Gebrauchsanweisung für Irland - Ralf Sotscheck - E-Book
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Ralf Sotscheck

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Beschreibung

Die Insel in Europas Nordwesten: vielleicht der Flecken Erde mit den meisten Klischees pro Quadratmeter. Was aber erwartet den Irlandreisenden wirklich? Eine der jüngsten Bevölkerungen, die nach zwanzig Jahren Wirtschaftsboom wieder auf den Boden der Tatsachen geholt wurde. Doppelt so viele Schafe wie Menschen. Viel Regen, schwarzes Bier, Bingohallen und eine eigentümliche Sprache. Größen der Weltliteratur von Joyce bis McCourt. Hier sind Sagen und Legenden lebendig, schwebt die Feenfrau Banshee noch immer durch verwitterte Ruinen; hier erfand ein Dubliner den Grafen Dracula. Ralf Sotscheck erzählt mit irisch inspirierter Fabulierlust und lässt das bunte Mosaik einer Nation zwischen keltischer Tradition und Zukunftsfragen entstehen.

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Mehr über unsere Autoren und Bücher:www.piper.deISBN 978-3-492-95026-8© Piper Verlag GmbH, München 1996, 2003, 2010 und 2018Covergestaltung: Birgit KohlhaasCover: H. & D. Zielske / LOOK-FotoKarte: cartomedia, KarlsruheDatenkonvertierung: Fotosatz Amann, MemmingenSämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Wir weisen darauf hin, dass sich der Piper Verlag nicht die Inhalte Dritter zu eigen macht.

Inhalt

Karte

Vorwort

Stadt und Land

Jekyll und Hyde

Onkel Seamus muss nach Südostasien

Dracula lebt nicht in Transsylvanien

Ein Pfarrer in der Familie

Eine Hand wäscht die andere

Nichts geht ohne die Nationalknolle

Last orders, Ladies and Gentlemen!

Bei Familie Murphy zu Hause

Wo bitte liegt »An Lár«?

Literatur mit zwei Promille

Irische und barbarische Spiele

Spielhöllen und andere heilige Hallen

Reden sie vom selben Land?

Interpretation ist die Rache des Intellekts

It’s a soft day, isn’t it?

Vorwort

Es gibt drei große Lügen in Irland, so behaupten jedenfalls die Einheimischen – und die müssen es ja wissen. Erstens: »Das ist wirklich das letzte Bier für heute.« Zweitens: »Der Scheck ist bereits unterwegs.« Und drittens: »Wir treffen uns um halb neun.« Die Iren drücken damit selbstironisch aus, dass sie alkoholischen Getränken nicht abgeneigt sind, gerne ein wenig flunkern und grundsätzlich zu spät kommen. Mit diesem Wissen könnten Sie sich schon getrost auf den Weg nach Irland machen.

Allein, in Klischees steckt meistens nur die halbe Wahrheit. Zwar ist die »Grüne Insel« übersät mit Kneipen, die ein dichtes Netz sozialer Knotenpunkte bilden, doch daneben gibt es eine viertel Million Abstinenzler, sodass die Iren im Alkoholverbrauch längst nicht an der Spitze in Europa liegen. Auch zögern die Iren die Bezahlung von Rechnungen gerne bis zur letzten Sekunde – und manchmal noch länger – hinaus, bei telefonischer Mahnung beruhigt man jedoch den Gläubiger, um ihm nicht den Tag zu verderben; er erfährt ja früh genug, dass es mit dem Scheck wieder nicht geklappt hat – was man zur Not dann immer noch auf die Post schieben kann. Und schließlich sind die Iren bei Verabredungen nur selten pünktlich, aber man verabredet sich im Pub, damit es dem Wartenden nicht langweilig wird. Womit wir wieder bei der ersten Lüge wären.

Vielleicht liegt es ja an einem Missverständnis, wenn Sie glauben, man habe Sie versetzt. Wenn Iren half four sagen, so ist damit half past four gemeint – also halb fünf. Sie können dann ab fünf mit der Person rechnen, mit der Sie verabredet sind. Ein spanischer Tourist fragte einmal einen Iren, ob es in Irland ein ähnlich dehnbares Zeitverständnis gebe, wie das spanische mañana. »Um Himmels willen«, antwortete der Ire entsetzt. »So etwas Dringliches gibt es bei uns nicht.«

Es mag an der agrarischen Struktur und der späten Industrialisierung liegen, dass die Iren immer Zeit für eine Tasse Tee und ein Schwätzchen haben. In Dublin und den anderen Großstädten Cork, Limerick, Dun Laoghaire, Galway und Waterford hat sich ein mitteleuropäischer Zeitbegriff breitgemacht – allerdings nicht zulasten des small talk im Pub. Es gibt ja genügend Leute, über die man reden kann. Kämen Sie als Berliner auf die Idee he­rauszufinden, ob Sie gemeinsame Bekannte haben, wenn Sie einen anderen Berliner kennenlernen? Obwohl auch in der Republik Irland vier Millionen Menschen leben, forschen zwei Iren, die sich irgendwo in der Welt begegnen, sogleich nach Berührungspunkten – fast immer mit Erfolg. Zumindest kennt man den Nachbarn des Klempners, der bei der Tante des Gesprächspartners den Rohrbruch beseitigt oder gar verursacht hat. Und wenn nicht, lässt sich über Politiker und andere »Stars« reden.

Die Ehrfurcht vor großen Namen ist in Irland völlig unterentwickelt. Schließlich ist die Insel so klein, dass man den Finanzminister im Pub, den Nachrichtensprecher beim Friseur und den Rockstar im Supermarkt treffen kann. Niemand findet das ungewöhnlich oder käme gar auf die Idee, einen Prominenten mit übertriebener Aufmerksamkeit zu belästigen. Vermutlich haben sich deshalb eine ganze Reihe internationaler Rock- und Filmstars einen Wohnsitz in Irland zugelegt: Jerry Lee Lewis, Jeremy Irons, Marianne Faithful, Mick Jagger, Steve Winwood, Tom Cruise, Nicole Kidman, Harrison Ford, Anjelica Houston, Julia Roberts und Kevin Costner, um nur einige zu nennen.

Diese Leute haben freilich den Vorteil, dass sie jederzeit in ein Flugzeug springen können, wenn sie dem irischen Wetter entfliehen wollen. Der häufige Regen hat die Insel vor Massentourismus und Hotelhochhäusern bewahrt. »Im vergangenen Jahr fiel der Sommer auf einen Montag«, erklärte mein Nachbar einem sonnenhungrigen Touristen. Ein Sprichwort besagt, dass die Iren zwei Tage im Jahr besonders genießen: Weihnachten und den Sommer. Auch das ist natürlich nur ein Vorurteil, Generationen von Urlaubern sind aus Irland sonnengebräunt nach Hause zurückgekehrt – es ist reine Glückssache. Und räumen wir gleich noch mit einem anderen Klischee auf: Nicht alle irischstämmigen Menschen haben rote Haare und Sommersprossen, wie die Titelbilder vieler Reiseführer vorgaukeln. Gerade vier Prozent der Iren sind rothaarig. Wie viel Prozent Sommersprossen haben, ist mir nicht bekannt.

Die Iren seien das glücklichste Volk Europas, verkündet ein Heftchen für Touristen, weil der Sinn des Lebens für sie darin bestehe, sich einen guten Platz für das Leben nach dem Tod zu sichern. Ganz so religiös geht es freilich nicht einmal in Irland zu: Im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs, der Anfang der Neunzigerjahre einsetzte und 2008 vorübergehend zu Ende ging, sind manche Iren zu Reichtum gekommen. Aber viele blieben auf der Strecke, die Schere zwischen Arm und Reich ist größer, das soziale Klima vor allem in den Großstädten ist rauer geworden.

In diesem Buch geht es darum, ein paar Vorurteile über die Grüne Insel zu korrigieren. Es ist kein traditioneller Reiseführer, der die Sehenswürdigkeiten akribisch auflistet. Das Buch will Ihnen vielmehr ein paar Hinweise geben, die Ihnen den – zugegebenermaßen nicht besonders komplizierten – Umgang mit den Iren erleichtern und dabei helfen sollen, Missverständnisse zu vermeiden.

Es ist übrigens wahr, dass die Iren überaus freundlich sind. »Ein Fremder ist ein Freund, dem man bisher noch nicht begegnet ist«, lautet ein weiteres irisches Sprichwort. Jakob Venedey, eine Leitfigur der deutschen Linken im 19. Jahrhundert, fand den Beweis für dieses Sprichwort, als er Irland 1843 bereiste. Seine Begeisterung für die Insel möge als Leitsatz für dieses Buch gelten: »Ich glaube nicht, dass es ein gastfreundlicheres Volk als die Irländer in der Welt gibt; ich habe keine Idee, wie man überhaupt gastfreundlicher sein könnte, als ich sie gefunden habe. Ich möchte es von den Dächern ausrufen: Kommt nach Irland, ihr Alle, die ihr ein gesundes Herz habt, das von den Schlägen des Geschickes wund ward; kommt her, hier könnt ihr es pflegen und heilen. Und sanfte Frauen, keusch und rein genug, um nicht von dem Händedrucke des Mannes zurückzubeben, werden euch pflegen und euch helfen, vergangenes Unglück im trauten Kreis guter Menschen zu vergessen.«

Stadt und Land

Wenn Sie kurz vor Weihnachten oder vor dem Nationalfeiertag, dem »St. Patrick’s Day«, nach Irland reisen, lernen Sie schon unterwegs die irische Gabe kennen, einen langweiligen Flug oder eine eintönige Schiffspassage in ein Fest zu verwandeln. Viele Emigranten begehen die Festtage in der Heimat und beginnen die Feier schon bei der Anreise. Ich habe auf einem Flug nach Dublin drei Tage vor Weihnachten erlebt, dass sich die Stewardessen von der Atmosphäre anstecken ließen und die Schnaps- und Biergläser immer wieder auffüllten, kaum dass sie leer waren. Stand Aer Lingus vielleicht deshalb vorübergehend vor dem Bankrott? Beim Landeanflug auf Dublin sangen jedenfalls alle irgendwelche Schlager, und während leere Bierdosen den Gang entlangrollten und sich niemand um das Rauchverbot kümmerte, erzählte eine alte Dame im Tweedkostüm schmutzige Witze, die einem Bierkutscher zur Ehre gereicht hätten. Normalerweise geht es freilich auch in irischen Flugzeugen gesitteter zu.

In Irland angekommen, befinden Sie sich zwischen 51º 05' und 55º 23' nördlicher Breite und 5º 30' und 10º 30' westlicher Länge. Die Insel ist 84.400 Quadratkilometer groß. Davon entfallen 83 Prozent auf die Republik Irland, der Rest auf Nordirland. Die Bevölkerungsdichte liegt in Südirland bei nur 57 Einwohnern pro Quadratkilometer, im Norden ist sie etwas höher. Es gibt vier historische Provinzen: Ulster im Norden, Leinster im Osten, Munster im Süden und Connaught im Westen. Die Provinzen sind in insgesamt 32 Grafschaften unterteilt. Nordirland umfasst sechs der neun Grafschaften Ulsters, zur Republik gehören die restlichen 26 Grafschaften. Kein Ort der Insel ist mehr als hundert Kilometer vom Meer entfernt. So weit die Statistik.

Nehmen wir der Einfachheit halber an, Sie reisen per Flugzeug und landen in Dublin. Aus der Luft erkennen Sie die weite Bucht, an der die irische Hauptstadt liegt, sowie nördlich und südlich davon die grünen Wiesen und Weiden. Die irische Landschaft weist vierzig verschiedene Grüntöne auf, heißt es.

Beim Verlassen der Gepäckhalle haben Sie die Wahl zwischen der blauen Tür für Reisende aus der EU und der grünen Tür für Bürger anderer Staaten, die nichts zu verzollen haben. Der Unterschied ist eher symbolisch: Beide Türen führen in den Raum, in dem das Gepäck in Ausnahmefällen kontrolliert wird. Seit der zollfreie Einkauf bei Reisen innerhalb der Europäischen Union am 1. Juli 1999 abgeschafft wurde, lohnt es sich nicht mehr, Schnaps und Zigaretten am Flughafen einzukaufen. Sollten Sie jedoch die großzügige Freimenge für im Ausland verzollte Waren überschritten haben, müssen Sie durch die rote Tür gehen. Sie werden vermutlich erhebliches Aufsehen erregen, weil sich dort nur selten jemand blicken lässt.

Ihr Haustier haben Sie hoffentlich zu Hause gelassen: Da es in Irland weder Tollwut noch Maul- und Klauenseuche gibt, müssen Tiere bei der Einreise für sechs Monate in Quarantäne, es sei denn, das Tier wurde im Heimatland einer langwierigen Prozedur unterzogen, die mehrere Impfungen und das Einpflanzen eines Mikrochips umfasst. Wer versucht, seinen Dackel heimlich ins Land zu bringen, muss damit rechnen, dass Waldi beschlagnahmt und eingeschläfert wird.

Nun sind Sie also in der irischen Hauptstadt, die auf Gälisch Baile Atha Cliath heißt – die »Stadt an der Hürdenfurt«. Übrigens stammt auch der anglisierte Name aus dem Gälischen: Duibh-linn bedeutet »schwarzer Pfuhl«. Dublin sei nicht Irland, monieren viele Anhänger der Grünen Insel. Das finde man ausschließlich auf dem Land. Immerhin lebt fast ein Drittel der südirischen Bevölkerung im Großraum Dublin.

Der Schriftsteller James Joyce schrieb über die Bewohner seiner Heimatstadt, sie seien »die hoffnungsloseste, nutzloseste und widerspruchsvollste Rasse von Scharlatanen, der ich je auf der Insel oder dem Kontinent begegnet bin. Der Dubliner verbringt seine Zeit mit Schwatzen und Rundgängen durch die Bars, Schenken und Spelunken, ohne je seine doppelten Quantitäten von Whiskey oder Home Rule satt zu kriegen, und nachts, wenn nichts mehr reingeht und er mit Gift angefüllt ist wie eine Kröte, stolpert er aus einem Nebenausgang und geht, geleitet vom instinktiven Wunsch nach Standhaftigkeit, der geraden Häuserfront entlang und schrubbt seinen Rücken an allen Mauern und Ecken.«

Sein Urteil über die Stadt, das ähnlich harsch ausgefallen war, revidierte Joyce jedoch später und schrieb, er sei Dublins »Schönheit nicht gerecht geworden, denn sie ist an Natur schöner, als was ich von England, der Schweiz, Frankreich, Italien oder Österreich gesehen habe«. Manche behaupten gar, dass Dublin gar keine Weltstadt sei, sondern ein überdimensionales Dorf.

Politisch spielt Dublin in Europa nur eine untergeordnete Rolle, es beherbergt lediglich eine einzige Einrichtung der Europäischen Union: die »Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen«; als Finanzzentrum kann die Stadt weder mit London noch mit Frankfurt mithalten; und selbst das geistliche Zentrum Irlands ist nicht Dublin, sondern Armagh in Nordirland. Doch in seiner kulturellen Bedeutung muss sich Dublin vor keiner anderen Metropole in Europa verstecken. Die irische Hauptstadt ist reich an Museen und Galerien, an Kirchen und Sportstätten, an Sehenswürdigkeiten, Einkaufsgelegenheiten und Konzertsälen, an Kinos, Theatern und vor allem an Pubs. Mit seinem Monumentalroman Ulysses hat Joyce Dublin ein literarisches Denkmal gesetzt, wie es keine andere Stadt für sich beanspruchen kann.

Der Fluss Liffey teilt Dublin in zwei ungleiche Hälften: den ärmeren Norden mit vielen schäbigen Wohnvierteln und den vornehmeren Süden mit einigen Glanzlichtern georgianischer Architektur. Die Liffey selbst ist erst Anfang des 21. Jahrhunderts aus ihrem Schattendasein herausgetreten, es wurden Uferpromenaden gebaut, und am Nationalfeiertag wird ein großes Feuerwerk auf dem Fluss abgebrannt. 1920 hatte der Schriftsteller Oliver St. John Gogarty moniert: »Keine Stadt vernachlässigt ihren Fluss so sehr wie Dublin. Von Butt Bridge bis Lucan schwimmt kein einziges Ausflugsboot auf der Liffey. Befänden sich die Stadt und der Fluss in England, gäbe es Gärten am Wasser und Bootshäuser und Menschen, die sich an und auf dem Wasser ergötzten.« Der in Dublin geborene Journalist Stan Gebler Davies äußerte siebzig Jahre später: »Dublin ist eine arrogante Stadt. Egozentrisch und selbstsüchtig. Sie hat das meiste dessen, was sie auszeichnet, zerstört und verschlingt gierig die Ressourcen des Landes. Sie baut und unterhält vorstädtische Arbeiterslums, die Leipzig oder Magdeburg beschämen würden. Die Kriminalität in einigen Wohnvierteln überfordert die Polizei. Die Liffey stinkt. Ich liebe diese Stadt.«

Irland ist kein billiges Urlaubsland. Das merken Sie spätestens dann, wenn Sie ein Hotelzimmer buchen. Zu den erschwinglicheren Übernachtungsmöglichkeiten zählen Zimmer mit Frühstück (Bed & Breakfast), die Sie am »B&B«-Schild erkennen. Immer mehr Einheimische vermieten Zimmer oder Häuser über Airbnb. Wer auf Komfort wenig Wert legt, kommt in einer Jugendherberge oder einer unabhängigen Herberge ohne Altersbeschränkung gut unter. Auskünfte geben die Fremdenverkehrsämter; dort erhalten Sie auch ein Buch, in dem sämtliche Unter­künfte aller Preisklassen aufgelistet sind. Besonders in der Hochsaison empfiehlt es sich, zumindest für den Aufenthalt in Dublin schon vom Heimatland aus zu buchen. Besorgen Sie sich am besten gleich einen Adapter für Ihr Kofferradio oder Ihren Haartrockner: Irische Steckdosen haben drei Buchsen, die im Dreieck angeordnet sind. Die Adapter gibt es in jedem Haushaltswarengeschäft.

Von Dublin aus führen sieben breite Hauptstraßen fächerförmig ins Land hinein. Irland sieht aus wie eine Schüssel oder, wissenschaftlicher ausgedrückt: »Die Insel besteht aus einer großen zentralen Kalksteintiefebene mit einem Hügelrelief, die von einer nicht geschlossenen Bergkette entlang den Küsten von unterschiedlicher geologischer Struktur eingeschlossen ist«, wie es in der amtlichen Broschüre heißt.

Irland hat mindestens zwei große Eiszeiten erlebt. Abgeschliffene Felsen, Bergseen, Stichtäler und Ablagerungen aus Sand, Kies und Ton zeugen von den Eismassen, die einst die ganze Insel überzogen haben. Die Trennung Irlands vom Festland geschah nach der letzten Eiszeit, in der viele urzeitliche Pflanzen und Tiere ausstarben, sodass die Insel heute weit weniger Arten aufweist als andere Länder Europas. Davon ausgenommen sind Fuchsien, Rhododendren – und Hunde: Es gibt sieben irische Hundezüchtungen, von denen der riesige Wolfshund wohl die bekannteste ist. Vierzig Prozent der irischen Haushalte haben einen Hund. Das ist einsamer Rekord in Europa.

Auffällig ist der geringe Baumbestand. Früher konnte laut Volksmund ein Eichhörnchen von Belfast nach Cork gelangen, ohne den Boden zu berühren, doch die britische Armada hat im Laufe der Jahrhunderte ihren Tribut gefordert. Dafür gibt es viele Steinmauern. Sie umgeben große Landhäuser und kleine Parks, sie begrenzen Felder, Friedhöfe, Wiesen, sie sichern Botschaften, Sportplätze und öffentliche Gebäude. Irland ist ein Land der Mauern. Man gewöhnt sich dran.

Jeder Landesteil hat seine eigenen Reize – seien es die eher kargen Granitberge von Galway, Mayo und Donegal im Westen und Nordwesten oder die zahllosen Inseln wie Achill Island, wo Heinrich Böll sein Irisches Tagebuch geschrieben hat, sei es die Grafschaft Kerry im Südwesten, in der dank des Golfstroms sogar Palmen wachsen, oder das Amorikanische Bergland im Süden, das den 1040 Meter hohen Carrauntoohil, den höchsten Berg Irlands, besitzt, oder auch die Wicklow-Berge im Südosten mit ihren zahlreichen Hochmooren. Selbst die zentrale Tiefebene, das landwirtschaftliche Kerngebiet, in das sich wenige Touristen verirren, ist nicht nur für Radfahrer interessant.

Bei Einwanderern sind die Grafschaften Donegal, Clare, Mayo, Kerry und Cork am beliebtesten. Aus der Statistik der Landkommission geht hervor, dass jedes Jahr rund 6000 Hektar Land in ausländischen Besitz übergehen. Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich weitaus höher: Die Landkommission registriert lediglich Immobilientransaktionen von mindestens zwei Hektar.

An der Spitze der Liste ausländischer Käufer liegen die Briten, gefolgt von US-Amerikanern und Deutschen. In Deutschland ist die Zahl der Kleinanzeigen für irische Immobilien seit Anfang der Neunzigerjahre um zehn bis 15 Prozent gestiegen.

Der Haus- oder Landkauf ist problemlos: Der Rechtsanwalt, den Sie einschalten müssen, nimmt Ihnen die Formalitäten ab. Da die Iren – vor allem in den besonders beliebten Grafschaften, wo die Einheimischen an Einwanderer gewöhnt sind – verträgliche Nachbarn sind, werden Sie keine Schwierigkeiten bekommen, solange Sie Ihr Grundstück nicht mit einem elektrischen Zaun sichern und den Zugang zum See nicht versperren. In diesem Fall würde es Ihnen ergehen wie jenem Captain Boycott, dessen Name in den Sprachgebrauch eingegangen ist: Boycott war ein rücksichtsloser Gutsverwalter in Mayo, der von seiner gesamten Nachbarschaft geächtet und 1880 schließlich verjagt wurde.

Erlebnishungrige können im Sommer von Festival zu Festival ziehen. Es gibt eine Fülle von kulturellen, sportlichen und gesellschaftlichen Veranstaltungen, die Touristen und Einheimische gleichermaßen anlocken – nicht zuletzt deshalb, weil die Pubs dann länger geöffnet sind. Für manche Orte ist ein gut besuchtes Festival überlebenswichtig, denn die Hotels, Pensionen, Restaurants und Kneipen müssen ein ganzes Jahr lang davon zehren.

Inzwischen hat selbst die kleinste Ortschaft ihr Festival, wobei der Anlass oft nur eine untergeordnete Rolle spielt. So gibt es die Pferderennen von Listowel, das Theaterfestival von Dublin, den Heiratsmarkt von Lisdoonvarna, den gesamtirischen Musikwettbewerb »Fleadh Cheoil« mit jährlich wechselndem Veranstaltungsort, das Opernfestival von Wexford, die Willie-Clancy-Sommerschule von Mill­town Malbay, die Wahl der Schönheitskönigin »Rose of Tralee«, die sogar im US-Fernsehen übertragen wird, oder das Austernfestival von Galway – inklusive der Wahl einer zweibeinigen weiblichen »Austernperle« und der amüsanten Weltmeisterschaft im Austernöffnen. Dabei kommt es ebenso auf Geschwindigkeit wie auf Präsentation an: Wer die Austern einfach auf den Teller knallt, wird mit Punktabzügen bestraft, während es für eine besonders appetitliche Darreichungsform Pluspunkte gibt.

Das wichtigste Ereignis im bäuerlichen Kalender sind die Nationalen Meisterschaften im Pflügen. Es geht natürlich um mehr, als hinter einem Ackergaul herzulaufen und eine möglichst gerade Furche in den Boden zu ziehen. Die Meisterschaften, die bis zu 100.000 Zuschauer anlocken und sich über sieben Tage hinziehen, sind in unzählige Klassen eingeteilt: Dreiviertelstoppel-Einfachfurchen, Halbstoppel-Doppelfurchen und so weiter. Dazu kommt die Unterteilung in Altersgruppen vom Junior bis zum Greis. Gefragt ist der Einklang zwischen Pflug, Pferd und Mann.

Für Frauen gibt es einen gesonderten Wettbewerb. Die »Nationale Pflug-Vereinigung« nennt pflügende Frauen »Farmeretten«, was ihr den Vorwurf des Sexismus eingebracht hat. Die Direktorin der Pflug-Vereinigung, Anna McHugh, wies die Kritik weit von sich: »Das ist ein wunderschöner Name, den wir schon seit den Fünfzigerjahren führen und keinesfalls ändern werden«, sagte sie. »Hinter der Siegerin sind alle ledigen Bauern her, und sie kann sich den größten Hof aussuchen.«

Auch Nordirland hat seine Festivals, allen voran das Belfaster Kulturfest im November. Lassen Sie sich durch die blutige Geschichte keinesfalls davon abschrecken, Nordirland in Ihre Reise mit einzubeziehen – zumal der politische Konflikt seit Frühjahr 2007 mehr oder weniger beigelegt ist. Die nordirische Hauptstadt Belfast hat eine weit niedrigere Kriminalitätsrate als andere Städte vergleichbarer Größe. Von dem Konflikt ist kaum noch etwas zu spüren. Sie sollten dennoch nicht gerade in einem protestantischen Viertel eine flammende Rede für ein vereinigtes Irland halten oder im katholischen West-Belfast lautstark die Errungenschaften der britischen Demokratie preisen. Am besten halten Sie sich mit politischen Äußerungen oder guten Ratschlägen für eine Lösung des Konflikts zurück.

Auf seine Ursachen einzugehen, würde hier zu weit führen, doch ein mittelalterlicher Religionskrieg war es nie, auch wenn das im Ausland häufig so dargestellt wurde. Die konfessionelle Zugehörigkeit ist der Ausdruck des Konflikts, dessen Wurzeln bis zur Eroberung Irlands und den daraus resultierenden Gegensätzen zwischen Einheimischen und Siedlern zurückreichen und der sich mit der Teilung der Insel 1922 verschärfte. Seitdem genoss die künstliche protestantische Mehrheit in Nordirland eine privilegierte Stellung, die auf Diskriminierung der katholischen Minderheit und Absicherung durch die britische Regierung basierte.

So weit die stark vereinfachte Erklärung für einen Konflikt, über den bereits so viele Bücher geschrieben wurden, dass sich ganze Bibliotheken damit füllen ließen.

Falls Sie in Nordirland mit dem Auto unterwegs sind, wird Ihnen als Erstes der bessere Straßenzustand auffallen. Die Hinweisschilder sind einsprachig englisch, und die zweitgrößte nordirische Stadt Derry heißt plötzlich Londonderry. Ob man »Derry« sagt oder den Kolonialnamen benutzt, ist für Nordiren eine politische Entscheidung.

Zwar hat die Zahl der Touristen 1989 zum ersten Mal seit Ausbruch der Troubles – wie der Konflikt hier genannt wird – die Millionengrenze überschritten, aber vom Massentourismus ist Nordirland noch weit entfernt. So ist selbst die landschaftlich reizvolle Küstenstraße der Grafschaft Antrim – sie führt von Belfast zum »Giant’s Causeway« – mit ihren zahlreichen Stichtälern kaum befahren.

Der Giant’s Causeway besteht aus 40.000 vieleckigen Basaltsäulen und ist eine der berühmtesten Naturerscheinungen der Welt. Angeblich ist er das Werk vulkanischer Eruptionen. Viel einleuchtender ist jedoch die Erklärung, dass er bei der überstürzten Flucht des Riesen Fionn Gall nach Schottland entstanden ist. Fionn Gall war nach Antrim gekommen, um den einheimischen Riesen Fionn MacCumhaill herauszufordern. Der verkroch sich in einer Kinderwiege und harrte ängstlich der Ankunft Fionn Galls. Als dieser erschien, erklärte ihm Fionns Frau Una scheinheilig, ihr Mann sei nicht zu Hause – nur sein kleiner Sohn liege dort in der Wiege. Una fragte Fionn Gall, ob er vielleicht warten und etwas essen wolle. Der schottische Gigant nahm einen Pfannkuchen und biss sich auf der Stelle zwei Zähne aus, weil Una ein paar Backbleche in den Pfannkuchen eingebacken hatte. Sie fragte ihren Gast, ob er sich nicht zu viel zugemutet habe, gegen Fionn anzutreten, wenn er nicht mal die Pfannkuchen vertrage, die Fionns Sohn regelmäßig esse. Mit diesen Worten reichte sie einen Pfannkuchen in die Wiege – natürlich ohne Backbleche. Aber er könne doch wenigstens Saft aus einem Stein pressen, meinte Una zu Fionn Gall. Er konnte es nicht, dafür aber Fionns Sohn, der allerdings einen frischen Cheddar-Käse verwendete. Als Fionn Gall das sah, ergriff er die Flucht und brachte die Küstenlandschaft durchei­nander. So entstand der Giant’s Causeway.

Wenn Ihnen auf Ihrer Fahrt über die Grüne Insel unterwegs bunte, hölzerne Zigeunerwagen begegnen, die von Pferden gezogen werden, dann sind Sie nicht auf eine folkloristische Sehenswürdigkeit gestoßen, sondern auf einen ausländischen Touristen, der sich einen solchen Pferdewagen gemietet hat. Die Travellers, die diese Fortbewegungsmittel früher benutzt haben, sind längst auf blecherne Wohnwagen umgestiegen.

Travellers nennen sich die Fahrenden Irlands seit einigen Jahren; früher hießen sie Tinker, die lautmalende Bezeichnung für einen metallverarbeitenden Hammer. Doch dieser Name hatte in der Bevölkerung einen negativen Beigeschmack bekommen.

Bereits in vorchristlicher Zeit reisten Schmiede durch Irland, die Bronze und Zinn verarbeiteten. Im Lauf der Zeit haben die Fahrenden eine eigene Sprache, das Shelta oder Cant, entwickelt. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Travellers integraler Bestandteil des wirtschaftlichen Gefüges und zogen als Kesselflicker, Weber, Schneider, Pferdehändler, Musiker und Geschichtenerzähler durch das Land. Doch mit der Einführung von Maschinen, Plastikwaren und Fertigtextilien waren ihre Dienste nicht mehr gefragt. Die Fahrenden wichen in die Städte aus, wo sie sich neue Berufschancen erhofften. Dort konkurrierten sie jedoch mit den Sesshaften. Seitdem sind die Rastplätze der Fahrenden zu Konfliktherden geworden, nicht selten werden die Wohnwagen verbrannt, während die Polizei tatenlos zusieht. Die 18.000 Fahrenden in Irland sind ständig von Vertreibung bedroht.

Die Lebensbedingungen der Travellers sind schlechter als die der ärmsten Schichten der sesshaften Bevölkerung. Ihre Lebenserwartung liegt bei fünfzig Jahren, die Familien sind doppelt so groß, und die Kindersterblichkeit ist dreimal so hoch wie im Landesdurchschnitt. Unterernährung und Mangelerscheinungen sind weit verbreitet. Und die Diskriminierung verschärft sich. Zu vielen Kneipen, Restaurants, Supermärkten oder Waschsalons haben Travellers keinen Zutritt. In den Schulen werden ihre Kinder in gesonderten Klassen unterrichtet. Drei Viertel der Bevölkerung würden kein Haus in der Nähe eines Rastplatzes kaufen.

Als sich die irische Regierung in den Sechzigerjahren zum ersten Mal offiziell mit dieser Bevölkerungsgruppe beschäftigte, richtete sie weiteren Schaden an: Die Fahrenden wurden mit dem Begriff Itinerants, Nichtsesshafte, belegt und wie Bettler und Diebe eingestuft. Ihre eigenständige Kultur und ihr Lebensstil fanden keine Berücksichtigung. Die Regierungskommission meinte, das Problem sei zu lösen, indem man sie »absorbiere und integriere«, das heißt, sie sesshaft mache. Erst seit den Achtzigerjahren gelingt es den Fahrenden, sich etwas mehr Gehör zu verschaffen. Sie sind inzwischen der internationalen Sinti- und Roma-Vereinigung beigetreten, obwohl sie Iren sind. Die Vorfahren vieler Traveller-Familien sind in Hungerzeiten von Haus und Hof vertrieben worden, nachdem sie die Pacht nicht mehr zahlen konnten.

Heute ist diese Randgruppe in Sesshafte und Nomaden zersplittert, ihr Selbstbewusstsein ist schwach, Teile ihrer Kultur sind verschwunden, aber die Vorurteile der Bevölkerung und der Behörden sind ungebrochen. Viele Fahrende haben sich aufs Betteln verlegt, wobei sie – vor allem Touristen gegenüber – recht aufdringlich sein können. Die Iren winken meist ab und behaupten, dass es diesen Leuten in Wirklichkeit prächtig gehe – zur Beruhigung des eigenen Gewissens. Wenn Sie ein paar Cent übrig haben, werfen Sie sie in einen der Schuhkartons, mit denen die rotznasigen und auch im Winter nur dürftig bekleideten Kinder der Fahrenden in den Innenstädten lauern.

Jekyll und Hyde

Die Iren sind ein freundliches und zuvorkommendes Volk – solange sie nicht hinter dem Steuer eines Autos sitzen. Dann verwandelt sich das Ehepaar Jekyll in Herrn und Frau Hyde, die ihre Rechte, die ihnen per Straßenverkehrsordnung zustehen, mit allen Mitteln durchsetzen. Wenn das Unglück es will und Sie in Dublin oder einer anderen irischen Stadt in eine Hauptstraße einbiegen müssen, brauchen Sie Geduld. Kaum jemand lässt eine Lücke für die Einbieger – nicht einmal dann, wenn der Verkehr auf der Hauptstraße zum Stillstand gekommen ist. Deshalb sind die Behörden auf die Idee gekommen, an stark befahrenen Kreuzungen gelb schraffierte Rechtecke auf die Straße zu malen. Theoretisch sollen diese Rechtecke frei bleiben, um ein Chaos auf der Kreuzung zu verhindern und um dem Querverkehr eine realistische Chance zu geben. In der Praxis klappt das freilich nicht immer.

Das Reißverschlussprinzip ist gänzlich unbekannt. Wer sich bei Fahrbahnverengungen zufällig in der richtigen Spur befindet, führt das offenbar auf göttliche Fügung zurück und dankt seinem Schicksal. Auf die Idee, den in der Nachbarspur gestrandeten Wagen einfädeln zu lassen, kommt selten jemand. Im Berufsverkehr verschärft sich die Situation dramatisch. Allmorgendlich wälzt sich eine Blechlawine aus den Vorstädten in die Innenstadt und zum Feierabend wieder hinaus. Übrigens setzt der Berufsverkehr in Irland später ein als in Kontinentaleuropa: ab etwa acht Uhr, dann wieder gegen 17 Uhr und um Mitternacht, wenn die Gäste aus den Kneipen hinausgeworfen werden.

In Irland herrscht Linksverkehr. Davon sollten Sie sich jedoch nicht beunruhigen lassen. Lediglich beim Rechtsabbiegen (Gegenverkehr!) und bei der Einfahrt in einen Kreisverkehr ist erhöhte Konzentration geboten. Ansonsten gewöhnen Sie sich schnell daran. Anders sieht es aus, wenn Sie in Irland ein Auto mieten. Das hat das Steuer nämlich rechts. So wird Ihre rechte Hand ins Leere greifen, wann immer Sie die Gänge wechseln wollen. Entgegen weitverbreiteten Befürchtungen sind die Pedale jedoch nicht vertauscht. Trotz Linksverkehr gilt bei gleichberechtigten Straßen rechts vor links. Wer sich im Kreisverkehr befindet, hat also automatisch Vorfahrt.

Und es gibt erstaunlich viele Kreisverkehre. Das haben sich die Iren von der Nachbarinsel abgeschaut, wo es verwirrende, manchmal kleeblattförmige Kreisverkehre gibt, die nahtlos ineinander übergehen. Auch in Irland muss man auf vielen Umgehungsstraßen schwindelfrei sein. Im westirischen Galway zum Beispiel reiht sich ein Kreisverkehr an den anderen. Zwar ist das ein durchaus vernünftiges und preiswertes Mittel zur Verkehrsregelung, doch in Irland wird es oft ad absurdum geführt: Viele Kreisverkehre sind zusätzlich mit Ampeln ausgerüstet, sodass eine normale Kreuzung völlig ausgereicht hätte.

Als Autoreisender sollten Sie einen gültigen nationalen Führerschein und die Zulassungspapiere in der Tasche haben. Die grüne Versicherungskarte ist nicht vorgeschrieben, könnte sich aber vor allem in Nordirland als nützlich erweisen. Ein Bekannter von mir durfte in Belfast sogar eine Nacht in Polizeigewahrsam verbringen, weil er die Karte vergessen hatte. Allerdings hatte er zuvor beim Rechtsabbiegen ausgerechnet den nagelneuen Privatwagen eines Polizeibeamten gerammt. Die Kollegen wollten mit ihrem drastischen Vorgehen sicherstellen, dass der Polizist den Schaden ersetzt bekam. Wer die Anschnallpflicht – sie gilt auch für die Rücksitze – missachtet, hat bei den Beamten ebenfalls nichts zu lachen. Kinder unter zwölf Jahren gehören wie in Deutschland auf den Rücksitz.

Beim Alkohol sind die irischen Behörden entgegen den Vorurteilen über die Grüne Insel nicht großzügiger. Kurz vor Weihnachten 1994 hat die Dubliner Regierung den Höchstwert von 1,0 auf 0,8 Promille heruntergesetzt – und obendrein versucht, den neuen Grenzwert mit verschärften Polizeikontrollen durchzusetzen. Über Nacht traten plötzlich Bürgerinitiativen auf den Plan, die sich zum Anwalt vor allem der Landbevölkerung machten. Diese Menschen seien aufgrund des neuen Gesetzes verraten und verkauft, weil nachts keine öffentlichen Verkehrsmittel fahren. Wer also bis zur Sperrstunde in der Kneipe bleibt, müsse laufen – oder Auto fahren.

Michael Moloney, der Präsident der Gastwirtsvereinigung, malte ein düsteres Bild: Ein Drittel aller Barleute müsse den Hut nehmen, meinte er. Zwar räumte er ein, dass fortan weniger Menschen auf Irlands Straßen ums Leben kämen, doch die Verkehrstoten müsse man in Kauf nehmen: »Wenn fünfzig Leute in der Industrie sterben, schließt man doch auch nicht sämtliche Fabriken.« Niall Duff von Fox’s Pub, der höchstgelegenen Kneipe Irlands, setzte noch eins drauf: »Arbeitslosigkeit und Selbstmord treten in Irland gemeinsam auf. Demnächst werden sich Kneipiers und Angestellte das Leben nehmen, wenn sie arbeitslos werden.« Außerdem würden die Touristen ausbleiben, weil ihnen die berühmte Pub-Atmosphäre fehle. Ganz so schlimm kam es dann doch nicht, man fand eine typisch irische Lösung: Nach Weihnachten ging die Zahl der Verkehrskontrollen wieder zurück, und das Thema verschwand aus den Schlagzeilen. Das heißt aber nicht, dass Sie betrunken durch die Gegend fahren können, zumal die Promillegrenze im Jahr 2010 auf 0,5 herabgesetzt wurde. Wer ertappt wird, muss mit empfindlichen Strafen rechnen.

Ende der Leseprobe