute Forelle essen kann?«

Dick Sullivan fragte es etwas bitter und wehmütig, denn er war ein Mann, dessen Magen die Größe eines Futtersackes hatte. Er kochte deshalb stets einige Extraportionen für sich. Auch hatte ich einige Forellen für ihn mehr gefangen. Nun tat es ihm schon leid, für unseren unangemeldeten Gast eine Extraportion hergeben zu müssen.

»Er ist unser lieber Gast«, sprach Johnny Sturges vom Sattel aus zu Dick nieder. »Wenn er Hunger hat, wirst du ihm mehr als nur eine Forelle geben müssen.«

Er saß nach diesen Worten ab und sagte seinem Begleiter, dass dieser nun die Binde von den Augen nehmen könne. Dies tat der Bursche natürlich sofort. Dann blickte er sich um.

Ja, er war ein Mexikaner, aber einer mit Yagui-Blut in den Adern. Die Yaguis aber, nun das waren damals so ziemlich die schlimmsten Söhne der Apachen-Nation, die es im Süden gab. Dieser Pablo Uvaldes hatte vielleicht einmal einen spanischen Großvater gehabt – mehr weißes Blut sicherlich nicht. Und dieser spanische Großvater musste wahrscheinlich ein sehr stolzer Edelmann gewesen sein.

Der Bursche jedenfalls, der da inmitten unseres Camps auf seinem prächtigen Pferd saß, benahm sich gleichfalls sehr stolz, und er betrachtete uns von seinem hohen Sitz aus sehr sorgfältig und prüfend.

Er war schon ziemlich bei Jahren – dies aber von unserem Standpunkt gesehen, denn wir waren allesamt so zwischen zweiundzwanzig und sechsundzwanzig. Er hätte glatt unser Vater sein können. Körperlich war er noch ausgezeichnet in Form, gedrungen wie ein Apache, lederhäutig, scharfäugig und fast schon weißhaarig.

Gekleidet war er recht einfach, doch sein Pferd war allererste Klasse.

Er betrachtete uns eine ganze Weile Mann für Mann. Es wurde uns schon etwas zu dumm, denn wir waren es nicht gewöhnt, von einem Mex oder Greaser so betrachtet zu werden. Das lag uns eben so im Blut, weil wir richtige Texaner waren und seit Alamo kein Texaner mehr einen Mex lieben konnte. Johnny Sturges spürte wohl, dass wir auf dem besten Weg waren, eklig zu werden, denn er sagte schnell: »Pablo Uvaldes kam über den Rio Grande und bis zu uns, weil er uns einen geschäftlichen Vorschlag besonderer Art zu machen hat. Ich selbst fand diesen Vorschlag so interessant, dass ich Senhor Uvaldes zu euch brachte, damit ihr ihn anhören könnt. Es geht um mehr als eine Million Dollar in Gold und erlesene Kostbarkeiten. Es können aber auch zwei oder drei Millionen sein. So genau lässt sich das nicht abschätzen.«

Johnny Sturges sprach die beiden letzten Sätze, bei denen wir die Ohren spitzten, so lässig, wie wenn es sich um einen mäßigen Einsatz bei einem Pokerspiel handeln würde, den man mit einer schlechten Karte gewinnen könne, weil die Karte der Mitspieler noch schlechter wäre.

»Ja, ich habe eine prächtige Forelle für Senhor Uvaldes«, sagte Dick Sullivan dann in die Stille, und seine Bereitwilligkeit war ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr selbst unser Dick beeindruckt war.

Aber Burt Morrow, der immer irgendwo und irgendwie einen Hasen im Pfeffer vermutet, fragte dann: »Und was ist dabei wohl krummer als ein Hundebein? He, es muss doch dabei etwas stinken wie ein toter Lachs in der Sonne?«

Pablo Uvaldes nickte sofort. Dann machte er wahrhaftig endlich seinen hartlippigen Mund auf und sagte in einem vorzüglichen Englisch, wie wir Texas-Söhne es nicht sprechen konnten: »Natürlich sind einige Schwierigkeiten dabei, Gentlemen. Wenn das nicht wäre, so würde ich nicht überall nach einer erstklassigen Mannschaft gesucht haben – nach einer Mannschaft von edlen Patrioten, die den Teufel nicht fürchtet.«

Als er dies gesagt hatte, kam es uns vor, als hätte uns jemand süßen Schaum um die Mäuler schmieren wollen. Doch wir waren nun zumindest interessiert.

»Essen wir erst einmal«, sagte Dick Sullivan. »Wir können es dabei besprechen. Und es wäre eine prächtige Sache, wenn Sie auch die Yankees davon überzeugen könnten, Senhor Uvaldes, dass wir keine Banditen, sondern edle Patrioten sind, die nur dafür sorgen, dass Texas nicht allzu sehr ausgeplündert wird von den Schuften aus dem Norden und Nordosten.«

Wir hatten alle nicht viel dazu zu sagen. Wir setzten uns erst einmal rings um das Feuer, aßen Forellen, selbst gebackenes Brot und tranken das klare und köstlich schmeckende Wasser vom Bach.

Pablo Uvaldes ließ sich mächtig Zeit, und er betrachtete und studierte uns immerzu. Besonders unseren besten Mann, Wade Buchanan, sah er immer wieder wie witternd an.

Nun, wir konnten uns sehen lassen. Es gab damals in ganz Süd-Texas keine härteren und als Kämpfer und Reiter besseren Burschen als uns. Wir hatten uns gesucht und gefunden, wie man so sagt. Und es war wahrhaftig nicht übertrieben zu behaupten, dass es jeder von uns mit einer ganzen Mannschaft aufnehmen konnte.

Dies wurde Senhor Pablo Uvaldes sicherlich klar und klarer, indes er mit uns aß.

Und als wir fertig waren, da sagte er es uns. Es hörte sich sehr einfach und natürlich an.

»Ich gehörte damals zu Santa Annas Armee«, sagte er. »Das war vor dreißig Jahren. Ich war damals fünfundzwanzig und schon Sergeant. Ja, ich war damals dabei, als wir mit siebentausend Mann gegen Alamo anrannten. Und als wir die hundertfünfundachtzig männlichen Verteidiger getötet hatten, da hatten wir selbst eintausendundsiebenhundert Mann verloren. Jeder dieser Texaner hatte fast zehn Gegner getötet.«

»Das wissen wir alles genau, und so wird es auch immer wieder sein, wenn Texaner gegen Mexikaner kämpfen!« Jim Phildarlik sprach diese Worte hart.

Pablo Uvaldes widersprach ihm nicht. Er fühlte sich aber auch gar nicht ängstlich oder auch nur unsicher, nachdem er uns diese Mitteilung gemacht hatte und wir ihn darauf mehr oder weniger hart und unfreundlich betrachteten. Fast alle von uns hatten jemanden in der Verwandtschaft, der bei Alamo kämpfte und getötet wurde. Und nun mussten wir ja annehmen, dass dieser Pablo Uvaldes vor dreißig Jahren vielleicht einen unserer Onkel getötet haben konnte. Ein Glück, dass wir erst einige Jahre später geboren waren und unsere Väter deshalb nicht in Alamo dabei gewesen sein konnten. Sonst wäre es diesem Pablo Uvaldes sicherlich böse ergangen.

»Ich war also Sergeant«, spricht er weiter. »Und ich war der Rechnungsführer des Armee-Zahlmeisters. Ich besaß eine bessere Schulbildung als die meisten unserer Offiziere.«

Wieder machte er eine kleine Pause. Doch er wirkte nun bei aller Beherrschung doch wie ein Bursche, der gleich einen besonderen Trumpf aus dem Ärmel zaubern würde.

Das tat er auch. Dann sagte er nach dieser kleinen Kunstpause: »Der Zahlmeister und ich, wir fanden den Schatz von Alamo.«

Als er es gesagt hatte, glotzten wir ihn ziemlich dumm an. Obwohl wir sonst im Denken nicht gerade träge, sondern sogar ziemlich gut waren, mussten wir seine Worte erst einmal verarbeiten. Wir mussten uns auch erinnern an all diese Geschichten und Legenden, die vor dreißig Jahren entstanden waren.

Aber als wir dann eine Weile nachgedacht hatten, da wussten wir genau, was Pablo Uvaldes damit meinte, als er sagte: »Wir fanden den Schatz von Alamo.«

Es waren damals eine ganze Menge Goldstücke und auch andere Kostbarkeiten in die kleine Festung geschafft worden. Man erzählte sich von wertvollen Perlen, Edelsteinen und ganzen Säcken von Goldstücken. Denn vor Santa Annas Armee war nichts sicher. Selbst wenn die Leute es gut versteckten und im Garten ihrer Besitzungen vergruben, bekamen es die Greaser heraus. Denn sie folterten einfach jemand, der dem Besitzer nahe stand. Dies alles wussten die reichen Familien von Texas ganz genau. Sie schafften deshalb ihren kostbarsten Besitz nach Alamo, darauf hoffend, dass sich die Festung lange genug halten würde, bis General Sam Houston eine Armee von Freiwilligen gesammelt hatte, um Hilfe zu bringen.

Ja, es stand fast für jeden Texaner fest, dass damals in Alamo eine Menge kostbares Zeug gewesen sein musste.

Doch es wurde nie bekannt, ob die Mexikaner etwas davon gefunden hatten. Und nun hörten wir also aus Pablo Uvaldes’ Mund, dass der Armee-Zahlmeister und er den Schatz gefunden hatten.

Nun, das war natürlich ein starkes Stück.

Wade Buchanan, der bis jetzt kein Wort gesagt hatte, öffnete nun seinen Mund und sagte lässig: »Jetzt wird die Geschichte erst richtig interessant, Mister Uvaldes.«

Er sagte nicht Senhor, sondern Mister. Wenn aber Wade Buchanan jemanden Mister nannte, dann hatte er ziemlich »Maß genommen«, wie man so sagt. Aber wenn man Pablo Uvaldes nicht sah, sondern sprechen hörte, so konnte man ihn ganz gewiss für einen reinblütigen Mister aus Old England halten. Es war nun längst klar, dass er sehr viel gebildeter war als wir.

Dick Sullivan fragte plötzlich: »Wo war das Zeug denn versteckt? He, wo habt ihr es finden können? Das muss doch ein ganz tolles Versteck gewesen sein!«

Pablo Uvaldes lächelte etwas nachsichtig, denn unser Dick Sullivan war doch ziemlich erregt. Er hatte einen noch dickeren Kopf bekommen und rollte mit den Augen.

Aber wir anderen waren natürlich genauso neugierig. Nur wir konnten uns besser beherrschen. Wir blieben kühl und lässig. Dabei wären wir diesem Uvaldes fast an den Hals gesprungen, um ihm die Worte aus dem Munde zu schütteln. Seine dunklen Augen funkelten uns an.

»Da war noch ein Geschütz der Festung intakt geblieben«, sagte er endlich. »Es war noch geladen. Doch es konnte nicht mehr abgefeuert werden, weil der letzte Mann starb, bevor er die Lunte heben konnte. Niemand beachtete das Geschütz. Man dachte sicherlich, dass es leer und abgeschossen war. Es war Stunden später, als ich selbst entdeckte, dass es noch geladen war. Doch nicht mit alten Schrauben oder irgendwelchen Blei- und Eisenstücken. Es war mit Gold, mit Perlen, mit Edelsteinen und sonstigen Kostbarkeiten geladen! Der letzte Mann von Alamo wollte den Schatz mitten in die anstürmenden Truppen Santa Annas feuern. Sie sollten es bekommen – auf furchtbare Art bekommen und nochmals mit Blut und vielen Toten bezahlen –, was sie an Schätzen erhofften. Doch sie bekamen es nicht. Die Kanone wurde nicht mehr abgefeuert. Und ich, ein junger Sergeant, ich fand den Schatz.«

Nun machte er abermals eine Pause. Wir aber staunten. Und wir waren wieder einmal stolz auf die Texaner von Alamo.

Weil sie gewiss nichts mehr hatten, womit sie die Kanone laden konnten, hatten sie den langen Lauf voll der kostbaren Dinge gestopft. Und es hätte nicht schlechter gewirkt als Blei, Schrauben und Nägel und all das andere Zeug, das sie in die Angreifer schossen, nachdem ihnen die Kanonenkugeln längst ausgegangen waren.

Und da sie wussten, dass sie bald mausetot sein würden, hatten sie natürlich auch keine Verwendung mehr für irdische Schätze. Es war gewiss ein makabrer Spaß, den Greasers entgegenzuschießen, was sie ohnehin suchten und wahrscheinlich auch finden würden.

Doch dann kam es nicht mehr dazu.

Welch ein Geist aber hatte in diesen tollen Jungens gesteckt! Ja, darauf waren wir wahrhaft stolz.

Wir starrten nun Pablo Uvaldes an, als wollten wir ihn hypnotisieren.

Wade Buchanans Stimme sagte noch einen Ton kühler und lässiger als zuvor: »Das wird ja immer interessanter! Weiter, Amigo mio! Jetzt sind wir wirklich interessiert!«

Ja, das waren wir wirklich.

Pablo Uvaldes sah uns alle der Reihe nach noch einmal prüfend an. Auch ich spürte den prüfenden Blick seiner dunklen Augen. Es kam mir auch so vor, als blickte er mich länger an als die anderen Jungens. Aber vielleicht lag das daran, weil ich mit meiner Säbelnarbe am hässlichsten von allen war. Oder vielleicht glaubte er, dass auch ich ein Halbindianer wäre. Aber das war ich bestimmt nicht. Mein Vater und mein Onkel waren damals von daheim fort, weil sie für den Preußenkönig keine Soldaten werden wollten. Und auch meine Mutter war keine Indianerin, sondern eine blonde Dänin gewesen. Warum ich wie ein Indianer aussah, dies hatte ich mich oft genug gefragt.

Pablo Uvaldes sprach dann weiter: »Ich meldete meinen Fund meinem Vorgesetzten, dem Armee-Zahlmeister. Später erfuhr ich, dass dessen Familie schlimm verschuldet war und er auch selbst eine Menge Spielschulden hatte. Ich selbst aber hatte eigentlich nur einen einzigen Wunsch im Herzen: Ich wollte Arzt werden. Oh, ich hatte eine erstklassige Schulbildung bei den Jesuiten-Patres bekommen. Doch ich wollte richtig Arzt studieren. Am liebsten in England. Das konnte ich ein Jahr später wirklich. Denn jener Zahlmeister und ich, wir unterschlugen dem General Santa Anna und der Armee unseren Fund. Wir brachten ihn für uns beiseite. Denn wir waren ja dann nicht mehr lange Soldaten. Es war am 21. April des gleichen Jahres, als der texanische General Sam Houston Santa Anna am San Jacinto River vernichtend schlug und Santa Anna gefangen nahm. Wir waren keine Soldaten mehr, denn wir konnten der Vernichtung entkommen. Unseren Schatz hatten wir gut versteckt und vergraben. Wir holten ihn und kehrten heim nach Mexiko.«

Wieder machte er eine kleine Pause. Knapper sprach er dann weiter: »Der Zahlmeister und dessen Familie wurden groß und mächtig, reich und unabhängig wie Fürsten. Ich selbst studierte viele Jahre in England und wurde Arzt, wie es mein Ziel war. Später kehrte ich heim. Denn ich wollte natürlich in meiner Heimat Arzt sein. Ich kehrte heim in das Land, in dem die Familie des einstigen Zahlmeisters herrschte und die Macht besaß.«

Abermals machte er eine Pause.

»Viele Jahre lang ging alles gut«, murmelte er dann. »Doch jetzt wurde alles anders.«

Als er verstummte, starrten wir ihn alle schweigend an, und es war in keinem unserer Blicke auch nur ein Schimmer von Freundlichkeit enthalten. Unser Dick Sullivan sprach dann aus, was wir alle dachten. Er sagte mit seiner tiefen Bassstimme: »Man müsste diesen Spitzbuben ans Leder. Selbst wenn man bedenkt, dass unsere Leute von Alamo all die Kostbarkeiten mit einer Kanone als besondere Art von Schrot abschießen wollten, so gehört es sich doch wohl nicht, dass eine Familie von Spitzbuben damit so reich und mächtig wie eine Fürstensippe werden kann. He, Doc, wie hoch war denn Ihr Anteil an dieser Beute?«

Pablo Uvaldes zuckte leicht zusammen bei dieser groben und verächtlichen Frage. Doch dann lächelte er bitter und zugleich auch verzeihend.

»Natürlich bin auch ich ein Spitzbube«, gab er dann zu. »Denn ich half dem Zahlmeister, den General Anna und unsere Armee um die Kriegsbeute zu bringen. Das stimmt.«

Nun hatte er es uns gegeben. Er hatte uns deutlich gemacht, wie er die Sache ansah. Er hatte seinen General um die Kriegsbeute betrogen. Anders sah er es nicht.

Für uns aber waren er und der Zahlmeister nichts anderes als Banditen. Und plötzlich war ich, Joey Hungary, genauso neugierig wie unser Dick Sullivan. Auch ich fragte nun scharf: »Ja, wie hoch war dein Anteil, Doc Uvaldes?«

Er betrachtete mich eine Sekunde staunend. Offenbar hatte er diese grobe Frage aus meinem Munde nicht erwartet.

Aber dann erwiderte er schlicht: »Der Zahlmeister bezahlte mir das Studium in England. Ich durfte Arzt werden. Und ich bin ein guter Arzt geworden. Ich habe schlimme Krankheiten geheilt und Leben gerettet. Ich bin stolz darauf. Es gibt so gut wie keine Ärzte in meiner Heimat.«

Er wirkte wahrhaftig stolz, und wir glaubten ihm plötzlich, dass noch niemals ein Teil eines geraubten Schatzes so gut angelegt worden war, wie in dieser Hinsicht. Auch wir raubten die Steuereintreiber und Nachkriegsgewinnler aus, nahmen ihnen das Geld und gaben es zum größten Teil irgendwelchen Ranchers oder Farmern, die ihre Steuern nicht bezahlen konnten. Wir retteten sie vor der Versteigerung und verhinderten damit, dass die Yankees wieder einmal mehr ein Stück Texasboden kaufen konnten. Und dieser Mann dort war Arzt geworden. Er war dann nicht in England oder in einem anderen zivilisierten Land geblieben, sondern war zurückgekehrt, weil es in seiner Heimat kaum Ärzte gab. Nun gut, dies also mussten wir wohl irgendwie anerkennen. Doch warum kam er zu uns? Zu dieser Frage gelangten wir alle fast im selben Moment. Er konnte es in unseren Blicken erkennen. Fragen stellten wir keine mehr. Wir blickten ihn nur auf eine unmissverständliche Art an.

Und da sagte er schlicht: »Mit meiner Hilfe könnte eine Mannschaft von eurer Klasse der Alvarez-Sippe den Schatz wieder fortnehmen. Denn bis auf die Goldstücke ist alles wieder vorhanden. Don Frederico Alvarez hatte damals einige besonders wertvolle Halsketten, Armbänder und Ringe bei einigen Bankhäusern als Sicherheiten für Kredite verpfändet. Er war als Geschäftsmann überaus erfolgreich und konnte schon nach wenigen Jahren alles zurückzahlen. Doch immer wieder, wenn er für große Investitionen, Landkäufe oder sonstige Erwerbungen, die ihn und seine Sippe noch größer und mächtiger werden ließen, Bargeld benötigte, konnte er von den Bankhäusern jede große Summe bekommen. Dieser Schatz ist für die Alvarez’ die Keimzelle oder die Hauptwurzel ihrer Macht. Nimmt man ihnen jedoch diesen Schatz, so holt man sie zur normalen Größe zurück. Dann sind sie nichts Anderes als gewöhnliche Großgrundbesitzer.«

»He, wie kann ihnen solch ein Schatz noch mehr Macht geben, als sie ohnehin schon als Großgrundbesitzer besitzen?« Dies fragte Dick Sullivan ungläubig.

Doch Pablo Uvaldes lächelte nur nachsichtig und erklärte es ihm dann.

»Das ist einfach zu verstehen«, sagte er. »Wir haben in unserem Lande nicht wenige Revolutionen. In jeder Provinz gibt es einen Gouverneur, der gerne Diktator werden möchte; und dann gibt es Generale und irgendwelche Volkshelden, die es anders und besser machen möchten. Sie alle aber versuchen es nur allein mit Gewalt. Doch das kostet Geld, viel Geld! Man muss Waffen besitzen. Soldaten kaufen und sie nobel entlohnen. Man hat riesige Summen nötig. Die Alvarez-Sippe war in all den Jahren immer in der Lage, ihren Mann zu unterstützen und ihm zum Siege zu verhelfen.«

»Jetzt verstehe ich es schon besser«, nickte Dick Sullivan. Und auch wir verstanden die Sache längst einigermaßen gut. Doch immer blieb noch die Frage offen, warum dieser Pablo Uvaldes dieser Alvarez-Sippe einen toten Hund in den Brunnen werfen wollte.

Er konnte diese Frage genau in unseren Augen erkennen. Deshalb sagte er endlich: »Es ist eigentlich völlig unwesentlich für euch, warum ich den Alvarez’ das antun will. Für euch, die ihr die Alamo-Mannschaft seid, kann es sich doch nur darum handeln, texanisches Eigentum wieder zurück nach Texas zu holen. Und wenn ihr es nicht behalten wollt, so könntet ihr versuchen, die wirklichen Erben ausfindig zu machen oder damit so manche Versteigerung verhindern. Ihr könntet im guten Sinne damit für Texas werden, was die Alvarez-Sippe im schlechten Sinne damit in Mexiko wurde und noch ist.«

Als er dies gesagt hatte, leuchtete es uns einigermaßen ein. Denn für uns sah die ganze Sache einfach aus:

Mexikaner hatten unsere Vorfahren von Alamo bestohlen. Und es war die Pflicht eines jeden Texasjungen, all das Zeug zurückzuholen und den Greasers einen Denkzettel zu verabreichen.

So einfach war das.

Dass dieser Pablo Uvaldes gegenüber der Alvarez-Sippe einen Hass hegen musste, war uns klar. Doch dies interessierte uns erst in zweiter Linie.

Wir erkannten, dass er uns vorerst nicht mehr sagen würde, und wir waren der Meinung, dass er aus Rache so handelte oder deshalb, weil er außer der Bezahlung des Studiums keinen weiteren Anteil bekommen hatte.

»Nun, Doc, wir werden es uns überlegen – bis morgen Früh.«

2

Am nächsten Tag schon hatten wir uns entschieden. Und am zweiten Tag ritten wir los. Eine weite Reise lag vor uns. Denn wir mussten bis nach Sonora. Da wir nicht durch das ganze nördliche Mexiko reiten wollten, wo die Gebirgsketten nur an wenigen Stellen überquert werden konnten und die verschiedensten Apachenstämme – angefangen von den Chiricahuas bis zu den Yaguis – jeden Weißen totschlugen, mussten wir einen ziemlichen Umweg machen.

Wir blieben also auf amerikanischem Boden. Schon in der übernächsten Nacht durchfurteten wir den Nueces, und in der Nacht danach ritten wir achtzig Meilen. Wir hielten uns dann immer in der Nähe des Rio Grande, bis wir die Mündung des Pecos River erreichten.

Als wir dann in einer der dunklen Nächte auch den Pecos hinter uns ließen, waren wir vor der Besatzungstruppe der Nordarmee in Sicherheit. Denn westlich des Pecos gab es kein Gesetz mehr – nicht einmal Yankees. Wir waren hier in einem Land, in welches sich alle Banditen und Deserteure des letzten Krieges geflüchtet hatten. Sie beherrschten dieses Land so sehr, dass sie bestimmten, wer Sheriff und Richter sein durfte, und sie kontrollierten alle Dinge, die sonst von der Regierung kontrolliert wurden. Sie waren die Regierung.

Wir hatten immer damit gerechnet, eines Tages in dieses Land reiten zu müssen, um den Besatzungstruppen und deren Polizei, »Blaubäuche« genannt, entkommen zu können. Denn die Jagd auf uns wurde immer härter und erbarmungsloser, je mehr wir den Yankees Schaden zufügten.

Nun, wir hatten also immer damit gerechnet, eines Tages in das Banditenland jenseits des Pecos flüchten zu müssen. Dass wir es nun so bald aus einem völlig anderen Anlass durchreiten würden, hätten wir nicht geglaubt.

Und so kamen wir eines Tages auch in die kleine Stadt Langtry und damit in Richter Roy Beans Machtbereich.