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Wenn Beni Frenkel von seinem Leben erzählt, beschönigt er nichts. Gnadenlos und mit viel Humor nimmt er in seinen Texten komplizierte Bräuche, sich selbst und seine Mitmenschen auf die Schippe. Für seine Kolumnen hagelt es regelmäßig harsche Kritik und Leserbriefe, nur dank der Fürsprache des Rabbiners wurde er nicht aus seiner jüdisch-orthodoxen Gemeinde ausgeschlossen. Doch glücklicherweise lässt sich Beni Frenkel nicht von der Meinung anderer beeinflussen und gibt seine eigene gerne weiterhin zum Besten.
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Seitenzahl: 152
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Beni Frenkel, geboren 1977, arbeitete bis vor Kurzem als Grundschullehrer und als freier Kolumnist u. a. regelmäßig für die NZZ am Sonntag und die Jüdische Allgemeine. Seit Herbst 2014 schreibt er eine wöchentliche Kolumne für das Magazin des Tages-Anzeigers. Beni Frenkel lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Zürich.
Seit fünfzehn Jahren widmet sich Beni Frenkel in seinen Geschichten mit viel Humor dem jüdischen Alltag. Dabei behandelt er ohne Umschweife sowohl große Fragen (Darf man auf der Toilette »Schabbat Schalom« sagen? Was muss man sich wohl unter dem Rücken Gottes vorstellen?) als auch ganz praktische Themen wie den Umgang mit Vorurteilen, die Handhabung von sprechenden Gebetbüchern oder das ewige Dilemma zwischen koscher und lecker.
Der vorliegende Band versammelt eine Auswahl von Beni Frenkels besten Kolumnen, die erstmals in dieser Zusammenstellung erhältlich sind.
Für meine Frau
Ich komme aus einer großen Schriftstellerfamilie. Meine Mutter hat unter anderem drei jüdische Kochbücher geschrieben und mein Vater einen schmalen Band über das kleine Städtchen Baden im Schweizer Mittelland. Die Kochbücher meiner Mutter verkauften sich nicht schlecht, ganz anders aber ihr Buch über einen jüdischen Friedhof, den ältesten und einen der größten der Schweiz. Auf jeder Seite wird ein Grabstein porträtiert. Das Buch ist enorm schwer. Ich weiß nicht, wie viele Menschen dieses Friedhofbuch gekauft haben. Etwa zweihundert Stück dieses großformatigen Werkes lagen während meiner Jugendzeit stets in verschiedenen Zimmern. Im Keller, im Hobbyraum und dann im Zimmer meiner Schwester.
Zum Schreiben bin ich eigentlich durch meinen Vater gekommen. Der ist arbeitslos geworden. Da war er schon Mitte fünfzig. Über ein Jahr lang suchte er einen neuen Job als Controller. Leider erfolglos. Dann kam er auf die Idee, ein Buch über das jüdische Baden zu schreiben. Baden ist nicht New York oder Berlin, Baden ist eine kleine Stadt mit zwanzig Juden. Anfangs dachte ich, das Buch werden zwanzig Menschen kaufen und vielleicht noch der örtliche Pfarrer und die Leihbibliothek.
Später habe ich dann begriffen, dass es gar nicht um die Verkaufszahlen geht. Es handelt sich um ein jüdisches Buch! Was das bedeutet, habe ich bei meinem Vater miterleben dürfen: Noch bevor er die erste Seite schrieb, wandte er sich an alle Kirchverbände und Kulturkommissionen der Schweiz. Er schreibe da ein jüdisches Buch, verkündete mein Vater, über das jüdische Baden! Fünfzig Jahre nach dem Holocaust! Ein wichtiges Buch, das Zeugnis über die jüdische Vergangenheit ablegt! Wessen Herz noch ein bisschen schlägt, der muss dieses jüdische Werk finanzieren! Fünfzig Jahre Holocaust!
Ich weiß gar nicht, wie viele Bücher mein Vater schließlich verkaufte. Auch sie lagen überall in der Wohnung herum. Aber durch geschicktes Marketing musste er gar kein Buch verkaufen, die Druckkosten hatte er durch die vielen Sponsoren längst eingespielt.
Man muss also über Juden schreiben! Und das tue ich schon seit fünfzehn Jahren, zum Beispiel in der Jüdischen Allgemeinen, dem Magazin des Tages-Anzeigers und in der NZZ am Sonntag. Über jüdisches Essen, jüdische Frauen, jüdische Fixiertheit. Viele Leute meinen, ich müsste mal einen Tapetenwechsel wagen, über was anderes schreiben. Aber warum sollte ich? Ich meine: Sie halten das Buch ja gerade in Ihren Händen.
Ich bin in Dättwil aufgewachsen, einem kleinen Dörfchen. Einwohner: vielleicht fünfhundert, kleiner Dorfbach, ein Kindergarten, drei Großbauern, viele Bäume. Dättwil liegt neben Baden im Kanton Aargau, der Bus fährt im Viertelstundentakt. Wir wohnten in einer neuen Wohnsiedlung. Beim Hauseingang hat ein Künstler eine Steinskulptur aufgebaut. Sie ragt etwa sieben Meter in die Höhe. Unerfahrene Kinder, oder solche, die gerade zu Besuch kamen, verletzten sich häufig an der Skulptur. Die Steinblöcke sind messerscharf geschliffen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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