Gemieden (Ein Riley Paige Krimi — Band 15) - Blake Pierce - E-Book

Gemieden (Ein Riley Paige Krimi — Band 15) E-Book

Blake Pierce

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Beschreibung

"Ein Meisterwerk der Spannung! Die Autorin schafft es auf hervorragende Weise den Charakteren eine psychologische Seite zu geben, die so gut beschrieben ist, dass wir uns in ihre Köpfe versetzt fühlen und ihren Ängsten folgen und über ihren Erfolg jubeln können. Die Handlung ist sehr intelligent und wird Sie das ganze Buch hindurch unterhalten. Voller Wendungen wird Sie dieses Buch bis zur letzten Seite wach halten." ––Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Verschwunden) GEMIEDEN ist Band #15 der Riley Paige Bestseller Krimiserie, die mit dem #1 Bestseller VERSCHWUNDEN (Band #1) –– über 1000 Mal mit 5-Sternen bewertet und kostenlos zum Herunterladen verfügbar. Als ein Serienmörder eine Reihe von Städten in Schrecken hält und der einzige mögliche Zeuge unfähig ist zu sprechen, liegt es an FBI Spezialagentin Riley Paige in die Gedanken eines komplexen Mannes einzudringen und herauszufinden, was er wissen könnte. Was haben diese Opfer gemeinsam? Und was genau hat der Mann beobachtet? In diesem düsteren Psychothriller muss Riley Paige die Geister ihrer eigenen Vergangenheit bekämpfen, als sie dazu angehalten wird ein Verbrechen aufzudecken, dass alle anderen erblassen lässt, und eines, dass sie zwingen wird zu tief in die Gedanken eines Psychopathen einzutauchen… Ein Actionreicher Thriller voller Spannung ist GEMIEDEN Band # 15 einer fesselnden neuen Serie –– mit einer geliebten neuen Hauptfigur –– die sie bis in die späte Nacht dazu verleiten wird weiterzublättern. Band # 16 der Riley Paige Serie ist bald erhältlich.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2020

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G E M I E D E N

(Ein Riley Paige Krimi—BAND 15)

B L A K E   P I E R C E

Blake Pierce

Blake Pierce ist Autor der erfolgreichen Mystery-Reihe RILEY PAGE, die aus fünfzehn Bücher (Fortsetzung folgt) besteht. Blake Pierce ist ebenfalls Verfasser der MACKENZIE WHITE Mystery-Reihe, die zwölf Bände (Fortsetzung folgt) umfasst; der AVERY BLACK Mystery-Reihe mit sechs Büchern; der fünfbändigen KERI LOCKE Mystery-Reihe; den drei Büchern der MAKING OF RILEY PAIGE Mystery-Reihe (Fortsetzung folgt); der KATE WISE Mystery-Reihe, die aus drei Büchern besteht (Fortsetzung folgt); der CLOE FINE Psycho-Thriller-Reihe, die bisher drei Bände umfasst (Fortsetzung folgt) sowie der dreiteiligen JESSE HUNT Psycho-Thriller-Reihe (Fortsetzung folgt).  

Als treuer Leser und lebenslanger Fan des Genres rund um Mystery und Thriller, hört Blake gerne von Ihnen, also besuchen Sie die Seite www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.

BÜCHER VON BLAKE PIERCE

JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE

DIE PERFEKTE EHEFRAU (Buch Nr. 1)

DER PERFEKTE BLOCK (Buch Nr. 2)

DAS PERFEKTE HAUS (Buch Nr. 3)

CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE

NEBENAN (Buch Nr. 1)

DES NACHBARS LÜGE (Buch Nr. 2)

SACKGASSE (Buch Nr. 3)

KATE WISE MYSTERY-SERIE

WENN SIE WÜSSTE (Buch Nr. 1)

WENN SIE SÄHE (Buch Nr. 2)

WENN SIE RENNEN WÜRDE (Buch Nr. 3)

WENN SIE SICH VERSTECKEN WÜRDE (Buch Nr. 4)

WENN SIE FLIEHEN WÜRDE (Buch Nr. 5)

DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

BEOBACHTET (Buch 1)

WARTET (Buch 2)

LOCKT (Buch 3)

RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

VERSCHWUNDEN (Buch 1)

GEFESSELT (Buch 2)

ERSEHNT (Buch 3)

GEKÖDERT (Buch 4)

GEJAGT (Buch 5)

VERZEHRT (Buch 6)

VERLASSEN (Buch 7)

ERKALTET (Buch 8)

VERFOLGT (Buch 9)

VERLOREN (Buch 10)

BEGRABEN (Buch 11)

ÜBERFAHREN (Buch 12)

GEFANGEN (Buch 13)

RUHEND (Buch 14)

BEVOR ER TÖTET (Buch #1)

BEVOR ER SIEHT (Buch #2)

EHE ER BEGEHRT (Buch #3)

BEVOR ER NIMMT (Buch #4)

BEVOR ER BRAUCHT (Buch #5)

BEVOR ER FÜHLT (Buch #6)

BEVOR ER SÜNDIGT (Buch #7)

VORHER JAGT ER (Buch #8)

VORHER PLÜNDERT ER (Buch #9)

VORHER SEHNT ER SICH (Buch #10)

VORHER MACHT ER EINEN FEHLER (Buch #11)

VORHER NEIDET ER (Buch #12)

AVERY BLACK MYSTERY-SERIE

DAS MOTIV (Buch 1)

LAUF (Buch 2)

VERBORGEN (Buch 3)

GRÜNDE DER ANGST (Buch 4)

RETTE MICH (Buch 5)

ANGST (Buch 6)

KERI LOCKE MYSTERY-SERIE

EINE SPUR VON TOD (Buch 1)

EINE SPUR VON MORD (Buch 2)

EINE SPUR VON SCHWÄCHE (Buch 3)

INHALTSVERZEICHNIS

 

PROLOG

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREIßIG

KAPITEL EINUNDDREIßIG

KAPITEL ZWEIUNDDREIßIG

KAPITEL DREIUNDDREIßIG

KAPITEL VIERUNDDREIßIG

 

 

 

PROLOG

Robin schreckte aus dem Schlaf auf.

Sie lag hellwach in ihrem Bett. Zuerst dachte sie, dass ein Geräusch, das irgendwo aus dem Inneren ihres kleinen Hauses kam, sie aufgeweckt haben musste.

Zerschellendes Glas?

Doch als sie dalag und hinhörte, merkte sie, dass es nichts zu hören gab, außer das beruhigende Brummen des Heizofens, das aus dem Keller kam.

Sie hatte sich das Geräusch sicherlich nur eingebildet.

Mach dir keine Sorgen, dachte sie sich.

Doch als sie sich auf die Seite drehte um wieder einzuschlafen, fühlte sie einen plötzlichen stechenden Schmerz in ihrem linken Bein.

Das schon wieder, dachte Robin mit einem Seufzen.

Sie machte die Lampe auf dem Beistelltisch an und zog die Decke zur Seite.

Es überraschte sie nicht mehr zu sehen, dass sie kein linkes Bein hatte. Sie hatte sich bereits vor Monaten daran gewöhnt. Das Bein wurde über dem Knie amputiert, nachdem ihre Knochen in einem schrecklichen Autounfall letztes Jahr zu Brei zertrümmert worden waren.

Doch der Schmerz war sehr real –– eine Kombination aus pochendem, krampfartigem und brennendem Schmerz.

Sie setzte sich im Bett auf und starrte den Beinstumpf unter ihrem Nachthemd an. Seit der Amputation hatte sie Phantomschmerzen, meistens kamen sie Nachts, wenn sie versuchte zu schlafen.

Sie schaute auf die Uhr, die auf dem Nachtkästchen stand und sah, dass es vier Uhr morgens war. Sie stöhnte genervt. Oft wurde sie genau zu dieser Stunde oder etwas früher von dem Schmerz geweckt und dann wusste sie, dass sie keine Chance hatte wieder einzuschlafen, solange der Schmerz sie quälte.

Sie überlegte, ob sie unters Bett greifen und ihre Spiegelbox rausholen sollte –– ein Therapieinstrument, dass ihr schon oft durch solche Anfälle geholfen hatte. Dafür musste sie den Stumpf in eine lange, prismenartige Box stecken, die an der Innenseite mit einem Spiegel ausgestattet war, sodass ihr heiles Bein eine Spiegelung produzierte. Die Spiegelbox gab ihr damit die Illusion, dass sie noch beide Beine hatte. Es war ein merkwürdige, aber effektive Methode um den Phantomschmerz zu lindern oder sogar ganz loszuwerden.

Sie schaute das Spiegelbild an, während sie ihr anderes Bein berührte, die Muskeln ihres Fußes, ihrer Zehen und ihres Unterschenkels an- und wieder entspannte und schaffte es somit ihr Gehirn auszutricksen und es zu überzeugen, dass sie immer noch beide Beine besaß. Indem sie sich vorstellte, dass sie das verlorene Bein kontrollierte, konnte sie oft die Schmerzen und Krämpfe, die sie fühlte, bekämpfen.

Doch es klappte nicht immer. Es benötigte ein Maß an meditativer Konzentration, das sie nicht immer aufbringen konnte. Und sie wusste aus Erfahrung, dass es unwahrscheinlich war, dass sie direkt nach dem Aufwachen zu so früher Stunde Erfolg damit haben würde.

Dann kann ich auch genauso gut aufstehen und etwas arbeiten, dachte sie.

Sie überlegte kurz, ob sie die Beinprothese, die neben dem Bett lag, anlegen sollte. Das würde bedeuten, sie müsste einen einen Nylongel Strumpf über den Stumpf ziehen und einige Paar Socken, um das Schrumpfen des Stumpfes zu kompensieren, wonach sie dann die Prothese an ihren Platz schnallen konnte und mit ihrem gesamten Gewicht dagegen drücken, bis sie die Prothese in die korrekte Position einrasten fühlen konnte.

Es erschien ihr den Aufwand nicht wert –– besonders wenn sie Glück haben sollte und der Schmerz bald von selbst vergehen würde, sodass sie doch noch einmal ins Bett zurück gehen konnte.

Stattdessen zog sie sich ihren Morgenmantel über und griff nach ihren Krücken, wonach sie aus dem Schlafzimmer in ihre Küche humpelte.

Ein Stapel Papiere, der sich auf dem Tisch türmte, erwartete sie dort.

Sie hatte ein riesiges Bündel Gedichte und Kurzgeschichten mit nach Hause gebracht –– Einreichungen für Sea Surge, der Literaturzeitschrift, für das sie als Assistenzredakteurin arbeitete. Sie hatte mehr als die Hälfte der Einreichungen bereits gestern Abend vor dem Schlafengehen gelesen und einige wenige beiseite gelegt, die womöglich gedruckt werden konnten, während sie die meisten anderen in den Stapel für Ablehnungen tat.

Gerade schaute sie einen kleinen Stapel von fünf besonders schlechten Gedichten eines bemerkenswert untalentierten Poeten durch –– es waren genau die Art Grußkartenreime, die die Zeitschrift so oft zugeschickt bekam. Sie musste ein wenig lachen, als sie die Gedichte auf den Ablehnungsstapel warf.

Der nächste kleine Stapel war ganz anders, aber genauso typisch, was die Einreichungen, durch die sie sich so oft wühlen musste, anging. Diese Gedichte machten direkt einen trockenen, unaufrichtigen, verworrenen und überheblichen Eindruck. Während sie versuchte irgendwie zu verstehen, was die Gedichte zu bedeuten hatten, begannen ihre Gedanken abzuschweifen und bald schon dachte sie darüber nach, wie sie dazu gekommen war alleine in diesen kleinen und billigen, aber komfortablen gemieteten Haus zu leben.

Sie dachte traurig daran wie ihre Ehe Anfang des Jahres in die Brüche gegangen war. Kurz nach dem Unfall und der Amputation hatte sich ihr Ehemann, Duane, sich rührend um sie gekümmert und war aufmerksam und unterstützend. Doch als die Zeit voranschritt, wurde er zunehmend distanziert und irgendwann hatte er so ziemlich damit aufgehört ihr irgendwelche Nähe oder Zuneigung entgegenzubringen.

Obwohl Duane es nicht zugeben wollte, hatte Robin begriffen, dass er sie einfach nicht mehr attraktiv fand.

Sie seufzte, als sie daran dachte wie wahnsinnig verliebt sie die ersten vier Jahre ihrer Ehe waren.

Sie hatte einen Kloß im Hals, als sie sich fragte, ob sie jemals wieder so glücklich sein würde. Doch sie wusste, dass sie immer noch eine attraktive, charmante, intelligente Frau war. Es musste doch bestimmt einen Mann dort draußen geben, der sie als ganze Person sehen konnte und nicht bloß als eine Amputierte.

Trotzdem war die Oberflächlichkeit von Duanes Liebe für sie ein ziemlicher Schlag ins Gesicht gewesen und hatte ihr Selbstvertrauen und die Fähigkeit Männern zu vertrauen erschüttert. Es war schwer nicht verbittert zu sein ihrem Ex-Mann gegenüber. Sie dachte sich, so wie sie es sich schon oft gesagt hatte…

Er hat sein Bestes gegeben.

Wenigstens war ihre Scheidung friedlich verlaufen und sie waren bis heute befreundet.

Sie horchte auf, als sie draußen ein bekanntes Geräusch hörte –– es war die anfahrende Müllabfuhr. Sie musste lächeln, als sie sich auf ein kleines Ritual freute, dass sie sich für solche schlaflosen Morgen ausgedacht hatte.

Sie verließ den Tisch, griff nach den Krücken, humpelte zum Wohnzimmerfenster hinüber und zog die Gardinen offen.

Der Laster hielt nun vor ihrem eigenen Haus und der riesige Robo-Arm umschloss ihren Müllcontainer, hob ihn hoch und kippte seinen Inhalt in das Lastwageninnere. Wie erwartet ging neben dem Lastwagen ein eigenhafter junger Mann her.

Wie immer fand Robin etwas liebenswert ernsthaftes an ihm, als er dem Laster entlang folgte und sich in alle Richtungen umschaute, als ob er eine komische Art Wache halten würde.

Sie nahm an, dass er für die Stadtreinigung arbeiten musste, obwohl sie sich unsicher war, was genau seine Arbeit eigentlich beinhalten könnte. Er schien sonst nichts zu tun, außer neben dem Müllauto herzulaufen und sicherzustellen, dass die große Maschine ihre Aufgabe verrichtete und keine Müllreste fallen ließ.

Wie sie es immer tat, wenn sie ihn dort auf der beleuchteten Straße sah, lächelte sie, hob einen Arm aus der Krücke und winkte ihm zu. Er schaute sie direkt an, wie er es immer tat. Sie fand es immer merkwürdig, dass er nie zurück winkte, und immer bloß dastand und ihren Blick erwiderte.

Doch dieses Mal tat er etwas, was er sonst nie getan hatte.

Er hob seinen Arm und zeigte in ihre Richtung.

Worauf zeigt er? fragte sie sich.

Dann fühle sie plötzlich einen kalten Schauer ihren Rücken hinunterschleichen, als sie sich an den Moment erinnerte, da sie aufgewacht war…

Ich dachte ich hätte ein Geräusch gehört.

Sie hatte gedacht, es klang wie zerbrechendes Glas.

Und nun begriff sie…

Er zeigt auf etwas hinter mir.

Bevor sie sich umdrehen und hinsehen konnte, fühlte sie wie eine starke Hand ihre rechte Schulter ergriff.

Robin erstarrte vor Schrecken.

Sie konnte einen plötzlichen tiefen Schmerz spüren, als etwas scharfes in ihr Ohr eindrang und die Welt um sie herum sich auflöste.

KAPITEL EINS

Im selben Moment, als Riley sich auf die Couch im Wohnzimmer warf und ihre Schuhe abstreifte, klingelte es an der Tür. Sie stöhnte leise. Sie nahm an, dass es jemand mit einer Agenda war, der wollte dass sie eine Petition unterschreibt, einen Check ausstellt oder sonst was.

Das kann ich gerade wirklich nicht gebrauchen.

Sie hatte soeben ihre Töchter, April und Jilly, an ihrem ersten Schultag zur Schule gefahren. Sie hatte sich eigentlich darauf gefreut ein bisschen auszuspannen.

In diesem Augenblick hörte sie Gabriela, ihre guatemalische Haushälterin, aus der Küche rufen…

“No te muevas, señora. Ich mache auf.”

Sie hörte Gabrielas Schritte in Richtung Tür und lehnte sich zurück um ihre Füße auf dem Kaffeetisch abzustellen.

Dann hörte sie wie Gabriela freundlich mit der Person an der Tür sprach.

Ein Besucher? fragte Riley sich.

Riley beeilte sich ihre Schuhe wieder anzuziehen, als sie Schritte in ihre Richtung hörte.

Als Gabriela den Besuch ins Wohnzimmer führte, war Riley überrascht und erfreut zu sehen, wer es war.

Es war Blaine Hildreth, ihr gut aussehender Freund.

Oder ist er mein Verlobter?

So genau wusste sie es zur Zeit nicht, doch auch Blaine schien sich darüber nicht im Klaren zu sein. Vor einigen Wochen hatte er ihr mehr oder weniger einen Antrag gemacht und dann hatte er vor einer Woche auf einmal gesagt, er wolle die Dinge langsam angehen. Sie hatte ihn nun seit einigen Tagen nicht mehr gesehen und hatte nicht erwartet, dass er an diesem Morgen vor ihrer Tür stehen würde.

Als Riley begann sich von der Couch zu erheben, sagte Blaine: “Bitte, steh nicht auf. Ich komme zu dir.”

Blaine ließ sich neben ihr auf die alte Familiencouch fallen. Riley grinste und streifte erneut ihre Schuhe ab.

Mit einem kleinen Lachen tat Blaine dasselbe, dann legten sie beide ihre Füße auf den Kaffeetisch.

Es fühlte sich gut an sich so komfortabel mit ihm zu fühlen, auch wenn Riley nicht genau wusste, wo die Dinge mit ihnen standen.

“Wie war dein Morgen?”, wollte Blaine wissen.

“Ok”, antwortete Riley. “Ich habe nur die Mädels zur Schule gebracht.”

“Ja, ich habe Crystal eben auch hingefahren.”

Wie immer konnte Riley die Liebe zu seiner 16-Jährigen Tochter aus seinem Ton heraushören. Das war etwas, was ihr an ihm gefiel.

Dann lachte Blaine und sagte: “Sie schien sich nichts sehnlicher zu wünschen, als dass ich so schnell wie möglich wieder fahre, als wir an der Schule angekommen waren. Ich nehme an, sie wollte nicht, dass ihre Freunde mich zu Gesicht bekommen.”

Riley lachte auch.

“Es ist dasselbe mit April”, sagte sie. “Kinder scheinen sich in diesem Alter vor ihren Eltern zu schämen. Naja, am morgen nehmen meine Mädchen eh den Bus zur Schule.”

“Crystal auch.”

Blaine legte die Arme hinter den Kopf und lehnte sich zurück, als er tief seufzte.

“Crystal wird bald Autofahren”, sagte er.

“April auch”, sagte Riley. “Sie wird den Antrag für den Führerschein schon im November stellen können. Ich weiß nicht genau, was ich davon halten soll.”

“Ich auch nicht. Besonders weil es mich zu einem nervösen Wrack gemacht hat, ihr das Autofahren beizubringen.”

Riley fühle sich nun schuldig.

Sie sagte: „Ich fürchte, ich habe mir kaum die Zeit genommen es April beizubringen. Eigentlich fast gar keine Zeit. Sie musste sich eigentlich hauptsächlich mit dem Fahrunterricht in der Schule zufrieden geben.

Blaine zuckte mit den Schultern und fragte: „Möchtest du, dass ich es ihr beibringe?““

Riley zuckte ein bisschen zusammen. Sie wusste, dass Blaine ein sehr involvierter Vater war, im Vergleich zu ihr. Ihre Arbeit bei der Verhaltensanalyseeinheit hielt sie immer wieder von den normalen Mutter-Tochter Routinen ab, und sie fühlte sich deswegen schuldig.

Es war sehr nett von Blaine seine Hilfe anzubieten und sie wusste, dass sie nicht eifersüchtig sein sollte, wenn er mehr Zeit mit April verbrachte, als sie. Schließlich könnte er früher oder später zu Aprils Vater werden. Es wäre großartig, wenn April und Jilly einen Dad hätten, der ihnen echte Aufmerksamkeit schenken könnte. Das wäre mehr als Ryan, Rileys Ex-Mann, jemals getan hatte.

„Das wäre nett von dir“, sagte sie. „Danke.“

Gabriela kam mit einem Tablet ins Wohnzimmer. Die kräftige Frau machte ganz gezielte Schritte, als Jillys kleiner Hund mit großen Ohren, Darby und Aprils schnell wachsende schwarz-weiße junge Katze, Marbles, um ihre Füße liefen. Gabriela stellte das Tablet auf dem Kaffeetisch vor Riley und Blaine ab.

„Ich hoffe Sie haben beide Lust auf Kaffee und Champurradas.“

„Champurradas!“, sagte Blaine erfreut. „Was für ein Genuss!“

Während Gabriela ihnen Kaffe einschenkte, griff Riley nach einem der knusprigen Butterkekse, die in Sesam gewälzt waren. Die Champurradas waren frisch gebacken und natürlich unwiderstehlich lecker.

Gerade als Gabriela zurück in die Küche wollte, sagte Blaine: „Gabriela, möchten Sie sich nicht zu uns setzen?“

Gabriela lächelte. „Por supuesto. Gracias.“

Sie ging in die Küche und holte eine weitere Tasse, schenkte auch sich etwas Kaffee ein und setzte sich in einen Sessel gegenüber von Riley und Blaine.

Blaine begann sich mit Gabriela zu unterhalten, auf einem halb-Englisch und halb-Spanisch fragte er sie über ihr Champurrada Rezept aus. Als Meisterchef und Besitzer eines Edelrestaurants war Blaine immerzu an Gabrielas kulinarischen Geheimnissen interessiert. Wie immer wollte Gabriela anfangs nicht viel dazu sagen und wehrte sich scherzend gegen seine Fragen, doch schon bald offenbarte sie ihm alle Feinheiten des Rezepts für die exquisiten guatemalischen Kekse.

Riley musste lächeln, als die Blaine und Gabriela zuhörte, wie sie das Rezept besprachen. Sie genoß es, sie so zu sehen. Sie fand, dass es etwas Besonderes war, wie sehr die drei sich miteinander zuhause fühlten.

Riley suchte nach dem passenden Wort um das Gefühl zu beschreiben, das sie in genau diesem Moment hatte. Dann kam es ihr.

Gemütlich.

Ja, das war es. Da waren sie beide –– Blaine und sie, entspannt und Barfuß auf dem Sofa, und fühlten sich durch und durch gemütlich miteinander.

Doch Riley fühlte sich nicht wunschlos glücklich, denn sie begriff.

Eine Sache die die Situation nicht war, war romantisch.

In diesem Moment war in Blaine nichts von dem hingabevollen Liebhaber zu erkennen, der er manchmal sein konnte. Natürlich waren diese romantischen Momente selten gewesen. Selbst als sie diesen Sommer zwei Wochen am Strand verbracht hatten, hatten sie in verschiedenen Zimmer geschlafen, wegen der Kinder.

Riley fragte sich…

Wird es auch so bleiben, nachdem wir geheiratet haben?

Sie unterdrückte ein Seufzen, als sie dachte, dass sie bereits jetzt wie ein altes Ehepaar waren. Dann musste sie lächeln, als sie überlegte…

Vielleicht ist das gar nicht schlimm.

Schließlich war sie bereits einundvierzig Jahre alt. Vielleicht war es für sie an der Zeit Träumereien von leidenschaftlicher Romantik hinter sich zu lassen. Vielleicht war es an der Zeit sich in der Gemütlichkeit und dem Komfort einzufinden. Und in diesem Moment fand sie diese Perspektive wirklich ok.

Trotzdem fragte sie sich…

Steht es wirklich in den Sternen für mich und Blaine zu heiraten?

Sie wünschte sich, dass sie so oder so endlich eine Entscheidung treffen würden.

Rileys Gedanken wurden vom Klingeln des Telefons unterbrochen.

Etwas entsetzt musste sie feststellen, dass der Anruf von ihrem Langzeitpartner von der Verhaltensanalyseeinheit, Bill Jeffreys, ausging. So gern sie Bill auch hatte, sie war sich irgendwie sicher, dass es kein bloß freundschaftlicher Anruf war.

Als sie den Anruf entgegennahm, sagte Bill: „Riley, ich wurde soeben von Chief Meredith angerufen. Er will dich, mich und Jenn Roston sofort in seinem Büro sehen.“

„Was ist los?“, wollte Riley wissen.

„Es hat in Connecticut ein paar Morde gegeben. Meredith sagt es sieht nach einer echten Serie aus. Aber ich weiß selbst noch keine Einzelheiten.“

„Ich komme“, sagte Riley und legte auf.

Sie sah, dass Blaine und Gabriela sie beide besorgt ansahen.

Blaine fragte: „Ein neuer Mordfall?“

„Sieht ganz danach aus“, erwiderte Riley und zog ihre Schuhe wieder an. „Ich fahre wahrscheinlich direkt nach Connecticut. Ich bin vielleicht eine Weile weg.“

Gabriela sagte: „Ten cuidado, SeñoraRiley.“

Blaine nickte und in Einverständnis und wiederholte: „Ja, sein bitte vorsichtig.“

Riley küsste Blaine sanft und verließ das Haus. Ihre Reisetasche war wie immer gepackt und wartete bereits im Auto, sie brauchte also keine weiteren Vorbereitungen mehr zu treffen.

Nun fühlte sie wie eine Aufregung sich in ihr ausbreitete. Sie wusste, dass sie gerade dabei war aus einer Welt der Gemütlichkeit und des Komforts in die ihr allzu vertraute Welt des Bösen und der Dunkelheit zu treten. In eine Welt, die von Monstern bewohnt wurde.

So ist es immer

 

 

 

 

KAPITEL ZWEI

 

Riley konnte die Dringlichkeit spüren, die in der Luft hing, als sie das Büro des leitenden Spezialagenten Brent Meredith im Gebäude der Verhaltensanalyseeinheit betrat. Die gewaltige Figur Merediths zeichnete sich hinter seinem Schreibtisch ab. Vor ihm standen bereits Bill Jeffreys und Jenn Roston, ihre Reisetaschen in Hand.

Sieht ganz danach aus, als würde das eine kurze Besprechung werden, dachte Riley sich.

Sie nahm an, dass ihre zwei Partner und sie wahrscheinlich innerhalb weniger Minuten aus Quantico abfliegen würden, und sie war froh darüber, dass sie drei erneut zusammenarbeiten würden. Während ihres letzten Falls in Mississippi hatten die drei noch mehr Regeln als sonst gebrochen und Meredith hatte ihnen seinen Unmut darüber sehr klar gemacht. Sie hatte befürchtet, dass Meredith sie nach dem Fall nicht mehr zusammen zu Einsätzen schicken würde.

„Ich freue mich, dass Sie alle so schnell hierher gefunden haben“, sagte Meredith in seiner brummenden Stimme, als er sich ein wenig in seinem Bürosessel hin und her drehte. „Ich habe soeben einen Anruf von Rowan Sturman, dem leitenden Spezialagenten aus dem FBI Büro von New Haven in Connecticut. Er will unsere Hilfe. Ich nehme an, Sie haben alle von Vincent Cranstons Tod gehört.“

Riley nickte, ihre Kollegen auch. Sie hatte in der Zeitung gelesen, dass Vince Cranston, ein junger Erbe einer Multimilliardärenfamilie, gerade erst letzte Woche unter mysteriösen Umständen in New Haven umgekommen war.

Meredith fuhr fort: „Cranston hatte gerade eben sein Studium an der Yale Universität aufgenommen, seine Leiche wurde eines frühen Morgens auf der Friendship Woods Joggingroute aufgefunden. Er wollte joggen gehen und zuerst sah es ganz danach aus, als hätte sein Tod eine natürliche Ursache gehabt –– es schien, als wäre er an einer Hirnblutung gestorben.“

Bill sagte: „Ich nehme an, dass die Obduktion etwas anderes gezeigt hat.“

Meredith nickte. „Genau, bisher wurde es geheim gehalten. Der Gerichtsmediziner hatte eine kleine Wunde gefunden, dass durch das Ohr des Opfers direkt zum Gehirn führte. Er wurde anscheinend auf die Art und Weise mit einem scharfen, geraden, dünnen Gegenstand erstochen.“

Jenn schaute Meredith überrascht an.

„Mit einem Eispickel?“, fragte sie.

„So sah es aus“, antwortete Meredith.

Riley fragte: „Was war das Motiv?“

„Niemand hat irgendeine Ahnung“, antwortete Meredith. „Natürlich kann man nicht einer reichen Familie wie den Cranstons angehören, ohne sich über die Jahre mehr als genug Feinde zu machen. Es ist Teil des Erbes. Es schien naheliegend zu sein, dass der arme Junge zum Opfer eines professionellen Auftragskillers geworden war. Die Liste aller Verdächtigen abzuarbeiten erschien beinahe unmöglich. Doch dann…“

Meredith hielt inne und trommelte mit seinen fünf Fingern auf dem Tisch.

Dann sagte er: „Erst gestern wurde eine weitere Leiche gefunden. Dieses Mal war das Opfer Robin Scoville, eine junge Frau, die für eine Literaturzeitschrift in Wilburton, Connecticut arbeitete. Sie wurde in ihrem eigenen Wohnzimmer tot aufgefunden –– zuerst sah auch ihre Todesursache nach einer Hirnblutung aus. Doch auch hier hat die Obduktion eine kleine Wunde durch das Ohr und mitten ins Gehirn festgestellt.“

Rileys Verstand arbeitete wie verrückt, als sie die Information verarbeitete.

Zwei Opfer, die mithilfe eines Eispickels getötet wurden, alles in demselben kleinen Staat über einen Zeitraum von nur einer Woche.

Das klang nicht nach Zufall.

Meredith fuhr fort: „Vincent Cranston und Robin Scoville waren so unterschiedlich wie zwei Menschen nur sein können –– der eine ein reicher Erbe in seinem ersten Jahr an einer Ivy League Universität, die andere eine junge geschiedene Frau, die in bemerkenswert bescheidenen Verhältnissen lebte.“

Jenn fragte: „Wo ist dann die Verbindung?“

„Wieso würde irgendjemand die beiden Tod sehen wollen?“, fügte Bill hinzu.

Meredith erwiderte: „Das ist genau was Agent Sturman wissen möchte. Es ist jetzt schon ein scheußlicher Fall –– und er wird nur noch scheußlicher werden, wenn noch mehr Menschen umgebracht werden. Es konnte keinerlei Verbindung zwischen den Opfern festgestellt werden und es ist schwierig das Verhalten des Mörders nachzuvollziehen. Sturman hat das Gefühl, dass er und sein New Haven FBI Team komplett überfordert sind. Also rief er uns an und bat um die Unterstützung der Verhaltensanalyseeinheit. Deshalb habe ich Sie drei hierher bestellt.“

Meredith erhob sich aus seinem Sessel und brummte…

„Inzwischen haben Sie keine Zeit zu verlieren. Ein Flugzeug steht bereit und wartet auf Sie auf der Startbahn. Sie fliegen zum Tweed-New Haven Regionalflughafen, dort wird Sturman Sie empfangen. Sie machen sich dann sofort an die Arbeit. Ich muss Ihnen wohl nicht sagen, dass ich den Fall so schnell wie möglich aufgedeckt wissen will.“

Meredith hielt inne und sah jeden der Agenten eindringlich an.

„Und dieses Mal will ich, dass alle Regeln eingehalten werden“, sagte er. „Keinen Unfug mehr. Ich meine es ernst.“

Riley und ihre Kollegen murmelten kleinlaut: „Natürlich, Sir.“

Für ihren Teil meinte Riley es auch wirklich. Sie wollte sich Merediths Zorn auf keinen Fall nochmals  aussetzen und sie wusste, dass auch Bill und Jenn dies nicht wollen konnten.

Meredith begleitete die drei aus seinem Büro hinaus und wenige Momente später eilten sie bereits über die Landebahn zum wartenden Flieger.

Als sie liefen, bemerkte Jenn: „Zwei Morde mit einem Eispickel, zwei scheinbar in keiner Beziehung zueinander stehende Opfer –– vielleicht sogar zufällig gewählt. Klingt das nicht unglaublich merkwürdig?“

„An Merkwürdiges hätten wir uns bereits gewöhnt haben müssen“, erwiderte Riley.

Jenn schnaubte. „Ja, hätten wir. Ich weiß nicht, wie es euch beiden geht, aber ich bin noch nicht so weit.“

Mit einem Kichern sagte Bill: „Sieh es mal so. Ich habe gehört, das Wetter soll in Connecticut um diese Jahreszeit herrlich sein.“

Jenn lachte und sagte: „Es ist sicherlich angenehmer, als in Mississippi.“

Riley verzog ihre Miene, als sie an die erdrückende und stickige Hitze in der unangenehmen Küstenstadt Rushville, Mississippi zurückdachte.

Sie war sich sicher, dass das Spätsommerwetter in New England auf jeden Fall eine zu bevorzugende Alternative darstellen müsse.

Schade, dass wir wahrscheinlich nicht wirklich die Chance haben werden es zu genießen.

 

*

 

Als das Flugzeug amTweed-New Haven Regionalflughafen landete, grüßte leitender Spezialagent Rowan Sturman Riley und ihre Kollegen auf der Landebahn. Riley hatte Sturman nie persönlich kennengelernt, doch sie hatte von ihm gehört.

Sturman war Anfang vierzig, ungefähr genauso als wie Riley und Bill. Als er jünger war, wurde er als vielversprechender, talentierter Agent gepriesen, von dem man erwartete, dass er hoch in den Ränken des FBI aufsteigen würde. Stattdessen hatte er sich damit zufrieden gegeben das FBI Büro von New Haven zu leiten. Gerüchten zufolge, hatte er einfach nicht nach Washington D.C. zum Hauptquartier oder nach Quantico, oder sonst wohin umziehen wollen. Er und seine Familie waren in Connecticut fest verwurzelt.

Natürlich, so nahm Riley an, hätte es auch sein können, dass er einfach kein Interesse daran hatte an den politischen Spielen, die in den beiden Machtzentren des FBI stattfanden, teilzunehmen.

Sie konnte das gut verstehen.

Riley gefiel es in der Verhaltensanalyseeinheit zu arbeiten, weil das Ermitteln in Fällen mit kuriosen Persönlichkeiten ihre einzigartigen Fähigkeiten beanspruchte. Doch sie hasste es, wie die Machspielchen der Hochgestellten manchmal bei den Ermittlungen dazwischenfunkten. Und sie fragte sich, wie lange es dauern würde, bis so etwas auch im Fall um den Tod eines ultrareichen Erben passieren würde.

Riley empfand Sturman sofort als freundlich und sympathisch. Während er sie zu einem wartenden Auto brachte, sprach er mit einem angenehmen New England Akzent mit ihnen.

 „Ich fahre Sie direkt nach Wilburton, sodass Sie sich den Ort ansehen können, an dem Robin Scovilles Leiche gefunden wurde. Das ist der frischere der beiden Tatorte und ich habe den örtlichen Polizeichef schon informiert, damit er uns dort treffen kann. Später zeige ich Ihnen, wo Vincent Cranston umgebracht wurde. Ich hoffe wirklich, dass Sie herausfinden können, was hier vor sich geht, denn mein Team und ich verstehen gar nichts.“

Riley, Bill und Jenn saßen im Kleintransporter beieinander, als Sturman sie Richtung Norden fuhr. Jenn öffnete ihren Laptop und begann nach Informationen zu suchen.

Sturman wandte sich an Riley und ihre Kollegen: „Ich bin froh, dass Sie hier sind. Mein Team und ich kommen hier nicht weiter mit den Fertigkeiten und Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen. Wir versuchen natürlich alles, was uns einfällt. Zum Beispiel haben wir bereits Werkzeuggeschäfte in der Region kontaktiert um alle vorhandenen Informationen zu Eispickelkäufen in letzter Zeit zu beschaffen.“

„Das ist eine gute Idee“, sagte Riley. „Hat das bisher irgendwas gebracht?“

„Nein, ich befürchte, dass das eher erfolglos bleibt“, antwortete Sturman. „Zur Zeit haben wir nicht besonders viele Namen, meist handelt es sich um Leute, die ihre Eispickel per Kreditkarte bezahlt haben, oder wo die Ladenbesitzer irgendeine andere Art von Unterlagen zu den Käufen besitzen. Und auch unter diesen Leuten wissen wir nicht genau, wonach wir suchen sollen. Wir müssen wohl einfach dranbleiben und schauen.“

Riley bemerkte: „Einen Eispickel als Waffe zu verwenden erscheint mir irgendwie antiquiert.“

Sie dachte einen Moment lang darüber nach und fügte hinzu: „Andererseits, wozu ist ein Eispickel heutzutage sonst noch gut?“

Jenn blickte finster drein, als sie die Informationen, die auf ihrem Bildschirm erschienen, überflog.

Sie sagte: „Nicht zu vielem –– jedenfalls nicht in den letzten hundert Jahren, oder so. Früher, als es noch keine Kühlschränke gab, haben die Leute verderbliche Lebensmittel in altmodischen Eisschränken aufbewahrt.“

Bill nickte und sagte: „Ja, meine Urgroßmutter hat mir einmal davon erzählt. Ab und zu kam dann so ein Eismann vorbei, der einen Eisklotz für die Eisbox vorbeibrachte. Man hat dann einen Eispickel gebraucht um den Eisblock zu zerteilen.“

„Genau“, sagte Jenn. „Nachdem Eisboxen durch Kühlschränke ersetzt wurden, wurden Eispickel ein beliebtes Werkzeug bei Murder Incorporated. Die Leichen der Mordopfer hatten manchmal bis zu zwanzig Wunden von Eispickeln.“

Bill schnaubte und sagte: „Klingt irgendwie nach einem schlampigen Werkzeug für einen professionellen Auftragsmord.“

„Ja, aber es diente auch der Abschreckung“, sagte Jenn, weiterhin auf den Bildschirm gerichtet. „Niemand wollte auf diese Art und Weise sterben. Die Gefahr, mit einem Eispickel erstochen zu werden half, Mafiosi unter Kontrolle zu halten.“

Jenn drehte den Bildschirm zu Riley und Bill um ihnen zu zeigen, was sie gefunden hatte.

Sie sagte: „Außerdem, schaut mal hier. Nicht alle Eispickelmorde waren blutig und chaotisch. Ein Mafiosi namens Abe Reles war einer der meistgefürchteten Auftragskiller seiner Zeit und der Eispickel war das Werkzeug seiner Wahl. Er erstach seine Opfer fein säuberlich durchs Ohr –– genau wie unser Mörder. Er war so gut, dass manche seiner Aufträge überhaupt nicht mehr wie Morde aussahen.“

„Sag nicht“, erwiderte Riley, „dass sie nach Hirnblutungen aussahen.“

„Genau“, bestätigte Jenn.

Bill kratze sich das Kinn. „Meint ihr unser Mörder ist auf die Idee gekommen, weil er von Abe Reles gelesen hat? Dass also seine Morde vielleicht irgendeine Art Hommage an einen alten Meister sind?“

Jenn sagte: „Vielleicht, aber vielleicht auch nicht. Eispickel werden gerade wieder populär unter Gangs. Junge Gangster erledigen einander heutzutage haufenweise mit diesen Eispickeln. Sie werden sogar bei Überfällen verwendet. Opfer werden mit einem Eispickel bedroht, statt mit einer Pistole oder einem Messer.“

Bill kicherte düster und sagte…

„Gerade vor ein paar Tagen bin ich in einen Werkzeugladen gegangen, um Panzertape zu kaufen. Da habe ich einen Aufsteller mit nagelneuen Eispickeln gesehen –– ‚professionelle Qualität‘, besagte der Aufkleber, und auch ‚Hartstahl‘. Ich habe mich damals gefragt, wozu genau man sowas heute noch verwendet? Und ich weiß es bis heute nicht. Sicherlich wird nicht jeder, der Eispickel kauft, einen Mord im Schilde führen.“

„Frauen könnten die zum Selbstschutz dabeihaben, nehme ich an“, sagte Riley. „Obwohl Pfefferspray wahrscheinlich eine bessere Wahl ist, wenn ihr mich fragt.“

Jenn drehte den Bildschirm wieder in ihre Richtung und sagte: „Ihr könnt euch vorstellen, dass Versuche der Gesetzgebung den Verkauf oder Besitz von Eispickeln einzuschränken wenig Erfolg hatten. Aber einige Geschäfte führten freiwillig die Praxis Käufer dazu aufzufordern sich auszuweisen um sicherzustellen, dass diese bereits einundzwanzig Jahre alt sind. In Oakland, Kalifornien ist es sogar illegal Eispickel mit sich zu führen –– gleichsam mit Schnappmessern und anderen Hieb- und Stichwaffen.“

Rileys Gedanken überschlugen sich von der Vorstellung zu versuchen den Kauf und Besitz von Eispickeln zu regulieren.

Sie fragte sich…

Wie viele Eispickel gibt es da draußen?

Zu diesem Zeitpunkt wussten sie und ihre Kollegen von zumindest einem.

Und sein Gebrauch war der Denkbar schlimmste.